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Zitiert durch:
BVerfGE 160, 284 - Verbotene Kraftfahrzeugrennen
BVerfGE 159, 355 - Schulschließungen
BVerfGE 159, 223 - Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen
BVerfGE 153, 182 - Suizidhilfe
BVerfGE 116, 202 - Tariftreueerklärung
BVerfGE 115, 276 - Sportwetten
BVerfGE 106, 62 - Altenpflegegesetz
BVerfGE 102, 197 - Spielbankengesetz Baden-Württemberg
BVerfGE 94, 115 - Sichere Herkunftsstaaten
BVerfGE 77, 84 - Arbeitnehmerüberlassung


Zitiert selbst:
BVerfGE 38, 348 - Zweckentfremdung von Wohnraum
BVerfGE 38, 61 - Leberpfennig
BVerfGE 30, 292 - Erdölbevorratung
BVerfGE 30, 250 - Absicherungsgesetz
BVerfGE 25, 1 - Mühlengesetz
BVerfGE 16, 147 - Werkfernverkehr
BVerfGE 11, 168 - Taxi-Beschluß
BVerfGE 8, 274 - Preisgesetz
BVerfGE 7, 377 - Apotheken-Urteil


A.
I.
II.
1. Die Beschwerdeführer zu 1), 2) und 4) begehren die Erteil ...
2. Die Beschwerdeführer wenden sich mit im wesentlichen glei ...
3. Das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main hat beschlossen, die Ent ...
III.
1. Wer den allgemeinen Güterfernverkehr, den Bezirksgüt ...
2. Zu den Möglichkeiten einer Auflockerung der Kontingentier ...
B.
C. – I.
II.
1. Daß in der Erhaltung des Bestandes, der Funktionsfä ...
2. Wenn sonach der Schutz der Deutschen Bundesbahn einen hinreich ...
3. Bei dieser Sachlage bedarf es im Grunde keiner näheren Un ...
III.
1. Das vom Gesetzgeber eingesetzte Mittel ist geeignet, wenn mit  ...
2. Die Beschwerdeführer bezweifeln jedoch, ob das Mittel der ...
IV.
1. Lassen sich indessen abgrenzbare Gruppen typischer Beförd ...
2. Die Beförderung von Möbeln, die kein Umzugsgut darst ...
3. Fraglich ist, ob die Sonderbehandlung des (Neu-)Möbelfern ...
V.
1. Die Deutsche Bundesbahn ist für die Gemeinschaft unentbeh ...
2. Der gewerbliche Güterfernverkehr vollzieht sich auf der S ...
VI.
VII.
Bearbeitung, zuletzt am 11.02.2025, durch: Sabrina Camenzind, A. Tschentscher
BVerfGE 40, 196 (196)1. Die Festsetzung von Höchstzahlen der Kraftfahrzeuge für den allgemeinen Güterfernverkehr nach § 9 Absatz 1 des Güterkraftverkehrsgesetzes ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
 
2. Die Festsetzung von Höchstzahlen für Fahrzeuge des Möbelfernverkehrs, die zur Beförderung von Umzugsgut eingesetzt werden, verstößt gegen Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes.
 
 
Beschluß
 
– 1 BvL 35/70; 1 BvR 307/71, 61, 255/73 und 195/75 –  
in den Verfahren I. über die Verfassungsbeschwerden 1. der Frau G... – Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Klaus Schöne, Bonn 1, Bundeskanzlerplatz A II 410 – gegen a) den Bescheid des Regierungspräsidenten in Stade vom 4. November 1970, b) den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidenten in Stade vom 19. Februar 1971 (302.6.2 – 15.11) – 1 BvR 307/71 –; 2. der B... Verwaltungsgesellschaft mbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer D... – Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Klaus Schöne, Bonn 1, Bundeskanzlerplatz A II 410 – gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg vom 16. April 1975 – VII OVG – A 65/75 – 1 BvR 195/75 –; 3. des Fuhrunternehmers M... – Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Adalbert Zierz, Schweinfurt, Albrecht-Dürer-Platz 2 – gegen a) das Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 16. Juni 1972 – OWi 277/72 –, b) den Beschluß des Bayer. Obersten Landesgerichts vom 13. November 1972 – RReg. 4 St 525/72 OWi – 1 BvR 61/73 –; 4. des Dipl.-Kaufmanns P... – Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Heinrich Kremer, Norbert Hack, Eschweiler, Kochsgasse 7 – gegen a) den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidenten in Aachen vom 16. März 1971 – 53.61/2 (jun.), b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 8. Dezember 1971 – 3 K 284/71 –, c) das urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Mai 1973 – VII C 27.72 – 1 BvR 255/73 –; II. wegen verfassungsgerichtlicher Prüfung der §§ 78 Abs. 2 Nr. 5, 9 Abs. 1 des Güterkraftverkehrsgesetzes in der Fassung vom 22. Dezember 1969 (BGBl. 1970 I S. 2), soweit diese Vorschriften den Möbelfernverkehr betreffen – Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main vom 1. Dezember 1970 (VI/2 –E– 32/69) – 1 BvL35/70 –.BVerfGE 40, 196 (196)
 
 
BVerfGE 40, 196 (197)Entscheidungsformel:
 
I.
 
1. § 9 Absatz 1 des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) in der Fassung vom 22. Dezember 1969 – Bundesgesetzbl. 1970 I S. 2 – (gleichlautend in der Fassung des Gesetzes vom 6. August 1975 – Bundesgesetzbl. I S. 2133 –) ist mit Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit sich die Festsetzung von Höchstzahlen auch auf solche Fahrzeuge des Möbelfernverkehrs erstreckt, die zur Beförderung von Umzugsgut eingesetzt werden.
 
2. Soweit § 9 Absatz 1 des Güterkraftverkehrsgesetzes nach Nummer 1 verfassungswidrig ist, verstößt auch § 78 Absatz 2 Nummer 5 des Güterkraftverkehrsgesetzes gegen Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes.
 
II.
 
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
 
 
Gründe:
 
 
A.
 
Gegenstand der zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Verfahren ist die Frage, ob die Kontingentierung (in der Form der Festsetzung von Höchstzahlen) der Genehmigungen für Kraftfahrzeuge im Straßengüterfernverkehr durch § 9 des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) vom 17. Oktober 1952 – BGBl. I S. 697 – (in der Fassung vom 22. Dezember 1969 – BGBl. 1970 I S. 2 –, in neuester Fassung bekanntgemacht am 6. August 1975 – BGBl. I S. 2133 –) mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
I.
 
Das Güterkraftverkehrsgesetz unterscheidet die Beförderung von Gütern in einem Kraftfahrzeug für andere im (gewerblichen) Güternah- und Güterfernverkehr und die Beförderung von Gütern für eigene Zwecke im Werkverkehr. Der gewerbliche Güterfernverkehr wird in § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 2 GüKG wie folgt definiert:BVerfGE 40, 196 (197)
    BVerfGE 40, 196 (198)§ 3
    (1) Güterfernverkehr ist jede Beförderung von Gütern mit einem Kraftfahrzeug für andere über die Grenzen der Nahzone hinaus oder außerhalb dieser Grenzen.
    (2) ...
    § 2
    (1) ...
    (2) Die Nahzone ist das Gebiet innerhalb eines Umkreises von fünfzig Kilometern, gerechnet in der Luftlinie vom Mittelpunkt des Standorts des Kraftfahrzeugs (Ortsmittelpunkt) aus. Zur Nahzone gehören alle Gemeinden, deren Ortsmittelpunkt innerhalb der Nahzone liegt. Sie ist für jede Gemeinde von der nach Landesrecht zuständigen Behörde öffentlich bekanntzugeben ...
Der Güterfernverkehr ist im zweiten Abschnitt des Gesetzes geordnet. Er ist genehmigungspflichtig. Im einzelnen ist dazu bestimmt:
    § 8
    (1) Güterfernverkehr im Sinne des § 3 Abs. 1 ist genehmigungspflichtig.
    (2) ...
    (3) ...
    § 9
    (1) Mit Zustimmung des Bundesrates setzt der Bundesminister für Verkehr unter Berücksichtigung des öffentlichen Verkehrsbedürfnisses und der Verkehrssicherheit auf den Straßen die Höchstzahlen der Kraftfahrzeuge für den allgemeinen Güterfernverkehr und den Bezirksgüterfernverkehr (§ 13a) sowie die Höchstzahlen der Fahrzeuge für den Möbelfernverkehr (§ 37) fest und teilt sie auf die Länder auf.
    (2) Soweit die nach Absatz 1 für die Länder festgesetzten Höchstzahlen in einem Land überschritten sind, dürfen in diesem Land Genehmigungen erst dann wieder erteilt werden, wenn und soweit die Höchstzahlen unterschritten sind. Dies gilt nicht, wenn ein Unternehmen im ganzen auf einen Dritten übertragen werden soll und die Dauer der Genehmigung nicht über die Dauer der ursprünglich erteilten Genehmigung erstreckt wird.
    § 10
    (1) Die Genehmigung kann im Rahmen des § 9 nur erteilt werden, wennBVerfGE 40, 196 (198)
    BVerfGE 40, 196 (199)1. der Unternehmer und die für die Führung der Geschäfte bestellte Person zuverlässig sind,
    2. der Unternehmer oder die für die Führung der Geschäfte bestellte Person fachlich geeignet ist und
    3. die Leistungsfähigkeit des Betriebes gewährleistet ist.
    (2)...
    (3) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn sie mit dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Güterfernverkehrs unvereinbar ist.
    § 11
    (1) Die Genehmigung wird dem Unternehmer für seine Person erteilt. Sie ist nicht übertragbar.
    (2) Die Genehmigung wird auf Zeit erteilt. Ihre Gültigkeitsdauer beträgt unbeschadet der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 2 grundsätzlich 8 Jahre.
    § 12
    (1) Die Genehmigung berechtigt den Unternehmer, ein Kraftfahrzeug im Güterfernverkehr unter folgenden Voraussetzungen einzusetzen (genehmigtes Kraftfahrzeug):
    1.-4. ...
    (2) ...
    (3) ...
    § 13
    Die Genehmigung kann unter Bedingungen, Auflagen oder mit verkehrsmäßigen Beschränkungen erteilt werden, die sich im Rahmen der verkehrswirtschaftlichen Ziele des Gesetzes halten müssen.
    § 13a
    (1) Eine verkehrsmäßige Beschränkung im Sinne des § 13 liegt insbesondere vor, wenn die Genehmigung auf den Güterfernverkehr innerhalb eines Umkreises von höchstens einhundertfünfzig Kilometern, gerechnet in der Luftlinie vom Ortsmittelpunkt des Standortes der Kraftfahrzeuge aus, die auf Grund der Genehmigung eingesetzt werden dürfen, beschränkt wird (Bezirksgenehmigung); zur Bezirkszone gehören alle Gemeinden, deren Ortsmittelpunkt innerhalb des Umkreises liegt.
    (2) ...
Im gewerblichen Güterfernverkehr sind die maßgebenden Beförderungsbedingungen, namentlich die Beförderungsentgelte,BVerfGE 40, 196 (199) BVerfGE 40, 196 (200)durch Tarife festgelegt, deren Einhaltung von der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr und von Frachtenprüfstellen überwacht wird (§§ 20 ff., 53 ff. GüKG). Eine Beförderungspflicht trifft den Unternehmer nicht.
Für den Möbelfernverkehr gelten u.a. folgende ergänzende Bestimmungen:
    § 37
    Für die Beförderung von Möbeln und Umzugsgut im Güterfernverkehr in besonders für die Möbelbeförderung eingerichteten Kraftfahrzeugen oder Anhängern (Fahrzeuge des Möbelfernverkehrs) gelten – unter entsprechender Anwendung der Vorschriften für den allgemeinen Güterfernverkehr auf die Anhänger – ergänzend die Vorschriften der §§ 38 bis 44.
    § 39
    (1) ...
    (2) Der Unternehmer des Güterfernverkehrs darf außerhalb der Nahzone keine Umzüge (Beförderung von Umzugsgut, Erbgut und Heiratsgut) durchführen. Die Beförderung einzelner Möbelstücke außerhalb eines Umzugs ist erlaubt.
    (3) ...
Über die Zurücknahme der Genehmigung ist in § 78 GüKG bestimmt:
    § 78
    (1) ...
    (2) Die Genehmigungsbehörde kann die Genehmigung zurücknehmen
    1.-4. ...
    5. wenn der Unternehmer den Fernverkehrsbetrieb nicht binnen drei Monaten nach Erteilung der Genehmigung aufgenommen oder die Genehmigung während einer Dauer von sechs Monaten nicht ausgenutzt hat,
    6. ...
    7. ...
    (3) ...
    (4) ...
Durch die Sechste Verordnung über die Höchstzahlen der Kraftfahrzeuge des Güterfernverkehrs und der Fahrzeuge desBVerfGE 40, 196 (200) BVerfGE 40, 196 (201)Möbelfernverkehrs vom 3. Juli 1970 (BGBl. I S. 1101) wurden die Kontingente letztmals erhöht und zwar auf
18 215 Kraftfahrzeuge für den allgemeinen Güterfernverkehr
6 942 Kraftfahrzeuge für den Bezirksgüterfernverkehr (§ 13a GüKG)
4 658 Kraftfahrzeuge und Anhänger für den Möbelfernverkehr.
Zugleich wurden diese Höchstzahlen auf die Länder verteilt.
Für den Werkfernverkehr hat das Gesetz vom 24. Dezember 1971 (BGBl. I S. 2149) wesentliche Änderungen gebracht. Im einzelnen gilt jetzt folgende Regelung:
    § 48
    (1) Werkverkehr ist jede Beförderung von Gütern für eigene Zwecke. Er ist nur zulässig, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
    1.-5. ...
    (2) Werkfernverkehr ist Werkverkehr außerhalb der im § 2 Abs. 2 bestimmten Zone.
    ...
    § 50
    Der Werkfernverkehr ist nicht genehmigungspflichtig. Soll ein Lastkraftwagen mit mehr als 4 t Nutzlast oder eine Zugmaschine mit einer Leistung über 55 PS verwendet werden, so darf Werkfernverkehr ... jedoch nur durchgeführt werden, wenn dem Unternehmer für das Kraftfahrzeug eine Beförderungsbescheinigung erteilt ist; ...
    § 50d
    (1) Die Beförderungsbescheinigung ist zu erteilen:
    1. ...
    2. in allen anderen Fällen, in denen
    a) die Nutzlast von Kraftfahrzeugen, für die Beförderungsbescheinigungen beantragt werden, unter Berücksichtigung der dem Antragsteller bereits erteilten oder von ihm gleichzeitig beantragten Beförderungsbescheinigungen nicht in einem offensichtlichen Mißverhältnis zu den Beförderungsleistungen steht, die der Antragsteller auszuführen hat, undBVerfGE 40, 196 (201)
    BVerfGE 40, 196 (202)b) der Antragsteller nachweist, daß er innerhalb einer Frist von zwei Monaten seit Bekanntgabe nach § 50c kein für ihn annehmbares Angebot der Deutschen Bundesbahn oder einer nichtbundeseigenen Eisenbahn des öffentlichen Verkehrs zur Durchführung seiner Güterbeförderungen erhalten hat. Ein Beförderungsangebot ist annehmbar, wenn es unter Berücksichtigung der Eigenarten des Unternehmens des Antragstellers den erforderlichen Beförderungsleistungen und den nach Gesetz oder Tarif hierfür zu berechnenden Entgelten entspricht.
    (2) Die Bundesanstalt ist berechtigt, vor der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Beförderungsbescheinigung den Antragsteller sowie die Deutsche Bundesbahn und eine nichtbundeseigene Eisenbahn des öffentlichen Verkehrs, soweit sie ein den Angaben nach § 50c Abs. 1 entsprechendes Angebot abgegeben haben (Beteiligte), zur Anhörung zu laden. Auf Antrag eines Beteiligten ist sie hierzu verpflichtet. Der Antrag ist innerhalb einer Frist von zwei Monaten seit Bekanntgabe nach § 50c bei der nach § 50b Abs. 2 zuständigen Stelle der Bundesanstalt zu stellen. Die Anhörung kann gemeinsam erfolgen und als vermittelndes Marktgespräch mit den Beteiligten geführt werden.
    § 50f
    (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Erteilung von Beförderungsbescheinigungen für die Dauer von längstens einem Jahr auszusetzen, wenn und soweit dies im öffentlichen Interesse erforderlich ist, um einer drohenden oder bereits eingetretenen Gefährdung der Ausgeglichenheit oder Funktionsfähigkeit des binnenländischen Verkehrs oder der Verkehrssicherheit auf den Straßen zu begegnen. Die Aussetzung kann bis zu einem weiteren Jahr verlängert werden, soweit die Voraussetzungen des Satzes 1 noch vorliegen. Eine weitere Aussetzung ist danach erst wieder nach Ablauf von mindestens zwei Jahren, beginnend mit dem Ende des letzten Aussetzungszeitraums, zulässig.
    (2) ...
Der Güternahverkehr (dritter Abschnitt des Gesetzes) ist nicht genehmigungs-, aber erlaubnispflichtig. Im einzelnen gilt folgendes:
    § 80
    Wer Güternahverkehr mit Lastkraftwagen mit einer Nutzlast von mehr als 750 Kilogramm oder mit Zugmaschinen gewerbsmäßigBVerfGE 40, 196 (202) BVerfGE 40, 196 (203)betreiben will (allgemeiner Güternahverkehr), bedarf der Erlaubnis. Die Erlaubnis wird dem Unternehmer für seine Person zeitlich unbeschränkt erteilt; sie kann auf Antrag auf bestimmte Beförderungsfälle beschränkt werden ...
    § 81
    Die Erlaubnis wird nur erteilt, wenn
    1. der Antragsteller und die für die Führung der Geschäfte bestellte Person zuverlässig sind,
    2. der Antragsteller oder die für die Führung der Geschäfte bestellte Person sachkundig ist und
    3. die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit des Betriebes als gewährleistet angesehen werden kann.
Gewisse Beförderungen sind allgemein vom Geltungsbereich des Güterkraftverkehrsgesetzes ausgenommen. Hierzu ist bestimmt:
    § 4
    (1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung auf
    1. die Beförderung von Gütern durch den Bund, die Länder, die Gemeinden (Gemeindeverbände) und durch andere Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer hoheitlichen Betätigung,
    2. die Beförderung von Gütern mit Krafträdern oder mit Personenkraftwagen,
    3. die Beförderung von Leichen in besonders hierfür eingerichteten und ausschließlich solchen Beförderungen dienenden Kraftfahrzeugen,
    4. die Beförderung eines einzelnen beschädigten Fahrzeugs,
    5. die Beförderung von lebenden Tieren mit Ausnahme von Schlachtvieh.
    (2) Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates weitere, im Rahmen des Gesamtverkehrs nicht ins Gewicht fallende Beförderungsfälle allgemein von den Bestimmungen dieses Gesetzes auszunehmen oder sie einer anderen Beförderungsart zuzuordnen.
Zu § 4 Abs. 2 ist die sog. Freistellungs-Verordnung (Verordnung über die Befreiung bestimmter Beförderungsfälle von den Bestimmungen des Güterkraftverkehrsgesetzes vom 29. Juli 1969 – BGBl. I S. 1022 –, zuletzt geändert durch die VerordnungBVerfGE 40, 196 (203) BVerfGE 40, 196 (204)vom 31. Mai 1974 – BGBl. I S. 1259 –) ergangen. In § 1 dieser Verordnung wird die Beförderung einer größeren Anzahl von Gütern, die sich für den Bahntransport im allgemeinen nicht eignen, von den Bestimmungen des Gesetzes ausgenommen. Nach § 2 können im Möbelfernverkehr auch elektronische Datenverarbeitungsanlagen, Sendeanlagen und Büromaschinen befördert werden.
II.
 
1. Die Beschwerdeführer zu 1), 2) und 4) begehren die Erteilung von Güterfernverkehrsgenehmigungen. Der Beschwerdeführer zu 3) wendet sich gegen die Verurteilung zu einer Geldbuße, die wegen der Durchführung unzulässiger Beförderungen gegen ihn verhängt worden ist.
a) Die Beschwerdeführerin zu 1) beantragte beim Regierungspräsidenten in Stade eine Genehmigung für den allgemeinen Güterfernverkehr. Der Antrag wurde zurückgewiesen, weil das Kontingent erschöpft sei. Eine nach erfolglosem Widerspruch beim Verwaltungsgericht Oldenburg erhobene Klage hat die Beschwerdeführerin nicht weiter betrieben. Gegen die ablehnenden Bescheide des Regierungspräsidenten richtet sich die Verfassungsbeschwerde.
b) Die Beschwerdeführerin zu 2), die im sog. Zonenrandgebiet ansässig ist, betreibt Werkfernverkehr. Da damit ihre Lastzüge nicht voll ausgelastet sind, beantragte sie die Erteilung von drei Genehmigungen für den Güterfernverkehr. Der Regierungspräsident in Hildesheim lehnte den Antrag wegen Erschöpfung des Genehmigungskontingents ab. Die Verpflichtungsklage der Klägerin wurde vom Verwaltungsgericht Hannover abgewiesen. Die Berufung an das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg blieb ohne Erfolg. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Das Oberverwaltungsgericht hält die Kontingentierung der Güterfernverkehrsgenehmigungen, auf deren Verfassungswidrigkeit die Klage ausschließlich gestützt war, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für vereinbarBVerfGE 40, 196 (204) BVerfGE 40, 196 (205)mit Art. 12 Abs. 1 GG. Die Kontingentierung sei zum Schutz der Deutschen Bundesbahn gerechtfertigt, deren Funktionsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut darstelle. Unerheblich sei es, daß die Bundesbahn den Schienengüterverkehr nach Duderstadt, dem Sitz der Beschwerdeführerin, stark eingeschränkt habe; denn ein dort bestehendes Verkehrsbedürfnis müsse nicht durch ansässige, sondern könne auch durch auswärtige Unternehmer befriedigt werden.
c) Der Beschwerdeführer zu 4) beantragte beim Regierungspräsidenten in Aachen Genehmigungen für den allgemeinen und für den Bezirksgüterfernverkehr. Der Regierungspräsident lehnte den Antrag ab und wies auch den Widerspruch zurück. Die gegen den Widerspruchsbescheid gerichtete Klage wurde vom Verwaltungsgericht Aachen abgewiesen. Die vom Beschwerdeführer eingelegte Sprungrevision hatte keinen Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hält in dem angefochtenen Urteil die Kontingentierung im Anschluß an seine bisherige Rechtsprechung (BVerwGE 3, 21; 18, 113) für verfassungsmäßig, wobei es nicht darauf ankomme, ob man einen selbständigen Beruf des Güterfernverkehrsunternehmers anerkenne oder in dieser Betätigung lediglich einen Zweig eines umfassenden Berufs "Straßenverkehrsunternehmer" erblicke.
Entstünden aus einer Unordnung im Verkehrswesen Gefahren für die staatliche Gemeinschaft, so müßten die Grundrechte Einzelner hinter die zur Gefahrenbeseitigung notwendigen Maßnahmen zurücktreten (BVerfGE 16, 147 [172]). Eine Selbstregelung der wirtschaftlichen Kräfte scheide im Verkehrswesen aus, weil ihr die gemeinwirtschaftlichen Aufgaben der Deutschen Bundesbahn entgegenstünden. Angesichts der ungleichen Ausgangsbedingungen (Beförderungspflicht und Verkehrswegelasten der Deutschen Bundesbahn) und der nicht zu entbehrenden Leistungen der Eisenbahn sei eine staatlich gelenkte Abstimmung zwischen den Aufgaben des Schienenverkehrs und des Güterkraftverkehrs unter Herstellung geordneter WettbewerbsverhältBVerfGE 40, 196 (205)BVerfGE 40, 196 (206)nisse zur gesicherten Befriedigung der öffentlichen Verkehrsbedürfnisse erforderlich. Durch Subventionen allein lasse sich dieses Ziel nicht erreichen.
Auch die Verkehrssicherheit erfordere die zahlenmäßige Begrenzung des Güterfernverkehrs mit Kraftfahrzeugen. Daß Personenwagen und Güternahverkehrsfahrzeuge zahlenmäßig nicht beschränkt seien, verstoße nicht gegen Art. 3 GG, weil von Personenkraftwagen eine erheblich geringere Gefährdung ausgehe und der Güternahverkehr nicht zu einer Vernichtungskonkurrenz für die Schiene werden könne. Ebensowenig sei der Gleichheitssatz dadurch verletzt, daß der Werkfernverkehr genehmigungsfrei sei. Denn durch die Verweigerung der Beförderungsbescheinigung (§ 50d Abs. 1 Nr. 2 GüKG) könnten die vom Werkfernverkehr ausgehenden Gefahren für die Bundesbahn und die Straßensicherheit gemindert oder sogar ausgeschlossen werden.
Die Festsetzung von Höchstzahlen der im Güterfernverkehr eingesetzten Kraftfahrzeuge sei zur Erreichung der Gesetzesziele ein geeignetes und sachlich gerechtfertigtes Mittel. Denn da der Güterfernverkehr nicht ortsgebunden sei und Aufträge im ganzen Bundesgebiet durchführen könne, scheide eine auf das konkrete Unternehmen ausgerichtete Prüfung des Verkehrsbedürfnisses aus. Die Begrenzung der Zahl der Fahrzeuge verstoße deshalb nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Gegen die aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 GüKG erlassene Höchstzahlenverordnung bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Das öffentliche Verkehrsbedürfnis und die Verkehrssicherheit seien nach dem Gesamtinhalt des Güterkraftverkehrsgesetzes und seiner Zielsetzung fest umrissene Begriffe. Der dem Verordnunggeber verbliebene Spielraum ergebe sich aus der Natur der Materie und lasse sich nicht näher eingrenzen.
d) Der Beschwerdeführer zu 3) betreibt eine Spedition mit Fuhrunternehmen. Er besitzt zwei Genehmigungen für den allgemeinen Güterfernverkehr. Im Jahre 1966 wurde ihm eine weitere Genehmigung erteilt; sie ist beschränkt auf den grenzüberBVerfGE 40, 196 (206)BVerfGE 40, 196 (207)schreitenden Verkehr mit der Maßgabe, daß in Verbindung mit jeder Auslandsfahrt, und zwar entweder auf der Hin- oder Rückfahrt, eine Beförderung im Binnenverkehr vorgenommen werden darf (§ 12 Abs. 1, § 13 GüKG in Verbindung mit der sechsten Höchstzahlenverordnung vom 3. Juli 1970 – BGBl. I S. 1101 –).
In den Monaten Juli bis Dezember 1971 führte der Beschwerdeführer mit seinen nur für den grenzüberschreitenden Verkehr zugelassenen Lastkraftwagen 65 unzulässige Inlandstransporte durch. Das Amtsgericht Würzburg verurteilte ihn deshalb wegen fortgesetzter Ordnungswidrigkeit nach § 99 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 in Verbindung mit § 13 GüKG zu einer Geldbuße von 5000 DM. Die Rechtsbeschwerde, mit der der Beschwerdeführer unter anderem auch die Verfassungswidrigkeit des § 9 GüKG geltend machte, wurde vom Bayer. Obersten Landesgericht mit dem angefochtenen Beschluß als unbegründet verworfen. Das Gericht bejahte die Verfassungsmäßigkeit der Kontingentierung des Straßengüterfernverkehrs.
2. Die Beschwerdeführer wenden sich mit im wesentlichen gleicher Begründung gegen die von ihnen angegriffenen Entscheidungen. Sie fühlen sich in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt und tragen dazu im einzelnen vor:
a) Die Regelung der Zulassung zum gewerblichen Güterfernverkehr berühre die Freiheit der Berufs wähl. Die etwa 10 000 Güterfernverkehrsunternehmer übten einen selbständigen Beruf aus. Sie seien im Bundesverband des Güterfernverkehrs organisiert. Für ihre Beförderungsleistungen gälten besondere Tarife; die unternehmerische Lage sei wesentlich verschieden von der des liberalisierten Güternahverkehrs mit seinem scharfen Wettbewerb. Der Zugang zu diesem Beruf des Güterfernverkehrsunternehmers sei vollständig gesperrt, wenn die Höchstzahlen für Genehmigungen erschöpft seien.
b) Die Festsetzung von Höchstzahlen sei nach der Stufentheorie des Bundesverfassungsgerichts unzulässig. Denn objektive Zulassungsvoraussetzungen, wie sie hier vorlägen, seienBVerfGE 40, 196 (207) BVerfGE 40, 196 (208)nur im Interesse überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter erlaubt. "Allgemeine Interessen des Verkehrs" könnten die Kontingentierung nicht begründen, denn es genüge nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 11, 168 [185]) nicht, in allgemein gehaltenen Ausführungen bei jeder Lockerung der objektiven Zulassungsvoraussetzungen "Unordnung" oder "ruinöse Auswirkungen" auf dem Gesamtgebiet des Verkehrs vorauszusagen, ohne daß die kausalen Zusammenhänge im einzelnen ersichtlich wären.
Danach könne insbesondere eine angebliche Gefährdung der Verkehrssicherheit durch die Fahrzeuge des Güterfernverkehrs nicht zur Rechtfertigung der Kontingentierung herangezogen werden. Zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit reichten die Straßenverkehrsordnung, die Straßenverkehrszulassungsordnung sowie die umfassenden Kontrollen der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr und der technischen Überwachungsvereine aus. Die ca. 30 000 Lastkraftwagen des Güterfernverkehrs hätten auch keinen überproportionellen Einfluß auf die Unfallstatistik.
Der Schutz zugelassener Güterfernverkehrsunternehmer gegen die Konkurrenz neuer Unternehmer könne den Eingriff in das Recht der freien Berufswahl nicht rechtfertigen (BVerfGE 7, 377 [408]; 11,168 [188 f.]).
Auch mit der angeblichen Notwendigkeit eines Schutzes der Interessen der Deutschen Bundesbahn könne die Kontingentierung nicht begründet werden. Die Bahn habe im Verkehrswesen keine Vorzugsstellung; auch in diesem Bereich müsse grundsätzlich freier Wettbewerb herrschen.
Die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der Bahn seien kein Grund für die Kontingentierung, wenn ein Zusammenhang zwischen dem Verkehrsaufkommen der Bahn und dem des Güterfernverkehrs nicht bewiesen werden könne. Es sei aber nicht zu beweisen, daß die Auflockerung oder Aufhebung der Kontingentierung das bisher stets gewachsene Verkehrsaufkommen der Bahn nachhaltig beeinträchtigen würde; dies sei auch bei der Kontingentsaufstockung 1964 nicht der Fall gewesen. Trotz stetigerBVerfGE 40, 196 (208) BVerfGE 40, 196 (209)Steigerung des Verkehrsaufkommens sei das Defizit der Deutschen Bundesbahn immer größer geworden. Es werde mit oder ohne Kontingentierung auch in den nächsten Jahren ansteigen, da seine wichtigste Quelle der Personalbereich mit seiner im internationalen Vergleich zu niedrigen Arbeitsproduktivität sei.
Das Mittel der Kontingentierung sei für den angestrebten Zweck auch deshalb ungeeignet, weil der gewerbliche Güterfernverkehr nur einen relativ geringen Anteil am gesamten Straßengüterverkehr habe; einem Kontingent von etwa 28 000 Genehmigungen stehe eine vielfache Zahl von Lastkraftwagen gegenüber, die im Werkfernverkehr (etwa 80 000), im Auftrag der Deutschen Bundesbahn oder vom Ausland her eingesetzt würden. Umgekehrt erfordere die aus Gründen der Rationalisierung notwendige Konzentration der Deutschen Bundesbahn auf ein Netz, das dem Massen- und dem Fernverkehr optimal diene, sogar eine gewisse Auflockerung der Kontingentierung des Güterfernverkehrs auf der Straße.
Im übrigen dürfe man nicht jedes finanzielle Interesse der Deutschen Bundesbahn als ein überragendes Gemeinschaftsgut bezeichnen. Der Wagenladungsverkehr der Deutschen Bundesbahn, zu dem der Straßengüterverkehr allein in Konkurrenz stehe, sei gewinnbringend. Lediglich der relativ unbedeutende Stückgutverkehr und der Personenverkehr der Bahn seien defizitär. Es sei aber nicht einzusehen, warum der gewerbliche Güterfernverkehr, der für das Defizit der Deutschen Bundesbahn nicht verantwortlich sei, durch scharfe Marktzugangsbeschränkungen dazu beitragen solle, dieses Defizit zu mindern.
c) Die Versagung von Genehmigungen für den Güterfernverkehr wegen Erschöpfung der Kontingente stelle auch eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG dar. Denn die dem Verkehrsminister erteilte Ermächtigung, die Höchstzahlen "unter Berücksichtigung des öffentlichen Verkehrsbedürfnisses und der Verkehrssicherheit auf den Straßen" festzusetzen, bestimme ihren Inhalt, ihren Zweck und ihr Ausmaß nicht hinreichend genau (Art. 80 Abs. 1 GG). Insbesondere sei nicht ersichtlich, nach welBVerfGE 40, 196 (209)BVerfGE 40, 196 (210)chen Maßstäben die Höchstzahlen auf die Länder verteilt werden sollten.
Die Vergabe der Genehmigungen sei weder ausreichend gesetzlich geregelt, noch werde sie einheitlich und in einer überschaubaren Weise gehandhabt. Die Folge seien offensichtliche Mißstände. Es finde ein schwungvoller Handel mit Genehmigungen statt: Antragsteller erwürben eine Genehmigung und verkauften sie nach kurzer Zeit wieder im Wege des bedingten, von den Verwaltungsbehörden akzeptierten Verzichts zu hohen Preisen. Da infolgedessen keine Genehmigungen zur freien Vergabe zurückgegeben würden, müsse der "normale" Bewerber zehn Jahre und länger auf die Zuteilung einer Genehmigung warten.
3. Das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main hat beschlossen, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob § 78 Abs. 2 Nr. 5 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 des Güterkraftverkehrsgesetzes, soweit diese Vorschriften den Möbelfernverkehr betreffen, mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar und deshalb nichtig sind.
Dem Vorlagebeschluß liegt die Klage eines Möbeltransportunternehmers zugrunde. Ihm sind vom Regierungspräsidenten in Darmstadt zwei Möbelfernverkehrsgenehmigungen entzogen worden, weil er sie vom Oktober 1967 bis zum März 1969 nicht ausgenutzt hatte. Gegen die Entziehung erhob er Widerspruch und gegen den abweisenden Widerspruchsbescheid Anfechtungsklage. Das Verwaltungsgericht hält die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 Nr. 5 GüKG für gegeben. Gleichwohl möchte es der Anfechtungsklage stattgeben, weil es § 78 Abs. 2 Nr. 5 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 GüKG für verfassungswidrig hält, soweit diese Bestimmungen den Möbelfernverkehr betreffen. Zwar sei der Entzug der Genehmigung nur auf § 78 Abs. 2 Nr. 5 GüKG gestützt; ohne die in § 9 Abs. 1 GüKG normierte Kontingentierung sei es jedoch sinnlos, eine Genehmigung nur deshalb zu entziehen, weil der Unternehmer sie nicht ausnutze. Die Verfassungsmäßigkeit des § 78 Abs. 2 Nr. 5 GüKG könne deshalb nur im Zusammenhang mit § 9 Abs. 1 GüKG beurteilt werden.BVerfGE 40, 196 (210)
BVerfGE 40, 196 (211)Ein höherwertiges Gemeinschaftsgut, das die Kontingentierung des Möbelfernverkehrs rechtfertigen könne, sei nicht ersichtlich. Das bei der Kontingentierung des allgemeinen Güterfernverkehrs ausschlaggebende Schutzinteresse der Deutschen Bundesbahn stehe einer von objektiven Schranken befreiten Zulassung zum Möbelfernverkehr nicht entgegen. Der Anteil der Möbelumzugstransporte am Gesamtgüterverkehr der Deutschen Bundesbahn habe von 19641968 nur 0,1 % betragen. Selbst wenn dieser Anteil nach einer Liberalisierung des Möbelfernverkehrsgewerbes noch geringer würde, sei es weder nachweisbar noch höchstwahrscheinlich, daß der Deutschen Bundesbahn schwere Gefahren drohten. Einem unbegrenzten Anstieg der Zahl der Möbelfernverkehrsunternehmer stünden schon die hohen Investitionen entgegen, die die Gründung eines solchen Unternehmens erfordere. Außerdem setzten die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen (persönliche Zuverlässigkeit, Sachkunde, Leistungsfähigkeit) der Entwicklung dieses Gewerbezweigs Grenzen.
Aus diesen Gründen sei, wenn § 9 Abs. 1 GüKG für den Möbelfernverkehr entfalle, auch nicht mit einem ruinösen Wettbewerb in diesem Gewerbe zu rechnen. Das habe das Verwaltungsgericht schon beim Taxigewerbe, das einen wesentlich geringeren Investitionsaufwand erfordere, in zahlreichen Entscheidungen zu § 13 Abs. 3 des Personenbeförderungsgesetzes nachgewiesen. Schließlich sei angesichts der unbeschränkten Zulassung von Personenkraftwagen und Lastkraftwagen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs durch die Liberalisierung des Möbelfernverkehrs nicht zu besorgen.
Nach dem Aussetzungsbeschluß des Verwaltungsgerichts hat der Regierungspräsident die Rücknahme der Genehmigungen wieder aufgehoben und die Hauptsache für erledigt erklärt. Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat dem jedoch widersprochen und ist zur Fortsetzungsfeststellungsklage übergegangen. Dies hat das Gericht als zulässig erachtet; es hat deshalb seinen Vorlagebeschluß aufrechterhalten.BVerfGE 40, 196 (211)
BVerfGE 40, 196 (212)III.
 
Namens der Bundesregierung hat der Bundesminister für Verkehr zu den Verfassungsbeschwerden und zu dem Vorlagebeschluß Stellung genommen. Er hält die Kontingentierung der Güterfernverkehrsgenehmigungen einschließlich der Möbelfernverkehrsgenehmigungen für verfassungsmäßig.
1. Wer den allgemeinen Güterfernverkehr, den Bezirksgüterfernverkehr oder Möbelfernverkehr betreiben wolle, ergreife einen Beruf im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Festsetzung von Höchstzahlen nach § 9 GüKG stelle also eine objektive Berufszulassungsvoraussetzung dar. Diese sei zum Schutz zweier überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter gerechtfertigt: der Funktionsfähigkeit des binnenländischen Verkehrs und damit vor allem der Deutschen Bundesbahn sowie der Sicherheit des Straßenverkehrs.
Das Bundesverfassungsgericht habe schon in der Entscheidung zu § 9 des Personenbeförderungsgesetzes (BVerfGE 11, 168) und ferner in den Entscheidungen über die erhöhte Besteuerung des Werkfernverkehrs (BVerfGE 16, 147) und über die Straßengüterverkehrsteuer (BVerfGE 38, 61) anerkannt, daß der Deutschen Bundesbahn im Rahmen des Verkehrswesens überragende Bedeutung zukomme und daß ihr Bestand und ihre höchstmögliche Wirtschaftlichkeit aus allgemeinen staatspolitischen sowie aus wirtschafts- und sozialpolitischen Gründen gesichert werden müßten. Deshalb habe das Bundesverfassungsgericht schon in jenen Entscheidungen Schutzmaßnahmen für gerechtfertigt erklärt, die die Leistungen und Wettbewerbsverhältnisse der anderen Verkehrsträger auf die Situation der Deutschen Bundesbahn auch unter Einschränkung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG abstimmten. Ergänzend zu diesen Entscheidungen sei darauf hinzuweisen, daß der Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen keiner gesetzlichen Beförderungspflicht unterliege, durch seine Leistungen also Güterversorgung und -austausch in verkehrsungünstig gelegenen Gebieten nicht gewährleistet seien. Deshalb könne auf einen der BeförderungsBVerfGE 40, 196 (212)BVerfGE 40, 196 (213)pflicht unterliegenden Schienenverkehr im Interesse einer geordneten Bedienung des gesamten Güterverkehrs nicht verzichtet werden. Die dafür erforderliche Leistungsfähigkeit des Schienenverkehrs würde aber entfallen, wenn der durch seine größere Beweglichkeit und Schnelligkeit überlegene Straßengüterfernverkehr ungehemmt konkurrieren könne.
Der von den Beschwerdeführern verlangte Beweis, daß eine Beseitigung der Kontingentierung zu schwerwiegenden Verkehrsverlusten der Bundesbahn führen werde, sei nicht zu erbringen, weil dazu die Kontingentierung aufgehoben und die Folgen für die Deutsche Bundesbahn und die gesamte Volkswirtschaft abgewartet werden müßten. So könne ein verantwortungsbewußter Gesetzgeber nicht verfahren. Das Bundesverfassungsgericht habe wiederholt ausgesprochen, daß die Frage nach der Zwecktauglichkeit einer gesetzlichen Regelung nur danach beurteilt werden könne, ob der Gesetzgeber aus seiner Sicht davon habe ausgehen dürfen, daß die Maßnahme zur Erreichung des gesetzten Zwecks geeignet sei. Die beträchtliche Erhöhung der Konkurrenzfähigkeit des gewerblichen Straßengüterverkehrs sowohl von der Quantität als auch von der Qualität her rechtfertige den Schluß, daß es bei einer Aufhebung der Kontingentierung zu einem Andrang aller im Straßengüterverkehr Tätigen auf das vorhandene Verkehrsaufkommen im Güterfernverkehr kommen werde und daß dies bei den unbestrittenen Vorzügen des Lastkraftwagenverkehrs, der sich einer gut ausgebauten Infrastruktur bedienen könne, zu erheblichen Einbrüchen in das bisherige Verkehrsaufkommen der Eisenbahn führen würde. Das Ergebnis wäre ein weiterer Anstieg des Defizits der Deutschen Bundesbahn, obwohl der Betrieb einer Bundeseisenbahn den Staat schon jetzt mit Kosten belaste, die nicht mehr weiter erhöht werden könnten. Die finanzielle Situation der Deutschen Bundesbahn habe sich, wie allgemein bekannt sei, in den letzten Jahren insgesamt besorgniserregend verschlechtert.
Dies zeige, daß die Schutzbedürftigkeit der Deutschen Bundesbahn eher noch zugenommen habe. Verstärke sich die KonBVerfGE 40, 196 (213)BVerfGE 40, 196 (214)kurrenz des Güterverkehrs auf der Straße, so würde die Wirtschaftlichkeit des Güterverkehrs der Eisenbahn, der das Rückgrat ihres gesamten Betriebs bilde, entscheidend beeinträchtigt.
Auch die Verkehrssicherheit auf den Straßen, der die Kontingentierung ebenfalls dienen solle, stelle ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut dar. Schwere Lastkraftwagen seien doppelt so häufig an tödlichen Verkehrsunfällen beteiligt wie es ihrem Anteil an den Gesamtfahrleistungen entspreche. Das Bundesverfassungsgericht habe deshalb in der Entscheidung BVerfGE 16, 147 [174] anerkannt, daß der Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit es rechtfertigen könne, Verkehrsbeschränkungen nur für Lastkraftwagen des Fernverkehrs vorzusehen.
Ebensowenig wie die Kontingentierung insgesamt sei ihre Ausgestaltung im einzelnen zu beanstanden. Das Mittel der Festsetzung von Höchstzahlen trage der Eigenart des Güterfernverkehrs Rechnung, der freizügig im ganzen Bundesgebiet betrieben werde. Hier könne das Verkehrsbedürfnis nicht individuell geprüft werden, denn die Genehmigungsbehörden wären nicht in der Lage zu beurteilen, ob ein irgendwo auftretendes Verkehrsbedürfnis im Hinblick auf das Gesamtgefüge des Verkehrswesens zu berücksichtigen sei oder nicht.
Aus den genannten Gründen verstoße die Ermächtigung in § 9 Abs. 1 GüKG auch nicht gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 80 Abs. 1 GG.
Die Beschränkung der Kontingentierung auf den gewerblichen Güterfernverkehr sei unbedenklich. Wie das Bundesverfassungsgericht anerkannt habe (BVerfGE 16, 147 [169 f., 173]), würde eine Kontingentierung des Werkfernverkehrs auf praktisch nicht überwindbare Schwierigkeiten stoßen. Nach der Aufhebung der Straßengüterverkehrsteuer habe der Gesetzgeber einem unangemessen starken Anstieg des Werkfernverkehrs durch eine "Lizenzierung" mittels der Beförderungsbescheinigungen (§ 50d Abs. 1 Nr. 2 GüKG) entgegenzuwirken versucht.
Der Entwicklung des Güternahverkehrs seien schon durch seine Beschränkung auf den Umkreis von 50 Kilometern GrenzenBVerfGE 40, 196 (214) BVerfGE 40, 196 (215)gesetzt. Er erbringe weitgehend Verkehrsleistungen, die für die Bundesbahn ohne Interesse seien; eben deshalb sei er aber auch als Ergänzung der Bundesbahn unentbehrlich.
Die Kontingentierung überschreite nicht die Grenzen der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit, weil das erstrebte Ziel mit weniger starken Eingriffen nicht erreicht werden könne. Weder eine Verschärfung der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen noch verstärkte Kontroll- und Aufsichtsmaßnahmen, weder eine zusätzliche Besteuerung des Straßengüterfernverkehrs noch Tarifsenkungen bei der Bundesbahn könnten die Gesetzesziele in gleich wirksamer Weise erreichen. Ein Beförderungsverbot für bestimmte Güter auf der Straße wäre ein nicht weniger empfindlicher Eingriff als die Kontingentierung. Eine Lockerung der Beförderungspflicht der Bahn insbesondere für unwirtschaftliche Transporte sowie andere zur Zeit vielfach diskutierte Maßnahmen zur Rationalisierung der Bundesbahn und zur Verbesserung der Verkehrssicherheit seien aus allgemein-politischen und verkehrspolitischen Gründen nur in beschränktem Umfang durchführbar.
2. Zu den Möglichkeiten einer Auflockerung der Kontingentierung des Güterfernverkehrs und zu der Verteilung der zur Verfügung stehenden Genehmigungen hat der Bundesminister für Verkehr noch folgendes dargelegt:
a) Es werde erwogen, die überwiegend historisch zu erklärenden Sondervorschriften für den Möbelfernverkehr aufzuheben, so daß die entsprechenden Genehmigungen in solche für den allgemeinen Güterfernverkehr umgewandelt werden könnten. Im übrigen könne man aber bei der Kontingentierung nicht nach der Art der beförderten Güter differenzieren. Es gebe kaum ein Gut, das von der Eisenbahn nicht befördert werden könne. Deshalb bleibe nur das Festhalten an der Kontingentierung im bisherigen Umfang übrig, ausgenommen allenfalls das Umzugsgut, dem eine Sonderstellung nicht abgesprochen werden könne, das Spezialfahrzeuge voraussetze und bei dem auch eine Kontrolle möglich erscheine.BVerfGE 40, 196 (215)
BVerfGE 40, 196 (216)b) Seit längerem werde auch der Plan verfolgt, für Kraftfahrzeuge mit einer Nutzlast von nicht mehr als 4 Tonnen ein Sonderkontingent einzuführen oder – entsprechend der Anregung des Bundesverbandes der deutschen Industrie – die kleinen Fahrzeuge ganz von der Kontingentierung freizustellen. Diese Maßnahme müsse aber mit der beabsichtigten Verminderung der Stückgutannahmestellen der Bundesbahn abgestimmt werden.
c) Die Vergabe der Güterfernverkehrsgenehmigungen sei in einer Art. 12 Abs. 1 GG genügenden Art und Weise geregelt. Die Kriterien, die das Güterkraftverkehrsgesetz insgesamt zur Präzisierung seiner verkehrswirtschaftlichen Ziele (§ 13) angebe, insbesondere § 10 Abs. 3 und § 78, stellten ausreichende Anhaltspunkte für eine behördliche Vergaberegelung dar.
Es sei allerdings nicht auszuschließen, daß es zu "Übertragungen" von Genehmigungen auf Grund bedingten Verzichts und unter Mitwirkung der Genehmigungsbehörden komme, nähere Angaben oder Zahlen darüber lägen nicht vor. Die Bundesregierung werde eingehend prüfen, ob nicht die Grundsätze und das Verfahren für die Vergabe neuer oder frei werdender Genehmigungen so geregelt werden könnten, daß ein Handel mit Konzessionen ausgeschlossen sei.
 
B.
 
Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1. gegen die Bescheide des Regierungspräsidenten vom 4. November 1970 und 19. Februar 1971 ist am 10. August 1971 beim Bundesverfassungsgericht eingegangen, also verspätet (§ 93 Abs. 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 13, 284 [288 f.]). Die anderen Verfassungsbeschwerden sind zulässig. Auch gegen die Zulässigkeit des Vorlagebeschlusses des Verwaltunggerichts Frankfurt/Main bestehen keine Bedenken.
 
Die Beschränkung des Zugangs zum Güterfernverkehr durch Festsetzung von Höchstzahlen der in diesem Verkehr eingesetzBVerfGE 40, 196 (216)BVerfGE 40, 196 (217)ten Kraftfahrzeuge stellt einen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl dar (vgl. BVerfGE 7, 377 [405 ff.] – Apotheke).
Der Gütertransport im Straßengüterfernverkehr hat sich seit langem zu einem besonderen Gewerbezweig ausgebildet, der nicht mehr mit dem Güternahverkehr zu einem Beruf (dem des "Straßenverkehrsunternehmers") zusammengefaßt werden kann.
Seit der eingehenden Regelung des Straßengüterverkehrs über weite Strecken in der Dritten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 6. Oktober 1931 (RGBl. I S. 537), im Gesetz über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 26. Juni 1935 (RGBl. I S. 788) und in der Verordnung über den Möbelfernverkehr vom 17. September 1936 (RGBl. I S. 736) ist die Entwicklung des Güterfernverkehrs unter wesentlich anderen Bedingungen verlaufen als die des von Zugangsschranken freien Güternahverkehrs.
Das Güterfernverkehrsgewerbe verfolgt eigene berufliche Interessen, die sich mit denen der Güternahverkehrsunternehmer nicht decken, und es nimmt sie durch einen eigenen Berufsverband wahr. Der Unternehmer muß seine fachliche Eignung für den Güterfernverkehr nachweisen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 GüKG); die frühere Betätigung als Güternahverkehrsunternehmer reicht in der Regel nicht aus für die Erlangung einer Güteroder Möbelfernverkehrsgenehmigung (Hein-Eichhoff-Pukall-Krien, Güterkraftverkehrsrecht, Anm. 5 zu § 10 GüKG).
Das Transportvolumen des gewerblichen Güterfernverkehrs hat gegenwärtig ein Drittel des Volumens der Eisenbahn erreicht. Auch das hierin sichtbar werdende Gewicht dieses Verkehrszweigs für die Verkehrs- und Volkswirtschaft erlaubt es nicht mehr, ihn lediglich als eine Erscheinungsform eines übergreifenden und grundsätzlich freien Güterverkehrs zu betrachten. Der Bundesminister für Verkehr sieht, gestützt auf die im Gewerbe selbst herrschende Anschauung, den Unternehmer des Güterfernverkehrs von jeher als einen selbständigen Beruf an.BVerfGE 40, 196 (217)
BVerfGE 40, 196 (218)II.
 
Die Festsetzung von Höchstzahlen stellt eine objektive Bedingung für die Berufszulassung auf (BVerfGE 7, 377 [407 f.]). Auch vor dem, der alle subjektiven Voraussetzungen für die Betätigung im Beruf erfüllt, errichtet sie eine Schranke, die er aus eigener Kraft nicht überwinden kann. Darin liegt ein prinzipiell schwerer Eingriff in die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit. Er ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur zulässig zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut (a.a.O. [408]).
1. Daß in der Erhaltung des Bestandes, der Funktionsfähigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Deutschen Bundesbahn ein Gemeinschaftsgut von dieser Bedeutung zu erblicken ist, hat das Bundesverfassungsgericht bereits mehrfach ausgesprochen (BVerfGE 11, 168 [184]; 16, 147 [169]; 38, 61 [87 ff.]).
Wenn das Güterkraftverkehrsgesetz in § 9 Abs. 1 vorschreibt, daß bei der Festsetzung der Höchstzahlen das "öffentliche Verkehrsbedürfnis" berücksichtigt werden soll, so ist damit nicht nur die Orientierung an der tatsächlichen Marktnachfrage nach Transportleistungen im Güterfernverkehr gemeint. Wie der Bundesverkehrsminister mit Recht annimmt, ist auch zu beachten, daß die Gesamtnachfrage "geordnet", d. h. im Rahmen eines alle Verkehrszweige nach dem Maß ihres besonderen Leistungsvermögens sinnvoll berücksichtigenden Verkehrswesens befriedigt werden soll. Das öffentliche Interesse verlangt, daß nicht ein einzelner, im ganzen unentbehrlicher Verkehrsträger durch sachwidrige Benachteiligung im Wettbewerb zum Erliegen kommt oder doch schwer geschädigt wird. Dementsprechend war vordringliches Ziel der Begrenzung des gewerblichen Güterfernverkehrs seit der Verordnung vom 6. Oktober 1931 und dem Gesetze über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 26. Juni 1935 der Konkurrenzschutz für die Eisenbahn und ihren Güterverkehr.BVerfGE 40, 196 (218)
BVerfGE 40, 196 (219)Daran hat sich bis heute nichts geändert. Demselben Schutzzweck dienen die Versuche, den nicht kontingentierten Werkfernverkehr auf andere Weise in Schranken zu halten und auch so die Beschäftigung der Bahn im Güterverkehr zu sichern (erhöhte Besteuerung: BVerfGE 16,147; Straßengüterverkehrsteuer: BVerfGE 38, 61; Beförderungsbescheinigung nach § 50d Abs. 1 Nr. 2 GüKG). Daß die Kontingentierung des Güterfernverkehrs den Güterverkehr der Bahn gegen Verkehrsverluste schützen soll, ist vom Bundesverfassungsgericht bereits mehrfach (BVerfGE 16, 147 [169] und 38, 61 [87]) festgestellt worden und in den beteiligten Kreisen unbestritten; daß sie zugleich als Konkurrenzschutz für die zum Güterfernverkehr zugelassenen, also bereits im Beruf tätigen Unternehmer wirkt, ist eine nicht vermeidbare Nebenwirkung des Gesetzes (BVerfGE 7, 377 [408]; 11, 168 [189]).
2. Wenn sonach der Schutz der Deutschen Bundesbahn einen hinreichenden Grund für eine objektive Zulassungssperre abgeben kann, so genügt es in Anbetracht der Schwere des Eingriffs doch nicht, daß dieses Ziel und dieser Zweck der gesetzlichen Regelung nur allgemein und schlagwortartig bezeichnet werden (BVerfGE 7, 377 [411 f.]). Die sehr ungünstige finanzielle Lage der Bundesbahn ist in erster Linie auf die Defizite im Personenverkehr zurückzuführen (BVerfGE 16, 147 [175]). Im Vergleich dazu arbeitet der Güterverkehr noch erheblich günstiger. Sein Rückgrat ist der Wagenladungsverkehr, bei dem die Bundesbahn lediglich die Beförderung der vom Absender selbst zu beladenden und vom Empfänger zu entladenden Eisenbahnwagen übernimmt.
Die Bedeutung des Wagenladungsverkehrs für die Bundesbahn und für die gesamte Volks- und Verkehrswirtschaft erhellt ohne weiteres daraus, daß er 1973 zum gesamten Güterverkehr der Bundesbahn von 354,1 Millionen Tonnen und 69,5 Milliarden Tonnenkilometern einen Anteil von 336,5 Millionen Tonnen und 64,8 Milliarden Tonnenkilometern beitrug. Die eigenen Erträge der Bundesbahn aus dem Wagenladungsverkehr betrugen 1973BVerfGE 40, 196 (219) BVerfGE 40, 196 (220)6,32 Milliarden Deutsche Mark bei Gesamterträgen im frachtpflichtigen Güterverkehr von 7,88 Milliarden Deutsche Mark (Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbahn 1973, S. 26). Der Kostendeckungsgrad ist von 106,1 % im Jahre 1970 auf 95,4 % (geschätzt für 1974) zurückgegangen.
Dem Wagenladungsverkehr droht akute Gefahr von einer Ausweitung des gewerblichen Güterfernverkehrs, denn dieser steht nach den Angaben des Bundesverkehrsministers mit 90 % seiner Leistungen in Konkurrenz zum Wagenladungsverkehr der Bahn. Dabei würde eine geringere Auslastung des Wagenladungsverkehrs zu einem unverhältnismäßig starken Sinken des Kostendeckungsgrades führen, weil der Wagenladungsverkehr zwar mit hohen Grundkosten, aber im Verhältnis zu anderen Verkehrszweigen der Bahn mit geringeren Personalkosten belastet ist. Der Bundesbahn muß es deshalb darauf ankommen, gerade beim Wagenladungsverkehr eine hohe Auslastung zu erzielen. Würde auch bei diesem Verkehrszweig der Kostendeckungsgrad infolge von Verkehrsabwanderungen auf die Straße stark sinken, so müßte dies schwerwiegende Folgen für den Bestand des Wagenladungsverkehrs, damit für die finanzielle Lage der Bundesbahn im ganzen und im weiteren Verlauf für das gesamte Transportwesen haben. Die Bundesleistungen für die Deutsche Bundesbahn, die gegenwärtig eine Höhe von fast 10 Milliarden Deutsche Mark erreicht haben, werden vom Bundesverkehrsminister einleuchtend als eine auf die Dauer nicht mehr tragbare Belastung des Bundeshaushalts bezeichnet. Die Aufhebung der Kontingentierung würde somit eine Entwicklung in Gang setzen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit den einzigen noch einigermaßen wirtschaftlich arbeitenden Zweig der Bundesbahn gefährden und damit staatliche Subventionen in einer Höhe erforderlich machen würde, die nur unter Vernachlässigung anderer wichtiger Staatsaufgaben aufrechtzuerhalten wären. Zur Abwehr dieser Gefahr ist auch ein Eingriff in die Freiheit der Berufswahl durch eine objektive Zugangssperre grundsätzlich gerechtfertigt.
3. Bei dieser Sachlage bedarf es im Grunde keiner näherenBVerfGE 40, 196 (220) BVerfGE 40, 196 (221)Untersuchung der Frage mehr, ob auch der weitere in § 9 Abs. 1 GüKG angegebene Gesetzeszweck, die Erhaltung der Verkehrssicherheit auf den Straßen, die Kontingentierung zu rechtfertigen vermag. Die Verkehrssicherheit, von der Leben und körperliche Unversehrtheit nicht nur der Verkehrsteilnehmer, sondern großer Teile der Bevölkerung insgesamt abhängen, ist ohne Frage ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf des Güterkraftverkehrsgesetzes von 1952 stand dieser Gesichtspunkt bei der Beschränkung des Güterfernverkehrs durch Höchstzahlen obenan. Das war damals angesichts des Straßenzustandes in der Zeit unmittelbar nach dem Krieg und des rasch wachsenden Fernverkehrs mit schweren Lastwagen verständlich.
In den letzten 25 Jahren haben sich die Verhältnisse allerdings gewandelt. Das Netz namentlich der Bundesautobahnen und Fernstraßen hat sich erheblich erweitert, der Ausbauzustand der Straßen wesentlich verbessert. Zugleich ist die Zahl der Personen-und Kombinationskraftwagen von etwa 700000 auf über 17,3 Millionen angestiegen, die der Lastkraftwagen und Zugmaschinen dagegen nur von etwa 420 000 auf fast 2,7 Millionen. Zwar hat sich auch die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden seit 1952 beträchtlich erhöht. Trotzdem lassen die statistischen Zahsen, sieht man sie im Verhältnis zur Zunahme des Verkehrs, eine Verbesserung der Verkehrssicherheit erkennen. Das mag Zweifel daran erwecken, ob der Verkehrssicherheit auch heute noch akute Gefahr gerade von einer Ausweitung des Güterfernverkehrs droht. Dieser bewältigt sein Transportvolumen von etwa einem Drittel (in Tonnen) oder etwa zwei Dritteln (in Tonnenkilometern) des Volumens der Deutschen Bundesbahn mit nur 30 400 Lastkraftwagen bei einer Gesamtzahl dieser Fahrzeuge von über 1,1 Millionen (Statistisches Jahrbuch 1975 für die Bundesrepublik Deutschland, S. 324 ff.). An dieser Relation würde selbst eine erhebliche Zunahme des Güterfernverkehrs wenig ändern.
Indessen ist nicht auszuschließen, daß eine ungehemmte Ausdehnung des Güterfernverkehrs zu einer Überlastung gerade derBVerfGE 40, 196 (221) BVerfGE 40, 196 (222)Fernverkehrsstraßen und Autobahnen mit schweren Lastkraftwagen führen würde. Wie sich dies auf den Verkehrsfluß, auf den Straßenzustand (für dessen Erhaltung und Verbesserung die öffentliche Hand nicht unbegrenzte Mittel zur Verfügung stellen kann) und damit letztlich auf die Verkehrssicherheit auswirken würde, ist im einzelnen nicht vorauszusehen. Unter diesen Umständen kann das Bundesverfassungsgericht schon im Hinblick auf die besondere Bedeutung des hier in Rede stehenden Gemeinschaftsgutes (Leben und Gesundheit der Bürger) dem Gesetzgeber nicht in den Weg treten, wenn er bestrebt ist, auch künftigen, nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegenden Gefahren rechtzeitig vorzubeugen; er darf berücksichtigen, daß es unter Umständen nicht möglich ist, Gegenvorkehrungen erst nach Eintritt einer akuten Gefahr einzuleiten (BVerfGE 25, 1 [17] – Mühlengesetz; 30, 250 [262 f.] – Absicherungsgesetz; 30, 292 [317] – Mineralölbevorratung).
§ 9 Abs. 1 GüKG ist also verfassungsrechtlich auch insoweit nicht zu beanstanden, als er vorschreibt, daß bei der Festsetzung der Höchstzahlen die Verkehrssicherheit auf den Straßen zu berücksichtigen ist.
III.
 
1. Das vom Gesetzgeber eingesetzte Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (BVerfGE 30, 292 [316]). Daß die Eindämmung des Güterfernverkehrs der Deutschen Bundesbahn Vorteile bringt, hat das Bundesverfassungsgericht schon festgestellt (BVerfGE 16, 147 [180]). Sobald die durch die Kontingentierung begrenzte Leistungsfähigkeit des Güterfernverkehrs ausgeschöpft ist, wird ein künftiger Zuwachs an Beförderungsleistungen zu einem erheblichen Teil der Bahn zugute kommen. Allerdings werden wohl auch manche Nachfrager eigenen Werkverkehr betreiben und nicht auf die Bahn ausweichen wollen. Doch setzen Rentabilitätserwägungen und der Zwang zur Beschaffung von Beförderungsbescheinigungen (§ 50 Satz 2 GüKG) solchen Bestrebungen Grenzen. Im übrigen ist die Eignung bei wirtschaftspolitischen MaßBVerfGE 40, 196 (222)BVerfGE 40, 196 (223)nahmen zurückhaltend zu prüfen (BVerfGE 30, 250 [263] – Absicherungsgesetz; 39, 210 [230 f.] – Mühlenstrukturgesetz); es genügt, daß jedenfalls auch die Deutsche Bundesbahn von der Maßnahme Nutzen hat. Objektiv ungeeignet, die Auslastung des Wagenladungsverkehrs der Bahn zu erhalten und zu verbessern, ist die Kontingentierung nicht; es reicht aus, wenn sie eine weitere Verschlechterung des wirtschaftlichen Ergebnisses verhindert.
2. Die Beschwerdeführer bezweifeln jedoch, ob das Mittel der Kontingentierung zur Erreichung der Gesetzesziele erforderlich sei. Das Bundesverfassungsgericht kann sich darauf beschränken, die von den Beschwerdeführern aufgezeigten und die sonst in Fachkreisen diskutierten Alternativen darauf zu prüfen, ob sie den erstrebten Zweck in einfacherer, gleich wirksamer, aber die Grundrechte weniger fühlbar einschränkender Weise erreichen könnten (BVerfGE 25, 1 [18]; 30, 292 [316]). Das Ergebnis dieser Prüfung ist, daß keiner der Alternativvorschläge diese Voraussetzungen so eindeutig erfüllt, daß ein Gericht in der Lage wäre auszusprechen, der Gesetzgeber habe dieses Mittel anstatt des von ihm gewählten einzusetzen (vgl. dazu BVerfGE 25, 1 [19 f.]). Eine verteuernd wirkende zusätzliche Besteuerung des Straßengüterfernverkehrs und des Werkverkehrs hat sich bereits als weniger wirksam zum Schutz der Bahn erwiesen (vgl. BVerfGE 16, 147; 38, 61). Die Straßengüterverkehrsteuer konnte ein weiteres Anwachsen der Transportleistungen des Güterfernverkehrsgewerbes nicht verhindern, obwohl die Tarife der Bahn zeitweise um etwa 22% unter denen des Güterfernverkehrs lagen (BVerfGE 38, 61 [93 f.]). Die offensichtlichen Vorzüge des Transports mit Lastkraftwagen sind durch Kostenvorteile allein allem Anschein nach nicht auszugleichen. Tarifsenkungen der Deutschen Bundesbahn müßten erheblichen Umfang annehmen, um diese Vorteile wettzumachen; sie würden dann aber das wirtschaftliche Ergebnis der Bahn noch weiter verschlechtern. Auch andere Rationalisierungsmaßnahmen, die die Bundesbahn plant oder bereits durchführt, können den spezifischen Nachteil der Bahn gegenüber dem Straßengüterverkehr, die Bindung an die Schiene und dieBVerfGE 40, 196 (223) BVerfGE 40, 196 (224)Beförderung der Waggons in zusammengestellten Zügen, allein nicht beseitigen. Sie müssen die Kontingentierung ergänzen, nicht ersetzen.
Eine Regelung, die eine individuelle Prüfung des Verkehrsbedürfnisses in dem Sinn zum Inhalt hätte, daß die Genehmigung eines Gütertransports im Einzelfall zu versagen wäre, wenn er die Interessen der Deutschen Bundesbahn berührte, wäre, wie ohne weiteres einzusehen ist, in einem Staat von großer Flächenausdehnung wie der Bundesrepublik nicht praktikabel. Ein solches System würde auf jeden Fall einen sehr hohen Verwaltungsaufwand erfordern und sachlich voraussichtlich wenig bewirken, da sich kaum objektiv nachprüfbare Kriterien dafür finden lassen, wann es dem Antragsteller zugemutet werden kann, einen bestimmten Transport mit der Eisenbahn durchzuführen. Mit dem vergleichbaren System der Beförderungsbescheinigungen beim Werkverkehr sind bereits entsprechende Erfahrungen gemacht worden (s. dazu Fromm, DVBl. 1973, S. 198).
IV.
 
1. Lassen sich indessen abgrenzbare Gruppen typischer Beförderungsfälle ermitteln, für die die Festsetzung von Höchstzahlen nicht erforderlich ist, weil bei freier Entwicklung weder nachteilige Rückwirkungen für den Wagenladungsverkehr der Bahn noch besondere Gefahren für die Verkehrssicherheit zu befürchten sind, so schränkt die Kontingentierung in solchen Teilbereichen die Berufsfreiheit unzulässig ein (vgl. BVerfGE 30, 292 [327] – Mineralölbevorratung). Das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main ist der Ansicht, daß dies für die Kontingentierung des Möbelfernverkehrs zutrifft.
Die Möbelfernverkehrsgenehmigung wird für die Beförderung von (Neu-)Möbeln und Umzugsgut in besonders für die Möbelbeförderung eingerichteten Kraftfahrzeugen oder Anhängern erteilt (§ 37 GüKG). Der Unternehmer des Möbelfernverkehrs darf außerhalb der Nahzone (§ 2 Abs. 2 GüKG) in Fahrzeugen des Möbelfernverkehrs nur Möbel und Umzugsgut befördern.BVerfGE 40, 196 (224) BVerfGE 40, 196 (225)Der Unternehmer des Güterfernverkehrs darf außerhalb der Nahzone keine Umzüge durchführen, wohl aber einzelne Möbelstücke befördern (§ 39 Abs. 1 und 2 GüKG). Nach § 2 der Freistellungsverordnung können im Möbelfernverkehr auch elektronische Datenverarbeitungsanlagen, Sendeanlagen sowie Teile davon und Büromaschinen befördert werden. Der Grund dafür ist offenbar die besondere Empfindlichkeit dieser Güter, die ein besonderes Fahrzeug und besondere Behandlung erfordern; das gilt auch für Umzugsgut, für welches neben dem gepolsterten Möbelwagen Packer und Ladearbeiter, Packkisten, Decken und Tragegurte erforderlich sind. Alle diese Voraussetzungen für die sachgemäße Durchführung eines Umzugs fehlen jedenfalls zur Zeit bei der Deutschen Bundesbahn. Infolgedessen hat der Binnenverkehr der Bundesbahn mit Umzugsgut im Jahre 1973 nur 92900 Tonnen betragen (gegenüber 490 500 Tonnen im ganzen Möbelfernverkehr). Dabei wird es sich zum größten Teil entweder um Sendungen in Kleincontainern im Stückgutverkehr gehandelt haben, für die der Einsatz eines Möbelwagens nicht lohnt, oder um Firmenumzüge mit Büromöbeln, also weniger empfindlichem Transportgut. Dieser Umzugsverkehr der Bundesbahn (92900 Tonnen) ist im Verhältnis zu ihrem gesamten Güterverkehrsaufkommen (341 Millionen Tonnen) so geringfügig, daß, selbst wenn die Beförderung von Umzugsgut ganz wegfiele, die Lage der Bundesbahn sich nicht merklich verschlechtern würde. Andererseits ist das Gesamtvolumen der anfallenden Transporte von Umzugsgut so beschränkt, daß bei Aufhebung der Kontingentierung der Straßengüterfernverkehr nicht wesentlich zunehmen, eine spürbare Gefahr für die Verkehrssicherheit somit nicht eintreten würde.
Die Kontingentierung des Möbelfernverkehrs, soweit er Umzugsgut befördert, erscheint infolgedessen weder zum Schutz der Deutschen Bundesbahn noch zur Erhaltung der Verkehrssicherheit erforderlich. Dies wird auch vom Bundesverkehrsminister eingeräumt. Er hat mitgeteilt, im Rahmen der Überarbeitung der "überwiegend historisch zu erklärenden" Vorschriften fürBVerfGE 40, 196 (225) BVerfGE 40, 196 (226)den Möbelfernverkehr werde auch geprüft, ob die Beförderung von Umzugsgut weiterhin der Kontingentierung unterliegen solle. Dem Umzugsgut könne eine Sonderstellung nicht abgesprochen werden; es setze Spezialfahrzeuge voraus, und eine Kontrolle der Einhaltung der Grenzen dieses Beförderungszweigs erscheine möglich.
Auf Grund dieser Überlegungen muß § 9 Abs. 1 GüKG insoweit als ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Freiheit der Berufswahl und daher als verfassungswidrig angesehen werden, als diese Vorschrift auch die Beförderung von Umzugsgut im Möbelfernverkehr der Kontingentierung durch Festsetzung von Höchstzahlen unterwirft. Entsprechendes gilt für § 78 Abs. 2 Nr. 5 GüKG, soweit diese Bestimmung sich auf den Fernverkehr mit Umzugsgütern bezieht; denn die Zurücknahme der Genehmigung wegen Nichtausnutzung ist nur im Hinblick auf die Kontingentierung zu erklären und zu rechtfertigen.
2. Die Beförderung von Möbeln, die kein Umzugsgut darstellen, also von Neumöbeln in besonders eingerichteten Fahrzeugen des Möbelfernverkehrs, bleibt nach § 9 Abs. 1, § 37 GüKG der Kontingentierung unterworfen. Neumöbel werden vor allem von den Möbelfabriken in größeren Partien an die Auslieferungslager und Händler versandt. Dabei handelt es sich zumeist um zerlegte und gut verpackte Möbel, deren Transport keines besonders darauf eingerichteten Fahrzeugs bedarf. Neumöbel sind ein Transportgut, das sich wie andere Industrieprodukte zum Bahnversand im Wagenladungsverkehr eignet. Infolgedessen war das Verkehrsaufkommen der Deutschen Bundesbahn an Neumöbeln im Binnenverkehr mit 178700 Tonnen im Jahre 1973 nicht unbedeutend; es war doppelt so groß wie das an Umzugsgut. Ein Grund für die Aufhebung der Kontingentierung ist hier nicht ersichtlich; in bezug auf den Güterfernverkehr mit Neumöbeln ist sie ebenso erforderlich wie bei allen anderen Gütern, die – für sich betrachtet – keine große Bedeutung haben, zusammengenommen aber den Wagenladungsverkehr der Deutschen Bundesbahn ausmachen.BVerfGE 40, 196 (226)
BVerfGE 40, 196 (227)3. Fraglich ist, ob die Sonderbehandlung des (Neu-)Möbelfernverkehrs in § 9 Abs. 1, §§ 37 ff. GüKG nach Wegfall der Kontingentierung des Umzugsfernverkehrs auf rechterhalten werden kann. Diese Regelung ist bisher gerechtfertigt, weil die Beförderung von Umzugsgut außerhalb der Nahzone dem Möbelfernverkehr vorbehalten ist (§ 39 Abs. 2 Satz 1 GüKG). Neumöbel dürfen aber auch schon bisher nicht nur vom Möbelfernverkehr, sondern auch vom allgemeinen Güterfernverkehr befördert werden (§ 39 Abs. 2 Satz 2 GüKG).
Fällt die Kontingentierung des Umzugsverkehrs fort, so Hegt für die Beschränkung des (Neu-)Möbelfernverkehrs auf die Beförderung von Möbeln ein sachlicher Grund nicht mehr vor. Die Neuregelung dieses Bereichs muß jedoch dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Denn es muß vermieden werden, daß die bestehenden 4658 Genehmigungen für den Möbelfernverkehr (§ 3 der Sechsten Höchstzahlenverordnung) automatisch zu solchen für den allgemeinen Güterfernverkehr werden; sie würden dort die Gesamtzahl der Genehmigungen so erheblich erhöhen, daß daraus eine Gefahr für das Wagenladungsaufkommen der Deutschen Bundesbahn erwachsen könnte. Der Gesetzgeber muß deshalb die Möglichkeit haben, unter Wegfall der bisherigen Sondergenehmigungen für den Möbelfernverkehr die Zahl der allgemeinen Güterfernverkehrsgenehmigungen angemessen zu erhöhen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich deshalb darauf beschränkt, die Verfassungswidrigkeit des § 9 Abs. 1 GüKG in dem bezeichneten Umfang festzustellen.
V.
 
Bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe muß die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt sein. Je empfindlicher die Berufsfreiheit beeinträchtigt wird, desto stärker müssen die Interessen des Gemeinwohls sein, denen diese Regelung zu dienen bestimmt ist (BVerfGE 30, 292 [316 f.]).
1. Die Deutsche Bundesbahn ist für die Gemeinschaft unentbehrlich. Dies gilt nicht nur für den Personenverkehr, sondernBVerfGE 40, 196 (227) BVerfGE 40, 196 (228)auch für den Güterverkehr, insbesondere den Wagenladungsverkehr, dessen Schutz die Kontingentierung dient. Die moderne arbeitsteilige Wirtschaft kann auf dieses Verkehrsmittel, das große Gütermengen schnell über weite Entfernungen bewegt und dazu noch von Mineralöleinfuhren weitgehend unabhängig ist, nicht verzichten. Auch aus allgemeinen gesellschafts- und sozialpolitischen Gründen muß sein Bestand gesichert bleiben (BVerfGE 11, 168 [184]). Die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern wäre ohne die Eisenbahn auf die Dauer nicht gewährleistet; insofern dient sie der Existenzsicherung jedes einzelnen.
Da die Bundesbahn gegenüber den Güterbeförderern auf der Straße in mehrfacher Weise im Nachteil ist, wirtschaftlich insbesondere wegen ihrer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, technisch wegen der Spurgebundenheit, müssen – unbeschadet der bei ihr selbst noch möglichen Leistungsverbesserungen – die Leistungen und Wettbewerbsverhältnisse der übrigen Verkehrsträger auf diese Situation abgestimmt werden (BVerfGE 16, 147 [169] – Werkfernverkehr).
2. Der gewerbliche Güterfernverkehr vollzieht sich auf der Straße. Voraussetzung für die Betätigung als Unternehmer in diesem Bereich ist also, daß die staatliche Gemeinschaft ein dichtes und gut ausgebautes Straßennetz zur Verfügung stellt und laufend unterhält. Weder die für den Straßenbau benötigten Flächen noch die dafür erforderlichen staatlichen Finanzmittel sind aber unbegrenzt. Bei dem Ausbaustand in einem gegebenen Zeitpunkt kann das Straßennetz nur ein bestimmtes Verkehrsvolumen aufnehmen. Der Verkehrsbericht 1970 der Bundesregierung rechnet mit der Möglichkeit, daß bei Fortführung des Straßenbaus im bisherigen Umfang Wirtschafts- und Individualverkehr für einen längeren Zeitraum große Beschränkungen im Straßenverkehr hinnehmen müssen (Nr. 165). Eine sachgemäße Begrenzung des Straßenverkehrs, die den Notwendigkeiten des Wirtschaftslebens ebenso Rechnung trägt wie den heutigen gesellschaftlichen Lebensformen, ist daher prinzipiell unabweisbar.BVerfGE 40, 196 (228)
BVerfGE 40, 196 (229)Der Güterfernverkehr teilt sich mit den übrigen Verkehrsteilnehmern in die Benutzung der Straße. In Betracht kommen hier vor allem der Individualverkehr mit Personenkraftwagen und der Werkverkehr. Bei diesen beiden Verkehrszweigen stößt aber eine Beschränkung durch hoheitlichen Eingriff auf kaum zu überwindende Schwierigkeiten. Beim Personenverkehr liegen sie in den Lebensgewohnheiten der Bevölkerung (BVerfGE 16, 147 [174]), beim Werkverkehr darin, daß es – jedenfalls nach den bisherigen Erfahrungen – kaum möglich ist, den notwendigen von dem ersetzbaren Werkverkehr hinreichend genau abzugrenzen, so daß stets die Gefahr unsachgemäßer Eingriffe in den Wirtschaftsablauf droht.
Unter diesen Umständen kann bei dem gewerblichen Güterfernverkehr gegenwärtig auf das Genehmigungs- und Kontingentierungssystem nicht verzichtet werden. Die Grundrechtsbindung aus Art. 12 GG wirkt aber in der Richtung, daß die staatliche Verkehrspolitik bestrebt sein muß, dieses System flexibel zu gestalten und den Zugang zu diesem Beruf überall dort zu eröffnen, wo es die Lage des Verkehrsmarktes irgend erlaubt.
Dem einzelnen Unternehmer steht diese aus den Sachgesetzlichkeiten des gegenwärtigen Verkehrswesens sich ergebende Situation bei seiner Berufswahl vor Augen. Er muß sie von vornherein in Rechnung stellen. Deshalb kann sie nicht als für ihn unzumutbar angesehen werden.
VI.
 
Nach § 9 Abs. 1 GüKG setzt der Bundesminister für Verkehr mit Zustimmung des Bundesrats "unter Berücksichtigung des öffentlichen Verkehrsbedürfnisses und der Verkehrssicherheit auf den Straßen die Höchstzahlen der Kraftfahrzeuge für den allgemeinen Güterfernverkehr und den Bezirksgüterfernverkehr (§ 13a) sowie die Höchstzahlen der Fahrzeuge für den Möbelfernverkehr (§ 37) fest und teilt sie auf die Länder auf". Die Beschwerdeführer machen geltend, diese Ermächtigung entspreche nicht den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG.BVerfGE 40, 196 (229)
BVerfGE 40, 196 (230)Der Einwand ist unbegründet. Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung sind im Gesetz hinreichend genau bestimmt.
Der Inhalt der Ermächtigung ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz; er besteht in der Festsetzung von Höchstzahlen der Fahrzeuge in den einzelnen Zweigen des Güterfernverkehrs und deren Aufteilung auf die Länder. Zweck und Ausmaß der Ermächtigung brauchen nicht ausdrücklich im Text des Gesetzes genannt zu sein. Für die Interpretation von Ermächtigungsnormen gelten vielmehr die allgemeinen Auslegungsgrundsätze. Zur Klärung von Zweck und Ausmaß können, wie auch sonst bei der Auslegung einer Vorschrift, der Zusammenhang der Norm mit anderen Vorschriften und das Ziel, das die gesetzliche Regelung insgesamt verfolgt, berücksichtigt werden. Maßgebend ist der Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Ermächtigungsnorm und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den die Ermächtigung gestellt ist (BVerfGE 8, 274 [307]; ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt BVerfGE 38, 348 [357 f.] mit weiteren Nachweisen).
Die oben vorgenommene Analyse der Gesetzeszwecke hat ergeben, daß die Ermächtigung dem Zweck dient, den Güterverkehr der Bahn, insbesondere den Wagenladungsverkehr, vor einem Verdrängungswettbewerb durch den Straßengüterverkehr zu schützen und seine Auslastung im Interesse bestmöglicher Wirtschaftlichkeit zu sichern. In zweiter Linie soll die Kontingentierung die Verkehrssicherheit schützen.
Das Ausmaß der Ermächtigung läßt sich hinreichend deutlich aus ihrem Zweck erschließen. Wenn die Höchstzahlen in erster Linie im Hinblick auf das öffentliche Verkehrsbedürfnis festzusetzen sind, dann bedeutet dies, daß sie an dem Verkehrsbedürfnis zu orientieren sind, das von der Bundesbahn aus kapazitätsmäßigen, verkehrstechnischen oder verkehrswirtschaftlichen Gründen nicht befriedigt werden kann, für das also im gesamtwirtschaftlichen Interesse Fahrzeuge des Straßengüterfernverkehrs in hinreichender Zahl bereitgehalten werden müssen.BVerfGE 40, 196 (230)
BVerfGE 40, 196 (231)Diese Zahl kann der Bundesverkehrsminister verhältnismäßig zuverlässig ermitteln, wenn er berücksichtigt:
a) die Nachfrage nach Verkehrsleistungen der Bahn und des Güterfernverkehrsgewerbes; über die Beförderungsleistungen im Güterfernverkehr besitzt die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr infolge der Tarifüberwachung (§ 54 ff. GüKG) einen genauen Überblick;
b) die Entwicklung der Industrieproduktion, des Imports und Exports sowie des Bruttosozialprodukts;
c) die Zahl der Anträge auf neue Güterfernverkehrsgenehmigungen und vor allem auf Erteilung von Beförderungsbescheinigungen für den Werkverkehr, der den gewerblichen Güterfernverkehr zum Teil ersetzen kann;
d) die Anzahl der Genehmigungen für Einzelfahrten, die nach § 19a GüKG erteilt werden können, "wenn und soweit dies zur Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern oder zur Vermeidung schwerwiegender volkswirtschaftlicher Nachteile zwingend geboten ist";
e) die Entwicklung im Güternahverkehr, der in Grenzbereichen (insbesondere Zonenrandgebiet und Schleswig-Holstein) mit Hilfe eines "angenommenen Standorts" (§ 6a Abs. 1 und 2 GüKG) auch Beförderungen ausführen darf, die eigentlich Fernverkehr sind.
Die daraus abzulesenden regionalen Unterschiede in der Entwicklung des neben dem Angebot der Bundesbahn bestehenden Verkehrsbedürfnisses bestimmen auch die Verteilung der Höchstzahlen auf die Länder, ohne daß dies ausdrücklich in der Ermächtigung erwähnt zu werden braucht.
VII.
 
Die Beschwerdeführer haben lebhafte Kritik an dem Verfahren bei der Vergabe der im Rahmen der Höchstzahlen zur Verfügung stehenden Genehmigungen für den Güterfernverkehr geübt. Es besteht kein Anlaß, diesen Beanstandungen im einzelnen nachzugehen, weil die Beschwerdeführer nicht geltendBVerfGE 40, 196 (231) BVerfGE 40, 196 (232)machen, daß sie selbst bei der Verteilung freier Genehmigungen unzulässig benachteiligt worden seien.
Das Güterkraftverkehrsgesetz regelt das Verfahren der Verteilung der Genehmigungen nicht. Es werden Richtlinien angewendet, die aber nicht einheitlich in allen Ländern gelten und zum Teil wohl auch nicht veröffentlicht sind. Offensichtlich haben sich daraus Unzuträglichkeiten entwickelt; als besonders anstößig wird empfunden, daß anscheinend in einigen Bezirken unter der Mitwirkung von Behörden ein "Handel" mit Güterfernverkehrsgenehmigungen im Wege des Verzichts unter der Bedingung der Erteilung der Genehmigung an den vom Verzichtenden benannten Erwerber stattfindet. Diese Praxis verstößt gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Auch die Bundesregierung weist in ihrem "Entschließungsbericht" vom 28. Juni 1972 (BTDrucks. VI/3620, S. 9) zutreffend darauf hin, daß die Kontingentierung der Genehmigungen einen schweren Eingriff in die Freiheit der Berufswahl darstellt und daß gerade deshalb jedem Bewerber nach Möglichkeit gleiche Chancen eingeräumt werden müssen. Diese Chancengleichheit würde nicht mehr bestehen, wenn die Genehmigungen übertragbar wären und zum Gegenstand privater Geschäfte gemacht werden könnten.
§ 11 Abs. 1 Satz 2 GüKG verbietet die Übertragung der Güterfernverkehrsgenehmigungen, außer in Verbindung mit der Übertragung eines Unternehmens im ganzen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 GüKG). Infolgedessen müssen alle frei werdenden Genehmigungen an die Genehmigungsbehörden zurückgegeben und von diesen ohne Bindung an die Wünsche und Bedingungen der Beteiligten nach allgemein geltenden Grundsätzen neu vergeben werden. Der Gesetzgeber wird zu prüfen haben, ob die Maßstäbe und Kriterien, die bei der Vergabe der Genehmigungen zugrunde zu legen sind, nicht im Gesetz selbst deutlichen Ausdruck finden sollten.
(gez.) Dr. Benda Ritterspach Dr. Haager Rupp-v. Brünneck Dr. Böhmer Dr. Brox Dr. Simon Dr. FallerBVerfGE 40, 196 (232)