BVerfGE 58, 1 - Eurocontrol I |
1. a) Art. 19 Abs. 4 GG meint die durch die Verfassung gebundene deutsche öffentliche Gewalt. |
Bestimmungen, die den Rechtsschutz in bezug auf ein Verhalten einer zwischenstaatlichen Einrichtung im Sinne des Art. 24 Abs. 1 GG regeln, sind nicht unmittelbar an Art. 19 Abs. 4 GG zu messen, denn sie betreffen nicht den Rechtsschutz gegen die deutsche öffentliche Gewalt. Insoweit käme allenfalls eine Verletzung des Art. 24 Abs. 1 GG in Betracht. |
b) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet nicht eine subsidiäre Gerichtsbarkeit deutscher Gerichte für den Fall, daß die Übertragung von Hoheitsrechten auf die zwischenstaatliche Einrichtung nach innerstaatlichem Recht - formell oder materiell - fehlerhaft sein sollte. |
c) Nach Art. 19 Abs. 4 GG ist insbesondere auch nicht eine internationale Auffangzuständigkeit deutscher Gerichte gewährleistet, falls der Rechtsschutz gegen Handlungen der zwischenstaatlichen Einrichtung gemessen an innerstaatlichen Anforderungen unzulänglich sein sollte. |
2. a) Art. 24 Abs. 1 GG eröffnet nicht den Weg, das Grundgefüge der Verfassung anzutasten. Ein unaufgebbarer Bestandteil des Verfassungsgefüges sind die fundamentalen Rechtsgrundsätze, die in den Grundrechten des Grundgesetzes anerkannt und verbürgt sind. |
b) Art. 24 Abs. 1 GG räumt dem Gesetzgeber ein weites Ermessen ein, ob und inwieweit einer zwischenstaatlichen Einrichtung Hoheitsrechte eingeräumt werden und in welcher Weise diese Einrichtung rechtlich und organisatorisch ausgestaltet werden soll. Dies schließt grundsätzlich auch die Befugnis ein, hinsichtlich der Ausgestaltung des Rechtsschutzes gegen Handlungen der zwischenstaatlichen Einrichtung besondere Regelungen zu treffen. |
3. a) Von Verfassungs wegen begegnet es im Grundsatz keinen Bedenken, daß für den Rechtsschutz gegen Akte von Eurocontrol die (internationale) Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedsstaates begründet wurde. |
b) Die in bezug auf die Gebührenforderungen von Eurocontrol den betroffenen Benutzern offenstehenden Möglichkeiten des Rechtsschutzes genügen den Anforderungen an einen umfassenden und wirksamen Rechtsschutz. |
4. Im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit hat das Bundesverfassungsgericht in besonderem Maße darauf zu achten, daß Verletzungen des Völkerrechts, die in der fehlerhaften Anwendung oder Nichtbeachtung völkerrechtlicher Normen durch deutsche Gerichte liegen und eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland begründen könnten, nach Möglichkeit verhindert oder beseitigt werden. Dies kann im Einzelfall eine insoweit umfassende Nachprüfung gebieten. |
Beschluß |
des Zweiten Senats vom 23. Juni 1981 |
-- 2 BvR 1107, 1124/77 und 195/79 -- |
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. der Firma X... ... , 2. der Firma Y... ... . |
Entscheidungsformel: |
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen. |
Gründe: |
A. |
I. |
1. Durch das Internationale Übereinkommen über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt "EUROCONTROL" (Eurocontrol-Vertrag, ECV) vom 13. Dezember 1960 haben die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Belgien, die Französische Republik, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, das Großherzogtum Luxemburg und das Königreich der Niederlande vereinbart, ihre Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Luftfahrt enger zu gestalten und insbesondere die Luftverkehrs-Sicherungsdienste im oberen Luftraum gemeinsam zu organisieren (Art. 1 Abs. 1 ECV). Zu diesem Zweck haben sie die Europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt (Eurocontrol) gegründet; die Republik Irland ist dem Übereinkommen mit Wirkung vom 1. Januar 1965 beigetreten (vgl. die Bekanntmachung vom 8. März 1968, BGBl. II S. 164). Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrats dem Übereinkommen durch Art. 1 Satz 1 des Gesetzes zu dem Internationalen Übereinkommen vom 13. Dezember 1960 über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt "EUROCONTROL" vom 14. Dezember 1962 (BGBl. II S. 2273 - Zustimmungsgesetz -) zugestimmt. Das Übereinkommen ist für die Unterzeichnerstaaten am 1. März 1963 in Kraft getreten (vgl. die Bekanntmachung vom 18. Mai 1963, BGBl. II S. 776).
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Eurocontrol ist eine rechtsfähige internationale Organisation (Art. 4 Satz 1 ECV) mit Sitz in Brüssel (Art. 1 Abs. 3 ECV). Die Organisation besitzt gemäß Art. 4 Satz 2 ECV auch im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien die weitestgehende Rechtsfähigkeit, die juristischen Personen nach innerstaatlichem Recht zuerkannt wird. Ihre Organe sind die Ständige Kommission zur Sicherung der Luftfahrt und die Agentur für die Luftverkehrs- Sicherungsdienste (Art. 1 Abs. 2 Satz 2 ECV). Die Kommission besteht aus Vertretern der Vertragsparteien (Art. 5 Satz 1 ECV). Sie nimmt die für die Organisation richtungweisenden Aufgaben wahr (vgl. insbesondere Art. 6 und 7 ECV). Die Agentur wird von einem geschäftsführenden Ausschuß und einem Direktor geleitet (Art. 3 der dem Eurocontrol-Vertrag als Anlage beigefügten Satzung der Agentur). Ihr obliegt insbesondere die Durchführung der der Organisation übertragenen praktischen Betriebstätigkeit (vgl. insbesondere Art. 2 der Satzung der Agentur).
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2. Bezüglich der Luftverkehrs-Sicherungsdienste haben die Vertragsstaaten im einzelnen folgende Bestimmungen getroffen:
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a) Die Luftverkehrs-Sicherungsdienste im oberen Luftraum (i. e. oberhalb 7500 m) sind gemeinsam organisiert (vgl. Art. 1 Abs. 1 ECV); sie sind der Agentur übertragen (Art. 14 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Buchst. d und Art. 38 ECV; vgl. auch Art. 2 der Satzung der Agentur). Aus Art. 6 Abs. 2 Buchst. e, Art. 20 ECV ergibt sich, daß die Organisation für diesen Bereich die Kompetenz besitzt, Benutzergebühren festzusetzen und zu erheben. Die Kommission ist insoweit beauftragt, das Vorgehen der Agentur in bezug auf die etwaige Erhebung von Benutzergebühren festzulegen und gegebenenfalls die von der Agentur festgesetzten Gebührentarife und Bedingungen für die Gebührenerhebung zu genehmigen (Art. 6 Abs. 2 Buchst. e ECV). Die Agentur setzt in Anwendung der von der Kommission erlassenen Richtlinien gegebenenfalls Tarife und Anwendungsbedingungen für die Benutzergebühren fest, zu deren Erhebung die Organisation berechtigt ist (Art. 20 Satz 1 ECV). Gemäß Art. 2 des deutschen Zustimmungsgesetzes sind die nach Art. 20 ECV festgesetzten Benutzergebühren von dem Bundesminister für Verkehr im Bundesgesetzblatt bekanntzumachen.
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Die Agentur hat am 16. Juni 1971 entsprechend den von der Kommission erlassenen Richtlinien Nr. 11 und 14 vom 7. Dezember 1967 und vom 3. Juli 1969 den "Beschluß zur Festsetzung der Tarife und Anwendungsbedingungen für die Gebühren" gefaßt, "zu deren Erhebung von den Benutzern die Organisation berechtigt ist". Der Beschluß wurde durch § 1 der Verordnung über die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung (Flugsicherungsgebührenverordnung - FSGebVO -) vom 27. Oktober 1971 (BGBl. II S. 1153, 1160) von dem Bundesminister für Verkehr bekanntgemacht. Der Beschluß wurde durch Beschluß vom 2. Februar 1972 geändert; die Änderung wurde durch die Zweite Verordnung über die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung vom 27. März 1972 (BGBl. II S. 249) bekanntgemacht; weitere Änderungen betreffen nicht den im Streit befindlichen Zahlungszeitraum. Art. 1 Abs. 1 und 2 der als Beilage 2 den Tarifen und Anwendungsbedingungen beigefügten Zahlungsbedingungen für die Benutzergebühren (BGBl. II S. 1166) lauten:
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"1. Die in Rechnung gestellten Beträge sind gemäß Art. 3 Ziffer 1 der "Tarife und Anwendungsbedingungen für Benutzergebühren" am Sitz der Organisation in Brüssel zahlbar.
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2. Die Organisation betrachtet jedoch Einzahlungen auf die Konten, die sie in den Mitgliedstaaten der Organisation und den Vertragsstaaten bei den von ihr angegebenen Banken unterhält, als schuldbefreiend. Dies ist indessen lediglich als eine dem Schuldner gewährte Erleichterung zu betrachten, durch welche die sich aus der Bestimmung Brüssels zum Erfüllungsort ergebende örtliche Zuständigkeit der belgischen Gerichte in keiner Weise beeinträchtigt wird. Der Benutzer, der von dieser Erleichterung Gebrauch macht, erkennt, soweit erforderlich, die Zuständigkeit der belgischen Gerichte - unbeschadet der sich aus den einschlägigen Gesetzesvorschriften ergebenden Zuständigkeit anderer Gerichte - ausdrücklich an."
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b) Die Luftverkehrs-Sicherungsdienste im unteren Luftraum (i. e. unterhalb 7500 m) sind nicht gemeinsam organisiert; sie obliegen weiterhin der Verantwortung der einzelnen Vertragsstaaten. Art. 2 Abs. 1 ECV sieht indes die Möglichkeit für jede Vertragspartei vor, die Kommission zu ersuchen, sie möge beschließen, daß die Luftverkehrs-Sicherungsdienste für ihren unteren Luftraum oder einen Teil desselben der Organisation oder einer anderen Vertragspartei übertragen werden.
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Die Vertragsparteien haben es als wünschenswert erachtet, "für jeden Flug, gleichviel ob es sich um einen in dem betreffenden Gebiet beginnenden oder endenden Flug oder um einen Überflug handelt, nur eine einzige Gebühr zu erheben, die für alle dabei in Anspruch genommenen Streckennavigationseinrichtungen und -dienste eines Staates oder einer Staatengruppe gilt..." (erste Erwägung der Mehrseitigen Vereinbarung über die Erhebung von Streckennavigationsgebühren vom 8. September 1970). Zu diesem Zweck haben sie die Mehrseitige Vereinbarung über die Erhebung von Streckennavigationsgebühren vom 8. September 1970 (BGBl. 1971 II S. 1154 - Mehrseitige Vereinbarung -) und - in Ergänzung dazu - mit Eurocontrol jeweils Zweiseitige Abkommen über die Erhebung von Streckennavigationsgebühren abgeschlossen. Für die Bundesrepublik Deutschland gilt das Zweiseitige Abkommen vom 8. September 1970 (BGBl. 1971 II S. 1158 - Zweiseitiges Abkommen -).
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Art. 1 und 2 der Mehrseitigen Vereinbarung lauten:
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"Art. 1
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a) Die Regierungen verpflichten sich, nach dem von ihren Vertretern in deren Doppeleigenschaft als nationale Behörden und als Mitglieder der Kommission einstimmig festgelegten Verfahren Gebühren für die Benutzung der Streckennavigationseinrichtungen und -dienste in dem ihrer Zuständigkeit unterliegenden Luftraum festzustellen.
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b) Diese Gebühren stellen eine Vergütung für geleistete Dienste dar.
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c) Die für die Benutzung der Streckennavigationseinrichtungen und -dienste im oberen und unteren Luftraum anfallenden Gebühren bilden eine einzige Gebühr.
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Das Gebührenaufkommen wird in einen eigenen Haushaltsvorschlag eingesetzt und in einer gesonderten Buchführung erfaßt; nach Abzug der Vereinnahmungskosten werden die eingenommenen Gebühren an die einzelnen Staaten abgeführt."
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Art. 1 bis 3 des Zweiseitigen Abkommens lauten:
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"Art. 1
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Die Regierung beauftragt die Organisation, in ihrem Namen von den Benutzern die nach Artikel 1 der Mehrseitigen Vereinbarung festgesetzten Gebühren einzuziehen; sie übermittelt der Organisation die für die Berechnung dieser Gebühren notwendigen Angaben.
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Art. 2
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Im Hinblick auf die Anwendung des Artikels 1 verpflichtet sich die Regierung, die erforderlichen Bestimmungen zu erlassen, durch die den Benutzern der Streckennavigationseinrichtungen und -dienste in dem ihrer Zuständigkeit unterliegenden Luftraum die Verpflichtung auferlegt wird, die besagten Gebühren an die Organisation zu entrichten.
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...
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Art. 3
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Der von der Organisation tatsächlich vereinnahmte Gebührenbetrag, der auf den Luftraum der Bundesrepublik Deutschland sowie auf denjenigen Luftraum entfällt, für den diesem Staat die Luftverkehrs-Sicherungsdienste durch internationale Übereinkunft übertragen worden sind, ist so bald wie möglich, spätestens aber 6 Monate nach der Vereinnahmung, an die Regierung abzuführen. Hierbei sind die Vereinnahmungskosten in dem von der Kommission genehmigten Umfang in Abzug zu bringen."
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Zur Ausführung des Zweiseitigen Abkommens bestimmen §§ 2 und 3 FSGebVO:
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"§ 2
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Bei der Benutzung des unteren Luftraums der Bundesrepublik Deutschland werden für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung Gebühren erhoben; die Gebührensätze und die Anwendungsbedingungen einschließlich des Erhebungsverfahrens des ... Beschlusses vom 16. Juni 1971 finden auf diese Gebührenerhebung entsprechende Anwendung.
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Die Gebühren für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung bei der Benutzung des unteren Luftraums werden mit den in § 1 bezeichneten Gebühren zusammengefaßt und von EUROCONTROL als einheitliche Gebühr erhoben. Sie sind in Brüssel als Sitz dieser Organisation zahlbar in der von EUROCONTROL festgesetzten Währungseinheit."
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Die Flugsicherungsgebührenverordnung wurde aufgrund des § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) erlassen. Diese durch Art. 27 Nr. 1 Buchst. c des Gesetzes zur Änderung von Kostenermächtigungen, sozialversicherungsrechtlichen und anderen Vorschriften vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 805) in das Luftverkehrsgesetz eingefügte Ermächtigung lautet:
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"(1) Der Bundesminister für Verkehr erläßt mit Zustimmung des Bundesrates die zur Durchführung dieses Gesetzes notwendigen Rechtsverordnungen über
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...
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14. die Kosten (Gebühren und Auslagen) für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung. ... In der Rechtsverordnung kann festgelegt werden, daß die nach Art. 20 des Internationalen Übereinkommens vom 13. Dezember 1960 über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt "Eurocontrol" in Verbindung mit dem Gesetz vom 14. Dezember 1962 zu diesem Übereinkommen (Bundesgesetzbl. II S. 2273) festgelegten Gebührensätze für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung im oberen Luftraum und auch für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung im unteren Luftraum der Bundesrepublik Deutschland gelten. In der Rechtsverordnung kann ferner festgelegt werden, daß die Kosten von der Bundesanstalt für Flugsicherung oder von Eurocontrol erhoben werden können.
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..."
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Die Flugsicherungsgebührenverordnung, die Mehrseitige Vereinbarung und das Zweiseitige Abkommen sind am 15. Dezember 1971 in Kraft getreten (vgl. die Bekanntmachung vom 14. März 1972, BGBl. II S. 244).
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II. |
Die Beschwerdeführerinnen sind Unternehmen der Flugtouristik. Sie wenden sich dagegen, daß Eurocontrol von ihnen Gebühren für die Inanspruchnahme von Luftverkehrs-Sicherungsdiensten fordert.
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1. a) Von der Beschwerdeführerin zu 1) forderte die Eurocontrol für die Zeit vom 1. November 1971 (vom 15. Dezember 1971 an für den deutschen unteren Luftraum) bis zum 31. Oktober 1972 mit zwölf Rechnungen Gebühren in Höhe von insgesamt 116 265,12 US-Dollar.
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Gegen die ersten drei Rechnungen legte die Beschwerdeführerin zu 1) Widerspruch ein, der nicht beschieden wurde. Mit ihrer beim Bayerischen Verwaltungsgericht München erhobenen Klage begehrte sie die Aufhebung aller Rechnungen und - hilfsweise - die Feststellung, daß die in Rechnung gestellten Gebühren nicht geschuldet würden. Das Verwaltungsgericht wies die Klage durch Urteil vom 8. Oktober 1973 ab. Hinsichtlich der Benutzungsentgelte für Flugsicherungseinrichtungen der Eurocontrol im oberen Luftraum und für ausländische Flugsicherungseinrichtungen im jeweiligen unteren Luftraum sei Eurocontrol der deutschen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen. Wegen der Benutzungsentgelte für Flugsicherungseinrichtungen der Bundesrepublik Deutschland im unteren Luftraum seien die deutsche Gerichtsbarkeit, der Verwaltungsrechtsweg und die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts München zwar gegeben. Das als Hauptantrag erhobene Anfechtungsbegehren sei jedoch wegen Fehlens eines Verwaltungsakts unzulässig. Das hilfsweise geltend gemachte Feststellungsbegehren, wonach der Eurocontrol eine entsprechende öffentlich-rechtliche Forderung nicht zustehe, sei dagegen zulässig, aber nicht begründet.
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b) Die Berufung der Beschwerdeführerin zu 1) wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof durch Urteil vom 22. September 1975 zurück. Die Berufung sei unbegründet. Die Klage sei insgesamt wegen Fehlens der deutschen Gerichtsbarkeit unzulässig. Eurocontrol sei zwar als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (im Sinne des deutschen Verwaltungsorganisationsrechts) von der Gerichtsbarkeit der Vertragsstaaten nicht ausgenommen; sie sei nicht immun. Für ihre allgemeine Gerichtsunterworfenheit im Hoheitsbereich der Vertragsstaaten spreche auch, daß für sie - im Gegensatz zu anderen europäischen Einrichtungen - kein eigenes Rechtsschutzsystem vorgesehen worden sei. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch gehöre jedoch nicht vor die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland. Da die Verwaltungsgerichtsordnung für die Abgrenzung der einzelstaatlichen Gerichtsbarkeiten keine unmittelbare Regelung enthalte, seien gemäß § 173 VwGO die im Zivilprozeßrecht entwickelten Rechtsgrundsätze der internationalen Zuständigkeit heranzuziehen. Die Unterschiede der beiden Verfahrensordnungen schlössen dies schon deshalb nicht aus, weil sich die Parteien in dem nach deutschem Verwaltungsprozeßrecht als öffentlich-rechtliche Streitigkeit zu beurteilenden Rechtsverhältnis hinsichtlich der Durchsetzung der in Rede stehenden Ansprüche nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis, sondern gleichgeordnet gegenüberstünden. Nach den im Zivilprozeßrecht entwickelten Grundsätzen sei die deutsche Gerichtsbarkeit nicht gegeben, weil für die Zahlungsverpflichtung - auch innerstaatlich verbindlich - Brüssel als Erfüllungsort bestimmt sei (Art. 3 Abs. 1 der Tarife und Anwendungsbedingungen für Benutzergebühren) und es sonach wegen Fehlens einer anderweitigen Gerichtsstandsregelung nach § 29 ZPO an der örtlichen Zuständigkeit eines deutschen Gerichts fehle.
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c) Die gegen das Berufungsurteil eingelegte Revision wies das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 16. September 1977 (BVerwGE 54, 291) zurück:
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Der vorliegende Rechtsstreit gehöre nicht vor ein deutsches Verwaltungsgericht, weil für die Gebührenforderungen der in Brüssel ansässigen Eurocontrol die ausschließliche internationale Zuständigkeit der belgischen Gerichte mit der Wirkung begründet sei, daß sich die deutschen Gerichte jeder Sachentscheidung zu enthalten hätten. Eurocontrol sei eine zwischenstaatliche Einrichtung im Sinne des Art. 24 Abs. 1 GG, auf die gemäß dieser Verfassungsvorschrift durch Gesetz Hoheitsrechte übertragen worden seien.
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Daß Eurocontrol die Befugnis habe, für Luftverkehrs-Sicherungsdienste im oberen Luftraum aus eigenem Recht Gebühren zu erheben, folge aus Art. 6 Abs. 2 Buchst. e und Art. 20 ECV. Von dieser Gebührenerhebungsbefugnis habe Eurocontrol durch den Beschluß der Agentur vom 16. Juni 1971 Gebrauch gemacht. Die gemäß Art. 2 des Zustimmungsgesetzes durchgeführte Bekanntgabe des Agenturbeschlusses durch § 1 FSGebVO genüge für dessen bundesrechtliche Verbindlichkeit. Dabei werde die Gebührenerhebung im oberen Luftraum nicht durch deutsches Recht begründet, sondern lediglich bekanntgemacht, wovon auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 2. Dezember 1974 - 2 BvR 804/72 - (Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht [ZLW] 1975, S. 217) ausgehe. Die Bekanntgabevorschrift des § 1 FSGebVO habe nur deklaratorische Bedeutung.
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Hinsichtlich des unteren Luftraums ergebe sich das eigene hoheitliche Gebührenerhebungsrecht und die darauf beruhende autonome Regelungsbefugnis der Eurocontrol zwar nicht unmittelbar aus dem Eurocontrol-Vertrag, doch folge die Übertragung der Gebührenhoheit auf Eurocontrol für den Bereich des unteren deutschen Luftraums aus § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 LuftVG sowie aus den §§ 2 bis 4 FSGebVO. Diese Rechtsnormen seien in Erfüllung der Mehrseitigen Vereinbarung sowie des Zweiseitigen Abkommens ergangen und enthielten eine Übertragung hoheitlicher Aufgaben im Sinne von Art. 24 Abs. 1 GG auf Eurocontrol, indem sie entsprechend der völkerrechtlichen Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland die auf Art. 20 ECV beruhende Gebührenregelung von Eurocontrol auch für den deutschen unteren Luftraum gelten ließen. Diese Übertragung des Gebührenerhebungsrechts genüge den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 GG und sei darum innerstaatlich wirksam. Wenn diese Bestimmung die Übertragung von Hoheitsakten des Bundes auf zwischenstaatliche Einrichtungen "durch Gesetz" vorsehe, so bedeute das nicht, daß eine Hoheitsübertragung durch Rechtsverordnung auf gesetzlicher Grundlage immer ausscheide. Sicherlich seien im Falle des staatlichen Souveränitätsverzichts nach Art. 24 Abs. 1 GG an die Eindeutigkeit und Klarheit einer bloßen gesetzlichen Ermächtigung strenge Anforderungen zu stellen. In § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 LuftVG seien aber nicht nur Zweck, Inhalt und Grenzen des zu übertragenden Gebührenerhebungsrechts unter Bezugnahme auf eine bestehende Regelung (Art. 20 ECV) festgelegt und die Eurocontrol zum Übertragungsempfänger bestimmt worden. Die gesetzliche Ermächtigung habe vielmehr auch eine Befugnis zum Gegenstand, die Eurocontrol für einen Hoheitsbereich gleicher Art - nämlich für das Gebührenerhebungsrecht bezüglich des oberen Luftraum - bereits wirksam übertragen gewesen sei. § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 LuftVG habe über das "ob und wie" der Übertragung der Gebührenerhebungsbefugnis bezüglich des unteren deutschen Luftraums auf Eurocontrol entschieden. Deshalb sei es eine überflüssige Förmelei, wenn man für den Vollzug dieser eindeutigen gesetzlichen Ermächtigung nochmals ein förmliches Gesetz verlangte und nicht - wie geschehen - eine Rechtsverordnung ausreichen ließe. Die gesetzliche Ermächtigung entspreche auch den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG.
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Die Bundesrepublik Deutschland habe durch ihre Mitwirkung an der Begründung der autonomen Hoheitsgewalt der Eurocontrol auf die Kontrolle durch die nationale Rechtsprechungsgewalt verzichtet. Dies folge daraus, daß alle für die Benutzung des oberen und des unteren Luftraums sämtlicher Vertragsstaaten anfallenden Gebühren in Form einer einzigen und einheitlichen Gebühr erhoben würden. Diese im Interesse einer weitestgehenden Vereinheitlichung konzipierte Regelung würde aber in Frage gestellt, wenn die in solcher Weise vereinheitlichte Gebührenerhebung der unterschiedlichen Rechtskontrolle durch die nationalen Gerichte der einzelnen Vertragsstaaten unterworfen würde. Für Eurocontrol sei zwar - im Gegensatz zu den anderen zwischenstaatlichen Einrichtungen europäischen Rechts - weder ein eigenes Rechtsschutzsystem eingerichtet noch der Anschluß an ein solches bereits bestehendes zwischenstaatliches System angeordnet, doch schlössen die Ermächtigungen der Art. 6 Abs. 2 Buchst. e und Art. 20 ECV auch die Befugnis ein, der Erhebung einer vereinheitlichten Gebühr eine vereinheitlichte Rechtskontrolle an die Seite zu stellen. Dieser Konzeption trage es Rechnung, daß Eurocontrol kraft ihres eigenständigen sekundären Rechts durch Art. 3 Abs. 1 der Tarife und Anwendungsbedingungen für Benutzergebühren in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 der Zahlungsbedingungen für die Benutzergebühren die belgischen Gerichte für zuständig erklärt habe. Diese ausschließliche internationale Zuständigkeit der belgischen Gerichte sei nach deutschem Verfassungsrecht unbedenklich. Die Grundstruktur der Verfassung, die auch im Anwendungsbereich des Art. 24 Abs. 1 GG zu wahren sei und zu der der in Art. 19 Abs. 4 GG festgelegte Grundsatz des richterlichen Individualrechtsschutzes gehöre, werde durch diese Regelung nicht beeinträchtigt. Insbesondere bejahten die belgischen Gerichte, die rechtsstaatlichen Anforderungen entsprächen, ihre Zuständigkeit. So habe denn auch das zuständige belgische Gericht bereits über die Gebührenforderungen der Eurocontrol in der Sache entschieden und den Betroffenen damit Rechtsschutz gewährt. Wenn die belgischen Gerichte bei der Entscheidung einer Gebührenstreitigkeit die Gültigkeit der einschlägigen deutschen Vorschriften nicht nachprüften, so liege darin keine grundlegende Beeinträchtigung der Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG. Zum einen seien diese Vorschriften jedenfalls insoweit von deutschen Gerichten nachzuprüfen, als es um die verfahrensrechtliche Vorfrage gehe, ob die belgischen Gerichte überhaupt international zuständig seien. Zum anderen hätten die Betroffenen auch die Möglichkeit gehabt, die deutschen Rechtsvorschriften mit der Verfassungsbeschwerde anzugreifen, was sie auch getan hätten. Schließlich könne - wie das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluß vom 2. Dezember 1974 - 2 BvR 804/72 - (ZLW 1975, S. 217) betont habe - gegebenenfalls die erforderliche Anerkennung und Vollstreckung der belgischen Gerichtsentscheidung am "ordre public" der Bundesrepublik Deutschland scheitern. Dies käme namentlich dann in Betracht, wenn die deutschrechtliche Grundlage für die Gebührenerhebung gegen das Grundgesetz verstieße. Dafür sehe der Senat allerdings keinerlei Anhaltspunkte.
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2. a) Von der Beschwerdeführerin zu 2) forderte Eurocontrol für die Zeit vom 1. Dezember 1971 bis zum 31. Oktober 1972 mit zwölf Rechnungen Gebühren in Höhe von insgesamt 154 291,37 US-Dollar.
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Gegen die erste Rechnung legte die Beschwerdeführerin zu 2) Widerspruch ein, der nicht beschieden wurde. Mit ihrer beim Verwaltungsgericht Düsseldorf erhobenen Klage begehrte sie die Aufhebung aller Rechnungen. Das Verwaltungsgericht wies die Klage durch Urteil vom 18. Dezember 1973 ab. Sie sei unzulässig, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht gegeben sei. Eurocontrol übe als zwischenstaatliche Einrichtung eine von der deutschen Staatsgewalt verschiedene, selbständige, supranationale öffentliche Gewalt aus. Der Rechtsschutz gegenüber ihren Akten, deren rechtliche Qualifikation schon zweifelhaft sei, sei durch die Inanspruchnahme der belgischen Gerichte gewährleistet. Die Frage, ob die Gebührenbescheide der Eurocontrol wegen Verstoßes gegen die innerstaatlichen Bestimmungen der Art. 24 Abs. 1, Art. 59 Abs. 2 und Art. 80 Abs. 1 GG rechtswidrig seien, betreffe die Begründetheit der Klage; sie unterliege der Beurteilung durch die belgischen Gerichte.
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b) In dem Berufungsverfahren beantragte die Beschwerdeführerin zu 2), (1) unter Aufhebung des Ersturteils die angefochtenen Gebührenrechnungen aufzuheben, (2) - hilfsweise - festzustellen, daß die Gebührenrechnungen rechtswidrig gewesen seien, und (3) - äußerst hilfsweise - festzustellen, daß die von der Eurocontrol geforderten Gebühren von der Beschwerdeführerin zu 2) nicht geschuldet würden.
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Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wies durch Teilurteil vom 7. Juli 1975 die Klage in bezug auf den Hauptantrag und den ersten Hilfsantrag ab. Hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags legte es die Sache gemäß § 53 Abs. 3 VwGO dem Bundesverwaltungsgericht zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vor. In dem Teilurteil vertrat das Oberverwaltungsgericht die Auffassung, daß Eurocontrol der deutschen Gerichtsbarkeit nicht entzogen sei. Sie sei - im Vergleich zu den Europäischen Gemeinschaften - eine Einrichtung niedereren Ranges. Ein innerstaatliches Gericht sei nicht gehindert auszusprechen, daß eine Maßnahme der Eurocontrol jedenfalls im eigenen innerstaatlichen Bereich, sei es aus Gründen des zwischenstaatlichen oder des nationalen Rechts, keine unmittelbaren Rechtswirkungen entfalte. Die Klage sei aber hinsichtlich der in Frage stehenden Anträge unzulässig, weil es sich bei den Gebührenrechnungen nicht um nach deutschem Recht anfechtbare Verwaltungsakte handele. Dies ergebe sich insbesondere daraus, daß Eurocontrol nicht die Befugnis habe, ihre Gebührenforderungen im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland gegenüber deutschen Luftfahrzeughaltern mit hoheitlicher Gewalt durchzusetzen.
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c) Die gegen das Teilurteil eingelegte Revision wies das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 16. September 1977 zurück. Die Gründe der Entscheidung stimmen mit denen der in dem Verfahren der Beschwerdeführerin zu 1) ergangenen Entscheidung im wesentlichen überein.
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d) Durch Beschluß vom 10. Oktober 1977 wies das Bundesverwaltungsgericht den für den zweiten Hilfsantrag im Berufungsverfahren gestellten Antrag des Oberverwaltungsgerichts auf Bestimmung des örtlich zuständigen Verwaltungsgerichts zurück. Für dieses Begehren sei wegen der ausschließlichen internationalen Zuständigkeit der belgischen Gerichte kein Raum.
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e) Durch (Schluß-) Urteil vom 28. September 1978 wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen die Berufung in vollem Umfang zurück. Die Revision wurde nicht zugelassen. Auch in bezug auf den zweiten Hilfsantrag sei die Klage unzulässig, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht gegeben sei. Der Senat schließe sich nunmehr der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts an. Wegen der Einzelheiten werde zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Revisionsurteil des Bundesverwaltungsgerichts verwiesen.
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f) Durch Beschluß vom 8. Januar 1979 verwarf das Bundesverwaltungsgericht die gegen das Berufungsurteil vom 28. September 1978 eingelegte Revision und wies die insoweit erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zurück. Grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) komme der Rechtssache nicht mehr zu, nachdem der Senat in den Urteilen vom 16. September 1977 die mit der Beschwerde erneut aufgeworfenen - zweifellos schwierigen und problematischen - Rechtsfragen entschieden habe. Die Beschwerde bringe keine wesentlich neuen Gesichtspunkte vor. Das Oberverwaltungsgericht sei auch nicht gehindert gewesen, hinsichtlich der Entscheidung über den zweiten Hilfsantrag von seiner örtlichen Zuständigkeit auszugehen. Weitere Verfahrensfehler lägen nicht vor. Die Revision sei unzulässig. Die Beschwerdeführerin zu 2) mache zu Unrecht geltend, das angegriffene Urteil sei nicht mit Gründen versehen (vgl. § 133 Nr. 5 VwGO). Wenn das Berufungsgericht seine frühere Meinung aufgegeben und sich der Auffassung des beschließenden Senats angeschlossen habe, so habe es diese Auffassung nicht im einzelnen zu wiederholen brauchen; daß es sich dieser Auffassung angeschlossen habe, weil es sie offenbar für überzeugend gehalten habe, habe keiner besonderen Hervorhebung bedurft. Den Mangel örtlicher Zuständigkeit könne die Beschwerdeführerin zu 2) mit der zulassungsfreien Revision gemäß § 133 VwGO nicht rügen.
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3. Eurocontrol hat gegen die Beschwerdeführerinnen wegen ausstehender Gebührenforderungen beim Handelsgericht (Tribunal de Commerce) in Brüssel Klage erhoben. Das Handelsgericht bejahte seine Zuständigkeit und verurteilte die Beschwerdeführerinnen durch Urteile vom 7. März 1974 (R. G./ 7909/72 und R. G./7908/72) zur Zahlung der geforderten Gebühren. Aus diesen Urteilen, die rechtskräftig wurden, nachdem die Berufungen von dem Appellationsgerichtshof in Brüssel und die Kassationsbeschwerden von dem Belgischen Kassationsgerichtshof zurückgewiesen worden waren, hat Eurocontrol die Zwangsvollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland nach dem deutsch-belgischen Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 30. Juni 1958 (BGBl. 1959 II S. 766) betrieben (zu dem Verfahrensablauf vgl. Schwenk, ZLW 1975, S. 171 [172 f.] und ZLW 1978, S. 71 [71-74]).
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III. |
Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1) richtet sich gegen die sie betreffenden Urteile der Verwaltungsgerichte. Die Beschwerdeführerin zu 2) wendet sich mit ihren Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts und den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 1977 (2 BvR 1124/77) sowie gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 28. September 1978 und den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Januar 1979 (2 BvR 195/79). Die Beschwerdeführerinnen rügen eine Verletzung des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, die Beschwerdeführerin zu 2) überdies in dem Verfahren - 2 BvR 195/79 - eine Verletzung der Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG.
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1. Die Versagung des Rechtswegs zu den deutschen Gerichten verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Diese Bestimmung gewährleiste den Rechtsweg gegen Rechtsverletzungen der deutschen öffentlichen Gewalt. Die Erhebung der Eurocontrolgebühren sei Ausübung deutscher öffentlicher Gewalt. Die Gebührenpflicht beruhe nicht auf Normen der Eurocontrol, sondern auf nationalen Gebührenvorschriften. Für die Bundesrepublik Deutschland sei die Flugsicherungsgebühren-Verordnung Grundlage der Gebührenerhebung. Gemäß Art. 1 des Zweiseitigen Abkommens sei Eurocontrol von der Bundesrepublik Deutschland beauftragt worden, im Namen der Bundesrepublik Gebühren einzuziehen. Die Einziehung der Gebühr sei nicht Ausübung eigener öffentlicher Gewalt durch Eurocontrol. Die Gebühr werde durch die Beauftragung der Eurocontrol mit der Einziehung nicht zu einer internationalen Gebühr. Rechtsweg im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG sei nur der deutsche Rechtsweg. Es genüge nicht, wenn gegen Eingriffsakte der Eurocontrol der Rechtsweg zu den belgischen Gerichten gegeben sei. Es sei auch nicht möglich, den Rechtsweg zu den deutschen Gerichten entfallen zu lassen, weil Eurocontrol durch den Eurocontrol-Vertrag die Zuständigkeit zur Regelung des Einzugsverfahrens und damit implizit auch zur Regelung des Rechtswegs für Streitigkeiten beim Einzug zustehe. Entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts könne die Übertragung von Rechtsprechungszuständigkeiten oder Regelungszuständigkeiten für die Rechtsprechung als Souveränitätsübertragung gemäß Art. 24 GG auf eine internationale Organisation nur durch ausdrückliche Regelung im Gesetz und nicht implizit als in der Übertragung der Regelungszuständigkeit für das Einzugsverfahren enthalten erfolgen. Die Frage, ob der deutsche Verwaltungsrechtsweg für Gebührenforderungen der Eurocontrol gegeben sei, habe grundsätzliche Bedeutung. Die Gebührentarife würden ständig erhöht; die Gebührenbelastung nehme Ausmaße an, die für die Charterunternehmen wirtschaftlich unzumutbar und nach dem Äquivalenzgrundsatz verfassungswidrig seien. Da die belgischen Gerichte die Vereinbarkeit der Akte der Eurocontrol mit deutschem Verfassungsrecht nicht prüften, bestehe ein erhebliches praktisches Bedürfnis für die Gewährleistung des deutschen Rechtswegs.
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2. Die Beschwerdeführerin zu 2) macht überdies geltend, die in der Sache 2 BvR 195/79 angegriffenen Entscheidungen verletzten Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, weil das Oberverwaltungsgericht für die Entscheidung örtlich unzuständig gewesen sei. Es hätte nicht vor einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die von der Beschwerdeführerin zu 2) gegen den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 1977 eingelegte Verfassungsbeschwerde entscheiden dürfen. Dies habe auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluß vom 8. Januar 1979 verkannt. Das Revisionsgericht hätte im übrigen von der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ausgehen müssen, solange in dem Verfahren der Verfassungsbeschwerde gegen seine Urteile vom 16. September 1977 noch nicht entschieden worden sei.
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Die angegriffenen Entscheidungen verstießen auch gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts enthalte keine eigenen Urteilsgründe; das Gericht stütze sich unter Aufgabe seiner bisherigen Meinung allein auf das Revisionsurteil vom 16. September 1977. Es fehle jede Angabe, weshalb das Gericht seine eigene Meinung aufgegeben und sich der Meinung des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen habe.
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IV. |
Zu den Verfassungsbeschwerden haben sich der Bundesminister für Verkehr namens der Bundesregierung und Eurocontrol geäußert.
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1. Der Bundesminister für Verkehr hält die Verfassungsbeschwerden für unbegründet. Die Bundesrepublik Deutschland habe durch den Eurocontrol-Vertrag die Luftverkehrs-Sicherungsdienste für den oberen Luftraum und die damit verbundene Hoheitsgewalt auf die Agentur der Eurocontrol übertragen. Die Luftverkehrs-Sicherungsdienste für den unteren Luftraum und die damit verbundene Hoheitsgewalt seien bei den Vertragsstaaten verblieben. Die Befugnis der Agentur von Eurocontrol, Benutzergebühren für den Bereich des oberen Luftraums zu erheben, sei in Art. 20 ECV vorgesehen; die Befugnis, Benutzergebühren für den Bereich des unteren Luftraums der Bundesrepublik Deutschland zu erheben, beruhe auf der Ermächtigung des § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 LuftVG. Im Interesse der Verwaltungen und der Benutzer sei eine einheitliche Gebühr für die gesamte Flugstrecke, die ein Flugzeug zurücklegt, geschaffen worden. Der Grundsatz der Erhebung einer einzigen Gebühr erfordere es, daß der Benutzer bei einem Flug durch Lufträume, für die verschiedene Behörden (nationale Behörden und die Agentur von Eurocontrol) zuständig seien, den gesamten Betrag der anfallenden Gebühren an eine Stelle entrichten könne. Deshalb sei Eurocontrol mit der Erhebung dieser einzigen Gebühr seitens der Mitgliedsstaaten beauftragt worden.
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Die Mehrseitige Vereinbarung, soweit die Bundesregierung in ihrer Eigenschaft als nationale Behörde gehandelt habe, und das Zweiseitige Abkommen bezögen sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung. Der Zustimmung in der Form eines Vertragsgesetzes gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG habe es aber nicht bedurft, weil die Abkommen aufgrund der in § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 LuftVG enthaltenen Verordnungsermächtigung, die insofern als antizipierte Zustimmung angesehen werden könne, durch Rechtsverordnung hätten vollzogen werden können.
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Dementsprechend normiere § 2 FSGebVO konstitutiv, daß für die Luftverkehrs-Sicherungsdienste im unteren Luftraum der Bundesrepublik Deutschland Gebühren erhoben würden. Die Befugnis zur Gebührenerhebung sei durch § 3 FSGebVO der Eurocontrol mit der Maßgabe übertragen worden, daß die aus "eigenem Recht" und aus "Auftragsrecht" zu erhebenden Gebühren als einheitliche Gebühr erhoben würden. Die Auffassung, diese Gebühr sei keine eigene Gebühr Eurocontrols, treffe demnach nicht zu.
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Die Regelung des Rechtswegs zu den belgischen Zivilgerichten sei nicht zu beanstanden. Eurocontrol erlasse nicht Gebührenbescheide, sondern versende monatliche Rechnungen an die Benutzer des Luftraumes. Die Erhebung der Gebühren sei privatrechtlich ausgestaltet; der Eurocontrol-Vertrag verbiete dies nicht. Mit der Schaffung einer einheitlichen Gebühr für den oberen und unteren Luftraum sei zwangsläufig auch die Einheitlichkeit der Rechtsverfolgung für diese Gebühr verbunden. Dies entspreche ersichtlich dem Willen der Vertragsstaaten und auch des deutschen Verordnungsgebers.
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Die Auffassung der Beschwerdeführerinnen, die Erhebung der Eurocontrolgebühren sei Ausübung deutscher öffentlicher Gewalt, sei unzutreffend. Eurocontrol über weder eigene noch bundesdeutsche noch ausländische öffentliche Gewalt aus. Durch die Einschaltung einer internationalen Organisation dürften allerdings Art. 19 Abs. 4 oder Art. 20 Abs. 3 GG nicht umgangen werden. Für den erforderlichen Rechtsschutz reiche es aber aus, wenn ein ausländisches Gericht für zuständig erklärt werde, dessen Verfahren rechtsstaatlichen Anforderungen genüge. Das sei der Fall, wenn belgische Zivilgerichte über die sachliche Berechtigung der Rechnungen von Eurocontrol befänden. Es werde im übrigen auf die schwierige Rechtslage hingewiesen, die sich daraus ergebe, daß mehrere Staaten mit unterschiedlichen Rechtssystemen ein einheitliches Gebührenverfahren verwirklicht hätten.
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2. Eurocontrol hält die angegriffenen Entscheidungen nicht für verfassungswidrig. Ihre Akte könnten nicht mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden. Sie ziehe die Gebühren auch nicht im Namen der Vertragsstaaten, sondern in eigenem Namen ein. Die Beschwerdeführerinnen hätten uneingeschränkten gerichtlichen Schutz durch die belgischen Gerichte. Die völkerrechtlich wirksam vereinbarte alleinige internationale Zuständigkeit der belgischen Gerichte verletze nicht Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Die Übertragung der Gebührenhoheit auf Eurocontrol stehe auch in Einklang mit Art. 24 Abs. 1 GG. Der Übertragung sei durch das Zustimmungsgesetz und durch die auf § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 LuftVG gestützte Flugsicherungsgebühren- Verordnung wirksam zugestimmt worden. Mit ihr habe die Bundesrepublik Deutschland auf die Zuständigkeit deutscher Verwaltungsgerichte für Gebührenstreitigkeiten verzichtet.
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Eurocontrol weist darauf hin, daß die Beschwerdeführerinnen sich lediglich weigerten, die Gebühren für die Flugplanperiode 1971/1972 zu entrichten, auf die sie sich ihrer Auffassung nach nicht hätten einstellen können; im übrigen entrichteten die Beschwerdeführerinnen seit 1972 die geforderten Gebühren. Es gehe nicht an, im Hinblick auf diese Streitigkeiten ein ganzes internationales Gebührensystem in Frage zu stellen. Es wäre für die Eurocontrol und ihre Mitgliedsstaaten auch völlig unmöglich, wenn über die Gebührenforderungen getrennt und womöglich unterschiedlich durch die Gerichte der Mitgliedsstaaten entschieden würde.
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Die erforderlichen gerichtlichen Exequatur-Verfahren in den einzelnen Staaten gäben den Gebührenschuldnern ausreichende Möglichkeiten, etwaigen nationalen ordre public-Erfordernissen Rechnung zu tragen.
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Die in der Sache 2 BvR 195/79 erhobene Rüge der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG greife nicht durch.
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B. |
Da die Verfassungsbeschwerden im wesentlichen dieselben Sach- und Rechtsfragen betreffen, werden sie zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
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C. |
Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1) ist zulässig, aber unbegründet. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführerin zu 2) sind teilweise unzulässig und im übrigen unbegründet.
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I. |
1. Die in dem Verfahren 2 BvR 1124/77 erhobene Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) ist unzulässig, soweit sie sich gegen den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 1977 (VII C 66.75) richtet, durch den die Bestimmung eines zuständigen Gerichts mangels deutscher internationaler Zuständigkeit abgelehnt wurde.
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Die selbständige Anfechtung einer gerichtlichen Zwischenentscheidung im Wege der Verfassungsbeschwerde ist nur dann zuzulassen, wenn ein dringendes schutzwürdiges Interesse daran besteht, daß über die Verfassungsmäßigkeit der Zwischenentscheidung sofort und nicht erst in Verbindung mit der Überprüfung der Endentscheidung erkannt werde. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Zwischenentscheidung für den Betroffenen bereits einen bleibenden rechtlichen Nachteil nach sich zieht, der nicht mehr oder doch nicht vollständig behoben werden könnte (vgl. BVerfGE 1, 322 [324 f.]). Der Sinn des Ausschlusses der Verfassungsbeschwerde gegen Zwischenentscheidungen liegt darin, daß Verfassungsverstöße in der Regel noch mit der Anfechtung der Endentscheidung gerügt werden können (BVerfGE 21, 139 [143]). Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde nur gegen solche Entscheidungen in selbständigen Zwischenverfahren zugelassen, die über eine für das weitere Verfahren wesentliche Rechtsfrage abschließend befinden und in weiteren Instanzen nicht mehr nachgeprüft und korrigiert werden können (BVerfGE 24, 56 [61], m. w. N.; st. Rspr.).
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Der Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 1977 ist zwar in dem selbständigen Zwischenverfahren nach § 53 VwGO ergangen. Beschlüsse, durch die gemäß § 53 Abs. 3 VwGO das zuständige Gericht bestimmt wird, sind für das weitere Verfahren auch bindend (Eyermann/Fröhler, VwGO, 8. Aufl., 1980, § 53 Rdnr. 14; Kopp, VwGO, 4. Aufl., 1979, § 53 Rdnr. 12; Redeker/von Oertzen, VwGO, 7. Aufl., 1981, § 53 Anm. 5). Für das weitere Verfahren jedoch waren die Instanzgerichte an die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts, für die Entscheidung seien die deutschen Verwaltungsgerichte international unzuständig, nicht gebunden. Einen hierin etwa liegenden Verfassungsverstoß konnte die Beschwerdeführerin zu 2) noch mit der Anfechtung der Endentscheidung geltend machen. Dies bedeutete für sie ersichtlich auch keinen erheblichen Nachteil.
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b) Jedenfalls ist ein etwaiges Rechtsschutzinteresse für die Anfechtung der Zwischenentscheidung nach Ergehen der Endentscheidung fortgefallen. Der Beschwerdeführerin zu 2) stand nunmehr die Möglichkeit offen, den von ihr gerügten Verfassungsverstoß mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Endentscheidung geltend zu machen; diese Möglichkeit hat sie mit der in dem Verfahren 2 BvR 195/79 erhobenen Verfassungsbeschwerde auch wahrgenommen.
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2. Im übrigen sind die Verfassungsbeschwerden zulässig.
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a) Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden begegnet im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde keinen Bedenken. Er besagt, daß die behauptete Grundrechtsverletzung im Interesse einer ordnungsgemäßen Prüfung der Beschwerdepunkte zunächst in dem mit der gerügten Beeinträchtigung unmittelbar zusammenhängenden sachnächsten Verfahren geltend gemacht werden muß (BVerfGE 31, 364 [368]; 39, 276 [291]; 42, 243 [247]).
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Die Beschwerdeführerinnen könnten zwar etwaige verfassungsrechtliche Einwände gegen die Zuständigkeit der belgischen Gerichte oder jedenfalls gegen die Ausgestaltung des dort gewährten Rechtsschutzes bezüglich der Handlungen der Eurocontrol auch in Verfahren der Vollstreckbarerklärung der gegen sie ergangenen Entscheidungen belgischer Gerichte gemäß Art. 6 ff. des deutsch-belgischen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 30. Juni 1958 (BGBl. 1959 II S. 766) geltend machen. Gegen Entscheidungen deutscher Gerichte in solchen Verfahren käme auch die Verfassungsbeschwerde in Betracht. Ihr mit den vorliegenden Beschwerden verfolgtes Ziel, gegen Handlungen der Eurocontrol den Rechtsweg zu den deutschen Verwaltungsgerichten beschreiten zu können, könnten die Beschwerdeführerinnen damit aber nicht unmittelbar erreichen.
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Die Beschwerdeführerinnen können auch nicht darauf verwiesen werden, daß hinsichtlich der von ihnen geltend gemachten Ansprüche möglicherweise der Rechtsweg zu den deutschen Zivilgerichten in Betracht käme, und daß sie ihre Einwände gegen die Zuständigkeit der belgischen Gerichte oder jedenfalls gegen die Ausgestaltung des dort gewährten Rechtsschutzes zunächst in einem zivilgerichtlichen Verfahren geltend machen müßten. Diese Möglichkeit liegt zwar angesichts der Art und Weise, in der Eurocontrol Gebührenforderungen geltend macht, und im Hinblick auf die von den Beschwerdeführerinnen vertretene Ansicht, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte sei nicht ausgeschlossen, nicht völlig fern. Sie ist den Beschwerdeführerinnen auch durch die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht verschlossen worden. Gleichwohl kann ihnen die Beschreitung des deutschen Zivilrechtswegs jedenfalls nicht mehr zugemutet werden, nachdem mit dem Bundesverwaltungsgericht ein oberster Gerichtshof des Bundes entschieden hat, daß für die Rechtsstreitigkeiten ausschließlich belgische Gerichte international zuständig seien.
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b) Die Beschwerdeführerin zu 2) hat in dem Verfahren 2 BvR 195/79 eine mögliche Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG hinreichend substantiiert dargetan.
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Ihre weitere Rüge, die angegriffenen Entscheidungen verletzten Art. 103 Abs. 1 GG, ist hingegen nicht in zulässiger Weise erhoben worden.
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Die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist nur dann hinreichend substantiiert, wenn der Verfassungsbeschwerde entnommen werden kann, was der Beschwerdeführer bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte. Nur dann kann geprüft und entschieden werden, ob die angegriffene Entscheidung auf dem behaupteten Verfassungsverstoß beruht. Die bloße Behauptung der Versagung rechtlichen Gehörs reicht zur Begründung einer auf eine angebliche Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG gestützten Verfassungsbeschwerde nicht aus (BVerfGE 28, 17 [20]; st. Rspr.).
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Die Beschwerdeführerin zu 2) sieht eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG darin, daß das Oberverwaltungsgericht nicht ersichtlich gemacht habe, aus welchen Gründen es seine frühere Auffassung zur Frage der internationalen Zuständigkeit deutscher Verwaltungsgerichte aufgegeben und sich der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen hat. Damit sei ihr die Auseinandersetzung mit den urteilstragenden Überlegungen verwehrt gewesen; sie sei gehindert worden, die Begründung des Oberverwaltungsgerichts zu widerlegen. Die Beschwerdeführerin zu 2) hat indes nicht dargetan, was sie im weiteren Verfahren zusätzlich vorgetragen hätte oder hätte vortragen können, um die nunmehr vom Oberverwaltungsgericht vertretene Auffassung zu entkräften.
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II. |
Soweit sie zulässig sind, sind die Verfassungsbeschwerden unbegründet.
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1. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen nicht Art. 19 Abs. 4 GG. Die Gebührenanforderungen seitens Eurocontrol sind nicht Maßnahmen der "öffentlichen Gewalt" im Sinne dieser Verfassungsbestimmung. Folglich greift in bezug auf dieses Verhalten die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht ein.
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a) Der Wortlaut des Art. 19 Abs. 4 GG besagt für sich allein nichts darüber, ob als "öffentliche Gewalt" auch nichtdeutsche Hoheitsgewalt in Betracht kommt. Grundsätzlich gilt das Grundgesetz allerdings nur für die von ihm verfaßte Staatsgewalt, begrenzt auf das "Gefüge der deutschen Staatsorganisation" (vgl. BVerfGE 22, 293 [297]). Dies spricht dagegen, die Rechtsschutzgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG auf das Verhalten öffentlicher Gewalt zu erstrecken, die nicht diesem Gefüge zugehört. Art. 19 Abs. 4 GG meint die "durch die Verfassung gebundene deutsche öffentliche Gewalt" (Schmidt- Bleibtreu/Klein, Grundgesetz, 5. Aufl., 1980, Art. 19 Rdnr. 20).
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Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß als Akte der "öffentlichen Gewalt" im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG (nunmehr auch des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG) nur Akte der staatlichen, deutschen, an das Grundgesetz gebundenen öffentlichen Gewalt anzusehen sind (BVerfGE 1, 10; 6, 15 [18]; 6, 290 [295]; 22, 91 [92]; 22, 293 [295]). Akte einer besonderen, durch völkerrechtlichen Vertrag geschaffenen, von der Staatsgewalt der Mitgliedsstaaten geschiedenen öffentlichen Gewalt einer zwischenstaatlichen Einrichtung im Sinne des Art. 24 Abs. 1 GG fallen hierunter nicht. Ein Organ, das außerhalb des Gefüges der deutschen Staatsorganisation steht, nimmt grundsätzlich nicht deutsche Staatsgewalt wahr. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb eine unmittelbar gegen eine Verordnung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gerichtete Verfassungsbeschwerde für unzulässig gehalten (BVerfGE 22, 293 [295 ff.]; an dieser Rechtsauffassung wurde auch in BVerfGE 37, 271 [283, 285 f.] festgehalten). Soweit es diese Frage aufgreift, geht auch das Schrifttum ganz vorwiegend davon aus, daß Art. 19 Abs. 4 GG den Rechtsweg nur gegen (behauptete) Eingriffe der deutschen, an das Grundgesetz gebundenen öffentlichen Gewalt gewährleiste (vgl. Randelzhofer, in: Festschrift für Schlochauer, 1981, S. 531 [533 ff. m. w. N.]). Diese Auffassung wird namentlich im Zusammenhang mit der Frage vertreten, ob gegen Akte der Europäischen Gemeinschaften innerstaatlicher Rechtsschutz zu gewähren sei (vgl. Erler, VVDStRL 18 [1960], S. 36 f.; zum Meinungsstand vgl. Dienes, Die europäische Integration und die Rechtsweggarantie [Art. 19 Abs. 4 GG], Diss. Münster, 1975, S. 18 ff.).
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b) Über diesen allgemeinen Gesichtspunkt hinaus mag es im einzelnen weitere Gründe für die Beschränkung des innerstaatlichen Rechtsschutzes auf Akte der deutschen öffentlichen Gewalt geben. Für Handlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen ergibt sich jedenfalls auch aus Sinn und Zweck der Ermächtigung des Art. 24 Abs. 1 GG, wonach der Bund Hoheitsrechte auf solche Einrichtungen übertragen darf, daß insoweit der Rechtsschutz durch deutsche Gerichte nicht von Verfassungs wegen gewährleistet ist. Diese Verfassungsbestimmung öffnet die deutsche Rechtsordnung derart, daß der ausschließliche Herrschaftsanspruch der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich des Grundgesetzes zurückgenommen und der unmittelbaren Geltung und Anwendbarkeit eines Rechts aus anderer Quelle innerhalb des staatlichen Herrschaftsbereichs Raum gelassen wird (BVerfGE 37, 271 [280]). Die Handlungen der zwischenstaatlichen Einrichtung gehen nicht von der deutschen Staatsgewalt aus. Zwar mag die Gewährung innerstaatlichen Rechtsschutzes gegen die Anwendung und Wirkung von Akten einer zwischenstaatlichen Einrichtung nicht von vornherein "logisch" ausgeschlossen sein (so aber Erler, a.a.O.); sie liefe aber dem Sinn und Zweck der Ermächtigung des Art. 24 Abs. 1 GG entgegen. Durch sie könnte die Funktionsfähigkeit der zwischenstaatlichen Einrichtung beeinträchtigt werden, zumal sie die Gefahr ungleichmäßigen Rechtsschutzes in den einzelnen Mitgliedsstaaten beschwörte (vgl. BVerfGE 22, 293 [298]). Art. 24 Abs. 1 GG räumt dem Gesetzgeber ein weites Ermessen ein, ob und inwieweit einer zwischenstaatlichen Einrichtung Hoheitsrechte eingeräumt werden und in welcher Weise diese Einrichtung rechtlich und organisatorisch ausgestaltet werden soll. Dies schließt grundsätzlich auch die Befugnis ein, hinsichtlich der Ausgestaltung des Rechtsschutzes gegen Handlungen der zwischenstaatlichen Einrichtung besondere Regelungen zu treffen. Dabei mag in diesem Zusammenhang dahinstehen, inwieweit die Ermächtigung des Art. 24 Abs. 1 GG durch die Grundprinzipien der Verfassung begrenzt ist. Sie erleidet jedenfalls auch angesichts der Rechtsschutzgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG nicht eine absolute Begrenzung dahin, daß gegen Handlungen der zwischenstaatlichen Einrichtung in jedem Fall der Rechtsschutz durch innerstaatliche (deutsche) Gerichte gewährleistet sein müßte.
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Diese Ergebnis folgt aus dem innerstaatlichen Recht unbeschadet der davon geschiedenen Frage, ob auch allgemeine Regeln des völkerrechtlichen Immunitätsrechts oder - im Einzelfall - Normen des besonderen Völkervertragsrechts der Gewährung innerstaatlichen Rechtsschutzes gegen ein Verhalten einer zwischenstaatlichen Einrichtung entgegenstünden.
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c) Für die Frage, ob ein Organ einer nichtdeutschen öffentlichen Gewalt tätig geworden ist, ist nicht ausschlaggebend, daß die öffentliche Gewalt der zwischenstaatlichen Einrichtung unter Mitwirkung der deutschen Staatsgewalt entstanden ist. Wollte man jede Art von supranationaler oder internationaler öffentlicher Gewalt, die auf dem Wege über Art. 24 Abs. 1 GG begründet worden ist, zufolge dieser Mitwirkung als deutsche öffentliche Gewalt ansehen, so ginge der für die Zuständigkeit der deutschen Gerichte entscheidende Unterschied zwischen "deutscher" und "nichtdeutscher" öffentlicher Gewalt weithin verloren, da supra- oder internationale Gewalt, von Sonderlagen, wie Besatzungsverhältnissen, abgesehen, im Bereich der Bundesrepublik Deutschland nicht ohne irgendeine Mitbeteiligung, zumindest nicht ohne Duldung seitens der deutschen Staatsgewalt tätig werden darf (vgl. BVerfGE 22, 293 [297]; ferner 6, 15 [18]).
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Es kommt - in diesem Zusammenhang - ferner nicht darauf an, ob die "Übertragung" von Hoheitsrechten auf die zwischenstaatliche Einrichtung sowie deren rechtliche und organisatorische Ausgestaltung im einzelnen nach Maßgabe des deutschen Verfassungsrechts gültig sind. Ausschlaggebend ist, daß die Einrichtung durch einen wirksamen völkerrechtlichen Akt (zum Wirksamwerden völkerrechtlicher Verträge vgl. allgemein Geck, Die völkerrechtlichen Wirkungen verfassungswidriger Verträge, 1963, sowie Bernhardt in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Bd. 2, 1976, S. 155 [157 ff.]) geschaffen wurde und sich bei dem in Streit stehenden Verhalten nicht völlig von ihrer völkerrechtlichen Kompetenzgrundlage gelöst hat. Bereits dann handelt es sich bei ihren Handlungen um solche nichtdeutscher öffentlicher Gewalt, bezüglich derer jedenfalls die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht eingreift. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet nicht eine "subsidiäre" Gerichtsbarkeit deutscher Gerichte für den Fall, daß die Übertragung von Hoheitsbefugnissen auf die zwischenstaatliche Einrichtung nach innerstaatlichem Recht - formell oder materiell - fehlerhaft sein sollte. Nach Art. 19 Abs. 4 GG ist insbesondere auch nicht eine internationale "Auffangzuständigkeit" deutscher Gerichte gewährleistet, falls der Rechtsschutz gegen Handlungen der zwischenstaatlichen Einrichtung gemessen an innerstaatlichen Anforderungen unzulänglich sein sollte (vgl. auch BVerfGE 22, 293 [298]; ebenso Thieme, VVDStLR 18 [1960], S. 76; Ipsen, ebd., S. 87 f.). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der unmittelbaren Anfechtung einer EWG-Verordnung ausgeführt, es gehe nicht an, das Rechtsschutzsystem der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft als unzulänglich anzusehen und deshalb auf dem Weg über die deutsche Gerichtsbarkeit zu ergänzen oder zu verbessern; dies hätte auch eine Verwischung der Grenzen zwischen nationaler und supranationaler Gerichtsbarkeit zur Folge (BVerfGE 22, 293 [298]).
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Die Frage, ob der für das Verhalten einer zwischenstaatlichen Einrichtung vorgesehene Rechtsschutz ausreichend ist, betrifft demnach nicht unmittelbar die Gewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG. Bestimmungen, die den Rechtsschutz in bezug auf ein Verhalten der zwischenstaatlichen Einrichtung regeln, sind nicht unmittelbar an dieser Verfassungsbestimmung zu messen, denn sie betreffen nicht den Rechtsschutz gegen die deutsche öffentliche Gewalt. Insoweit käme allenfalls eine Verletzung des Art. 24 Abs. 1 GG in Betracht. Die Grenzen, die dieser Übertragungsermächtigung von Grundprinzipien der Verfassung her gezogen sind, könnten überschritten sein, wenn bei der Gründung einer zwischenstaatlichen Einrichtung und ihrer rechtlichen und organisatorischen Ausgestaltung dem - schon im Rechtsstaatsprinzip verankerten - Grundprinzip eines wirksamen Rechtsschutzes Abbruch getan wäre (vgl. Tomuschat, in: Bonner Kommentar, Art. 24 Abs. 1 GG [Zweitbearbeitung 1981], Rdnrn. 49 ff., 94).
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d) Eurocontrol ist eine im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander völkerrechtlich rechtsfähige, internationale Organisation und eine zwischenstaatliche Einrichtung im Sinne des Art. 24 Abs. 1 GG. Ihr sind durch völkerrechtliche Akte (Eurocontrol -Vertrag, Mehrseitige Vereinbarung, Zweiseitiges Abkommen) hoheitliche Kompetenzen eingeräumt worden. In bezug auf die völkerrechtliche Wirksamkeit dieser Akte sind Bedenken nicht ersichtlich. Eurocontrol übt eigene, nichtdeutsche öffentliche Gewalt aus.
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Gemäß Art. 4 ECV ist sie auch für das Recht der Bundesrepublik Deutschland rechtsfähig. Ihre Kompetenzen werden von den Organen, der Kommission und der Agentur (Art. 1 Abs. 2 ECV) auch tatsächlich ausgeübt.
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Die von Eurocontrol wahrgenommenen Luftverkehrs-Sicherungsdienste sind öffentliche Aufgaben hoheitlicher Natur; sie werden auch im deutschen innerstaatlichen Bereich hoheitlich vollzogen. Hoheitlich ist auch die Auferlegung von Gebühren für die Inanspruchnahme der Leistungen und Einrichtungen der Flugsicherung gegenüber den betroffenen Unternehmen, zumal sie zwingend und ausschließlich ist und die Gebühren und Zahlungsbedingungen einseitig aufgrund von Rechtsvorschriften festgesetzt werden. Auf die Form der Geltendmachung und die Ausgestaltung des Leistungsverhältnisses zwischen Eurocontrol und den Benutzern kommt es insofern nicht an.
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Das Bundesverwaltungsgericht hat im einzelnen dargetan, in welchem Umfang der Eurocontrol die Aufgaben der Luftverkehrs- Sicherung und der Regelung und Erhebung entsprechender Gebühren zugewiesen worden sind (vgl. BVerwGE 54, 291 [294 ff.]). Diese Beurteilung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Die Luftverkehrs-Sicherungsdienste sind zwar nur für den oberen Luftraum gemeinsam organisiert (vgl. Art. 1 Abs. 1 ECV); von der vertraglich (Art. 2 Abs. 1 ECV) vorgesehenen Möglichkeit, sie auch für den unteren Luftraum gemeinsam zu organisieren, haben die Vertragsstaaten bislang keinen Gebrauch gemacht. Die normative Begründung von Gebührenpflichten für die Inanspruchnahme der Leistungen und Einrichtungen der Flugsicherung im oberen Luftraum fällt in die Kompetenz von Eurocontrol gemäß Art. 6 Abs. 2 Buchst. e und Art. 20 ECV; die normative Begründung von Gebührenpflichten für den unteren Luftraum ist in der Kompetenz der Mitgliedsstaaten verblieben, weil Eurocontrol insoweit die Luftverkehrs-Sicherungsdienste bislang nicht übertragen worden sind - eine Möglichkeit, die Art. 2 Abs. 1 ECV vorsieht - und der Vertrag eine spezielle Kompetenz von Eurocontrol insoweit nicht enthält. Die Befugnis von Eurocontrol, nach Maßgabe ihrer eigenen Gebührenordnung und der mitgliedsstaatlichen Gebührenregelungen Gebühren im Einzelfall in Form einer einzigen Gebühr für den oberen wie den unteren Luftraum festzusetzen und einzuziehen sowie zur Regelung des Festsetzungs- und Einzugsverfahrens ergibt sich indes aus der Mehrseitigen Vereinbarung in Verbindung mit dem Zweiseitigen Abkommen. In der Mehrseitigen Vereinbarung haben sich die Regierungen der Vertragsstaaten verpflichtet, nach dem von ihren Vertretern in deren Doppeleigenschaft als nationale Behörden und als Mitglieder der Kommission einstimmig festgelegten Verfahren Gebühren für die Benutzung der Streckennavigationseinrichtungen und -dienste in dem ihrer Zuständigkeit unterliegenden Luftraum festzusetzen (Art. 1). In dem Zweiseitigen Abkommen hat die Regierung der Bundesrepublik Deutschland die Eurocontrol "beauftragt", "in ihrem Namen von den Benutzern die nach Artikel 1 der Mehrseitigen Vereinbarung festgesetzten Gebühren einzuziehen" (Art. 1). Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, die erforderlichen Bestimmungen zu erlassen, "durch die den Benutzern der Streckennavigationseinrichtungen und -dienste in dem ihrer Zuständigkeit unterliegenden Luftraum die Verpflichtung auferlegt wird, die besagten Gebühren an die Organisation zu entrichten" (Art. 2 Abs. 1). Der von Eurocontrol "vereinnahmte Gebührenbetrag" ist an die Regierung "abzuführen" (Art. 3).
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Diese Bestimmungen besagen hinreichend deutlich, daß Eurocontrol die Festsetzung und Einziehung der Gebühren im Einzelfall sowie die Regelung des einschlägigen Verfahrens auch insoweit im eigenen Namen und als eigene Aufgabe wahrnimmt, als sie Leistungen der Flugsicherung im unteren Luftraum betreffen, unbeschadet des Umstands, daß ihr die Luftverkehrs -Sicherungsdienste insoweit nicht obliegen. Der Eurocontrol wurde insoweit die beschränkte Aufgabe der Gebührenfestsetzung und -einziehung im Einzelfall und der Regelung des hierzu erforderlichen Verfahrens zugewiesen; als solche handelt es sich um eine eigene Hoheitsaufgabe. Eurocontrol übt mithin auch insofern nicht deutsche öffentliche Gewalt aus. Dieses Ergebnis wird bekräftigt durch die zum Vollzug der zwischenstaatlichen Vereinbarungen ergangenen innerstaatlichen Regelungen: § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 LuftVG ermächtigt den Verordnungsgeber festzulegen, daß die Gebühren "von Eurocontrol erhoben" werden können. Demgemäß regelt § 3 FSGebVO, daß die Gebühren für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung bei der Benutzung des unteren Luftraums zusammengefaßt, von der Eurocontrol als einheitliche Gebühr erhoben werden und an deren Sitz in Brüssel zahlbar sind.
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2. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen auch insofern nicht das Grundgesetz, als sie davon ausgehen, daß für die in Rede stehenden Gebührenstreitigkeiten ausschließlich die belgischen Gerichte international zuständig seien und der Ausschluß des deutschen Verwaltungsrechtswegs von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden sei.
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Dabei mag hier dahinstehen, ob die angegriffenen Entscheidungen im Ergebnis anders hätten ausfallen können, wenn der innerstaatlichen Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des Eurocontrol-Vertragswerks verfassungsrechtliche Gründe entgegenstünden. Denn selbst dann könnten erhebliche Zweifel daran bestehen, ob die von den Beschwerdeführern angegangenen deutschen Verwaltungsgerichte aufgrund sonstiger, innerstaatlich anwendbarer Normen international zuständig wären (vgl. Klaus Vogel, Der räumliche Anwendungsbereich der Verwaltungsrechtsnorm, 1965, S. 320 f.; Schumann, ZZP 78 [1965], S. 77 [92 f.]; Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht, Bd. IV [Allgemeiner Teil], 1936, S. 154 f.; Randelzhofer, in: Festschrift für Schlochauer, 1981, S. 531 [532 ff.]).
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a) Auslegung und Anwendung der für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit einschlägigen Vorschriften des Eurocontrol-Vertragswerks und der Zuständigkeitsregeln des deutschen Rechts oblagen in erster Linie den Fachgerichten. Das Bundesverfassungsgericht prüft im Verfahren der Verfassungsbeschwerde insoweit lediglich, ob hierbei Bundesverfassungsrecht verletzt worden ist (vgl. BVerfGE 18, 85 (92); st. Rspr.). Im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit hat das Bundesverfassungsgericht dabei allerdings in besonderem Maße darauf zu achten, daß Verletzungen des Völkerrechts, die in der fehlerhaften Anwendung oder Nichtbeachtung völkerrechtlicher Normen durch deutsche Gerichte liegen und eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland begründen könnten, nach Möglichkeit verhindert oder beseitigt werden. Dies kann im Einzelfall eine insoweit umfassende Nachprüfung gebieten.
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Weder im Hinblick auf das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot noch im Hinblick auf Art. 24 Abs. 1 GG begegnen die angegriffenen Entscheidungen im Ergebnis verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundesverwaltungsgericht durfte, ohne dadurch gegen die Verfassung zu verstoßen, davon ausgehen, daß Eurocontrol eine Gebühreneinziehungskompetenz auch bezüglich des unteren deutschen Luftraums übertragen wurde, und daß die Befugnis es einschloß, dem Einziehungsverfahren eine vereinheitlichte Rechtskontrolle an die Seite zu stellen und hierfür, soweit dies an Eurocontrol lag, die ausschließliche internationale Zuständigkeit der belgischen Gerichte zu begründen (vgl. BVerwGE 54, 291 [300 ff.]; insoweit zustimmend Gramlich, ZLW 1979, S. 190 ff.).
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b) Art. 24 Abs. 1 GG steht der innerstaatlichen Anwendung dieser Regelung nicht entgegen.
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Die Befugnis von Eurocontrol, für Leistungen im unteren Luftraum der Bundesrepublik Deutschland Gebühren einzuziehen, ergibt sich, anders als bezüglich des oberen Luftraums, nicht aus dem Eurocontrol-Vertrag selbst, sondern aus dem Zweiseitigen Abkommen in Verbindung mit der Mehrseitigen Vereinbarung. Durch sie wurden Eurocontrol Hoheitsrechte im Sinne des Art. 24 Abs. 1 GG übertragen, nämlich die Befugnis, Gebühren im Einzelfall festzusetzen und einzuziehen und das Einziehungsverfahren normativ zu regeln. Diesen Vereinbarungen wurde nicht durch ein gesondertes Gesetz zugestimmt; der darin festgelegten Gebührenregelung wurde vielmehr durch die aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung des § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 LuftVG vom Bundesminister für Verkehr erlassene Verordnung über die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung vom 27. Oktober 1971 (BGBl. II S. 1153) ein besonderer innerstaatlicher Rechtsanwendungsbefehl erteilt (vgl. § 3 FSGebVO). Dies verstieß nicht gegen den Gesetzesvorbehalt des Art. 24 Abs. 1 GG.
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(1) Damit eine Übertragung von Hoheitsrechten innerstaatlich zu beachten ist, ist erforderlich, daß sie "durch Gesetz" erfolgt, Art. 24 Abs. 1 GG. Dieses verfassungsrechtliche Erfordernis ist strikt auszulegen (vgl. Tomuschat, a.a.O., Rdnr. 32 ff.). Dies legt schon der Wortlaut nahe. Im Grundgesetz wie in der deutschen staatsrechtlichen Tradition hat die Unterscheidung zwischen den Begriffen "durch Gesetz" und "aufgrund Gesetzes" feste Konturen; die Zustimmung des Gesetzgebers zu einem Übertragungsakt im Sinne des Art. 24 Abs. 1 GG kann daher nicht durch Rechtsverordnung bewirkt werden. Art. 24 Abs. 1 GG unterscheidet auch nicht zwischen für Regierung und Gesetzgeber gewichtigen und anderen Übertragungsgegenständen, wie dies etwa in vergleichbarer Weise bei völkerrechtlichen Verträgen hinsichtlich ihrer Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 59 Abs. 2 GG der Fall ist, wenn dort auf das Regeln politischer Beziehungen und auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung abgestellt ist. Vor allem aber gebietet das Sinngefüge, in dem Art. 24 Abs. 1 GG steht, die strikte Auslegung dieses Erfordernisses. Die Übertragung von Hoheitsrechten bewirkt einen Eingriff in und eine Veränderung der verfassungsrechtlich festgelegten Zuständigkeitsordnung und damit materiell eine Verfassungsänderung. Hinzu kommt, daß Art. 24 Abs. 1 GG die Einräumung von Hoheitsrechten an Einrichtungen ermöglicht, deren Rechtsordnung, Willensbildung und Handlungsformen nicht dem Grundgesetz und damit auch nicht dem bestimmenden Einfluß des deutschen Gesetzgebers unmittelbar unterliegen, die gleichzeitig aber - je nach ihren Kompetenzen - in die deutsche Rechtsordnung hoheitlich mit unmittelbarer Wirkung für die Rechtsunterworfenen einwirken können. Das Gewicht dieser Momente gebietet es, den Gesetzesvorbehalt in Art. 24 Abs. 1 GG strikt auszulegen. Sein Sinn ist es, einen solchen Vorgang, der das Funktions- und Machtverteilungsgefüge, wie es im Grundgesetz angelegt ist, verändert, nur mit förmlicher Zustimmung des Gesetzgebers "durch Gesetz" zu gestatten, wenn schon eine förmliche Verfassungsänderung nach Art. 79 GG nicht gefordert ist.
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Die sachliche Reichweite des Gesetzesvorbehalts in Art. 24 Abs. 1 GG andererseits ist auch mit Blick auf die Art und Weise zu bestimmen, in der Einrichtungen im Sinne dieser Vorschrift auf der zwischenstaatlichen Ebene errichtet werden und funktionieren. Dies geschieht typischerweise im Rahmen eines Integrationsprozesses, in dessen zeitlichem Verlauf zahlreiche einzelne Vollzugsakte erforderlich sind, um den im Gründungsvertrag angestrebten Zustand herbeizuführen. Die Rechtsformen, in denen sich das vollzieht, können vielfältig sein; sie reichen von zusätzlichen vertraglichen Instrumenten über Beschlußformen der zwischenstaatlichen Einrichtung und doppelfunktionellen Regelungsakten bis hin zur tatsächlichen Inanspruchnahme einer Kompetenz bei konkurrierenden Kompetenzlagen als dem maßgeblichen Zeitpunkt für den aktuellen Kompetenzzuwachs der zwischenstaatlichen Einrichtung.
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Auch dort, wo nicht schon der Gründungsvertrag selbst jeden dieser Abläufe nach Inhalt, Form und Zeitpunkt festgelegt hat, bedarf es für derartige Vollzugsschritte nicht von vornherein jeweils eines gesonderten Gesetzes im Sinne des Art. 24 Abs. 1 GG. Ein solches Gesetz ist dort entbehrlich, wo bereits der Gründungsvertrag, dem durch Gesetz zugestimmt worden ist, diesen künftigen Vollzugsverlauf hinreichend bestimmbar normiert hat. Allerdings muß ein derartiger Vollzugsschritt im Gründungsvertragswerk oder in dem dazu ergangenen Gesetz hinreichend bestimmbar angelegt sein; wesentliche Änderungen des dort angelegten Integrationsprogramms und seiner Vollzüge etwa sind nicht mehr von dem ursprünglichen Zustimmungsgesetz nach Art. 24 Abs. 1 GG gedeckt. Dazu kann je nach der Art der zwischenstaatlichen Einrichtung auch die zeitliche Stufung des Kompetenzzuwachses der zwischenstaatlichen Einrichtung gehören. Es kann im vorliegenden Verfahren offenbleiben, wo insoweit allgemeine Grenzen der sachlichen Reichweite eines Gesetzes nach Art. 24 Abs. 1 GG verlaufen. Hier genügt es festzustellen, daß je technischer das zu übertragende Hoheitsrecht ist, je mehr es sich vor dem Gesamtgefüge der schon übertragenen Hoheitsrechte als bloße technisch-instrumentale Ergänzung im Hinblick auf die wirksame Verfolgung bereits wahrgenommener Aufgaben und ausgeübter Kompetenzen darstellt, desto weniger ist vom Sinn des Art. 24 Abs. 1 GG her ein zusätzliches Übertragungsgesetz geboten. Dies gilt zumal dann, wenn in solchen Fällen der Übertragung von Hoheitsrechten durch Gesetz zugestimmt worden ist und es lediglich darum geht, die von der zwischenstaatlichen Einrichtung kompetenzmäßig erlassenen Regelungen innerstaatlich anwendbar zu machen oder ihre Anwendbarkeit klarzustellen.
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(2) Gemessen hieran bedurfte die Einräumung des Gebühreneinziehungsrechts an Eurocontrol bezüglich des unteren deutschen Luftraums durch die Mehrseitige Vereinbarung in Verbindung mit dem Zweiseitigen Abkommen keines gesonderten Gesetzes nach Art. 24 Abs. 1 GG; sie ist bereits durch das Zustimmungsgesetz zum Eurocontrol-Vertrag selbst verfassungsrechtlich gedeckt. Dabei ist hier nicht darüber zu befinden, ob die in Art. 2 Abs. 1 ECV vorgesehene Möglichkeit, der Organisation die Luftverkehrs-Sicherungsdienste für den unteren Luftraum oder einen Teil desselben zu übertragen, sollte von ihr Gebrauch gemacht werden, eines gesonderten Gesetzes nach Art. 24 Abs. 1 GG bedürfte. Denn die im vorliegenden Verfahren allein in Rede stehende Gebühreneinziehungskompetenz von Eurocontrol steht im engsten sachlichen Zusammenhang mit den von ihr bereits wahrgenommenen Kompetenzen. Sie entspricht den "praktischen Betriebserfordernissen", die von Art. 2 Abs. 1 ECV bereits hinreichend bestimmbar ins Auge gefaßt worden sind; auf sie ist in der ersten Erwägung der Mehrseitigen Vereinbarung ausdrücklich abgehoben. Diese praktischen Betriebserfordernisse werden besonders deutlich anhand des Art. 1 c) der Mehrseitigen Vereinbarung, wonach die für die Benutzung des oberen und des unteren Luftraums anfallenden Gebühren eine einzige Gebühr bilden. Auch soweit sie nicht ohnedies von der Gebührenerhebungskompetenz der Organisation gemäß Art. 1 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 Buchst. e, Art. 20 Satz 1 ECV gedeckt ist, handelt es sich um eine eng begrenzte, technisch-instrumentale Ergänzung zur wirksamen Erfüllung der von Eurocontrol im übrigen bereits wahrgenommenen Kompetenzen; nicht hingegen handelt es sich um die Einräumung einer neuartigen Kompetenz, die eine wesentliche Änderung oder Erweiterung des Integrationsprogramms, wie es im Gründungsvertrag angelegt ist, darstellte. Angesichts dessen war ein neuerliches Gesetz nach Art. 24 Abs. 1 GG entbehrlich.
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Im übrigen enthält auch § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 LuftVG in der Fassung vom 23. Juni 1970 eine eindeutige und bestimmte Ermächtigung zur Übertragung des Gebühreneinziehungsrechts für den unteren deutschen Luftraum an Eurocontrol. Sie regelt die Zulässigkeit der Auferlegung von Gebühren, bestimmt die Grundsätze für die Festlegung der Gebührensätze und sieht die Möglichkeit vor, daß die Gebühren von Eurocontrol "erhoben werden können". Zusätzliche Konkretisierung erfährt diese Ermächtigung durch die Bezugnahme auf ein bestehendes Gebührensystem (gemäß Art. 20 ECV) einer zwischenstaatlichen Einrichtung. Die Vorschrift ermächtigt mithin zu einer Übertragung von Hoheitsrechten, wie sie in Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 ECV als Möglichkeit bereits ausdrücklich vorgesehen ist.
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Der amtlichen Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Kostenermächtigungs-Änderungsgesetzes (BTDrucks. VI/ 329, S. 33, 46) ist überdies zu entnehmen, daß der Gesetzgeber bei der Fassung des § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 LuftVG diese Übertragung auch zeitlich schon ins Auge gefaßt hatte. Der Erlaß der Verordnungsermächtigung stand in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aushandlung und dem Abschluß der Mehrseitigen Vereinbarung und des Zweiseitigen Abkommens; im Hinblick auf sie wurde die Ermächtigung in das Gesetz aufgenommen. Die Verordnungsermächtigung stellt sich mithin als Zustimmung des Gesetzgebers gemäß Art. 24 Abs. 1 GG dar. Daß das Gesetz nicht selbst den Zeitpunkt bestimmte, zu dem die von Eurocontrol kompetenzmäßig getroffene Gebühreneinziehungsregelung innerstaatlich anwendbar sein sollte, sondern dies der Bestimmung im Wege der Rechtsverordnung überließ, begegnet hier verfassungsrechtlichen Bedenken weder aus Art. 24 Abs. 1 GG noch aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG.
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Der Übertragung der in Rede stehenden Gebühreneinziehungskompetenz an Eurocontrol ist mithin durch Gesetz zugestimmt worden. Insoweit ist den Erfordernissen des Art. 24 Abs. 1 GG genügt. Die Übertragung erfolgte nicht "aufgrund Gesetzes" durch die Flugsicherungsgebühren-Verordnung; diese bewirkte insofern nur die innerstaatliche Anwendbarkeit der auf der Ebene der zwischenstaatlichen Einrichtung bereits kompetenzgemäß getroffenen Gebühreneinziehungsregelungen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte mithin insoweit ohne Verstoß gegen Art. 24 Abs. 1 GG von der innerstaatlichen Anwendbarkeit der Gebühreneinziehungsregelung von Eurocontrol ausgehen.
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c) Die Übertragung der Gebühreneinziehungskompetenz an Eurocontrol verstößt auch inhaltlich nicht gegen Art. 24 Abs. 1 GG.
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(1) Allerdings läßt diese Verfassungsbestimmung die Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche Einrichtungen nicht schrankenlos zu. Art. 24 Abs. 1 GG muß wie jede Verfassungsbestimmung ähnlich grundsätzlicher Art im Zusammenhang der Gesamtverfassung verstanden und ausgelegt werden. Er eröffnet nicht den Weg, das Grundgefüge der Verfassung anzutasten. Ein unaufgebbarer Bestandteil des Verfassungsgefüges sind die fundamentalen Rechtsgrundsätze, die in den Grundrechten des Grundgesetzes anerkannt und verbürgt sind. Deshalb gestattet Art. 24 Abs. 1 GG nicht, den Grundrechtsteil des Grundgesetzes vorbehaltlos zu relativieren (BVerfGE 37, 271 [279 f., 291, 296]; vgl. auch Frowein in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Bd. 2, 1976, S. 187 [202], m.w.N.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 1977, S. 396 ff.; Rojahn in: von Münch [Hrsg.], Grundgesetz-Kommentar, Bd. 2, 1976, Art. 24 Rdnr. 29 ff. [insbesondere 31]; Maunz in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Art. 24 Rdnr. 16 ff.; Tomuschat, a.a.O., Rdnr. 49 ff. m.w.N.).
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Als wesentliche rechtsstaatliche Verbürgung gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Einzelnen den lückenlosen Rechtsschutz gegen behauptete rechtswidrige Eingriffe der öffentlichen Gewalt in seine Rechte. Die überragende Bedeutung, die dieser "Grundsatznorm für die gesamte Rechtsordnung" (von Mangoldt/ Klein, Das Bonner Grundgesetz, Bd. I, 2. Aufl., 1957, S. 542) im Verfassungsgefüge des Grundgesetzes zukommt, muß bei der Übertragung von Hoheitsrechten auf eine zwischenstaatliche Einrichtung beachtet werden. Gleiches gilt für die sonstigen rechtsstaatlichen Grunderfordernisse im Bereich des Rechtsschutzes. Dies bedeutet freilich nicht, daß in bezug auf Akte der öffentlichen Gewalt einer unter Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland errichteten zwischenstaatlichen Einrichtung ein Rechtsschutzsystem vorgesehen werden müßte, das in Umfang und Wirksamkeit in jeder Hinsicht dem Rechtsschutzsystem gleichkommt, wie es in bezug auf Akte der deutschen öffentlichen Gewalt von Verfassungs wegen gewährleistet ist. Eine derart weitgehende Ausrichtung der rechtlichen Ausgestaltung einer zwischenstaatlichen Einrichtung an den innerstaatlichen Bestimmungen eines beteiligten Staates liefe letztlich der in Art. 24 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommenden "Verfassungsentscheidung für eine internationale Zusammenarbeit" (Klaus Vogel) zuwider; sie wäre gegenüber den anderen beteiligten Staaten schwerlich durchzusetzen und würde die Bundesrepublik Deutschland im Bereich der Einrichtungen im Sinne des Art. 24 GG nicht selten faktisch "vertragsunfähig" machen.
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(2) Welche Anforderungen an die Ausgestaltung des Rechtsschutzes gegen Akte einer zwischenstaatlichen Einrichtung im einzelnen zu stellen sind, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Klärung. Es kann dahinstehen, welche Folgen sich ergäben, wären diese Anforderungen nicht beachtet. Die in bezug auf die Gebührenforderungen von Eurocontrol den betroffenen Benutzern offenstehenden Möglichkeiten des Rechtsschutzes genügen jedenfalls den Anforderungen an einen umfassenden und wirksamen Rechtsschutz.
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Der Eurocontrol-Vertrag enthält allerdings keine Bestimmungen bezüglich des Rechtsschutzes gegen Gebührenakte der Eurocontrol. Ausdrücklicher Regelungen bedurfte es insoweit aber auch nicht. Dem Vertragswerk und den eigenen Bestimmungen von Eurocontrol ist zu entnehmen, daß für Streitigkeiten der in Brüssel ansässigen Organisation (vgl. Art. 1 Abs. 3 ECV) die belgischen Gerichte international zuständig sein sollen (vgl. Art. 3 Abs. 1 der Tarife und Anwendungsbedingungen für Benutzergebühren und Art. 1 Abs. 2 der Zahlungsbedingungen für die Benutzergebühren); dies hat das Bundesverwaltungsgericht im einzelnen dargelegt (vgl. BVerwGE 54, 291 [300 ff.]). Diese Ausgestaltung des Rechtsschutzes ist für die Benutzer auch hinreichend erkennbar, zumal Eurocontrol die insoweit einschlägigen Bestimmungen ihren Rechnungen beifügt.
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Daß für den Rechtsschutz gegen Akte von Eurocontrol die (internationale) Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedsstaates begründet wurde, begegnet von Verfassungs wegen im Grundsatz keinen Bedenken. Für die betroffenen Benutzer ist es auch nicht unzumutbar, daß sie ihr Recht vor den Gerichten eines westeuropäischen Staates suchen müssen. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit dieser Regelung folgt letztlich aus der in Art. 24 Abs. 1 GG vorgesehenen Möglichkeit, Hoheitsrechte auf eine zwischenstaatliche, unter Umständen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ansässige Einrichtung zu übertragen. Die mit einer Rechtsverfolgung im Ausland verbundenen Erschwerungen sind regelmäßig hinzunehmen, sofern dadurch ein wirksamer Rechtsschutz nicht in Frage gestellt wird. Daß dies bei den Streitigkeiten über Gebührenforderungen von Eurocontrol der Fall wäre, ist nicht ersichtlich.
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Die belgischen Gerichte gewähren den vorgesehenen Rechtsschutz. Das Handelsgericht Brüssel hat seine Zuständigkeit für Gebührenstreitigkeiten von Eurocontrol bejaht. Der von dem belgischen Gericht den Gebührenschuldnern der Eurocontrol gewährte Rechtsschutz ist ausreichend; darüber hinaus sind die zusätzlichen Möglichkeiten des Rechtsschutzes nach deutschem Recht in Betracht zu ziehen (vgl. auch Gramlich, ZLW 1979, S. 190 [197]).
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Grundsätzliche Bedenken, belgische Gerichte genügten rechtsstaatlichen Anforderungen nicht oder gewährten aus anderen Gründen nur unzureichenden Rechtsschutz, bestehen nicht. Die Beschwerdeführerinnen haben insoweit auch nichts vorgetragen.
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Die zuständigen belgischen Gerichte unterziehen die ihnen unterbreiteten Gebührenstreitigkeiten offensichtlich einer umfassenden rechtlichen Prüfung. Dies belegen die in entsprechenden Verfahren ergangenen Entscheidungen des Handelsgerichts Brüssel vom 7. März 1974. Allerdings hat das Handelsgericht sich nicht für befugt erachtet darüber zu befinden, ob die einschlägigen deutschen Rechtsvorschriften verfassungsmäßig sind. Es hat darauf hingewiesen, daß das belgische Recht eine solche Prüfung (grundsätzlich) ausschließe, da die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Gesetze dem Parlament vorbehalten sei. Es hat festgestellt, daß das ausländische Gesetz mithin allein aufgrund seines Bestehens und aufgrund der Wirkung der auf dem betreffenden Gebiet geltenden internationalen Verträge und Vereinbarungen für die Parteien bindend sei; es handle sich somit um eine Rechtstatsache, der das Gericht Rechnung tragen müsse. Aufgrund dieser Rechtslage in Belgien ist es den betroffenen Benutzern verwehrt, die Grundgesetzwidrigkeit einer für die Gebührenforderungen von Eurocontrol maßgeblichen deutschen Rechtsvorschrift vor den belgischen Gerichten mit Aussicht auf Erfolg geltend zu machen. Darin liegt aber schon deshalb keine nachhaltige Verkürzung ihres Rechtsschutzes, weil ihnen - unbeschadet der ausschließlichen internationalen Zuständigkeit der belgischen Gerichte für Gebührenstreitigkeiten - hinreichende Möglichkeiten offenstehen, diese Frage durch ein deutsches Gericht klären zu lassen; dies hat das Bundesverwaltungsgericht im einzelnen dargelegt (vgl. BVerwGE 54, 291 [304 f.]).
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Der Umstand, daß das Leistungsverhältnis zwischen Eurocontrol und den Benutzern zivilrechtlich ausgestaltet ist und für Streitigkeiten über ihre Forderungen deshalb belgische Handelsgerichte zuständig sind, beeinträchtigt den Rechtsschutz der Betroffenen ersichtlich nicht (vgl. dazu Schwenk, ZLW 1975, S. 171 [181 f.]). Sie befinden sich insofern in einer eher günstigen Lage, weil sie sich nicht eines unter Umständen ohne gerichtliche Entscheidung vollstreckbaren Hoheitsaktes erwehren müssen, vielmehr Eurocontrol zur Durchsetzung ihrer Forderungen von sich aus den Rechtsweg beschreiten muß.
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3. Die in den Verfahren 2 BvR 195/79 angegriffenen Entscheidungen verletzen nicht Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
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a) Die Rüge der Beschwerdeführerin zu 2), das Oberverwaltungsgericht habe diese Verfassungsbestimmung dadurch verletzt, daß es über ihren zweiten Hilfsantrag entschieden hat, obwohl der Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 1979, mit dem die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts abgelehnt worden war, mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen worden war, greift schon deshalb nicht durch, weil das Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf die Verfassungsbeschwerde gegen diese gerichtliche Zwischenentscheidung nicht an einer weiteren Entscheidung gehindert war. Eine derartige, den Fortgang des Ausgangsverfahrens hindernde Wirkung kam der Verfassungsbeschwerde nicht zu, unbeschadet der Frage, ob sie zulässig war oder nicht.
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b) Im Hinblick auf die gegen das Urteil vom 16. September 1977 anhängige Verfassungsbeschwerde war das Bundesverwaltungsgericht auch nicht von Verfassungs wegen gehalten, der Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 28. September 1978 gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache stattzugeben. Die Verneinung der grundsätzlichen Bedeutung unter Hinweis auf die gleichgelagerte Vorentscheidung verstößt - auch mit Blick auf das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot - nicht gegen Verfassungsrecht.
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c) Es begegnet schließlich auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, daß das Oberverwaltungsgericht seine Zuständigkeit für die mit dem Urteil vom 28. September 1978 getroffene Prozeßentscheidung angenommen hat.
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Die Auslegung und Anwendung der für die Zuständigkeit der Gerichte maßgeblichen Bestimmungen obliegt in erster Linie den Fachgerichten. Nicht jede irrtümliche Verkennung der ihnen gezogenen Grenzen kann als eine Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewertet werden. Eine Entscheidung eines Gerichts verstößt nur dann gegen das Gebot des gesetzlichen Richters, wenn sie von willkürlichen Erwägungen bestimmt ist (BVerfGE 3, 359 [364 f.]; 29, 45 [48], m.w.N.; st. Rspr.). Von Willkür kann nur die Rede sein, wenn die Entscheidung eines Gerichts sich bei der Auslegung und Anwendung einer Zuständigkeitsnorm so weit von dem sie beherrschenden verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt hat, daß sie nicht mehr zu rechtfertigen ist (BVerfGE 29, 45 [49], m.w.N.).
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Es erscheint in diesem Sinne nicht willkürlich, wenn das als Berufungsgericht angegangene Oberverwaltungsgericht sich für die getroffene Entscheidung für zuständig gehalten hat. Dem Urteil kann allerdings nicht entnommen werden, ob das Oberverwaltungsgericht über seine örtliche Zuständigkeit überhaupt entschieden hat. Soweit es sie stillschweigend - etwa kraft Sachzusammenhangs - bejaht haben sollte, wäre dies auch unter Berücksichtigung seiner früheren Rechtsauffassung jedenfalls nicht willkürlich.
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Hirsch, Rinck, Wand, Dr. Rottmann, Steinberger, Träger |