1. a) Art. 29 GG kennt zwei grundsätzlich verschiedene Formen einer Änderung der Grenzen der Länder: den Weg der Neugliederung gemäß Art. 29 Abs. 2-6 und den Weg nach Art. 29 Abs. 7. Art. 29 Abs. 2-6 hat eine "einmalige" Neugliederung im Auge; eine Grenzänderung nach Art. 29 Abs. 7 ist so oft möglich, als sich ein Bedürfnis danach herausstellt.
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b) Die einmalige Neugliederung ist erst abgeschlossen, wenn auch der letzte Teil des Gesamtraumes der Bundesrepublik auf seine Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Art. 29 Abs. 1 GG überprüft und, soweit nötig, mit ihnen in Einklang gebracht worden ist. Bis zu diesem Zeitpunkt ist keine vorweggenommene Neugliederung eines Teiles des Bundesgebietes "endgültig", unantastbar und dem Verfahren nach Art. 29 Abs. 2-6 GG entzogen.
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2. Von dem Initiativrecht, im Wege eines Volksbegehrens eine Änderung der Landeszugehörigkeit zu fordern, kann die dazu legitimierte Bevölkerung nur einmal Gebrauch machen.
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3. Der Ablauf der in Art. 29 Abs. 2 GG bestimmten Jahresfrist war so lange gehemmt, als die dort genannte Bevölkerung aus Gründen, die ihrer Einflußnahme entzogen waren, ihr Initiativrecht nicht wahrnehmen konnte; denn eine Frist kann sinnvollerweise vom Gesetzgeber nur gesetzt werden für eine Zeit, in der sie auch tatsächlich genutzt werden kann.
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Urteil
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des Zweiten Senats vom 30. Mai 1956
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- 2 BvP 1/56 -
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in dem Verfahren über die Beschwerde des Heimatbundes Badeneerland e.V. in Karlsruhe, vertreten durch den Vorstand, gegen die Nichtzulassung eines Volksbegehrens im Gebiet des früheren Freistaates Baden gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 GG (Bescheid des Bundesministers des Innern vom 24. Januar 1956).
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Entscheidungsformel:
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1. Der Bescheid des Bundesministers der Innern vom 24. Januar 1956 wird aufgehoben.
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2. Die Durchführung des vom Beschwerdeführer beantragten Volksbegehrens wird angeordnet.
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Gründe
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A.
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Nach dem Zusammenbruch 1945 hatte die staatsrechtliche Entwicklung im Südwestraum Deutschlands - dem Gebiet der früheren Länder Baden und Württemberg sowie des früheren preußischen Landesteiles Hohenzollern - zunächst zur Bildung der drei Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg- Hohenzollern geführt. Daran schlossen sich Bemühungen um eine befriedigende Gliederung dieses Gebietes, die mit dem Erlaß der beiden auf Art. 118 GG gestützten Neugliederungsgesetze vom 4. Mai 1951 (BGBl. I S. 283, 284) endeten. Im einzelnen wird hierzu auf das Urteil des erkennenden Senats vom 23. Oktober 1951 (BVerfGE 1,14 ff.) Bezug genommen. In Vollzug des zweiten Neugliederungsgesetzes entstand das Land Baden-Württemberg. Es umfaßt die Gebiete der drei genannten ihm vorausgegan genen Bundesländer; zu ihm gehört also auch das Gebiet des früheren Freistaates Baden. Das neue Bundesland wurde gegen den Willen eines erheblichen Teiles der badischen Bevölkerung gebildet. Teile der badischen Bevölkerung haben sich auch heute noch nicht mit der gegenwärtigen Lage abgefunden und erstreben die Wiederherstellung des Landes Baden in den Grenzen von 1933. Der Heimatbund Badenerland e. V. repräsentiert diesen Bevölkerungsteil. Er verfolgt nach seiner Satzung (§ 1) das Ziel der Wiederherstellung Badens und vertritt "die badischen Belange". In Wahrnehmung seiner satzungsmäßigen Aufgabe hat er unter Berufung auf Art. 29 Abs. 2 Satz 1 GG und die §§ 2, 3 des Gesetzes über Volksbegehren und Volksentscheid bei Neugliederung des Bundesgebietes nach Art. 29 Abs. 2 bis 6 des Grundgesetzes vom 23. Dezember 1955 (BGBl. I S. 835) beim Bundesminister des Innern den Antrag gestellt,
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im Gebietsteil des alten Freistaates Baden, wie er bis 1945 bestanden hat, d. h. in den jetzigen zum Bundesland Baden- Württemberg gehörenden Regierungsbezirken Nordbaden und Südbaden, die Durchführung eines Volksbegehrens anzuordnen, mit dem die Wiederherstellung des alten Landes Baden, das die Regierungsbezirke Nordbaden und Südbaden im derzeitigen Bundesland Baden-Württemberg umfaßte, als selbständiges Bundesland begehrt wird.
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Der Bundesminister des Innern hat diesen Antrag mit Bescheid vom 24. Januar 1956 - dem Antragsteller am 26. Januar 1956 zugestellt - abgelehnt, weil die nach Art. 118 GG durchgeführte Neugliederung im Südwestraum die Anwendung des Art. 29 Abs. 2 GG auf dieses Gebiet ausschließe.
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Dagegen hat der Heimatbund Badenerland mit einem am 9. Februar 1956 eingegangenen Schriftsatz vom 8. Februar 1956 Beschwerde zum Bundesverfassungsgericht erhoben mit dem Antrag
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den Bescheid des Bundesministers des Innern vom 24. Januar 1956 aufzuheben und die Zulassung des vom Beschwerdeführer unterm 7. Januar 1956 beantragten Volksbegehrens anzuordnen.
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Der Bundesminister des Innern hat beantragt,
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In der mündlichen Verhandlung hatten der Beschwerdeführer, der Bundesminister des Innern und die Regierung des Landes Baden- Württemberg, die sich auch schriftsätzlich zur Sach- und Rechtslage ausgelassen haben, Gelegenheit zur Äußerung.
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1. Gegen das Antrags- und Beschwerderecht des Heimatbundes Badenerland bestehen keine Bedenken.
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2. Die Beschwerde ist nach § 5 Abs. 4 Satz 3 des Gesetzes vom 23. Dezember 1955 zulässig. Sie ist in gehöriger Form (§ 23 Abs. 1 BVerfGG) und rechtzeitig erhoben. Nach § 5 Abs. 4 Satz 5 des Gesetzes vom 23. Dezember 1955 ist der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts zur Entscheidung zuständig. Er entscheidet "endgültig" über den Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 1955).
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C.
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Zu den prozessualen Bedenken des Bundesministers des Innern, der Beschwerdeführer sei durch die Entscheidung des Senats vom 23. Oktober 1951 gehindert, eine Reihe seiner Einwendungen gegen die Entscheidung des Bundesministers des Innern in diesem Verfahren geltend zu machen, ist zu bemerken:
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1. In diesem Zusammenhang gewinnt zunächst die Rechtskraftwirkung des Urteils vom 23. Oktober 1951 Bedeutung. Die Rechtskraft beschränkt sich auf den Tenor; sie erstreckt sich nicht auf die Gründe der Entscheidung. Rechtskräftig entschieden ist demnach durch jenes Urteil nur, daß das erste Neugliederungsgesetz nichtig und daß das zweite Neugliederungsgesetz - mit den im Tenor genannten Ausnahmen - gültig ist. Die Rechtskraft steht demnach dem Beschwerdeführer nur im Wege, soweit er im gegenwärtigen Verfahren von der Verfassungswidrigkeit, d. h. Nichtigkeit des zweiten Neugliederungsgesetzes ausgehen möchte. Seine Argumentation im übrigen mag mit einzelnen Rechtsausführungen in der Begründung des früheren Urteils im Widerspruch stehen; sie zu würdigen, ist der Senat durch die Rechtskraftwirkung seines früheren Urteils nicht gehindert.
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2. Davon abgesehen lassen, wie sich ergeben wird, die für die gegenwärtige Entscheidung notwendigen Erwägungen die Begründung des Urteils vom 23. Oktober 1951 völlig unberührt. Von entscheidender Bedeutung ist für diese Feststellung, daß es in jenem Verfahren ausschließlich um die Verfassungsmäßigkeit der Neugliederung auf Grund der Ermächtigung des Art. 118 GG ging - eine Entscheidung, die getroffen werden konnte ohne umfassende und abschließende Erörterung des Verhältnisses von Art. 118 zu Art. 29 GG. Mit der Bejahung der Verfassungsmäßigkeit der Neugliederung nach Art. 118 GG und den zu diesem Ergebnis nötigen rechtlichen Erwägungen ist etwas Bindendes für die andere in diesem Verfahren aufgeworfene Frage, was von Verfassungs wegen Rechtens ist für die Neugliederung des Südwestraumes nach Art. 29 GG, nicht ausgesprochen.
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Die Klärung der verfassungsrechtlichen Fragen des gegenwärtigen Streites setzt zunächst eine Auslegung des Art. 29 GG voraus:
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1. Art. 29 GG i.V.m. Art. 20 und Art. 79 Abs. 3 GG gibt unserer Verfassungsordnung das Gepräge eines labilen Bundesstaates: Zwar ist es von Rechts wegen ausgeschlossen, die bundesstaatliche Struktur zu beseitigen und an ihre Stelle irgendeine Form des Einheitsstaates zu setzen; aber die einzelnen Länder der Bundesrepublik sind weder in ihrer Existenz noch in ihrem Gebietsstand gegen Eingriffe und Veränderungen durch die Bundesgewalt verfassungsrechtlich geschützt.
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Art. 29 GG kennt zwei grundsätzlich verschiedene Formen einer Veränderung der Grenzen der einzelnen Gliedstaaten: den Weg der Neugliederung gemäß Art. 29 Abs. 2 bis 6 und den Weg nach Art. 29 Abs. 7. Die Absätze 2 bis 6 a.a.O. haben eine "einmalige" Neugliederung im Auge. Mit deren Abschluß verlieren die genannten Vorschriften ihre verfassungsrechtliche Aktualität; auf sie läßt sich eine weitere "neue" Umgliederung des Bundesgebiets selbst dann nicht stützen, wenn sich jene erste abgeschlossene Neugliederung aus irgendwelchen Gründen als unbefriedigend herausstellt. Das nach Art. 29 Abs. 7 GG zu erlassende Bundesgesetz kann dagegen die Grundlage für Gebietsänderungen abgeben, so oft sich hierfür - vor oder nach der Neugliederung gemäß Art. 29 Abs. 2 bis 6 GG - ein Bedürfnis herausstellt. Die Voraussetzungen und Schranken einer "sonstigen Änderung des Gebietsbestandes der Länder" nach Abs. 7 a.a.O. sind in diesem Verfahren nicht näher zu bestimmen; wohl aber bedarf es der genaueren Ermittlung, was unter der "einmaligen Neugliederung" nach Abs. 2 bis 6 a.a.O. zu verstehen ist: Der Grundgesetzgeber ging bei der Reorganisierung des Bundesstaates von den vorhandenen Ländern aus (vgl. Art. 23 GG). Diese Gliederung erschien ihm unbefriedigend. Das Grundgesetz stellt ihr deshalb als anzustrebendes Ziel gegenüber die Bildung von Ländern, "die nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können" (Art. 29 Abs. 1 Satz 2 GG), und sichert zugleich - soweit das rechtlich möglich ist - die Erreichung dieses Zieles, indem es den zuständigen Verfassungsorganen den bindenden Auftrag zu dieser Neugliederung erteilt und die Maßstäbe nennt, denen sie genügen muß (Art. 29 Abs. 1 Satz 1 GG). Die Erfüllung dieses verfassungsrechtlichen Auftrags, der auf eine organisch wohlausgeglichene gebietliche Neuordnung des ganzen Bundesgebietes (in seiner jeweiligen Ausdehnung - vgl. Art. 29 Abs. 6 GG -) abzielt, setzt eine Gesamtkonzeption voraus. Es liegt in der Natur der Sache, daß wegen der engen Verflechtung der zu berücksichtigenden vielfältigen Gesichtspunkte die Ordnung in irgendeinem Teil des Gesamt raumes von der Ordnung in den übrigen Teilen abhängig ist und ihrerseits auf die Ordnung dieser übrigen Teile einwirkt. Damit ist nicht gesagt, daß verfassungsrechtlich die in Art. 29 Abs. 2 bis 6 GG geforderte Neugliederung uno actu, also durch ein Gesetz im technischen Sinne verwirklicht werden muß. Soweit das aus einem zwingenden Grund nicht geschehen kann, ist die in Art. 29 Abs. 2 bis 6 GG gemeinte umfassende Aufgabe in Teilregelungen ("Phasen") und technisch in einer Mehrzahl von Gesetzen zu bewältigen. Im Augenblick lassen sich realisierbare Überlegungen zu einer gebietlichen Neuordnung nur für den derzeitigen Geltungsbereich des Grundgesetzes anstellen. Die Aufgabe, die der Bundesgesetzgeber nach Art. 29 Abs. 2 bis 6 GG heute zu erfüllen hat, beschränkt sich also auf diesen Raum. Ihr mag sich später in einer weiteren Phase der Entwicklung, also in Fortsetzung der begonnenen einmaligen Neugliederung des Bundesgebietes, die Neuordnung des Raumes künftig etwa hinzutretender Landesteile (Abs. 6 a.a.O.) anschließen. Und sollte sich die bereits im Südwestraum durchgeführte gebietliche Neuordnung als teilweise Vorwegnahme der Neugliederung des Bundesgebietes nach Art. 29 Abs. 2 bis 6 GG darstellen, dann würde es sich dabei um die "erste Phase" des Neugliederungsprozesses, der das ganze Bundesgebiet zu erfassen hat, handeln. Die innere Einheit und der notwendige Zusammenhang, der in der einmaligen Neugliederung gemäß Art. 29 Abs. 2 bis 6 GG liegt, wird durch eine solche Prozedur, deren Kernstück die jetzt aktuelle Aufgabe der Neugliederung des Bundesgebietes in seinem gegenwärtigen Umfang bildet, nicht zerstört, wenn nur beachtet wird, daß die vorweggenommenen Teillösungen bis zum Abschluß des gesamten Neugliederungsprozesses unter dem Vorbehalt stehen, daß sie mehr oder weniger große Korrekturen erfahren können, die sich im Zuge der zeitlich später in Angriff genommenen gebietlichen Neuordnungen des übrigen Bundesgebietes als notwendig oder zweckmäßig erweisen. Die einmalige Neugliederung im Sinne des Art. 29 Abs. 2 bis 6 GG ist also erst abgeschlossen, wenn auch der letzte Teil des Gesamtraumes auf seine Über einstimmung mit den Grundsätzen des Art. 29 Abs. 1 GG überprüft und, soweit nötig, mit ihnen in Einklang gebracht worden ist. Bis zu diesem Zeitpunkt ist keine vorweggenommene Neugliederung eines Teiles des Bundesgebietes (Südwestraum gegenüber dem Gesamtgebiet des gegenwärtigen Geltungsbereichs des Grundgesetzes und dieser Raum gegenüber einem künftig etwa größeren Gebietsbestand der Bundesrepublik) "endgültig", unantastbar und dem Verfahren nach Art. 29 Abs. 2 bis 6 GG entzogen. Das gilt für periphere Gebietsänderungen ebenso wie für tief einschneidende Eingriffe in den Gebietsstand eines Landes, in extremen Fällen sogar für die Aufteilung eines Landes.
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2. Die Initiative für die Neugliederung des Bundesgebietes nach Art. 29 Abs. 2 bis 6 GG liegt im allgemeinen bei den für die Gesetzgebung des Bundes zuständigen Verfassungsorganen. Eine Besonderheit gilt für die Gebiete, die nach dem Zusammenbruch 1945 ohne Volksabstimmung ihre Landeszugehörigkeit geändert haben (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 GG): der Bevölkerung dieser Gebiete räumt das Grundgesetz das Recht ein, im Wege eines Volksbegehrens eine bestimmte Änderung ihrer Landeszugehörigkeit zu fordern. Diese Vorschrift kann nicht isoliert gewürdigt werden. Sie gewinnt ihre volle Bedeutung erst, wenn man sie zusammen sieht mit drei anderen in Art. 29 GG enthaltenen Rechtsregeln: mit der allgemeinen Regel, daß jede durch Bundesgesetz beschlossene Neugliederung in jedem Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, zum Volksentscheid gebracht werden muß (Art. 29 Abs. 3 Satz 1 GG); mit der besonderen Vorschrift, daß dieser Volksentscheid in den Gebieten, in denen ein Volksbegehren nach Art. 29 Abs. 2 GG zustande gekommen ist, in jedem Fall durchgeführt werden muß, d. h. auch wenn das Bundesgesetz eine Änderung der Landeszugehörigkeit dieses Gebietes nicht vorsieht (Art. 29 Abs. 3 Satz 2 GG); und mit dem Rechtsgrundsatz, daß eine Neugliederung, die dem in einem solchen Volksentscheid zum Ausdruck gebrachten Mehrheitswillen der Bevölkerung nicht entspricht, nur verbindlich werden kann, wenn ihr die Mehrheit der Bevölkerung des Bundesgebietes in einem Volksentscheid zustimmt, daß der regionale Mehrheitswille der Bevölkerung also nur überwunden wird durch den Mehrheitswillen des Gesamtvolkes (Art. 29 Abs. 4 Satz 2 GG). In diesen Vorschriften trägt das Grundgesetz dem demokratischen Prinzip Rechnung. Es verwirklicht ein Stück Selbstbestimmungsrecht des Volkes. Es geht hier also um ein zentrales Verfassungsprinzip. Soweit in Art. 29 GG der Bevölkerung ein Initiativrecht, Mitspracherecht und Mitbestimmungsrecht eingeräumt worden ist, kann sonach im Hinblick auf die Bedeutung dieser Rechte nicht angenommen werden, daß sie irgendeinem Bevölkerungsteil im Neugliederungsprozeß nach Art. 29 Abs. 2 bis 6 GG vorenthalten oder verkürzt werden sollten. Das hätte ohne Verletzung des Gleichheitssatzes auch nicht geschehen können.
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3. Aus Art. 29 Abs. 2 GG lassen sich gegen die Zulässigkeit des vom Beschwerdeführer geforderten Volksbegehrens Bedenken nicht herleiten:
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a) Art. 29 Abs. 2 GG spricht von "Gebietsteilen". Zur Auslegung dieses Begriffes genügt es hier, auf die einschlägigen Ausführungen im Urteil des Senats vom 30. Mai 1956 - 2 BvP 2/56 - über die Beschwerde der südhessischen Gemeinden Bezug zu nehmen (S. 63 ff.). Danach ist das Gebiet des früheren Freistaates Baden ein Gebietsteil im Sinne des Art. 29 Abs. 2 GG, der nach dem 8. Mai 1945 seine Landeszugehörigkeit geändert hat.
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b) Daß dieses Gebiet auch zu den Gebietsteilen gehört, "die bei der Neubildung der Länder nach dem 8. Mai 1945 ohne Volksabstimmung ihre Landeszugehörigkeit geändert haben", kann für die ersten nach dem 8. Mai 1945 durchgeführten Grenzziehungen im Südwestraum füglich nicht in Abrede gestellt werden. Der einfache Sinn jener Formel ist: Das Grundgesetz perhorresziert, weil es das demokratische Prinzip ernst nimmt, die Bildung neuer Länder über den Kopf der Bevölkerung hinweg und will sicherstellten, daß unter seiner Herrschaft jeder Bevölkerung, die dieses Schicksal erlitten hat, Gelegenheit gegeben wird, sich zur Frage ihrer künftigen Staatszugehörigkeit zu äußern. Die Zerreißung Gesamtbadens anläßlich der Bildung der späteren Bundesländer Baden und Württemberg-Baden erfolgte ohne Befragung der Bevölkerung. Die Frage kann im vorliegenden Falle also nur sein, ob etwa die Bevölkerung Gesamtbadens aus irgendeinem Grunde in der Folgezeit des Rechtes auf Volksbegehren verlustig gegangen ist.
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II.
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Damit sind das Problem des Verhältnisses von Art. 118 zu Art. 29 GG und die Frage angeschnitten, welchen Einfluß die Bildung des Bundeslandes Baden-Württemberg auf die Rechte der Bevölkerung des Gebietes des ehemaligen Freistaates Baden aus Art. 29 Abs. 2 GG hat.
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1. a) Das Verhältnis von Art. 118 GG zu Art. 29 GG läßt sich nicht mit der einfachen Formel lösen, Art. 118 stelle gegenüber Art. 29 GG die lex specialis dar. Gewiß besitzt Art. 118 eine gegenüber Art. 29 GG speziellere Bedeutung, d. h. er betrifft einen begrenzteren Sachverhalt und unterwirft diesen einer besonderen Regelung: er bezieht sich nur auf den Südwestraum, während Art. 29 die Neugliederung des gesamten Bundesgebietes einschließlich der künftig hinzutretenden neuen Gebietsteile im Auge hat, und stellt für die begrenzte Südwestraum- Neugliederung ein in mehrfacher Hinsicht vereinfachtes Verfahren zur Verfügung. Aber gerade das, was einer lex specialis wesentlich ist, daß sie nämlich die allgemeine Regelung in ihrer Anwendbarkeit ausschließt, trifft für Art. 118 GG nicht zu: entweder ist die Neugliederung nach Art. 118 etwas anderes als die Neugliederung nach Art. 29 GG, weil nämlich der Auftrag des Art. 118 dahin geht, den Südwestraum einstweilen ohne Rücksicht auf die allgemeine Neugliederung des ganzen Bundesgebietes zu gliedern; dann tangiert sie selbst nach ihrer Durchführung den Auftrag und den Vollzug des Art. 29 GG von vornherein überhaupt nicht; es steht dann Baden- Württemberg wie jedes andere Land der Bundesrepublik zur Disposition einer Neugliederung des Bundesgebietes. Oder aber: Art. 118 GG meint - beschränkt auf den Südwestraum - dieselbe Neugliederung, die Art. 29 für das gesamte Bundesgebiet vorsieht. Dann stellt sich die Bildung des Landes Baden- Württemberg als erste vorweggenommene Teillösung, als erste Phase des noch nicht abgeschlossenen Neugliederungsprozesses gemäß Art. 29 Abs. 2 bis 6 GG dar. Das heißt nach dem oben Dargelegten: Existenz und Grenzen des neu gebildeten Landes können bis zum Abschluß des Neugliederungsprozesses erneut in Frage gestellt werden.
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b) Wenn aber das Land Baden-Württemberg nach wie vor einer Einbeziehung in die allgemeine Neugliederung nach Art. 29 GG unterworfen bleibt, läßt es sich von Rechts wegen nicht rechtfertigen, die Schranken für eine Neugliederung des Raumes Baden-Württemberg enger zu ziehen als für die Neugliederung des übrigen Bundesgebietes. Insbesondere geht der Versuch fehl, zu unterscheiden zwischen - zulässigen - Eingriffen in den Gebietsstand des Landes, die seinen Kern und seine Existenz unberührt lassen und "von außen her" das Land betreffen, und - unzulässigen - Eingriffen, die die "innere Struktur" des Landes berühren und "vom Lande her" ausgelöst werden. Jede Gebietsänderung berührt die "innere Struktur" des Landes, und qualitativ bedeutet es für die rechtliche Beurteilung keinen Unterschied, ob das Land um ein Drittel seines Gebietes vergrößert wird oder ein Viertel, ein Drittel oder auch die Hälfte seines Gebietsstandes verliert. Ebensowenig kann es bei den oben dargelegten notwendigen inneren Zusammenhängen und Abhängigkeiten bei der Durchführung der Neugliederung des Bundesgebietes darauf ankommen, ob das Bedürfnis nach einer anderweiten Gliederung des bereits vorweg gegliederten Teilgebietes zuerst geäußert wird von einem Verfassungsorgan des Bundes oder einer kompetenten Stelle innerhalb des erst noch neu zu gliedernden Teiles der Bundesrepublik oder von der Regierung Baden-Württembergs oder einem Teil der Bevölkerung dieses Landes.
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c) Nach diesen Überlegungen hat das in Art. 118 GG enthaltene Wort "abweichend", das sich, wie im Urteil vom 23. Oktober 1951 dargelegt, sowohl auf die Neugliederung durch Ver einbarung als auch auf die Neugliederung durch Bundesgesetz bezieht, nicht den Sinn, daß damit die spätere Anwendung der Verfahrensregeln des Art. 29 GG ausgeschlossen wäre, sondern nur die Bedeutung, daß bei der Durchführung der Neugliederung nach Art. 118 von jenen Verfahrensregeln abgesehen werden kann.
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Aus dem rechtlichen Verhältnis zwischen Art. 29 und Art. 118 GG lassen sich demnach Bedenken gegen die Zulassung des beantragten Volksbegehrens nicht herleiten.
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2. Auch die Art des Vollzugs der Neugliederung des Südwestraumes nach Art. 118 GG hat das Recht der badischen Bevölkerung auf ein Volksbegehren nach Art. 29 Abs. 2 GG nicht beeinträchtigt.
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Art. 118 GG ließ dem Bundesgesetzgeber einen weiten Spielraum in der Ausgestaltung des Neugliederungsverfahrens. Er konnte dabei, wie gesagt, auch von Verfahrensgrundsätzen des Art. 29 GG abweichen. Das ist im zweiten Neugliederungsgesetz geschehen. Möglich wäre auch gewesen, daß der Bundesgesetzgeber schon bei der Neugliederung nach Art. 118 GG so weit den Rechtsgrundsätzen des Art. 29 Rechnung getragen hätte, daß die Bevölkerung im Ergebnis nicht schlechter gestanden hätte, als wenn sie Gelegenheit gehabt hätte, ihre Rechte aus Art. 29 Abs. 2 bis 6 GG wahrzunehmen. Das wäre der Fall gewesen, wenn die Bevölkerung Gesamtbadens sich zur Frage der Wiederherstellung des Landes Baden hätte äußern können und die Neugliederung entweder dieser Willensäußerung entsprochen hätte oder - auch gegen diese Willensäußerung - durch einen Entscheid des Bundesvolkes gebilligt worden wäre. In diesem Falle hätte die Bevölkerung die Rechte, die ihr durch Art. 29 eingeräumt sind, schon bei der Neugliederung des Südwestraumes nach Art. 118 GG wahrgenommen und ausgeschöpft; für eine nochmalige Inanspruchnahme wäre kein Raum mehr gewesen. Das zweite Neugliederungsgesetz hätte also beispielsweise nur vorzusehen brauchen, daß bei der durch Art. 118 GG geforderten Volksabstim mung die Stimmen in den früheren Ländern Baden und Württemberg durchzuzählen sind und daß der Südweststaat nur zu bilden ist, wenn die Bevölkerungen der beiden früheren Länder mehrheitlich für diese Lösung stimmen, daß dagegen die beiden alten Länder Baden und Württemberg wiederherzustellen sind, wenn sich die Mehrheit eines der beiden Abstimmungsgebiete gegen die Bildung des Südweststaates ausspricht.
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Bei den tatsächlich gewählten Modalitäten der Neugliederung des Südwestraumes konnte die Bevölkerung Badens jedoch Rechte, die den ihr in Art. 29 GG gewährleisteten Rechten entsprechen, nicht ausüben:
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a) Von dem Initiativrecht, im Wege eines Volksbegehrens eine Änderung der Landeszugehörigkeit zu fordern, kann die dazu legitimierte Bevölkerung nur einmal Gebrauch machen. Die badische Bevölkerung hatte dazu bisher keine Gelegenheit. Daß weder die Probeabstimmung vom 24. September 1950 noch die Abstimmung vom 9. Dezember 1951 nach dem zweiten Neugliederungsgesetz als Volksbegehren "gewertet" werden kann, liegt auf der Hand. Volksbegehren unterscheiden sich von Volksabstimmungen, wie sie in den beiden genannten Fällen stattfanden, wesentlich dadurch, daß bei ersteren die Bevölkerung Fragestellung (Ziel) des Volksbegehren und räumliche Begrenzung des einheitlichen Abstimmungsgebietes bestimmt. Die genannten Abstimmungen gaben aber weder der badischen Bevölkerung als einer Einheit Gelegenheit zur Äußerung noch stellten sie die Frage, die diese Bevölkerung mit ihrer Initiative stellen will die Frage nach der Wiederherstellung des alten Landes Baden.
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b) Die Berufung der badischen Bevölkerung auf ihr Recht aus Art. 29 Abs. 2 Satz 1 GG läßt sich auch nicht dadurch ausschließen, daß man für die Anwendung des Art. 29 Abs. 2 GG abhebt auf die derzeit bestehende gebietliche Ordnung und darauf hinweist, daß das Land Baden-Württemberg nicht "ohne Volksabstimmung", sondern auf Grund einer Volksabstimmung und in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik gebildet wurde. Art. 29 Abs. 2 GG enthält nicht die Einschränkung, daß das Recht auf Volksbegehren entfällt, wenn die ein Volksbegehren rechtfertigende Ursprungslage durch eine spätere - verfassungsgemäße - Neugliederung geändert worden ist. Eine solche Beschränkung in den Art. 29 Abs. 2 GG durch Auslegung hineinzuinterpretieren ist unzulässig, weil das dem oben dargelegten Sinn dieser Vorschrift widerspräche. Man darf hier die inneren Zusammenhänge in der Abfolge des Geschehens nicht außer acht lassen: Es kann nicht zweifelhaft sein, daß das nach 1945 entstandene besonders dringende Bedürfnis nach einer Neugliederung im Südwestraum durch die unorganische, natürliche Zusammenhänge zerreißende, ausschließlich den Besatzungsinteressen dienende Bildung der Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern entstand; es kann weiter nicht zweifelhaft sein, daß das Land Baden- Württemberg seine Entstehung nur der besonderen Ausgestaltung des zweiten Neugliederungsgesetzes verdankt (vgl. Urteil vom 23. Oktober 1951). Es kann schließlich nicht zweifelhaft sein, daß, wenn von Anfang an der badischen Bevölkerung die Möglichkeit der Durchführung eines Volksbegehrens gegeben gewesen wäre, sie mehrheitlich für die Wiederherstellung des Landes Baden eingetreten wäre (vgl. die Probeabstimmung vom 24. September 1950). Mindestens besteht danach eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, daß, wenn Art. 29 GG nicht suspendiert gewesen wäre und die Rechtsgrundlage für die Neugliederung von Anfang an abgegeben hätte, der Bundesgesetzgeber der starken Initiative der badischen Bevölkerung Rechnung getragen hätte und die unnatürliche, durch die Besatzungsmacht geschaffene Situation im Südwesten nicht durch die Bildung des Landes Baden-Württemberg, sondern durch die Wiederherstellung der alten Länder Baden und Württemberg normalisiert worden wäre. Mit anderen Worten: Der Wille der badischen Bevölkerung ist durch die Besonderheit der politisch- geschichtlichen Entwicklung überspielt worden. Daran ändert auch nichts die Tatsache, daß die Bildung des Südweststaates in "demokratisch-verfassungsmäßiger Form", nämlich im Verfahren nach Art. 118 GG zustande kam.
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c) Schließlich stellen die Volksabstimmungen vom 24. September 1950 und vom 9. Dezember 1951 auch nicht eine Volksabstimmung dar, die der Art. 29 Abs. 2 GG meint, wenn er formuliert: "Gebietsteile, die bei der Neubildung der Länder nach dem 8. Mai 1945 ohne Volksabstimmung ihre Landeszugehörigkeit geändert haben." Die informatorische Volksbefragung vom 24. September 1950 scheidet in diesem Zusammenhang von vornherein aus, weil ihr nur orientierende, testende, keinerlei wie immer geartete bestimmende, für die Verfassungsorgane bindende Bedeutung zukam. Die Abstimmung vom 9. Dezember 1951 genügt jener Vorschrift aus doppeltem Grunde nicht: Zunächst handelte es sich damals - soweit hier von Interesse - um eine Abstimmung im Abstimmungsbezirk Südbaden einerseits und im Landesbezirk Nordbaden andererseits; das ist etwas anderes als eine Abstimmung im Gesamtraum Baden. Hinzu kommt: Die Volksabstimmung, von der Art. 29 Abs. 2 Satz 1 GG spricht, muß eine Abstimmung sein, bei der es allein auf den Willen der Bevölkerung ankommt, die ihre "ursprüngliche" Landeszugehörigkeit geändert hat. Bei der Abstimmung am 9. Dezember 1951 haben - wenn man von dem Gebiet des früheren preußischen Landesteiles Hohenzollern absieht - "zwei Bevölkerungen", die badische und die württembergische, in der Weise gemeinsam abgestimmt, daß die zahlenmäßig stärkere die schwächere majorisieren konnte. Es war also eine Abstimmung, in der die badische Bevölkerung gerade nicht selbst bestimmen konnte, in welchem staatlichen Verbande sie künftig leben will; mit anderen Worten, sie lebt noch immer in einem Gebiet, das "ohne Volksabstimmung" seine Landeszugehörigkeit geändert hat.
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E.
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Demnach ist der Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung des von ihm geforderten Volksbegehrens begründet. Deshalb war der Bescheid des Bundesministers des Innern vom 24. Januar 1956 aufzuheben und die Durchführung des beantragten Volksbegehrens anzuordnen.
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Eine besondere Fristsetzung zur Durchführung des Volksbegehrens erscheint entbehrlich. Zwar ist inzwischen die in Art. 29 Abs. 2 GG bestimmte Jahresfrist abgelaufen. Der Lauf dieser Frist war nach allgemeiner Rechtsüberzeugung infolge der Suspendierung des Art. 29 GG durch die Besatzungsmächte bis zum 5. Mai 1955 gehemmt; denn eine Frist kann sinnvollerweise vom Gesetzgeber nur gesetzt werden für eine Zeit, in der sie auch tatsächlich genutzt werden kann. Derselbe Gedanke zwingt, im vorliegenden Fall den Abstimmungsberechtigten, die sich an dem nunmehr zugelassenen Volksbegehren beteiligten wollen, so viel Zeit einzuräumen, daß sie von ihrem verfassungsmäßig garantierten Recht auch tatsächlich Gebrauch machen können.
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Mit dieser Entscheidung ist dem Antrag des Heimatbundes Badenerland e. V. "endgültig stattgegeben"; damit erwachsen dem Bundesminister des Innern die sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 1955 ergebenden Pflichten.
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