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Informationen zum Dokument  BGer 1B_399/2013  Materielle Begründung
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BGer 1B_399/2013 vom 29.11.2013
 
{T 0/2}
 
1B_399/2013, 1B_415/2013
 
 
Urteil vom 29. November 2013
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Karlen, Chaix,
 
Gerichtsschreiber Störi.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________, Beschwerdeführerin, amtlich vertreten durch Rechtsanwalt Paul Hofer,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach, Wildischachenstrasse 14, 5200 Brugg,
 
Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau, Kasinostrasse 5, 5000 Aarau.
 
Gegenstand
 
Antrag auf Sicherheitshaft,
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 17. Oktober 2013 des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach führt gegen X.________ eine Strafuntersuchung wegen Entziehens von Minderjährigen (Art. 220 StGB) sowie Freiheitsberaubung und Entführung (Art. 183 Ziff. 1 und 2 StGB). Der Anklageschrift vom 11. September 2011 liegt folgender Tatverdacht zugrunde: X.________ soll im Sommer 2010 mit ihrem Ehemann Y.________ vereinbart haben, den gemeinsamen Sohn Z.________, geb. 17. Dezember 2005, für die Sommerferien zu seiner Grossmutter bzw. zur Mutter von X.________ in die Ukraine zu schicken. In der Folge habe sich X.________ geweigert, den Sohn in die Schweiz zurückzuholen. Ihre Mutter habe Y.________, der Ende 2010 in die Ukraine gereist sei, den Zugang zu seinem Sohn auf Anweisung ihrer Tochter hin verweigert. Anfangs April 2011 habe diese ihren Wohnsitz in die Ukraine verlegt, ohne dies ihrem Ehemann mitzuteilen. Am 7. April 2011 habe das Bezirksgericht Brugg Y.________ superprovisorisch die Obhut über Z.________ zugeteilt. Diese Verfügung sei vom Bezirksgericht Brugg am 21. April 2011 bestätigt worden; gleichzeitig sei X.________ verpflichtet worden, Z.________ unverzüglich in die eheliche Wohnung in A.________ zurückzubringen. Obwohl ihr diese richterliche Anordnung zugestellt worden sei und obwohl sie am 11. Oktober 2011 wegen Entziehens von Unmündigen verurteilt worden sei, sei sie der Verpflichtung, Z.________ in die Schweiz zurückzubringen, bis heute nicht nachgekommen.
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B.  1B_399/2013
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C.  1B_415/20131
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Erwägungen:
 
1. Die beiden Beschwerden wurden von bzw. für die gleiche Beschwerdeführerin eingereicht, richten sich gegen denselben Entscheid und enthalten im Wesentlichen die gleichen Anträge. Es rechtfertigt sich daher, die Verfahren zu vereinigen.
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2. Rechtsanwalt Hofer wurde von der Oberstaatsanwaltschaft mit Verfügung vom 4. Februar 2013 in Anwendung von Art. 130 lit. a und b StPO und Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO als notwendiger amtlicher Verteidiger eingesetzt und bleibt damit in diesem Amt, bis sie ihn daraus wieder entlässt. Ist die Beschwerdeführerin mit seiner Amtsführung nicht einverstanden, kann sie der Oberstaatsanwaltschaft einen Verteidigerwechsel beantragen, was sie - soweit dem Bundesgericht bekannt - nicht getan hat. Solange diese Rechtsanwalt Hofer aber nicht entlassen hat, bleibt er befugt und verpflichtet, ihre Interessen im Strafverfahren gegen sie wahrzunehmen. Seine Eingabe ist damit in gleicher Weise als Beschwerde der Beschwerdeführerin entgegenzunehmen und zu behandeln wie die von der Beschwerdeführerin selber verfasste Beschwerdeschrift.
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3. Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Haftentscheid des Obergerichts. Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen nach den Art. 78 ff. BGG gegeben. Der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Haftentlassung ist zulässig (BGE 132 I 21 E. 1). Die Beschwerdeführerin ist durch die Anordnung von Sicherheitshaft in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen und damit zur Beschwerde befugt (Art. 81 Abs. 1 BGG). Sie macht sinngemäss die Verletzung von Bundesrecht geltend, was zulässig ist (Art. 95 lit. a BGG). Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die Beschwerden einzutreten ist.
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4. Sicherheitshaft kann unter anderem angeordnet werden, wenn ein dringender Tatverdacht in Bezug auf ein Vergehen oder ein Verbrechen sowie Fluchtgefahr besteht (Art. 221 Abs. 1 StPO).
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4.1. Nicht substanziiert bestritten wird, dass die Beschwerdeführerin dringend verdächtig ist, ihren Sohn gegen den Willen ihres Ehemannes in der Ukraine untergebracht zu haben und sich zu weigern, den Sohn in die Schweiz in die eheliche Wohnung zurückzuholen, obwohl sie in der Zwischenzeit vom Bezirksgericht Brugg, welches das Obhutsrecht über Z.________ ihrem Ehemann zuteilte, dazu verpflichtet wurde. Der dringende Tatverdacht bezieht sich somit auf jeden Fall zumindest (siehe hinten E. 4.3) auf den Tatbestand des Entziehens von Unmündigen im Sinn von Art. 220 StGB und damit auf ein Vergehen im Sinn von Art. 10 Abs. 3 StGB, was die Anordnung von Sicherheitshaft grundsätzlich rechtfertigen kann.
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4.2. Für die Annahme von Fluchtgefahr genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die Höhe der zu erwartenden Freiheitsstrafe für sich allein nicht. Eine solche darf nicht schon angenommen werden, wenn die Möglichkeit der Flucht in abstrakter Weise besteht. Vielmehr müssen konkrete Gründe dargetan werden, die eine Flucht nicht nur als möglich, sondern als wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Höhe der zu erwartenden Freiheitsstrafe kann immer nur neben anderen, eine Flucht begünstigenden Tatsachen herangezogen werden (BGE 125 I 60 E. 3a; 117 Ia 69 E. 4a; 108 Ia 64 E. 3; 107 Ia 3 E. 6).
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4.3. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit darf die Untersuchungs- und Sicherheitshaft nur solange erstreckt werden, bis ihre Dauer in grosse Nähe der zu erwartenden Strafe rückt; dies auch deshalb, weil ansonsten das erkennende Gericht versucht sein könnte, die Dauer der erstandenen Haft bei der Strafzumessung mitzuberücksichtigen (BGE 133 I 168 E. 4.1 mit Hinweisen).
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5. Die Beschwerden sind somit als unbegründet abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Verfahren 1B_399/2013 und 1B_415/2013 werden vereinigt.
 
2. Die Beschwerden werden abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach, dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 29. November 2013
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Fonjallaz
 
Der Gerichtsschreiber: Störi
 
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