BGHZ 20, 61 - Verhältnis von Wehrdienstbeschädigung und 'Aufopferung' | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Rainer M. Christmann, A. Tschentscher | |||
1. Zum Verhältnis von Wehrdienstbeschädigung und "Aufopferung". |
2. Bei der Bemessung der Aufopferungsentschädigung können nichtvermögensrechtliche Nachteile des Betroffenen keine Berücksichtigung finden. |
Einl Pr ALR §§ 74, 75. |
III. Zivilsenat |
Urteil |
vom 13. Februar 1956 |
i. S. Land B.W. (Bekl.) w. H. (KI.) |
-- III ZR 175/54 -- |
I. Landgericht Heidelberg |
II. Oberlandesgericht Karlsruhe | |
Der Kläger kam während des letzten Krieges als Soldat nach einer Granatsplitterverwundung in Lazarettbehandlung. Im Herbst 1941 wurde er in das Teillazarett bei der Chirurgischen Universitätsklinik in H. eingewiesen, die damals unter der Leitung des Prof. Dr. K. stand. Er wurde dort wegen eines Aneurysmas (Blutgefäßerweiterung), das sich infolge der Verwundung in der Mitte des rechten Oberschenkels gebildet hatte, behandelt und operiert. Die Operation wurde durch den an der Universitätsklinik tätigen griechischen Staatsangehörigen und jetzigen Professor an der Universität S., Dr. Ph., der damals auch an deutschen Wehrmachtsangehörigen Operationen und Behandlungen in großem Umfang vornahm, ausgeführt. Dieser hatte einige Zeit vorher eine Arteriographie der Femoralis (Beinschlagader) unter Verwendung des radioaktiven Kontrastmittels Thorotrast durchgeführt. Wenige Wochen nach der Operation wurde zur Kontrolle nochmals eine Arteriographie unter Verwendung desselben Kontrastmittels Thorotrast durch Dr. Ph. vorgenommen.
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Die Thorotrastinjektionen führten beim Kläger zu einer Leberzirrhose (Leberschrumpfung), die von der Versorgungsbehörde als Wehrdienstbeschädigung anerkannt worden ist. Infolge dieser Erkrankung ist der Kläger erwerbsunfähig und es entstehen ihm Kosten, die von der Versorgungsbehörde nicht getragen werden.
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Der Kläger legt Prof. Dr. K. und Dr. Ph. Pflichtverletzungen zur Last und macht letzterem schuldhaft falsche Behandlung, insbesondere übermäßige Dosierung und unzulässige intravenöse Einspritzung des Kontrastmittels Thorotrast zum Vorwurf. Er hat deshalb mit seiner gegen das beklagte Land B.-W. als Rechtsnachfolger des badischen Staates erhobenen und auf Amtspflichtverletzung gestützten Klage beantragt, die Verpflichtung des beklagten Landes festzustellen, ihm unter Anrechnung seiner Versorgungsrente allen aus der fehlerhaften Behandlung entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen sowie das beklagte Land zur Zahlung eines Schmerzensgelds zu verurteilen.
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Das Landgericht hat festgestellt, "daß der Beklagte an Stelle des vom Kläger begehrten Schadensersatzes und Schmerzensgeldes verpflichtet ist, diesen für die aus den in der Chirurgischen, Klinik in H. vorgenommenen Thorotrast-Arteriographien entstandenen Nachteile billig zu entschädigen". Gegen dieses Urteil haben das beklagte Land Berufung und der Kläger Anschlußberufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat beide Rechtsmittel zurückgewiesen.
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Die Revision des Landes blieb in der Hauptsache erfolglos.
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Aus den Gründen: | |
I. Das Berufungsgericht hat einen Aufopferungsanspruch des Klägers im wesentlichen aus folgenden Erwägungen bejaht: Mit der Entscheidung BGHZ 9, 83 sei davon auszugehen, daß auch bei Eingriffen, die auf Gesetz beruhen, und auch bei Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit ein Aufopferungsanspruch gegeben sein könne. Es könne deshalb offen bleiben, auf welcher Rechtsgrundlage die Pflicht des Klägers als Wehrmachtangehöriger zur Duldung der angeordneten Behandlung beruhte, als deren Folge er eine Leberzirrhose erlitten habe, die ihn arbeitsunfähig und unabhängig von den körperlichen Schäden auch seelisch zu einem Krüppel gemacht habe. Die finanzielle Unterstützung, die der Kläger auf dem Wege der Kriegsbeschädigtenversorgung erhalte, insbesondere seine Rente, gleiche diese Schäden nicht annähernd aus. Wegen der im vorliegenden Fall gegebenen Umstände könne nicht eingewendet werden, daß derartige Kriegsschäden, wie sie der Kläger erlitten habe, durch die Versorgungsgesetze erschöpfend geregelt seien. Die besondere Art der Behandlung des Klägers (Vornahme von Arteriographien unter Verwendung von Thorotrast) habe hier auch noch einem Nebenzweck, nämlich der wissenschaftlichen Forschung gedient. Dem Kläger, der zu dem verhältnismäßig kleinen Personenkreis der zu diesem Nebenzweck in das Teillazarett eingelieferten Wehrmachtsangehörigen gehört habe, sei durch die besondere Behandlungsmethode ein besonderes Opfer zugemutet worden. Träger der wissenschaftlichen Forschung, in deren Interesse der zur Schädigung des Klägers führende Eingriff erfolgt sei, sei die Universität H. gewesen und dieser seien die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit in der Klinik zugute gekommen, so daß sie als durch den Eingriff "begünstigt" anzusehen sei. Infolgedessen sei der damalige badische Staat als vermögensrechtlicher Träger der Universität H. entschädigungspflichtig geworden und als Rechts- und Funktionsnachfolger des badischen Staates das beklagte Land an dessen Stelle getreten.
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II. - 1. Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß nach dem in § 75 EinlALR enthaltenen Rechtsgrundsatz Aufopferungsansprüche nicht nur bei Eingriffen in das Vermögen oder vermögenswerte Rechte, sondern ebenso bei Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit und auch dann gegeben sein können, wenn es sich bei diesen Eingriffen um auf gesetzlicher Bestimmung beruhende Maßnahme gehandelt hat, ist richtig. Der Senat hat diese Rechtsauffassung (BGHZ 9, 83 ff.) im einzelnen begründet, und es besteht keine Veranlassung, von dieser Auffassung abzuweichen. Es ist ferner richtig, daß der Kläger, der als Soldat durch seine Kriegsverletzung und die sich daran anschließende Lazarettbehandlung schwere und bedauernswerte körperliche Schädigungen davongetragen hat, seine Gesundheit für die Allgemeinheit geopfert hat. Schließlich kann auch ohne Bedenken davon ausgegangen werden, daß der Kläger in den finanziellen Leistungen, die er im Rahmen der Kriegsbeschädigtenversorgung erhält, keinen vollen Ausgleich für die durch seine Gesundheitsschädigungen verursachten Vermögensnachteile findet.
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Im allgemeinen stellt jedoch eine Wehrdienstbeschädigung mit ihren Folgen einen Aufopferungstatbestand im Rechtssinne nicht dar, weil es insoweit daran fehlt, daß von dem Betroffenen als einzelnen oder als Glied eines begrenzten Personenkreises durch Eingriff von hoher Hand ein ihn im Vergleich zu anderen ungleich treffendes und anderen nicht zugemutetes besonderes Opfer verlangt worden ist. Die Wehrdienstgesetze verlangten ganz allgemein von allen dazu tauglichen Männern, im Krieg Wehrdienst zu leisten und die damit verbundenen Nachteile und Gefahren auf sich zu nehmen, so daß der einzelne, wenn er bei Erfüllung des Wehrdienstes einen Schaden erlitten hat, insoweit kein besonderes Opfer im Sinne des allgemeinen in § 75 EinlALR zum Ausdruck gekommenen Rechtsgrundsatzes erbracht hat. Der Betroffene muß sich deshalb insoweit allein auf die Versorgungsansprüche, wie sie den Kriegsbeschädigten durch die besonderen Versorgungsgesetze gewährt sind (jetzt Bundesversorgungsgesetz vom 20. Dezember 1950/7. August 1953 - BVG -), verweisen lassen (§ 81 BVG).
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Ein Aufopferungsanspruch kann mithin auf seiten des Klägers nur dann begründet sein, wenn unabhängig von der Wehrdienstbeschädigung eine neue und selbständige Opferlage geschaffen, wenn also - ausnahmsweise - neben dem von dem Versorgungsgesetz erfaßten Tatbestand der Wehrdienstbeschädigung ein von ihr rechtlich unabhängiger und selbständiger besonderer Aufopferungstatbestand gegeben ist. Das ist hier bei der besonderen Gestaltung des zur Beurteilung stehenden Sachverhalts der Fall.
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Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestand eine Anordnung in der Wehrmacht, Soldaten mit Erkrankungen, wie sie beim Kläger vorlagen, in das Teillazarett bei der Chirurgischen Universitätsklinik in H. zu verlegen. Diese Maßnahme war nicht nur geleitet von dem Gedanken, für die erkrankten oder verwundeten Soldaten und im ausschließlichen Interesse ihrer Heilung die besonderen Einrichtungen, Erfahrungen und personellen Kräfte, über die das Lazarett verfügte, nutzbar zu machen. Vielmehr spielte dabei nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine besondere Rolle der Gedanke, auf diese Weise dem Dr. Ph. - den der Leiter des Lazarettes und der Klinik, Prof. Dr. K., für einen außerordentlich befähigten Wissenschaftler hielt und dem er infolgedessen in der Klinik eine der eines Oberarztes vergleichbare überragende Stellung eingeräumt hatte - das für seine besonderen Forschungsarbeiten auf dem Gebiete der Arteriographien unter Verwendung von Thorotrast benötigte umfangreiche Material von Patienten zu bieten, dessen anderweite Beschaffung wegen der sonst erforderlichen Zustimmung der Patienten zu der besonderen Behandlungsmethode Schwierigkeiten bereitet haben würde. Bei der Vornahme der Arteriographien unter Verwendung von Thorotrast an den in die H. Klinik eingelieferten Wehrmachtangehörigen hat es sich zwar nicht darum gehandelt, daß an ihnen als reinen Versuchsobjekten, eine bis dahin unbekannte und sonst noch nicht gebräuchliche Behandlungsmethode ausprobiert werden sollte. Aber immerhin ging es doch darum, dem auf dem Gebiet der umstrittenen Arteriographien unter Thorotrast-Verwendung umfangreich wissenschaftlich und praktisch tätigen Dr. Ph. Gelegenheit zu geben, die hier interessierende besondere Behandlungsmethode unter Verwendung eines Mittels, dessen Gefährlichkeitsgrad noch nicht abschließend ermittelt war, immer von neuem auszuprobieren und die dagegen von anderen Wissenschaftlern - nach Meinung des Dr. Ph. zu Unrecht - erhobenen Bedenken zu entkräften. Bei dem Kläger war es also nicht so, daß die Verwendung des hier in Rede stehenden Kontrastmittels erfolgt wäre wegen der besonderen Vorzüge dieses Mittels im Blick auf die Heilung des Klägers. Vielmehr war es der Forschungszweck, der bei der Behandlung des Klägers gerade mit Thorotrast im Vordergrund stand und ihr das entscheidende Gepräge gab. Dieser Sachverhalt ist rechtlich anders zu beurteilen als die Fälle, in denen bei einem erkrankten oder verwundeten Soldaten ein in seinen Auswirkungen noch nicht voll ausprobiertes Mittel zur Anwendung gekommen ist, das damit verbundene Risiko aber mangels anderer erfolgversprechender Mittel im Interesse der andernfalls voraussichtlich überhaupt nicht oder nicht so gründlich zu erzielenden Heilung in Kauf genommen werden mußte. In einem derartigen Fall geschah die mit Risiken verbundene Anwendung des Mittels nur im Interesse der Heilung des Kranken, und es kann keine Rede davon sein, daß diesem, wenn die Anwendung des Mittels schwerwiegende Folgen nach sich gezogen hat, ein besonderes Opfer im Rechtssinne auferlegt worden sei. In diesem Fall liegen die Folgen der Behandlung ausschließlich begründet in dem Gefahrenkreis, in den der Betroffene als Soldat hineingestellt war. Anders aber liegt es, wenn, wie hier, die Anwendung einer - wenn auch nicht für besonders gefährlich gehaltenen, aber doch objektiv gefährlichen - Behandlungsmethode nicht entscheidend im Blick auf die Heilung des Kranken, sondern entscheidend im Blick auf die damit verbundenen Forschungszwecke erfolgt ist. Hier handelt es sich um die Auswirkungen eines neuen Gefahrenkreises, und es ist für den betroffenen Soldaten, der sich den Anordnungen der vorgesetzten Sanitätsoffiziere auf Grund seiner soldatischen Gehorsamspflicht ungefragt zu fügen hatte (vgl. den Befehl des OKW vom 7. Oktober 1940 in HVBl. 1940 B Ziff 749), eine neue Opferlage entstanden und ein neben der Wehrdienstbeschädigung selbständiger Aufopferungstatbestand eingetreten. Die Vorinstanzen haben dem Kläger daher zu Recht aus dem Gesichtspunkt der Aufopferung eine billige Entschädigung wegen der aus den Thorotrastarteriographen entstandenen Nachteile zugesprochen. Bei der Bemessung dieser Entschädigung sind, wie es der Kläger in seinem Klageantrag bereits selbst zum Ausdruck gebracht hat, die gewährten Versorgungsleistungen zu berücksichtigen.
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2. Die Vorinstanzen haben auch mit Recht angenommen, daß das beklagte Land für den Aufopferungsanspruch des Klägers passiv legitimiert sei. Das Berufungsgericht hat dazu im einzelnen ausgeführt: "Eingreifender Hoheitsträger" sei zwar die Wehrmacht gewesen. Das aber sei nicht entscheidend, vielmehr komme es darauf an, wer durch die in Rede stehende Maßnahmen "begünstigt" worden sei. Durch die bei dem Kläger vorgenommene Behandlung aber sei angesichts des damit verbundenen Forschungszweckes die Universität H. begünstigt, so daß der damalige Staat als vermögensrechtlicher Träger der Universität und als dessen Rechts- und Funktionsnachfolger das beklagte Land entschädigungspflichtig geworden sei. Dem ist - zumindest im Ergebnis - beizupflichten. Dabei kann offen bleiben, ob für die entscheidend zu Forschungszwecken vorgenommene besondere Behandlung des Klägers tatsächlich noch die Wehrmacht oder ob nicht insoweit - allein oder auch - die Universität (oder der die Universität tragende Staat) als "eingreifender Hoheitsträger" anzusehen ist. Entscheidend kommt es nach den Grundsätzen in BGHZ 11, 248 [251 ff.] darauf an, daß jedenfalls als durch das Sonderopfer des Klägers "begünstigt" die Universität H. als Träger der wissenschaftlichen Forschung angesehen werden muß. Daraus folgt die Haftung des jetzt beklagten Landes. Dabei braucht der Frage nicht weiter nachgegangen zu werden, ob der Aufopferungsanspruch im Jahre 1941 zunächst gegen das Reich oder ob er - mit Rücksicht darauf, daß die damaligen Länder zwar ihre Qualifikation als "Staat" verloren hatten und keine eigene Kulturhoheit mehr besaßen, sie aber doch noch höchst potenzierte Selbstverwaltungskörperschaften und haushaltsrechtliche Träger der Universitäten waren - zunächst gegen das damalige Land Baden entstanden ist. Jedenfalls ergibt sich die Haftung des jetzt beklagten Landes, das wieder eigenständiger Träger der Kulturhoheit ist, aus dem Gesichtspunkt der Funktionsnachfolge.
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3. Jedoch kann den Vorinstanzen in der Frage des Umfangs des Entschädigungsanspruchs und in der Behandlung des von dem Kläger geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchs nicht gefolgt werden. Nach der Auffassung des erkennenden Senats kann im Rahmen der auf Grund eines Aufopferungsanspruchs zu gewährenden Entschädigung ein Ausgleich für Schmerzen und sonstige immaterielle Nachteile nicht gewährt werden.
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Unsere gegenwärtige Rechtsordnung und insbesondere das Schadensersatz- und Entschädigungsrecht ist beherrscht von dem in § 253 BGB festgelegten Grundsatz, daß ein Ausgleich in Geld nur für vermögensrechtliche (materielle) Einbußen verlangt werden kann. Nur ganz ausnahmsweise gewährt das Gesetz in den Fällen der §§ 847, 1300 BGB eine billige Entschädigung auch "wegen des Schadens, der nicht Vermögensschäden ist". Es handelt sich hierbei um Tatbestände, in denen durch ein - vermeidbares - schuldhaftes Verhalten einem Dritten Unbill zugefügt worden ist, und in diesen Fällen liegt die ausnahmsweise für den Schädiger im Gesetz normierte Verpflichtung zur Entschädigungsleistung über den vermögensrechtlichen Schaden hinaus entscheidend mitbegründet in dem Gedanken der Genugtuung, die der Schädiger dem Verletzten schuldet (vgl. dazu BGHZ 18, 149 [154]). Dementsprechend hat der Gesetzgeber bei allen sonstigen Haftungstatbeständen, die ein Verschulden nicht voraussetzen und bei denen infolgedessen auch der Genugtuungsgedanke keine entscheidende Rolle spielen kann, insbesondere bei der sog. Gefährdungshaftung, davon abgesehen, dem Geschädigten einen Ausgleich für immaterielle Schäden zu gewähren. Daß im Einzelfall einmal auch bei mangelndem Verschulden ein Schmerzensgeld verlangt werden kann, so bei der Tierhalterhaftung (vgl. RGZ 50, 244 [252/3]), steht dem Gesagten nicht entgegen und stellt keine Systemwidrigkeit dar, da die Tierhalterhaftung vom Gesetzgeber mit unter die - grundsätzlich Verschulden voraussetzenden - "unerlaubten Handlungen" eingereiht worden ist und diese Haftung nach Maßgabe des § 833 Satz 2 BGB in den praktisch wichtigsten Fällen auch ebenfalls auf - vermutetem - Verschulden beruht.
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Von dem Grundsatz, daß nur für vermögensrechtliche Nachteile Entschädigung zu gewähren sei, gehen auch die Bestimmungen der §§ 74, 75 EinlALR, auf die das auch für die Gebiete außerhalb des früheren Landes Preußen anerkannte und gewohnheitsrechtlich fortgebildete Rechtsinstitut des Aufopferungsanspruchs zurückgeht, aus. Dementsprechend ist auch in allen Fällen, in denen hier interessierende Aufopferungstatbestände eine besondere gesetzliche Regelung erfahren haben, von einer Entschädigung für nichtvermögensrechtliche Schäden abgesehen worden. Insoweit ist hinzuweisen auf: § 2 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die Entschädigung der im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Personen vom 20. Mai 1898 (RGBl. 345); § 3 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft vom 14. Juli 1904 (RGBl. 321); § 4 des Gesetzes über die durch innere Unruhen verursachten Schäden vom 12. Mai 1920 (RGBl. 941); § 537 Nr. 5 RVO i.d.F. des 6. Änderungsgesetzes vom 9. März 1942 (RGBl. I, 107) und der 1. Durchführungsverordnung dazu vom 20. August 1942 - RGBl. I, 532 (früher § 553 a RVO i.d.F. des 5. Änderungsgesetzes vom 17. Februar 1939 (RGBl. I, 2671); § 9 des Bundesversorgungsgesetzes vom 20. Dezember 1950 (BGBl. 791); § 151 des Bundesbeamtengesetzes vom 14. Juli 1953 (BGBl. I, 551); Bundesentschädigungsgesetz vom 18. September 1953 (BGBl. I, 1387) (vgl. dazu BGHZ 12, 278 [282]); § 70 Pr PolVerwG vom 1. Juni 1931 (GS 77) (vgl. hierzu Friedrichs, Komm [1932] Anm 5 zu § 70; Klausener-Kerstiens-Kempner [1932] Anm. IV 3 zu § 70); Impfschädengesetz für Nordrhein-Westfalen vom 10. Februar 1953 (GVBl. 166); § 65 PolVerwG für Rheinland-Pfalz vom 26. März 1954 (GVBl. 31).
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Aus den vorstehend wiedergegebenen Regelungen in ihrer Gesamtheit muß auf den Willen des Gesetzgebers geschlossen werden, daß eine Entschädigung für immaterielle Schäden nur in den ausdrücklich normierten Sonderfällen der §§ 847, 1300 BGB gewährt werden, im übrigen aber - insbesondere auch bei Vorliegen von Aufopferungstatbeständen - Schadensersatz und Entschädigung auf den Ausgleich vermögensrechtlicher Nachteile beschränkt bleiben sollen. Angesichts dessen läßt sich - wenn auch der allgemeine auf die oben erwähnten Bestimmungen des Preußischen Allgemeinen Landrechts zurückgehende Aufopferungsanspruch im Laufe der Rechtsentwicklung eine Ausdehnung erfahren und insbesondere vom erkennenden Senat auf Eingriffe in nichtvermögensrechtliche Rechtsgüter ausgedehnt und sogar in entsprechender Anwendung des § 844 Abs. 2 BGB den Hinterbliebenen eines infolge hoheitlichen Eingriffs Getöteten zugebilligt worden ist (BGHZ 18, 286) - doch eine Ausweitung dahin, daß die zu gewährende "billige Entschädigung" auch einen Ausgleich für immaterielle Schäden bieten müsse, bei der heutigen Gesetzeslage nicht rechtfertigen. Zwar wird, wie der Senat bereits in seinem "Impfschädenurteil" (BGHZ 9, 83 [89]) vorgehoben hat, die Schutzwürdigkeit des Lebens und der Gesundheit und ebenso der Freiheit heute von der Rechtsordnung besonders betont, indem das Grundgesetz in Art. 2 neben dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit das Recht des einzelnen auf Leben und körperliche Unversehrtheit und die Unverletzlichkeit der Freiheit der Person als verfassungsmäßig geschützte Grundrechte ausdrücklich garantiert. Diese rechtliche Wertung dieser Lebensgüter allein aber vermag nach Auffassung des Senats noch nicht eine Rechtfertigung für eine Ausweitung des allgemeinen Aufopferungsanspruchs in der erörterten Richtung abzugeben. Vielmehr muß es dem Gesetzgeber überlassen bleiben', aus der in der Verfassung zum Ausdruck gekommenen Ordnung der Werte der einzelnen Lebensgüter gegebenenfalls Folgerungen für eine andersartige Regelung des Entschädigungsrechts zu ziehen und den in § 253 BGB normierten Grundsatz, der heute nicht mehr allseits befriedigen kann (vgl Schlegelberger-Vogels, Komm. zum BGB Anm. 5 zu § 253 unter Hinweis auf die vielfach abweichende Regelung im ausländischen Recht; Palandt, Anm. 1 zu § 253 BGB; auch schon Wendt Arch ZivPr 92, 1 ff. [64/65]), zu verlassen.
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Eine Berücksichtigung der dem Kläger erwachsenen immateriellen Schäden muß ihm deshalb im Rahmen der Aufopferungsentschädigung versagt bleiben. Das schließt jedoch nicht aus, daß in diesem Rahmen - ebenso wie im allgemeinen Schadensersatzrecht die Beseitigung immaterieller Schäden im Wege der Naturalrestitution gemäß § 249 BGB verlangt werden kann - gegebenenfalls auch solche Geldaufwendungen berücksichtigt werden, die den Kläger in die Lage versetzen können, seine jetzt noch vorhandenen immateriellen Schäden, insbesondere seine etwaigen körperlichen Schmerzen und Depressionen naturaliter zu beseitigen oder zu mildern.
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