BGE 74 II 215 - Erben Frank | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Johannes Sokoll, A. Tschentscher | |||
35. Urteil der II. Zivilabteilung |
vom 14. Oktober 1948 i.S. Frank und Kons. gegen Frank. | |
Regeste |
Liegenschaftsverkauf durch Erbengemeinschaft (Art. 602 ZGB) an einen Miterben. Klage Einzelner gegen den Erwerber wegen Ungültigkeit des Vertrages, insbesondere zufolge Form-, Vertretungs- oder Willensmangels. Aktiv- und Passivlegitimation. | |
Sachverhalt | |
A. | |
Die Erben des am 24. September 1937 verstorbenen Theodor Frank-Fuchs -- die Witwe und die sechs Kinder -- verkauften am 23. Februar 1946 die zur Erbschaft gehörende Liegenschaft mit Geschäfts-Inventar und Warenlager ihrem Miterben Josef Frank. Dieser übernahm auf Anrechnung an den Preis die Schulden und stellte den Geschwistern ausser Martin Frank (der seinerzeit erklärt hatte, seinen Anteil ausbezahlt erhalten zu haben) Schuldbriefe aus. Der Mutter räumte er ein Wohnrecht ein, und er verzichtete auf Lidlohn. Beim Vertragsabschluss vertrat Frieda Frank ihre landesabwesenden Brüder Franz und Martin, den einen auf Grund einer Generalvollmacht, den andern als behördlich ernannter Beistand.
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B. | |
Franz und Martin Frank sowie ihre Mutter erhoben im Dezember 1946 gegen Josef Frank Klage. Sie beantragten die Unverbindlich- und Nichtigerklärung des Kaufvertrages (mangels gültiger Vertretung von Franz und Martin beim Vertragsschluss, mangels gehöriger öffentlicher Beurkundung des Kaufvertrages, sodann weil Martin nach dessen Bestimmungen leer ausgehe, und weil der Käufer übermässig bevorteilt werde), ferner die Löschung des Beklagten als Eigentümer im Grundbuch und die Eintragung sämtlicher Erben des Theodor Frank als Eigentümer.
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C. | |
Der Beklagte erhob vorerst die Einrede der mehreren Streitgenossen. Das Kantonsgericht von Nidwalden verwarf diese Einrede, wies aber die Klage als sachlich unbegründet ab. Das Obergericht trat auf die "verzögerliche Einrede" nicht ein, weil sie in oberer Instanz nicht aufrecht erhalten worden sei. Im übrigen bestätigte es das erstinstanzliche Urteil.
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D. | |
Gegen das Urteil des Obergerichtes vom 10. Juni 1948 richtet sich die vorliegende Berufung der Kläger, die an den Klageanträgen festhalten.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Erwägung 2 | |
2. Nach Art. 602 Abs. 2 ZGB werden die Erben Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände und verfügen unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen Vertretungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Rechte der Erbschaft gemeinsam. Nach der Rechtsprechung steht die gerichtliche Geltendmachung von Rechten der Erbschaft grundsätzlich einer Verfügung über Erbschaftsgegenstände gleich (BGE 41 II 28). Richten sich die Ansprüche gegen einen der Miterben, wie hier, so braucht freilich der letztere nicht zugleich auf Seiten der Kläger aufzutreten (BGE 54 II 243). Aber eine Klage einzelner ohne Mitwirkung der andern Miterben gegen ihn wäre doch nur in dringlichen Fällen und nur für die Dauer der Dringlichkeit zulässig (BGE 58 II 195, 73 II 170). Solche Dringlichkeit ist hier nicht dargetan; die drei Miterbinnen aber sind der Klage nicht beigetreten, noch haben sie zu den Anträgen der Klage irgendwie Stellung bezogen.
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Erwägung 3 | |
3. Nun ist freilich nicht unerlässlich, dass im Fall einer Vertragsanfechtung sämtliche Miterben (ausser dem beklagten) als Vertragspartner am Prozess auf Seite der Kläger teilnehmen, oder dass auf Verlangen eines Erben ein Erbenvertreter ernannt werde (Art. 602 Abs. 3 ZGB), der alsdann aus eigener Handlungsmacht klagen kann (BGE 50 II 221), aber unter Umständen eine hinreichende Veranlassung dazu verneint (sei es auch nur, weil er für die Mehrzahl der Erben keinen Vorteil in der Lossage vom Vertrage sieht). Vielmehr ist genügend, aber auch erforderlich, dass sämtliche Erben zur Klage Stellung beziehen und, soweit sie weder der Klage beitreten noch sich von vornherein einem darüber ergehenden Urteil unterziehen wollen, auf beklagter Seite am Prozesse teilnehmen. Die Vertragsanfechtung darf nicht wie eine gewöhnliche Verfügung über Erbschaftsgegenstände vom Prinzip der Einstimmigkeit beherrscht sein. Auf Formmängel des Vertrages muss sich jeder daran Beteiligte unabhängig von den andern berufen können (übrigens auch der Käufer), und auf Mängel in der Vertretung oder auf Willensmängel beim Vertragsschluss jeder angeblich von einem solchen Mangel Betroffene. In den Prozess müssen dagegen sämtliche am Vertrage Beteiligten einbezogen werden, sei es auf Seite der Kläger oder des Beklagten. So gut wie "das Rechtsverhältnis des Kaufes nur einheitlich für alle Beteiligten aufgehoben werden kann" (v. Thur, Schweizerisches Obligationenrecht § 89 am Ende), muss auch die Nichtigkeit oder Unverbindlichkeit den Kaufvertrag in seinem ganzen Bestande treffen. Ein Urteil aber, das nur zwischen einzelnen am Vertrage Beteiligten erginge, wäre für die andern nicht verbindlich und liesse sich, speziell hinsichtlich des Grundbucheintrages, nicht vollziehen. Eine Klage, die nicht alle der Sache nach Beteiligten einbezieht, ist daher wegen dieses Mangels ohne nähere Prüfung der Ansprüche abzuweisen.
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Erwägung 4 | |
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
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