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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Rainer M. Christmann, A. Tschentscher | |||
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2. Ein Nachteil im Sinne des Untreuetatbestands kann dem zu betreuenden Vermögen (hier: der Bundesrepublik Deutschland) dadurch zugefügt werden, daß Haushaltsmittel eines Ministeriums, die mangels Inanspruchnahme einer Ausgabeermächtigung zum Jahresende verfallen würden, unter Verstoß gegen Haushaltsgrundsätze einer anderen Behörde zur Verfügung gestellt werden. |
StGB § 266 Abs. 1; StPO § 244 Abs. 3, 6 |
2. Strafsenat |
Urteil |
vom 21. Oktober 1994 g.G. |
- 2 StR 328/94 - |
Landgericht Bonn |
Aus den Gründen: | |
I. | |
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit verurteilt; vom weiteren Anklagevorwurf der Untreue hat es ihn freigesprochen.
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Gegen dieses Urteil haben sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.
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II. | |
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Die Verteidigung des Angeklagten hatte mehrere Beweisanträge für den Fall gestellt, daß die Strafkammer ihn zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteile, neben Freiheitsstrafe eine zusätzliche Geldstrafe verhänge, Vermögenswerte für verfallen erkläre oder eine "Geldauflage als Bewährungsauflage" anordne. Die Beweisbehauptungen betrafen Tatsachen, die unmittelbar ergeben oder mittelbar darauf hindeuten konnten, daß der Angeklagte keine Bereitschaft zur Verletzung seiner Dienstpflichten gezeigt, solche Pflichten nicht verletzt und mit ![]() ![]() | 5 |
In den Urteilsgründen wird dazu ausgeführt: Mit der Auferlegung der Geldbuße sei zwar eine der in den Hilfsbeweisanträgen genannten Bedingungen eingetreten; das Gericht habe aber keine Veranlassung, diesen Anträgen nachzugehen. Durch sie werde ein auf die Schuldfrage zielendes Aufklärungsbegehren in unzulässiger Weise mit der in das Ermessen des Gerichts gestellten und (nach § 305a StPO) nur beschränkt anfechtbaren Entscheidung über die Bewährungsmodalitäten verknüpft. Zulässig sei nach gefestigter Rechtsprechung die Verbindung von Hilfsbeweisanträgen mit Hauptanträgen zum Urteilsausspruch. Außerdem bestehe die Möglichkeit, ein Beweisbegehren von der Verwendung bestimmter Begründungselemente des Schuldspruchs oder dem Eintritt einer bestimmten Prozeßlage abhängig zu machen. Keiner dieser Fälle liege hier vor. Insbesondere könne die Entscheidung über die Anordnung einer Geldauflage nicht Gegenstand eines Hauptantrags sein, da sie Inhalt eines getrennt zu fassenden und zu verkündenden Beschlusses sei (§ 268a StPO).
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Der Beschwerdeführer sieht einen Verfahrensfehler schon darin, daß die Strafkammer erst in den Urteilsgründen über die Anträge entschieden hat. Das ist jedoch nicht zu beanstanden. Grundsätzlich bedarf die Ablehnung eines Beweisantrags zwar eines Gerichtsbeschlusses (§ 244 Abs. 6 StPO), der in der Hauptverhandlung noch vor Schluß der Beweisaufnahme zu verkünden ist (§ 35 Abs. 1 StPO). Das gilt aber nicht ausnahmslos. Hilfsbeweisanträge, die für den Fall eines bestimmten Urteilsausspruchs gestellt worden sind, brauchen erst in den ![]() ![]() | 8 |
Auch die Entscheidung selbst enthält keinen Verfahrensverstoß. Mit Recht hat das Gericht die Anträge für unzulässig erachtet. Dahingestellt bleiben kann, ob - wie die Strafkammer meint - Beweisanträge, die das Beweisbegehren mit einer im Bewährungsbeschluß zu treffenden Entscheidung verknüpfen, allgemein unstatthaft sind. Die Unzulässigkeit der Beweisanträge folgt hier jedenfalls daraus, daß sich die unter Beweis gestellten Behauptungen inhaltlich nicht auf die Entscheidung bezogen, die zur Bedingung der Anträge gemacht worden war; sie zielten nicht auf die Entscheidungsgrundlagen des Bewährungsbeschlusses, sondern auf diejenigen des Schuldspruchs.
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Hilfsbeweisanträge, die sich nach der zu beweisenden Behauptung gegen den Schuldspruch richten, nach der vom Antragsteller gewählten Bedingung aber nur für den Fall einer bestimmten Rechtsfolgenentscheidung als gestellt gelten sollen, sind unzulässig. Die Beweisbehauptung muß der Antragsbedingung insofern entsprechen, als sie nicht über den mit der Bedingung beschriebenen Entscheidungsrahmen hinausreichen darf.
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Dem Gericht kann nicht abverlangt werden, sich in Umkehrung der sachlogisch vorgegebenen Reihenfolge zunächst über den Inhalt eines möglicherweise zu fassenden Bewährungsbeschlusses schlüssig zu werden, bevor es darüber befindet, ob es zur Schuldfrage Beweis erheben soll oder nicht. Ein darauf ![]() ![]() | 11 |
Angesichts dieser Rechtslage kann ein solcher Beweisantrag nur den Sinn haben, dem Gericht eine Absprache "anzubieten", bei der die "Leistung" des Antragstellers im Verzicht auf einen Beweisantrag zur Schuldfrage, die vom Gericht dafür erwartete "Gegenleistung" im Verzicht auf die Anordnung der mit der Antragsbedingung bezeichneten Rechtsfolge besteht. Eine solche Absprache wäre unzulässig, da mit ihr eine sachwidrige Verknüpfung hergestellt würde. Für ein Handeln des Antragstellers, das darauf abzielt, eine derartige Absprache zustandezubringen, gilt nichts anderes. Darin liegt ein Mißbrauch der ihm mit dem Beweisantragsrecht verliehenen prozessualen Mitwirkungs- und Gestaltungsbefugnisse.
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Die abgelehnten Anträge waren daher unzulässig. Der Grund hierfür liegt in der Verknüpfung von schuldspruchbezogenen ![]() ![]() | 13 |
III. | |
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a) Dem Angeklagten lag der Vorwurf zur Last, in drei Fällen als Verantwortlicher in einem deckwortgeschützten Vorhaben Mittel des Bundesverteidigungsministeriums unter Verstoß gegen Haushaltsgrundsätze an den Bundesnachrichtendienst (im folgenden BND) überwiesen und dadurch Untreue (§ 266 StGB) zum Nachteil der Bundesrepublik Deutschland begangen zu haben. Die Strafkammer hat ihn insoweit freigesprochen. In einem der drei Fälle (Überweisung von 900.000 DM am 20. Juni 1988) ist der Freispruch nicht angefochten und mithin rechtskräftig. Zu den beiden anderen Fällen hat die Strafkammer im wesentlichen folgendes festgestellt:
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Bei dem Vorhaben handelte es sich um ein Projekt, das der BND in Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst eines Partnerlandes unter dem Deckwort "P." durchführte. Für die Finanzierung dieses Projekts war 1983 eine Beteiligung des Bundesverteidigungsministeriums vereinbart. Dafür wurden im Haushalt des Ministeriums in Kapitel 1420 Titel 55111 Jährliche Beiträge von zusammen 5,4 Mio. DM (1983: 0,5; 1984: 0,6; 1985: 1,4; 1986: 1,4 und 1987. 1,5 Mio. DM) bereitgestellt. Die Mittel waren jeweils bedarfsorientiert auf entsprechende Anforderungsschreiben an den BND zu überweisen. Dies zu veranlassen, fiel in die Zuständigkeit des Angeklagten, der als Deckwortverpflichteter insoweit weitgehend alleinverantwortlich war.
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Zur Abwicklung schloß der BND über eine Scheinfirma mit dem Unternehmen, das die projektierte Anlage herstellen sollte, einen Grundvertrag. Das Auftragsvolumen von 17,1 Mio. DM erhöhte sich durch spätere Änderungsverträge. Im August 1986 fand im Beisein des Angeklagten die Übergabe der Anlage statt; damit war das Projekt "zunächst abgeschlossen". Es folgten noch Änderungsverträge vom 26. November 1986 über die Lieferung von Ersatzteilen (etwa 1,568 Mio. DM) und vom ![]() ![]() | 17 |
Von Anfang an wurden die vorgesehenen Jahresbeiträge des Bundesverteidigungsministeriums überschritten. Nachdem das Ministerium eine vom BND gewünschte Aufstockung der Mittel auf 3,9 Mio DM für 1985 aus haushaltsrechtlichen Gründen abgelehnt hatte, nahm der Angeklagte die erste, ihm als Untreue zur Last gelegte Handlung vor:
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Am 8. Oktober 1985 wies er das zuständige Referat für Kassenwesen an, aus noch unverbrauchten Ausgabeermächtigungen des Titels 55111, die zum Jahresende 1985 erloschen wären (sogenannten "Überkippern"), 797.000 DM auf ein Postscheckkonto des BND zu überweisen. Der Angeklagte handelte dabei ohne Beteiligung seiner Vorgesetzten; ein entsprechendes Anforderungsschreiben des BND gab es nicht. Dem BND teilte er mit, daß 600.000 DM für "P." und 197.000 für "W." (ein anderes Projekt) bestimmt seien. Da der BND bei Eingang der Gelder für das laufende Jahr nur im Projekt "W." eine Verwendungsmöglichkeit in Höhe von 46.000 DM sah, wurde der überschießende Betrag zunächst auf ein Verwahrkonto genommen und ging dann in die sogenannte "Betriebsmitteldisposition" des Dienstes (allgemeine Ausgaben) ein; er wurde erst Anfang 1986 für die genannten Projekte haushaltsmäßig verbucht.
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Im Herbst 1986 bereitete der Angeklagte den zweiten Geldtransfer vor, den ihm die Anklage als Untreuehandlung zur Last gelegt hat. Aus dem genannten Haushaltstitel drohten mit dem Jahresende etwa 2,8 Mio. DM zu verfallen. Um diese "Überkipper" dem BND zukommen zu lassen, gab der Angeklagte einem Beamten des BND den Inhalt eines Anforderungsschreibens vor, wonach die "P."-Anlage wegen zu geringer Erfassungskapazität der Erweiterung bedürfe und hierzu 2,79 Mio. DM erforderlich seien. Nach Eingang dieses Schreibens veranlaßte er unter Mitwirkung von Ministerialbeamten, die über den Sachstand im Projekt "P." nicht informiert waren, daß am 21. November 1986 2,79 Mio. DM aus den "Überkippern" an den BND überwiesen wurden. Der Betrag fand dort, da für projektbezogene Ausgaben im laufenden Jahr nicht benötigt, keine ![]() ![]() | 20 |
Im Jahr 1987 wurden für das Projekt "P." noch rund 2,585 Mio. DM ausgegeben. Der Differenzbetrag zu den überwiesenen 2,79 Mio. DM und der für 1987 vorgesehene Jahresbeitrag des Ministeriums von 1,5 Mio. DM wurden in das nächste Haushaltsjahr transferiert und dann projektbezogen verauslagt.
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b) Die Strafkammer hat den Angeklagten vom Vorwurf der Untreue freigesprochen, da er zwar gegen haushaltsrechtliche Grundsätze und ministeriumsinterne Anordnungen verstoßen habe, der Bundesrepublik Deutschland indessen kein Nachteil im Sinne des § 266 StGB entstanden sei. Die überwiesenen Gelder seien letztlich, wenn auch mit teilweise erheblicher Verzögerung, bestimmungsgemäß verwendet worden. Der durch die außerplanmäßigen Überweisungen verursachte kassenmäßige Überbestand beim BND sei dadurch ausgeglichen worden, daß die Gelder in der "Betriebsmitteldisposition" des Dienstes für allgemeine Zwecke verwendet worden seien. Dies habe die Betriebsmittelabrufe des Dienstes beim Bundeskanzleramt entsprechend gemindert und insoweit zu einer Ersparnis geführt. Auch unter dem Gesichtspunkt der Vermögensgefährdung und Zweckverfehlung liege ein Schaden nicht vor. Mit der Bildung "Schwarzer Kassen" lasse sich der entschiedene Fall nicht vergleichen; denn die Zahlungsvorgänge seien als solche verfolgbar und unverschleiert vonstatten gegangen. Die transferierten Mittel hätten den Bereich des eigentlichen Vermögensträgers, also der Bundesrepublik Deutschland, nicht verlassen. ![]() | 22 |
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Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB kann dem zu betreuenden Vermögen (hier: der Bundesrepublik Deutschland) dadurch zugefügt werden, daß ein Beamter Haushaltsmittel eines Ministeriums, die mangels Inanspruchnahme einer Ausgabeermächtigung zum Jahresende verfallen würden, unter Verstoß gegen Haushaltsgrundsätze einer anderen Behörde zur Verfügung stellt.
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Dabei ist davon auszugehen, daß allein die Vorschriftswidrigkeit solchen Verhaltens noch keinen Vermögensnachteil begründet. Es genügt daher nicht, daß der so handelnde Täter gegen Vorschriften des Haushaltsrechtes verstößt, insbesondere dem Grundsatz der sachlichen und zeitlichen Bindung der haushaltsmäßig bewilligten Mittel zuwiderhandelt (§ 45 Abs. 1 Satz 1 BHO) oder das Gebot außer acht läßt, Ausgaben nur soweit und nicht eher zu leisten, als sie zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung erforderlich sind (§ 34 Abs. 2 Satz 1 BHO). Auch ist es nicht ohne weiteres als Vermögensschaden zu werten, daß auf diese Weise nicht verbrauchte Mittel ihrer Bestimmung entzogen werden, da sie bei ordnungsgemäßem Ablauf verfallen wären und dem Bundesfinanzministerium für die Neuvergabe zu anderen, für vordringlich erachteten Zwecken, zur Schuldentilgung oder zur Verminderung der Nettokreditaufnahme (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 1 BHO) zur Verfügung gestanden hätten. Nicht jede zweckwidrige Verwendung öffentlicher Mittel führt bereits einen Vermögensnachteil herbei (BGH NStZ 1984, 549 f. = wistra 1985, 69 m.w.N.). Werden etwa solche Mittel für die Erfüllung von Aufgaben verwendet, die der Vermögensträger gleichfalls wahrnehmen muß, und erspart dies die ![]() ![]() | 25 |
Begründet hiernach weder die Beeinträchtigung des Verfügungsrechts anderer noch die Zweckwidrigkeit der Mittelverwendung schon in jedem Fall einen Vermögensnachteil, so ist entscheidend, ob das Handeln des Täters die Zuordnung der Mittel in einer Weise verändert, daß - bei wirtschaftlicher Betrachtung - das Vermögen des Vermögensträgers gemindert ist. Daß diese Frage bejaht werden muß, wo öffentliche Mittel durch Fehlleitung Dritten zugewendet werden, ohne daß dem bisherigen Vermögensträger daraus ein wirtschaftlich gleichwertiger Vorteil erwächst, versteht sich von selbst. Das gilt für alle Fälle nutzloser Ausgaben, insbesondere für eine Mittelverwendung, die aus dem Bereich der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben herausfällt.
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Die hier in Rede stehenden Überweisungen änderten allerdings insofern nichts an der Zuordnung der überwiesenen Mittel, als der Rechtsträger des Vermögens derselbe blieb. Die Mittel befanden sich nach wie vor dem Transfer, sowohl beim Bundesverteidigungsministerium als auch beim BND, im Vermögen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesamtvermögen des Bundes bildet eine Einheit; es wird durch die Aufteilung des Gesamthaushalts in die Einzelhaushalte der verschiedenen Verwaltungszweige (§ 13 Abs. 1 und 2 Satz 1 BHO) nicht etwa in rechtlich selbständige Zweckvermögen aufgespalten. Damit scheidet aber die Möglichkeit, daß der Bundesrepublik Deutschland durch die nur "haushaltstechnische Verlagerung" der Mittel ein Vermögensschaden entstanden ist, nicht von vornherein aus. Der Vermögensträger kann auch geschädigt sein, ohne daß der Täter die rechtliche Zuordnung der betreffenden Mittel verändert hat. Dies entspricht dem Grundsatz, daß die Frage des Vermögensschadens unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu beurteilen ist, und wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu anderen Fällen, in denen ebenfalls kein Wechsel in der rechtlichen Zuordnung vorliegt, bestätigt: das gilt etwa für Vermögensgefährdung durch einzelne ![]() ![]() | 27 |
Die vom Angeklagten veranlaßten Überweisungen können daher - wiewohl die überwiesenen Gelder im Vermögen desselben Rechtsträgers verblieben sind - der Bundesrepublik Deutschland einen Vermögensschaden in der Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung zugefügt haben. Dies setzt eine konkrete Gefährdung ihres Vermögens voraus, angesichts derer mit dem alsbaldigen Eintritt eines entsprechenden endgültigen Schadens zu rechnen war (BGHSt 21, 112 f.; Lackner, StGB 20. Aufl. § 266 Rn. 40). Eine solche Gefährdung käme in Frage, wenn der Mitteltransfer im Einvernehmen der Beteiligten dazu dienen sollte und diente, dem BND die Möglichkeit zu verschaffen, nach seinem Gutdünken eigenmächtig und unkontrolliert über die überwiesenen Gelder zu verfügen, sie etwa zur - haushaltsmäßig nicht berücksichtigten - Förderung oder Erweiterung eines bestimmten Projekts zu verwenden, sie für die Verfolgung allgemeiner "operationeller Zwecke" einzusetzen oder sie - nach Art einer "schwarzen Kasse" zeitweise als geheimen, keiner Zweckbindung unterliegenden Dispositionsfonds zu nutzen, aus dem, je nach selbsteingeschätztem "Bedarf", künftig Mittel für erst noch zu bestimmende Zwecke entnommen werden könnten. Unter solchen Umständen hätte die Gefahr nahegelegen, daß mit der vorhandenen Verfügungsmasse Ausgaben auch unter Vernachlässigung des Gebots wirtschaftlicher und sparsamer Verwaltung (§ 34 Abs. 2 Satz 1 BHO) ohne zwingenden Grund gemacht werden würden. Dies gilt um so mehr, als geheimdienstliche Tätigkeit nur beschränkt ![]() ![]() | 28 |
Die Strafkammer hat die Frage des Vermögensschadens nicht unter allen hiernach maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkten geprüft. Die Feststellungen geben keinen eindeutigen Aufschluß darüber, wozu die transferierten Mittel dem BND nach der Vorstellung der an den Überweisungsvorgängen Beteiligten dienen sollten und dienten. Die Möglichkeit, daß der BND auf diese Weise in Umfang des bei ihm entstehenden kassenmäßigen Überbestands eine frei und nach Belieben verwendbare Verfügungsmasse erhalten sollte und auch erhielt, ist nach dem festgestellten Sachverhalt nicht ausgeschlossen. Feststellungen zur Zuordnung der an das projektausführende Unternehmen geleisteten Zahlungen nach Grund und Fälligkeit fehlen. Ähnlich verhält es sich mit den Angaben über die Verwendung der transferierten Mittel. Die Strafkammer stellt zwar pauschal fest, daß sämtliche Mittel - mit teilweise erheblicher Verzögerung - für das Projekt "P." verauslagt wurden, behebt aber nicht die sich aufdrängenden Zweifel daran, ob dies auch von vornherein beabsichtigt und tatsächlich Zweck der Überweisungen war. Es fällt auf, daß die Ausgaben des BND für dieses Projekt im Jahre 1987 (2,585 Mio. DM) noch hinter dem um die Jahreswende 1986/1987 überwiesenen Betrag (2,79 Mio. DM) zurückblieben, wobei der im Haushalt für 1987 bewilligte Beitrag des Ministeriums (1,5 Mio. DM) in das nächste Jahr übertragen, also 1987 nicht einmal teilweise in Anspruch genommen wurde. Das be ![]() ![]() | 29 |
Die Strafkammer hat überdies bei der Prüfung der Frage des Schadens nicht auf den dafür maßgeblichen Zeitpunkt abgestellt. Maßgebend war der Zeitpunkt, zu dem die überwiesenen Gelder beim BND eintrafen und dort - über Verwahrkonten - mangels projektbezogener Verwendungsmöglichkeit in die "Betriebsmitteldisposition" des Dienstes eingingen. Hatte der Transfer der Mittel vom Haushalt des Bundesverteidigungsministeriums zur Betriebsmittelebene des BND eine schadensgleiche Vermögensgefährdung bewirkt, dann war damit der Nachteil im Sinne des § 266 StGB entstanden, der objektive Straftatbestand also erfüllt. Entgegen der Ansicht des Tatgerichts ist insoweit unerheblich, daß die Gelder später für Betriebsmittelausgaben verwendet wurden, dies zu einer entsprechenden Minderung der Betriebsmittelabrufe beim Bundeskanzleramt führte und dadurch Aufwendungen erspart wurden, die in jedem Falle zu machen gewesen wären. Erst recht kam es nicht darauf an, daß die Gelder zu einem noch späteren Zeitpunkt projektbezogen verauslagt wurden. Bei beiden Vorgängen handelte es sich, wenn schon der Nachteil entstanden war, lediglich um nachträgliche Schadenswiedergutmachung, die den bereits verwirklichten Straftatbestand unberührt ließ. ![]() | 30 |
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