BGer 9C_618/2018 | |||
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BGer 9C_618/2018 vom 26.11.2018 |
9C_618/2018 |
Urteil vom 26. November 2018 |
II. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
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Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless,
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Gerichtsschreiber Fessler.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Ausgleichskasse Zug,
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Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Alters- und Hinterlassenenversicherung
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(Beiträge; Nichterwerbstätiger),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug
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vom 19. Juli 2018 (S 2017 108).
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Sachverhalt: | |
A. A.________ hat als Nichterwerbstätiger Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen. Mit (Nachtrags-) Verfügungen vom 11. Mai 2016 und 8. Mai 2017 erhob die Ausgleichskasse Zug für 2014 und 2015 auf der Grundlage eines massgebenden Vermögens von Fr. 5'422'782.- bzw. Fr. 5'149'305.- Beiträge (einschliesslich Verwaltungskosten) in der Höhe von Fr. 15'076.30 und Fr. 14'061.10. A.________ erhob gegen beide Verfügungen Einsprache, wobei er um Sistierung des Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens betreffend die provisorischen Beiträge für 2016 ersuchte mit der Möglichkeit, danach die Begründung und die Anträge zu präzisieren. Mit Urteil 9C_121/2017 vom 6. Juni 2017 (BGE 143 V 254) bestätigte das Bundesgericht die für 2016 festgesetzten provisorischen Beiträge. Mit Entscheid vom 27. Juni 2017 wies die Ausgleichskasse die Einsprachen gegen die Verfügungen vom 11. Mai 2016 und 8. Mai 2017 ab.
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B. Die Beschwerde des A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, mit Entscheid vom 19. Juli 2018 ab, soweit darauf einzutreten war.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________ zur Hauptsache, Gerichtsentscheid und Einspracheentscheid seien aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung unter Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör an die Ausgleichskasse zurückzuweisen.
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Erwägungen: | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1. Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem wegen Verletzung von Bundesrecht erhoben werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), dies unter Berücksichtigung der Rüge- und Begründungspflicht der Parteien (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG sowie Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
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2.
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2.1. Der Beschwerdeführer ersuchte im vorinstanzlichen Verfahren um Beiladung des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) sowie der Eidg. AHV/IV-Kommission, was das kantonale Verwaltungsgericht ablehnte. Vor Bundesgericht beantragt er, das Bundesamt und die Kommission seien zur Sachverhaltsabklärung und Beweisaufnahme im Einspracheverfahren beizuladen. Dabei handelt es sich offensichtlich um eine Beweismassnahme und nicht um eine Beiladung im verfahrensrechtlichen Sinne (vgl. dazu etwa Urteil 9C_198/2017 vom 29. August 2017 E. 3.2 und dortige Hinweise). Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 3. Aufl. 2015, N. 76 zu Art. 52 ATSG, auf den sich der Beschwerdeführer beruft, ist somit nicht einschlägig. Im Übrigen zeigt er nicht auf, inwiefern der Verzicht des kantonalen Verwaltungsgerichts, das BSV und die Eidg. AHV/IV-Kommission zu befragen, Bundesrecht verletzen soll.
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2.2. Der Beschwerdeführer moniert mehrere Verstösse des BSV im Zusammenhang mit der Änderung von Art. 28 Abs. 1 AHVV gemäss Verordnung vom 21. September 2012 (AS 2012 6329). Darauf ist nicht einzugehen. Zum einen ist nicht das Bundesamt, sondern der Bundesrat Verordnungsgeber (Art. 154 Abs. 2 AHVG; vgl. auch Art. 81 ATSG). Zum andern kann und darf das Bundesgericht als oberste Recht sprechende Behörde des Bundes (Art. 188 Abs. 1 BV, Art. 1 Abs. 1 BGG) keine andere Frage beurteilen als die, ob der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 189 BV, Art. 95 ff. BGG; Urteil 9C_395/2018 vom 30. Mai 2018 mit Hinweis; vgl. auch Art. 42 Abs. 2 BGG). Dabei kann es im Rahmen inzidenter Normenkontrolle die Gesetzes- und Verfassungsmässigkeit von Art. 28 Abs. 1 AHVV prüfen.
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3. Weiter rügt der Beschwerdeführer, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei im Einspracheverfahren verletzt worden. Nach Vorliegen des Urteils 9C_121/2017 vom 6. Juni 2017 (BGE 143 V 254) betreffend die provisorischen Beiträge als Nichterwerbstätiger für 2016 sei ihm nicht, wie beantragt, Gelegenheit gegeben worden, die Begründung und die Anträge in den beiden Einsprachen zu präzisieren. Die Beschwerdegegnerin habe ihn mit dem Erlass des Einspracheentscheids am 27. Juni 2017, einen Tag nach Zustellung des bundesgerichtlichen Urteils an seinen Rechtsvertreter, "überfallen und (...) seine Ansprüche auf Mitwirkung bei der Sachverhaltserstellung, auf Anhörung und auf das Stellen von Beweisanträgen komplett abgeschnitten". Ebenso habe die Verwaltung unter Verletzung des Anspruchs auf Orientierung den Beizug der "Akten 9C_121/2017" nicht mitgeteilt.
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3.1.
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3.1.1. Nach Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 42 Satz 1 ATSG haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, anderseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, welcher in die Rechtsstellung des Betroffenen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht, sich vorgängig zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und sich zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, die Entscheidung zu beeinflussen (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 618/04 vom 20. September 2006 E. 4.1). Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als Mitwirkungsrecht somit alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann. Wie weit dieses Recht geht, lässt sich nicht in allgemeiner Weise, sondern nur unter Würdigung der konkreten Umstände sagen (BGE 144 I 11 E. 5.3 S. 17).
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Nach der Rechtsprechung kann selbst eine schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs geheilt werden, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären. Voraussetzung ist, dass die heilende Instanz selber in Bezug auf die vom Gehörsmangel betroffenen Aspekte die gleiche Kognition hat wie die untere Instanz (statt vieler Urteil 2C_543/2018 vom 30. Oktober 2018 E. 3.2 mit Hinweisen).
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3.1.2. Das Einspracheverfahren, das der nachträglichen verwaltungsinternen Rechtspflege zugerechnet wird und nicht der eigentlichen Verwaltungsrechtspflege, zielt darauf ab, ungenügende Abklärungen im Verfügungsverfahren oder Fehlbeurteilungen, aber auch Missverständnisse, die der angefochtenen Verfügung zugrunde liegen, auszuräumen, bevor die übergeordneten Gerichte angerufen werden müssen. Spätestens in diesem Stadium des Administrativverfahrens ist der versicherten Person in rechtsgenüglicher Form Gelegenheit zu geben, sich zu den getroffenen Beweismassnahmen inhaltlich wie auch zum Verfahren zu äussern (Urteil 8C_528/2009 vom 3. November 2009 E. 4.1 mit Hinweis auf BGE 132 V 368 Regest und E. 6.1 f. S. 375).
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3.2. Das kantonale Verwaltungsgericht hat zur Frage der Gehörsverletzung im Einspracheverfahren erwogen, wie schon bei den provisorischen Nichterwerbstätigenbeiträgen für 2016 gehe es dem Beschwerdeführer darum, dass geklärt werde, ob Art. 28 Abs. 1 AHVV und Art. 10 AHVG bzw. dem Gleichheitsgebot gemäss der Bundesverfassung verletze oder nicht. Nachweislich stehe sodann fest, dass er die Argumente betreffend die hier zur Diskussion stehenden Beitragsjahre 2014 und 2015 weitgehend auch schon im früheren Verfahren, wo es um das Beitragsjahr 2016 ging, vorgebracht habe, und diese im bundesgerichtlichen Entscheid (9C_121/2017) bereits einmal beurteilt wurden. "Geht es mithin um eine identische Rechtsfrage, um die Beurteilung derselben Vorbringen und sind die Argumente der zuständigen Behörde denn auch bereits bekannt, stellt die Verunmöglichung der nochmaligen Wiederholung derselben Einwände nach Ansicht des Gerichts nicht zwingend eine Gehörsverletzung dar, wenn doch, gilt diese (...) jedenfalls nicht als besonders schwerwiegend". Da das Verwaltungsgericht über volle Kognition verfüge, und es dem Beschwerdeführer schliesslich die Gelegenheit bot, sich zur Sache nochmals zu äussern, könne die Gehörsverletzung, sollte eine solche wirklich bejaht werden, geheilt werden.
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3.3. Der Beschwerdeführer erachtet diese Begründung als unzutreffend und im Ergebnis bundesrechtswidrig. Was er dagegen vorbringt, ist indessen nicht stichhaltig: Entgegen seiner Auffassung war die Gesetzmässigkeit des "grafischen Schemas" in Art. 28 Abs. 1 AHVV Gegenstand des Verfahrens 9C_121/2017. Sodann äusserte er sich im Verfahren vor dem kantonalen Verwaltungsgericht mehrmals zur Sache (Eingaben vom 29. August 2017 [Beschwerde] und 17. September 2017 [Replik], vom 12. Januar, 7., 19. und 31. März sowie vom 13. April 2018). Schliesslich verfügte die Beschwerdeinstanz in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht über uneingeschränkte Kognition (Art. 110 BGG i.V.m. Art. 62 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer scheint zu übersehen, dass vor Bundesgericht nicht der Einspracheentscheid Anfechtungsobjekt bildet, sondern der vorinstanzliche Entscheid vom 18. Juli 2018 (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG).
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4. Streitgegenstand bilden die für 2014 und 2015 erhobenen Beiträge als Nichterwerbstätiger nach Art 10 Abs. 1 AHVG und Art. 28 Abs. 1 AHVV (in der seit 1. Januar 2013 geltenden Fassung) i.V.m. Art. 10 Abs. 3 AHVG.
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5.
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5.1. Nach Art. 10 AHVG bezahlen Nichterwerbstätige einen Beitrag nach ihren sozialen Verhältnissen. Der Mindestbeitrag beträgt (seit 1. Januar 2015) 392 Franken, der Höchstbetrag entspricht dem 50-fachen Mindestbeitrag pro Jahr (Abs. 1 Satz 1 und 2; in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung). Der Bundesrat kann den Grenzbetrag nach den sozialen Verhältnissen des Versicherten erhöhen, wenn dieser nicht dauernd voll erwerbstätig ist (Abs. 1 Satz 4, in Kraft seit 1. Januar 1979). Er erlässt nähere Vorschriften über den Kreis der Personen, die als Nichterwerbstätige gelten, und über die Bemessung der Beiträge (Abs. 3 Satz 1).
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Nach Art. 28 Abs. 1 AHVV (in der seit 1. Januar 2013 geltenden Fassung) bemessen sich die Beiträge der Nichterwerbstätigen, für die nicht der jährliche Mindestbeitrag von 392 Franken (Art. 10 Abs. 2 AHVG) vorgesehen ist, aufgrund ihres Vermögens und Renteneinkommens. Nicht zum Renteneinkommen gehören die Renten nach den Artikeln 36 und 39 IVG. Die Beiträge werden wie folgt berechnet:
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