2. Artikel 99 GG eröffnet lediglich die Möglichkeit, die Zuständigkeit von Bundesgerichten auch durch Landesgesetz zu begründen.
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Beschluß | |
des Zweiten Senats vom 2. Februar 1960
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- 2 BvF 5/58 - | |
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des § 127 des Rahmengesetzes zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrahmengesetz - BRRG) vom 1. Juli 1957 (BGBl. I S. 667) - Antragsteller: Die Bayerische Staatsregierung, vertreten durch den Bayerischen Ministerpräsidenten.
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Entscheidungsformel:
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§ 127 des Rahmengesetzes zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrechtsrahmengesetz - BRRG) vom 1. Juli 1957 (BGBl. I S. 667) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
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Gründe | |
A. - I. | |
Das Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrechtsrahmengesetz - BRRG) vom 1. Juli 1957 (BGBl. I S. 667) enthält in Kapitel I (§§ 1-120) ausführliche Rahmenvorschriften für die Landesgesetzgebung. In Kapitel II (§§ 121-133), dessen Vorschriften nach der Überschrift "einheitlich und unmittelbar gelten", bestimmt § 127:
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(1) Die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis ist stets zuzulassen.
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Nach § 10 des Gesetzes über das Bundesverwaltungsgericht vom 23. September 1952 (BGBl. I S.625) - BVerwGG - ist für die Revision gegen Urteile der Oberverwaltungsgerichte das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
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II.
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1. Die Bayerische Staatsregierung hält § 127 BRRG für unvereinbar mit Art. 99 GG. Sie hat gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6 und § 76 Nr.1 BVerfGG beantragt festzustellen, daß § 127 BRRG nichtig ist; zur Begründung des Antrags hat sie ausgeführt:
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§ 127 BRRG eröffne - wie sich aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergebe - die Revision zum Bundesverwaltungsgericht auch in solchen beamtenrechtlichen Angelegenheiten, in denen Landesrecht anzuwenden sei. Der Bund könne von seiner Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Nr. 1 GG ("Gerichtsverfassung" und "gerichtliches Verfahren") nur in einer Weise Gebrauch machen, die im Einklang mit den übrigen Verfassungsbestimmungen stehe. Nach Art. 99 GG sei aber nur der Landesgesetzgeber, nicht auch der Bundesgesetzgeber befugt, den oberen Bundesgerichten die letztinstanzliche Entscheidung in landesrechtlichen Sachen zuzuweisen.
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Für die Auslegung des Art. 99 GG sei das Interesse des Landes an rechtlichem Eigenleben abzuwägen gegen das Interesse des Bundes an Rechtseinheit. Die Abgrenzung dieser Interessen für den Bereich der Gesetzgebung in den Art. 70 ff. GG müsse auch für den Bereich der Rechtsprechung maßgebend sein. Soweit der Bund durch Gesetzgebung die Rechtseinheit fördern dürfe und fördere, insoweit - aber auch nur insoweit - könne er im Interesse der Rechtseinheit auch Bundesgerichte für zuständig erklären. Es sei hingegen Sache der Länder, dafür Sorge zu tragen, daß ihr Landesrecht einheitlich ausgelegt werde.
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Die Worte "durch Landesgesetz" in Art. 99 GG bezögen sich sowohl auf den ersten wie auf den zweiten in dieser Bestimmung geregelten Fall. Da die Zuweisung landesverfassungsrechtlicher Streitigkeiten an das Bundesverfassungsgericht (erster Fall) aber sicherlich nur durch den Landesgesetzgeber erfolgen könne, müsse nach Wortlaut und Aufbau des Art. 99 GG Gleiches auch dann gelten, wenn den oberen Bundesgerichten die Entscheidung in solchen Sachen übertragen werden solle, in denen es sich um die Anwendung von Landesrecht handle (zweiter Fall).
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Gegen diese Auslegung des Art. 99 GG könne nicht eingewandt werden, daß auf Grund der jahrzehntelangen Geltung von Vorschriften wie § 549 ZPO i. V. m. § 133 Nr. l GVG die Revisibilität von Landesrecht vor Bundesgerichten als Teil des "vorrechtlichen Gesamtbildes" in die Rechtsordnung der Bundesrepublik übernommen worden sei. § 549 ZPO sei im Zusammenhang mit § 8 EG GVG und § 7 EG ZPO zu sehen, die es den Ländern freistellten, die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs für Revisionen zu ersetzen durch die eines obersten Landesgerichts, wenn im wesentlichen über Landesrecht zu befinden sei.
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2. Das Gericht hat dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung sowie den Landesregierungen Gelegenheit gegeben, sich zu äußern.
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a) Die Hessische Landesregierung teilt die Auffassung der Bayerischen Staatsregierung und hat dargelegt, daß sich die von ihr vertretene Auslegung des Art. 99 GG vor allem auch aus der Entstehungsgeschichte von Art. 96 und 99 GG ergebe.
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Bei der Revisibilität von Landesrecht vor Reichs- und Bundesgerichten handle es sich im übrigen nicht um eine traditionelle, für die deutsche Rechtsentwicklung typische Erscheinung. Die Revisibilität von Landeszivilrecht vor Bundesgerichten bedeute heute, da das Landesrecht im wesentlichen nur Regelungen umfasse, für die die Länder auch nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes zuständig seien, etwas anderes als vor 1900.
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Aus der von Bayern und Hessen vertretenen Auslegung des Art. 99 GG folge aber nicht zwingend die Nichtigkeit des § 127 BRRG. Es könnte erwogen werden, die Bestimmung "verfassungskonform" lediglich als eine Vorschrift über die Zulässigkeit der Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts in Beamtensachen und über den Charakter des Verfahrens vor diesem Gericht als eines Revisionsverfahrens zu verstehen. § 127 BRRG würde dann die Zulassung der Revision in Beamtensachen von den Voraussetzungen des § 53 BVerwGG befreien. Die Revision wäre bei dieser Auslegung nach § 127 BRRG nur dann, aber auch immer dann zulässig, wenn die Verletzung von Bundesrecht behauptet werde.
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b) Namens der Bundesregierung ist der Bundesminister des Innern der Auffassung der Bayerischen Staatsregierung entgegengetreten. Er stimmt mit der Bayerischen Staatsregierung darin überein, daß § 127 BRRG die Revision zum Bundesverwaltungsgericht auch in solchen beamtenrechtlichen Angelegenheiten eröffne, in denen Landesbeamtenrecht anzuwenden sei. Die Vorschrift sei aber mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Zuständigkeit des Bundes zum Erlaß des § 127 BRRG beruhe auf Art. 74 Nr. 1 GG und Art. 75 Nr.1 GG. Der Wortlaut des Art. 74 Nr. l GG enthalte keine sachlichen Einschränkungen. Es sei unbestritten, daß die Vorschrift den Bundesgesetzgeber ermächtige, sowohl Organisation und Verfahren der Landesgerichte wie der Gerichte des Bundes und damit vor allem auch die sachliche Zuständigkeit dieser Gerichte zu regeln, soweit nicht andere Verfassungsnormen oder allgemeine Verfassungsprinzipien entgegenstünden.
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Eine solche entgegenstehende Verfassungsnorm sei Art. 99 GG nicht. Die Bestimmung besage nur, daß es den Ländern ausnahmsweise erlaubt sei, durch Landesgesetz Aufgaben und Befugnisse auf Einrichtungen des Bundes zu übertragen.
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Weder Art. 30 noch Art. 70 GG spreche für die bayerische Auffassung. Die Kompetenz des Bundes aus Art. 74 Nr.1 GG gehe der subsidiären Landeskompetenz gemäß Art. 30 oder Art. 70 GG vor. Schließlich könne auch nicht aus allgemeinen bundesstaatlichen Prinzipien hergeleitet werden, daß die - nicht nur inzidente - Gerichtsbarkeit des Bundes inhaltlich auf die Anwendung von Bundesrecht beschränkt sein müsse. Das Grundgesetz grenze die Zuständigkeit der oberen Bundesgerichte nicht ab. Es kenne auch nicht die das Verfassungsrecht der Vereinigten Staaten von Amerika kennzeichnende strenge Trennung der Kompetenzräume von Bund und Gliedstaaten. Zudem bewiesen Vorschriften wie § 549 ZPO, daß die Revisionszuständigkeit oberer Bundesgerichte auch für Landesrecht dem deutschen Rechtsdenken durchaus nicht fremd, sondern geradezu selbstverständlich sei. Es hätte einer ausdrücklichen Bestimmung bedurft, wenn der Verfassungsgeber von einem solchermaßen gefestigten und überkommenen Rechtszustand hätte abweichen wollen.
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Für die Zulässigkeit der Revisibilität von Landesrecht vor oberen Bundesgerichten sprächen auch schwerwiegende rechtspolitische Gründe, nämlich die Wahrung der Rechtseinheit, insbesondere in der Handhabung und Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe. Durch § 127 BRRG solle erreicht werden, daß sich zu den grundsätzlichen Fragen des Beamtenrechts innerhalb des Bundesgebiets eine einheitliche Rechtsprechung herausbilde. Auch für Fragen, die keinen unmittelbaren Bezug auf das allgemeine Rahmenrecht des Bundes hätten, folge aus ihrer Zugehörigkeit zum System dieses Rahmenrechts das Bedürfnis nach einer namentlich in den allgemeinen Rechtsbegriffen einheitlichen Rechtsprechung.
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3. Die Bayerische Staatsregierung hat auf mündliche Verhandlung verzichtet.
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Der Antrag ist zulässig. Die Voraussetzungen der Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6 und § 76 Nr. 1 BVerfGG sind gegeben.
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§ 127 BRRG ist auch auf seine förmliche Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu prüfen (vgl. BVerfGE 1, 14 [41]; 7, 305 [311]; 8,104 [110]; 9, 305 [314 f.]). Insofern bestehen keine Bedenken. Die Befugnis zum Erlaß der Vorschrift ergibt sich aus Art. 74 Nr. 1 GG. Danach erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes u. a. auf die Gerichtsverfassung und das gerichtliche Verfahren, und zwar auch auf Verfassung und Verfahren der Verwaltungsgerichte (BVerfGE 4, 178 [183]; 8, 174 [177]). § 127 BRRG regelt das gerichtliche Verfahren, da Abs. 1 vorschreibt, daß die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis stets zuzulassen ist, und Absatz 2 bestimmt, worauf die Revision gestützt werden kann. § 127 BRRG regelt auch die Gerichtsverfassung, da Absatz 1 i. V. m. § 10 BVerwGG anordnet, daß über die Revision das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
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III.
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1. Der Bundesgesetzgeber darf von seinen Befugnissen nach Art. 74 Nr.1 GG nur in einer Weise Gebrauch machen, die in Einklang mit den übrigen Bestimmungen des Grundgesetzes steht (vgl. BVerfGE 9, 305 [315]). Nach Ansicht der Bayerischen Staatsregierung ist es mit Art. 99 GG unvereinbar, daß ein Bundesgesetz dem Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung in solchen Sachen zuweist, bei denen es sich um die Anwendung von Landesrecht handelt. Der Antrag, § 127 BRRG für nichtig zu erklären, stieße deshalb ins Leere, wenn die Vorschrift dies gar nicht angeordnet, vielmehr - wie die Hessische Landesregierung erwogen hat - lediglich die Zulassung der Revision in Beamtensachen von den Voraussetzungen des § 53 BVerwGG befreit und nichts daran geändert hätte, daß gemäß § 56 BVerwGG die Revision nur auf die Verletzung von Bundesrecht gestützt werden kann.
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2. § 127 BRRG muß aber dahin verstanden werden, daß die Revision auch darauf gestützt werden kann, daß das angefochtene Urteil auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Norm des Landesrechts beruht. Das ergibt sich aus einem Vergleich des § 127 BRRG mit den entsprechenden Vorschriften für andere gerichtliche Verfahren. Der Bundesgesetzgeber hat es jeweils ausdrücklich vorgeschrieben, wenn die oberen Bundesgerichte auf die Anwendung von Bundesrecht beschränkt sein sollen (vgl. § 79 GBO, § 28 FGG, § 56 BVerwGG, § 137 Verwaltungsgerichtsordnung; vgl. auch § 222 Bundesentschädigungsgesetz). Sollen die oberen Bundesgerichte nur unter bestimmten Voraussetzungen zur Entscheidung befugt sein, wenn es sich um die Anwendung von Landesrecht handelt, so sind solche Beschränkungen ebenfalls ausdrücklich angeordnet worden (vgl. § 549 ZPO, § 162 SGG; §§ 135, 121 GVG; § 288 AO i. V. m. § 1 Gesetz über den Bundesfinanzhof). Fehlt es aber an einer ausdrücklichen Regelung, heißt es also ähnlich wie in § 127 BRRG, daß die Revision nur darauf gestützt werden kann, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung "einer Rechtsnorm'' oder "des Gesetzes" beruht (wie in §§ 73, 93 ArbGG, § 27 Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen), so kann nach einhelliger Ansicht auch Landesrecht als verletzt gerügt werden. Diese Auslegung des § 127 BRRG wird durch die Entstehungsgeschichte eindeutig bestätigt. Im Gesetzgebungsverfahren ist man ausnahmslos davon ausgegangen, daß nach § 127 BRRG auch Landesrecht revisibel ist.
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Vgl. insbesondere:
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Niederschrift über die 148. Sitzung - 1. Sitzungstag - des Rechtsausschusses des Bundesrats am 27. April 1955,S.25;
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Bericht des Abgeordneten Dr. Kleindinst für den Ausschuß für Beamtenrecht des Bundestags vom 5. April 1957, BT II/1953 Drucks. 3363, S. 13; BT II/1953, StenBer. über die 204. Sitzung am 11. April 1957, S. 11 633 D und 11 645 A;
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Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat mit dem Ziel, die Vorschrift zu streichen, BT II/1953 Drucks. 3447, Anlage, Nr. 20; siehe vor allem die Begründung zu diesem Antrag; Bericht von Minister Siemsen für den Vermittlungsausschuß, Sitzungsbericht über die 178. Sitzung des Bundesrats am 7. Juni 1957, S. 675.
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3. Nach § 127 BRRG kann also die Revision, über die das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden hat, auch auf die Verletzung von Landesrecht gestützt werden. Wäre Art. 99 GG im Sinne der Bayerischen Staatsregierung zu verstehen, so wäre § 127 BRRG nichtig.
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IV.
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Art 99 GG schränkt die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Nr. 1 GG nicht ein. § 127 BRRG ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
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Nach Art. 74 Nr. 1 GG hat der Bund die Kompetenz, Verfahren und Gerichtsverfassung der Verwaltungsgerichte zu regeln; grundsätzlich kann deshalb der Bund auch bestimmen, ob und in welchem Umfang die oberen Bundesgerichte als Revisionsgerichte entscheiden sollen, wenn es sich um die Anwendung von Landesrecht handelt. Die bayerische Auffassung wäre nur dann richtig, wenn sich aus anderen Bestimmungen oder Prinzipien des Grundgesetzes ergäbe, daß die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Nr. 1 GG dahin eingeschränkt ist, daß der Bundesgesetzgeber die Revisionszuständigkeit von Bundesgerichten für Landesrecht nicht begründen darf. Daran fehlt es.
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1. a) Der Wortlaut des Art. 99 GG ist nicht geeignet, die bayerische Auffassung zu stützen. Er legt es nahe anzunehmen, daß sich die Worte "durch Landesgesetz" nur auf den ersten in der Vorschrift geregelten Fall (Zuweisung von Landesverfassungsstreitigkeiten an das Bundesverfassungsgericht) beziehen (vgl. Bettermann JZ 1958, 235 [236]; Brenken DVBl. 1959, 409). Hieraus könnte gefolgert werden, daß die Zuweisung von Sachen an die oberen Bundesgerichte (zweiter Fall) nicht nur durch Landes-, sondern auch durch Bundesgesetz vorgenommen werden kann. Der Wortlaut des Art. 99 GG ist jedoch nicht eindeutig. Die Worte "durch Landesgesetz" können auch auf die beiden in der Vorschrift geregelten Fälle bezogen werden. Die von der Bayerischen Staatsregierung vertretene Auslegung ("nur" durch Landesgesetz) wäre dann zwingend, wenn Art. 99 GG sonst keinen Sinn gäbe. Das ist aber nicht der Fall. Grundsätzlich kann nur der Bundesgesetzgeber Zuständigkeiten der Bundesgerichte begründen. Es bedurfte dieser ausdrücklichen Anordnung in Art. 99 GG, wenn verfassungsrechtlich gesichert werden sollte, daß ausnahmsweise auch der Landesgesetzgeber diese Befugnis haben soll (vgl. Arndt DVBl. 1957, 566 f.; Werthauer NJW 1957, 1387 [1389]).
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b) Die Bayerische Staatsregierung hat darauf hingewiesen, daß die Worte "durch Landesgesetz" für den ersten Fall des Art. 99 GG (Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes) sicherlich im Sinne von "nur durch Landesgesetz" zu verstehen seien und daß nach Wortlaut und Aufbau des aus einem Satz bestehenden Art. 99 GG für den zweiten dort geregelten Fall (Sachen, bei denen es sich um die Anwendung von Landesrecht handelt) nichts anderes gelten könne.
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Der besondere Charakter der Verfassungsgerichtsbarkeit verbietet es aber, von den für sie geltenden Regelungen Schlüsse darauf zu ziehen, was für die übrigen Zweige der Gerichtsbarkeit zulässig oder nicht zulässig ist. Jede Verfassungsgerichtsbarkeit bezieht sich auf eine bestimmte Verfassung; deshalb wird im Bundesstaat der Kompetenzbereich der Bundesverfassungsgerichtsbarkeit durch das Grundgesetz und der der Landesverfassungsgerichtsbarkeit durch die Landesverfassung begrenzt. Nur ausnahmsweise kann das Verfassungsgericht des Bundes kraft ausdrücklicher Anordnung des Grundgesetzes als Verfassungsgericht für ein Land tätig werden (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG). Darüber hinaus ist eine Tätigkeit des Bundesverfassungsgerichts für ein Land nur kraft landesgesetzlicher Zuweisung möglich. Dieser Besonderheit der Verfassungsgerichtsbarkeit wegen ist es nicht möglich, aus dem Zusammenhang der beiden in Art. 99 GG geregelten Fälle zu schließen, daß ebenso wie die Zuweisung von Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes an das Bundesverfassungsgericht auch die Zuweisung von Sachen an die oberen Bundesgerichte nur durch den Landesgesetzgeber vorgenommen werden kann. Die Besonderheiten der Verfassungsgerichtsbarkeit verbieten es andererseits aber auch, aus der Regelung des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG, nach der das Bundesverfassungsgericht auch über Landesrecht befinden muß, den Schluß zu ziehen, daß das Grundgesetz keine grundsätzliche Beschränkung der Bundesgerichte auf Bundesrecht kennt (vgl. Bettermann JZ 1958, 235 [236]; Brenken DVBl. 1959, 409).
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2. Eine Einschränkung der Kompetenz des Bundes aus Art. 74 Nr. 1 GG ergibt sich auch nicht aus der Berücksichtigung bundesstaatlicher Bestimmungen und Grundsätze.
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a) Die enge Auslegung des Art. 99 GG, nach der den oberen Bundesgerichten die Entscheidung in landesrechtlichen Sachen nur durch Landesgesetz zugewiesen werden kann, kann nicht auf Art. 30 GG gestützt werden. Denn Art. 74 Nr. 1 GG läßt die "andere Regelung" zu, die nach Art. 30 GG Voraussetzung für die Ausübung staatlicher Befugnisse durch den Bund ist (vgl. Zippelius DVBl. 1959, 41; Brenken DVBl. 1959, 409 [410]; a.A. Haas DVBl. 1957, 368 [369] und 567).
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b) Die Bayerische Staatsregierung meint, für die Auslegung des Art. 99 GG sei das Interesse des Landes an rechtlichem Eigenleben abzuwägen gegen das Interesse des Bundes an der Rechtseinheit. Dieses Interesse habe das Grundgesetz für die Gesetzgebung in den Art. 70 ff. GG abgegrenzt. Was für die Gesetzgebung gelte, müsse auch für den Bereich der Rechtsprechung Gültigkeit haben. Nur soweit der Bund durch die Gesetzgebung das Interesse an Rechtseinheit verfolgen dürfe und verfolge, nur insoweit dürfe er die Revision den oberen Bundesgerichten zuweisen (ähnlich Forster BayVwBl. 1957, 279 [280]; Haas DVBl. 1957, 368 [370]; Zippelius DVBl. 1959, 41 [42 f.]). Das bedeute, daß nach Art. 99 GG nur der Landesgesetzgeber den oberen Bundesgerichten die Entscheidung in solchen Sachen übertragen könne, bei denen es sich um die Anwendung von Landesrecht handelt.
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Dem kann nicht zugestimmt werden. Wenn sich die Antwort auf die Frage, welche Kompetenzen den Bundesgerichten durch Bundesgesetz zugewiesen werden können, aus der Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenz von Bund und Ländern in den Art. 70 ff. GG ergeben soll, so ist für das Gebiet der Gerichtsverfassung und des gerichtlichen Verfahrens Art. 74 Nr.1 GG maßgebend. Die nach dieser Vorschrift nicht begrenzte Befugnis des Bundes, die Zuständigkeit der oberen Bundesgerichte zu bestimmen, könnte durch Art. 99 GG eingeschränkt sein. Aber gerade diese Vorschrift soll ausgelegt werden. Mit der Berufung auf die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenz von Bund und Ländern in den Art. 70 ff. GG ist für die Auslegung des Art. 99 GG nichts gewonnen.
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Der Ansicht der Bayerischen Staatsregierung steht weiterhin entgegen, daß die Revisionszuständigkeit der oberen Bundesgerichte nicht nur die Einheit des materiellen Rechts wahren, sondern auch der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen gerichtlichen Verfahrens dienen soll (vgl. Bettermann JZ 1958, 235 [236 f.] sowie Schwinge, Grundlagen des Revisionsrechts, 1935, S. 38 f.). Für diese Zuständigkeit der oberen Bundesgerichte verfängt der Hinweis nicht, daß der Bund die Rechtseinheit durch die Rechtsprechung seiner Gerichte nicht weitergehend als durch seine Gesetzgebung wahren dürfe. Es ist nicht bestritten worden, daß es verfassungsrechtlich zulässig ist, wenn das Bundesverwaltungsgericht die richtige Anwendung des bisher weitgehend landesrechtlich geregelten Verfahrensrechts durch die Verwaltungsgerichte nachprüft (siehe § 56 Abs. 1 Satz 2 BVerwGG und BVerwGE 2, 319 [321]).
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Es trifft schließlich auch nicht zu, daß das vom Grundgesetz anerkannte Interesse des Bundes an Rechtseinheit nicht weiter reicht als die Kompetenz, Bundesrecht zu setzen. Das Grundgesetz kennt nicht nur die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes nach Art. 73 und Art. 74 GG, sondern - im Interesse der Förderung der Rechtseinheit - auch die Rahmengesetzgebungskompetenz. Auch für die Sachgebiete des Art. 75 GG erkennt das Grundgesetz ein Bundesinteresse an Rechtseinheit an.
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c) Auch allgemeine Prinzipien des Bundesstaats verbieten es nicht, daß Bundesgerichte durch bundesgesetzliche Anordnung für Sachen zuständig werden, bei denen es sich um die Anwendung von Landesrecht handelt. Die bundesstaatliche Verfassungsordnung kann sehr verschieden ausgestaltet sein. Das Grundgesetz kennt nicht die strenge Trennung der Kompetenzräume von Bund und Ländern, die z. B. die Verfassung der Vereinigten Staaten auszeichnet. Landes- und Bundesgerichte sind nach dem Grundgesetz durch Rechtsmittelzüge miteinander verbunden. Es ist selbstverständlich, daß Landesgerichte Bundesrecht anwenden. Ist dem so, dann kann aber für die Verfassungsordnung des Grundgesetzes und für die Auslegung der Art. 74 Nr.1 und 99 GG nicht aus allgemeinen bundesstaatlichen Prinzipien gefolgert werden, daß die Anwendung von Landesrecht durch Bundesgerichte nur dann zulässig sein kann, wenn sie auf landesgesetzlicher Anordnung beruht.
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3. Bei der Beantwortung der Frage, ob die Kompetenz des Bundesgesetzgebers aus Art. 74 Nr. 1 GG hinsichtlich der Anwendung von Landesrecht durch Bundesgerichte beschränkt ist, muß auch die geschichtliche Entwicklung des Gerichtswesens in Deutschland berücksichtigt werden (vgl. BVerfGE 8, 174 [177]). Die auf Reichsgesetzen beruhende Zuständigkeit von Reichsgerichten zur Anwendung von Landesrecht ist aber dem deutschen Gerichtsverfassungsrecht seit jeher geläufig; sie ist nicht als Widerspruch zur bundesstaatlichen Ordnung angesehen worden (vgl. Bettermann JZ 1958, 235 [236]).
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a) Unter der ausgeprägt föderalistischen Reichsverfassung von 1871 war das Reichsgericht vom Beginn seiner Tätigkeit an auf Grund reichsgesetzlicher Anordnung zur Anwendung von Landesrecht berufen. § 511 der ZPO von 1877 bestimmte, daß die Revision auf die Rüge einer "Verletzung eines Reichsgesetzes oder eines Gesetzes, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt", gestützt werden könne.
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Die Bayerische Staatsregierung hat darauf hingewiesen, daß diese Regelung durch § 8 EG GVG und § 7 EG ZPO modifiziert war (siehe auch Zippelius DVBl. 1959, 41 [42]). Die Möglichkeit, ein oberstes Landesgericht zu errichten und ihm die Revisionen in landesrechtlichen Sachen zuzuweisen (§ 8 EG GVG, § 7 EG ZPO), ändert jedoch nichts daran, daß zunächst das Reichsgericht auf Grund reichsgesetzlicher Anordnung zur Entscheidung über Landesrecht befugt war. Die Errichtung eines obersten Landesgerichts vermochte darüber hinaus dem Reichsgericht die Kompetenz zur Anwendung von Landesrecht nicht völlig zu entziehen. Dem obersten Landesgericht konnten nur solche Revisionen zugewiesen werden, in denen im wesentlichen über Landesrecht zu entscheiden war. Wenn auch der Revisibilität von Landesrecht vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches größere Bedeutung zukam als nach dem 1. Januar 1900, so war das Reichsgericht doch auch nach 1900 kraft reichsgesetzlicher Regelung zur Entscheidung in landesrechtlichen Sachen zuständig. Umfang und Bedeutung des nach dem 1. Januar 1900 fortgeltenden Landeszivilrechts können dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen.
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Auch in Strafsachen war das Reichsgericht auf Grund reichsgesetzlicher Anordnung zur Anwendung von Landesrecht befugt. Das ergab sich aus § 136 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 123 Nr. 3 GVG von 1877, wonach das Reichsgericht für Revisionen gegen Urteile der Strafkammern in erster Instanz, soweit nicht ausschließlich über Landesrecht zu entscheiden war, sowie für Revisionen gegen Urteile der Schwurgerichte zuständig war. Nach § 337 StPO von 1877 war jede Rechtsnorm revisibel. Landesstrafrecht dürfte allerdings nur selten Gegenstand eines schwurgerichtlichen oder eines erstinstanzlichen Urteils der Strafkammer gewesen sein.
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Weder bei der Beratung der Zivilprozeßordnung noch bei der des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung sind übrigens seinerzeit im Reichstag und in seinen Kommissionen Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit der genannten Bestimmungen mit den föderalistischen Grundsätzen der Reichsverfassung geäußert worden.
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b) Unter der Weimarer Reichsverfassung ist der Umfang des vor Gerichten des Reichs revisiblen Landesrechts erweitert worden.
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In vollem Umfang und unbeschränkbar revisibel vor einem Gericht des Reichs wurde Landesrecht im Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit (§ 73 ArbGG von 1926). Rechtsprechung und Lehre gingen davon aus, daß der Verstoß gegen jede Rechtsnorm die Revision zum Reichsarbeitsgericht begründe.
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Die Rechtslage im Bereich der Zivilprozeßordnung blieb im wesentlichen unverändert. Nur die Zuständigkeit des Reichsgerichts in Strafsachen erfuhr insofern eine Einschränkung, als auch die Revision gegen schwurgerichtliche Urteile auf die Fälle beschränkt wurde, in denen nicht ausschließlich ein Verstoß gegen Landesrecht gerügt wurde (§ 121 Nr. 1 d GVG i. d. F. von 1924).
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4. a) Das Grundgesetz hat an der Praxis unter den Reichsverfassungen von 1871 und 1919 nichts ändern wollen. Es ist zwar richtig, daß zur Zeit der Beratungen des Parlamentarischen Rats und beim Inkrafttreten des Grundgesetzes die Reichsjustizgesetze nicht mehr einheitlich galten und daß damals ein dem Reichsgericht vergleichbares Revisionsgericht für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht bestand. Das ändert jedoch nichts daran, daß die seit Jahrzehnten geltenden Bestimmungen insbesondere der Zivilprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht aufgehoben waren. Sie waren gegenstandslos, wären aber mit Einrichtung des im Grundgesetz vorgesehenen oberen Bundesgerichts für das Gebiet der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Art. 96 Abs. 1 GG) wieder anwendbar geworden. Hätte der Grundgesetzgeber die überkommene Regelung ändern wollen, so hätte er dies deutlich zu erkennen gegeben (vgl. BGHZ 6, 147 [153]; BAG 4, 346 [348]).
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Der ersten Lesung des Art. 96 Abs. 1 GG (damals Art. 129 Abs. 1) im Hauptausschuß des Parlamentarischen Rats lag zwar eine Fassung zugrunde, nach der die Bundesgerichte entsprechend dem Vorschlag des Verfassungskonvents von Herrenchiemsee auf die Anwendung von Bundesrecht beschränkt waren (vgl. JöR NF Bd. 1 S. 707 ff.; ParlRat, Hauptausschuß, StenoProt. S. 281). Diese Fassung wurde - von unbedeutenden redaktionellen Änderungen abgesehen - vom Hauptausschuß auch angenommen. Zur Vorbereitung der zweiten Lesung im Hauptausschuß schlug jedoch der Allgemeine Redaktionsausschuß eine erheblich abweichende Fassung vor. Von einer Beschränkung der Bundesgerichte auf die Anwendung von Bundesrecht war nicht mehr die Rede (vgl. JöR NF Bd. 1 S. 712). Eine solche Beschränkung findet sich auch in den späteren Entwürfen nicht mehr; ebenso fehlt sie im Wortlaut des Art. 96 Abs. 1 GG.
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Der Abgeordnete Zinn hat zwar in der 10. Sitzung des Rechtspflege-Ausschusses am 11. Januar 1949 ausgeführt, daß das Bundesverwaltungsgericht nur über Bundesrecht entscheiden werde (ParlRat, 10. Sitzung des Rechtspflege-Ausschusses, StenoProt. S. 29). Er hat dies bei der zweiten Lesung des Art. 129 Abs. 1, des späteren Art. 96 Abs. 1 GG, im Hauptausschuß am 13. Januar 1949 dem Sinne nach wiederholt, indem er erklärte, daß die Verwaltungsgerichtshöfe der Länder "auf dem Gebiet des reinen Landesverwaltungsrechts oberste Instanz" seien (ParlRat, Hauptausschuß, StenoProt. S. 468). Seine Erklärung, der der Abgeordnete Dr. Laforet zugestimmt hat (a.a.O. S. 468), bezieht sich aber ausdrücklich nur auf das Bundesverwaltungsgericht. Es ist sehr zweifelhaft, ob - wie die Hessische Landesregierung meint daraus, daß der Abgeordnete Zinn kurz vorher die Notwendigkeit eines einheitlichen Gerichtsaufbaus in allen Sparten der Gerichtsbarkeit betont hatte, geschlossen werden darf, daß die Erklärung für alle oberen Bundesgerichte gelten sollte. Es kommt hinzu, daß die Ausführungen des Abgeordneten Zinn nicht eindeutig erkennen lassen, ob die Beschränkung der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts als de lege ferenda wünschenswert oder als von Verfassung wegen geboten angesehen wurde. Die Bedeutung der Erklärung des Abgeordneten Zinn wird schließlich auch dadurch abgeschwächt, daß in der ersten Lesung der Bestimmung im Hauptausschuß trotz der damals ausdrücklich vorgesehenen Beschränkung der Bundesgerichte auf die Anwendung von Bundesrecht die Meinungen darüber auseinandergingen, ob der Bundesgesetzgeber das Bundesverwaltungsgericht auch für Landesrecht zur Revisionsinstanz bestimmen könne (vgl. die Äußerungen der Abgeordneten Dr. Menzel, Dr. Seebohm, Dr. Laforet und Dr. Greve, ParlRat, Hauptausschuß, StenoProt. S. 284-286).
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Mit Rücksicht auf die Änderung des Wortlauts der Entwürfe (Wegfall der Beschränkung der Bundesgerichte auf die Anwendung von Bundesrecht) und die Widersprüchlichkeit der Meinungen im Hauptausschuß kann aus der Entstehungsgeschichte nicht der Schluß gezogen werden, daß es den oberen Bundesgerichten von Verfassung wegen versagt werden sollte, Landesrecht auf Grund bundesgesetzlicher Anordnung anzuwenden (ebenso BAG 4, 346 [347]; Arndt DVBl. 1957, 566; Werthauer NJW 1957, 1387 [1389]; Zippelius DVBl. 1959, 41 [42]). Das ist übrigens auch die Ansicht der Bayerischen Staatsregierung.
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5. Der Bundesgesetzgeber ist in ständiger Praxis davon ausgegangen, daß er die Zuständigkeit der oberen Bundesgerichte auch insoweit regeln kann, als es sich um die Revisibilität von Landesrecht handelt.
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Vgl. § 549 ZPO i. V. m. § 133 GVG i. d. F. der Anlagen zum Gesetz vom 12. September 1950 (BGBl. S. 455); §§ 121, 135 GVG i. V. m. § 337 StPO i. d. F. der Anlagen zum Gesetz vom 12. September 1950 (BGBl. S. 455); §§ 1 und 2 des Gesetzes über den Bundesfinanzhof vom 29. Juni 1950 (BGBl. S.257) i. V. m. §§ 288, 302 AO; § 162 Abs. 2 SGG; §§ 73, 93 ArbGG; § 27 Abs. 1 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen vom 21. Juli 1953 (BGBl. I S. 667); vgl. auch § 79 des Entwurfs des Richtergesetzes (BT III/1957 Drucks. 516).
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Der Bundesrat hat die in seinen Ausschüssen insbesondere seitens des Vertreters Bayerns erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken - vom Fall des § 127 BRRG abgesehen, siehe oben B III 2 - nicht geteilt. Bundesgerichtshof und Bundesarbeitsgericht haben ausdrücklich (BGHZ 6, 147 [153]; BAG 4, 346 [347 ff.]), Bundesfinanzhof und Bundessozialgericht stillschweigend die Befugnis des Bundesgesetzgebers bejaht, die Anwendung von Landesrecht durch die oberen Bundesgerichte zu regeln (vgl. z. B. BFH 66, 591, 593, 595; BSG 1, 98; 2, 106; 3, 77 sowie Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 2. Aufl., Anm. 5 b und c zu § 162 SGG).
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Lediglich § 56 BVerwGG (und künftig § 137 Verwaltungsgerichtsordnung) sieht vor, daß die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nur darauf gestützt werden kann, daß die angefochtene Entscheidung auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung von Bundesrecht beruhe. Das Bundesverwaltungsgericht hat als einziges oberes Bundesgericht die Ansicht vertreten, der Bundesgesetzgeber sei nicht befugt, Bundesgerichten die Entscheidung in solchen Sachen zuzuweisen, bei denen es sich um die Anwendung von Landesrecht handelt (BVerwGE 2, 22 [23 f.]; BVerwG, Urteil vom 11. Mai 1956 DVBl. 832). Gegen die Anwendung von Landesverfahrensrecht (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 BVerwGG) hat aber auch das Bundesverwaltungsgericht keine Bedenken (BVerwGE 2, 319 [321]).
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6. Die Befugnis des Bundes, Verfassung und Verfahren der Verwaltungsgerichte zu regeln (Art. 74 Nr. 1 GG), ist also weder durch Art. 99 GG noch durch allgemeine bundesstaatliche Grundsätze eingeschränkt. Art. 99 GG will lediglich die Möglichkeit eröffnen, Zuständigkeiten von Bundesgerichten auch durch Landesgesetz zu begründen. Im übrigen ist es Sache des Bundesgesetzgebers, den Zuständigkeitskreis der oberen Bundesgerichte bezüglich des Umfangs des revisiblen Rechts zu bestimmen, und zwar auch dann, wenn es sich um die Anwendung von Landesrecht handelt.
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