1. Das Eingriffsgewicht einer Standortermittlung ist regelmäßig erhöht, wenn wegen der damit verbundenen potentiell hohen Persönlichkeitsrelevanz die Erstellung eines Bewegungsprofils möglich ist.
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a) Das Eingriffsgewicht wiegt noch nicht sehr schwer, wenn eine Überwachung auf punktuelle Maßnahmen begrenzt ist. Es wird allerdings bereits dann nicht unerheblich erhöht, wenn punktuelle Maßnahmen über einen längeren Zeitraum hinweg durchgeführt werden.
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b) Einen schwerwiegenden Eingriff begründen jedenfalls Maßnahmen, mit denen der Standort einer Person sowohl im engen Zeittakt als auch über einen längeren Zeitraum hinweg ermittelt werden kann. Dabei können grundsätzlich auch lückenhafte Bewegungsprofile einen schwerwiegenden Eingriff mit hoher Persönlichkeitsrelevanz darstellen. Denn auch durch sie können Verhaltensweisen, Routinen, persönliche Neigungen und Vorlieben relativ zuverlässig überwacht werden.
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2. Die Qualifizierung einer Straftat als besonders schwer muss in der Strafnorm selbst einen objektivierten Ausdruck finden, also insbesondere in deren Strafrahmen und gegebenenfalls in tatbestandlich umschriebenen oder in einem Qualifikationstatbestand enthaltenen Begehungsmerkmalen und Tatfolgen.
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a) Ausgehend vom Strafrahmen einer Strafnorm liegt eine besondere Schwere einer Straftat jedenfalls dann vor, wenn sie mit einer Höchstfreiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren bedroht ist.
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b) Auch eine Straftat mit einer angedrohten Höchstfreiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren kann als besonders schwer eingestuft werden, wenn dies nicht nur unter Berücksichtigung des jeweils geschützten Rechtsguts und dessen Bedeutung für die Rechtsgemeinschaft, sondern auch unter Berücksichtigung der Tatbegehung und Tatfolgen vertretbar erscheint.
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c) Für Staatsschutzdelikte oder sonstige im Einzelfall gegen Verfassungsschutzgüter gerichtete Delikte gelten keine modifizierten Anforderungen.
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Beschluss | |
des Ersten Senats vom 17. Juli 2024
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– 1 BvR 2133/22 – | |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde 1. der Frau (...), 2. des Herrn (...), 3. der Frau (...), 4. des Herrn (...), 5. des Herrn (...), – Bevollmächtigte: 1. Prof. Dr. Tobias Singelnstein, Goethe-Universität Frankfurt – Rechtswissenschaft –, 60629 Frankfurt am Main, – Bevollmächtigter zu Ziff 1 bis 5 - 2. (...) – gegen § 3 Absatz 2, § 8 Absatz 4, § 9 ![]() ![]() | |
Entscheidungsformel: | |
1. § 20a Satz 1 Hessisches Verfassungsschutzgesetz (HVSG) in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes vom 20. Juli 2023 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen Seite 614) verstößt, soweit er auf § 20a Satz 3 Hessisches Verfassungsschutzgesetz Bezug nimmt, gegen Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes und ist nichtig.
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2. § 9 Absatz 1 Nummer 2, § 10 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, Satz 2, § 12 Absatz 1 Satz 1 sowie § 20a Satz 1, soweit er auf § 20a Satz 2 Buchstabe b Bezug nimmt, und § 20b Absatz 2 Hessisches Verfassungsschutzgesetz sowie § 9 Absatz 1 Nummer 2, Absatz 2 und § 12 Absatz 1 Hessisches Verfassungsschutzgesetz, soweit sie auf § 3 Absatz 2 Satz 2 und § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 Hessisches Verfassungsschutzgesetz Bezug nehmen, sind mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.
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3. Bis zu einer Neuregelung, längstens bis zum 31. Dezember 2025 gelten die für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Vorschriften mit folgenden Maßgaben fort: a) Technische Mittel nach § 9 Absatz 1 Nummer 2 Hessisches Verfassungsschutzgesetz dürfen, soweit kein Fall des § 9 Absatz 2 Hessisches Verfassungsschutzgesetz vorliegt, nur zur punktuellen und nicht längerfristigen Nachverfolgung der Bewegungen des Mobilfunkendgerätes einer beobachteten Person eingesetzt werden. b) Soweit § 9 Absatz 1 Nummer 2, Absatz 2 Nummern 1 und 2 sowie § 12 Absatz 1 Hessisches Verfassungsschutzgesetz auf § 3 ![]() ![]() c) Für besondere Auskunftsersuchen nach § 10 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Hessisches Verfassungsschutzgesetz in Verbindung mit § 2 Absatz 2 Nummern 2 bis 5 Hessisches Verfassungsschutzgesetz sowie nach § 10 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, Satz 2 Nummern 1 und 2 Hessisches Verfassungsschutzgesetz müssen auch tatsächliche Anhaltpunkte vorliegen, die es möglich erscheinen lassen, dass die Schutzgüter des Verfassungsschutzes konkret bedroht sind und dass das gegen sie gerichtete Handeln erfolgreich sein kann. d) Die Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln erlangter personenbezogener Daten nach § 20b Absatz 2 Hessisches Verfassungsschutzgesetz an inländische öffentliche Stellen, die über operative Anschlussbefugnisse verfügen, ist nur zulässig, wenn eine mindestens konkretisierte Gefahr vorliegt. | |
4. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.
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5. Das Land Hessen hat den Beschwerdeführenden zu 1) und 2) je die Hälfte, den Beschwerdeführenden zu 3) bis 5) dagegen je ein Drittel ihrer notwendigen Auslagen aus dem Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
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Gründe: | |
A. | |
Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Verfassungsmäßigkeit von Vorschriften des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes (HVSG) in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Änderung sicherheitsrechtlicher Vorschriften und zur Umorganisation der hessischen Bereitschaftspolizei vom 29. Juni 2023 (GVBl Hessen S. 456), das am 12. Juli 2023 in Kraft getreten und am 20. Juli 2023 neu bekannt gemacht worden ist (GVBl Hessen S. 614).
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I.
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Die Beschwerdeführenden wandten sich mit ihrer am 2. Juli 2019 erhobenen Verfassungsbeschwerde zunächst gegen ein ![]() ![]() | |
Während des laufenden Verfassungsbeschwerdeverfahrens ist das Hessische Verfassungsschutzgesetz zum 12. Juli 2023 geändert worden. Durch diese Änderung sollte das Gesetz unter anderem an die Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 26. April 2022, das verschiedene Normen des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes für verfassungswidrig erklärt hatte (BVerfGE 162, 1 – Bayerisches Verfassungsschutzgesetz), angepasst werden (vgl. HessLTDrucks 20/10821, S. 16). Die Beschwerdeführenden haben daraufhin die Verfassungsbeschwerde im September 2023 umgestellt und im Übrigen erweitert.
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Die für das Verfahren relevanten Vorschriften des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes haben in der hier maßgeblichen Fassung den folgenden Wortlaut:
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(1) Das Landesamt ist zuständig für die Zusammenarbeit Hessens mit dem Bund und den anderen Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. Aufgabe des Landesamts ist es, es den zuständigen Stellen zu ermöglichen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu treffen. Das Landesamt hat auch die Aufgabe, den in Abs. 2 genannten Bestrebungen und Tätigkeiten durch Information, Aufklärung und Beratung entgegenzuwirken und vorzubeugen (Prävention). Zur Aufklärung der Öffentlichkeit erstellt das Landesamt mindestens einmal jährlich einen Bericht über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Abs. 2 oder tatsächliche Anhaltspunkte hierfür. Der Bericht wird von dem für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium herausgegeben und auf der Internetseite des Landesamts für fünf Jahre bereitgestellt. ![]() ![]() | |
(1) Die Begriffsbestimmungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 bis 4 sowie Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes finden Anwendung. (2)Erheblich beobachtungsbedürftig sind Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 oder solche Bestrebungen, die allgemein, insbesondere nach Verhaltens-oder Wirkungsweise, geeignet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes erheblich zu beeinträchtigen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Bestrebungen 1. zur Zielverfolgung a) Gewalt anwenden, androhen, fördern oder befürworten, b) zu Hass oder Willkürmaßnahmen anstacheln oder c) andere Straftaten begehen oder darauf gerichtet sind, 2. verdeckt vorgehen, insbesondere Ziele, Organisation, Finanzierung, Beteiligte, Zusammenarbeit oder Aktionen in wesentlichem Umfang verschleiern, 3. erhebliche gesellschaftliche Bedeutung besitzen, insbesondere unter Berücksichtigung der Anzahl der Beteiligten, deren Mobilisierungsfähigkeit, der Finanzkraft sowie der Aktionsfähigkeit oder 4. in erheblichem Umfang gesellschaftlichen Einfluss auszuüben suchen, insbesondere durch a) Vertretung in Ämtern und Mandaten, ![]() ![]() c) systematische Desinformationen in öffentlichen Prozessen politischer Willensbildung oder zur Verächtlichmachung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, auch durch systematische Verunglimpfung ihrer Institutionen und Repräsentanten, oder d) Herbeiführung einer Atmosphäre der Angst oder Bedrohung zur Förderung ihrer Zielverfolgung. (3) Voraussetzung für die Einstufung gemäß Abs. 2 ist, dass hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Sachverhalte nach Abs. 2 Satz 1 vorliegen. Die Beobachtungsbedürftigkeit ist jährlich zu überprüfen. Die Einstufung der Beobachtungsbedürftigkeit nach Abs. 2 Satz 1 entfällt in der Regel, wenn nach fünf Jahren kein die Einstufung nach Abs. 2 Satz 2 begründender Sachverhalt hinreichend festgestellt ist oder eine fünf Jahre zurückliegende Feststellung sich zwischenzeitlich nicht neuerlich bestätigt hat. Wird im Rahmen der Überprüfung nach Satz 2 festgestellt, dass ein Sachverhalt nach Abs. 2 Satz 1, der einer bereits richterlich angeordneten Maßnahme zugrunde liegt, zwischenzeitlich entfallen ist, so ist die betreffende Maßnahme zu beenden, auch wenn die Frist der richterlichen Anordnung noch nicht abgelaufen ist. (4) [...] | |
(1) Das Landesamt darf Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln erheben. Für personenbezogene Daten gilt dies nur, wenn 1. bei der betroffenen Person tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 vorliegen und anzunehmen ist, dass auf diese Weise zusätzliche Erkenntnisse erlangt werden können, [...] (2) - (6) [...] | |
(1) - (3) [...] (4) Eine Maßnahme nach § 7 ist der betroffenen Person nach ihrer Einstellung mitzuteilen. Die Mitteilung unterbleibt, solange eine Gefährdung des Zwecks der Beschränkung nicht ausgeschlossen werden kann oder solange der Eintritt übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes absehbar ist. Erfolgt die nach Satz 2 zurückgestellte Mitteilung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Zustimmung des für die Anordnung zuständigen Gerichts. Das Gericht bestimmt die Dauer der weiteren Zurückstellung. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn das Gericht festgestellt hat, dass ![]() ![]() 2. sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft vorliegt und 3. die Voraussetzungen für eine Löschung sowohl beim Landesamt als auch beim Empfänger vorliegen. Eine Mitteilung kann auch auf Dauer unterbleiben, wenn überwiegende Interessen einer betroffenen Person entgegenstehen oder wenn die Identität oder der Aufenthaltsort einer betroffenen Person nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu ermitteln ist. Die Mitteilung obliegt dem Landesamt. Wurden personenbezogene Daten übermittelt, erfolgt die Mitteilung im Benehmen mit dem Empfänger. (5) - (7) [...] | |
(1) Das Landesamt darf im Einzelfall, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 erforderlich ist, technische Mittel einsetzen 1. zur Ermittlung der Geräte- oder Kartennummer und 2. zur Ermittlung des Standorts eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgeräts. (2) Technische Mittel nach Abs. 1 Nr. 2, die 1. nicht lediglich im Zusammenhang mit anderen operativen Maßnahmen zu deren Ermöglichung eingesetzt werden, insbesondere für Zwecke von Observationsmaßnahmen nach § 11 zur Bestimmung des Standorts der eingeloggten Funkzelle, sondern um anhand der Standortdaten die Bewegungen des Mobiltelefons nachzuverfolgen (Bewegungsprofil) und 2. zu diesem Zweck an mehr als drei aufeinanderfolgenden Tagen mehrfach täglich eingesetzt werden, dürfen nur eingesetzt werden, soweit dies zur Aufklärung einer erheblich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 2 im Einzelfall geboten ist. (3) § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 und die §§ 9 und 10 Abs. 2 und 3 des Artikel 10-Gesetzes gelten entsprechend. Maßnahmen nach Abs. 2 bedürfen einer richterlichen Anordnung. Die Anordnung ist auf höchstens sechs Monate zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als sechs weitere Monate sind zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Verlängerung ist die Gesamtdauer der Maßnahme zu berücksichtigen. | |
(1) [...] ![]() ![]() 1. Verkehrsunternehmen sowie Betreibern von Computerreservierungssystemen und Globalen Distributionssystemen für Flüge zu Namen und Anschriften von Kunden sowie zu Inanspruchnahme und Umständen von Transportleistungen, insbesondere zum Zeitpunkt von Abfertigung und Abflug und zum Buchungsweg, 2. Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen zu Konten, Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und über Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungsein- und -ausgänge, Auskünfte einholen. Im Fall des § 2 Abs. 2 Nr. 1 gilt dies nur für Bestrebungen, die bezwecken oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, 1. zu Hass- oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder deren Menschenwürde durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden anzugreifen und dadurch die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt zu fördern und den öffentlichen Frieden zu stören oder 2. Gewalt anzuwenden oder vorzubereiten, einschließlich des Befürwortens, Hervorrufens oder Unterstützens von Gewaltanwendung, auch durch Unterstützen von Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen. [...] (3) - (5) [...] (6) Bei Maßnahmen nach Abs. 2 und 4 ist § 4 des Artikel 10-Gesetzes, für Maßnahmen nach Abs. 2 mit Ausnahme des § 4 Abs. 4 des Artikel 10-Gesetzes, mit der Maßgabe nach § 6 Satz 3 und 4 dieses Gesetzes anzuwenden, die §§ 9, 10 Abs. 2 und 3, § 11 Abs. 1 und 2, § 12 Abs. 1 und 3, § 17 Abs. 3 des Artikel 10-Gesetzes sowie § 2 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Artikel 10-Gesetz sind entsprechend anzuwenden. Abweichend von § 10 Abs. 3 des Artikel 10-Gesetzes genügt eine räumlich und zeitlich hinreichende Bezeichnung der Telekommunikation, sofern anderenfalls die Erreichung des Zwecks der Maßnahme aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Soweit dem Verpflichteten keine Entschädigung nach besonderen Bestimmungen zusteht, findet § 20 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. Im Übrigen hat der Verpflichtete die Auskunft unentgeltlich zu erteilen. (7) - (10) [...] ![]() | |
(1) - (7) [...] (8) Dauert eine langfristige Observation nach Abs. 2 durchgehend länger als eine Woche oder findet sie an mehr als 14 Tagen innerhalb eines Monats statt, ist die Maßnahme der betroffenen Person nach ihrer Einstellung mitzuteilen. Die Mitteilung unterbleibt, solange eine Gefährdung des Zwecks der Beschränkung nicht ausgeschlossen werden kann oder solange der Eintritt übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes absehbar ist. Erfolgt die nach Satz 2 zurückgestellte Mitteilung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Zustimmung der Behördenleitung. Die Behördenleitung bestimmt die Dauer der weiteren Zurückstellung. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn 1. eine der Voraussetzungen in Satz 2 auch nach fünf Jahren nach Beendigung der Maßnahme noch vorliegt, 2. sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft vorliegt und 3. die Voraussetzungen für eine Löschung vorliegen. Eine Mitteilung kann auch auf Dauer unterbleiben, wenn überwiegende Interessen einer betroffenen Person entgegenstehen oder wenn die Identität oder der Aufenthaltsort einer betroffenen Person nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu ermitteln ist.7Die Mitteilung obliegt dem Landesamt. | |
(1) Das Landesamt darf eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter einer ihnen verliehenen und auf Dauer angelegten Legende (Verdeckte Mitarbeiterinnen und Verdeckte Mitarbeiter) einsetzen, wenn dies zur Aufklärung einer bestimmten nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit im Einzelfall geboten ist. Der Einsatz Verdeckter Mitarbeiterinnen und Verdeckter Mitarbeiter für eine Dauer von länger als sechs Monaten ist nur zulässig, wenn dieser zur Aufklärung einer erheblich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 2 unerlässlich ist. (2) Eine Maßnahme nach Abs. 1 darf sich gezielt nur gegen eine Person richten, von der auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie entweder 1. an der Bestrebung oder Tätigkeit beteiligt ist oder 2. mit einer Person nach Nr. 1 in Kontakt steht und a) von der Bestrebung oder Tätigkeit Kenntnis hat oder ![]() ![]() (3) Maßnahmen nach Abs. 1 bedürfen einer richterlichen Anordnung. Die Anordnung ist auf höchstens zwölf Monate zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als zwölf weitere Monate sind zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Verlängerung ist die Gesamtdauer der Maßnahme zu berücksichtigen. (4) Bei der Planung von Einsatzumständen sollen nach Möglichkeit Situationen vermieden werden, bei denen regelmäßig Erkenntnisse gewonnen werden würden 1. aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung oder 2. bei einer Rechtsanwältin, einem Rechtsanwalt, einem Kammerrechtsbeistand, einer der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 4 der Strafprozessordnung genannten Person oder einer diesen nach § 53a Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung gleichstehenden Person, über die der Berufsgeheimnisträger das Zeugnis verweigern dürfte. Bei einem gegen eine Person gerichteten Einsatz darf unter keinen Umständen der Kernbereich zum Ziel staatlicher Ermittlungen gemacht werden. Insbesondere dürfen zum Aufbau oder zum Erhalt eines Vertrauensverhältnisses keine intimen Beziehungen oder vergleichbar engste persönliche Bindungen begründet oder fortgeführt werden. Entstehen solche Bindungen, ist der Einsatz gegen diese Person abzubrechen. (5) Erfolgt während der Maßnahme eine unmittelbare Kenntnisnahme und ergeben sich tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne von Abs. 4 Satz 1, ist die Maßnahme unverzüglich zu unterbrechen, sobald dies ohne Gefährdung von Leib oder Leben oder Enttarnung eingesetzter Personen möglich ist. Unterbleibt ein Abbruch aufgrund einer Gefährdung nach Satz 1, sind die Tatsache des Eindringens in den Kernbereich privater Lebensgestaltung und die Umstände des Fortsetzens der Maßnahme zu dokumentieren. Die Maßnahme darf fortgeführt werden, wenn keine Anhaltspunkte nach Abs. 4 Satz 1 mehr vorliegen. Soweit Erkenntnisse im Sinne von Abs. 4 Satz 1 durch eine Maßnahme erlangt worden sind, dürfen sie nicht verwendet werden und sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Dokumentation ist am Ende des Kalenderjahres, das der Protokollierung folgt, zu löschen. ![]() ![]() (7) Bestehen Zweifel, ob bei einer Maßnahme Erkenntnisse im Sinne von Abs. 4 Satz 1 gewonnen worden sind, entscheidet der behördliche Datenschutzbeauftragte. Dieser entscheidet unverzüglich über die Verwendbarkeit und Löschung der Daten. (8) Verdeckte Mitarbeiterinnen und Verdeckte Mitarbeiter dürfen weder zur Gründung von Bestrebungen nach § 2 Abs. 2 noch zur steuernden Einflussnahme auf derartige Bestrebungen eingesetzt werden. Sie dürfen in Personenzusammenschlüssen oder für diese tätig werden, auch wenn dadurch ein Straftatbestand verwirklicht wird. Im Übrigen dürfen Verdeckte Mitarbeiterinnen und Verdeckte Mitarbeiter im Einsatz bei der Beteiligung an Bestrebungen solche Handlungen vornehmen, die 1. nicht in Individualrechte eingreifen, 2. von den an den Bestrebungen Beteiligten derart erwartet werden, dass sie zur Gewinnung und Sicherung der Informationszugänge unumgänglich sind, und 3. nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts stehen. Sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Verdeckte Mitarbeiterin oder ein Verdeckter Mitarbeiter rechtswidrig einen Straftatbestand von erheblicher Bedeutung verwirklicht hat, wird ihr oder sein Einsatz unverzüglich beendet und die Strafverfolgungsbehörde unterrichtet. Über Ausnahmen von Satz 4 entscheidet die Behördenleitung oder ihre Vertretung. (9) - (10) [...] | |
(1) Für den Einsatz von Privatpersonen, deren planmäßige, dauerhafte Zusammenarbeit mit dem Landesamt Dritten nicht bekannt ist (Vertrauensleute), gilt § 12 Abs. 1 bis 9 entsprechend. Vor der Weitergabe von Informationen an die VP-Führung haben Vertrauensleute selbst zu prüfen, ob durch die Informationen oder die Art und Weise, in der sie erlangt wurden, Erkenntnissen im Sinne von § 12 Abs. 4 Satz 1 berührt sind. Die VP-Führung hat die gewonnenen Informationen auf Erkenntnisse im Sinne von § 12 Abs. 4 Satz 1 [zu] überprüfen, bevor sie zur Verwertung weitergegeben werden. (2) [...] ![]() | |
(1) Das Landesamt darf zur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten in Dateien speichern, verändern und nutzen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 vorliegen, 2. dies für die Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 erforderlich ist oder 3. das Landesamt nach § 2 Abs. 3 tätig wird. Unterlagen, die nach Satz 1 gespeicherte Angaben belegen, dürfen auch gespeichert werden, wenn in ihnen weitere personenbezogene Daten Dritter enthalten sind. Eine Abfrage von Daten Dritter ist unzulässig. (2) - (6) [...] (7) Das Landesamt prüft bei der Einzelfallbearbeitung und im Übrigen nach von ihm festgesetzten angemessenen Fristen, spätestens jedoch nach fünf Jahren, ob gespeicherte personenbezogene Daten zur Aufgabenerfüllung noch erforderlich sind; wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Person eine der in § 3 Abs. 1 und 1a des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat, erfolgt die Prüfung in der Regel erst nach zehn Jahren. Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 3 bis 5 sind spätestens 15 Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, die Behördenleitung trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. Enthalten Sachakten oder Akten zu anderen Personen personenbezogene Daten, die nach Satz 2 zu löschen sind, dürfen sie nicht mehr verwendet werden. Soweit Daten automatisiert verarbeitet oder Akten automatisiert erschlossen werden, ist auf den Ablauf der Fristen nach Satz 1 und 2 hinzuweisen. Nicht erforderliche Daten sind zu löschen. (8) - (11) [...] | |
(1) - (2) [...] (3) Die Übermittlung personenbezogener Daten nach Abs. 1, die aufgrund einer Maßnahme nach § 100a der Strafprozessordnung bekannt geworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine der in § 3 Abs. 1 und 1a des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die dem Landesamt nach Satz 1 übermittelten Kenntnisse und Unterlagen findet § 4 Abs. 1 und 4 bis 6 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. (4) [...] ![]() | |
Das Landesamt darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobene personenbezogene Daten an Polizeibehörden übermitteln, soweit dies erforderlich ist zur Abwehr einer wenigstens konkretisierten Gefahr für 1. die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes, 2. den Bestand oder die Sicherheit anderer Staaten oder internationaler Organisationen, denen Deutschland angehört, oder das friedliche Zusammenleben der Völker, 3. Menschenwürde, Leib, Leben, Gesundheit, sexuelle Selbstbestimmung oder Freiheit einer Person oder 4. Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse geboten ist. Satz 1 gilt auch für die Übermittlung an sonstige Gefahrenabwehrbehörden, wenn sie den Einsatz operativer Zwangsbefugnisse ermöglichen soll. | |
Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand eine besonders schwere Straftat begangen (§ 25 des Strafgesetzbuchs), an der Begehung teilgenommen (§§ 26, 27 des Strafgesetzbuchs) oder die Beteiligung versucht (§§ 22, 23, 30 des Strafgesetzbuchs) hat, darf die Verfassungsschutzbehörde mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobene personenbezogene Daten an die Strafverfolgungsbehörden übermitteln, soweit dies zur Verfolgung der Tat erforderlich ist. Besonders schwere Straftaten sind solche, die mit einer Höchststrafe bedroht sind von mindestens a) zehn Jahren Freiheitsstrafe oder b) fünf Jahren Freiheitsstrafe, wenn sie im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer beobachtungsbedürftigen Bestrebung i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 1, 3, 4 oder 5 oder in Ausübung einer beobachtungsbedürftigen Tätigkeit i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 begangen werden. Besonders schwere Straftaten sind ferner sonstige gegen Leib, Leben, Gesundheit, sexuelle Selbstbestimmung, Freiheit oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse geboten ist, gerichtete Straftaten, soweit im Einzelfall tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Tatentschluss auf einem rassistischen, fremdenfeindlichen, antisemitischen oder sonstigen menschenverachtenden Beweggrund oder Ziel beruht, und die Tat geeignet ist, ![]() ![]() 2. Personen von der Teilhabe an der demokratischen Willensbildung auszuschließen oder nachhaltig zu hindern oder 3. das Vertrauen von Teilen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts zu erschüttern. | |
(1) [...] (2) Das Landesamt darf von sich aus mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobene personenbezogene Daten an sonstige inländische öffentliche Stellen zum Schutz eines der in § 20 genannten Rechtsgüter übermitteln, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies im Einzelfall zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist. (3) [...] | |
(1) Das Landesamt darf personenbezogene Daten an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung im Einzelfall zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Sind die Daten mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhoben worden, sind die §§ 20 bis 20b entsprechend anzuwenden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn erkennbar ist, dass 1. auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder 2. überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen, insbesondere, wenn hierdurch Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder sonstige elementare Menschenrechte gefährdet würden oder Verletzungen von elementaren rechtsstaatlichen Grundsätzen drohen oder 3. im Einzelfall ein datenschutzrechtlich angemessener Umgang mit den Daten beim Empfänger nicht hinreichend gesichert ist. [...] (2) [...] | |
(1) Das Landesamt erteilt der betroffenen Person über zu ihrer oder seiner Person gespeicherte Daten auf Antrag unentgeltlich Auskunft, soweit die betroffene Person hierzu ein besonderes Interesse an einer Auskunft darlegt. Legt die betroffene Person nach Aufforderung ![]() ![]() 1. die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen und 2. Daten, die nicht strukturiert in automatisierten Dateien gespeichert sind, es sei denn, die betroffene Person macht Angaben, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand steht nicht außer Verhältnis zu dem von der betroffenen Person dargelegten Auskunftsinteresse. Das Landesamt bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen. (2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit durch sie 1. eine Gefährdung der Erfüllung der Aufgaben zu besorgen ist, 2. Nachrichtenzugänge gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise des Landesamts zu befürchten ist, 3. die öffentliche Sicherheit gefährdet oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes ein Nachteil bereitet würde oder 4. Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung preisgegeben werden, die nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen. Die Entscheidung trifft die Behördenleitung oder eine von ihr besonders beauftragte Mitarbeiterin oder ein von ihr besonders beauftragter Mitarbeiter. (3) [...] | |
II.
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Die Beschwerdeführenden wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen verschiedene im Hessischen Verfassungsschutzgesetz geregelte Datenerhebungs- und Übermittlungsbefugnisse des Landesamts für Verfassungsschutz sowie gegen übergreifende Regelungen zur verfahrensmäßigen Ausgestaltung dieser Befugnisse. Sie sind der Ansicht, die angegriffenen Regelungen verletzten sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Schutz der informationellen Selbstbestimmung, der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme und als Recht am eigenen Wort und Bild sowie in Art. 10 Abs. 1 GG (Fernmeldegeheimnis), Art. 13 Abs. 1 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) und Art. 19 Abs. 4 GG (effektiver Rechtsschutz). ![]() | |
Die Beschwerdeführenden zu 1) und 2) seien Mitglieder und aktive Funktionsträger einer Organisation, die das Landesamt für Verfassungsschutz als extremistisch einstufe und deshalb beobachte. Das Landesamt habe über die Beschwerdeführenden, die beide mit einem Berufsverbot im Schuldienst belegt worden seien, nachweislich bereits Informationen zusammengetragen. Die Beschwerdeführenden stünden auch mit Mitgliedern anderer Organisationen in Kontakt, die vom Landesamt für Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft würden, und nähmen regelmäßig an antifaschistischen und friedenspolitischen Demonstrationen, Aktionen und Veranstaltungen teil.
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Die Beschwerdeführerin zu 3) vertrete als Rechtsanwältin Personen, denen vorgeworfen werde, ausländischen terroristischen Vereinigungen anzugehören oder sie zu unterstützen. Der Beschwerdeführer zu 4) sei als Rechtsanwalt im Polizei- und Versammlungsrecht tätig und vertrete Menschen aus dem "linken Spektrum". Viele Mandanten der Beschwerdeführenden zu 3) und 4) würden vom Landesamt beobachtet, weil ihnen die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vorgeworfen werde oder sie der linksextremistischen Szene zugeordnet würden. Der Beschwerdeführer zu 4) habe auch im Rahmen seines politischen Engagements Kontakte zu Personen, die vom Landesamt beobachtet würden. Der Beschwerdeführer zu 5) sei freier Journalist. Er berichte häufig über politisch links ausgerichtete Gruppen und kommuniziere dazu mit Menschen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit durch das Landesamt oder die hessische Polizei beobachtet würden. Er pflege auch regelmäßige Kontakte zu regimekritischen Personen aus dem Ausland. Im Rahmen seines politischen Engagements stehe er in Kontakt mit Personen, die unter Beobachtung des Landesamts stünden.
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Die Wahrscheinlichkeit, dass die Beschwerdeführenden zu 1) bis 5) von Überwachungsmaßnahmen betroffen sein könnten, sei weit erhöht. Für die Beschwerdeführenden zu 1) und 2) bestehe ![]() ![]() | |
2. Die Verfassungsbeschwerde sei begründet.
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a) § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG (Ortung von Mobilfunkendgeräten) sei verfassungswidrig. Da die Vorschrift auch zur Erstellung von Bewegungsprofilen ermächtige, sei die Eingriffsschwelle zu niedrig. Zwar stelle § 9 Abs. 2 HVSG für besonders eingriffsintensive Ortungen erhöhte Anforderungen an die Beobachtungsbedürftigkeit einer Bestrebung; die Regelung erfasse aber nicht alle rechtlich und tatsächlich möglichen besonders eingriffsintensiven Ortungen; auch der Richtervorbehalt greife insoweit nicht. § 9 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG werde überdies den verfassungsrechtlichen Vorgaben an die erforderliche gesteigerte Beobachtungsbedürftigkeit nicht gerecht, da die in § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG genannten Tatbestände stets die erhebliche Beobachtungsbedürftigkeit einer Bestrebung oder Tätigkeit begründeten, ohne dass es auf ihre tatsächliche Potentialität ankomme (unter Verweis auf BVerfGE 162, 1 [92 ff. Rn. 192 ff.]). Die in § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe c und Nr. 4 HVSG genannten Tatbestände seien überdies zu weit gefasst, denn es genüge für die Annahme einer erheblichen Beobachtungsbedürftigkeit, wenn Personen zur Zielverfolgung vereinzelt Bagatellstraftaten begingen oder lediglich den Vorsatz hätten, gesellschaftlichen Einfluss auszuüben.
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b) Die Ermächtigung in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG (besonderes Auskunftsersuchen bei Verkehrsunternehmen und über Flüge) eröffne weitreichende Einblicke in die private Lebensgestaltung. Gemessen am potentiell hohen Eingriffsgewicht der Maßnahme ![]() ![]() | |
c) 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG (Einsatz Verdeckter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) genüge nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, soweit die Regelung auch zu Eingriffen mit erhöhtem Gewicht ermächtige. Zwar sehe § 12 Abs. 1 Satz 2 HVSG für länger als sechs Monate dauernde Einsätze eine erhöhte Eingriffsschwelle vor. Kürzere Einsätze, denen je nach Ausgestaltung und Eigenart der Beziehung zwischen verdeckt Ermittelnden und der beobachteten Person ein ebenso hohes Eingriffsgewicht zukommen könne (unter Verweis auf BVerfGE 162, 1 [154 Rn. 341]), würden dagegen nicht erfasst. Soweit auf § 3 Abs. 2 HVSG verwiesen werde, leide die Vorschrift an denselben Mängeln wie § 9 Abs. 2 HVSG.
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Unzulänglich sei auch § 12 Abs. 3 Satz 2 HVSG, soweit dieser die Möglichkeit vorsehe, eine richterliche Einsatzanordnung auf zwölf Monate zu befristen. Dies berge die Gefahr, dass das Erfordernis einer substantiellen Vorabkontrolle faktisch ausgehöhlt werde. Auch der Kernbereichsschutz in § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 HVSG sei verfassungsrechtlich nur unzureichend geregelt, da bei der Planung von Einsätzen nur nach Möglichkeit kernbereichsrelevante Situationen vermieden werden sollen (unter Verweis auf BVerfGE 165, 1 [61 Rn. 111] – Polizeiliche Befugnisse nach dem SOG MV).
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d) 20 Satz 2, § 20a, § 20b Abs. 2 und § 21 HVSG, die die Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobener personenbezogener Daten regelten, seien ebenfalls verfassungswidrig. Der Anwendungsbereich des § 20 Satz 2 HVSG sei zu eng gefasst, weshalb sich die Übermittlung an Gefahrenabwehrbehörden mit operativen Zwangsbefugnissen teilweise nach § 20b Abs. 2 HVSG richte, der keine wenigstens konkretisierte Gefahr für ein besonders wichtiges Rechtsgut voraussetze. Zudem ver ![]() ![]() | |
e) § 16 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 18 Abs. 3 HVSG (Weiterverarbeitung) verfehlten im Hinblick auf die Weiterverarbeitung von übermittelten Daten aus Wohnraumüberwachungen und Online-Durchsuchungen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Zweckänderung, weil sie die Weiterverarbeitung nicht entsprechend ihrem Eingriffsgewicht an das Vorliegen einer dringenden Gefahr oder einer im Einzelfall hinreichend konkretisierten Gefahr knüpften (unter Verweis auf BVerfGE 141, 220 [326, 329]).
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f) Die in § 9, 12, 13 HVSG fehlenden und in § 8 Abs. 4, § 10 Abs. 6 und § 11 Abs. 8 HVSG unzureichend ausgestalteten Benachrichtigungspflichten seien gemessen am Eingriffsgewicht der jeweils zugrundeliegenden Maßnahmen nicht entbehrlich beziehungsweise enthielten zu weit gefasste Ausnahmen. Auch der Auskunftsanspruch nach § 26 Abs. 1 HVSG sei in den Sätzen 1 und 3 zu weitgehend beschränkt. ![]() | |
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III.
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Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Hessische Landesregierung, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellung genommen.
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1. Die Hessische Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerde für teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
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§ 9 Abs. 1 HVSG sei verfassungsgemäß. Eine erhöhte Beobachtungsbedürftigkeit sei erst dann erforderlich, wenn durch die Ortung eines Mobilfunkendgeräts auch die Erstellung eines Bewegungsprofils beabsichtigt sei. Auch sei es unbedenklich, dass § 9 Abs. 2 Nr. 2 HVSG keine erhöhte Eingriffsschwelle vorsehe, wenn eine Ortung nur an weniger als drei aufeinanderfolgenden Tagen erfolge, da dies in der Regel nicht die Erstellung eines ausdrucksstarken Bewegungsprofils ermögliche. Bei den von § 9 Abs. 2 HVSG in Bezug genommenen Tatbeständen des § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG handele es sich lediglich um Indikatoren für die Potentialität und nicht um unwiderlegbare Vermutungen. Erforderlich sei stets eine Gesamtbetrachtung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 HVSG. Im Übrigen genüge es als Indiz für eine erhebliche Beobachtungsbedürftigkeit, wenn die Mitglieder einer Bestrebung zur Zielverfolgung Straftaten begingen oder die Bestrebung darauf ausgerichtet sei. § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe c HVSG sei daher ebenso wenig zu beanstanden wie § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 HVSG. Eine Bestrebung könne auch dann gesteigert beobachtungsbedürftig sein, wenn sie nur danach suche, gesellschaftlichen Einfluss auszuüben.
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§ 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG verweise ausdrücklich auf das Kriterium der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Auch wenn die Dauer von sechs Monaten nicht überschritten werde, könne daher im Einzelfall die Voraussetzung des Vorliegens einer erheblich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 HVSG zu fordern sein. § 12 Abs. 3 HVSG eröffne dem Gericht lediglich die Möglichkeit einer Anordnung bis zu zwölf Monaten. Ungeachtet dessen sei der Einsatz Verdeckter Ermittler seiner Natur nach eine langfristig angelegte Maßnahme zur Aufklärung einer Bestrebung. Die Ermittler könnten oftmals erst nach einem gewissen zeitlichen Vorlauf überhaupt relevante Erkenntnisse generieren.
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Soweit gerügt werde, dass § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 HVSG auch die Nutzung von übermittelten Daten aus Wohnraumüberwachungen und Zugriffen auf informationstechnische Systeme umfasse, hätten die Beschwerdeführenden schon nicht dargelegt, hiervon ernstlich betroffen sein zu können.
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§ 16 Abs. 7 HVSG sei verfassungsgemäß, zumal die Norm Flexibilität für Rückausnahmen biete und es dem Landesamt überlasse, die Erforderlichkeit weiterer Speicherung schon vor Ablauf der Zehnjahresfrist zu prüfen. Die aufgeworfene Frage nach der Verweisungsart lasse sich mit einem Blick in das Gesetz beantworten. Die erste Verweisung auf das Artikel 10-Gesetz finde sich in § 2 Abs. 4 HVSG und sei eine statische. Diese Fassung sei auch mit allen späteren Verweisungen auf das Artikel 10-Gesetz gemeint.
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Hinsichtlich § 20, § 20b Abs. 2 HVSG sei ein pauschales Abstellen darauf, dass eine Behörde über operative Zwangsbefugnisse verfüge, verfassungsrechtlich nicht geboten. Eine solche institutionsbezogene Betrachtung legte zudem einen wesentlichen Aufgabenbereich der Verfassungsschutzbehörden lahm. Hinsichtlich § 20a HVSG sei es Sache des Gesetzgebers, einen die Übermittlung für Strafverfolgungszwecke rechtfertigenden Straftatenkatalog normenklar zu bestimmen, wobei die betrof ![]() ![]() | |
2. Nach Auffassung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sind die angegriffenen Regelungen teilweise verfassungswidrig. Hinsichtlich § 10 Abs. 2 Nr. 1 HVSG liege ein intensiver Grundrechtseingriff vor, für den die Eingriffsvoraussetzungen nicht hinreichend geregelt seien und es an einer unabhängigen Vorabkontrolle fehle (unter Verweis auf BVerfGE 162, 1 [149 f. Rn. 332]). Die Einschränkungen des Auskunftsanspruchs nach § 26 HVSG würden der zentralen Bedeutung für die Kontrollrechte des Einzelnen gegenüber Nachrichtendiensten nicht gerecht.
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3. Nach Ansicht des Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit ist es zweifelhaft, ob die in § 10 Abs. 2 HVSG geregelten Eingriffsschwellen mit den grund- und datenschutzrechtlichen Anforderungen vereinbar seien, da die Erstellung von Bewegungsprofilen möglich sei. Es bestehe ein Interesse an der Feststellung, was unter dem in § 20 Satz 2 HVSG verwendeten Begriff der operativen Zwangsbefugnisse zu verstehen sei. Die Definition der besonders schweren Straftat in § 20a Satz 2 und 3 HVSG knüpfe nebeneinander an ganz unterschiedliche Punkte an, was die Bestimmtheit und Rechtssicherheit beeinträchtige. ![]() | |
1. Die Beschwerdeführenden hatten mit ihrer ursprünglichen Beschwerdeschrift vom 2. Juli 2019 mehrere Normen des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes und des Hessischen Gesetzes über die Sicherheit und Ordnung (HSOG) angegriffen. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen § 25a HSOG richtete, ist über sie mit Urteil vom 16. Februar 2023 (BVerfGE 165, 363 – Automatisierte Datenanalyse) entschieden und das hiesige Verfahren abgetrennt worden. Die verbliebenen Vorschriften sind durch Gesetz zur Änderung sicherheitsrechtlicher Vorschriften und zur Umorganisation der hessischen Bereitschaftspolizei vom 29. Juni 2023 zum Teil geändert worden. Hierauf haben die Beschwerdeführenden reagiert und ihre Verfassungsbeschwerde insoweit umgestellt und erweitert.
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2. Die im Laufe des Verfahrens zum Teil geänderten oder neu eingeführten Vorschriften sind wirksam in ihrer Fassung vom 29. Juni 2023 zum Verfahrensgegenstand gemacht worden (vgl. dazu BVerfGE 155, 119 [158 Rn. 66 f.] – Bestandsdatenauskunft II). Im Ergebnis richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Datenerhebungsbefugnisse des Landesamts für Verfassungsschutz in § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 und § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe c und Nr. 4 HVSG (Ortung von Mobilfunkendgeräten), § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 HVSG (Besonderes Auskunftsersuchen bei Verkehrsunternehmen und zu Flügen) und § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 und § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe c und Nr. 4 HVSG (Einsatz von Verdeckten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie von Vertrauensleuten) sowie gegen die Befugnisse zur Übermittlung von Daten in § 20 Satz 2, § 20a, § 20b Abs. 2 und § 21 HVSG und zu deren Weiterverarbeitung in § 16 Abs. 1 Satz 1 und § 18 Abs. 3 HVSG. Darüber hinaus wenden sich die Beschwerdeführenden gegen übergreifende Regelungen zur verfahrensmäßigen Ausgestaltung der Überwachung in §§ 9, 12, 13 und § 8 Abs. 4, § 10 Abs. 6, § 11 Abs. 8 HVSG (Benachrichtigungspflichten), § 12 Abs. 3 Satz 2 und 3 HVSG (Anordnungsdauer), ![]() ![]() | |
Nicht als Verfahrensgegenstand anzusehen ist bei verständiger Auslegung der Verfassungsbeschwerde § 16 Abs. 1 Satz 2 HVSG. Da sich hierzu kein Vortrag findet, wäre eine entsprechende Rüge jedenfalls nicht hinreichend substantiiert. Soweit sich die Beschwerdeführenden undifferenziert gegen § 9 HVSG wenden, finden sich lediglich zu § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 HVSG auch Ausführungen zur Sache, weshalb die Verfassungsbeschwerde auch insoweit einschränkend auszulegen ist.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nur teilweise zulässig. Die Beschwerdeführenden haben nicht für alle angegriffenen Normen ihre Beschwerdebefugnis hinreichend dargelegt. Hinsichtlich einiger Normen sind die Anforderungen der Subsidiarität nicht gewahrt.
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1. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz, das zu heimlichen Überwachungsmaßnahmen ermächtigt, bestehen besondere Zulässigkeitsanforderungen bezüglich der Beschwerdebefugnis und der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. BVerfGE 165, 1 [29 ff. Rn. 37 ff.] – Polizeiliche Befugnisse nach SOG MV).
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a) Die Beschwerdebefugnis setzt nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG und nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG die hinreichend begründete Behauptung voraus, durch einen Akt der öffentlichen Gewalt in Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt zu sein. Dazu müssen sowohl die Möglichkeit der Grundrechtsverletzung (aa) als auch die eigene, unmittelbare und gegenwärtige Betroffenheit (bb) den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechend dargelegt sein.
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aa) Der die behauptete Rechtsverletzung enthaltende Vorgang muss substantiiert und schlüssig vorgetragen sein und die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung hinreichend deutlich erkennen lassen. Eine genaue Bezeichnung des Grundrechts, dessen Ver ![]() ![]() | |
bb) Für die Darlegung der unmittelbaren sowie der eigenen und gegenwärtigen Betroffenheit gelten bei einer Verfassungsbeschwerde gegen eine gesetzliche Ermächtigung zu heimlichen Überwachungsmaßnahmen besondere Anforderungen.
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(1) Von einer unmittelbaren Betroffenheit durch ein vollziehungsbedürftiges Gesetz ist im Falle heimlicher Überwachungsmaßnahmen auch dann auszugehen, wenn Beschwerdeführende den Rechtsweg nicht beschreiten können, weil sie keine Kenntnis von der Maßnahme erlangen oder wenn eine nachträgliche Bekanntgabe zwar vorgesehen ist, von ihr aber aufgrund weitreichender Ausnahmetatbestände auch langfristig abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 155, 119 [159 Rn. 73]).
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(2) Zur Begründung der Möglichkeit eigener und gegenwärtiger Betroffenheit durch eine gesetzliche Ermächtigung zu heimlichen Überwachungsmaßnahmen, bei der die konkrete Beeinträchtigung zwar erst durch eine Vollziehung erfolgt, die Betroffenen in der Regel aber keine Kenntnis von Vollzugsakten erlangen, reicht es aus, wenn die Beschwerdeführenden darlegen, mit einiger Wahrscheinlichkeit durch auf den angegriffenen Rechtsnormen beruhende Maßnahmen in eigenen Grundrechten berührt zu ![]() ![]() | |
Für die Wahrscheinlichkeit eigener Betroffenheit spricht eine große Streubreite der Überwachungsmaßnahme, wenn die Maßnahme also nicht auf einen tatbestandlich eng umgrenzten Personenkreis zielt, insbesondere wenn sie auch Dritte in großer Zahl zufällig erfassen kann. Hingegen kann nicht ohne Weiteres von der Wahrscheinlichkeit eigener Betroffenheit ausgegangen werden, wenn durch die Begrenzung auf bestimmte Eingriffsschwellen und zu schützende Rechtsgüter ein deutlicher Einzelfallbezug verlangt ist oder wenn ein Richtervorbehalt besteht. Dann bedarf es näherer Darlegungen, warum dennoch eine individuelle Betroffenheit hinreichend wahrscheinlich sein soll. Die Wahrscheinlichkeit eigener Betroffenheit kann sich auch aus spezifischen politischen, beruflichen oder privaten Verbindungen zu den von verdeckten Maßnahmen mit einiger Wahrscheinlichkeit als Zielpersonen Betroffenen ergeben (vgl. BVerfGE 141, 220 [262 Rn. 84]). Nicht erforderlich ist dabei der Vortrag von Informationen, die von einem Zeugnisverweigerungsrecht etwa nach §§ 52, 53, 53a StPO umfasst sind. In besonderen Fällen müssen die Beschwerdeführenden auch nähere Aussagen zu Art und Gegenstand der überwachbaren Techniken und Dienste sowie dem eigenen Nutzungsverhalten machen. Dies ist erforderlich, wenn sonst nicht ohne Weiteres erkennbar ist, ob bei der Nutzung überhaupt Daten anfallen, die in den Fokus sicherheitsrechtlicher Behördenaktivitäten geraten könnten (vgl.BVerfGE 165, 1 [32 Rn. 44]).
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b) Besondere Zulässigkeitsanforderungen ergeben sich auch aus der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde. Zwar steht unmittelbar gegen Parlamentsgesetze kein ordentlicher Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 BVerfGG zur Verfügung, der vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde erschöpft werden muss. Die ![]() ![]() | |
Wenn sich die Beschwerdeführenden unmittelbar gegen ein Gesetz wenden, kann daher auch die Erhebung einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage zu den zuvor zu ergreifenden Rechtsbehelfen gehören. Das ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn die Vorschriften abschließend gefasst sind und die fachgerichtliche Prüfung günstigstenfalls dazu führen kann, dass das angegriffene Gesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wird. Ausschlaggebend ist auch dann, ob die fachgerichtliche Klärung erforderlich ist, um zu vermeiden, dass das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidungen auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage treffen müsste. Ein solcher Fall wird in der Regel gegeben sein, wenn die angegriffenen Vorschriften Rechtsbegriffe enthalten, von deren Auslegung und Anwendung es maßgeblich abhängt, inwieweit Beschwerdeführende durch die angegriffenen Vorschriften tatsächlich und rechtlich beschwert sind.
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Soweit die Beurteilung einer Norm allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, die das Bundesverfassungsgericht zu ![]() ![]() | |
2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 und § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe c und Nr. 4 HVSG (Ortung von Mobilfunkendgeräten) richtet, haben sie nur die Beschwerdeführenden zu 1) und 2) zulässig erhoben.
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a) Zwar haben alle Beschwerdeführenden die Möglichkeit einer Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG hinreichend dargelegt, soweit sie die Eingriffsschwelle als zu niedrig rügen. Sie haben aufgezeigt, dass die Regelung auch eingriffsintensive Maßnahmen umfassen kann, die nicht in § 9 Abs. 2 HVSG, der eine erhöhte Eingriffsschwelle voraussetzt, geregelt werden. Auch mit der Rüge, die nach § 9 Abs. 2 HVSG erforderliche erhebliche Beobachtungsbedürftigkeit nach § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG genüge nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil sie als unwiderlegbare Vermutung ausgestaltet sei, wird die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung aufgezeigt. Ebenso genügt der Vortrag den Begründungsanforderungen, soweit § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe c und § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 HVSG angegriffen werden.
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b) Allerdings haben nur die Beschwerdeführenden zu 1) und 2) auch ihre eigene Betroffenheit hinreichend dargelegt.
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aa) Zwar sind alle Beschwerdeführenden von Maßnahmen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG im verfassungsprozessualen Sinne unmittelbar betroffen. Die Vorschrift ermöglicht Standortbestimmungen, die heimlich durchgeführt werden. Den Beschwerdeführenden würde ein Gebrauch der Befugnis nicht mitgeteilt. Es ist ihnen auch nicht abzuverlangen, zunächst über die Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs zu versuchen, Näheres über ihre Betroffenheit zu erfahren. Der Auskunftsanspruch nach § 26 HVSG unterliegt weitgehenden Einschränkungen. Würde eine Auskunft erteilt, hätte diese daher nur begrenzte Aussagekraft und könnte ![]() ![]() | |
bb) Ihre eigene Betroffenheit haben aber nur die Beschwerdeführenden zu 1) und 2) hinreichend dargelegt. Die Befugnis nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG hat keine besondere Streubreite, weshalb die Betroffenheit hier näher zu begründen war. Die Beschwerdeführenden zu 1) und 2) haben aufgezeigt, dass aufgrund besonderer persönlicher Umstände einige Wahrscheinlichkeit für eine Überwachung ihrer Person besteht. Insbesondere haben sie angegeben, aktive Mitglieder einer in Hessen durch das Landesamt beobachteten Organisation zu sein. Es erscheint daher ohne Weiteres denkbar, dass das Landesamt an ihrer Person oder an den mit ihnen in Kontakt stehenden Personen interessiert sein könnte und sie deshalb von Überwachungsmaßnahmen betroffen sein können.
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Demgegenüber haben die Beschwerdeführenden zu 3) bis 5) nicht hinreichend dargelegt, mit einiger Wahrscheinlichkeit in eigenen Grundrechten betroffen zu sein. Eine Betroffenheit als Zielperson wegen möglicher eigener Bestrebungen oder Tätigkeiten oder wegen ihrer Kontakte zu Personen, die vom Landesamt überwacht werden (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 1 HVSG i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 2 Artikel 10-Gesetz [G 10]), führen die Beschwerdeführenden schon selbst nicht an; sie liegt auch nicht auf der Hand. Aber auch eine mittelbare Betroffenheit als unbeteiligte Dritte (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 HVSG) haben die Beschwerdeführenden zu 3) bis 5) nicht hinreichend dargelegt. Zwar zeigen sie auf, dass sie berufliche und teilweise auch private Kontakte zu vom Landesamt potentiell überwachten Personen haben, weshalb sie durch Überwachungsmaßnahmen, die gegen diese Kontaktpersonen gerichtet sein sollten, grundsätzlich mittelbar betroffen sein könnten. Inwieweit sie aber konkret durch die Ortung eines ![]() ![]() | |
3. Die Verfassungsbeschwerde gegen § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 HVSG (besondere Auskunftsersuchen) haben die Beschwerdeführenden zu 1) und 2) zulässig erhoben, soweit sie eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung rügen, weil die Eingriffsschwelle im Hinblick auf die Eingriffsintensität der Maßnahme zu niedrig sei. Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde hingegen, soweit sie auch die von § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG in Bezug genommenen Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 HVSG als nahezu konturlos und die beschriebenen Schutzgüter als unbestimmt rügen. Die nicht näher ausgeführte Rüge genügt nicht den Anforderungen an eine substantiierte Begründung nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG.
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Die Beschwerdeführenden zu 1) und 2) haben auch hinreichend dargelegt, mit einiger Wahrscheinlichkeit von der Maßnahme betroffen sein zu können (vgl. Rn. 47). Dagegen haben die Beschwerdeführenden zu 3) bis 5) nicht aufgezeigt, inwieweit sie von einem gegen eine Kontaktperson gerichteten Auskunftsersuchen nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG als unbeteiligte Dritte betroffen sein könnten (vgl. Rn. 48). Eine mögliche Betroffenheit als Zielperson machen sie schon nicht geltend; zudem fehlen Angaben zu ihrem Nutzungsverhalten (dazu Rn. 39 a.E.).
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4. Die Verfassungsbeschwerde gegen § 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG (Einsatz von Verdeckten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern) ist zulässig (a); soweit sie sich gegen § 12 Abs. 3 Satz 2 (b), § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 (c) und § 13 Abs. 1 Satz 1 HVSG (Vertrauensleute) (d) richtet, ist sie hingegen unzulässig.
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a) Alle Beschwerdeführenden haben hinreichend dargelegt, durch § 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen zu sein. Auch haben sie die Möglichkeit einer Verletzung jedenfalls von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (Recht auf informationelle Selbstbestimmung) aufgezeigt, soweit sie die Eingriffsschwelle gemessen am Eingriffsgewicht der Maßnahme als zu niedrig rügen. Sie haben dargelegt, dass die Vorschrift auch eingriffsintensive Maßnahmen umfasst, ![]() ![]() | |
Die Beschwerdeführenden haben dagegen die Möglichkeit einer Verletzung des Art. 13 Abs. 1 GG nicht aufgezeigt, soweit sie davon ausgehen, dass die Befugnis nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG auch das Betreten der Wohnung durch Verdeckte Mitarbeitende umfasst. Auf ihre zunächst nur gegen die Altfassung des § 12 HVSG angebrachte Rüge kommen die Beschwerdeführenden nach Umstellung ihrer Verfassungsbeschwerde nicht mehr zurück, weshalb schon zweifelhaft ist, ob sie die Rüge gegen die nunmehr angegriffene Neufassung überhaupt aufrechterhalten. Die knappe Begründung der gegen die Altfassung gerichteten Rüge wird allerdings den Darlegungsanforderungen ohnehin nicht gerecht. Ob und in welchem Umfang der spezifische Gewährleistungsgehalt des Art. 13 Abs. 1 GG als räumlich-gegenständlich verbürgter Bereich eigener Persönlichkeitsentfaltung berührt ist, führen die Beschwerdeführenden nicht näher aus. Auch für die Frage der Rechtfertigung weisen die Beschwerdeführenden ohne Differenzierung lediglich darauf hin, dass der Eingriff nicht durch die Schrankenvorbehalte des Art. 13 Abs. 2 bis 7 GG gedeckt sei. Mit den Besonderheiten des Einsatzes Verdeckter Mitarbeitender und deren spezifischer Gefährdung etwa im Falle eines Abbruchs eines Einsatzes setzen sie sich ebenfalls nicht auseinander.
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b) Soweit die Beschwerdeführenden rügen, dass § 12 Abs. 3 Satz 2 HVSG erlaubt, den Einsatz Verdeckter Mitarbeitender für bis zu zwölf Monate richterlich anzuordnen, zeigen sie eine mögliche Grundrechtsverletzung nicht auf. Es fehlt schon eine Auseinandersetzung damit, dass – worauf auch die Hessische Landesregierung hinweist – der Einsatz Verdeckter Mitarbeitender seiner Natur nach eine grundsätzlich langfristige Maßnahme zur Aufklärung einer Bestrebung ist und Verdeckte Mitarbeitende oftmals erst nach einem gewissen zeitlichen Vorlauf überhaupt beginnen, relevante Erkenntnisse zu generieren. ![]() | |
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d) Die Verfassungsbeschwerde gegen die Ermächtigung zum Einsatz von Vertrauensleuten in § 13 Abs. 1 HVSG ist ebenfalls unzulässig. Die Beschwerdeführenden legen nicht dar, worin der gegenüber der dort in Bezug genommenen Ermächtigung zum Einsatz von Verdeckten Mitarbeitenden nach § 12 Abs. 1 bis 9 HVSG eigenständige Eingriffsgehalt des § 13 Abs. 1 HVSG bestehen könnte (vgl. dazu BVerfGE 165, 1 [42 Rn. 69]).
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5. Die gegen § 20 Satz 2 HVSG (Übermittlung zum Einsatz operativer Zwangsbefugnisse) gerichtete Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
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a) Soweit die Beschwerdeführenden rügen, dass § 20 Satz 2 HVSG nicht alle Übermittlungen an Behörden mit operativen Befugnissen umfasse, zeigen sie die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht auf. § 20 HVSG ermächtigt in seinem Satz 1 lediglich zur Übermittlung an Polizeibehörden und in seinem Satz 2 zur Übermittlung an sonstige Gefahrenabwehrbehörden, wenn sie den Einsatz operativer Zwangsbefugnisse ermöglichen soll. Zu weitergehenden Übermittlungen ermächtigt § 20 HVSG nicht.
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b) Auch die Rüge der fehlenden Normenklarheit ist unzulässig. Die Beschwerdeführenden zeigen nicht anhand der verfassungsrechtlichen Maßstäbe (vgl. BVerfGE 156, 11 [45 f. Rn. 87 ff.] – Antiterrordateigesetz II) auf, warum der Begriff der operativen Zwangsbefugnisse inhaltlich unverständlich sein sollte. Jedenfalls aber setzen sie sich nicht damit auseinander, ob und inwieweit der in § 20 Satz 2 HVSG verwendete Begriff insbesondere unter ![]() ![]() | |
6. Die gegen § 20a HVSG (Übermittlung an Strafverfolgungsbehörden) gerichtete Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit die Beschwerdeführenden zu 1) und 2) die Legaldefinitionen der besonders schweren Straftat in § 20a Sätze 2 und 3 HVSG rügen und in der Sache kein herausragendes öffentliches Interesse an der Übermittlung sehen.
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Die Beschwerdeführenden zu 1) und 2) haben hinreichend dargetan, durch die Übermittlungsbefugnisse nach § 20a HVSG selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen zu sein. Sie haben aufgezeigt, dass sie mit einiger Wahrscheinlichkeit wegen möglicher eigener Bestrebungen oder Tätigkeiten Zielperson von Überwachungsmaßnahmen des Landesamts sein können. Kann daher das Landesamt sie betreffende personenbezogene Daten erheben und speichern, ist auch eine Übermittlung dieser Daten und der daraus gewonnenen Informationen durch das Landesamt möglich. Insoweit genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, weil auch Übermittlungen durch das Landesamt heimlich erfolgen und eine Benachrichtigung nicht vorgesehen ist (vgl. Rn. 38 f.). Dies gilt auch für Übermittlungen an Strafverfolgungsbehörden. Beide Beschwerdeführenden sind nach eigenen Angaben nicht nur Mitglieder, sondern auch aktive Funktionsträger einer durch das Landesamt als extremistisch eingestuften und beobachteten Organisation. Sie geben an, auch an antifaschistischen Demonstrationen, Aktionen und Veranstaltungen teilzunehmen und insofern vielfältige Kontakte in das vom Landesamt als linksextremistisch eingeordnete Spektrum zu pflegen. Sie haben damit hinreichend dargelegt, dass sie mit einiger Wahrscheinlichkeit auch von Übermittlungen nach § 20a HVSG an Strafverfolgungsbehörden betroffen sein können. So umfassen § 20a Satz 2 Buchstabe b und Satz 3 HVSG insbesondere Staatsschutzdelikte, die den mittleren Kriminalitätsbereich nicht übersteigen müssen. Zwar dürfte demgegenüber die Streubreite des § 20a Satz 2 Buchstabe a HVSG durch die Bezugnahme auf Delikte mit einer Höchststrafe von ![]() ![]() | |
Demgegenüber haben die Beschwerdeführenden zu 3) bis 5) ihre eigene Betroffenheit nicht hinreichend dargelegt. Zwar tragen sie vor, sowohl berufliche und teilweise auch private Kontakte insbesondere zu Personen zu haben, die unter Beobachtung des Landesamts stehen. Allein dieser Umstand lässt es aber nicht hinreichend wahrscheinlich erscheinen, dass die Beschwerdeführenden als Täter oder Teilnehmer einer Straftat in Verdacht geraten können.
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7. Soweit die Beschwerdeführenden § 20b Abs. 2 HVSG (Übermittlung an sonstige inländische öffentliche Stellen) angreifen, ist die Verfassungsbeschwerde zulässig. Mit ihrer Rüge, § 20b Abs. 2 HVSG genüge nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Eingriffsschwelle für Übermittlungen personenbezogener Daten, soweit die empfangende Stelle über operative Befugnisse verfüge (unter Verweis auf BVerfGE 162, 1 [120 f. Rn. 258 f.]), haben die Beschwerdeführenden eine mögliche Grundrechtsverletzung aufgezeigt.
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Dabei haben sie auch alle aufgezeigt, von § 20b Abs. 2 HVSG selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen zu sein (vgl. Rn. 36 ff.). Im Hinblick auf die niedrige Übermittlungsschwelle des § 20b Abs. 2 HVSG, der lediglich voraussetzt, dass die Übermittlung zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist, und den potentiell weiten Empfängerkreis (sonstige inländische öffentliche ![]() ![]() | |
8. Die gegen § 16 Abs. 1 Satz 1 und § 18 Abs. 3 HVSG gerichtete Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdeführenden rügen eine Grundrechtsverletzung, weil die Eingriffsschwelle für die nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HVSG eröffnete Weiterverarbeitung übermittelter Daten zu niedrig sei, wenn diese aus repressiven oder präventiven Wohnraumüberwachungen oder Online-Durchsuchungen stammten. Sie haben jedoch nicht hinreichend dargelegt, von einer solchen Maßnahme überhaupt mit einiger Wahrscheinlichkeit selbst betroffen sein zu können.
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a) Befugnisnormen zur Wohnraumüberwachung und Online-Durchsuchung weisen keine hohe Streubreite auf (vgl. zur Wohnraumüberwachung BVerfGE 162, 1 [57 Rn. 108]; 165, 1 [40 Rn. 64]). Sie setzen eine qualifizierte Eingriffsschwelle voraus und dürfen nur zu Gunsten hochrangiger Rechtsgüter beziehungsweise zur Verfolgung besonders schwerer Straftaten erfolgen. Ein deutlicher Einzelfallbezug und eine institutionelle Absicherung sind durch den Richtervorbehalt gewährleistet. Die Maßnahmen sind regelmäßig zudem persönlich wie gegenständlich begrenzt. Sie richten sich zunächst nur gegen Verdächtige, Beschuldigte oder polizeilich Verantwortliche selbst und nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen auch gegen andere Personen (etwa Nachrichtenmittler, Anschluss- und Endgeräteüberlasser).
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Eine danach erforderliche nähere Darlegung, warum gemessen an diesen Eingriffsbeschränkungen eine individuelle Betroffenheit hinreichend wahrscheinlich sein könnte (vgl. Rn. 38 f.), leisten die Beschwerdeführenden unbeschadet einer nicht erforderlichen Selbstbezichtigung (vgl. dazu BVerfGE 165, 1 [31 f. Rn. 43] m.w.N.) nicht. Ein spezifischer Vortrag fehlt und auch in ![]() ![]() | |
b) Die alternativ erhobene Rüge der Verfassungswidrigkeit des § 18 Abs. 3 HVSG, der die Übermittlung von aus einer Telekommunikationsüberwachung nach § 100a StPO bekannt gewordenen Daten an das Landesamt regelt, kann offensichtlich keinen Erfolg haben. Allein der Umstand, dass § 18 Abs. 3 HVSG für bestimmte Datenübermittlungen erhöhte Anforderungen stellt und nicht auch die Übermittlung von Daten aus Wohnraumüberwachungen und Online-Durchsuchungen umfasst, kann die Beschwerdeführenden nicht beschweren, da § 18 Abs. 3 HVSG selbst weder zur Übermittlung solcher Daten an das Landesamt noch zu deren Weiterverarbeitung ermächtigt. ![]() | |
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10. Die Verfassungsbeschwerde ist auch unzulässig, soweit die Beschwerdeführenden im Hessischen Verfassungsschutzgesetz geregelte Maßgaben zu Transparenz und Kontrolle beanstanden.
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a) Im Fall heimlicher Überwachungsmaßnahmen, von denen die Betroffenen kaum Kenntnis erlangen und gegen die Rechtsschutz nicht in der üblichen Weise möglich ist, ergeben sich hier aus dem jeweiligen Grundrecht in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besondere Anforderungen (vgl. BVerfGE 141, 220 [282 Rn. 134] m.w.N.; stRspr). Vorschriften, die etwa Benachrichtigungspflichten, Auskunftsrechte, Berichtspflichten und die Datenschutzaufsicht regeln, sichern so die Verfassungsmäßigkeit der konkreten Eingriffsermächtigungen. Sie bilden im Verfassungsbeschwerdeverfahren grundsätzlich keinen eigenen Verfahrensgegenstand, sondern sind im Rahmen der Überprüfung der Eingriffsermächtigung mittelbar Gegenstand verfassungsgerichtlicher Kontrolle (vgl. BVerfGE 155, 119 [157 Rn. 64]). Anlass zur verfassungsgerichtlichen Überprüfung besteht allerdings auch insoweit regelmäßig nur dann, wenn die verfassungsrechtliche Unzulänglichkeit dieser flankierenden Regelungen substantiiert dargelegt ist oder wenn sie auf der Hand liegt (BVerfGE 162, 1 [64 f. Rn. 132]); dabei kommt es nicht darauf an, ob die Rüge eigenständig oder im Rahmen der Rüge der jeweiligen Eingriffsermächtigung erfolgt. Nach dem Subsidiaritätsgrundsatz kann es außerdem erforderlich sein, zunächst fachgerichtlichen Rechtsschutz zu suchen.
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b) aa) Danach sind die die Benachrichtigungspflichten betreffenden Rügen teils nicht hinreichend substantiiert begründet, teils hätten die Beschwerdeführenden aus Gründen der Subsidiarität zunächst fachgerichtlichen Rechtsschutz suchen müssen. ![]() | |
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Soweit dem Grunde nach Benachrichtigungspflichten bestehen und die Beschwerdeführenden rügen, diese seien in § 8 Abs. 4, § 10 Abs. 6 und § 11 Abs. 8 HVSG zu weit beschränkt, genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den Anforderungen der Subsidiarität. Sie hätten zunächst versuchen müssen, die Reichweite der Benachrichtigungspflichten und ihrer Beschränkungen im fachgerichtlichen Verfahren zu klären (vgl. auch BVerfGE 162, 1 [66 Rn. 136]). Sie verweisen selbst darauf, dass das Bundesverfassungsgericht in ähnlichem Zusammenhang eine verfassungskonforme enge Auslegung der Beschränkung für geboten und möglich gehalten hat (vgl. BVerfGE 141, 220 [320 Rn. 261]).
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Die nach Ablauf der Jahresfrist gegen die am 4. Juli 2018 in Kraft getretenen und seitdem inhaltlich unveränderten Regelungen in § 8 Abs. 4, § 10 Abs. 6 und § 11 Abs. 8 HVSG erfolgte ergänzende Begründung am 23. September 2022 war nicht mehr zu berücksichtigen. Eine Verfassungsbeschwerde muss nicht nur fristgerecht erhoben, sondern innerhalb der Erhebungsfrist auch begründet werden; dies gilt auch für Rechtssatzverfassungsbeschwerden (vgl. BVerfGE 145, 20 [52 Rn. 79]; 158, 170 [193 Rn. 55] – IT-Sicherheitslücken). Zwar kann innerhalb der Erhebungsfrist ![]() ![]() | |
bb) Unzureichend sind auch die Rügen zur Auskunftsregelung in § 26 Abs. 1 HVSG. Soweit sich die Beschwerdeführenden gegen das Erfordernis der Darlegung ihres besonderen Interesses an einer Auskunft in § 26 Abs. 1 Satz 1 HVSG wenden, bestand und besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Auskunft nach § 26 Abs. 1 HVSG zu stellen und im Falle einer Ablehnung des Antrags in einem gerichtlichen Verfahren klären zu lassen, was fachrechtlich unter einem besonderen Interesse an einer Auskunft im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 HVSG zu verstehen ist und so möglicherweise eine Interpretation dieses Merkmals herbeizuführen, die den Grundrechten in ihren Augen genügt (vgl. auch BVerfGE 162, 1 [66 f. Rn. 137]).
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Nicht hinreichend substantiiert ist der Vortrag der Beschwerdeführenden, soweit sie ausgesprochen knapp die Begrenzung der Reichweite des Auskunftsanspruchs in § 26 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HVSG rügen, der eine Auskunft über die Herkunft der Daten und die Empfänger von Informationsübermittlungen ausschließt. Sie setzen sich nicht mit den naheliegenden Gründen für diese Ausschlussregelungen und mit zu vergleichbaren Regelungen ergangener Rechtsprechung auseinander (vgl. dazu BVerfGE 162, 1 [67 Rn. 138] m.w.N.).
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Auch soweit die Beschwerdeführenden die grundsätzliche Begrenzung des Auskunftsanspruchs nach § 26 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 HVSG auf strukturiert in automatisierten Dateien gespeicherte Daten rügen, hätten sie vorher eine Auskunft beantragen und erforderlichenfalls im Anschluss daran ein fachgerichtliches Verfahren durchlaufen müssen. Dort könnten rechtliche und tatsächliche Fragen zum Ausschluss des Zugriffs auf nicht strukturiert gespeicherte Daten und zur Rückausnahme des § 26 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ![]() ![]() | |
cc) Die gegen § 16 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 HVSG (Prüf- und Löschpflichten) gerichtete Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Soweit die Beschwerdeführenden die Länge der Prüffrist von zehn Jahren (1) sowie die Unbestimmtheit der Verweisung auf das Artikel 10-Gesetz (2) rügen, haben sie mit ihrer äußert knappen Begründung die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht aufgezeigt.
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(1) Soweit die Beschwerdeführenden eine Prüffrist von zehn Jahren als unverhältnismäßig rügen, setzen sie sich schon nicht damit auseinander, dass die Prüfung nur in der Regel nach zehn Jahren erfolgt, und dass nach § 16 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 1 HVSG auch bei jeder Einzelfallbearbeitung die Erforderlichkeit weiterer Speicherung geprüft wird. Ungeachtet dessen haben die Beschwerdeführenden die Frage, ob und inwieweit zur Beachtung von Löschpflichten eine kürzere Prüfpflicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderlich sein könnte, nicht unter Berücksichtigung bestehender Rechtsprechung aufbereitet (vgl. dazu BVerfGE 100, 313 [400 f.]; 154, 152 [265 Rn. 209] – BND – Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung). Auch fehlt eine Auseinandersetzung mit Besonderheiten im Bereich der Nachrichtendienste. Da gerade extremistische und terroristische Bestrebungen in der Regel langfristig angelegt sind und Erkenntnisse hierzu oft nur bruchstückhaft anfallen, könnten gespeicherte personenbezogene Daten auch längerfristig zur Aufgabenerfüllung erforderlich sein.
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(2) Die gegen die Verweisungstechnik des § 16 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 HVSG gerichtete Rüge ist gleichfalls nicht hinreichend begründet. Soweit die Beschwerdeführenden eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots rügen, weil nicht deutlich werde, ob es sich bei der Verweisung auf das Artikel 10-Gesetz (und mittelbar auf das Zollfahndungsdienstgesetz) um eine dynamische oder statische Verweisung handele, versäumen sie es in ihrem ausgesprochen knappen Vortrag, sich mit einer Auslegung der Regelung auseinanderzusetzen (vgl. dazu BVerfGE 47, 285 [312 f.]; 60, 135 [155 ff.]). So ist es grundsätzlich insbesondere denkbar, ![]() ![]() | |
III.
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Die angegriffenen Vorschriften haben zum Teil Bezüge zu datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Rechtsakten der Europäischen Union (vgl. Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation [ABl EU, L 201 vom 31. Juli 2002, S. 37 – "ePrivacy-Richtlinie"], Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates [ABl EU, L 119 vom 4. Mai 2016, S. 89 – "JI-Richtlinie"], Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG [ABl EU, L 119 vom 4. Mai 2016 – Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO] und Richtlinie (EU) 2016/681 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zur Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität [ABl EU, L 119 vom 4. Mai 2016, S. 132 – "PNR-Richtlinie"], s. dazu EuGH (GK), Urteil vom 21. ![]() ![]() | |
Ungeachtet der Frage der Anwendbarkeit dieser Rechtsakte der Europäischen Union auf die Befugnisse des Landesamts für Verfassungsschutz (vgl. Art. 4 Abs. 2 Satz 3 EUV) ist die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts für die Prüfung der Vereinbarkeit dieser Normen mit den Grundrechten des Grundgesetzes eröffnet und die Verfassungsbeschwerde zulässig, da es sich jedenfalls nicht um die Umsetzung zwingenden Unionsrechts handelt (vgl. BVerfGE 155, 119 [162 ff. Rn. 83 ff.] m.w.N.; 156, 11 [35 ff. Rn. 63 ff.]; s. auch BVerfGE 152, 152 [168 f. Rn. 39, 42] – Recht auf Vergessen I; 158, 1 [27 Rn. 45] – Ökotox-Daten). Rechtsvorschriften der Europäischen Union enthalten keine Bestimmungen, welche die hier angegriffenen Befugnisse einer Verfassungsschutzbehörde erforderten oder gar abschließend regelten (vgl. zum BayVSG BVerfGE 162, 1 [69 f. Rn. 143]).
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Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie überwiegend auch begründet. Die angegriffenen Regelungen ermächtigen das Landesamt zu Zwecken des Verfassungsschutzes zur heimlichen Erhebung und Übermittlung personenbezogener Daten und begründen grundrechtliche Eingriffe jedenfalls in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Schutz der informationellen Selbstbestimmung. Sie genügen nur zu einem Teil den Anforderungen an ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung.
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I.
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Die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Überwachungsbefugnisse zur Datenerhebung und -übermittlung richtet sich nach den jeweils betroffenen Grundrechten und dabei vor allem nach den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit.
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Von Befugnissen zur heimlichen Datenerhebung und Übermittlung personenbezogener Daten ist das grundrechtlich jedenfalls durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte ![]() ![]() | |
Um den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit zu genügen, müssen Überwachungsmaßnahmen einen legitimen Zweck verfolgen und zur Erreichung des Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (vgl. BVerfGE 162, 1 [72 f. Rn. 149]). Dabei ergeben sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne differenzierte Anforderungen an die Ausgestaltung der Befugnisse einer Verfassungsschutzbehörde (1); sie betreffen sowohl die Ausgestaltung der Datenerhebungsbefugnisse (2) als auch die der Befugnisse zur weiteren Nutzung und Übermittlung von Informationen (3) (vgl. BVerfGE 162, 1 [72 Rn. 148, 74 Rn. 152]; 163, 43 [86 Rn. 116] – Bundesverfassungsschutzgesetz – Übermittlungsbefugnisse). Darüber hinaus bestehen für alle Überwachungsmaßnahmen übergreifende Anforderungen (4).
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1. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ergeben sich für die Ausgestaltung von Überwachungsbefugnissen einer Verfassungsschutzbehörde teilweise andere Anforderungen als für das Handeln von Polizeibehörden. Wie streng diese Anforderungen im Einzelnen sind, bestimmt sich – wie auch sonst für heimliche Überwachungsmaßnahmen (vgl. BVerfGE 141, 220 [268 ff. Rn. 103 ff.]; 155, 119 [186 ff. Rn. 145 ff.]) – nach dem Eingriffsgewicht der jeweiligen Maßnahme und nach dem jeweils betroffenen Grundrecht. Unter Berücksichtigung der besonderen Aufgaben und des speziellen Eingriffsgewichts von Maßnahmen einer Verfassungsschutzbehörde müssen diese Anforderungen jedoch weiter konkretisiert und teilweise modifiziert werden (vgl. BVerfGE 162, 1 [74 Rn. 152] m.w.N.). ![]() | |
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Das geringere Eingriffsgewicht schlägt sich in den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Eingriffsschwelle von Überwachungsmaßnahmen nieder. Zwar müssen auch die Befugnisse einer Verfassungsschutzbehörde an bestimmte Eingriffsschwellen gebunden sein und dem Schutz von hinreichend gewichtigen Rechtsgütern dienen (vgl. BVerfGE 162, 1 [77 ff. Rn. 160 ff.]). Wegen des grundsätzlich verringerten Eingriffsgewichts können aber die der Verfassungsschutzbehörde eingeräumten Datenerhebungsbefugnisse an modifizierte Eingriffsschwellen geknüpft werden, die zugleich dem speziellen Charakter der Aufgaben des Verfassungsschutzes entsprechen (vgl. BVerfGE 162, 1 [76 Rn. 156, 77 Rn. 159, 79 Rn. 162] m.w.N.). Daher ist die Anforderung, dass eine Maßnahme des Verfassungsschutzes zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten sein muss, grundsätzlich eine verfassungsgemäße Entsprechung zum etwa an polizeiliche Maßnahmen gerichteten Erfordernis einer mindestens konkretisierten Gefahr (vgl. BVerfGE 162, ![]() ![]() | |
b) Allerdings können nicht alle heimlichen Überwachungsmaßnahmen einer Verfassungsschutzbehörde unter solchen modifizierten Eingriffsvoraussetzungen zugelassen werden. Eine Modifikation der Eingriffsschwelle ist von vornherein nicht zulässig, wenn die Grundrechtsbeeinträchtigung durch den Eingriff der Verfassungsschutzbehörde bereits für sich gesehen eine Intensität erlangt, die es unerheblich erscheinen lässt, welche Folgeeingriffe noch durch weitere Verwendungen möglich sind. Das ist dann der Fall, wenn durch eine Überwachungsmaßnahme besonders umfangreiche Informationen gewonnen werden und dies eine weitestgehende Erfassung der Persönlichkeit zulässt. Für eine Online-Durchsuchung durch den Verfassungsschutz gelten daher die gleichen Anforderungen wie etwa für eine entsprechende polizeiliche Maßnahme; erforderlich ist eine mindestens konkretisierte Gefahr (vgl. BVerfGE 162, 1 [80 f. Rn. 166 ff.]). Schon aus Art. 13 Abs. 4 GG ergibt sich, dass die akustische oder optische Wohnraumüberwachung ohne Unterscheidung nach der Art der Behörde nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr erfolgen darf (vgl. BVerfGE 162, 1 [81 f. Rn. 169]).
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Modifizierte Anforderungen an heimliche Überwachungsmaßnahmen einer Verfassungsschutzbehörde sind im Übrigen grundsätzlich nur dann verfassungsgemäß, wenn etwaige Übermittlungen der daraus erlangten Informationen an andere Stellen an Bedingungen gebunden sind, die den Anforderungen genügen, die von Verfassungs wegen an entsprechende eigene Grundrechtseingriffe der empfangenden Stelle zu richten sind ("Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung"; näher Rn. 105). Die weitreichenden Datenerhebungsbefugnisse der Verfassungsschutzbehörden sind verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, wenn die daraus gewonnenen Informationen nicht ohne Weiteres an andere Behörden mit operativen Anschlussbefugnissen übermittelt werden dürfen ("informationelles Trennungsprinzip"; vgl. BVerfGE 133, 277 [329 Rn. 123]; 156, 11 [50 Rn. 101, 51 f. Rn. 105]). Andernfalls könnten die der Verfassungsschutzbehörde verschlossenen ![]() ![]() | |
2. Die Anforderungen an heimliche Datenerhebungsbefugnisse einer Verfassungsschutzbehörde bestimmen sich im Einzelnen nach dem jeweiligen Eingriffsgewicht. Verfassungsrechtliche Anforderungen richten sich dabei sowohl an das mit der Datenerhebung zu schützende Rechtsgut als auch an die sogenannte Eingriffsschwelle, also den Anlass der Überwachung. Weil Überwachungsmaßnahmen der Verfassungsschutzbehörden nach geltendem Recht dem Schutz besonders hochrangiger Rechtsgüter dienen (vgl. BVerfGE 162, 1 [84 f. Rn. 174]; vgl. auch BVerfGE 141, 220 [267 f. Rn. 100]), stellt sich hier allerdings nur die Frage der verhältnismäßigen Ausgestaltung der Eingriffsschwellen. Bei Eingriffen, die zu einer besonders weitgehenden Erfassung der Persönlichkeit führen können, muss mindestens eine konkretisierte Gefahr vorliegen (vgl. Rn. 91). Im Übrigen können an Datenerhebungsbefugnisse modifizierte Anforderungen gestellt werden. Soll die Maßnahme verhältnismäßig im engeren Sinne sein, muss sie zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten sein und auf hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten beruhen (vgl. BVerfGE 156, 11 [56 Rn. 119]; 162, 1 [87 Rn. 181]; vgl. auch BVerfGE 130, 151 [206]); dabei muss die Beobachtungsbedürftigkeit umso dringender sein, je höher das Eingriffsgewicht der Überwachungsmaßnahme ist ![]() ![]() | |
a) Die verfassungsschutzspezifische Eingriffsschwelle setzt hinreichende Anhaltspunkte einerseits dafür voraus, dass eine beobachtungsbedürftige Bestrebung besteht (aa), und andererseits dafür, dass die ergriffene Maßnahme im Einzelfall zur Aufklärung geboten ist (bb).
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aa) Für die Annahme, es liege eine gegen die Schutzgüter des Verfassungsschutzes gerichtete Bestrebung vor, müssen tatsächliche Anhaltspunkte bestehen. Es genügt also nicht jeder vage Verdacht, bestimmte Gruppierungen könnten sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten (BVerfGE 162, 1 [90 Rn. 187]). Eine verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstandende gesetzliche Bestimmung der vom Verfassungsschutz zu beobachtenden Bestrebungen findet sich in § 4 Abs. 1 BVerfSchG, auf den auch § 3 Abs. 1 HVSG verweist (vgl. näher dazu BVerfGE 162, 1 [88 ff. Rn. 184 ff.]).
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Auch die verfassungsschutzspezifische Eingriffsschwelle muss dem spezifischen Eingriffsgewicht der nach der jeweiligen Befugnis möglichen Maßnahmen entsprechen. Je schwerer der Eingriff wiegt, umso beobachtungsbedürftiger muss die überwachte Aktion oder Gruppierung sein (BVerfGE 162, 1 [91 Rn. 190]). Das dafür zunächst zu bestimmende Gewicht eines Eingriffs in die informationelle Selbstbestimmung wird generell vor allem durch Art, Umfang, denkbare Verwendung der Daten sowie Gefahr ihres Missbrauchs bestimmt (vgl. BVerfGE 65, 1 [45 f.]; 165, 363 [399 Rn. 76]). Wie schwer ein Grundrechtseingriff wiegt, hängt daher auch davon ab, welche Nachteile den Grundrechtsberechtigten aus der weiteren Verwendung der erhobenen Daten drohen oder von ihnen nicht ohne Grund befürchtet werden müssen (vgl. BVerfGE ![]() ![]() | |
Dem Eingriffsgewicht steht die Beobachtungsbedürftigkeit der (vermeintlichen) Bestrebung gegenüber. Sie hängt vor allem von der Intensität der Bedrohung der Schutzgüter des Verfassungsschutzes ab. Zur Beurteilung der Dringlichkeit des Beobachtungsbedarfs (Beobachtungsbedürftigkeit) können verschiedene Anhaltspunkte herangezogen werden, die jedoch stets in einer Beziehung zu diesen Schutzgütern stehen müssen (vgl. BVerfGE 162, 1 [92 Rn. 192]). Die Beobachtungsbedürftigkeit steigt, je deutlicher tatsächliche Anhaltspunkte es möglich erscheinen lassen, dass die Schutzgüter des Verfassungsschutzes konkret bedroht sind und dass das gegen sie gerichtete Handeln erfolgreich sein kann (vgl. BVerfGE 162, 1 [92 Rn. 193]). Eine gesteigerte Beobachtungsbedürftigkeit kann sich etwa daraus ergeben, dass die Bestrebung darauf gerichtet ist, Gewalt anzuwenden oder Gewaltanwendung vorzubereiten oder dass sie volksverhetzend tätig wird (BVerfGE 162, 1 [92 f. Rn. 194]; weitere mögliche Indizien a.a.O. Rn. 193, 195 f.). Der Gesetzgeber muss die dem Eingriffsgewicht der Maßnahmen entsprechenden Eingriffsschwellen durch Maßgaben zur jeweils erforderlichen Beobachtungsbedürftigkeit hinreichend bestimmt und normenklar regeln (näher BVerfGE 162, 1 [95 ff. Rn. 199 ff.]). Erforderlich ist jedenfalls eine abstrakt beschreibende Bezeichnung des dem Eingriffsgewicht jeweils angemessenen Maßes der Beobachtungsbedürftigkeit (vgl. BVerfGE 162, 1 [96 f. Rn. 202]).
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bb) Die verfassungsschutzspezifische Eingriffsschwelle setzt zudem voraus, dass hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte auch ![]() ![]() | |
b) Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben sich schließlich besondere Anforderungen, wenn Personen in die Überwachung einbezogen werden, die nicht selbst in der Bestrebung oder für die Bestrebung tätig sind (vgl. BVerfGE 162, 1 [99 f. Rn. 209 ff.]). Die Überwachung Unbeteiligter ist so zu begrenzen, dass deren Grundrechtsbeeinträchtigung in angemessenem Verhältnis zu dem im Einzelfall erwartbaren Aufklärungsbeitrag steht (vgl. BVerfGE 162, 1 [99 Rn. 209 f.]); mit der Eingriffsintensität der Überwachungsmaßnahme steigen daher die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Beziehung der von der Überwachung betroffenen Person zu der beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung (vgl. BVerfGE 162, 1 [100 Rn. 212]).
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c) Je nach Eingriffsintensität der Maßnahmen kann sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinne außerdem die Notwendigkeit ergeben, die Maßnahme vor ihrer Durchführung ![]() ![]() | |
3. Auch an Weiterverarbeitungs- und Übermittlungsbefugnisse einer Verfassungsschutzbehörde stellt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne besondere Anforderungen. Diese richten sich nach den Grundsätzen der Zweckbindung und Zweckänderung. Zu unterscheiden ist zwischen der weiteren Nutzung durch dieselbe Behörde im Rahmen der ursprünglichen Zwecke (a) und der zweckändernden Nutzung durch dieselbe oder eine andere Behörde (b) (vgl. BVerfGE 162, 1 [106 f. Rn. 225]).
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a) Für die weitere Nutzung von Daten durch die erhebende Behörde selbst ist grundsätzlich keine eigenständige Rechtfertigung erforderlich, wenn sich diese im Rahmen des konkreten Anlasses des Erhebungseingriffs hält. Erlaubt der Gesetzgeber hingegen die weitere Nutzung von Daten über den konkreten Anlass und rechtfertigenden Grund einer Datenerhebung hinaus, muss er hierfür eine eigene Rechtsgrundlage schaffen. Zu unterscheiden ist dann zwischen der weiteren Nutzung im Rahmen der ursprünglichen Zwecke (zu einem anderen konkreten Anlass) und zu anderen Zwecken als denen der ursprünglichen Datenerhebung. Beide bedürfen eigener Rechtfertigung. Die Übermittlung von Daten an eine andere Behörde ist ein Unterfall der zweckändernden Nutzung, weil eine weitere Nutzung nur dann innerhalb der ursprünglichen Zwecksetzung bleiben kann, wenn sie seitens derselben Behörde erfolgt (vgl. BVerfGE 162, 1 [107 Rn. 226] m.w.N.; vgl. Rn. 104 ff.).
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Erlaubt der Gesetzgeber einer Behörde die eigene Weiternutzung von Daten über das für die Datenerhebung maßgebende Verfahren oder den konkreten Anlass hinaus, aber im Rahmen der ursprünglichen Zwecke, kann sich die Behörde insoweit auf die der Datenerhebung zugrunde liegenden Rechtfertigungsgründe stützen und unterliegt damit nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Zweckänderung. Vielmehr genügt es, dass die erhobenen Daten für ein neues Verfahren derselben Behörde im Rahmen derselben Aufgabe und für den Schutz derselben Rechtsgüter einen hinreichenden Spurenansatz bieten ![]() ![]() | |
b) Der Gesetzgeber kann eine weitere Nutzung der Daten auch zu anderen Zwecken als denen der ursprünglichen Datenerhebung erlauben. Dann liegt eine Zweckänderung vor. Dabei ist sicherzustellen, dass dem Eingriffsgewicht der Datenerhebung auch hinsichtlich der neuen Nutzung Rechnung getragen wird. Dies richtet sich nach dem Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung (aa). Die Übermittlungsvoraussetzungen können sich danach unterscheiden, an welche Stelle übermittelt wird (bb).
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aa) Die Übermittlung personenbezogener Daten und Informationen durch eine Verfassungsschutzbehörde an andere Stellen begründet einen eigenen Grundrechtseingriff. Dieser ist an dem Grundrecht zu messen, in das bei der ursprünglichen Datenerhebung eingegriffen wurde (BVerfGE 154, 152 [266 Rn. 212]; 162, 1 [108 Rn. 230]; 163, 43 [77 f. Rn. 96]; stRspr). Die Übermittlungsbefugnis muss den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügen, mithin zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (vgl. BVerfGE 162, 1 [108 Rn. 230] m.w.N.). Ausgangspunkt für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist das Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung; dies gilt auch für die Übermittlung von Daten durch eine Verfassungsschutzbehörde (vgl. BVerfGE 162, 1 [108 f. Rn. 231 f.]). Das Kriterium dient dazu sicherzustellen, dass dem Eingriffsgewicht der Datenerhebung auch hinsichtlich der neuen Nutzung Rechnung getragen wird (vgl. BVerfGE 141, 220 [326 f. Rn. 284] m.w.N.). Die neue Nutzung der Daten muss zum einen dem Schutz von Rechtsgütern oder der Aufdeckung von Straftaten solchen Gewichts dienen, dass dies eine Neuerhebung durch die empfangende Stelle mit ![]() ![]() | |
bb) Nach dem Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung können sich die Übermittlungsanforderungen in Abhängigkeit davon unterscheiden, an welche Behörde übermittelt wird. Ob der Gesetzgeber der empfangenden Behörde zu dem jeweiligen Übermittlungszweck eine eigene Datenerhebung mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln wie der vorangegangenen Überwachung durch die Verfassungsschutzbehörde erlauben dürfte, hängt auch davon ab, mit welchen Befugnissen die empfangende Behörde von Verfassungs wegen ausgestattet werden dürfte. Verfügt die empfangende Behörde über operative Anschlussbefugnisse, sind an eine Datenneuerhebung – und entsprechend an eine Übermittlung – wegen unmittelbar möglicher Folgemaßnahmen grundsätzlich strengere Anforderungen zu stellen, als wenn die empfangende Behörde keine weiteren operativen Befugnisse hat. Dabei ist hier nur über die Übermittlung von Informationen zu entscheiden, die mit nachrichtendienstlichen Mitteln erlangt wurden (vgl. BVerfGE 162, 1 [110 f. Rn. 234]; 163, 43 [90 Rn. 123]).
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(1) Bei der Übermittlung nachrichtendienstlich ersterhobener personenbezogener Daten und daraus gewonnener Informationen an Gefahrenabwehrbehörden gelten besonders strenge Anforderungen, wenn diese über operative Anschlussbefugnisse verfügen (vgl. BVerfGE 162, 1 [111 ff. Rn. 235 ff.]). Im Ergebnis setzt dies voraus, dass für ein besonders gewichtiges Rechtsgut (a) eine wenigstens konkretisierte Gefahr (b) besteht (BVerfGE 162, 1 [111 Rn. 235]).
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(a) Die Übermittlung muss einem besonders gewichtigen Rechtsgut dienen. An der Übermittlung muss mithin ein herausragendes öffentliches Interesse bestehen (vgl. BVerfGE 156, ![]() ![]() | |
(b) Als Schwelle für Übermittlungen durch den Verfassungsschutz an Gefahrenabwehrbehörden gilt die allgemeine Eingriffsschwelle für heimliche Überwachungsmaßnahmen der Gefahrenabwehrbehörden (vgl. BVerfGE 154, 152 [267 f. Rn. 218 f.]; 156, 11 [51 f. Rn. 105]); das ist mindestens die konkretisierte Gefahr (vgl. BVerfGE 141, 220 [272 f. Rn. 112]). Eine Absenkung dieser Übermittlungsschwelle, wie sie für die Übermittlung durch das Bundeskriminalamt ersterhobener Daten an Gefahrenabwehrbehörden anerkannt ist (näher dazu BVerfGE 141, 220 [328 f. Rn. 289 f.]), kommt bei Übermittlungen durch eine Verfassungsschutzbehörde an Gefahrenabwehrbehörden nicht zum Tragen. Da Verfassungsschutzbehörden verfassungsrechtlich nicht denselben ![]() ![]() | |
(2) Bei der Übermittlung nachrichtendienstlich ersterhobener personenbezogener Daten und daraus gewonnener Informationen an Strafverfolgungsbehörden kommt es auf das Gewicht der Straftaten an (vgl. BVerfGE 162, 1 [118 Rn. 250 f.]). Hierfür kann im Ausgangspunkt auf die Einteilung zurückgegriffen werden, die der Gesetzgeber etwa im Zusammenhang mit der Regelung strafprozessualer Ermittlungsbefugnisse in erhebliche, schwere und besonders schwere Straftaten vorgenommen hat (näher dazu BVerfGE 141, 220 [270 Rn. 107]). Ob es sich um eine schwere oder besonders schwere Straftat in diesem Sinne handelt, bestimmt sich ungeachtet ihrer Aufnahme in Straftatenkataloge wie etwa in § 100a Abs. 2, § 100b Abs. 2, § 100g Abs. 2 StPO indiziell maßgeblich nach dem vom Gesetzgeber bestimmten Strafrahmen der Straftat (näher Rn. 201 ff.). Eine Übermittlung von Daten, die eine Verfassungsschutzbehörde ersterhoben hat, kommt nur zum Schutz eines herausragenden öffentlichen Interesses und daher nur zur Verfolgung einer im vorgenannten Sinn besonders schweren Straftat in Betracht (vgl. BVerfGE 154, 152 [269 Rn. 221]; 162, 1 [118 Rn. 250 f.]; 163, 43 [95 Rn. 136]). Als Schwelle für die Übermittlung muss der Gesetzgeber verlangen, dass bestimmte, den Verdacht begründende Tatsachen vorliegen, was bedeutet, dass insoweit konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht vorhanden sein müssen (vgl. BVerfGE 154, 152 [269 f. Rn. 222]; 156, 11 [51 f. Rn. 105, 56 Rn. 120]), wobei die im Urteil zum Bundeskriminalamtgesetz genannten erleichternden Abweichungen vom Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung (vgl. BVerfGE 141, 220 [328 f. Rn. 289 f.]) nicht zur Anwendung kommen (vgl. BVerfGE 162, 1 [118 f. Rn. 252 f.]). ![]() | |
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cc) Der Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung gilt jedoch nicht schematisch abschließend. Er schließt daher die Berücksichtigung weiterer Gesichtspunkte nicht aus (vgl. BVerfGE 156, 11 [50 Rn. 100]; 162, 1 [109 Rn. 231]). So gelten zwar grundsätzlich strengere Anforderungen, wenn die empfangende Behörde operative Befugnisse hat (vgl. BVerfGE 162, 1 [111 Rn. 234]). Unberührt hiervon bleibt aber die Möglichkeit, für die Verknüpfung von an verschiedenen Stellen vorhandenen Informationen und die Anbahnung ihres Austausches auf Verbunddateien zurückzugreifen (vgl. BVerfGE 154, 152 [272 f. Rn. 230]; 162, 1 [117 Rn. 248, 119 Rn. 253]; vgl. auch Dietrich, Stellungnahme zu u.a. HessLTDrucks 20/10821, Ausschussvorlage INA 20/73 – Teil 2, S. 109 f.). ![]() | |
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4. Weitere verfassungsrechtliche Anforderungen ergeben sich insbesondere aus dem Gebot der Normenklarheit und Bestimmtheit (a) und zum Schutz des grundrechtlich geschützten Kernbereichs (b). Außerdem sind zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit der Grundrechteingriffe besondere prozedurale Vorkehrungen erforderlich (c).
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a) Die gesetzliche Ermächtigung zu einer heimlichen Überwachungsmaßnahme muss hinreichend normenklar und bestimmt sein. Bei der Bestimmtheit geht es vornehmlich darum, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle vornehmen können. Der Gesetzgeber ist ![]() ![]() | |
Grundsätzlich sind an die Bestimmtheit und Normenklarheit von Ermächtigungen zur heimlichen Erhebung und Verarbeitung von Daten besonders strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 113, 348 [375 ff.]; 120, 378 [407 f.]; 141, 220 [265 Rn. 94]; 150, 244 [278 f. Rn. 82]). Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass ein effektiver Schutz gegenüber staatlicher Datenerhebung und -verarbeitung nur auf Grundlage eines ausreichend spezifischen gesetzlichen Normprogramms möglich ist. Heimliche Überwachungsmaßnahmen gelangen den Betroffenen kaum zur Kenntnis und können daher von ihnen auch nur selten angegriffen werden. Der Gehalt der gesetzlichen Regelung kann so nur eingeschränkt im Wechselspiel von Anwendungspraxis und gerichtlicher Kontrolle konkretisiert werden, was der Gesetzgeber durch die hinreichende Bestimmtheit der jeweiligen Normen auffangen muss. Im Einzelnen unterscheiden sich hierbei die Anforderungen zwar maßgeblich nach dem Gewicht des Eingriffs; insoweit sind sie mit den jeweiligen materiellen Anforderungen der Verhältnismäßigkeit eng verbunden (vgl. BVerfGE 141, 220 [265 Rn. 94]). Bei heimlichen Maßnahmen, die weit in die Privatsphäre hineinreichen können, sind die Bestimmtheitsanforderungen aber hoch (vgl. BVerfGE 162, 1, [95 f. Rn. 199 ff., 125 f. Rn. 272 ff.]).
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b) Aus den einzelnen Grundrechten in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ergeben sich für die gesetzliche Ermächtigung zur Durchführung von eingriffsintensiven Überwachungsmaßnahmen besondere Anforderungen an den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung (näher dazu BVerfGE 162, 1 [126 ff. Rn. 275 ff.]).
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c) Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ergeben sich auch für eine Verfassungsschutzbehörde prozedurale ![]() ![]() | |
II.
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Danach genügen die hier zulässig angegriffenen Überwachungsbefugnisse weitgehend nicht den Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit.
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1. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG darf das Landesamt für Verfassungsschutz im Einzelfall technische Mittel zur Ermittlung des Standorts eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgeräts einsetzen, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 HVSG erforderlich ist. Da die Befugnisnorm es zulässt, den Standort einer Person im engen Zeittakt über einen längeren Zeitraum hinweg zu ermitteln und damit ein Bewegungsprofil zu erstellen, ermöglicht sie intensive Grundrechtseingriffe. Insoweit genügt sie nicht den Anforderungen an ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung. Denn auch § 9 Abs. 2 HVSG, der in näher bestimmten Fällen eine erhöhte Eingriffsschwelle voraussetzt, umfasst nur einen Ausschnitt dieser eingriffsintensiven Standortermittlungen. § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 HVSG genügt auch für sich genommen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, soweit insbesondere auch § 3 Abs. 2 Satz 2 und speziell § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 HVSG in Bezug genommen werden.
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a) Die durch § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG zugelassene Erhebung von Daten greift in die grundrechtlich jedenfalls durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte informationelle ![]() ![]() | |
b) Dieser Eingriff ist nicht gerechtfertigt. Um den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit zu genügen, müssen Überwachungsmaßnahmen einen legitimen Zweck verfolgen und zur Erreichung des Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (vgl. BVerfGE 162, 1 [72 f. Rn. 149]). Zwar dient § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG einem legitimen Zweck und ist im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet und erforderlich (aa). Die Regelung ist aber nicht verhältnismäßig im engeren Sinne (bb).
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aa) Die angegriffene Befugnis zur Ermittlung des Standorts eines Mobilfunkendgeräts dient einem legitimen Zweck. Dem Landesamt steht diese Befugnis zur Erfüllung seiner Aufgabe zur Verfügung, die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand von Bund und Ländern sowie bestimmte auf das Verhältnis zum Ausland gerichtete Interessen der Bundesrepublik zu sichern (vgl. § 2 Abs. 2 HVSG i.V.m. § 3 BVerfSchG). Dabei handelt es sich um Schutzgüter von hohem verfassungsrechtlichen Gewicht (vgl. auch BVerfGE 141, 220 [267 f. Rn. 100]; 155, 119 [189 Rn. 151]). Eine Beschränkung von Freiheitsrechten kann zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung legitim sein, weil das Grundgesetz sich für eine streitbare Demokratie entschieden hat (vgl. Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 21 GG). Verfassungsfeinde sollen nicht unter Berufung auf Freiheiten, die das Grundgesetz gewährt, die Verfassungsordnung oder den Bestand des Staates gefährden, beeinträchtigen oder zerstören dürfen (BVerfGE 134, 141 [179 f. Rn. 112]). Die Sammlung von Unterlagen zum Zwecke des Verfassungsschutzes lässt das Grundgesetz ausdrücklich zu, indem es die Gesetzgebungskompetenz ![]() ![]() | |
Die angegriffene Befugnis ist zur Erreichung dieser Zwecke im verfassungsrechtlichen Sinne auch geeignet und erforderlich (vgl. BVerfGE 162, 1[74 Rn. 151]).
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bb) § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG genügt allerdings nicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (näher Rn. 93 ff.).
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Die Befugnis in § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG ermöglicht schwerwiegende Grundrechtseingriffe, da sie es zulässt, den Standort einer Person im engen Zeittakt über einen längeren Zeitraum hinweg zu ermitteln und damit ein Bewegungsprofil zu erstellen (1). Den deshalb strengen Anforderungen an ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung (2) genügt die in § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG geregelte Eingriffsschwelle auch unter Berücksichtigung des § 9 Abs. 2 HVSG nicht (3).
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(1) § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG ermächtigt zu schwerwiegenden Grundrechtseingriffen. Eine Maßnahme zur Ermittlung des Standorts hat insbesondere dann eine hohe Eingriffsintensität, wenn sie eine räumliche Nachverfolgung im engen Zeittakt über einen längeren Zeitraum und damit die Erstellung eines Bewegungsprofils zulässt (a). Danach wiegt der Eingriff hier schwer, weil § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG die Erstellung eines Bewegungsprofils ermöglicht (b).
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(a) Heimliche Überwachungsmaßnahmen des Verfassungsschutzes können sehr intensive Eingriffe in Grundrechte bewirken. ![]() ![]() | |
Da Standortdaten für sich genommen nur eine begrenzte Aussagekraft haben, ist das Eingriffsgewicht einer Standortermittlung regelmäßig erst dann erhöht, wenn – wegen der damit verbundenen potentiell hohen Persönlichkeitsrelevanz – die Erstellung eines Bewegungsprofils möglich ist.
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Danach wöge das Eingriffsgewicht nicht sehr schwer, wenn die Überwachung auf punktuelle Maßnahmen begrenzt wäre (vgl. BVerfGE 162, 1 [143 Rn. 321]). Denn wird ein Standort nur höchst vereinzelt ermittelt, lässt dies kaum relevante Rückschlüsse auf persönlichkeitsrelevantes Verhalten zu. Das Eingriffsgewicht wird allerdings bereits dann nicht unerheblich erhöht, wenn punktuelle Maßnahmen über einen längeren Zeitraum hinweg durchgeführt werden. Denn so kann unter Umständen nach und nach doch ein Bewegungsprofil oder Bewegungsbild der Person mit erhöhter Persönlichkeitsrelevanz zusammengestellt werden (vgl. BVerfGE 120, 378 [406 f., 416 f.]; 165, 1 [91 f. Rn. 175]). Umgekehrt können auch in sehr enger zeitlicher Taktung erfolgende Standortermittlungen, die über einen kürzeren Zeitraum erfolgen, das Eingriffsgewicht einer Maßnahme erhöhen. Denn sie ermöglichen die Erstellung eines detaillierten und für einen begrenzten Zeitraum nahezu vollständigen Bewegungsprofils, das unter Umständen sehr genau über den gewöhnlichen Tagesablauf einer Person Auskunft geben und insoweit eine potentiell hohe Persönlichkeitsrelevanz haben kann. Einen schwerwiegenden Eingriff begründen jedenfalls Maßnahmen, mit denen der Standort einer Person sowohl im engen Zeittakt als auch über einen ![]() ![]() | |
(b) § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG begründet einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. BVerfGE 162, 1 [144 Rn. 320 f., 147 Rn. 326] m.w.N.), denn er ermöglicht rechtlich (aa) und tatsächlich (bb), die Bewegung des Mobiltelefons der beobachteten Person in enger Taktung über einen längeren Zeitraum nachzuverfolgen und damit ein Bewegungsprofil zu erstellen.
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(aa) § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG trifft weder Vorgaben zur zeitlichen Taktung (Häufigkeit) noch zur zeitlichen Dauer einer Standortermittlung. Die Regelung lässt es vielmehr zu, den Standort einer Person im engen Zeittakt über einen längeren Zeitraum wiederholt zu ermitteln und damit – weil ein Mobiltelefon regelmäßig an der Person oder in unmittelbarer Nähe mitgeführt wird – ein Bewegungsprofil zu erstellen (vgl. HessLTDrucks 20/10821, S. 24 f.), das potentiell tiefe Einblicke in gewichtige Teile der Persönlichkeit Betroffener ermöglicht (vgl. auch BVerfGE 162, 1 [144 Rn. 321]).
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(bb) Die Erstellung eines Bewegungsprofils ist auch tatsächlich nicht ausgeschlossen. § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG ist technikneutral formuliert. Derzeit kann mindestens auf zwei Wegen – unter Einsatz eines IMSI-Catchers (á) oder einer stillen SMS (â) – von der Befugnis Gebrauch gemacht werden, von denen jedenfalls der zweite für die Erstellung von Bewegungsprofilen auch praktisch bedeutsam sein kann.
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(α) Zur Standortermittlung eines Mobiltelefons können in der Praxis sogenannte IMSI-Catcher eingesetzt werden. Mit diesem technischen Gerät kann nicht nur die einer eingelegten Chipkarte (Subscriber Identity Module oder SIM-Karte) eindeutig zugewiesene Internationale Mobilfunk-Teilnehmerkennung (International Mobile Subscriber Identity, IMSI) ausgelesen und die Gerätenum ![]() ![]() | |
(β) Zum anderen kommt zur Standortermittlung eines eingeschalteten und empfangsbereiten Mobiltelefons eine sogenannte stille SMS in Betracht. Dabei wird eine Kurzmitteilung (Short Message Service, SMS) an eine Mobilfunknummer gesandt, die eine Verbindung mit dem angewählten Mobiltelefon erzeugt, dabei aber für die Nutzer unerkannt bleibt, weil sie ihm im Nachrichteneingang nicht angezeigt wird. Der Empfang bewirkt eine Rückmeldung des Mobiltelefons bei der Funkzelle, in der es eingewählt ist. Dadurch wird ein Verkehrsdatensatz, der auch die Angabe der benutzten Funkzelle enthält, beim Netzbetreiber erzeugt. In einem zweiten Schritt kann dann über eine Abfrage beim Netzbetreiber die Funkzelle und damit der ungefähre Standort des Empfangsgerätes im Zeitpunkt des Empfangs der stillen ![]() ![]() | |
(2) Angesichts dieses Eingriffsgewichts kommen strenge verfassungsrechtliche Anforderungen zur Anwendung. Um den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu wahren, darf eine Maßnahme nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG nur zugelassen werden, wenn sie zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten ist (vgl. BVerfGE 162, 1 [87 Rn. 181]; näher Rn. 90, 94 ff.). Dabei müssen tatsächliche Anhaltspunkte sowohl für die Annahme einer Bestrebung gegen Rechtsgüter des Verfassungsschutzes als auch dafür vorliegen, dass die ergriffene Maßnahme im Einzelfall zur Aufklärung geboten ist (vgl. BVerfGE 162, 1 [87 ff. Rn. 182 ff.]). Für die Gebotenheit zur Aufklärung kommt es auf die konkrete Relevanz der hierdurch zu gewinnenden Erkenntnisse für die weitere Aufklärung verfassungsfeindlicher Bestrebungen an. Da die Maßnahme regelmäßig gezielt gegen bestimmte Personen gerichtet sein dürfte, muss die Überwachung gerade dieser Personen zur Aufklärung beitragen (vgl. BVerfGE 162, 1 [98 f. Rn. 206 ff., 147 Rn. 328]). Weil § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG eine Erstellung von Bewegungsprofilen und damit schwerwiegende Grundrechtseingriffe nicht ausschließt, muss die Nutzung der ![]() ![]() | |
(3) Danach genügt § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG nicht den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne; es fehlt eine gemessen am Eingriffsgewicht der Regelung hinreichende Eingriffsschwelle (a). Soweit § 9 Abs. 2 HVSG für bestimmte Anwendungsfälle eine erhöhte Eingriffsschwelle mit Verweis auf § 3 Abs. 2 HVSG bestimmt, wird dadurch nur ein Ausschnitt der nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG eröffneten eingriffsintensiven Standortbestimmungen erfasst (b). § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG genügt auch für sich genommen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, denn es fehlt auch insoweit eine hinreichende Eingriffsschwelle (c). Soweit Dritte in die Überwachung einbezogen werden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (d); letztlich fehlt allerdings eine unabhängige Vorabkontrolle, soweit eingriffsintensive Standortbestimmungen nicht schon von § 9 Abs. 2 HVSG erfasst werden (e).
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(a) Die Befugnis in § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG enthält keine hinreichende Eingriffsschwelle. Unabhängig davon, dass schon zweifelhaft sein dürfte, ob § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende (allgemeine) verfassungsschutzspezifische Eingriffsschwelle vorsieht (aa), enthält die Regelung jedenfalls keine gemessen an ihrem Eingriffsgewicht hinreichend hohe Eingriffsschwelle (bb).
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(aa) § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG setzt lediglich voraus, dass die Standortermittlung im Einzelfall zur Erfüllung der Aufgaben des Landesamts nach § 2 HVSG erforderlich sein muss. Mit dieser allein auf die Aufgabenerfüllung bezogenen Eingriffsschwelle enthält die Regelung keine ihre Reichweite näher begrenzende, ![]() ![]() | |
Eine verfassungsschutzspezifische Eingriffsschwelle könnte § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG zwar grundsätzlich auch im Wege der Auslegung entnommen werden. So liegt eine begrenzende Wirkung zumindest darin, dass Ortungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG nur im Einzelfall eingesetzt werden dürfen und zur Aufgabenwahrnehmung nach § 2 HVSG erforderlich sein müssen. Insoweit ließe sich aus dem Erfordernis der Erforderlichkeit sowie dem Einzelfallbezug schließen, dass eine Ortung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit geboten sein muss (vgl. auch BVerfGE 130, 151 [206]; 155, 119 ![]() ![]() | |
(bb) Jedenfalls enthält § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG gemessen an seinem Eingriffsgewicht keine hinreichend hohe Eingriffsschwelle.
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Dem Eingriffsgewicht einer Maßnahme steht die Beobachtungsbedürftigkeit der (vermeintlichen) Bestrebung gegenüber. Je schwerer der Eingriff, umso beobachtungsbedürftiger muss diese sein. Da eine Mobilfunkendgeräteortung einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff begründen kann (Rn. 127 ff.), bedarf es einer entsprechend gesteigerten Beobachtungsbedürftigkeit der vermeintlichen Bestrebung oder Tätigkeit im Sinne des Gesetzes. Erforderlich ist eine abstrakt beschreibende Bezeichnung des dem Eingriffsgewicht angemessenen Maßes der Beobachtungsbedürftigkeit, für das hinreichend bestimmte Kriterien vorgegeben sein müssen (vgl. BVerfGE 162, 1 [96 ff. Rn. 202 ff.]).
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Dem genügt § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG nicht. Die Regelung sieht keine gesteigerte Beobachtungsbedürftigkeit vor (vgl. auch BVerfGE 162, 1 [155 f. Rn. 344]). Eine solche kann ihr auch nicht im Wege der Auslegung (Rn. 140) entnommen werden. Da die Regelung eine in enger zeitlicher Taktung länger andauernde Nachverfolgung der Bewegung im Raum und damit schwerwiegende Grundrechtseingriffe zulässt, gelten strenge Anforderungen an ihre Bestimmtheit (vgl. Rn. 115 f.). Könnte daher die in § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG geregelte Eingriffsschwelle nur durch Auslegung ermittelt werden, genügte die Regelung nicht den Anforderungen an ihre Bestimmtheit (vgl. auch BVerfGE 162, 1 [149 Rn. 331]). ![]() | |
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So findet § 9 Abs. 2 Nr. 1 HVSG nur Anwendung, wenn der Einsatz technischer Mittel erfolgt, um anhand der Standortdaten die Bewegungen des Mobiltelefons nachzuverfolgen (Bewegungsprofil). Alle nicht in dieser Form zweckgerichteten Ortungen werden daher von vornherein nicht an die Eingriffsschwelle des § 9 Abs. 2 HVSG gebunden, obgleich es sich auch insoweit um eingriffsintensive Maßnahmen handeln kann. Denn das Eingriffsgewicht bestimmt sich nicht danach, von welchen Nutzungsmöglichkeiten das Landesamt tatsächlich Gebrauch machen will, sondern danach, welche Nutzungsmöglichkeiten die Regelung rechtlich und tatsächlich eröffnet, also den aktuellen Eingriffsmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 162, 1 [144 Rn. 320, 147 Rn. 326]; Rn. 128). Dies verkennt der hessische Gesetzgeber, wenn er allein auf eine auf die Erstellung eines Bewegungsprofils ausgerichtete Maßnahme abstellt (vgl. HessLTDrucks 20/10821, S. 25).
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Aber auch soweit § 9 Abs. 2 Nr. 2 HVSG kumulativ voraussetzt, dass die Maßnahme an mehr als drei aufeinanderfolgenden Tagen mehrfach täglich eingesetzt wird, werden schon für sich genommen nicht alle denkbaren Fälle mit erhöhtem Eingriffsgewicht erfasst. Zwar hat der Gesetzgeber insoweit die für die Persönlichkeitsrelevanz maßgebliche doppelte zeitliche Komponente berücksichtigt und sowohl auf die Taktung (Häufigkeit) wie auch auf die Gesamtdauer der Maßnahme abgestellt (vgl. HessLTDrucks 20/10821, S. 25). Selbst durch die Kombination beider Aspekte werden aber schon keine Ortungen erfasst, die punktuell oder gar in enger zeitlicher Taktung über einen langen Zeitraum wiederholt an drei Tagen hintereinander erfolgen. Hierbei kann es sich aber um Eingriffe mit schwerwiegendem Gewicht handeln. Allein der ![]() ![]() | |
Soweit schließlich § 9 Abs. 2 HVSG von vornherein nicht für technische Mittel nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG gilt, die "lediglich im Zusammenhang mit anderen operativen Maßnahmen zu deren Ermöglichung eingesetzt werden, insbesondere für Zwecke von Observationsmaßnahmen nach § 11 HVSG zur Bestimmung des Standorts der eingeloggten Funkzelle", sind auch insoweit Standortbestimmungen umfasst, die die Erstellung eines Bewegungsprofils ermöglichen und deshalb besonders eingriffsintensiv sind. Zwar mögen solche begleitenden eingriffsintensiven Standortermittlungen nach den Befugnisnormen für diese anderen Maßnahmen (vgl. etwa § 11 Abs. 1 und 2 HVSG) zulässig sein, wenn insoweit hinreichend hohe Eingriffsschwellen vorausgesetzt werden. Auf § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG können solche begleitenden eingriffsintensiven Ortungen mangels hinreichender Eingriffsschwelle allerdings nicht gestützt werden.
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(c) § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 HVSG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG genügt aber auch insoweit, als jedenfalls ein Teil eingriffsintensiver Standortbestimmungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG erfasst wird, schon für sich genommen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine hinreichende Eingriffsschwelle.
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(aa) § 9 Abs. 2 Nr. 1 und 2 HVSG erfasst Standortbestimmungen, die an mehr als drei Tagen mehrfach täglich eingesetzt werden, um ein Bewegungsprofil zu erstellen. Da es sich insoweit um schwerwiegende Grundrechtseingriffe handelt (Rn. 127 f.), gelten strenge verfassungsrechtliche Anforderungen (näher Rn. 96 f.). Die Maßnahme muss daher zur Aufklärung einer gesteigert be ![]() ![]() | |
(bb) Dem genügt § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 HVSG, soweit er auf § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG Bezug nimmt, nicht.
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(α) § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 HVSG setzt voraus, dass die aufzuklärende Bestrebung oder Tätigkeit erheblich beobachtungsbedürftig im Sinne des § 3 Abs. 2 HVSG sein muss. Nach§ 3 Abs. 2 Satz 1 HVSG gelten als erheblich beobachtungsbedürftig ![]() ![]() | |
Eine Auslegung des § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG – entgegen seinem Wortlaut und der Regelungssystematik – dahin, dass die Regelung nur in einer Gesamtbetrachtung gemeinsam mit der allgemeinen ![]() ![]() | |
(β) Dagegen genügt die in § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe c HVSG beschriebene Bestrebung für sich genommen den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe c HVSG sind insbesondere solche Bestrebungen erheblich beobachtungsbedürftig im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 HVSG, die zur Zielverfolgung andere Straftaten begehen oder darauf ausgerichtet sind. Mit anderen Straftaten sind hier lediglich solche gemeint, die nicht schon von § 3 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a ("Gewalt anwenden, androhen, fördern oder befürworten") und Nr. 1 Buchstabe b ("zu Hass oder Willkürmaßnahmen anstacheln") miterfasst werden.
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Die Regelung genügt jedenfalls als Anhaltspunkt oder Indiz für die gewisse Potentialität einer Bestrebung den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Wenn, wie von § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe c HVSG vorausgesetzt, die Mitglieder einer Bestrebung zur Zielverfolgung Straftaten begehen oder die Bestrebung darauf ausgerichtet ist, kann zum einen davon ausgegangen werden, dass die hier als Anhaltspunkt herangezogene Begehung von Straftaten oder das darauf Ausgerichtsein auch in einer Beziehung zu den Schutzgütern des Verfassungsschutzes stehen (vgl. dazu BVerfGE 162, 1 [92 Rn. 192]). Zum anderen weist es auf die mögliche Potentialität einer Bestrebung hin, wenn ihre Mitglieder oder Unterstützer zur Verfolgung der verfassungsfeindlichen Ziele der Bestrebung auch Straftaten begehen oder die Bestrebung darauf ausgerichtet ist. Dies genügt jedenfalls als Indiz dafür, dass Schutzgüter des Verfassungsschutzes konkret bedroht sein können und dass das gegen sie gerichtete Handeln erfolgreich sein kann (vgl. dazu BVerfGE 162, 1 [92 Rn. 193]).
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Insoweit könnte schon zweifelhaft sein, ob die in Nummer 4 der Regelung aufgezählten Kriterien überhaupt in einer Beziehung zu den Verfassungsschutzgütern stehen, denn anders als in § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 HVSG müssen sie nicht "zur Zielverfolgung" eingesetzt werden. Jedenfalls aber sind die in § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 HVSG genannten Kriterien nicht geeignet, eine gewisse Potentialität zu indizieren. Zwar kann insbesondere der gesellschaftliche Einfluss einer Bestrebung als solcher ein Anhaltspunkt für eine Gefährdung der Verfassungsschutzgüter sein. Erforderlich ist aber, dass sich auch ein hinreichendes Maß an konkreten und gewichtigen Anhaltspunkten ergibt, die den Rückschluss auf die Möglichkeit erfolgreichen Agierens der Bestrebung gegen die Schutzgüter des Verfassungsschutzes rechtfertigen. Dabei können sowohl die Erfolgsaussichten einer bloßen Beteiligung am politischen Meinungskampf als auch die Möglichkeiten einer Durchsetzung der politischen Ziele mit sonstigen Mitteln in Rechnung gestellt werden (vgl. BVerfGE 162, 1 [93 Rn. 195]). Danach genügt es nicht, dass die Bestrebung lediglich gesellschaftlichen Einfluss auszuüben sucht. Denn dies könnte bereits dann der Fall sein, wenn eine Bestrebung etwa vollkommen dilettantisch, wenn auch in erheblichem Umfang wirkt. Einer Auslegung der Regelung stehen die strengen Anforderungen an die Bestimmtheit heimlicher Überwachungsmaßnahmen entgegen (vgl. dazu BVerfGE 162, 1 [95 f. Rn. 199 ff.]; oben Rn. 115 f.).
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(d) Soweit besondere Verhältnismäßigkeitsanforderungen bestehen, wenn Dritte in die Überwachung einbezogen sind, ohne selbst in der oder für die Bestrebung tätig zu sein (vgl. BVerfGE 162, 1 [99 Rn. 209 f.]; Rn. 99), genügt § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG diesen Anforderungen. Durch den Verweis in § 9 Abs. 3 Satz 1 HVSG auf § 3 Abs. 2 Satz 2 G 10 ist sichergestellt, dass eine Maßnahme, auch soweit sie gegenüber Dritten als Zielperson erfolgt, zur Aufklärung beitragen muss (vgl. dazu BVerfGE 162, 1 [147 Rn. 328]).
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(e) Wegen des potentiell hohen Eingriffsgewichts einer nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG möglichen Mobiltelefonortung bedarf es ![]() ![]() | |
2. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG erlaubt dem Landesamt im Einzelfall zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 HVSG bei Verkehrsunternehmen sowie Betreibern von Computerreservierungssystemen und Globalen Distributionssystemen für Flüge Auskünfte zu Namen und Anschriften von Kunden sowie zur Inanspruchnahme und zu Umständen von Transportleistungen einzuholen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 HVSG vorliegen. Die Regelung genügt nicht den Anforderungen an ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung. Sie ermöglicht Grundrechtseingriffe von erhöhtem Gewicht. Die deshalb erhöhten Anforderungen an die Beobachtungsbedürftigkeit einer vermeintlichen Bestrebung oder Tätigkeit erfüllt die Vorschrift auch unter Berücksichtigung des § 10 Abs. 2 Satz 2 HVSG nicht.
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a) Das besondere Auskunftsersuchen nach10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung als Schutz der informationellen Selbstbestimmung ein. Die Regelung ermächtigt zur Abfrage der Namen und Anschriften von Kunden sowie der Inanspruchnahme und der Umstände von Transportleistungen. Ein auf die Erhebung dieser personenbezogenen Daten gerichtetes Auskunftsersuchen beschränkt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. Schwarz, in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, BayVSG, Art. 16 Rn. 18 f. [März 2024]; zur Erhebung von Kontodaten: BVerfGE 120, 274 [346]; zur Vereinbarkeit der Verarbeitung von Fluggastdaten mit Art. 8 GrCh EuGH (GK), Urteil vom 21. Juni 2022, Ligue des droits humains, C-817/19, EU:C:2022:491, Rn. 95 f.). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Adressat zur Auskunft verpflichtet ist. Schon die Ermächti ![]() ![]() | |
b) Das besondere Auskunftsersuchen nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an seine Rechtfertigung. Zwar dient die Maßnahme der Verfolgung eines legitimen Zwecks und ist auch geeignet und erforderlich (vgl. Rn. 123). Sie genügt aber gemessen an ihrem zumindest erhöhten Eingriffsgewicht (aa) nicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (bb), denn es fehlt eine entsprechend erhöhte Eingriffsschwelle (cc).
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aa) Die Regelung ermächtigt zu Grundrechtseingriffen von erhöhtem, wenn auch nicht schwerwiegendem Gewicht.
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(1) Das Eingriffsgewicht von Überwachungsmaßnahmen wird vor allem durch die Art und den Umfang sowie die denkbare Verwendung der erhobenen Daten bestimmt (näher Rn. 96). Besonders schwer wiegen danach etwa längerfristige Observationen (zumal unter Anfertigung von Bildaufzeichnungen), die Erfassung nichtöffentlicher Gespräche und der Einsatz von Vertrauenspersonen und Verdeckten Mitarbeitenden (vgl. BVerfGE 141, 220 [294 Rn. 174]).
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(2) Das Eingriffsgewicht des durch § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG eröffneten Auskunftsersuchens ist im Vergleich zu den vorgenannten heimlichen Überwachungsmaßnahmen deutlich geringer, da keine vergleichbare weitgehende Erfassung der Persönlichkeit ermöglicht wird. Ein Auskunftsersuchen nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG erreicht auch nicht die Eingriffstiefe einer Mobilfunkendgeräteortung, die die Erstellung eines – wenngleich relativ groben – Bewegungsprofils ermöglichen kann (vgl. Rn. 131 ff.). Auch wenn daher § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG keine schwerwiegenden Grundrechtseingriffe begründet, ermöglicht er doch solche von jedenfalls erhöhtem Gewicht.
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Die Art der hier erhobenen Daten wirkt für sich genommen eingriffsverstärkend, denn die Vorschrift umfasst den Abruf von Namen und Anschriften der Betroffenen sowie von Daten zur Inanspruchnahme und zu den Umständen von Transportleistungen, also insbesondere den Zeitpunkt von Abfertigung, Abflug oder Abreise ![]() ![]() | |
Gleichwohl liefern die erhobenen Daten nur einen ausschnittweisen und zeitlich sehr begrenzten Einblick in das Leben der Betroffenen. Jedenfalls aber sind die Einblicke in das Privatleben der Betroffenen nicht dergestalt, dass sie eine auch nur annähernd weitgehende Erfassung ihrer Persönlichkeit oder gar die Erstellung eines Persönlichkeitsprofils zuließen. Das Ausmaß der möglichen Erfassung der Persönlichkeit dürfte zudem in der Regel dadurch eingeschränkt sein, dass eine Nutzung von Verkehrsdienstleistungen ausschließlich im öffentlichen Raum stattfindet.
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Trotz der für sich genommen begrenzten Aussagekraft der nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG erhobenen Daten und der nur begrenzten Erfassung der Persönlichkeit der Betroffenen wöge der Eingriff gleichwohl schwer, wenn die Überwachung insbesondere die Erstellung eines Bewegungsprofils zuließe und insofern eine gesteigerte Persönlichkeitsrelevanz aufwiese. Dies ist jedoch nicht der Fall (a.A. zu Art. 16 BayVSG Schwarz, in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, BayVSG, Art. 16 Rn. 24 [März 2024]). Die durch ein besonderes Auskunftsersuchen gewonnenen Daten können nur den Aufenthalt während eines Reisezeitraums offenbaren, und auch dies nur, wenn insoweit fremde Transportleistungen in Anspruch genommen werden. Für alle anderen Zeiten werden schon keine Daten erhoben. Aber auch soweit durch ein Auskunftsersuchen Daten gewonnen werden können, geben diese nur dann eine ver ![]() ![]() | |
Je nach individuellem Fortbewegungsverhalten können die durch § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG ermöglichten Eingriffe zwar auch schwerer wiegen. Das durch die Abfrage einzelner Transportbewegungen gewinnbare Bewegungsbild bleibt gleichwohl fragmentarisch und grob. Der genaue Aufenthaltsort wird nur für den Zeitraum der Nutzung der Transportleistung an sich ausgewiesen, und dies grundsätzlich auch nur bei Flugreisen mit hoher Zuverlässigkeit. Regelmäßig kommt es zu Unterbrechungen, weshalb der Standort Betroffener weitgehend nur punktuell erfasst werden kann. Eine Erfassung in enger zeitlicher Taktung und über einen langen Zeitraum dürfte allenfalls theoretisch möglich, praktisch aber ohne Relevanz sein (vgl. auch BVerfGE 162, 1 [145 Rn. 323]).
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Ausmaß und Dauer der Datenabfrage erhöhen hier allerdings das Eingriffsgewicht. So können sämtliche zum Zeitpunkt der Anordnung noch gespeicherten Reisebewegungen sowie alle künftigen im möglichen Anordnungszeitraum liegenden oder auch nur gebuchten Reisebewegungen abgefragt werden; eine zeitliche Beschränkung der Anordnung ist offensichtlich nicht vorgesehen. Dadurch kann etwa die Nutzung des Flugverkehrs nahezu vollständig überwacht werden (vgl. zur Erweiterung der Zugriffsbefugnisse mit Blick auf § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BVerfSchG: Mallmann, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, BVerfSchG, § 8a Rn. 10). Der die Eingriffsschwere insoweit mindernde vormalige Verweis in § 10 Abs. 6 Satz 1 HVSG a.F. auf § 10 Abs. 5 G 10, der eine Befristung der Anordnung auf höchstens drei Monate vorsah, ist mit Novellierung des Gesetzes im Jahr 2023 weggefallen. ![]() | |
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cc) Den Anforderungen an die Eingriffsschwelle genügt die Befugnis in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG nicht. Unabhängig davon, dass schon zweifelhaft ist, ob die Regelung eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende (allgemeine) verfassungsschutzspezifische Eingriffsschwelle vorsieht (1), fehlt es jedenfalls an einer gemessen am Eingriffsgewicht der Erhebungsbefugnis hinreichend erhöhten Eingriffsschwelle (2).
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(1) Soweit die verfassungsschutzspezifische Eingriffsschwelle voraussetzt, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen müssen, dass eine gegen Schutzgüter des Verfassungsschutzes gerichtete beobachtungsbedürftige Aktion oder Gruppierung besteht (vgl. BVerfGE 162, 1 [87 ff. Rn. 183 ff.]), dürfte § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG dem genügen. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 HVSG darf das Landesamt im Einzelfall zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 HVSG Auskünfte einholen, wenn tatsächliche Anhalts ![]() ![]() | |
§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG dürfte aber nicht sicherstellen, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen müssen, dass die ergriffene Maßnahme im Einzelfall zur Aufklärung geboten ist (vgl. BVerfGE 162, 1 [87 Rn. 182, 98 f. Rn. 206 ff.]). Bei diesem dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspringenden Element der verfassungsschutzbezogenen Eingriffsschwelle kommt es auf die konkrete Relevanz der hierdurch zu gewinnenden Erkenntnisse für die weitere Aufklärung verfassungsfeindlicher Bestrebungen an. Ist die Maßnahme gezielt gegen bestimmte Personen gerichtet, so muss die Überwachung gerade dieser Personen zur Aufklärung beitragen. Weil die Dringlichkeit einer Maßnahme sinken kann, je länger sie zum Einsatz kommt, ohne (noch) bedeutende Erkenntnisse für die weitere Aufklärung verfassungsfeindlicher Bestrebungen hervorzubringen, ist die Qualität der erlangten Erkenntnisse fortlaufend zu bewerten. Zudem sind bei gleicher Eignung mildere Mittel zu wählen, das heißt eingriffsintensivere Überwachungsmaßnahmen nur dann zu ergreifen, wenn die milderen verfügbaren Maßnahmen nicht den gleichen Aufklärungserfolg versprechen (vgl. BVerfGE 162, 1 [98 f. Rn. 206 ff.]).
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§ 10 Abs. 2 HVSG setzt aber insoweit lediglich voraus, dass die Maßnahme im Einzelfall zur Erfüllung der Aufgaben des Landesamts nach § 2 HVSG erfolgen muss, und enthält damit keine ihre Reichweite näher begrenzende, spezifische Eingriffsschwelle. Eröffnet sind damit vielfältige und in jeder Hinsicht ![]() ![]() | |
(2) Jedenfalls aber enthält § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 HVSG keine gemessen an seinem Eingriffsgewicht hinreichende Eingriffsschwelle, die eine zumindest erhöhte Beobachtungsbedürftigkeit voraussetzt.
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Aufgrund des hier erhöhten Eingriffsgewichts bedarf es einer entsprechend erhöhten Beobachtungsbedürftigkeit der vermeintlichen Bestrebung oder Tätigkeit, für die der Gesetzgeber hinreichend bestimmte Kriterien vorgeben muss (näher Rn. 97, 149).
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Dem wird § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG auch unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 2 Satz 2 HVSG nicht gerecht. Zwar wird durch § 10 Abs. 2 Satz 2 HVSG die für eine Befugniswahrnehmung ![]() ![]() | |
(a) Soweit ein Auskunftsersuchen den Fall betrifft, dass tatsächliche Anhaltspunkte für eine Bestrebung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 HVSG vorliegen, setzt § 10 Abs. 2 Satz 2 HVSG zwar eine erhöhte Eingriffsschwelle dahingehend voraus, dass diese Bestrebung bezwecken oder aufgrund ihrer Wirkweise geeignet sein muss, insbesondere zu Hass- oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder Gewalt anzuwenden oder vorzubereiten. Dies hat zur Folge, dass die Befugnis des Landesamts jedenfalls im Aufgabenbereich des § 2 Abs. 2 Nr. 1 HVSG, der auch legalistische Bestrebungen umfassen kann, auf volksverhetzende und militante Bestrebungen beschränkt wird. Dies sind ohne weiteres Kriterien, die eine gewisse Potentialität einer Bestrebung indizieren können (vgl. BVerfGE 162, 1 [92 f. Rn. 194]).
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§ 10 Abs. 2 Satz 2 HVSG formuliert allerdings nicht lediglich Anhaltspunkte oder Indizien für eine erhöhte Potentialität, sondern lässt dem Landesamt etwa in Fällen besonders dilettantischer Wirkungsweise für eine abweichende Bewertung im Einzelfall keinen Spielraum. Es ist daher nicht sichergestellt, dass hinreichende Anhaltspunkte vorliegen müssen, die es möglich erscheinen lassen, dass Verfassungsschutzgüter auch konkret bedroht sind und dass das gegen sie gerichtete Handeln erfolgreich sein kann (vgl. dazu BVerfGE 162, 1 [92 Rn. 193]; Rn. 97, 149).
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(b) Das Gleiche gilt im Ergebnis auch für § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG, soweit das Auskunftsersuchen den Fall betrifft, dass tatsächliche Anhaltspunkte für eine Bestrebung oder Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 HVSG vorliegen. Soweit der Gesetzgeber offensichtlich davon ausgeht, dass die in § 2 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 HVSG geregelten Bestrebungen und Tätigkeiten per se er ![]() ![]() | |
3. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG darf das Landesamt eigene Mitarbeitende unter einer ihnen verliehenen und auf Dauer angelegten Legende (Verdeckte Mitarbeitende) einsetzen, wenn dies zur Aufklärung einer bestimmten nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit im Einzelfall geboten ist. Die Befugnis ermöglicht intensive Grundrechtseingriffe und genügt nicht den daraus folgenden Anforderungen an ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung. Soweit § 12 Abs. 1 Satz 2 HVSG für länger als sechs Monate dauernde Einsätze eine erhöhte Eingriffsschwelle voraussetzt, umfasst er nur einen Teil der eröffneten eingriffsintensiven Maßnahmen.
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a) Maßnahmen nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG können, wenn Mitarbeitende des Landesamts hierbei personenbezogene Daten erlangen, jedenfalls in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen. Ein Eingriff liegt zwar nicht schon dann vor, wenn Mitarbeitende des Verfassungsschutzes mit Betroffenen kommunizieren, wohl aber, wenn sie dabei deren schutzwürdiges Vertrauen in die Identität und die Motivation ihrer Kommunikationspartner ausnutzen und dabei persönliche Daten erlangen, an die sie ansonsten nicht gelangt wären (näher dazu BVerfGE 162, 1 [151 Rn. 338, 158 Rn. 350] m.w.N.). Inwiefern über das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hinaus allein wegen des Missbrauchs von erschlichenem Vertrauen oder aus anderen Gründen weitere Grundrechte betroffen sind und Grundrechtsschutz insofern auch besteht, wenn Informationen erlangt werden, die keine personenbezogenen Daten enthalten, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. auch BVerfGE 162, 1 [153 Rn. 339] m.w.N.; vgl. auch Rn. 53). ![]() | |
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aa) Der Einsatz von Verdeckten Mitarbeitenden kann sehr eingriffsintensiv sein (vgl. BVerfGE 162, 1 [153 f. Rn. 340 f.] m.w.N.; 165, 1 [57 f. Rn. 104 ff.]). Durch die Maßnahme kann eine vermeintliche Vertrauensbeziehung aufgebaut und dann ausgenutzt werden. Es wird regelmäßig ein Vertrauen in die vermeintlichen Motive und die vermeintliche Identität der eingesetzten Person entstehen und ausgenutzt. Dabei ist es gerade Ziel der Maßnahme, Wissen der Betroffenen, die auf dieses Vertrauensverhältnis arglos bauen, informationell abzuschöpfen, indem ihnen Informationen entlockt werden, die sie in Kenntnis der wahren Umstände nicht preisgäben. Nutzt aber der Staat persönliches Vertrauen aus, um Geheimhaltungsinteressen zu überwinden und Betroffene so zur Preisgabe von Informationen zu verleiten, kann das sehr schwer wiegen (vgl. BVerfGE 162, 1 [153 f. Rn. 340]; 165, 1 [49 Rn. 88]). Wenn der Staat Verdeckte Mitarbeitende einsetzt, greift er zu einem der schwerwiegendsten Mittel, das ihm zur Verfügung steht. So kann sich der Einsatz von Verdeckten Mitarbeitenden auf einen erheblichen Teil der gesamten Lebensgestaltung der Betroffenen und auf hochsensible Informationen richten. Anders als bei anderen heimlichen Maßnahmen wird nicht nur ein Kommunikationsvorgang oder ein Verhalten passiv überwacht. Verdeckte Mitarbeitende können – und sollen – vielmehr auch aktiv auf die Kommunikation der Zielperson oder in sonstiger Weise auf diese einwirken (vgl. BVerfGE 165, 1 [58 Rn. 106]).
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Dabei kann das Eingriffsgewicht je nach konkreter Ausgestaltung erheblich variieren. Das Gewicht hängt insbesondere von der Dauer des Einsatzes Verdeckter Mitarbeitender ab. Auch kommt ![]() ![]() | |
Dieses potentiell hohe Eingriffsgewicht der Maßnahme wird auch nicht durch Regelungen zum Schutz des Kernbereichs in § 12 Abs. 4 HVSG maßgeblich vermindert. Danach sollen zwar bei der Planung von Einsatzumständen nach Möglichkeit Situationen vermieden werden, bei denen regelmäßig Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung gewonnen werden (§ 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 HVSG). Auch darf der Kernbereich bei einem gegen eine Person gerichteten Einsatz unter keinen Umständen zum Ziel staatlicher Ermittlungen gemacht werden (§ 12 Abs. 4 Satz 2 HVSG); insbesondere dürfen zum Aufbau oder zum Erhalt eines Vertrauensverhältnisses keine intimen Beziehungen oder vergleichbar engste persönliche Bindungen begründet oder fortgeführt werden (§ 12 Abs. 4 Satz 3 HVSG). Damit hat der Gesetzgeber aber nicht alle Einsätze mit einem insoweit erhöhten Eingriffsgewicht erfasst, denn auch außerhalb des Kernbereichs privater Lebensgestaltung kann der Einsatz Verdeckter Mitarbeitender sehr eingriffsintensiv sein. So können zwischenmenschliche Beziehungen eingegangen und es kann Kommunikation überwacht werden, die tief in die Privatsphäre reicht. ![]() | |
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cc) Den danach strengen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne genügt § 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG Es fehlt eine gemessen am Eingriffsgewicht der Maßnahme hinreichende Eingriffsschwelle (1). Soweit § 12 Abs. 1 Satz 2 HVSG für länger dauernde Einsätze eine erhöhte Eingriffsschwelle bestimmt, wird dadurch nur ein Teil der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG eröffneten eingriffsintensiven Einsätze erfasst (2). § 12 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG genügt aber auch für sich genommen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die erforderliche gesteigerte Beobachtungsbedürftigkeit (3).
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(1) Die Befugnis in § 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG enthält keine hinreichende Eingriffsschwelle. Dabei dürfte schon zweifelhaft sein, ob § 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende (allgemeine) verfassungsschutzspezifische Eingriffsschwelle vorsieht. So setzt § 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG zwar ![]() ![]() | |
(2) Auch § 12 Abs. 1 Satz 2 HVSG enthält keine für Eingriffe nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG hinreichende Eingriffsschwelle, denn er erfasst nicht alle eingriffsintensiven Einsätze Verdeckter Mitarbeitender (vgl. auch Goldhammer, Stellungnahme zu u.a. HessLTDrucks 20/10821, Ausschussvorlage INA 20/73 – Teil 2, S. 118 f.).
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So setzt zwar § 12 Abs. 1 Satz 2 HVSG für länger als sechs Monate dauernde Einsätze Verdeckter Mitarbeitender zusätzlich voraus, dass diese zur Aufklärung einer erheblich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 2 HVSG im Einzelfall unerlässlich sein müssen, und stellt damit sowohl an die Beobachtungsbedürftigkeit als auch den Aufklärungsgewinn erhöhte Anforderungen. Auch ist die Dauer ein maßgeblicher Umstand, der das Eingriffsgewicht eines Einsatzes Verdeckter Mitarbeitender regelmäßig erhöht (vgl. § 9a Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG; daher auch BVerfGE 162, 1 [177 Rn. 406]). Daneben gibt es jedoch weitere Fälle eingriffsintensiver Einsätze Verdeckter Mitarbeitender. So hängt das Eingriffsgewicht auch davon ab, welche Intensität die Beziehungen erlangen. Insbesondere der gezielte Einsatz gegen eine bestimmte Person sowie der sonstige personenbezogene Einsatz, der auf die Herstellung einer Vertrauensbeziehung an ![]() ![]() | |
(3) Soweit die Eingriffsbefugnis in § 12 Abs. 1 HVSG für länger als sechs Monate andauernde Einsätze auf die in § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG und § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 HVSG näher bestimmte erhebliche Beobachtungsbedürftigkeit von Bestrebungen und Tätigkeiten verweist, genügt sie nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen (vgl. Rn. 150 ff.).
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4. § 20a Satz 1 HVSG ermächtigt das Landesamt zur Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobener personenbezogener Daten an Strafverfolgungsbehörden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine besonders schwere Straftat begangen hat, soweit dies zur Verfolgung der Tat erforderlich ist. In den nachfolgenden Sätzen 2 und 3 der Regelung werden dann die besonders schweren Straftaten näher bestimmt. Die insoweit angegriffene Übermittlungsbefugnis in § 20a Satz 1 HVSG genügt nicht den Anforderungen an ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung, soweit sie die Übermittlung auch zur Verfolgung einer besonders schweren Straftat im Sinne des § 20a Satz 2 Buchstabe b und Satz 3 HVSG ermöglicht.
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a) Die Übermittlung von Daten an Strafverfolgungsbehörden begründet einen eigenen Grundrechtseingriff, der an dem Grundrecht zu messen ist, in das bei der ursprünglichen Datenerhebung eingegriffen wurde (vgl. Rn. 105). Durch die Übermittlung von Daten, die aus Maßnahmen nach den §§ 9 ff. HVSG gewonnen wurden, ist daher jedenfalls das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der informationellen Selbstbestimmung betroffen (vgl. auch BVerfGE 162, 1 [163 Rn. 362]).
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b) Dieser Eingriff ist nicht gerechtfertigt, soweit das Landesamt mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobene Daten nach § 20a Satz 1 HVSG zur Verfolgung einer besonders schweren Straftat im Sinne der § 20a Satz 2 Buchstabe b und Satz 3 HVSG übermitteln darf. ![]() | |
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Die hier angegriffene Übermittlungsregelung in § 20a HVSG dient der Verfolgung von Straftaten (vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 20a HVSG) und damit dem legitimen Zweck der Effektivierung der Strafverfolgung (vgl. dazu BVerfGE 100, 313 [388 f.]; 155, 119 [177 Rn. 125]). Die Regelung ist insoweit auch geeignet sowie erforderlich. Sie ist jedoch teilweise nicht verhältnismäßig im engeren Sinne.
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aa) Ausgangspunkt für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist das Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung (dazu Rn. 105). Dabei können sich die Übermittlungsanforderungen in Abhängigkeit davon unterscheiden, an welche Behörde übermittelt wird. Verfügt die empfangende Behörde über operative Anschlussbefugnisse, gelten grundsätzlich strengere Anforderungen (vgl. BVerfGE 162, 1 [110 f. Rn. 234]; 163, 43 [90 Rn. 123]; Rn. 106).
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Auch die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Regelung von Übermittlungen zur Strafverfolgung richten sich nach dem Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung. Dabei kommt eine Übermittlung von Daten, die eine Verfassungsschutzbehörde ersterhoben hat, nur zum Schutz eines herausragenden öffentlichen Interesses und daher nur zur Verfolgung besonders schwerer Straftaten in Betracht, wobei als Schwelle für die Übermittlung konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht vorliegen müssen (vgl. Rn. 110).
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bb) Danach sind hier zwar die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Übermittlungsschwelle erfüllt, soweit § 20a Satz 1 HVSG verlangt, dass bestimmte Tatsachen den Verdacht ![]() ![]() | |
(1) Die Einstufung als besonders schwere Straftat bestimmt sich nach deren Gewicht (a). Dieses kommt insbesondere etwa im Strafrahmen zum Ausdruck (b) und muss in der Norm einen objektivierbaren Ausdruck finden (c). Für eine Absenkung der Anforderungen im Bereich der Staatsschutzdelikte oder sonstiger gegen die Schutzgüter der Verfassung gerichteter Straftaten ist kein Raum (d).
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(a) Eine Übermittlung nachrichtendienstlich ersterhobener personenbezogener Daten darf generell nur zum Schutz eines herausragenden öffentlichen Interesses erfolgen (BVerfGE 162, 1 [118 Rn. 250]; vgl. auch BVerfGE 133, 277 [329 Rn. 123]; 154, 152 [268 Rn. 219]; 156, 11 [52 Rn. 105]). Für Maßnahmen, die der Strafverfolgung dienen und damit repressiven Charakter haben, kommt es auf das Gewicht der Straftaten an (vgl. Rn. 110),die der Gesetzgeber in – jeweils näher bestimmte – erhebliche, schwere und besonders schwere Straftaten eingeteilt hat (vgl. BVerfGE 141, 220 [270 Rn. 107] mit Bezugnahme auf BVerfGE 109, 279 [343 ff.]; vgl. auch BVerfGE 162, 1 [118 Rn. 251]). Maßgeblich für die Schwere des tatbestandlichen Unrechts sind der Rang des verletzten Rechtsguts und andere tatbestandlich umschriebene, gegebenenfalls auch in einem Qualifikationstatbestand enthaltene Begehungsmerkmale und weitere Tatfolgen. Sie allein müssen bereits die besondere, deutlich über dem Durchschnitt liegende Schwere des jeweiligen Straftatbestandes begründen (BVerfGE 109, 279 [344]).Dabei gibt der Strafrahmen einer Deliktsnorm ![]() ![]() | |
(b) (aa) Ausgehend vom Strafrahmen einer Strafnorm liegt eine besondere Schwere einer Straftat jedenfalls dann vor, wenn sie mit einer Höchstfreiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren bedroht ist (vgl. BVerfGE 109, 279 [347 f., 349]; 165, 1 [93 Rn. 179]). Nach der gesetzlichen Systematik wird in Tatbeständen mit einem fünf Jahre übersteigenden oberen Strafrahmen sogleich eine Höchststrafe von zehn Jahren Freiheitsentzug oder mehr normiert. Sie ist denjenigen Delikten vorbehalten, die ein besonders schweres Tatunrecht aufweisen und damit den Bereich der mittleren Kriminalität eindeutig verlassen (vgl. BVerfGE 109, 279 [348]).
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Dagegen qualifiziert eine Höchstfreiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren eine Straftat weder als schwer (vgl. BVerfGE 129, 208 [243]; 141, 220 [338 Rn. 316]) noch als besonders schwer. Erfasst sind damit nämlich auch Straftaten mit einer Höchstfreiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren, die allenfalls dem mittleren Kriminalitätsbereich zuzuordnen sind (vgl. BVerfGE 109, 279 [348]; 124, 43 [64]; 129, 208 [243]); dazu zählen unter Umständen auch Delikte der Massenkriminalität wie der einfache Diebstahl, die öffentliche Verleumdung oder die einfache Körperverletzung (vgl. BVerfGE 141, 220 [338 Rn. 316]).
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(bb) Die besondere Schwere der Straftat wird allerdings nicht allein durch den Strafrahmen indiziert (vgl. BVerfGE 109, 279 [344]). Jedenfalls für die Qualifizierung als schwer kann auch das geschützte Rechtsgut sowie dessen Bedeutung für die Rechtsgemeinschaft von Belang sein und daher bei der Einordnung des Gewichts einer Straftat ergänzend zum Strafrahmen berücksichtigt werden. Entsprechend kann eine Einstufung eines Straftatbestands als "schwer" bei einer Gesamtschau vertretbar sein, die insbesondere die jeweils geschützten Rechtsgüter in den Blick nimmt (vgl. BVerfGE 129, 208 [243]). Nichts anderes gilt im ![]() ![]() | |
(c) Bei der Festlegung, welche Straftatbestände als besonders schwer gelten sollen, kann der Gesetzgeber entweder auf bestehende Kataloge zurückgreifen oder einen eigenen Katalog schaffen (vgl. BVerfGE 125, 260 [328 f.]; 154, 152 [269 Rn. 221]; zur Verweisung auf bestehende Kataloge näher BVerfGE 162, 1 [169 ff. Rn. 383 ff.]). Dabei muss die Qualifizierung einer Straftat als schwer oder besonders schwer in der Strafnorm selbst einen objektivierten Ausdruck finden (zur Einordnung als schwere Straftat vgl. BVerfGE 125, 260 [329]; 129, 208 [243]; vgl. auch BVerfGE 109, 279 [343 ff., insbesondere 347 f.]), also insbesondere in deren Strafrahmen und gegebenenfalls in tatbestandlich umschriebenen oder in einem Qualifikationstatbestand enthaltenen Begehungsmerkmalen und Tatfolgen (vgl. BVerfGE 109, 279 [344]). Eine Generalklausel oder lediglich die abstrakte Verweisung auf Straftaten von besonderer Schwere reichen hingegen nicht aus (vgl. BVerfGE 125, 260 [329]).
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Bei der Bestimmung besonders schwerer Straftaten ist der Gesetzgeber nicht auf die Auswahl von Tatbeständen beschränkt, die als Verbrechen im Sinne des § 12 StGB einzuordnen sind. Auch die Aufnahme von Vergehenstatbeständen in den Straftatenkatalog ist zulässig, wenn die Tatbestände das Merkmal der besonders schweren Straftat ausfüllen. Allerdings können Straftaten nicht ![]() ![]() | |
(d) Nichts anderes gilt für die in den §§ 74a, 120 GVG genannten Delikte (Staatsschutzdelikte). Auch diese können für sich genommen nicht als besonders schwere Straftaten qualifiziert werden (vgl. BVerfGE 154, 152 [304 f. Rn. 312]; 163, 43 [102 Rn. 155]; vgl. auch Gazeas, Übermittlung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse an Strafverfolgungsbehörden, 2014, S. 327 f.; Bäcker, in: Dietrich/Fahrner/Gazeas/von Heintschel-Heinegg, Handbuch Sicherheits- und Staatsschutzrecht, 2022, § 29 Rn. 93 f.). Zwar werden insoweit mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, dem Bestand und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes sowie bestimmten auf das Verhältnis zum Ausland gerichteten Interessen der Bundesrepublik besonders gewichtige Rechtsgüter mit hoher Bedeutung für die Rechtsgemeinschaft in Bezug genommen (vgl. auch BVerfGE 141, 220 [267 Rn. 100]; 162, 1 [73 f. Rn. 150]). Gleichwohl können auch Straftaten aus dem Katalog der §§ 74a, 120 GVG – ebenso wie Straftaten aus anderen Deliktsfeldern – einen ganz unterschiedlichen Schweregrad aufweisen. Sie können mit einer Höchstfreiheitsstrafe von lediglich drei Jahren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bewehrt und damit dem einfachen Kriminalitätsbereich zuzuordnen sein, was eine Einordnung als besonders schwere Straftat von vornherein ausschließt (vgl. BVerfGE 163, 43 [102 Rn. 155]; 165, 1 [93 Rn. 180]). Sie können auch mit einer Strafandrohung von lediglich bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bewehrt und damit dem mittleren Kriminalitätsbereich zuzuordnen sein, weshalb allein die Bezugnahme auf Verfassungsschutzgüter und damit auf hochrangige Rechtsgüter nicht genügt, um diese als besonders schwere Straftat einzustufen (vgl. auch BVerfGE 109, 279 [348 f.]; ![]() ![]() | |
Aber auch dann, wenn sich eine Straftat, wie etwa die Körperverletzung, im Einzelfall gegen Schutzgüter der Verfassung richtet, begründet dies noch keine schwere Straftat, wenn sich dieser Umstand nicht auch im Tatbestand der Strafnorm niederschlägt und zugleich das besonders schwere Unrecht der Tat begründet (Rn. 207). Entsprechend kann auch eine gegen Verfassungsschutzgüter gerichtete Zielsetzung und Motivation eines Täters noch nicht die besondere Schwere einer Straftat indizieren (vgl. BVerfGE 154, 152 [305 Rn. 312]; 163, 43 [102 Rn. 155]). Erforderlich ist auch insoweit, dass diese Umstände, tatbestandlich umschrieben, das besondere Gewicht der Straftat begründen.
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Staatsschutzdelikte oder sonstige im Einzelfall gegen Verfassungsschutzgüter gerichtete Delikte können auch nicht aus einem übergreifenden präventiven Interesse an der Strafverfolgung im Aufgabenbereich der Verfassungsschutzbehörden im Sinne einer "materialen Auftragskontinuität" bei der Übermittlung privilegiert werden, so dass letztlich alle Straftaten, die gegen die Schutzgüter des § 3 Abs. 1 BVerfSchG gerichtet sind, übermittlungsfähig wären (so aber Gärditz, GSZ 2022, S. 161 [168 f.]; Löffelmann, JR 2023, S. 201 [204]; vgl. dazu auch Unterreitmeier, GSZ 2023, S. 34 [39 f.]). In der Sache unterliefe dies die grundlegenden Unterschiede bei den Datenerhebungsbefugnissen zwischen Nachrichtendiensten einerseits und Gefahrenabwehr- beziehungsweise Strafverfolgungsbehörden andererseits (vgl. Rn. 89 f., 92). Danach muss die Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobener personenbezogener Daten an Gefahrenabwehr- oder Strafverfolgungsbehörden stets einem herausragenden öffentlichen Interesse dienen. Dies gilt selbst für die Übermittlung der von einer Verfassungsschutzbehörde durch weniger eingriffsintensive Maßnahmen erlangten Informationen (vgl. BVerfGE 162, 1 [114 f. Rn. 242]). Eine Bereichsausnahme für bestimmte Deliktsarten ist hierin nicht angelegt. Zwar gilt auch der Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung nicht schematisch abschließend (vgl. BVerfGE 162, 1 [108 f. Rn. 231]; vgl. Rn. 112 f.). Ließe ![]() ![]() | |
(2) Danach genügt die durch § 20a Satz 1 HVSG erlaubte Übermittlung an Strafverfolgungsbehörden den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn sie zur Verfolgung einer besonders schweren Straftat im Sinne des § 20a Satz 2 Buchstabe a HVSG erfolgt (a); nicht hinreichend gewichtig sind dagegen die in § 20a Satz 2 Buchstabe b HVSG (b) und § 20a Satz 3 HVSG (c) bestimmten Straftaten.
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(a) Die Bestimmung der besonders schweren Straftat in § 20a Satz 2 Buchstabe a HVSG unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Anknüpfung an Straftaten, die mit einer Höchststrafe von mindestens zehn Jahren bedroht sind, hat nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das erforderliche hinreichende Gewicht (vgl. BVerfGE 109, 279 [347 f., 349]; oben Rn. 203).
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(b) Soweit § 20a Satz 1 HVSG die Übermittlung auch zur Verfolgung der in § 20a Satz 2 Buchstabe b HVSG bestimmten Straftaten zulässt, genügt die Regelung nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die insoweit eröffnete Übermittlung von Erkenntnissen über Straftaten der mittleren Kriminalität dient – ungeachtet der Betroffenheit von Verfassungsschutzgütern – nicht dem Schutz eines herausragenden öffentlichen Interesses und kann daher den in der Übermittlung liegenden Grundrechtseingriff nicht rechtfertigen.
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§ 20a Satz 2 Buchstabe b HVSG setzt lediglich eine Straftat voraus, die mit einer Höchstfreiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren bedroht ist. Zwar erfordert § 20a Satz 2 Buchstabe b HVSG zusätzlich, dass die Tat im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer beobachtungsbedürftigen Bestrebung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1, 3, 4 oder 5 HVSG oder in Ausübung einer beobachtungsbedürftigen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 ![]() ![]() | |
(c) § 20a Satz 3 HVSG beschreibt ebenso keine Straftaten mit dem verfassungsrechtlich erforderlichen Gewicht.
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Auch insoweit ist nicht sichergestellt, dass die Qualifizierung einer Straftat als besonders schwer einen objektivierten Ausdruck in der jeweiligen Strafnorm findet (vgl. Rn. 206, 214). Jedenfalls aber genügt die Regelung des § 20a Satz 3 HVSG nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an das hinreichende Gewicht einer Straftat, zu deren Verfolgung eine Übermittlung erfolgen darf. Die Regelung umfasst beliebige sonstige Straftaten, mithin auch Straftaten aus dem einfachen Kriminalitätsbereich, die mit einer Höchstfreiheitstrafe von lediglich drei oder auch nur einem Jahr bewehrt sein können. Dies genügt für die Einordnung einer Straftat als besonders schwer nicht (vgl. auch BVerfGE 141, 220 [338 Rn. 316]; 154, 152 [305 Rn. 312]; 163, 43 [102 Rn. 155]). Die Übermittlung von Erkenntnissen über Straftaten der einfachen Kriminalität dient – auch unter Berücksichtigung gewichtiger Rechtsgüter, Tatziele und Tatfolgen – keinem herausragenden öffentlichen Interesse und kann daher den in der Übermittlung liegenden Grundrechtseingriff nicht rechtfertigen ![]() ![]() | |
Ungeachtet dessen begegnet § 20a Satz 3 HVSG auch im Hinblick auf seine Bestimmtheit und Normenklarheit Bedenken. Eine hinreichend bestimmte und normenklare Festlegung, welche Straftaten von der Übermittlungspflicht erfasst sind, ist dem Gesetz auch unter Zugrundelegung der anerkannten Auslegungsmethoden nur schwerlich zu entnehmen (vgl. dazu auch Gazeas, Übermittlung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse an Strafverfolgungsbehörden, 2014, S. 336). So bleibt etwa unklar, was sich der Gesetzgeber unter Straftaten vorgestellt hat, die gegen die Freiheit als solche gerichtet sind.
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5. § 20b HVSG regelt die Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobener personenbezogener Daten an sonstige inländische öffentliche Stellen. Der hier angegriffene § 20b Abs. 2 HVSG ermächtigt das Landesamt, zum Schutz eines der in § 20 HVSG genannten Rechtsgüter Daten an sonstige inländische öffentliche Stellen zu übermitteln, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies im Einzelfall zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist. Die Befugnis umfasst auch Übermittlungen an inländische öffentliche Stellen, die über operative Anschlussbefugnisse verfügen. An der für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des durch die Übermittlungsbefugnis ermöglichten Grundrechtseingriffs (a) insoweit erforderlichen hinreichenden Übermittlungsschwelle fehlt es hier (b).
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a) Die Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobener Daten an sonstige inländische öffentliche Stellen begründet einen eigenen Grundrechtseingriff, der an dem Grundrecht zu messen ist, in das bei der ursprünglichen Datenerhebung eingegriffen wurde (Rn. 105). Durch die Übermittlung von Daten, die aus Maßnahmen nach den §§ 9 ff. HVSG gewonnen wurden, ist daher jedenfalls das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz ![]() ![]() | |
b) Dieser Eingriff ist nicht gerechtfertigt. Auch Ermächtigungen zur Datenübermittlung müssen den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. Rn. 105, 196). Die hier angegriffene Regelung dient dem Schutz eines der in § 20 HVSG genannten Rechtsgüter durch eine inländische öffentliche Stelle (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 20b Abs. 2 HVSG) und damit legitimen Zwecken (vgl. auch BVerfGE 115, 320 [357 f.]; 120, 274 [319]). Sie ist insoweit auch geeignet sowie erforderlich. Sie ist jedoch nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Es fehlt an der verfassungsrechtlich gebotenen hinreichenden Übermittlungsschwelle.
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aa) Ausgangspunkt für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist das Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung; dies gilt auch für die Übermittlung der von Nachrichtendiensten erhobenen Daten an sonstige öffentliche Stellen (vgl. BVerfGE 156, 11 [55 Rn. 117]). Danach sind Anforderungen sowohl an den Rechtsgüterschutz als auch an die Eingriffsschwellen, hier in Form der Übermittlungsschwelle, zu stellen. Zum einen dürfen die aus Überwachungsmaßnahmen der Verfassungsschutzbehörden erlangten Informationen und personenbezogenen Daten auch an sonstige Stellen nur zum Schutz eines Rechtsguts von besonderem Gewicht übermittelt werden (vgl. BVerfGE 162, 1 [109 Rn. 231, 119 Rn. 255]). Zum anderen setzt die Übermittlung grundsätzlich einen Anlass voraus, der eine ebenso eingriffsintensive Ersterhebung durch die empfangende Stelle verfassungsrechtlich rechtfertigen würde (vgl. BVerfGE 162, 1 [109 Rn. 231, 120 Rn. 257]; 163, 43 [89 Rn. 122]). Dabei hängt das Eingriffsgewicht der hypothetischen Datenneuerhebung davon ab, ob die empfangende Behörde über operative Anschlussbefugnisse bei der Verwendung dieser Daten verfügt; nach allgemeinen Grundsätzen mindert das Fehlen operativer Anschlussbefugnisse das Eingriffsgewicht (vgl. BVerfGE 162, 1 [120 Rn. 257]).
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Hat die empfangende Stelle operative Befugnisse, gelten daher grundsätzlich dieselben Voraussetzungen wie etwa bei der Weiter ![]() ![]() | |
bb) Da die Befugnis in § 20b Abs. 2 HVSG eine Datenübermittlung auch an öffentliche Stellen mit operativen Anschlussbefugnissen zulässt (1), gelten strenge Anforderungen an ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung; erforderlich ist das Vorliegen einer mindestens konkretisierten Gefahr (2). Dem genügt § 20b Abs. 2 HVSG nicht (3).
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(1) § 20b Abs. 2 HVSG ist als Auffangvorschrift zu verstehen, die alle Übermittlungen an inländische öffentliche Stellen erfasst, die nicht anderweitig speziell geregelt sind. Erfasst sind damit auch Übermittlungen an öffentliche Stellen, die mit operativen Anschlussbefugnissen ausgestattet sind. Die übermittelten Daten können daher auch für Maßnahmen mit Zwangswirkung genutzt werden, weshalb die Norm ein potentiell hohes Eingriffsgewicht hat.
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(a) Zwar werden Übermittlungen an Polizei- und sonstige Gefahrenabwehrbehörden sowie an Strafverfolgungsbehörden bereits in den §§ 20, 20a HVSG geregelt. Da aber § 20 Satz 2 HVSG Übermittlungen an Gefahrenabwehrbehörden nur teilweise erfasst, nämlich dann, wenn die übermittelten Daten auch zweckgerichtet den Einsatz operativer Zwangsbefugnisse ![]() ![]() | |
§ 20b Abs. 2 HVSG umfasst daher auch Übermittlungen an öffentliche Stellen, die mit operativen Anschlussbefugnissen ausgestattet sind. Zwar sollen nach der Entwurfsbegründung zum Änderungsgesetz unter sonstigen inländischen Stellen "ausschließlich Behörden ohne operative Zwangsbefugnisse zu verstehen" sein (HessLTDrucks 20/10821, S. 38). Dem entspricht aber schon die Systematik der §§ 19 ff. HVSG nicht. Denn wären nach § 20b Abs. 2 HVSG Übermittlungen an öffentliche Stellen mit operativen Anschlussbefugnissen ausgeschlossen, gäbe es insbesondere für Übermittlungen an Gefahrabwehrbehörden keine Ermächtigungsgrundlage, wenn eine Übermittlung nicht gemäß § 20 Satz 2 HVSG zweckgerichtet erfolgte oder nicht anderweitig speziell (vgl. etwa § 20b Abs. 1 HVSG) geregelt wäre. Auch für Übermittlungen an andere inländische Stellen fehlte eine Ermächtigungsgrundlage, wenn diese über operative Anschlussbefugnisse verfügten und eine Übermittlung nicht anderweitig speziell geregelt wäre, und dies selbst dann, wenn die Übermittlung gerade den Einsatz operativer Anschlussbefugnisse ermöglichen sollte. Entsprechend wird auch an anderen Stellen in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt, dass der neu geschaffene § 20b HVSG – in Abgrenzung zur Übermittlung an Polizeibehörden und zum Einsatz operativer Zwangsbefugnisse nach § 20 HVSG – die sonstigen Übermittlungen mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobener personenbezogener Daten an sonstige inländische öffentliche Stellen regelt (vgl. HessLTDrucks 20/10821, S. 37). Auch die Begründung zu § 20 Satz 2 HVSG spricht für ![]() ![]() | |
(b) Die nach § 20b Abs. 2 HVSG eröffneten Übermittlungen an sonstige inländische öffentliche Stellen haben daher ein potentiell hohes Eingriffsgewicht. Dabei kommt es entgegen der Ansicht des hessischen Gesetzgebers allein darauf an, dass die empfangenden öffentlichen Stellen über operative Anschlussbefugnisse verfügen (vgl. BVerfGE 162, 1 [82 f. Rn. 171, 110 f. Rn. 234, 120 f. Rn. 258 f.]; 163, 43 [88 Rn. 120, 90 Rn. 123]; vgl. bereits BVerfGE 154, 152 [268 Rn. 219, 277 f. Rn. 242], in der auf operative bzw. operativ tätige Behörden abgestellt wird; vgl. auch BVerfGE 156, 11 [52 Rn. 106]), und nicht darauf, ob und inwieweit die Datenübermittlung im Einzelfall deren Einsatz nach sich ziehen soll. Eingriffsverstärkend wirken bereits die unmittelbar möglichen Folgemaßnahmen (vgl. BVerfGE 162, 1 [110 f. Rn. 234]; 163, 43 [90 Rn. 123]). ![]() | |
(3) Danach genügt die allgemeine Befugnis zur Datenübermittlung in § 20b Abs. 2 HVSG nicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit. Hierbei kann mangels entsprechender Rüge offenbleiben, ob die Übermittlungsbefugnis mit ihrem Verweis auf § 20 HVSG den erforderlichen Rechtsgüterschutz aufweist. Jedenfalls aber enthält die Befugnisnorm keine hinreichend begrenzte Übermittlungsschwelle, denn sie setzt nicht voraus, dass die Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobener personenbezogener Daten zur Abwehr einer wenigstens konkretisierten Gefahr erforderlich sein muss. Sie erlaubt vielmehr Übermittlungen bereits dann, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übermittlung im Einzelfall zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist. Damit ist nicht sichergestellt, dass nach § 20b Abs. 2 HVSG übermittelte Daten nicht zum Einsatz operativer Anschlussbefugnisse genutzt werden.
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Eine hinreichende Übermittlungsschwelle sichert insoweit auch nicht § 20 HVSG. Zwar setzt die Regelung für eine Übermittlung eine wenigstens konkretisierte Gefahr voraus. Erfasst wird aber von vornherein nur ein Ausschnitt von Übermittlungen an inländische öffentliche Stellen mit operativen Anschlussbefugnissen, denn die Regelung gilt nur für die Übermittlung an Polizeibehörden (§ 20 Satz 1 HVSG) und an sonstige Gefahrenabwehrbehörden, wenn sie den Einsatz operativer Zwangsbefugnisse ermöglichen soll (§ 20 Satz 2 HVSG). Erfasst werden daher weder nicht zweckgerichtete Übermittlungen an Gefahrabwehrbehörden noch anderweitig nicht geregelte Übermittlungen an sonstige öffentliche Stellen, die über operative Anschlussbefugnisse verfügen. Aber auch soweit § 20 Satz 2 HVSG die zweckgerichtete Übermittlung an Gefahrenabwehrbehörden regelt, betrifft dies nur Fälle, in denen die Übermittlung "den Einsatz operativer Zwangsbefugnisse ermöglichen soll". Damit sind jedoch nicht ![]() ![]() | |
Entgegen der Annahme des hessischen Gesetzgebers ist das Merkmal der Unmittelbarkeit des Zwangs – so wie er dieses versteht – aber keine zwingende Voraussetzung für die Geltung der strengeren Anforderungen an die Übermittlung (vgl. auch Rusteberg, Stellungnahme zu u.a. HessLTDrucks 20/10821, Ausschussvorlage INA 20/73 – Teil 3, S. 145 f.; Müller, a.a.O., Teil 2, S. 64; a.A. Unterreitmeier, GSZ 2023, 34 [35]; ders., in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Art. 25 BayVSG Rn. 22 ff. [1. März 2024]; Gitter/Marscholleck, GSZ 2024, 45 [46]). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wirkt vielmehr bereits die Übermittlung an öffentliche Stellen, die über operative Anschlussbefugnisse als solche verfügen, eingriffsverstärkend. Denn operativ ausgestattete Stellen könnten im Fall der Übermittlung die den Verfassungsschutzbehörden verschlossenen eingriffsintensiven Folgemaßnahmen gegenüber Bürgerinnen und Bürgern durchführen. Dadurch verlöre auf Seiten der Verfassungsschutzbehörden der Umstand, dass diese nicht mit operativen Anschlussbefugnissen ausgestattet sind, seinen schützenden Effekt (vgl. BVerfGE 133, ![]() ![]() | |
D. – I. | |
Im Ergebnis genügen die zulässig angegriffenen Normen nur zu einem Teil den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
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1. Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie überwiegend begründet.
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§ 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG ist verfassungswidrig, weil die Befugnis eine engmaschige langandauernde Überwachung der Bewegungen im Raum erlaubt, ohne eine dafür hinreichende Eingriffsschwelle vorzusehen, und weil es an der insoweit erforderlichen Vorabkontrolle fehlt.
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§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 HVSG ist verfassungswidrig, weil die Befugnis Eingriffe mit erhöhtem Gewicht erlaubt und dafür keine hinreichende Eingriffsschwelle vorsieht; soweit § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG auf § 2 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 HVSG Bezug nimmt sowie in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 Nr. 1 und 2 HVSG wird schon nicht vorausgesetzt, dass auch tatsächliche Anhaltpunkte vorliegen, die es möglich erscheinen lassen, dass die Schutzgüter des Verfassungsschutzes konkret bedroht sind und dass das gegen sie gerichtete Handeln erfolgreich sein kann. ![]() | |
Soweit § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HVSG auf § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG Bezug nehmen, sind die Regelungen verfassungswidrig, weil für die erforderliche erhebliche Beobachtungsbedürftigkeit nicht vorausgesetzt wird, dass auch tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die es möglich erscheinen lassen, dass die Schutzgüter des Verfassungsschutzes konkret bedroht sind und dass das gegen sie gerichtete Handeln erfolgreich sein kann; soweit speziell auf § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 HVSG Bezug genommen wird, sind die Regelungen verfassungswidrig, weil nicht vorausgesetzt wird, dass sich auch ein hinreichendes Maß an konkreten und gewichtigen Anhaltspunkten ergibt, die den Rückschluss auf die Möglichkeit erfolgreichen Agierens der Bestrebung gegen die Schutzgüter des Verfassungsschutzes rechtfertigen.
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§ 20a Satz 1 HVSG ist verfassungswidrig, soweit § 20a Satz 2 Buchstabe b und Satz 3 HVSG an nicht hinreichend gewichtige Straftaten anknüpfen.
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§ 20b Abs. 2 HVSG ist verfassungswidrig, weil die Befugnis die Übermittlung an inländische öffentliche Stellen mit operativen Anschlussbefugnissen erlaubt und keine dafür hinreichende Übermittlungsschwelle vorsieht.
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2. Die Verfassungsbeschwerde ist dagegen unbegründet, soweit sie sich gegen § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und § 12 Abs. 1 HVSG, jeweils in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe c HVSG und gegen § 20a Satz 1, soweit er auf § 20a Satz 2 Buchstabe a HVSG Bezug nimmt, richtet.
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II.
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1. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit gesetzlicher Vorschriften führt grundsätzlich zu deren Nichtigkeit. Allerdings kann sich das Bundesverfassungsgericht, wie sich aus § 31 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 sowie § 79 Abs. 1 und § 93c Abs. 1 Satz 3 BVerfGG ergibt (vgl. BVerfGE 166, 1 [88 Rn. 187]), auch ![]() ![]() | |
2. a) Danach ist § 20a Satz 1, soweit er auf § 20a Satz 3 HVSG Bezug nimmt, für verfassungswidrig und nichtig zu erklären. Die Vorschrift genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht; eine verfassungsmäßige Regelung mit vergleichbaren Regelungsgehalt kann der Landesgesetzgeber auch durch Nachbesserung nicht herbeiführen.
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b) Demgegenüber sind §9 Abs. 1 Nr. 2, § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, § 12 Abs. 1 Satz 1, § 20a Satz 1, soweit er auf § 20a Satz 2 Buchstabe b HVSG Bezug nimmt, und § 20b Abs. 2 HVSG sowie 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und § 12 Abs. 1, soweit sie auf § 3 Abs. 2 Satz 2 und § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 HVSG Bezug nehmen, lediglich für mit der Verfassung unvereinbar zu erklären. Die Unvereinbarkeitserklärung ist mit der Anordnung ihrer vorübergehenden Fortgeltung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2025 verbunden. Die Gründe für die Verfassungswidrigkeit dieser Vorschriften betreffen nicht den Kern der mit ihnen eingeräumten Befugnisse, sondern einzelne Aspekte ihrer rechtsstaatlichen Ausgestaltung. Der Gesetzgeber kann in diesen Fällen die verfassungsrechtlichen Beanstandungen nachbessern und damit den Kern der mit den Vorschriften verfolgten Ziele auf verfassungsmäßige Weise ver ![]() ![]() | |
Die Anordnung der Fortgeltung bedarf mit Blick auf die betroffenen Grundrechte jedoch einschränkender Maßgaben. Anzuordnen ist, dass technische Mittel nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG, soweit kein Fall des § 9 Abs. 2 HVSG vorliegt, nur so eingesetzt werden, dass die Bewegungen des Mobilfunkendgerätes einer beobachteten Person nur punktuell und nicht längerfristig nachverfolgt werden. Maßnahmen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 und 2 sowie nach § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HVSG sind nur zulässig, wenn § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 4 HVSG als Regelbeispiele des § 3 Abs. 2 Satz 1 HVSG verstanden werden. Für besondere Auskunftsersuchen nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HVSG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 HVSG sowie nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 Nr. 1 und 2 HVSG müssen auch tatsächliche Anhaltpunkte vorliegen, die es möglich erscheinen lassen, dass die Schutzgüter des Verfassungsschutzes konkret bedroht sind und dass das gegen sie gerichtete Handeln erfolgreich sein kann. Die Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln erlangter personenbezogener Daten nach § 20b Abs. 2 HVSG an inländische öffentliche Stellen, die über operative Anschlussbefugnisse verfügen, ist nur zulässig, wenn eine mindestens konkretisierte Gefahr vorliegt.
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Die Auslagenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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