BGer 6S.24/2002 | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
BGer 6S.24/2002 vom 25.06.2002 | |
{T 0/2}
| |
6S.24/2002/kra
| |
K A S S A T I O N S H O F
| |
*************************
| |
Sitzung vom 25. Juni 2002
| |
Es wirken mit: Bundesrichter Schubarth, Präsident des
| |
Kassationshofes, Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger,
| |
Kolly, Karlen und Gerichtsschreiberin Schild Trappe.
| |
In Sachen
| |
Staatsanwaltschaft des Kantons Z ü r i c h,
| |
gegen
| |
X.________ Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt
| |
Kurt Zollinger, Bahnhofstrasse 61, Zürich,
| |
betreffend
| |
bedingter Strafvollzug
| |
(Fahren in angetrunkenem Zustand),
| |
hat sich ergeben:
| |
A.- X.________ lenkte am 17. November 2000 um 16.45
| |
Uhr mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,32 bis 3,13
| |
Gewichtspromille seinen Personenwagen "Daimler" in Zürich
| |
von der Talstrasse in Richtung Bürkliplatz, um an seinen
| |
Wohnort in Herrliberg zurückzukehren. Bei der Verzweigung
| |
Talstrasse/Bürkliplatz missachtete er das Rotlicht und
| |
verursachte dadurch eine Kollision mit einem korrekt von
| |
rechts kommenden Lieferwagen, was je geringe Sachschäden
| |
an beiden Fahrzeugen zur Folge hatte. Ohne am Unfallort
| |
anzuhalten, fuhr X.________ über die Quaibrücke weiter. Er
| |
wurde von dem ihn daraufhin verfolgenden Lieferwagenlenker
| |
beim Rotlicht am Bellevue eingeholt und aufgefordert, bei
| |
der wenige Meter davon entfernten Bushaltestelle am
| |
Bellevue anzuhalten. Zwar bog X.________ dort ein und
| |
hielt kurz an. Er setzte seine Fahrt dann aber gleich
| |
wieder fort und lenkte seinen Wagen - immer noch vom
| |
Lenker des Lieferwagens verfolgt - weiter durch den
| |
Utoquai. Dann bog er links ab und beendete seine Fahrt
| |
erst im Hinterhof an der Dufourstrasse 73, d.h. mehr als
| |
500 Meter vom Unfallort entfernt.
| |
Bereits am 9. Juni 1995 war X.________ wegen
| |
Fahrens in angetrunkenem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs.
| |
1 SVG sowie wegen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne
| |
von Art. 90 Ziff. 1 SVG in Verbindung mit Art. 31 Abs. 1
| |
SVG zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten Gefängnis,
| |
dies unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer
| |
Probezeit von zwei Jahren, und zu einer Busse von Fr.
| |
10'000.-- verurteilt worden. X.________ hatte beim damals
| |
zu beurteilenden Vorfall vom
| |
3. Februar 1995 kurz nach Mitternacht eine Blutalkohol-
| |
konzentration von mindestens 2,71 Gewichtspromille aufge-
| |
wiesen.
| |
B.- Am 11. Mai 2001 sprach der Einzelrichter in
| |
Strafsachen des Bezirksgerichts Zürich X.________ schuldig
| |
des Fahrens in angetrunkenem Zustand im Sinne von Art. 91
| |
Abs. 1 SVG sowie der groben Verletzung einer Verkehrsregel
| |
im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG in Verbindung mit Art. 27
| |
Abs. 1 SVG und Art. 68 Abs. 1 SSV und verurteilte ihn zu
| |
einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten Gefängnis, dies
| |
unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer
| |
Probezeit von vier Jahren.
| |
C.- Gegen dieses Urteil legten sowohl X.________ wie
| |
auch die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich Berufung
| |
ein.
| |
Am 2. November 2001 sprach das Obergericht des
| |
Kantons Zürich, II. Strafkammer, X.________ schuldig des
| |
Fahrens in angetrunkenem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs.
| |
1 SVG, der groben Verletzung einer Verkehrsregel im Sinne
| |
von Art. 90 Ziff. 2 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1
| |
SVG und Art. 68 Abs. 1 SSV, der versuchten Vereitelung
| |
einer Blutprobe im Sinne von Art. 91 Abs. 3 SVG in
| |
Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB und des pflichtwidrigen
| |
Verhaltens bei einem Unfall im Sinne von Art. 92 Abs. 1
| |
SVG in Verbindung mit Art. 51 Abs. 3 SVG und
| |
Art. 56 Abs. 1 VRV. Es verurteilte X.________ zu einer
| |
Freiheitsstrafe von sechs Monaten Gefängnis und zu einer
| |
Busse von Fr. 5'000.--. Den Vollzug der Freiheitsstrafe
| |
schob es bei einer Probezeit von fünf Jahren auf, und es
| |
erteilte ihm die Weisung, sich während der Probezeit unter
| |
Betreuung einer Fachstelle für Alkoholprobleme oder eines
| |
Arztes seiner Wahl des Alkoholkonsums gänzlich zu ent-
| |
halten. Das Obergericht lud das Amt für Justizvollzug ein,
| |
die Einhaltung der Weisung zu überwachen.
| |
D.- Mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde bean-
| |
tragt die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, das ange-
| |
fochtene Urteil wegen Verletzung von Art. 41 Ziff. 1
| |
Abs. 1 StGB aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an
| |
die Vorinstanz zurückzuweisen.
| |
E.- X.________ beantragt in seiner Vernehmlassung die
| |
Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde. Das Obergericht des
| |
Kantons Zürich, II. Strafkammer, hat auf eine
| |
Vernehmlassung verzichtet.
| |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
| |
1.- Die Vorinstanz befasst sich sehr ausführlich mit
| |
der Frage der subjektiven Voraussetzungen für die Gewäh-
| |
rung des bedingten Strafvollzugs. Sie weist vorab auf den
| |
tadellosen persönlichen wie auch automobilistischen Leu-
| |
mund des Beschwerdegegners hin sowie darauf, dass er den
| |
Behörden - mit Ausnahme der Vorstrafe aus dem Jahre 1995 -
| |
noch nie negativ aufgefallen sei. Er lebe in geordneten,
| |
soliden familiären Verhältnissen zusammen mit seiner eben-
| |
falls erwerbstätigen Ehefrau und seinen beiden Kindern. Er
| |
habe sich auch während des laufenden Verfahrens korrekt
| |
und kooperativ verhalten. Allerdings sei zu beachten, dass
| |
der Beschwerdegegner trotz all diesen sehr guten
| |
allgemeinen familiären und beruflichen Rahmenbedingungen
| |
erneut straffällig geworden sei. Er habe fast in gleicher
| |
Weise wie beim ersten Mal erheblich dem übermässigen Alko-
| |
holkonsum zugesprochen und eine grosse Gefahr für die
| |
übrigen Strassenbenützer geschaffen. Die allgemeinen und
| |
besonderen Rahmenbedingungen böten deshalb keine genügende
| |
Gewähr dafür, dass der Beschwerdegegner nicht erneut in
| |
gleicher Art und Weise straffällig werde. Beim ersten
| |
Vorfall im Jahre 1995 habe der Beschwerdegegner der Länge
| |
nach eine Schutzinsel überfahren und dabei zwei Insel-
| |
schutzpfosten sowie einen Signalständer beschädigt. Hätten
| |
sich damals auf dieser Schutzinsel Fussgänger befunden,
| |
wären deren Leib und Leben in Gefahr gewesen. Auch diesmal
| |
sei es zu einer - wenn auch nur harmlosen - Kollision
| |
gekommen, die aber schlimmer hätte enden können, wenn
| |
nämlich der neben dem Lieferwagen fahrende Motorradfahrer
| |
nicht noch rechtzeitig hätte stark abbremsen können. Beide
| |
Vorfälle hätten sich fast identisch abgespielt. Die erste
| |
Trunkenheitsfahrt habe sich am Freitag, dem 3. Februar
| |
1995, und die zweite nur fünfeinhalb Jahre später am
| |
Freitag, dem 17. November 2000, ereignet. Es handle sich
| |
in beiden Fällen um eine typische Vorwochenend-Trinkerei.
| |
Dem Beschwerdegegner sei die Problematik von Al-
| |
kohol am Steuer sehr bewusst, sei er doch bei seinen
| |
Gästen diesbezüglich vorsichtig. Zudem lasse er sein
| |
Fahrzeug zu Hause, wenn er mit einem Lunch rechne. Zu
| |
beachten sei aber, dass der Beschwerdegegner auf Grund
| |
seiner beruflichen Tätigkeit, die zwingend Kundenkontakte
| |
mit einschliesse, immer wieder mit der nicht voraussehba-
| |
ren Situation konfrontiert sein werde, mit Kunden einen
| |
Lunch einnehmen zu müssen. Für diese Fälle bestehe über-
| |
haupt keine Gewähr, dass er nicht erneut zu viel Alkohol
| |
konsumieren und dann ein Fahrzeug lenken würde. Selbst
| |
sein eigener Arzt bestätige seine lockere und freie Be-
| |
ziehung zu alkoholischen Getränken. Der Beschwerdegegner
| |
leide zwar nicht an einer chronischen Alkoholsucht, ver-
| |
liere jedoch in bestimmten Situationen die Kontrolle über
| |
sein Trinkverhalten, was sich trotz seinen verbalen Beteu-
| |
erungen wiederholen könne. Auch nach dem ersten äusserst
| |
gefährlichen Vorfall habe er beteuert, die Konsequenzen
| |
gezogen zu haben, was aber durch sein erneutes Delinquie-
| |
ren widerlegt sei. Die spezialpräventive Wirkung des Aus-
| |
weisentzugs dürfe bei der Frage der Gewährung des beding-
| |
ten Strafvollzugs nicht ausser Acht gelassen werden; der
| |
Führerausweis sei dem Beschwerdegegner mit Verfügung vom
| |
29. Juni 2001 mit Wirkung vom 17. November 2000 bis und
| |
mit 16. Dezember 2001 für die Dauer von 13 Monaten ent-
| |
zogen worden. Mit Verfügung vom 4. September 2001 sei
| |
diese Massnahme jedoch auf Grund der Zusage zum Besuch des
| |
bfu-Kurses (bfu: Schweizerisches Büro für Unfallverhütung)
| |
vorzeitig aufgehoben worden. Der Entzug habe demzufolge
| |
nicht einmal ein ganzes Jahr gedauert. Bei dieser Sachlage
| |
könne nicht von einer erheblichen Einschränkung des Be-
| |
schwerdegegners durch den Ausweisentzug, welcher einen be-
| |
sonders nachhaltigen Eindruck auf ihn machen würde, ge-
| |
sprochen werden.
| |
Zum Einwand, eine unbedingte Freiheitsstrafe
| |
hätte für den Beschwerdegegner in beruflicher Hinsicht
| |
eine sehr einschränkende Wirkung, selbst wenn er diese in
| |
Halbgefangenschaft verbüssen könnte, bemerkt die Vorin-
| |
stanz, dass wohl jeder Freiheitsentzug eine Beeinträchti-
| |
gung in der beruflichen Betätigung bedeute. Darauf sei im
| |
Rahmen des Vollzugs so weit wie möglich Rücksicht zu neh-
| |
men. Bei der Prüfung der Frage der Gewährung des bedingten
| |
Strafvollzugs dürfe dies aber nicht zu einer Zweiklassen-
| |
justiz führen in dem Sinne, dass Angehörigen von gewissen
| |
Berufen, wie etwa Fernfahrern oder Nachtwächtern, der be-
| |
dingte Strafvollzug nur deshalb gewährt werden müsste,
| |
weil sie ihre Freiheitsstrafe nicht in Halbgefangenschaft
| |
verbüssen könnten. Aus diesem Grund könne auch das Argu-
| |
ment des Beschwerdegegners nicht gehört werden, er sei
| |
sehr strafempfindlich, weil eine unbedingte Freiheits-
| |
strafe ihn härter treffen würde, als dies bei einer Person
| |
mit permanenter Tätigkeit in der Schweiz der Fall wäre.
| |
Hingegen sei zu beachten, dass der Beschwerdegeg-
| |
ner im Berufungsverfahren neu vorbringe, dass er seit dem
| |
Vorfall vom November 2000 eine Totalabstinenz einhalte,
| |
und seine diesbezüglichen Ausführungen auch belege. In
| |
diesem Zusammenhang bestätige sein Hausarzt zuhanden des
| |
Institutes für Rechtsmedizin der Universität Zürich (IRM),
| |
dass er den Beschwerdegegner seit dem Ereignis vom 17. No-
| |
vember 2000 in regelmässigen Abständen zu Allgemeinunter-
| |
suchungen, zur Überprüfung der Labor-Tests und zu Gesprä-
| |
chen sehe und die Einhaltung einer Alkoholtotalabstinenz
| |
seit dem 18. November 2000 bestätigen könne. Diese Alko-
| |
holtotalabstinenz stehe aber im Zusammenhang mit der Wie-
| |
deraushändigung des Führerausweises. In der Verfügung be-
| |
treffend Führerausweisentzug werde nämlich auf den Unter-
| |
suchungsbericht vom 17. Mai 2001 verwiesen, in welchem der
| |
Amtsarzt am IRM feststelle, dass die Fahreignung des Be-
| |
schwerdegegners nur bei Einhaltung einer Alkoholtotalab-
| |
stinenz bejaht werden könne. Gestützt darauf habe das
| |
Strassenverkehrsamt am 4. September 2001 eine Alkoholto-
| |
talabstinenz angeordnet und verfügt, dass der Beschwerde-
| |
gegner sich unter Betreuung der zuständigen Fachstelle für
| |
Alkoholprobleme oder eines Arztes seiner Wahl des Alkohol-
| |
konsums gänzlich zu enthalten habe.
| |
Da der Beschwerdegegner seit dem 18. Novem-
| |
ber 2000 totalabstinent sei, er den Kurs des bfu besuche
| |
und ihm der Führerausweis unter Auflage einer Totalabsti-
| |
nenz wieder erteilt worden sei, sei davon auszugehen, dass
| |
er nun die notwendigen Konsequenzen gezogen habe. Auf
| |
Grund dieser neuen Tatsache könne ihm nochmals der be-
| |
dingte Strafvollzug gewährt werden. Den trotzdem bestehen-
| |
den Bedenken sei dadurch Rechnung zu tragen, dass die
| |
Probezeit auf die längste mögliche Dauer von fünf Jahren
| |
anzusetzen sei. Zudem sei dem Beschwerdegegner gestützt
| |
auf Art. 41 Ziff. 2 StGB die Weisung zu erteilen, sich
| |
unter Betreuung einer Fachstelle für Alkoholprobleme oder
| |
eines Arztes seiner Wahl während der Probezeit des Alko-
| |
holkonsums gänzlich zu enthalten. Mit der Überwachung
| |
dieser Weisung sei das Amt für Justizvollzug zu beauf-
| |
tragen. Es werde Sache dieser Amtsstelle sein, die genauen
| |
Überwachungsmodalitäten mit dem Beschwerdegegner zu re-
| |
geln. Anzumerken bleibe, dass es angezeigt erscheine, den
| |
Beschwerdegegner jeweils ohne entsprechende Vorankündigung
| |
kurzfristig zu den einzelnen Kontrollen aufzubieten.
| |
2.- Die Beschwerdeführerin sieht Art. 41 Ziff. 1
| |
Abs. 1 StGB verletzt. Der Beschwerdegegner habe sich nicht
| |
"nur" des Fahrens in einem ganz erheblich angetrunkenen
| |
Zustand schuldig gemacht, sondern überdies versucht, sich
| |
einer Blutprobe zu entziehen, obwohl er sowohl unmittelbar
| |
nach der Kollision als auch nach der Quaibrücke bei der
| |
Bushaltestelle am Bellevue vom Geschädigten aufgefordert
| |
worden sei anzuhalten. In diesem Benehmen komme eine
| |
gewisse Abgeschlagenheit zum Ausdruck, welche ebenfalls
| |
gegen eine günstige Prognose spreche. Ein nachvollzieh-
| |
barer oder gar einfühlbarer aussergewöhnlicher Trinkanlass
| |
sei nicht ersichtlich; im Gegenteil habe der Beschwerde-
| |
gegner einfach einer Einladung Folge geleistet, um dann
| |
ganz massiv dem Alkohol zuzusprechen, darum wissend, dass
| |
sich in der Tiefgarage desselben Gebäudes sein Fahrzeug
| |
befunden habe, mit welchem er anschliessend noch nach
| |
Hause fahren würde. All dies sei vor dem Hintergrund einer
| |
einschlägigen früheren Verurteilung zu einer Freiheits-
| |
strafe und eines vom 3. Februar 1995 bis 2. Juli 1995
| |
dauernden Führerausweisentzuges geschehen.
| |
Die Vorinstanz habe in Überschreitung ihres Er-
| |
messens dem Beschwerdegegner letztlich nur deswegen den
| |
bedingten Strafvollzug gewährt, weil er im Berufungsver-
| |
fahren eine durch seinen Hausarzt bestätigte Alkoholtotal-
| |
abstinenz geltend gemacht habe. Diese Abstinenz stehe im
| |
Zusammenhang mit der Wiederaushändigung des Führeraus-
| |
weises - ein Umstand, welcher klar deren Bedeutung
| |
relativiere. Aus der dem Beschwerdegegner vom Strassen-
| |
verkehrsamt am 4. September 2001 auferlegten Alkohol-
| |
totalabstinenz könne nicht darauf geschlossen werden, dass
| |
der Beschwerdegegner die notwendigen Konsequenzen gezogen
| |
habe. Auch mit einer Weisung, sich während der Probezeit
| |
des Alkoholkonsums gänzlich zu enthalten, lasse sich die
| |
Gewährung des bedingten Strafvollzugs nicht begründen. Die
| |
Einhaltung einer solchen Weisung sei im Übrigen schwer zu
| |
überwachen.
| |
3.- a) Gemäss Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB kann der
| |
Richter den Vollzug einer Freiheitsstrafe von nicht mehr
| |
als 18 Monaten aufschieben, wenn Vorleben und Charakter
| |
des Verurteilten erwarten lassen, er werde auch durch eine
| |
bedingt vollziehbare Strafe von weiteren Delikten abgehal-
| |
ten. Der Richter hat also eine Prognose über das zukünfti-
| |
ge Verhalten des Täters zu stellen. Dabei steht dem Sach-
| |
richter ein erhebliches Ermessen zu. Das Bundesgericht
| |
hebt einen Entscheid auf, wenn die Vorinstanz nicht von
| |
rechtlich massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist
| |
oder diese in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermes-
| |
sens unrichtig gewichtet hat. Bei der Prüfung, ob der
| |
Verurteilte für ein dauerndes Wohlverhalten Gewähr bietet,
| |
ist eine Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vor-
| |
zunehmen. In die Beurteilung mit einzubeziehen sind neben
| |
den Tatumständen auch das Vorleben und der Leumund sowie
| |
alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den
| |
Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung
| |
zulassen (BGE 118 IV 97 E. 2b). Für die Einschätzung des
| |
Rückfallrisikos ist ein Gesamtbild der Täterpersönlichkeit
| |
unerlässlich. Relevante Faktoren sind etwa strafrechtliche
| |
Vorbelastung, Sozialisationsbiographie und Arbeitsverhal-
| |
ten, das Bestehen sozialer Bindungen, Hinweise auf Sucht-
| |
gefährdungen usw. (Wiprächtiger, Strafzumessung und be-
| |
dingter Strafvollzug, ZStrR 114/1996, S. 457, mit Hin-
| |
weisen). Dabei sind die persönlichen Verhältnisse bis zum
| |
Zeitpunkt des Entscheides mit einzubeziehen. Es ist unzu-
| |
lässig, unter den nach Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zu
| |
berücksichtigenden Umständen einzelnen eine vorrangige
| |
Bedeutung beizumessen und andere zu vernachlässigen oder
| |
überhaupt ausser Acht zu lassen (BGE 118 IV 97 E. 2b; 123
| |
IV 107 E. 4a). Wie bei der Strafzumessung müssen die Grün-
| |
de im Urteil so wiedergegeben werden, dass sich die rich-
| |
tige Anwendung des Bundesrechts überprüfen lässt (BGE 117
| |
IV 112 E. 3a).
| |
b) Die Vorinstanz führt bei der Prüfung der sub-
| |
jektiven Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten
| |
Strafvollzugs - abgesehen vom tadellosen persönlichen
| |
Leumund - fast ausschliesslich Umstände auf, die gegen
| |
eine günstige Prognose sprechen. Die schliesslich von ihr
| |
gestellte gute Prognose wird - abgesehen vom Leumund -
| |
schwergewichtig mit dem Umstand begründet, dass der Be-
| |
schwerdegegner seit dem Vorfall vom November 2000 eine
| |
Alkoholtotalabstinenz einhalte. Ganz am Ende ihrer Er-
| |
wägungen äussert die Vorinstanz ihre trotzdem bestehenden
| |
Bedenken und betont, dass dem Beschwerdegegner der be-
| |
dingte Strafvollzug ohne die Abstinenz nicht hätte gewährt
| |
werden können.
| |
c) Zu prüfen ist, ob der Alkoholtotalabstinenz
| |
die von der Vorinstanz beigemessene überragende Bedeutung
| |
zukommt. Zur Feststellung der Alkoholtotalabstinenz stützt
| |
sie sich auf das vom Hausarzt am 24. Oktober 2001 zuhanden
| |
des IRM ausgestellte Zeugnis betreffend Fahreignung und
| |
Alkohol, in dem dieser die Einhaltung derselben durch den
| |
Beschwerdegegner seit dem 18. November 2000 bestätigt.
| |
Gemäss Art. 277bis Abs. 1 BStP ist der Kassationshof an
| |
die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden.
| |
Dementsprechend ist davon auszugehen, dass der Beschwer-
| |
degegner vom 18. November 2000 - zumindest - bis zum Zeit-
| |
punkt der Ausfällung des vorinstanzlichen Urteils totalab-
| |
stinent war. Keinen Beweis vermag das Zeugnis hingegen
| |
hinsichtlich seiner zukünftigen Entwicklung zu erbringen.
| |
Selbst der Nachweis einer bereits verhältnismässig lang
| |
andauernden Einhaltung einer Alkoholtotalabstinenz ver-
| |
möchte jedoch für sich alleine eine günstige Prognose bei
| |
einem wie vorliegend doch recht schweren Rückfall von
| |
Fahren in angetrunkenem Zustand noch nicht zu rechtfer-
| |
tigen. Die Vorinstanz hat dementsprechend dem Beschwerde-
| |
gegner auch die Weisung erteilt, sich unter Betreuung
| |
einer Fachstelle für Alkoholprobleme oder eines Arztes
| |
seiner Wahl während der auf die längste mögliche Dauer von
| |
fünf Jahren angesetzten Probezeit weiterhin gänzlich des
| |
Alkoholkonsums zu enthalten. Mit der Überwachung dieser
| |
Weisung wurde das Amt für Justizvollzug beauftragt, das
| |
auch die Überwachungsmodalitäten zu regeln hat. Nach
| |
Einschätzung der Vorinstanz wäre es aber angezeigt, den
| |
Beschwerdegegner jeweilen ohne Vorankündigung kurzfristig
| |
zu den einzelnen Kontrollen aufzubieten.
| |
Es ist prinzipiell nicht zu beanstanden, dass die
| |
Vorinstanz der Alkoholtotalabstinenz in diesem Fall eine
| |
grosse Bedeutung beigemessen hat. Nachdem sie aber selber
| |
bekundet hat, sie gewähre dem Beschwerdegegner gestützt
| |
darauf nur mit Bedenken den bedingten Strafvollzug, hätte
| |
sie dies nur tun dürfen, wenn sie stärker dafür besorgt
| |
gewesen wäre, dass diese Abstinenz auch weiterhin einge-
| |
halten wird. Bei einer solchen Ausgangslage leistet auch
| |
die Weisung, wonach der Beschwerdegegner weiterhin total-
| |
abstinent zu sein habe und sich dabei auch von einem Arzt
| |
seiner Wahl betreuen lassen kann, keine hinreichende Ge-
| |
währ für die weitere konsequente Einhaltung der Abstinenz.
| |
Daran vermag auch die ebenfalls unsicher anmutende Anord-
| |
nung einer - noch nicht hinreichend definierten - Über-
| |
wachung nichts zu ändern. Dementsprechend wäre eine güns-
| |
tige Prognose nur gerechtfertigt, wenn beispielsweise die
| |
Alkoholtotalabstinenz nach der Weisung regelmässig durch
| |
einen unabhängigen Facharzt überprüft wird und wenn über-
| |
dies sichergestellt ist, dass der Beschwerdegegner jeder-
| |
zeit zu einer unangemeldeten Kontrolle aufgeboten werden
| |
kann. Ohne diese Rahmenbedingungen durfte vorliegend nicht
| |
eine günstige Prognose gestellt werden.
| |
Die Vorinstanz hat mit der Annahme einer guten
| |
Prognose ohne diese Rahmenbedingungen das ihr zustehende
| |
Ermessen überschritten und damit Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1
| |
StGB verletzt. Dies führt zur Gutheissung der Nichtig-
| |
keitsbeschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Ur-
| |
teils.
| |
4.- Es werden keine Kosten erhoben. Bei diesem Aus-
| |
gang des Verfahrens sind keine Parteientschädigungen aus-
| |
zurichten.
| |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
| |
1.- Die Nichtigkeitsbeschwerde wird im Sinne der
| |
Erwägungen gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des
| |
Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 2. November 2001
| |
aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die
| |
Vorinstanz zurückgewiesen.
| |
2.- Es werden keine Kosten erhoben und keine Partei-
| |
entschädigungen ausgerichtet.
| |
3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Oberge-
| |
richt des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich
| |
mitgeteilt.
| |
_____________
| |
Lausanne, 25. Juni 2002
| |
Im Namen des Kassationshofes
| |
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
| |
Der Präsident:
| |
Die Gerichtsschreiberin:
| |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |