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1. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Swisscanto Sammelstiftung der Kantonalbanken gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_615/2019 vom 3. September 2020 | |
Regeste |
Art. 25, Art. 73 Abs. 1 und 2 BVG; Art. 71ter Abs. 3 AHVV; Invalidenkinderrente; Aktivlegitimation; Drittauszahlung. |
Die Invalidenkinderrente der beruflichen Vorsorge kann nicht direkt dem volljährigen Kind ausbezahlt werden. Für eine analoge Anwendung von Art. 71ter Abs. 3 AHVV ist in der beruflichen Vorsorge keine rechtliche Grundlage vorhanden (qualifiziertes Schweigen von Gesetz- und Verordnungsgeber; E. 4). | |
Sachverhalt | |
1 | |
A.a Mit Beschluss vom 2. August 2007 entzog die Sozialbehörde der Gemeinde C. B. die Obhut über ihre 1993 geborene Tochter A.
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A.b Die zuständige Berufsvorsorgeversicherung Swisscanto Sammelstiftung der Kantonalbanken (nachfolgend: Swisscanto) richtete B. ab November 2006 eine Invalidenrente sowie eine Invalidenkinderrente aus. Die Swisscanto überwies die Renten zunächst an den Sozialdienst der Gemeinde C. Ab 1. Januar 2013 richtete sie die Invalidenrente an B. und die Invalidenkinderrente mit Zustimmung der Mutter direkt an die Tochter aus. Nachdem B. ihre Zustimmung zur Direktauszahlung an die Tochter ab 1. Juli 2013 widerrufen hatte, zahlte die Swisscanto die Invalidenkinderrente zusammen mit der Invalidenrente an B. aus.
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In der Folge verlangte A. von der Swisscanto am 18. April 2013 die Direktauszahlung der Kinderrente ab Januar 2013 an sich selber zur Sicherstellung ihres Lebensunterhaltes. Die Swisscanto verweigerte dies und teilte A. mit, dass sie dafür die schriftliche Einwilligung ihrer Mutter oder eine Feststellungsverfügung des Gerichts benötige. Auf den 1. April 2015 hin stellte die Swisscanto die Auszahlung der Invalidenkinderrente an B. ein und gab bekannt, dass B. für die weitere Ausrichtung der Kinderrente eine neue Ausbildungsbescheinigung oder eine aktuelle Bestätigung der Ausgleichskasse zuzustellen habe. In der Zwischenzeit hatte sich A. mit Gesuch vom 19. August 2014 mit Hinweis auf ein psychisches Leiden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet.
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B. Am 28. Dezember 2017 erhob A. Klage gegen die Swisscanto. Sie beantragte Folgendes:
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"Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin mit Wirkung ab 1.1.2013
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die gesetzlichen und reglementarischen BVG-Invalidenkinderrenten, insbesondere
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eine jährliche Invalidenkinderrente in Höhe von mindestens
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CHF 7'601.20, zu entrichten, nebst Zins zu 5% p.a. auf den ausstehenden
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Leistungen ab jeweiligem Fälligkeitstag, frühestens ab Datum der Klageerhebung. ..."
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Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die Klage mit Entscheid vom 11. Juli 2019 teilweise gut. Es verpflichtete die ![]() ![]() | 11 |
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Swisscanto, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass sie vom 1. Juli 2013 bis 31. März 2015 die Invalidenkinderrente befreiend an die Mutter von A. bezahlt habe. Eventualiter sei festzustellen, dass die im Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis 31. März 2015 fälschlicherweise an die Mutter ausbezahlte Invalidenkinderrente von der Mutter zurückgefordert resp. mit der Invalidenrente aus beruflicher Vorsorge (Hauptrente) verrechnet werden könne. Eventualiter sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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A. verlangt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 3 | |
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Das kantonale Gericht ist zum Schluss gelangt, in Anlehnung an die Ziffern 18.1 und 18.2.2 in Verbindung mit 13.2.3 und 13.3 des Personalvorsorgereglements (gültig ab 1. Januar 2002) hätten Kinder, solange sie selbst erwerbsunfähig seien, über das 18. Altersjahr hinaus Anspruch auf eine Invalidenkinderrente, sofern ihre Erwerbsunfähigkeit schon vor dem 25. Altersjahr bestanden habe und sofern sie keine Invalidenrente aus der beruflichen Vorsorge, der Unfall- oder der Militärversicherung beziehen würden. Die Beschwerdegegnerin leide seit ihrem Jugendalter an gesundheitlichen ![]() ![]() | 16 |
Erwägung 3.2 | |
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Ob die Beschwerdegegnerin in Bezug auf den Kinderrentenanspruch ab dem 1. April 2015 im Rahmen von Art. 73 BVG als Klägerin aufzutreten berechtigt ist (Aktivlegitimation), bestimmt sich mit Blick auf das Gesagte nach dem materiellen Recht.
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Das kantonale Gericht stellte sich auf den Standpunkt, dass nun nach Inkrafttreten des Art. 71ter Abs. 3 AHVV die Prinzipien der AHV und der IV im Berufsvorsorgerecht ebenfalls analog heranzuziehen seien und die BVG-Kinderrente auf entsprechenden Antrag des volljährigen Kindes hin an dieses selber ausbezahlt werden müsse. Die Swisscanto habe folglich die Kinderrente ab Juli 2013 direkt der Beschwerdegegnerin auszurichten. Dass es dabei von Juli 2013 bis März 2015 zu einer Doppelzahlung komme, sei nicht der Beschwerdegegnerin anzulasten.
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4.2 Die Swisscanto macht dagegen geltend, während im Rahmen der 1. Säule der Weg für eine Direktzahlung der Kinderrente an das mündige Kind geebnet und entsprechende gesetzliche Bestimmungen erlassen worden seien (Einführung von Art. 71ter AHVV; ebenso Art. 35 Abs. 4 IVG i.V.m. Art. 20 ATSG), fehle es im Bereich der beruflichen Vorsorge nach wie vor an einer gesetzlichen Grundlage. Sie habe sich mit Blick auf Art. 25 BVG gezwungen gesehen, die zur Hauptrente (Invalidenrente) akzessorische Kinderrente an die bei ihr versicherte Person auszurichten. Ausserdem sei anzumerken, dass die Mutter der Beschwerdegegnerin gegenüber der Swisscanto mehrfach kundgetan habe, dass sie anspruchsberechtigt sei und die Auszahlung daher an sie zu erfolgen habe. Die Swisscanto geht im Weiteren davon aus, dass auch die Mutter das Gericht ![]() ![]() | 26 |
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Erwägung 4.4 | |
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4.4.2 Mit Blick auf das Gesagte ist eine Drittauszahlung der Kinderrente an das volljährige Kind in der beruflichen Vorsorge auf Gesetzes- oder Verordnungsstufe nicht vorgesehen. Indes verbietet sich die Annahme einer echten Lücke, deren Schliessung durch die Rechtsprechung an sich zulässig wäre (E. 4.4.1): Mit der Formulierung ![]() ![]() | 32 |
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