des Zweiten Senats vom 25. Juli 1962
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- 2 BvL 4/62 - | |
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung der §§ 6, 21 und 27 des Straßenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1952 (BGBl. I S. 837) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 16. Juli 1957 (BGBl. I S. 709) und des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Verkehrsrechts und Verkehrshaftpflichtrechts vom 16. Juli 1957 (BGBl. I S. 710) - Vorlagebeschluß des Amtsgerichts Krefeld vom 19. Februar 1962 - 2 a Es 20/62.
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Entscheidungsformel:
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§ 21 des Straßenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1952 (BGBl. I S. 837) in der Fassung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Verkehrsrechts und Verkehrshaftpflichtrechts vom 16. Juli 1957 (BGBl. I S. 710) ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit er Zuwiderhandlungen gegen die über den Straßenverkehr zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Wegen oder Plätzen erlassenen Rechtsverordnungen mit Strafe bedroht.
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Gründe: | |
I.
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1. Die Vereinheitlichung und Neuordnung des Straßenverkehrsrechts, das bis dahin durch das Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 (RGBl. I S. 437) in der Fassung des Gesetzes vom 10. August 1937 (RGBl. I S. 901) und die dazu ergangenen Rechtsverordnungen geregelt war, ist durch das Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember 1952 (BGBl. I S. 832) eingeleitet worden. Dieses Gesetz änderte mehrere Vorschriften des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen. Es ermächtigte ferner in Artikel 8 den Bundesminister für Verkehr, den Wortlaut des geänderten Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen mit neuem Datum und unter der Überschrift "Straßenverkehrsgesetz" (StVG) bekanntzumachen und dabei Unstimmigkeiten des Wortlauts zu beseitigen. Nach seinem Artikel 9 sollte das Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs einen Monat nach seiner Verkündung in Kraft treten.
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Das Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs ist am 23. Dezember 1952 im Bundesgesetzblatt verkündet worden. In derselben Ausgabe des Bundesgesetzblatts hat der Bundesminister für Verkehr das geänderte Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen unter der Überschrift "Straßenverkehrsgesetz" mit dem Datum des 19. Dezember 1952 bekanntgemacht; in der Bekanntmachung wird darauf hingewiesen, daß diese Fassung vom Tage des Inkrafttretens des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs an gilt (BGBl. I S. 837).
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§ 21 StVG lautet in der Fassung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Verkehrsrechts und Verkehrshaftpflichtrechts vom 16. Juli 1957 (BGBl. I S. 710):
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§ 21
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Wer den Anordnungen zuwiderhandelt, die über den Straßenverkehr zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Wegen oder Plätzen, zur Verhütung einer über das verkehrsübliche Maß hinausgehenden Abnutzung der Straßen oder zur Verhütung von Belästigungen erlassen worden sind, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bestraft.
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2. Dem Angeklagten des beim Amtsgericht Krefeld anhängigen Ausgangsverfahrens wird vorgeworfen, am öffentlichen Verkehr teilgenommen zu haben, obwohl er sich "infolge der durch alkoholische Beeinflussung hervorgerufenen körperlichen und geistigen Mängel" nicht sicher im Verkehr habe bewegen können, und dadurch gegen § 2 StVZO verstoßen zu haben. Durch Beschluß vom 19. Februar 1962 hat das Amtsgericht Krefeld das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, "ob das Straßenverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Dezember 1952 (Bundesgesetzblatt I S. 837), und insbesondere die §§ 6, 21 und 27 des Straßenverkehrsgesetzes verfassungswidrig sind".
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Zur Zulässigkeit der Vorlage führt das Amtsgericht aus: Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung sei der Angeklagte jedenfalls mangels Beweises von der Anklage der Übertretung der §§ 2 StVZO, 21 StVG freizusprechen. Seien die genannten Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes jedoch verfassungswidrig und nichtig, dann müsse er wegen erwiesener Unschuld freigesprochen werden. § 71 StVZO könne auf keinen Fall angewandt werden, da er wegen Verstoßes gegen Art. 80 GG verfassungswidrig und nichtig sei. Es komme daher für die Entscheidung im Strafverfahren auf die Verfassungsmäßigkeit der genannten Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes an.
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Das Amtsgericht hält sämtliche Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes für verfassungswidrig, und zwar anscheinend deshalb, weil das Gesetz nicht ordnungsgemäß in Kraft gesetzt worden sei. Der Bundesminister für Verkehr habe von der ihm in Art. 8 des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs erteilten Ermächtigung, den Wortlaut des geänderten Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen mit neuem Datum und unter der Überschrift "Straßenverkehrsgesetz" bekanntzumachen und Unstimmigkeiten des Wortlauts zu beseitigen, vor dem Inkrafttreten der Ermächtigung Gebrauch gemacht. Der Bekanntmachung des Straßenverkehrsgesetzes fehle daher die gesetzliche Grundlage. - Auch durch spätere Änderungen habe das Straßenverkehrsgesetz keine nachträgliche Rechtswirksamkeit erlangt. Der Gesetzgeber sei bei der Änderung von der Rechtsgültigkeit des Gesetzes ausgegangen. Sein Rechtsetzungswille habe eine nachträgliche Inkraftsetzung des Straßenverkehrsgesetzes nicht mitumfaßt.
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Die Bundesregierung hält § 21 StVG für gültig. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 1962 - 2 BvR 15/62 - seien Blankettstrafgesetze mit Art. 103 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar, wenn der Gesetzgeber in ihnen hinreichend deutlich bestimme, was strafbar sei. Dem entspreche § 21 StVG; er pönalisiere die (zulässigen) Ordnungsvorschriften eines genau abgegrenzten Ordnungsbereichs in einer Höhe, die dem Unrechtsgehalt der Übertretungen der - abschließend geregelten - straßenverkehrsrechtlichen Ordnungsvorschriften in jedem Fall entspreche. Der Inhalt dieser Ordnungsvorschriften ergebe sich schon aus den vorgegebenen Erfordernissen des Straßenverkehrs und der ihm innewohnenden Eigengesetzlichkeit. - Auch gegen das Zustandekommen des § 21 StVG könnten keine begründeten Bedenken erhoben werden.
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Dem Verfahren ist niemand beigetreten.
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Die Vorlage ist zulässig.
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1. Die Gültigkeit des § 21 StVG ist nur insoweit entscheidungserheblich, als er Zuwiderhandlungen gegen die über den Straßenverkehr zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Wegen oder Plätzen erlassenen Rechtsverordnungen mit Strafe bedroht.
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a) Dem Angeklagten des Ausgangsverfahrens wird eine Zuwiderhandlung gegen § 2 der ursprünglich vom Reichsverkehrsminister erlassenen Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vorgeworfen. § 21 StVG ist also insoweit nicht entscheidungserheblich, als er auch Zuwiderhandlungen gegen Einzelanordnungen (Verfügungen) unter Strafe stellt.
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b) Das Amtsgericht Krefeld will den Angeklagten im Falle der Gültigkeit des § 21 StVG mangels Beweises, im Falle seiner Verfassungswidrigkeit dagegen wegen erwiesener Unschuld freisprechen.
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c) Nachdem das Bundesverfassungsgericht durch Urteil vom 3. Juli 1962 - 2 BvR 15/62 - § 71 StVZO in der Fassung der Änderungsverordnung vom 24. August 1953 (BGBl. I S. 1131) und der später erfolgten Bekanntmachungen für nichtig erklärt hat, ist die Auffassung des Amtsgerichts, daß der Angeklagte nur nach § 21 StVG bestraft werden könnte, jedenfalls nicht offensichtlich unhaltbar.
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d) Hiernach kommt es für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens auf die Verfassungsmäßigkeit des § 21 StVG an. Allerdings ist nicht sein ganzer Inhalt entscheidungserheblich. § 2 Abs. 1 StVZO, der den § 21 StVG im Tatbestand ergänzt, untersagt Personen, die sich im Verkehr infolge körperlicher oder geistiger Mängel nicht sicher bewegen können und infolge dieser Unsicherheit eine Gefahrenquelle für sich und andere darstellen, die Teilnahme am Verkehr schlechthin oder gestattet sie nur unter geeigneten Sicherungsvorkehrungen. Er ist Bestandteil einer Rechtsverordnung, die über den Straßenverkehr zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Wegen oder Plätzen erlassen worden ist. Daher kommt es nur auf die Verfassungsmäßigkeit des ersten Teiltatbestandes in § 21 StVG an; dagegen sind die weiteren Teiltatbestände der Übertretung von Verordnungen, die zur Verhütung einer über das verkehrsübliche Maß hinausgehenden Abnutzung der Straßen oder zur Verhütung von Belästigungen erlassen worden sind, nicht entscheidungserheblich.
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e) Ebenfalls nicht entscheidungserheblich ist die Gültigkeit der §§ 6 und 27 StVG in ihrer heutigen Fassung. § 2 Abs. 1 StVZO ist vom Reichsverkehrsminister am 13. November 1937 (RGBl. I S. 1215) auf Grund der ihm in den §§ 6 Nr. 1 und 27 des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen erteilten Ermächtigung erlassen worden und hat seither unverändert gegolten. Die §§ 6 und 27 des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 (RGBl. S. 437) in der Fassung des Gesetzes vom 10. August 1937 (RGBl. I S. 901) unterliegen als vorkonstitutionelles Recht nicht der Prüfung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG. Für die Rechtswirksamkeit des § 2 Abs. 1 StVZO und für sein Verhältnis zu § 21 StVG ist aber unerheblich, ob er in den heute geltenden Fassungen der §§ 6 und 27 StVG eine hinreichende Rechtsgrundlage fände. Denn wie das nachträgliche Erlöschen (BVerfGE 9, 3 [12]; 12, 341 [347]) ist auch die nachträgliche Änderung einer Ermächtigung ohne Einfluß auf den Rechtsbestand der vor ihrer Änderung ordnungsgemäß erlassenen Rechtsverordnungen.
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Wie sich aus den Gründen des Vorlagebeschlusses ergibt, hält das Amtsgericht Krefeld das Straßenverkehrsgesetz insgesamt für verfassungswidrig und daher nichtig. Es kommt jedoch nur auf die Feststellung der Verfassungsmäßigkeit des entscheidungserheblichen Teils von § 21 StVG an. Die dem Bundesverfassungsgericht vorgelegte Frage war deshalb entsprechend einzuschränken.
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2. Der entscheidungserhebliche Teil des § 21 StVG ist nachkonstitutionelles Recht. § 21 StVG in seiner heute geltenden Fassung ist im Rahmen des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Verkehrsrechts und des Verkehrshaftpflichtrechts vom 16. Juli 1957 vom Gesetzgeber im förmlichen Gesetzgebungsverfahren mit seinem ganzen Inhalt neu beschlossen und in der nach Art. 82 GG vorgeschriebenen Form verkündet worden.
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Die entscheidungserhebliche Bestimmung des § 21 StVG ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
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1. § 21 StVG war ursprünglich Teil des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909. Sein Wortlaut ist durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember 1952 geändert worden. Die geänderte Fassung ist nach Art. 9 dieses Gesetzes einen Monat nach seiner Verkündung in Kraft getreten. Demgegenüber ist es gleichgültig, wann der Bundesminister für Verkehr den Wortlaut des "Straßenverkehrsgesetzes" bekanntgemacht hat. Im Gegensatz zur neuen Verabschiedung des ganzen Inhalts eines schon bisher geltenden und nur zum Teil geänderten Gesetzes durch die gesetzgebenden Körperschaften selbst und zur Verkündung des derart neu gesetzten Rechts (BVerfGE 8, 210 [213 f.]; 10, 185 [191 f.]) ist die Bekanntmachung und die Beseitigung von Unstimmigkeiten des Wortlauts eines Gesetzes durch einen Bundesminister kein konstitutiver gesetzgeberischer Akt. Sie dient nur der deklaratorischen Klarstellung des Gesetzestextes. Die vom vorlegenden Gericht gegen die Verfassungsmäßigkeit der Neufassung des in "Straßenverkehrsgesetz" umbenannten Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen erhobenen Bedenken sind daher nicht begründet.
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2. Die für das Ausgangsverfahren entscheidungserhebliche Vorschrift des § 21 StVG ist mit den Art. 103 Abs. 2 und 104 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar.
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Wie das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 3. Juli 1962 - 2 BvR 15/62 - entschieden hat, kann eine Strafe nach Art. 103 Abs. 2 GG nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes oder einer Rechtsverordnung verhängt werden, die im Rahmen einer nach Inhalt, Zweck und Ausmaß derart bestimmten gesetzlichen Ermächtigung ergangen ist, daß die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe für den Bürger schon aus der Ermächtigung und nicht erst aus der auf sie gestützten Verordnung voraussehbar sind (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG). Nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG hat der Gesetzgeber beim Erlaß einer Strafvorschrift, die Freiheitsstrafe androht, mit hinreichender Deutlichkeit selbst zu bestimmen, was strafbar sein soll, und Art und Maß der Freiheitsstrafe im förmlichen Gesetz festzulegen. Dem Verordnunggeber kann er aber die Spezifizierung des Straftatbestandes überlassen. Dies ist besonders dann gerechtfertigt, wenn wechselnde und mannigfaltige Einzelregelungen erforderlich werden können, wie dies im Straßenverkehrsrecht der Fall ist.
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Der Gesetzgeber muß die Strafbarkeitsvoraussetzungen um so präziser bestimmen, je schwerer die angedrohte Strafe ist. Das Gebot der Bestimmtheit des Gesetzes darf allerdings nicht übersteigert werden; die Gesetze würden sonst zu starr und kasuistisch und könnten dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden. Diese Gefahr läge nahe, wenn der Gesetzgeber stets jeden Straftatbestand bis ins letzte ausführen müßte, anstatt sich auf die wesentlichen für die Dauer gedachten Bestimmungen über Voraussetzungen, Art und Maß der Strafe zu beschränken.
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a) § 21 StVG ist ein Blankettstrafgesetz. Blankettstrafgesetze ersetzen die Beschreibung des Straftatbestandes durch die Verweisung auf eine Ergänzung im gleichen Gesetz oder in anderen - auch künftigen - Gesetzen oder Rechtsverordnungen, die nicht notwendig von derselben rechtsetzenden Instanz erlassen werden müssen (vgl. RGSt 46, 393 [395]).
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Was strafbar sein soll, muß allerdings nach Art. 103 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 und - soweit Freiheitsstrafe angedroht wird - nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG vom Gesetzgeber so deutlich bestimmt werden, daß die möglichen Fälle der Strafbarkeit schon auf Grund des Gesetzes und nicht erst auf Grund einer Rechtsverordnung vorausgesehen werden können. Wird daher der Straftatbestand eines Blankettstrafgesetzes durch ein anderes Gesetz ergänzt, dann kann es der Gesetzgeber des Blankettstrafgesetzes bei einer Verweisung auf die ausfüllende Norm bewenden lassen. Erfolgt die Ergänzung eines Blankettstrafgesetzes jedoch durch eine Rechtsverordnung, so genügt eine derartige Verweisung allein nicht; vielmehr müssen zugleich die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Strafe im Blankettstrafgesetz selbst oder in einer anderen gesetzlichen Vorschrift, auf die das Blankettstrafgesetz Bezug nimmt, hinreichend deutlich umschrieben werden.
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b) Nach der entscheidungserheblichen Bestimmung des § 21 StVG sind Zuwiderhandlungen gegen die Rechtsverordnungen strafbar, die über den Straßenverkehr zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Wegen oder Plätzen erlassen worden sind. Da durch das Straßenverkehrsgesetz das allgemeine Straßenverkehrsrecht bundesrechtlich erschöpfend geregelt ist, können solche Rechtsverordnungen nur auf Grund des § 6 oder des § 27 StVG erlassen werden (vgl. BVerfGE 7, 111 [116 f.]).
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c) § 21 StVG nimmt ausdrücklich auf Regelungen Bezug, die zur Abwehr von Gefahren für die Ordnung und Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs erforderlich sind. Damit ist der hier erhebliche Teil des § 21 StVG hinreichend deutlich bestimmt. Die Verkehrsteilnehmer können voraussehen, welche Handlungen oder Unterlassungen unter diese Strafandrohung fallen. Inhalt und Bedeutung des Begriffs der "öffentlichen Ordnung und Sicherheit" sind durch die Rechtsprechung geklärt und im juristischen Sprachgebrauch verfestigt. Welche Regelungen zum Schutz dieser Rechtsgüter erforderlich sind, läßt sich nach der Entwicklung der allgemeinen Verkehrssituation im wesentlichen auch von den einzelnen Bürgern voraussehen und ist der gerichtlichen Prüfung zugänglich.
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Außerhalb des unzweifelhaften Bereichs der zur Sicherung eines gefahrenfreien Straßenverkehrs unerläßlichen Rechtsverordnungen kann es freilich Grenzfälle geben, bei denen zweifelhaft ist, ob sie durch die Blankettvorschrift in § 21 StVG bewehrt sind. Diese Möglichkeit macht aber das Blankettgesetz ebensowenig ungültig wie andere Gesetze, deren Unklarheiten erst durch die Rechtsprechung oder weitere Gesetzgebung behoben werden müssen. Die verfassungsrechtliche Prüfung des § 21 StVG hat von dessen sinn- und sachgerechter Auslegung und Anwendung auszugehen.
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Der Überblick über den Umfang der dem Bundesminister für Verkehr übertragenen polizeilichen Regelungsbefugnis wird schließlich dadurch erleichtert, daß der Gesetzgeber in § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG, der mit dem entscheidungserheblichen Tatbestand des § 21 StVG zum Teil wörtlich übereinstimmt, an Hand eines Katalogs einzelner Zuständigkeiten gezeigt hat, welcher Art die zu erlassenden Vorschriften sein sollen.
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Das gesetzliche Verbot der Übertretung der zum Schutz von Ordnung und Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs erlassenen Rechtsverordnungen in § 21 StVG beschreibt den Kreis der danach möglichen strafbaren Handlungen daher hinreichend deutlich und überläßt dem Verordnunggeber, dessen ordnungsgemäße Ermächtigung durch andere Vorschriften er voraussetzt, lediglich die Spezifizierung dieses Tatbestandes. Eine solche zulässige Spezifizierung enthält § 2 StVZO, der auch auf betrunkene Verkehrsteilnehmer - als Personen, die "infolge körperlicher oder geistiger Mängel sich nicht sicher im Verkehr bewegen" können - Anwendung findet. Jedermann weiß, daß angetrunkene Kraftfahrer den Verkehr behindern, Leben und Gesundheit der anderen Verkehrsteilnehmer gefährden und dadurch die "Ordnung und Sicherheit" auf den öffentlichen Wegen oder Plätzen erheblich stören; jedermann kann und muß daher schon auf Grund des § 21 StVG ein Verbot der Trunkenheit am Steuer voraussehen und sich entsprechend verhalten.
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§ 21 StVG ist somit mit Art. 103 Abs. 2 und mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar.
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