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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
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20. Auszug aus dem Urteil |
vom 18. März 1970 |
i.S. N. gegen Sanitätsdepartement und Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt | |
Regeste |
Ungeschriebene verfassungsmässige Rechte. Voraussetzungen ihrer Anerkennung (Erw. 1). |
Friedhöfe. Gestaltung der Grabmäler. |
Zulässigkeit einer Vorschrift, welche die Bewilligung zur Aufstellung eines Grabmals von der Erfüllung ästhetischer Voraussetzungen abhängig macht (Erw. 2). |
Willkürliche oder rechtsungleiche Anwendung dieser Vorschrift auf eine für ein Familiengrab bestimmte Rehplastik? (Erw. 3). | |
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Aus dem Tatbestand:
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A. | |
Das basel-städtische Gesetz vom 9. Juli 1931 betreffend das Bestattungswesen, das mit der Eröffnung des neuen Friedhofs auf dem Hörnli in Wirksamkeit trat (§ 30), macht die Aufstellung von Denkmälern auf den Grabstätten von einer Bewilligung der Friedhofverwaltung abhängig und ermächtigt den Regierungsrat, auf dem Verordnungswege nähere Bestimmungen über Form, Grösse und Material der Denkmäler zu erlassen (§ 13). Diese Bestimmungen finden sich in den §§ 54 ff. der Bestattungs- und Friedhofordnung vom 29. April 1932 (BFO). § 58 Abs. 2 bestimmt:
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"Die Zulassung (eines Grabmals) kann verweigert werden, wenn das Grabmal den Vorschriften dieser Verordnung oder den ästhetischen Anforderungen nicht genügt oder nicht in die Umgebung passt."
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B. | |
Der Beschwerdeführer N. möchte auf einem Familiengrab des Hörnli-Friedhofes, in dem sein im Jahre 1967 verstorbenes Kind bestattet ist, eine vom Bildhauer X. entworfene Rehplastik aus Bronze aufstellen und kam um die Bewilligung dafür ein. Das Friedhofamt lehnte das Gesuch ab, da es sich um eine "banale Gartenplastik" handle, die auf dem Friedhof deplaziert wirke. Ein Rekurs hiegegen wurde vom Sanitätsdepartement des Kantons Basel-Stadt gestützt auf einen Bericht der Grabmalkommission am 26. September 1968 abgewiesen.
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Gegen diesen Entscheid rekurrierte N. an den Regierungsrat, der den Rekurs ohne materiellen Entscheid dem Verwaltungsgericht überwies. Dieses nahm einen Augenschein vor und wies ![]() ![]() | 5 |
C. | |
Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts hat N. staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Er erhebt insbesondere folgende Rügen:
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1. Das ungeschriebene verfassungsmässige Recht auf freie Grabmalgestaltung sei verletzt.
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2. Art. 4 BV sei verletzt
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- durch eine Ablehnung des Grabmals aus "anstaltsfremden" Erwägungen,
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- durch eine rechtsungleiche Behandlung gegenüber andern Friedhofbenützern,
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- durch eine ungerechtfertigte Praxisänderung.
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Die Begründung dieser Rügen ergibt sich, soweit notwendig, aus den nachstehenden Erwägungen. - Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Auszug aus den Erwägungen: | |
Erwägungen:
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Erwägung 1 | |
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Erwägung 2 | |
2.- Gemäss Art. 53 Abs. 2 BV steht die Verfügung über die Begräbnisplätze den bürgerlichen Behörden zu und haben diese dafür zu sorgen, dass jeder Verstorbene schicklich beerdigt werde. Hieraus folgt sowohl, dass die Verfügung mit Einschluss der Rechtsetzung nicht kirchlichen Behörden überlassen werden ![]() ![]() | 16 |
Erwägung 3 | |
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a) Von einer willkürlichen Auslegung oder Anwendung kann nicht die Rede sein. Dass das vom Beschwerdeführer vorgeschlagene Grabmal künstlerische Mängel aufweise, ist kaum zu übersehen und lässt sich jedenfalls mit guten Gründen vertreten. Man kann auch ohne Willkür sagen, dass es das Niveau einer Gartenplastik kaum überschreite. Die Vorwürfe, dass die Haltung des Tieres "unnatürlich und verquält" sei (Vernehmlassung des Sanitätsdepartements), dass das Reh an eine ![]() ![]() | 18 |
Es kann auch nicht gesagt werden, die Basler Behörden gingen mit ihren Anforderungen offensichtlich zu weit und schränkten die Wahlfreiheit des Beschwerdeführers allzu sehr ein. Sie wären nicht nur bereit, die vorgeschlagene Rehplastik auf einem Kindergrab zuzulassen, sondern lehnen auch eine Rehplastik auf einem Familiengrab nicht grundsätzlich ab, wollen es dem Beschwerdeführer also nicht verwehren, aus den von ihm angegebenen Gründen gerade eine solche Plastik auf seinem Familiengrab aufzustellen. Doch hätte diese in ihren Dimensionen einem solchen Grab zu entsprechen und eine künstlerisch bessere Lösung zu bringen, die wenn nicht vom Bildhauer X., dem Schöpfer des streitigen Entwurfs, so doch von einem andern Künstler unschwer zu finden sein dürfte. Der künstlerischen Phantasie und dem persönlichen Geschmack lässt die ![]() ![]() | 19 |
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c) Der Vorwurf der rechtsungleichen Behandlung wäre nur begründet, wenn heute Gleiches ungleich behandelt würde. Eine solche Ungleichbehandlung liegt nicht schon darin, dass für den Wolfgottesacker, der immerhin in 40 Jahren aufgehoben werden soll und viele den heutigen Anschauungen nicht mehr entsprechende Grabmäler enthalten dürfte, weniger strenge Anforderungen gestellt werden und dass auch für Einzel- und insbesondere Kindergräber auf dem Hörnli-Friedhof grösseres Entgegenkommen gezeigt wird. Es könnte nur dann von rechtsungleicher Behandlung gesprochen werden, wenn der Beschwerdeführer dargetan hätte, dass in der Gegenwart Vorschläge für die Gestaltung von Familiengräbern angenommen worden wären, die mit dem seinen vergleichbar wären. Dafür ist er aber den Beweis schuldig geblieben; insbesondere ergibt sich dies aus den zu den Akten gegebenen Photographien nicht. ![]() | 21 |
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