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17. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. SWICA Krankenversicherung AG gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_264/2018 vom 8. Mai 2019 | |
Regeste |
Art. 32 Abs. 1, Art. 34 Abs. 2 KVG (in der hier anwendbaren, bis Ende 2017 gültig gewesenen Fassung); Art. 36 Abs. 1 KVV; Behandlung im Ausland; Gender-Dysphorie im Sinne einer Frau-zu-Mann-Transsexualität; Phalloplastik. |
An der Gerichtspraxis, wonach Ausnahmen vom Territorialitätsprinzip nur mit grosser Zurückhaltung zuzulassen sind, ist auch bei sehr seltenen Therapien wie der Phalloplastik festzuhalten. Ansonsten droht hierzulande die Gefahr der Einbusse an entsprechender Sach- und Fachkompetenz (E. 7.1 und 7.2). Die inländische Operationsfrequenz kann sich jedoch bei einem bestimmten komplexen Eingriff auf einem so tiefen Niveau bewegen, dass sich die Frage aufdrängt, ob die Operationsteams die erforderliche Erfahrung und Routine erlangen und aufrechterhalten können (E. 7.3). Diese Frage stellt sich auch im Zusammenhang mit der Phalloplastik (E. 7.4). Deren Beantwortung richtet sich nach der bisherigen Rechtsprechung gemäss BGE 134 V 330 E. 2.2 S. 332 mit Hinweisen. Die sich hier stellende Rechtsfrage lautet somit: Birgt das innerstaatliche Therapieangebot für die Durchführung einer Phalloplastik im Vergleich zur selben auswärtigen Behandlung wegen der hierzulande tiefen Operationsfrequenz derart höhere Komplikationsrisiken, dass in der Schweiz nicht mehr von einer medizinisch verantwortbaren und zumutbaren, d.h. zweckmässigen Behandlung ausgegangen werden kann? Die Beurteilung hat nach objektiven Gesichtspunkten und auf konkreter Grundlage zu erfolgen (E. 7.5). | |
Sachverhalt | |
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B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz hiess die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde gut und verpflichtete die SWICA zur Kostenübernahme für die im Ausland durchgeführte Phalloplastik (Entscheid vom 20. Februar 2018).
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C. Die SWICA führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und Bestätigung ihrer Leistungsablehnung.
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A. schliesst auf Nichteintreten; eventuell sei die Beschwerde abzuweisen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
2.1 Gemäss Art. 34 Abs. 2 KVG kann der Bundesrat bestimmen, dass die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten von Leistungen nach Art. 25 Abs. 2 oder 29 KVG übernimmt, die aus medizinischen Gründen im Ausland erbracht werden (erster Satz in der hier anwendbaren, bis Ende 2017 gültig gewesenen Fassung). Gestützt auf diese Kompetenzdelegation wurde Art. 36 KVV (SR 832.102) mit dem Titel "Leistungen im Ausland" erlassen. Laut erstem Absatz der Bestimmung bezeichnet das Eidgenössische Departement des Innern nach Anhören der zuständigen Kommission die Leistungen nach Art. 25 Abs. 2 und 29 KVG, deren Kosten von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung im Ausland übernommen werden, wenn sie in der Schweiz nicht erbracht werden können (wobei ein ![]() | 6 |
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Erwägung 3 | |
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4. Von den hiervor dargelegten geschlechtsangleichenden Eingriffen liess der Beschwerdegegner somit diejenigen von der Kolpektomie bis zur Implantation der hydraulischen Penisprothese im Ausland durchführen. In Übereinstimmung mit der beschwerdeführenden SWICA und dem kantonalen Gericht werden die entsprechenden Einzelschritte hier in ihrer Gesamtheit (auch) mit dem Begriff "Phalloplastik" ![]() | 12 |
Erwägung 5 | |
5.1 Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, sind die Angaben zur Prävalenz (Häufigkeit des Krankheitsbildes) uneinheitlich. Laut THOMAS SCHELLENBERG liegt die Prävalenzrate in europäischen Ländern etwa bei zwei pro 100'000 erwachsene Einwohner. Mann-zu-Frau-Transsexuelle seien zwei- bis dreimal häufiger als Frau-zu-Mann-Transsexuelle, wobei sich seit Jahren ein Trend in Richtung einer ausgeglichenen Verteilung abzeichne (Advancement-Thyroplastik und modifizierte Cricothyropexie: Vergleich zweier stimmerhöhender Operationen bei Mann-zu-Frau-Transsexuellen, Diss. Zürich 2005, S. 6). ANNETTE KUHN verweist auf eine von der Amsterdamer Gender Clinic vorgenommene Schätzung der Prävalenz von Transsexualität. Während mehr als vier Jahrzehnten gesammelte Daten sprächen von einem unter 10'000 Männern sowie einer unter 30'000 Frauen (Gynäkologische Aspekte bei Transsexualismus, Frauenheilkunde aktuell 3/2012 S. 4). Andere Autoren schätzen die Häufigkeit des Leidens bei Männern auf 1:35'000 und bei Frauen auf 1:100'000 Einwohner (BAUQUIS/DECROUY/GUERID, a.a.O., S. 919; ebenso BAUQUIS/ ![]() | 13 |
5.2 Geschlechtsangleichende medizinische Massnahmen stellen sowohl für die Betroffenen als auch für die beteiligten Ärzteteams (spezialisierte Chirurgen, Endokrinologen, Gynäkologen, Urologen, Psychiater) eine grosse Herausforderung dar. In einem Berichts-Anhang zur Interkantonalen Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin (IVHSM; Inkrafttreten am 1. Januar 2009) fand sich denn auch die "Geschlechtsumwandlung" seinerzeit auf der Liste der beispielhaft angeführten Leistungen oder Leistungsbereiche, die Anlass für eine Zuordnung zur hochspezialisierten Medizin geben könnten. Unter den verschiedenen Angleichungsprozessen bildet der Penoidaufbau den chirurgisch komplexesten Teil (A. ZIMMERMANN UND ANDERE, Lebenszufriedenheit transsexueller Patienten nach geschlechtsangleichenden Operationen, Der Chirurg 2006 S. 433 oben). An Gender-Dysphorie leidende Personen hegen bisweilen allzu hohe Erwartungen hinsichtlich der Resultate medizinischer Interventionen. Sie sind ärztlicherseits mit möglichst realistischen Prognosen zu konfrontieren, denn nur auf diese Weise werden sie in die Lage versetzt, eine adäquate, realitätsnahe sowie von Information und Aufklärung getragene Entscheidung für (informed consent) oder auch gegen eine Operation zu treffen (GARCIA UND ANDERE, a.a.O., S. 386). Eine im Zusammenhang mit der Motion von Peter Föhn (09.3524; Streichung von Geschlechtsumwandlungen aus dem Leistungskatalog der obligatorischen Krankenpflegeversicherung) vom BAG in Auftrag gegebene Literaturrecherche (AB 2011 N 662) führte nach Durchsicht mehrerer Einzelstudien und Metaanalysen zur Schlussfolgerung, dass das subjektive Befinden von "Transgender Menschen, die sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen haben", durchwegs positiv sei und sich im Laufe der letzten Jahre verbessert habe. Erwartungsgemäss hängt dabei die Befindlichkeit ganz entscheidend vom Operationsresultat ab: Je besser der geschlechtsangleichende Eingriff gelungen ![]() | 14 |
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5.4 Trotz aller Bestrebungen um bestmögliche Qualität der vorgenommenen Eingriffe bleibt das Risiko von Komplikationen jeder Operation inhärent. Bei der Phalloplastik mit Prothesenimplantation können mannigfache medizinische Probleme auftreten. Im Bereich der ![]() | 16 |
Umfassend erhobene Daten über die Häufigkeit der erwähnten Komplikationen liegen nicht vor. Immerhin finden sich Angaben einzelner Kliniken. So unterzogen sich im Zeitraum von 1994 bis 2007 129 Patienten im Markus Krankenhaus Frankfurt a.M. einer Phalloplastik (mittels freiem, mikrochirurgisch transplantiertem Vorderarmlappen), wovon 8 auf Penisrekonstruktionen nach Amputation entfielen (G. HOLLE UND ANDERE, a.a.O.). Laut den zitierten Ärzten waren insgesamt 138 freie Lappenplastiken erforderlich, um bei allen Patienten eine suffiziente Phalloplastik zu erreichen. Es seien 14 Teilnekrosen (11,1 %) und 3 Totalnekrosen (2,4 %) aufgetreten, so dass 9 weitere Lappenplastiken (mittels Vorderarmlappen der Gegenseite) für ein funktionsfähiges Ergebnis nötig gewesen seien. Die Neoharnröhre habe in 40 Fällen (31 %) Fisteln und in 14 Fällen (10,8 %) Stenosen/Strikturen aufgewiesen. Die Infektionsrate der implantierten Penisprothesen habe 4,6 % betragen. Zur Perforation von Prothesen sei es in 5 Fällen (4,1 %) gekommen. Durch das standardisierte, interdisziplinäre Vorgehen hätten die Komplikationsraten im Vergleich zur Literatur gesenkt und reproduzierbare Ergebnisse erzielt werden können. Auch die Ärzte der Abteilung für Plastische und Handchirurgie am CHUV wollen bei 15, in den Jahren 2008 und 2009 durchgeführten Fällen von Phalloplastik gegenüber der medizinischen Literatur deutlich tiefere Komplikationsraten erzielt haben (Stenosen: 0, Fisteln: 4 [2,6 %], Infektionen: 2 [1,3 %], arterielle [0] und venöse Thrombosen: 1 [0,7 %]; BAUQUIS/PRALONG/STIEFEL, a.a.O., S. 60 oben). Dr. B. führt in seiner bereits zitierten (E. 5.3 hiervor) Stellungnahme aus, im Jahr 2016 seien in der Klinik X. ![]() | 17 |
Erwägung 6 | |
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6.2 Obwohl für die Schweiz keine genauen Zahlen bekannt sind (E. 5.1 hiervor in fine), hat das kantonale Gericht zu Recht auf die äusserst geringe Prävalenz von Gender-Dysphorie im Sinne einer Frau-zu-Mann-Transsexualität hingewiesen. Weil sich von den Betroffenen nur ein Teil geschlechtsangleichenden Operationen unterzieht und auch von diesen Patienten aus verschiedenen Gründen nicht ![]() | 19 |
6.3 Fallzahlen kommt im Gesundheitswesen ganz allgemein wachsende Bedeutung zu. Art. 39 Abs. 2 bis erster Satz KVG verpflichtet die Kantone für den Bereich der hochspezialisierten Medizin zur gemeinsamen gesamtschweizerischen Planung. Wie bereits angeführt (E. 5.2), sind die Kantone für die Umsetzung dieses Gesetzesauftrags der IVHSM beigetreten und haben sich damit im Interesse einer bedarfsgerechten, qualitativ hochstehenden und wirtschaftlich erbrachten medizinischen Versorgung zur gemeinsamen Planung ("Koordination der Konzentration") und zur Zuteilung von hochspezialisierten Leistungen auf eine begrenzte Anzahl Zentren verpflichtet (Art. 1 Abs. 1 und 2). Die hochspezialisierte Medizin umfasst diejenigen medizinischen Bereiche und Leistungen, die durch ihre Seltenheit, durch ihr hohes Innovationspotenzial, durch einen hohen personellen oder technischen Aufwand oder durch komplexe Behandlungsverfahren gekennzeichnet sind; für die Zuordnung müssen mindestens drei der genannten Kriterien erfüllt sein, wobei immer aber das der Seltenheit vorliegen muss (Art. 1 Abs. 1 zweiter und dritter Satz IVHSM). Hauptzweck der Koordinations- bzw. Konzentrationsbestrebungen bildet die Erhöhung der Qualität und des Nutzens für die Patientinnen und Patienten bei gleichzeitig optimalem Mitteleinsatz in der Gesundheitsversorgung (Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren [GDK], Erläutender Bericht zur IVHSM vom 14. März 2008, S. 19). Dabei setzt die Gewährleistung eines bestimmten Qualitätsniveaus der hochspezialisierten medizinischen Leistung in manchen Fällen eine Mindestfallzahl pro klinischem Zentrum voraus (in Verbindung mit Mindestanforderungen an Kompetenzen und Infrastruktur; a.a.O., S. 6 und 19). So hat das Beschlussorgan der IVHSM etwa die Leistungsvergabe ![]() | 20 |
6.4 Auch abgesehen von der dargelegten hochspezialisierten Medizin werden in der Schweiz zunehmend Mindestfallzahlen für Spitalbehandlungen gefordert (vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-5603/2017 vom 14. September 2018 E. 6-12 [zur Publikation vorgesehen] betreffend Mindestfallzahlen pro Operateur oder Operateurin). Verschiedene wissenschaftliche Studien belegen nämlich grundsätzlich einen Zusammenhang zwischen Fallzahlen und Qualität: Je mehr Fälle, desto höher die Qualität. Allerdings lässt sich bei den meisten Behandlungen kein exakter Schwellenwert ableiten, d.h. es können keine Aussagen darüber gemacht werden, ab welcher Fallzahl die Qualität deutlich steigt bzw. unterhalb welcher Fallzahl die Qualität eines bestimmten Eingriffs mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr genügt. Ebenso wenig liegen hinreichende Kenntnisse über Ursache und Kausalität vor. Dies spiegelt sich auch in der Praxis der Gesundheitsbehörden wider: Ein Ländervergleich der Mindestfallzahlen zeigt, dass deren Höhe bei gleichen Leistungen teilweise beträchtlich variiert (Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, Gesundheitsversorgung 2015 [Akutsomatik, Rehabilitation, Psychiatrie], S. 17; CHRISTIAN PFISTER, Zusammenhang von Fallzahlen und Behandlungsqualität in Schweizer Akutspitälern, Masterarbeit an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, 2017, S. 1 und 72; Bericht des Bundesrates vom 25. Mai 2016 zur Planung der hochspezialisierten Medizin: Umsetzung durch die Kantone und subsidiäre Kompetenz des Bundesrates, S. 20 f.; PETER JÜNI UND ANDERE, IVHSM: Seltenheit als Kriterium für die Konzentration der hochspezialisierten Medizin, Executive Summary, 2014, S. 4 f.). Die Einführung von Mindestfallzahlen im Kanton Zürich auf den 1. Januar 2012 hat zu einer Konzentration der betreffenden Leistungen auf weniger Spitäler geführt, ohne dass für die Bevölkerung eine Versorgungslücke entstanden wäre (in den weitaus meisten Bereichen liegt die Mindestfallzahl pro Spital bei 10). So dürfen beispielsweise nur noch vier statt neun Anbieter im Kanton Lungentumore (Maligne Neoplasien des Atmungssystems) behandeln. Entsprechend haben sich bis 2014 die Fallzahlen bei den noch verbleibenden Spitälern merklich erhöht: Während noch 2010 Patienten in Spitälern behandelt wurden, welche lediglich zwei oder drei Lungentumore im Jahr operierten, ![]() | 21 |
Erwägung 7 | |
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7.2 Ein bedarfsgerechtes medizinisches Leistungsangebot im eigenen Land ist ein hohes Gut. An der Gerichtspraxis, Ausnahmen vom Territorialitätsprinizip nur mit grosser Zurückhaltung zuzulassen (vgl. die Darstellung der Präjudizien bei EUGSTER, Rechtsprechung, a.a.O., N. 7 zu Art. 34 KVG), ist deshalb auch bei sehr seltenen Therapien festzuhalten. Wird die Schwelle für die Kostenübernahme einer Auslandsbehandlung zu tief angesetzt, nimmt die Abwanderung von Patienten ins Ausland zu. Dem Beschwerdegegner ist insofern beizupflichten, als angesichts der geringen Anzahl von in der Schweiz durchgeführten Phalloplastiken nicht von einem nennenswerten "Medizinaltourismus" zulasten der obligatorischen Krankenversicherung gesprochen werden könnte. Von einer Gefährdung des Spitalfinanzierungssystems als solchem könnte ebenso wenig die Rede sein. Allerdings würden zunehmend ausserhalb der Landesgrenze erfolgende Eingriffe zwangsläufig Hand in Hand gehen mit einem rasanten ![]() | 23 |
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7.4 Die erwähnte Fallzahl von durchschnittlich 5,5 Phalloplastiken pro Jahr (sämtliche Schweizer Kliniken zusammengenommen) ist äusserst tief. Obwohl die "Geschlechtsumwandlung" ursprünglich auf der sog. Gründerliste zur IVHSM figurierte und damit für eine allfällige Zuordnung zur hochspezialisierten Medizin vorgesehen war (E. 5.2 hiervor), kam es bisher nicht zu diesem Schritt. Dem Präsidenten des Fachorgans hochspezialisierte Medizin zufolge boten die Operationen zur Geschlechtsangleichung "bisher keinen Handlungsbedarf" (MARTIN FEY, Hochspezialisierte Viszeralchirurgie: Zentralisiert oder Carte blanche?, Schweizerische Ärztezeitung 2018 S. 24). Unabhängig davon stehen die Komplexität der Phalloplastik (vgl. E. 3.2 und 5.3), die Wichtigkeit des Operationsresultats für die Betroffenen (E. 5.2) und das an sich schon nicht unerhebliche Komplikationsrisiko (E. 5.4) ausser Frage. Überdies verteilt sich das jährlich bloss etwa halbe Dutzend Eingriffe allenfalls noch auf mehrere ![]() | 25 |
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Erwägung 8 | |
8.1 Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, sind seitens der beschwerdeführenden SWICA nicht die geringsten Abklärungsmassnahmen zur Beantwortung der streitigen Rechtsfrage ersichtlich. In ihrer ablehnenden Verfügung vom 21. März 2017 gab sie an, die Sache ![]() | 27 |
Das kantonale Gericht seinerseits holte beim BFS die statistischen Daten über die Operationen zur Geschlechtsangleichung Frau-zu-Mann ein (E. 6.1 hiervor in fine). Im Übrigen stellte es auf die Erwägungen im Entscheid des Kantonsgerichts Waadt (Cour des assurances sociales du Tribunal cantonal) vom 9. Dezember 2015 und auf die von diesem eingeholte Expertise eines "Prof. W." zu den operativen Eingriffen für die Angleichung eines Mannes zur Frau (Vagino- und Klitorisplastik) in der Schweiz und in Thailand ab (der genannte Entscheid AM 67/09 - 4/2016 ist abrufbar unter www.findinfo-tc.vd.ch/justice). Der Experte hatte folgende Frage zu beantworten:
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"Tenant compte du résultat qui a été obtenu, est-ce que l'intervention qui a eu lieu à Bangkok a été un meilleur choix pour Madame B. en ce qui concerne les chances du succès avec un risque minimal et pour un prix qui est équivalent à une intervention similaire en Suisse?"
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Hinsichtlich des ersten Teils der Frage ("the key question") stellte Prof. W. zunächst fest, dass die Fallzahlen an allen Schweizer Zentren verglichen mit denjenigen des Bangkoker Instituts L. praktisch bedeutungslos seien. Zur Beantwortung der Anschlussfrage, ob aus diesen quantitativen Gegebenheiten qualitative Rückschlüsse hinsichtlich Operationserfolg und -risiken einer in der Schweiz durchgeführten Mann-zu-Frau-Angleichung gezogen werden könnten, hielt er sich anlässlich von vier internationalen Kongressen an eine grosse Zahl von Fachkollegen, welche überall auf der Welt derartige Eingriffe durchführten. Gestützt auf ihre Angaben formulierte er verschiedene Erfordernisse, denen ein auf diesem Spezialgebiet tätiger Chirurge genügen sollte. U.a. sei die Mehrheit der befragten Fachleute der Auffassung, dass mindestens zwei Fälle pro Monat nötig seien, um hinreichende Erfahrung zu erlangen und zu bewahren; ein Fall pro Monat werde als absolutes Minimum betrachtet. Schliesslich beantwortete Prof. W. die hiervor im Original zitierte Frage gegenüber dem Kantonsgericht Waadt folgendermassen:
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"Il est évident qu'on ne peut pas répondre à cette question avec un simple 'oui' ou 'non'. Mais comme expliqué en long et en large dans ce rapport, et surtout en tenant compte de l'opinion d'un collège de chirurgiens, spécialistes en matière de chirurgie de réassignation sexuelle, on est obligé de reconnaitre qu'il y a plusieurs arguments valables qui soutiennent le choix de madame B. pour se faire opérer en Thaïlande."
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8.3 Aussagekräftiges ist dem vorliegenden Dossier auch sonst nicht zu entnehmen. Dies gilt etwa für die Angabe von Dr. B., er habe bei einem Patienten, bei dem nach Penoidaufbau-Operationen in der Schweiz schwere Komplikationen aufgetreten seien und hinsichtlich Form und Funktion kein akzeptables Ergebnis vorgelegen habe, ein neues Penoid bilden müssen. Andererseits lässt sich aus der Schlussbemerkung von BAUQUIS/PRALONG/STIEFEL für die hier zu beantwortende Frage ebenfalls nichts Zuverlässiges ableiten. Die Autoren vom CHUV schreiben, angesichts der zunehmenden Zahl von Patienten, die nach geschlechtsangleichenden Operationen im Ausland mit Komplikationen heimkehrten, sei es sehr wichtig, dass die Schweiz nach ![]() | 33 |
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