Beschluß | |
des Zweiten Senats vom 11. Oktober 1966
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-- 2 BvL 15/64 -- | |
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des § 15 Absatz 2 Satz 1 des Saarländischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung vom 5. Juli 1960 (Amtsblatt Seite 558) - Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 7. Juli 1964 - 4-K 412/61.
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Entscheidungsformel:
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§ 15 Absatz 2 des Saarländischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung vom 5. Juli 1960 (Amtsblatt Seite 558) ist mit Artikel 74 Nummer 1 und Artikel 72 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 78 der Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. Januar 1960 (BGBl. I S. 17) unvereinbar und daher nichtig.
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Gründe: | |
A. -- I. | |
1. Nach den Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vom 21. Januar 1960 (BGBl. I S. 17) ist dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen ein Vorverfahren (oder Widerspruchsverfahren) vorgeschaltet (§§ 68 ff. VwGO). § 73 Abs. 1 VwGO bestimmt, welche Behörde den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat. § 73 Abs. 2 VwGO lautet:
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Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.
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Durch diese Bestimmung sind die Länder ermächtigt, auch neue Regelungen zu erlassen, nach denen im Vorverfahren Ausschüsse an die Stelle einer Behörde treten (vgl. BVerfGE 11, 192 [200 f.] sowie Schunck-de Clerck, VwGO, Anm. 10 zu § 73).
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2. Der saarländische Gesetzgeber hat von der Ermächtigung des § 73 Abs. 2 VwGO Gebrauch gemacht und in § 5 des Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung vom 5. Juli 1960 (ABl. S. 558) -- AG Saarland -- angeordnet, daß zur Entscheidung über Widersprüche im Vorverfahren, denen die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, nicht abhilft, für bestimmte Fälle bei jedem Landrat ein Kreisrechtsausschuß und in jeder kreisfreien Stadt ein Stadtrechtsausschuß gebildet wird. Der Rechtsausschuß entscheidet in der Besetzung von einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern (§ 5 Abs. 2 AG Saarland). Den Vorsitz führt der Landrat oder Oberbürgermeister. Die Beisitzer werden vom Kreisrat oder Stadtrat für die Dauer der allgemeinen Amtszeit der Räte gewählt (§§ 7, 8 AG Saarland). Die Zuständigkeit dieser Rechtsausschüsse regelt § 6 AG Saarland wie folgt:
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(1) Abweichend von § 73 Abs. 1 Satz 2 VwGO erläßt den Widerspruchsbescheid 1. der Stadtrechtsausschuß, wenn sich der Widerspruch gegen den Verwaltungsakt a) einer kreisfreien Stadt oder b) einer unteren staatlichen Verwaltungsbehörde, deren örtlicher Zuständigkeitsbereich über das Gebiet einer kreisfreien Stadt nicht hinausgeht, richtet, 2. der Kreisrechtsausschuß, wenn sich der Widerspruch gegen den Verwaltungsakt a) einer kreisangehörigen Gemeinde, b) eines Amtes, c) eines Landkreises oder d) einer unteren staatlichen Verwaltungsbehörde oder einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, deren örtlicher Zuständigkeitsbereich über das Gebiet eines Landkreises nicht hinausgeht, richtet, 3. die zuständige oberste Landesbehörde, wenn sich der Widerspruch gegen den Verwaltungsakt einer dieser obersten Landesbehörde nachgeordneten Behörde richtet, es sei denn, daß diese eine untere staatliche Verwaltungsbehörde im Sinne von Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 Buchstabe d ist. | |
(2) In kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheiten und bei Verwaltungsakten von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts im Sinne von Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe d beschränkt sich die Nachprüfung im Widerspruchsverfahren nach Absatz 1 auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes.
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Über das Verfahren vor dem Rechtsausschuß bestimmen § 14 Abs. 1 und 2 AG Saarland:
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(1) Der Rechtsausschuß entscheidet über den Widerspruch auf Grund mündlicher Verhandlung, es sei denn, daß alle Beteiligten auf die mündliche Verhandlung ausdrücklich verzichten. Die §§ 84 und 102 Abs. 2 VwGO sind entsprechend anzuwenden.
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Den Widerspruchsbescheid hat der Rechtsausschuß gleichzeitig mit der Zustellung an die Beteiligten auch dem fachlich zuständigen Minister zuzustellen (§ 14 Abs. 5 AG Saarland).
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§ 15 AG Saarland lautet:
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(1) Der fachlich zuständige Minister kann binnen einem Monat nach der Zustellung (§ 14 Abs. 5) durch Klageerhebung die Entscheidung des Verwaltungsgerichts herbeiführen, wenn er geltend macht, daß der Widerspruchsbescheid des Rechtsausschusses auf einer Rechtsverletzung oder auf Ermessensmißbrauch beruht (Aufsichtsklage).
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(2) Die Klage ist gegen den Beteiligten zu richten, der durch den Widerspruchsbescheid begünstigt ist. Die übrigen Beteiligten haben die Stellung eines Beigeladenen.
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(3) Die Aufsichtsklage hat aufschiebende Wirkung.
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(4) Wird der Widerspruchsbescheid von einem Beteiligten oder von einem durch ihn erstmalig beschwerten Dritten fristgerecht mit Klage angefochten, so gilt die Aufsichtsklage, soweit sie hierdurch gegenstandslos wird, als zurückgenommen.
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II.
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1. Im Ausgangsverfahren klagt der Saarländische Minister für Arbeit und Sozialwesen (Kläger) mit der Aufsichtsklage nach § 15 AG Saarland vor dem Verwaltungsgericht des Saarlandes gegen einen Rentner (Beklagten), der durch einen Widerspruchsbescheid des Rechtsausschusses der Stadt Saarbrücken begünstigt worden ist.
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Das Sozialamt der im Ausgangsverfahren beigeladenen Stadt Saarbrücken hatte dem Beklagten mit Wirkung vom 1. Dezember 1960 Sozialrentnerhilfe nach dem saarländischen Gesetz über Gewährung einer staatlichen Sozialrentnerhilfe vom 7. November 1952 in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 1953 (ABl. S. 708) und des Änderungsgesetzes vom 7. Juli 1954 (ABl. S. 834) -- SRHG -- gewährt. Mit dem Bescheid vom 26. Juni 1961 wurde die Sozialrentnerhilfe gekürzt und der Beklagte zur Rückzahlung von 310 DM überbezahlter Rentnerhilfe aufgefordert. Die Rückforderung wurde damit begründet, daß der Beklagte nicht mitgeteilt habe, daß seine Tochter, die mit ihm in Haushaltsgemeinschaft lebt, den Arbeitsplatz gewechselt habe und ein höheres Einkommen beziehe. Auch das Einkommen der Tochter sei maßgeblich für die Berechnung der Sozialrentnerhilfe.
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Auf den gegen die Rückzahlungsforderung gerichteten Widerspruch des Beklagten hob der Rechtsausschuß der Stadt Saarbrücken aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28. Juli 1961 den Rückforderungsbescheid auf. Dem Beklagten sei nicht zu widerlegen, daß er bereits im Dezember 1960 darauf hingewiesen habe, seine Tochter werde ihren Arbeitsplatz wechseln. Nach den anerkannten Grundsätzen über den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte könne die zuviel gezahlte Sozialrentnerhilfe nicht zurückverlangt werden.
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Der Saarländische Minister für Arbeit und Sozialwesen macht mit der Aufsichtsklage geltend, der Stadtrechtsausschuß habe den Rückforderungsbescheid zu Unrecht aufgehoben. Der Minister hat beantragt, den Widerspruchsbescheid aufzuheben. Er hat vorgetragen, der Beklagte habe den Arbeitsplatzwechsel seiner Tochter und die damit verbundene Erhöhung ihres Einkommens pflichtwidrig nicht angezeigt. Der Beklagte hat die gegenteilige Behauptung aufrechterhalten.
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2. Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes hat durch Beschluß vom 7. Juli 1964 das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht aufgrund von Art. 100 Abs. 1 Satz 2 (2. Fall) GG die Frage vorgelegt,
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ob die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Satz 1 des Saarländischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung vom 5. Juli 1960 (ABl. S. 558), nach der die Aufsichtsklage gegen den Beteiligten zu richten ist, der durch den Widerspruchsbescheid begünstigt ist, mit der Verwaltungsgerichtsordnung -- insbesondere mit § 78 Abs. 1 VwGO -- zu vereinbaren ist.
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Das Verwaltungsgericht ist nach Beweisaufnahme davon überzeugt, daß der Beklagte seiner Pflicht nicht nachgekommen sei, die für die Berechnung der Sozialrentnerhilfe maßgeblichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse (§§ 4, 5 SRHG) und deren Änderungen vollständig und wahrheitsgetreu anzugeben. Die Rückzahlungsforderung sei begründet, die angefochtene Entscheidung des Stadtrechtsausschusses rechtswidrig.
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Das Gericht sieht sich jedoch gehindert, der Klage stattzugeben, weil seiner Auffassung nach die Klage nicht gegen den richtigen Beklagten gerichtet ist. Auf eine Klageänderung (Parteiwechsel auf der Beklagtenseite) dürfe das Gericht nicht hinwirken, da die Klage insoweit dem § 15 Abs. 2 Satz 1 AG Saarland entspreche. Seine Entscheidung sei deshalb davon abhängig, ob § 15 Abs. 2 Satz 1 AG Saarland mit der bundesrechtlichen Regelung der Verwaltungsgerichtsordnung vereinbar sei.
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Gegen die Zulässigkeit der Aufsichtsklage als solcher bestünden keine Bedenken. Die in § 15 Abs. 1 AG Saarland statuierte Klagebefugnis des fachlich zuständigen Ministers entspreche dem System der Verwaltungsgerichtsordnung. Zwar könne nicht gesagt werden, daß die Mitwirkung von Ausschüssen im Vorverfahren (§ 73 Abs. 2 VwGO, §§ 5 ff. AG Saarland) die Aufsichtsklage impliziere. Die Aufsichtsklage sei jedoch als eine Sonderform der Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 2 VwGO auch aufgrund landesgesetzlicher Bestimmungen unabhängig von einer individuellen Rechtsverletzung zulässig. Die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO in § 15 Abs. 1 AG Saarland geregelte Klagebefugnis könne gemäß § 61 Nr. 3 VwGO auch einer Behörde eingeräumt werden.
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Jedoch widerspreche § 15 Abs. 2 Satz 1 AG Saarland dem § 78 VwGO, der abschließend bestimme, gegen wen die Anfechtungsklage zu richten sei. Der Landesgesetzgeber werde in § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nur ermächtigt zu bestimmen, daß die Klage -- abweichend von Abs. 1 Nr. 1 -- auch gegen die entscheidende Behörde selbst gerichtet werden könne. Die in § 15 Abs. 2 Satz 1 AG Saarland getroffene Regelung der Passivlegitimation liege daher nicht im Rahmen der bundesgesetzlichen Ermächtigung und sei ungültig. Dem könne nicht entgegengehalten werden, daß die Rechtsausschüsse aus dem üblichen Behördenaufbau ausgegliedert seien und daß ihnen eine gerichtsähnliche Stellung zukomme mit der Folge, daß die Aufsichtsklage einer Berufung gleichzusetzen und derjenige, der Widerspruch erhoben habe, als Berufungsbeklagter anzusehen sei. Eine derartige Erwägung könne nicht entscheidend sein, weil die Verwaltungsgerichtsordnung vorschreibe, daß Klagen gegen Widerspruchsbescheide grundsätzlich gegen die Körperschaft, der die Widerspruchsbehörde zugehöre (§ 78 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 79 Abs. 2), oder -- bei landesgesetzlicher Bestimmung -- gegen die Widerspruchsbehörde selbst (§ 78 Abs. 1 Nr. 2) zu richten seien, niemals aber gegen den vom Widerspruchsbescheid Begünstigten.
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Die Ungültigkeit des § 15 Abs. 2 Satz 1 AG Saarland lasse jedoch die Regelung der Aufsichtsklage in § 15 Abs. 1 AG Saarland unberührt. Für diese Klage gälten die Bestimmungen der §§ 78, 65 VwGO.
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III.
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Die Verfassungsorgane des Bundes und des Saarlandes sowie die am Ausgangsverfahren Beteiligten haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten (§§ 82 Abs. 1, 77, 82 Abs. 3 BVerfGG); das Bundesverwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes sind um Mitteilungen gemäß § 82 Abs. 4 Satz 1 und 2 BVerfGG ersucht worden. Geäußert haben sich nur der Bundesminister des Innern und der Beklagte des Ausgangsverfahrens sowie das Bundesverwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes.
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1. Der Bundesminister des Innern betont, daß der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz zur Regelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch den Erlaß der Verwaltungsgerichtsordnung in einem umfassenden Sinn Gebrauch gemacht habe. Für eine landesgesetzliche Regelung bleibe nur noch insoweit Raum, als dies in der Verwaltungsgerichtsordnung ausdrücklich bestimmt sei.
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Der Bundesminister hält übereinstimmend mit dem vorlegenden Gericht zwar die Aufsichtsklage als solche für vereinbar mit der Verwaltungsgerichtsordnung, jedoch § 15 Abs. 2 Satz 1 AG Saarland für unvereinbar mit § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Da mit der Aufsichtsklage die Aufhebung eines Verwaltungsakts (des Widerspruchsbescheids) erstrebt werde, sei die Klage eine Anfechtungsklage, bei der der Landesgesetzgeber in Einklang mit § 42 Abs. 2 VwGO zwar vom Erfordernis der individuellen Rechtsbeeinträchtigung, nicht aber von der bundesgesetzlichen Regelung der Passivlegitimation (§ 78 VwGO) abweichen könne. Da der saarländische Gesetzgeber die ihm in § 78 Abs. 1 Nr. 2 und § 185 Abs. 2 VwGO erteilte Ermächtigung überschritten und die Passivlegitimation bei der Aufsichtsklage abweichend geregelt habe, sei § 15 Abs. 2 Satz 1 AG Saarland mit der Verwaltungsgerichtsordnung nicht vereinbar.
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2. Auch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist § 15 AG Saarland mit § 78 VwGO nicht vereinbar. Die auf Aufhebung eines Widerspruchsbescheids gerichtete Klage sei gegen die in § 78 VwGO angeführten Beklagten zu erheben; der Begünstigte sei gegebenenfalls beizuladen (§ 65 VwGO). § 15 AG Saarland verkehre diese Regelung, indem er der Widerspruchsbehörde die Rolle des Beigeladenen zuweise (§ 15 Abs. 2 Satz 2), während die Aufhebung des Widerspruchsbescheids entgegen dem System der Verwaltungsgerichtsordnung nicht von der Behörde, die den Bescheid erlassen habe, sondern vom begünstigten Bürger verlangt werde. Zu einer derart von der Verwaltungsgerichtsordnung abweichenden Regelung sei der Landesgesetzgeber nicht ermächtigt.
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Ferner sei zu beachten, daß es sich bei der Aufsichtsklage der Sache nach um die Ausübung von Aufsicht oder Dienstaufsicht handle, die hier in die Form einer besonderen Klage gepreßt worden sei. § 15 AG Saarland vermische systemwidrig die Aufgaben der Staatsaufsicht über Verwaltungsbehörden mit denen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes. Die Regelung begegne verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Grundsätze der Trennung der Gewalten und der Ministerverantwortlichkeit (Art. 20, 28, 65 GG). Einer abschließenden Erörterung dieser Fragen bedürfe es jedoch nicht, da § 15 Abs. 2 AG Saarland jedenfalls mit § 78 VwGO nicht vereinbar sei.
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Es sei schließlich angezeigt, die Aufsichtsklage unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses zu betrachten. Unabhängig davon, ob die Rechtsausschüsse eigene oder übertragene Aufgaben des Kreises erfüllten, seien ihre Entscheidungen im Rahmen der den Aufsichtsbehörden zustehenden Befugnisse aufhebbar. Das Verhältnis von Aufsichtsmaßnahmen und Aufsichtsklage lasse das Saarländische Ausführungsgesetz ungeregelt. Solange die einfachere Möglichkeit bestehe, unrichtige Widerspruchsbescheide durch Maßnahmen der Aufsicht außer Kraft zu setzen, bedürfe es keiner besonderen Klage.
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3. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat dargelegt:
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Gehe man mit dem Vorlagebeschluß davon aus, daß die Aufsichtsklage eine Anfechtungsklage im Sinne von §§ 42, 68 ff. VwGO sei, so folge daraus, daß sie gemäß § 78 Abs. 1 VwGO nicht gegen den Beteiligten gerichtet werden dürfe, der durch den Widerspruchsbescheid begünstigt sei. Dann sei § 15 Abs. 2 AG Saarland zweifelsfrei mit § 78 Abs. 1 VwGO nicht vereinbar.
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Der Landesgesetzgeber sei jedoch bei Erlaß des Saarländischen Ausführungsgesetzes wohl von einem anderen Gesichtspunkt ausgegangen. Da es mit dem Wesen der öffentlichen Ordnung unvereinbar erscheine, gesetzwidrige Verwaltungsakte hinzunehmen, auch wenn es sich um Entscheidungen eines Rechtsausschusses handle, habe der Landesgesetzgeber angenommen, daß die Aufsichtsbehörde grundsätzlich berechtigt sei, auch die Widerspruchsbescheide der Rechtsausschüsse durch eine Verfügung der Aufsichtsbehörde außer Kraft zu setzen. Er habe es jedoch aus rechtsstaatlichen Gründen und aus Zweckmäßigkeitsgründen für opportun gehalten, bei begünstigenden Verwaltungsakten eines Rechtsausschusses eine besondere landesgesetzliche Regelung zu treffen, nämlich die des § 15 AG Saarland. Mit der Bestimmung, daß die Aufsichtsklage gegen den durch den Widerspruchsbescheid Begünstigten zu richten sei, habe der Landesgesetzgeber im Interesse des Vertrauensschutzes des Begünstigten ein Einschreiten der zuständigen obersten Landesbehörde auf den befristeten Klageweg beschränkt. Diese lediglich im Interesse des Begünstigten getroffene besondere Regelung lasse die Erwägung zu, daß die Aufsichtsklage des § 15 AG Saarland als Klage sui generis und nicht als Anfechtungsklage im Sinne von § 42 VwGO anzusehen sei. Es bestünden keine Bedenken dagegen, sie als öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art zu verstehen. Folge man dieser Ansicht, so sei ein Verstoß gegen das Klagensystem der Verwaltungsgerichtsordnung und damit die Unvereinbarkeit des § 15 Abs. 2 AG Saarland mit Bundesrecht nicht feststellbar.
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4. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens hat lediglich dargelegt, warum seiner Ansicht nach die gegen ihn gerichtete Aufsichtsklage aus sachlichen Gründen abgewiesen werden müsse.
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Die Vorlage ist zulässig.
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Das Verwaltungsgericht will bei Gültigkeit von § 15 Abs. 2 Satz 1 AG Saarland der Aufsichtsklage wegen Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheids stattgeben, im Falle der Ungültigkeit dieser Vorschrift die Klage jedoch abweisen, weil sie dann nicht gegen den richtigen Beklagten gerichtet ist. Das Gericht sieht sich durch die zur Prüfung gestellte Norm daran gehindert, auf eine Klageänderung, nämlich auf einen Parteiwechsel auf der Beklagtenseite hinzuwirken.
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Das Gericht läßt unerörtert, ob im Falle der Gültigkeit von § 15 Abs. 2 Satz 1 AG Saarland die Aufsichtsklage nicht gleichfalls -- und zwar wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses -- abzuweisen und der Kläger auf den einfacheren Weg zu verweisen wäre, als Aufsichtsbehörde den seiner Ansicht nach rechtswidrigen Widerspruchsbescheid aufzuheben. Aus den Gründen des Vorlagebeschlusses wird jedoch hinreichend deutlich, daß das Verwaltungsgericht bei Gültigkeit von § 15 Abs. 2 Satz 1 AG Saarland die Voraussetzungen einer Sachentscheidung und also auch das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers bejahen würde. Das Gericht geht davon aus, daß nach saarländischem Recht die oberste Landesbehörde gegen Widerspruchsbescheide eines Rechtsausschusses nur mit der Aufsichtsklage vorgehen kann, daß also diese Klage die den übergeordneten Behörden sonst zur Verfügung stehenden Eingriffsmöglichkeiten ersetzt und ausschließt. Diese Rechtsauffassung ist keineswegs offensichtlich unhaltbar.
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§ 15 Abs. 2 AG Saarland ist mit Art. 74 Nr. 1 und Art. 72 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 78 VwGO nicht vereinbar.
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1. § 15 AG Saarland regelt das verwaltungsgerichtliche Verfahren, nicht das Vorverfahren. Nach Art. 74 Nr. 1 GG hat der Bund die Kompetenz, Verfassung und Verfahren auch der Verwaltungsgerichte zu regeln (BVerfGE 10, 285 [292, 301]). Von dieser Kompetenz hat der Bund durch Erlaß der Verwaltungsgerichtsordnung Gebrauch gemacht. Landesrechtliche Regelungen des Verwaltungsprozeßrechts sind grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die bundesgesetzliche Regelung dieses Sachbereichs erschöpfend ist (Art. 72 Abs. 1 GG; vgl. BVerfGE 2, 232 [235]; 7, 342 [347]; 18, 407 [415]). Eine Gesamtwürdigung der Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung ergibt, daß der Bund durch sie das verwaltungsgerichtliche Verfahren erschöpfend geregelt hat (vgl. BVerfGE 1, 283 [296]; 7, 244 [259]; 7, 342 [347]).
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Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Erlaß der Verwaltungsgerichtsordnung das Ziel verfolgt, die Rechtszersplitterung auf dem Gebiet des verwaltungsgerichtlichen Verfahrensrechts, die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes bestand und seitdem fortgeschritten war, "zu beseitigen und Verfassung und Verfahren der Verwaltungsgerichte im Sinne eines einheitlichen Prozeßrechts zu regeln" (so der Schriftliche Bericht des Rechtsausschusses des Bundestags zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. III/1094 S. 2, ebenso die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. III/55 S. 25). Der Gesetzgeber hat damit Aufgaben erfüllt, "die dem Bund durch die Art. 74 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG für das Gebiet des Prozeßrechts gestellt sind" (Bericht des Rechtsausschusses a.a.O.).
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Die Verwaltungsgerichtsordnung normiert das verwaltungsgerichtliche Verfahren umfassend, sei es durch eigene Vorschriften, sei es durch Verweisungen. Zur Ergänzung der in der Verwaltungsgerichtsordnung selbst enthaltenen Regelungen verweist das Gesetz an zahlreichen Stellen auf andere bundesrechtliche Bestimmungen, insbesondere auf einzelne Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Zivilprozeßordnung (vgl. §§ 54, 55, 57 Abs. 2, 62 Abs. 3, 64, 98, 123 Abs. 3 und 4, 153, 159, 166, 167 Abs. 1 VwGO). Darüber hinaus sind nach Maßgabe von § 173 VwGO ganz allgemein das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, soweit die Verwaltungsgerichtsordnung keine Bestimmungen über das Verfahren enthält. Für Zustellungen gilt nach § 56 Abs. 2 VwGO das Verwaltungszustellungsgesetz vom 3. Juli 1952 (BGBl. I S. 379), für die Vollstreckung zugunsten der öffentlichen Hand nach § 169 Abs. 1 Satz 1 VwGO das Verwaltungsvollstreckungsgesetz vom 27. April 1953 (BGBl. I S. 157), für die Gerichtskosten gelten gemäß § 189 VwGO zunächst die bisher anzuwendenden Bestimmungen weiter. Insgesamt gesehen lassen die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung eindeutig erkennen, daß das Gesetz eine erschöpfende Regelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vornimmt. Dem entspricht es, daß § 195 Abs. 2 VwGO (vgl. auch § 77 VwGO) nahezu alle früheren landesrechtlichen Vorschriften, die den gleichen Gegenstand wie die Verwaltungsgerichtsordnung regeln, aufhebt.
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Die Verwaltungsgerichtsordnung enthält zahlreiche Vorschriften, die es dem Landesgesetzgeber für einzelne Fragen vorbehalten, ergänzende oder von der Verwaltungsgerichtsordnung abweichende Regelungen zu treffen (vgl. §§ 34, 40 Abs. 1 Satz 2, 42 Abs. 2, 47, 73 Abs. 2, 78 Abs. 1 Nr. 2, 131 Abs. 1 Satz 2, 145, 183, 185 Abs. 2, 187 Abs. 2 und 3, 189 Abs. 2, 195 Abs. 2). Den Ländern wird ferner durch §§ 187 Abs. 1 und 193 VwGO die Möglichkeit eingeräumt, den Verwaltungsgerichten über ihre Zuständigkeiten nach der Verwaltungsgerichtsordnung hinaus bestimmte weitere Rechtsprechungsaufgaben zu übertragen. Diese ins einzelne gehenden und differenzierten Vorbehalte zugunsten des Landesgesetzgebers bestätigen, daß die Verwaltungsgerichtsordnung das Verwaltungsprozeßrecht erschöpfend regeln wollte und geregelt hat. Die Tatsache, daß die Verwaltungsgerichtsordnung eine Frage nicht behandelt, kann demgemäß nicht dahin gedeutet werden, daß der Bundesgesetzgeber von seiner Kompetenz keinen Gebrauch gemacht hat.
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Die erschöpfende bundesrechtliche Regelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens schließt also landesgesetzliche Regelungen dieses Sachgebiets grundsätzlich aus, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese landesrechtlichen Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung widerstreiten oder sie nur ergänzen, ohne ihr sachlich zu widersprechen (vgl. v. Mangoldt-Klein, Grundgesetz, Anm. III 2 e zu Art. 72 GG, S. 1437).
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Diesem Ergebnis kann nicht entgegengehalten werden, daß die Generalklausel des § 40 Abs. 1 VwGO den Verwaltungsrechtsweg für alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art öffne und daß die Länder befugt seien, für die Erledigung solcher Streitigkeiten über die in der Verwaltungsgerichtsordnung vorgesehenen Klagearten (Gestaltungs-, Leistungs- und Feststellungsklagen, vgl. §§ 42, 43 VwGO) hinaus Klagetypen sui generis einzuführen, ohne bei der Ausgestaltung solcher Klagen an die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (z.B. über Fristen für die Erhebung der Klage oder über den richtigen Beklagten) gebunden zu sein.
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Die Verwaltungsgerichtsordnung enthält zwar, anders als der Regierungsentwurf (BT-Drucks. III/55), keine Vorschrift, die die zulässigen Klagearten aufzählt. § 40 des Regierungsentwurfs, demzufolge Rechtsschutz nur mit der Gestaltungs-, Feststellungs- und Leistungsklage begehrt werden konnte, wurde vom Bundestag auf Vorschlag seines Rechtsausschusses nicht in das Gesetz übernommen. Maßgebend hierfür war u.a. die Befürchtung, ein starres Schema von Klagearten könne die Gerichte, die die Verwaltungsgerichtsordnung auszulegen und ihre Regelungen fortzubilden hätten, hinsichtlich der Beurteilung der Zulässigkeit von Klagen allzusehr einengen (vgl. den Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. III/1094 S. 5, sowie Schäfer, DVBl. 1960, 837 ff.).
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Das Fehlen einer die zulässigen Klagearten ausdrücklich aufzählenden Bestimmung enthält jedoch keinen stillschweigenden Vorbehalt zugunsten des Landesgesetzgebers. Es ändert nichts daran, daß die Verwaltungsgerichtsordnung das Verwaltungsprozeßrecht erschöpfend geregelt hat. Deshalb ist es den Ländern grundsätzlich verwehrt, neue Klagearten einzuführen, die abweichend von den Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung ausgestaltet sind.
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2. Auch bei umfassender und erschöpfender Regelung eines Gegenstandes der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz durch den Bund sind landesrechtliche Regelungen jedoch insoweit zulässig, als das Bundesrecht Vorbehalte zugunsten der Landesgesetzgebung enthält. Die in § 15 Abs. 2 Satz 1 AG Saarland getroffene Regelung wird jedoch nicht durch die Vorbehalte gedeckt, durch die die Verwaltungsgerichtsordnung die Regelung einzelner Fragen dem Landesgesetzgeber überlassen hat.
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a) Es wird die Ansicht vertreten, die Aufsichtsklage sei nicht als Anfechtungsklage (§ 42 VwGO), sondern als eine Klage besonderer Art, nämlich als eine Art Organ- oder Parteistreitigkeit, als eine Art In-sich-Prozeß der Verwaltung zu charakterisieren (Koehler, Verwaltungsgerichtsordnung, Anm. IX 4 zu § 73, und Ergänzungsband 1962 S. 158 Nr. 6; vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. Januar 1964, AS Bd. 9 S. 130 ff. für die Aufsichts- oder Beanstandungsklage nach § 17 AG Rheinland-Pfalz). Zu ihrer Einführung sei der Landesgesetzgeber durch § 73 Abs. 2 in Verbindung mit § 195 Abs. 2 VwGO ermächtigt. Bei der Ausgestaltung dieser Klage sui generis seien die Länder eben deshalb, weil es sich nicht um eine Anfechtungsklage handle, nicht gebunden an die Regelungen, die die Verwaltungsgerichtsordnung hinsichtlich der Klagebefugnis, der Klagefristen und der Frage, gegen wen die Klage zu richten sei, für die Anfechtungsklage getroffen habe.
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Diese ausdehnende Auslegung des in § 73 Abs. 2 VwGO enthaltenen Vorbehalts zugunsten des Landesgesetzgebers steht mit Wortlaut und Sinn dieser Vorschrift nicht in Einklang.
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aa) Seinem Wortlaut nach enthält § 73 Abs. 2 VwGO lediglich eine Ermächtigung zu einer von § 73 Abs. 1 VwGO abweichenden Regelung des Vorverfahrens, nicht aber eine Ermächtigung zur Regelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Der Hinweis darauf, daß es ohne die Aufsichtsklage an einer Möglichkeit fehlen würde, rechtswidrige Widerspruchsbescheide der Rechtsausschüsse zu beseitigen, ist nicht zwingend. Es kann dahingestellt bleiben, ob nach dem zur Zeit im Saarland geltenden Recht rechtswidrige Bescheide dieser Ausschüsse nur mit Hilfe der Aufsichtsklage aufgehoben werden können. Eine unzureichende landesrechtliche Regelung der Aufsicht über die Tätigkeit der Rechtsausschüsse kann nicht dazu führen, einen bundesrechtlichen Vorbehalt entgegen seinem Wortlaut ausdehnend zugunsten des Landesgesetzgebers auszulegen.
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Ebensowenig verfängt der Hinweis darauf, daß die Rechtsausschüsse gerichtlichen Instanzen gleichzuachten seien mit der Folge, daß die Aufsichtsklage als eine Art Rechtsmittel, wie auch sonst üblich, gegen denjenigen zu richten sei, der durch die Entscheidung der Vorinstanz begünstigt wurde. Die nach §§ 5 ff. AG Saarland gebildeten Rechtsausschüsse sind keine gerichtlichen Instanzen oder einem Gericht gleichzuachtende Spruchkörper. Zwar sind die Ausschüsse nicht in der sonst üblichen Weise der Verwaltung eingegliedert. Insbesondere das Verfahren vor dem Ausschuß, der grundsätzlich nach mündlicher Verhandlung entscheidet, wird in § 14 AG Saarland einem gerichtsförmigen Verfahren angenähert. Gleichwohl gehören die Ausschüsse nicht zur rechtsprechenden Gewalt; sie bleiben Teil der inneren Verwaltung (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, AS Bd. 9 S. 131 f.). Im Unterschied zu sonstigen Verwaltungsbehörden ist ihnen jedoch nicht die Erledigung kontinuierlich anfallender Verwaltungsaufgaben zugewiesen, sondern die Aufgabe, in einem mit besonderen Garantien ausgestatteten Widerspruchsverfahren eine Art Selbstkontrolle der Verwaltung vorzunehmen. Maßgebend bleibt, daß ihre Entscheidungen Widerspruchsbescheide, also Verwaltungsakte, sind.
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Die ausdehnende Auslegung des § 73 Abs. 2 VwGO dahin, der Landesgesetzgeber sei durch diese Vorschrift zur Einführung und freien Ausgestaltung einer in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht vorgesehenen Klage sui generis ermächtigt, kann weiterhin auch nicht darauf gestützt werden, daß die Regelung des § 15 AG Saarland die Aufsichtsbehörde im Interesse des durch den Widerspruchsbescheid Begünstigten auf den befristeten Klageweg verweise. Denn die nachzuprüfende Bestimmung des § 15 Abs. 2 Satz 1 AG Saarland, die den Begünstigten in die Rolle des Beklagten verweist, kann nicht mit dem Grundsatz gerechtfertigt werden, das Vertrauen in den Bestand begünstigter Verwaltungsakte sei schutzwürdig.
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Schließlich kann auch die Entstehungsgeschichte des § 73 Abs. 2 VwGO (vgl. Koehler, a.a.O.) nicht die Ansicht rechtfertigen, diese Bestimmung enthalte einen Vorbehalt für den Landesgesetzgeber zur freien Ausgestaltung einer Klage besonderer Art. Für die Auslegung von § 73 Abs. 2 VwGO kann es nicht maßgebend sein, welche Meinung in einem Unterausschuß eines Ausschusses des Bundesrats von dessen Mitgliedern und vom Vertreter der Bundesregierung geäußert worden ist, sofern nicht diese Meinung dem Wortlaut und dem Sinn der Vorschrift entnommen werden kann.
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Nach Wortlaut und Sinn des § 73 Abs. 2 VwGO kann also nicht angenommen werden, daß dieser Vorbehalt den Landesgesetzgeber ermächtige, abweichend vom System der Verwaltungsgerichtsordnung eine Klage der Aufsichtsbehörde gegen den Bürger vorzusehen, der durch den Verwaltungsakt begünstigt wurde, aber nicht in der Lage ist, den beanstandeten Akt zu beseitigen.
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bb) Es kann dahingestellt bleiben, ob § 73 Abs. 2 VwGO eine Ermächtigung des Landesgesetzgebers impliziert, die Aufsichtsklage einzuführen, oder ob die vom Bundesverwaltungsgericht angeführten Bedenken gegen diese Art der Aufsicht in Form einer verwaltungsgerichtlichen Klage begründet sind. Denn jedenfalls könnte § 73 Abs. 2 VwGO ausdehnend nur dahin ausgelegt werden, daß der Landesgesetzgeber "kraft Sachzusammenhangs" mit der Befugnis zur Schaffung nichtweisungsgebundener Ausschüsse, die über den Widerspruch entscheiden, zugleich befugt sei, für die Beseitigung rechtswidriger Widerspruchsbescheide eine Klage der Aufsichtsbehörde vorzusehen. Das bedeutet aber, daß der Landesgesetzgeber nach § 73 Abs. 2 VwGO allenfalls befugt ist, die Klagebefugnis für diese Klage auch solchen Stellen einzuräumen, die nicht geltend machen können, durch den Widerspruchsbescheid in ihren Rechten verletzt zu sein. Eine Ermächtigung zu einer von den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung auch in anderer Hinsicht abweichenden Ausgestaltung dieser Klage kann dem § 73 Abs. 2 VwGO keinesfalls entnommen werden.
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b) Ermächtigt also § 73 Abs. 2 VwGO den Landesgesetzgeber nicht dazu, die Aufsichtsklage -- ihre Zulässigkeit unterstellt -- als Klage sui generis frei auszugestalten, sondern allenfalls dazu, für diese Klage bei der Klagebefugnis von einer individuellen Rechtsverletzung abzusehen, so ist der Landesgesetzgeber gehalten, diese Klage im übrigen nach Maßgabe der Klageart zu regeln, die die Verwaltungsgerichtsordnung für Gestaltungsansprüche, wie die Aufsichtsbehörde sie geltend macht, vorsieht. Da die Aufsichtsklage weder Leistungs- noch Feststellungsklage, sondern eine Gestaltungsklage ist, muß sie -- wenn sie mit der Verwaltungsgerichtsordnung in Einklang stehen soll -- als Anfechtungsklage gedeutet werden können. Den der Verwaltungsgerichtsordnung sonst noch bekannten Gestaltungsklagen, etwa der Vollstreckungsgegenklage (§ 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 767 ZPO) sowie den weiteren bei Schunck-de Clerck, Anm. 1 zu § 42 VwGO, angeführten Gestaltungsklagen, kann die Aufsichtsklage keinesfalls zugeordnet werden.
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Die Aufsichtsklage kann als Anfechtungsklage charakterisiert werden. Eine Anfechtungsklage liegt vor, wenn durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt wird (§ 42 Abs. 1 VwGO). Mit der Aufsichtsklage wird die Aufhebung eines Widerspruchsbescheids verlangt (§ 15 Abs. 1 AG Saarland). Der Widerspruchsbescheid wird von der Verwaltungsgerichtsordnung als Verwaltungsakt angesehen und geregelt. Nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist Gegenstand der Anfechtungsklage "der ursprüngliche Verwaltungsakt" in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat; das heißt, daß auch der Widerspruchsbescheid, der dem Verwaltungsakt eine neue "Gestalt" gegeben hat, ein Verwaltungsakt ist. Nur wenn der Widerspruchsbescheid einen Dritten erstmalig beschwert oder "gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält", ist er ein gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt selbständiger Klagegegenstand (§ 78 Abs. 2, § 79 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 VwGO). Das ändert jedoch nichts daran, daß der Widerspruchsbescheid auch in diesen Fällen seiner Natur nach ein Verwaltungsakt ist. Die Aufsichtsklage hat also die Aufhebung eines Verwaltungsaktes zum Gegenstand. Ihre Einführung könnte auf den Vorbehalt in § 42 Abs. 2 VwGO gestützt werden. Nach dieser Vorschrift ist der Gesetzgeber, und zwar auch der Landesgesetzgeber, ermächtigt, von dem Erfordernis abzusehen, daß "die Klage nur zulässig (ist), wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt ... in seinen Rechten verletzt zu sein".
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Es ist demnach unerheblich und kann offenbleiben, ob die Befugnis des Landesgesetzgebers zur Einführung der Aufsichtsklage aus § 73 Abs. 2 VwGO oder aus § 42 Abs. 2 VwGO hergeleitet wird. Denn in jedem Fall ist der Landesgesetzgeber allenfalls befugt, den Aufsichtsbehörden die Möglichkeit zu eröffnen, mit der Aufsichtsklage die Rechtmäßigkeit der Widerspruchsbescheide der Ausschüsse zu sichern. Für diese Klage kann der Landesgesetzgeber davon dispensieren, daß der Kläger die Verletzung eigener Rechte geltend macht. Gebunden ist er aber an alle übrigen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Anfechtungsklage, also auch an die in § 78 VwGO getroffene Regelung der Frage, gegen wen die Klage zu richten ist.
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§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO sieht vor, daß die Anfechtungsklage grundsätzlich gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft zu richten ist, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat. Nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist der Landesgesetzgeber lediglich befugt zu bestimmen, daß die Klage abweichend von § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht gegen die Körperschaft, sondern gegen die Behörde selbst gerichtet wird. Ist -- wie bei der Aufsichtsklage -- allein der Widerspruchsbescheid Gegenstand der Klage, so tritt nach § 78 Abs. 2 VwGO die Widerspruchsbehörde an die Stelle der Behörde nach § 78 Abs. 1 VwGO. Sowohl im Falle von § 78 Abs. 1 VwGO als auch im Falle von § 78 Abs. 2 VwGO ist der Landesgesetzgeber darauf beschränkt, der Behörde an Stelle der Körperschaft die Beklagtenstellung zuzuweisen (§ 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Weitere Vorbehalte zugunsten des Landesgesetzgebers enthält § 78 VwGO nicht. Damit schließt die Verwaltungsgerichtsordnung aus, daß nach Landesrecht eine Anfechtungs-(Aufsichts-)klage gegen den durch den Widerspruchsbescheid Begünstigten gerichtet werden kann. § 15 Abs. 2 Satz 1 AG Saarland ist also mit der erschöpfenden bundesrechtlichen Regelung der Frage, gegen wen die Anfechtungsklage zu richten ist, nicht vereinbar (so v. Oertzen, DVBl. 1961, 650 ff. [654]; Ule, Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., zu § 78, S. 268).
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3. Die Nichtigkeit von Satz 1 des § 15 Abs. 2 AG Saarland erfaßt auch Satz 2 dieser Bestimmung. Satz 2 ist eine unselbständige Ausführungsregelung der in Satz 1 enthaltenen Grundregel, nach der der Begünstigte in die Rolle des Beklagten verwiesen wird. Hieran anknüpfend und von dieser Regelung abhängig weist Satz 2 den "übrigen Beteiligten", also in erster Linie der Widerspruchsbehörde, die Stellung eines Beigeladenen (§ 65 VwGO) kraft Gesetzes zu. § 15 Abs. 2 Satz 2 AG Saarland ist daher ein unselbständiger Teil einer Regelung, der ohne die Regel des § 15 Abs. 2 Satz 1, an die er sachlich und sprachlich anknüpft, seinen Sinn verlöre (BVerfGE 8, 274 [301]; 9, 305 [333 f.]; 15, 1 [25]).
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