BGE 23 I 113 - Gotthardbahn | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 29.05.2020, durch: Simone Jampen, A. Tschentscher | |||
Urteil |
vom 24. Februar 1897 |
in Sachen Schuler gegen Gotthardbahngesellschaft. | |
Sachverhalt | |
A. | |
Der Antrag der Instruktionskommission ging dahin:
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1. Der Rekurs wird abgewiesen und es hat in allen Teilen beim Entscheid der Schätzungskommission sein Bewenden.
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2. Die 359 Fr. 10 Cts. betragenden Instruktionskosten werden dem Rekurrenten auferlegt und es haften zur Deckung derselben die von den Parteien geleisteten Baarvorschüsse. Es steht somit der Gotthardbahn für den Betrag ihres Vorschusses von 150 Fr. der Regreß auf den Rekurrenten zu. Ueberdem hat der Rekurrent die Gotthardbahn außerrechtlich mit 27 Fr. zu entschädigen.
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B. | |
Dieser Urteilsantrag wurde von der Expropriantin angenommen, nicht dagegen vom Expropriaten.
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C. | |
In der heutigen Verhandlung beantragt der Vertreter des Rekurrenten, es sei der Rekurs in dem Sinne gutzuheißen, daß die Bahngesellschaft verpflichtet werde, dem Rekurrenten den Schaden nach Maßgabe des Gutachtens der bundesgerichtlichen Experten zu ersetzen.
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Der Vertreter der Rekursbeklagten trägt auf Abweisung des Rekurses unter Kosten- und Entschädigungsfolge an.
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Aus den Erwägungen: | |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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Erwägung 1 | |
1. Der Rekurrent betreibt in Goldau in seinen zwei Häusern ein Milchgeschäft. In Folge Erstellung eines neuen Aufnahmegebäudes und einer neuen Bahnanlage kamen seine Häuser hart an die Bahn zu liegen, und wurde ihm zudem der Zugang durch Abschneiden der Straße Goldau-Steinerberg erschwert. Sein Grundstück selber wurde gänzlich intakt gelassen. Er verlangte vor der Schätzungskommission, die Bahngesellschaft sei zu verpflichten, eine Überfahrt oder fahrbare Unterfahrt in der Richtung der bisherigen Straße nach Goldau zu erstellen, eventuell ihm für erschwerten Verkehr in seinem Geschäfte 4000 Fr. und für Minderwert der Liegenschaft und Schädigung der Milch im Keller durch Erschütterung 3000 Fr. Entschädigung zu bezahlen. Die Bahngesellschaft bestritt jegliche Entschädigungspflicht. Nach dem Gutachten der bundesgerichtlichen Experten beträgt der Umweg, den der Rekurrent jetzt zu machen hat, 284 Meter; der ihm entstandene Schaden in Folge Erschwerung des Geschäftsverkehrs und Minderwert der Liegenschaft wird auf 1200 Fr. beziffert, und ausgeführt, von einer Schädigung der Milch könne keine Rede sein. Heute hält der Rekurrent nur noch in dem sub Fakt. C erwähnten Umfange an seinen Begehren fest. Die Bahngesellschaft anerkennt auch heute noch keine Entschädigungspflicht.
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Erwägung 2 | |
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"Anspruch auf volle Entschädigung hat auch der Eigentümer, von welchem zwar keine Abtretung verlangt wird, dessen Gebäude oder Grundstück aber in Folge von Aufdämmungen oder Abgrabungen nicht mehr zweckmäßig benutzt werden kann."
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Erwägung 3 | |
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Er fordert:
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a. daß Aufdämmungen oder Abgrabungen stattfinden und
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b. daß in Folge derselben das Grundstück nicht mehr zweckmäßig benutzt werden kann.
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Diese beiden Voraussetzungen nun sind in concreto, wie aus Erwägung 1 hervorgeht, gar nicht vorhanden. Daß dieser Artikel ein eigentliches Privatrecht auf den ungestörten Fortbestand einer öffentlichen Straße anerkenne und einen Entschädigungsanspruch für alle und jede Schädigung, die in Folge Aufhebung oder Verletzung einer solchen entsteht, begründe, kann aus demselben nicht abgeleitet werden; vielmehr zeigt gerade sein Wortlaut, daß nur in ganz exceptionellen Fällen ein so weitgehender Schadenersatzanspruch aufgestellt werden wollte. Das schwyzerische Gesetz hat sich also keineswegs die in der Doktrin z.B. von Regelsberger, Pandekten, Bd. I § 113 (S. 422 f.) und von Dernburg, Pandekten, Bd. I, § 72 Nr. 7, und in der Praxis vieler deutscher Gerichte vertretene Ansicht, es sei ein Grundsatz des heutigen Rechts, daß Schädigungen der Privatrechtssphäre durch Maßregeln, die im Interesse der Gesamtheit getroffen werden, von der Gesamtheit zu vergüten seien, zu eigen gemacht. Übrigens wäre es nach Art. 3 der eidg. C.-P.-O., welcher, wie schon oft ausgesprochen, auch auf die Expropriationsprozesse Anwendung findet, Sache des Rekurrenten gewesen, nachzuweisen, daß der Art. 4 des schwyzerischen Expropriationsgesetzes von den schwyzerischen Gerichten in dem von ihm behaupteten Sinne interpretiert wird; dieser Nachweis ist ihm aber nicht gelungen.
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Erwägung 4 | |
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Demnach hat das Bundesgericht erkannt: | |
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