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Informationen zum Dokument  BGer U 320/1999  Materielle Begründung
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BGer U 320/1999 vom 11.05.2001
 
[AZA 7]
 
U 320/99 Vr
 
III. Kammer
 
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer;
 
Gerichtsschreiber Fessler
 
Urteil vom 11. Mai 2001
 
in Sachen
 
K.________, 1958, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
 
Markus Peyer, Badenerstrasse 129, 8004 Zürich,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse
 
1, 6002 Luzern, Beschwerdegegnerin,
 
und
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
A.- Der 1958 geborene K.________ arbeitete ab 1. September
 
1991 als Chauffeur bei der Firma D.________ AG,
 
einem der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
 
unterstellten Betrieb. Am 15. Februar 1992 erlitt er einen
 
Verkehrsunfall (Überfahren der Sicherheitslinie und Kollision
 
mit zwei entgegenkommenden Fahrzeugen). Die erstbehandelnden
 
Ärzte der Klinik für Unfallchirurgie des Spitals
 
X.________, wo K.________ bis 24. Februar 1992 hospitalisiert
 
war, diagnostizierten u.a. eine Commotio cerebri und
 
eine Prellung der Halswirbelsäule (HWS). Ab 31. März 1992
 
wurde eine ambulante Physiotherapie (Gymnastik, Wickel und
 
Elektrotherapie) durchgeführt. Am 5. Mai 1992 nahm
 
K.________ die Arbeit zu 50 % wieder auf und zwei Tage
 
später arbeitete er wieder ganztags. Auf Ende August 1992
 
löste die Firma das Arbeitsverhältnis auf. Die SUVA kam für
 
die Heilungskosten auf und richtete für die Zeit ab
 
18. Februar 1992 ein wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand
 
um 40 % gekürztes Taggeld aus (Verfügung vom 3. Juni 1993).
 
Am 27. Mai 1993 meldete die ehemalige Arbeitgeberin
 
einen Rückfall. Dr. med. T.________, bei welchem K.________
 
seit 12. Mai 1993 in Behandlung stand, hielt in seinem Bericht
 
vom 9. August 1993 u.a. fest, Medikation und physikalische
 
Therapie hätten lediglich eine geringgradige Besserung
 
der Beschwerden gebracht. Nach wie vor klage der
 
Patient über Schmerzen occipital sowie im Nackenbereich.
 
Die Frage, ob ein bleibender Nachteil zu erwarten sei, bejahte
 
Dr. med. T.________ im Sinne eines eventuellen rezidivierenden
 
Zervikalsyndroms. Am 17. August und 27. Dezember
 
1994 wurden zwei weitere Rückfälle gemeldet. In seinem
 
Bericht vom 18. Juli 1994 erwähnte Dr. med. T.________ erneut
 
zunehmende Schulter- und vor allem Nackenschmerzen,
 
welche unter Analgetika und Antiphlogistika nicht gebessert
 
hätten. Die Wiederaufnahme der Arbeit zu 100 % sei auf den
 
15. Juli 1994 vorgesehen. Im Bericht vom 27. März 1995
 
vermerkte Dr. med. T.________ drei Rezidive des Zervikalsyndroms
 
am 5. Dezember 1994 sowie am 9. und 26. Januar
 
1995.
 
Vom 22. Mai bis 12. Juni 1995 wurde K.________ wegen
 
eines rezidivierenden lumbospondylogenen Syndroms am Spital
 
X.________, Rheumaklinik und Institut für physikalische
 
Therapie, ambulant behandelt. Darauf Bezug nehmend, führte
 
Dr. med. T.________ im Schreiben vom 26. September 1995 an
 
die Kreisagentur der SUVA u.a. aus, wegen erneuter Verschlechterung
 
des zervikalen Schmerzsyndroms sei anlässlich
 
der physikalischen Therapie auch diesbezüglich eine Behandlung
 
durchgeführt worden, bei allerdings mässigem Erfolg.
 
Vom 31. August bis 21. September 1995 wurde K.________ erneut
 
wegen des Rückenleidens im Spital X.________ stationär
 
behandelt. Im Bericht vom 25. September 1995 wird u.a.
 
festgehalten, das cerviko-cephale Syndrom nach HWS-Trauma
 
1992 limitiere den Patienten mit intermittierend ausgeprägten
 
Nackenschmerzen und wechselhaft ungerichtetem Schwindel.
 
Auch die intensive Physiotherapie sei durch den
 
Schwindel limitiert gewesen. Eine Behandlung der HWS,
 
allenfalls durch Akupunktur, sei unbedingt angezeigt.
 
Ebenfalls sollte die vom Hausarzt begonnene antidepressive
 
Medikation fortgeführt werden. Unter Hinweis auf diese
 
Angaben attestierte Dr. med. T.________ im Bericht vom
 
16. November 1995 eine 100 %ige Arbeitsunfähigkeit, auch
 
von Seiten des posttraumatischen cerviko-cephalen Syndroms.
 
Zuvor, am 26. Oktober 1995, hatte sich K.________ einer
 
Diskushernienoperation unterzogen. Am 27. Dezember 1995
 
wurde der Versicherte vom Kreisarzt Dr. med. J.________ und
 
am 18. Januar 1996 vom Neurologen Dr. med. U.________
 
untersucht. In der Folge stellte die SUVA die Taggeldleistungen
 
ab 8. Februar 1996 ein, da eine «volle Arbeitsfähigkeit
 
ohne weiteres wieder zumutbar» sei (Verfügung vom
 
7. Februar 1996). Daran hielt die Anstalt mit Einspracheentscheid
 
vom 24. Februar 1997 fest.
 
B.- K.________ liess hiegegen Beschwerde erheben,
 
welche das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
 
nach zweifachem Schriftenwechsel mit Entscheid vom 20. Juli
 
1999 abwies.
 
C.- K.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde
 
führen mit den Rechtsbegehren, es sei der kantonale Entscheid
 
aufzuheben und die SUVA zu verpflichten, für die
 
gesundheitlichen Störungen die gesetzlichen Leistungen zu
 
erbringen, eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung
 
an das Gericht oder die Anstalt zurückzuweisen. Im Weitern
 
sei ihm die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen.
 
Die SUVA verzichtet auf eine Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
 
Das Bundesamt für Sozialversicherung
 
hat sich nicht vernehmen lassen.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird ein
 
zweiter Schriftenwechsel beantragt. Diesem nicht näher
 
begründeten Begehren ist im Lichte der Rechtsprechung zu
 
Art. 110 Abs. 4 OG (vgl. BGE 119 V 323 Erw. 1 mit Hinweisen)
 
und aufgrund der nachstehenden Ausführungen nicht
 
stattzugeben.
 
2.- Streitig und zu prüfen ist, ob die SUVA im Zusammenhang
 
mit dem Verkehrsunfall vom 15. Februar 1992 über
 
den 7. Februar 1996 hinaus Taggeldleistungen zu erbringen
 
hat, was das kantonale Gericht mangels adäquaten Kausalzusammenhangs
 
zwischen der gesundheitlich bedingten Einschränkung
 
der Arbeitsfähigkeit und jenem Vorkommnis verneint
 
hat.
 
3.- Die Vorinstanz hat die Adäquanzbeurteilung anhand
 
der von der Rechtsprechung aufgestellten und im angefochtenen
 
Entscheid richtig wiedergegebenen Kriterien bei einem
 
Schleudertrauma der HWS vorgenommen (vgl. BGE 117 V 366 ff.
 
Erw. 6a und b). Ausgehend von der Darstellung in der Verfügung
 
vom 3. Juni 1993 betreffend die Kürzung des Taggeldes
 
hat sie den Verkehrsunfall vom 15. Februar 1992 dem mittleren
 
Bereich zugeordnet. Praxisgemäss hat das kantonale
 
Gericht sodann geprüft, ob die massgebenden Kriterien in
 
gehäufter oder auffallender Weise erfüllt sind und der adäquate
 
Kausalzusammenhang daher zu bejahen ist. Dabei ist es
 
zum Ergebnis gelangt, dass ausser den Dauerschmerzen,
 
insbesondere im Kopf- und Nackenbereich, kein anderes Kriterium
 
als gegeben zu betrachten ist. Insbesondere könne
 
weder von einer ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen
 
Behandlung noch von einer langen und in einem besonderen
 
Ausmass eingeschränkten Arbeitsfähigkeit gesprochen werden.
 
4.- Die Adäquanzbeurteilung durch das kantonale Gericht
 
ist in folgendem Sinne nicht schlüssig. Die Vorinstanz
 
geht davon aus, die Arbeitsfähigkeit sei im Zeitraum
 
vom 7. Mai 1992 bis mindestens 6. November 1995 nicht wesentlich
 
eingeschränkt gewesen. Diese Annahme ist aufgrund
 
der Akten nicht hinreichend gesichert. Es trifft zwar zu,
 
dass Dr. med. T.________ im Bericht vom 9. August 1993 die
 
Frage nach dem Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Arbeit in
 
dem Sinne beantwortete, es habe keine Arbeitsunfähigkeit
 
bestanden. Im nächsten ärztlichen Zwischenbericht vom
 
18. Juli 1994 an die zuständige Kreisagentur gab er jedoch
 
an, die Wiederaufnahme der Arbeit zu 100 % sei auf den
 
15. Juli 1994 vorgesehen. Und in den weiteren Berichten
 
vom 7. November 1994, 27. März 1995 sowie 15. August 1995
 
heisst es gleichlautend «Wiederaufnahme der Arbeit zu 100 %
 
seit 16.07.94». Ob in diesen Angaben eine Einschätzung
 
der Arbeitsfähigkeit zu erblicken ist, erscheint fraglich,
 
ebenso, ob der Beschwerdeführer auf diesen Zeitpunkt eine
 
neue Stelle antreten wollte. Ausweislich der Akten war er
 
nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Chauffeur bei
 
der Firma D.________ AG arbeitslos, insbesondere auch im
 
Sommer 1994. Indessen ist weder etwas über den Stellenverlust
 
Ende August 1992 bekannt, als der Beschwerdeführer
 
angeblich 100 % arbeitsfähig gewesen war, noch sind Aussagen
 
darüber möglich, ob er in der Folge eine andere Arbeit
 
suchte und wenn ja, aus welchen Gründen er keine neue
 
Anstellung fand.
 
Was die im Sinne des Gesagten unklaren Angaben des Dr.
 
med. T.________ anbetrifft, ist auch von Bedeutung, dass
 
dieser Arzt in den beiden ersten Berichten vom 9. August
 
1993 und 18. Juli 1994 noch von einer voraussichtlichen
 
Behandlungsdauer von ein bis zwei Monaten resp. einem Monat
 
ausging. Demgegenüber fehlen in den Berichten vom 7. November
 
1994, 27. März und 15. August 1995 Angaben zu diesem
 
Punkt resp. wird ein Behandlungsbedarf «Je nach Auftreten
 
von Beschwerden» angegeben. Wenn sodann Dr. med. T.________
 
im Bericht vom 16. November 1995 die Arbeitsunfähigkeit
 
«auch von Seiten des posttraumatischen, cervico-cephalen
 
Syndroms» auf 100 % veranschlagt, kann diese Einschätzung
 
entgegen der Vorinstanz nicht ohne weiteres als nicht
 
schlüssig bezeichnet werden. Im beigelegten Bericht des
 
Spitals X.________ vom 25. September 1995 über die dreiwöchige
 
stationäre Behandlung des Rückenleidens (lumbospondylogenes
 
Syndrom) wird auf die unbedingte Notwendigkeit
 
einer «HWS-Behandlung» hingewiesen. Zur Begründung
 
wird angeführt, das cervico-cephale Syndrom nach HWS-Trauma
 
1992 limitiere den Patienten mit intermittierend ausgeprägten
 
Nackenschmerzen und wechselhaft ungerichtetem Schwindel.
 
So sei auch die intensive Physiotherapie durch den
 
Schwindel limitiert gewesen. Gemäss Schreiben des Dr. med.
 
T.________ vom 26. September 1995 war wegen erneuter Verschlechterung
 
des cervicalen Schmerzsyndroms im Rahmen der
 
stationären physikalischen Therapie auch diesbezüglich eine
 
Behandlung durchgeführt worden, allerdings mit mässigem
 
Erfolg. Der Kreisarzt schliesslich bezifferte die Arbeitsfähigkeit
 
auf (sicher) 50 % (Bericht vom 27. Dezember
 
1995), ging also ebenfalls von einer Einschränkung aus.
 
Demgegenüber besteht gemäss Dr. med. U.________ volle Arbeitsfähigkeit
 
(Bericht vom 24. Januar 1996). Es ist somit
 
nicht auszuschliessen, dass bis zum Erlass des Einspracheentscheides
 
am 24. Februar 1997 die Arbeitsfähigkeit unfallbedingt,
 
allenfalls mit Unterbrechungen, eingeschränkt
 
war.
 
Verhält es sich so, ist dem Kriterium der (ungewöhnlich
 
langen) Dauer der ärztlichen Behandlung entgegen kantonalem
 
Gericht ein grösseres Gewicht beizumessen. Gemäss
 
Akten muss der Beschwerdeführer seit dem Unfall Schmerzmittel
 
einnehmen und, wenn auch mit Unterbrüchen, immer
 
wieder physikalisch-therapeutisch behandelt werden, ohne
 
dass sich damit eine dauernde Besserung der Schmerzsituation
 
im Kopf- und Nackenbereich eingestellt hätte.
 
Gemäss Dr. med. T.________ besteht, wie dargelegt, ein ständiger
 
Behandlungsbedarf, je nach Beschwerdeanfall, dies
 
nachdem er zu Beginn noch von einer höchstens ein- bis
 
zweimonatigen Behandlungsdauer ausgegangen war. Diese Prognose
 
wird auch durch den Bericht des Spitals X.________ vom
 
25. September 1995 bestätigt, wo die «HWS-Behandlung» als
 
unbedingt notwendig bezeichnet wird. Unter diesen Umständen
 
muss die medikamentöse und physikalisch-therapeutische Behandlung
 
der Kopf- und Nackenbeschwerden doch als ungewöhnlich
 
lange bezeichnet werden.
 
Ob das Kriterium «Grad und Dauer der Arbeitsunfähigkeit»
 
erfüllt ist, wird die SUVA nach ergänzenden Abklärungen,
 
u.a. nach Beizug der IV-Akten, im Lichte der Gerichtspraxis
 
zu prüfen haben und gegebenenfalls die Leistungen ab
 
8. Februar 1996 festsetzen.
 
5.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem
 
Prozessausgang entsprechend steht dem Beschwerdeführer eine
 
Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 1 und 2 in Verbindung
 
mit Art. 135 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung
 
ist demnach gegenstandslos.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
 
werden der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
 
des Kantons Zürich vom 20. Juli 1999 und
 
der Einspracheentscheid vom 24. Februar 1997 aufgehoben,
 
und es wird die Sache an die SUVA zurückgewiesen,
 
damit sie, nach ergänzenden Abklärungen im Sinne der
 
Erwägungen, über ihre Taggeldleistungspflicht im Zusammenhang
 
mit dem Unfall vom 15. Februar 1992 über
 
den 7. Februar 1996 hinaus neu verfüge.
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt hat dem
 
Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen
 
Versicherungsgericht eine Parteientschädigung
 
von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu
 
bezahlen.
 
IV. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hat
 
über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren
 
entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen
 
Prozesses zu befinden.
 
V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht
 
des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
 
Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 11. Mai 2001
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident Der Gerichts
 
der III. Kammer: schreiber:
 
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