BGer 5A_440/2013 | |||
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BGer 5A_440/2013 vom 30.12.2013 | |
{T 0/2}
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5A_440/2013
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Urteil vom 30. Dezember 2013 |
II. zivilrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter von Werdt, Präsident,
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Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Schöbi,
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Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.
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Verfahrensbeteiligte | |
X.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ivo Zellweger,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Y.________,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Ehescheidung (nachehelicher Unterhalt),
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, vom 1. Mai 2013.
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Sachverhalt: | |
A. X.________ (geb. 1951) und Y.________ (geb. 1946) heirateten im Jahr 1988. Ihre gemeinsame Tochter ist volljährig.
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B. | |
B.a. Die Parteien lösten den gemeinsamen Haushalt am 1. April 2004 auf. Am 3. Juli 2007 leitete X.________ beim Bezirksgericht Baden das Scheidungsverfahren ein. In Bezug auf den vorliegend strittigen nachehelichen Unterhalt beantragte er, es sei festzustellen, dass die Ehefrau keinen Anspruch auf Unterhalt habe. Y.________ beantragte diesbezüglich mit Klageantwort vom 31. Januar 2008, der Ehemann sei zu verpflichten, ihr bis zu ihrem Eintritt ins ordentliche AHV-Alter (Ende August 2010) einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 3'183.-- und anschliessend unbefristet Fr. 1'733.-- zu bezahlen. An der Verhandlung des Bezirksgerichts vom 17. September 2009 präzisierte Y.________ dies insofern, als ihr nach der Pensionierung Fr. 2'250.-- zuzusprechen seien.
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B.b. Mit Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 14. April 2011 wurden die Parteien geschieden. Den von X.________ geschuldeten nachehelichen Unterhalt setzte das Gericht wie folgt fest: Ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis und mit Dezember 2016 Fr. 3'340.-- pro Monat, ab 1. Januar 2017 Fr. 2'240.--. Sodann regelte es die übrigen Folgen der Scheidung (insb. Ausgleich berufliche Vorsorge, güterrechtliche Auseinandersetzung).
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C. | |
C.a. Am 27. Mai 2011 erhob X.________ in Bezug auf den Unterhaltspunkt Berufung an das Obergericht des Kantons Aargau. Er verlangte, es sei festzustellen, dass Y.________ keinen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt habe. Y.________ schloss mit Berufungsantwort vom 10. August 2011 (Postaufgabe 22. August 2011) auf Abweisung der Berufung.
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C.b. Mit Eingabe vom 13. August 2011 reichte die nicht (mehr) anwaltlich vertretene Y.________ eine Anschlussberufung ein, welche sie mit Schreiben vom 10. Oktober 2011 wieder zurückzog. Beide Parteien reichten weitere Stellungnahmen und Beweismittel ein. X.________ beantragte eine mündliche Berufungsverhandlung.
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C.c. Mit Urteil vom 1. Mai 2013 hiess das Obergericht die Berufung (unter Abweisung des Antrags auf eine mündliche Verhandlung) teilweise gut und es verpflichtete X.________, ab Rechtskraft des Scheidungsurteils Y.________ monatlich einen Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'500.-- zu bezahlen. Die Gerichtskosten auferlegte es den Parteien hälftig. Parteientschädigungen sprach es keine zu.
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D. X.________ zieht dieses Urteil mit Beschwerde in Zivilsachen vom 13. Juni 2013 an das Bundesgericht weiter. Er beantragt, er sei lediglich dazu zu verpflichten, ab dem 1. Juni 2013 einen nachehelichen Unterhaltsbeitrag von monatlich Fr. 400.-- zu bezahlen. Eventuell sei das Verfahren zur Ergänzung des Beweisverfahrens und zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Kosten seien Y.________ aufzuerlegen.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. Angefochten sind die Fr. 30'000.-- übersteigenden vermögensrechtlichen Folgen eines kantonal letztinstanzlichen Ehescheidungsurteils (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1, Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Die Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 1 BGG) ist ebenfalls eingehalten, womit die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich zulässig ist.
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1.2. In rechtlicher Hinsicht sind bei der Beschwerde in Zivilsachen alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig und das Bundesgericht wendet in diesem Bereich das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Allerdings ist in der Beschwerdeschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
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2. Das Obergericht ging für die Berechnung des Unterhaltsbeitrages von den nachfolgend dargestellten finanziellen und persönlichen Verhältnissen der Parteien aus.
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2.1. Während des ehelichen Zusammenlebens wiesen die Ehegatten einen Gesamtbedarf von Fr. 4'559.-- auf (Grundbetrag Fr. 1'550.--, Wohnkosten Fr. 1'153.--, Krankenkassenprämien Fr. 433.--, Berufskosten Beschwerdeführer Fr. 364.--, Steuern Fr. 1'059.--). Hinzu kam ein Unterhaltsbedarf der Tochter von Fr. 915.-- (Grundbetrag Fr. 500.--, Krankenkasse Fr. 59.60, Krankheitskosten Fr. 9.10, Kantonsschule Fr. 346.75). Dem standen monatliche Einkünfte des Beschwerdeführers von Fr. 10'256.85 und der Beschwerdegegnerin von Fr. 610.25 gegenüber. Daraus resultierte ein gemeinsamer Überschuss von Fr. 5'393.10 (Fr. 10'256.85 + Fr. 610.25 - Fr. 4'559.-- - Fr. 915.--). Gemäss Vorinstanz stand der Beschwerdegegnerin damit während des Zusammenlebens ein monatlicher Betrag von Fr. 4'976.05 (hälftiger Gesamtbedarf der Ehegatten von Fr. 2'279.50 zuzüglich hälftiger Überschuss von Fr. 2'696.55) zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung.
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2.2. Zu den Einkünften der bereits pensionierten Beschwerdegegnerin stellte die Vorinstanz fest, diese erhalte eine AHV-Rente von Fr. 2'267.-- sowie eine Pensionskassenrente von Fr. 394.70. Sodann sei ihr von der Pensionskasse des Beschwerdeführers eine Freizügigkeitsleistung von Fr. 280'635.-- ausbezahlt worden, wobei zu berücksichtigen sei, dass sie auf diesem Betrag eine Steuer von Fr. 22'356.-- zu bezahlen habe. Das verbleibende Kapital sei in eine lebenslängliche Rente umzuwandeln. Unter Annahme eines Zinssatzes von 1.5 % und eines Faktors von 19.58 (unter Verweis auf Schätzle/Weber, Kapitalisieren, Handbuch zur Anwendung der Barwerttafeln, 5. Aufl., Zürich 2001, N 2.654) errechnete das Obergericht eine Rente von rund Fr. 1'099.-- monatlich. Dies ergab Einkünfte von insgesamt Fr. 3'760.70 (Fr. 2'267.-- + Fr. 394.70 + Fr. 1'099.--).
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2.3. Bezüglich des Beschwerdeführers führte das Obergericht aus, dieser lebe in einer Partnerschaft. Er weise bis zu seiner Pensionierung ein erweitertes Existenzminimum von Fr. 1'970.55 auf (Grundbetrag Fr. 850.--, hälftige Wohnkosten Fr. 725.--, Kosten für die Arbeitssuche Fr. 100.--, Krankenkasse Fr. 295.55). Ab dem 1. Januar 2017 betrage sein Existenzminimum Fr. 1'870.55 (Wegfallen der Kosten für die Arbeitssuche infolge Pensionierung).
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3. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe Art. 125 ZGB und Art. 277 ZPO verletzt.
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3.1. Die vom Obergericht angewandte Berechnungsmethode beanstandet der Beschwerdeführer per se nicht als bundesrechtswidrig (Art. 42 Abs. 2 BGG). Jedoch moniert er, die Vorinstanz habe eine andere Berechnungsweise angewendet als die erste Instanz, ohne dass den Parteien vorgängig Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei. Die Rüge ist dahin gehend zu verstehen, dass er eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs rügen will.
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3.2. Sodann erblickt er im Vorgehen des Obergerichts eine Verletzung des Verhandlungsgrundsatzes gemäss Art. 277 ZPO. Die Beschwerdegegnerin habe zwecks Darlegung ihres Forderungsanspruchs nur eine Existenzminimumberechnung angestellt und einen Zuschlag hierzu gemacht, was keinen genügenden Beweis bilde. Sie sei auf ihrer Klageantwort zu behaften, in der sie ihren gebührenden Unterhalt mit Fr. 4'733.-- beziffert habe. Die Vorinstanz habe den gebührenden Unterhalt indes auf Fr. 5'260.50 erhöht und habe damit den Verhandlungsgrundsatz verletzt.
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3.3. In Bezug auf die konkrete vorinstanzliche Berechnung des gebührenden Unterhalts der Beschwerdegegnerin beanstandet er, die Tochter sei bei der Überschussteilung nicht berücksichtigt worden. Der Eheschutzrichter habe damals der Ehefrau für sich und die Tochter einen Überschussanteil von 60 %, ihm selbst einen solchen von 40 % zugewiesen. Damit sei klar, dass für die Ehefrau 40 % gedacht gewesen seien, die restlichen 20 % aber für die Tochter. Konsequenterweise stünden daher der Beschwerdegegnerin vom Überschuss nur 40 % zu, nämlich Fr. 2'157.25, und nicht die von der Vorinstanz zugesprochenen Fr. 2'696.55 (50 %). Der gebührende Unterhalt sei damit von Fr. 5'260.50 um Fr. 539.30 auf Fr. 4'721.20 zu reduzieren.
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3.4. Der Beschwerdeführer kritisiert sodann, das Obergericht habe keine Sparquote berücksichtigt. Einerseits wirft er der Vorinstanz vor, sie habe die notwendigen Abklärungen zu einer allfälligen Sparquote nicht getroffen. Anderseits behauptet er, aus den Akten des Scheidungsverfahrens hätte es klare Anhaltspunkte für eine Sparquote gegeben. So will er die Beweismittel vorgelegt haben für Einzahlungen in die Säule 3a von durchschnittlich Fr. 500.-- und für Liegenschaftsinvestitionen und Einkäufe in die Pensionskasse von mindestens Fr. 700.-- pro Monat, was eine monatliche Sparquote von Fr. 1'200.-- ergebe. Dieser Betrag sei bei der Ermittlung des gebührenden Unterhalts ebenfalls abzuziehen.
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3.5. In Bezug auf die von der Vorinstanz festgestellten Einnahmen der Beschwerdegegnerin rügt der Beschwerdeführer, das Obergericht habe bei der Verrentung der Freizügigkeitsleistung der Ehefrau (Kapitalauszahlung von Fr. 280'635.--) einen Steuerabzug von Fr. 22'356.-- gemacht. Bei ihm jedoch sei bei der Verrentung des Alterskapitals kein Steuerabzug vorgenommen worden, womit die Vorinstanz das Gleichheitsgebot verletzt habe. Entsprechend sei auf Seiten der Frau eine Korrektur bei der Verrentung anzubringen. Daraus resultiere eine höhere Rente aus Freizügigkeitsleistung von Fr. 1'194.40 (anstelle von Fr. 1'099.--, wie die Vorinstanz dies vorsah).
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3.6. Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer "rein vorsorglich" die Berechnung seines Existenzbedarfs durch die Vorinstanz. Seine Ausführungen bleiben jedoch unsubstanziiert und vermögen damit den Anforderungen an Sachverhaltsrügen (E. 1.2) nicht zu genügen. Hierauf ist nicht einzutreten.
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3.7. Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
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4. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 30. Dezember 2013
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: von Werdt
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Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann
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