BVerfGE 162, 1 - Bayerisches Verfassungsschutzgesetz
Bayerisches Verfassungsschutzgesetz
1. Dass Verfassungsschutzbehörden nach geltendem Recht spezifische Aufgaben der Beobachtung und Vorfeldaufklärung wahrnehmen und dabei nicht wie Polizeibehörden über operative Anschlussbefugnisse verfügen, rechtfertigt es grundsätzlich, Überwachungsbefugnisse einer Verfassungsschutzbehörde an modifizierte Eingriffsschwellen zu binden. Dann muss aber eine Übermittlung der daraus erlangten personenbezogenen Daten und Informationen strengen Voraussetzungen unterliegen.
2. Wie streng die Verhältnismäßigkeitsanforderungen an heimliche Überwachungsmaßnahmen einer Verfassungsschutzbehörde im Einzelnen sind, bestimmt sich nach dem jeweiligen Eingriffsgewicht.
a) Maßnahmen, die zu einer weitestgehenden Erfassung der Persönlichkeit führen können, unterliegen denselben Verhältnismäßigkeitsanforderungen wie polizeiliche Überwachungsmaßnahmen.
b) Ansonsten muss die Überwachungsbefugnis einer Verfassungsschutzbehörde nicht an das Vorliegen einer Gefahr im polizeilichen Sinne geknüpft werden. Vorauszusetzen ist dann aber ein hinreichender verfassungsschutzspezifischer Aufklärungsbedarf. Dieser ist nur gegeben, wenn die Überwachungsmaßnahme zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Bestrebung im Einzelfall geboten ist und hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Beobachtungsbedürftigkeit vorliegen. Diese muss umso dringender sein, je höher das Eingriffsgewicht der Überwachungsmaßnahme ist. Der Gesetzgeber muss die Maßgaben zur jeweils erforderlichen Beobachtungsbedürftigkeit hinreichend bestimmt und normenklar regeln. Besondere Anforderungen bestehen, wenn Personen in die Überwachung einbezogen werden, die nicht selbst in der Bestrebung oder für die Bestrebung tätig sind. Je nach Eingriffsintensität der Maßnahme kann es erforderlich sein, diese vor ihrer Durchführung einer Kontrolle durch eine unabhängige Stelle zu unterziehen.
3. Die Übermittlung personenbezogener Daten und Informationen durch eine Verfassungsschutzbehörde an eine andere Stelle begründet einen erneuten Grundrechtseingriff. Dessen Rechtfertigung ist jedenfalls, wenn die Daten mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben wurden, nach dem Kriterium der hypothetischen Neuerhebung zu beurteilen. Danach kommt es darauf an, ob der empfangenden Behörde zu dem jeweiligen Übermittlungszweck eine eigene Datenerhebung und Informationsgewinnung mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln wie der vorangegangenen Überwachung durch die Verfassungsschutzbehörde erlaubt werden dürfte. Eine Übermittlung durch eine Verfassungsschutzbehörde setzt stets voraus, dass dies dem Schutz eines besonders gewichtigen Rechtsguts dient. Die Anforderungen an die Übermittlungsschwelle unterscheiden sich hingegen danach, an welche Stelle übermittelt wird.
a) Die Übermittlung an eine Gefahrenabwehrbehörde setzt voraus, dass sie dem Schutz eines besonders gewichtigen Rechtsguts dient, für das wenigstens eine hinreichend konkretisierte Gefahr besteht.
b) Die Übermittlung an eine Strafverfolgungsbehörde kommt nur zur Verfolgung besonders schwerer Straftaten in Betracht und setzt voraus, dass ein durch bestimmte Tatsachen begründeter Verdacht vorliegt, für den konkrete und verdichtete Umstände als Tatsachenbasis vorhanden sind.
c) Die Übermittlung an eine sonstige Stelle ist nur zum Schutz eines besonders gewichtigen Rechtsguts zulässig. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Übermittlungsschwelle unterscheiden sich nach dem Eingriffsgewicht, das auch davon abhängt, welche operativen Anschlussbefugnisse die empfangende Behörde hat. Eine Übermittlung an eine Verfassungsschutzbehörde kommt in Betracht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie die Information zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall benötigt.
d) Für die Übermittlung ins Ausland gelten die gleichen Anforderungen wie für die inländische Übermittlung. Außerdem setzt sie einen datenschutzrechtlich angemessenen und mit elementaren Menschenrechtsgewährleistungen vereinbaren Umgang mit den übermittelten Informationen im Empfängerstaat und eine entsprechende Vergewisserung voraus.
4. Das Gebot der Normenklarheit setzt der Verwendung gesetzlicher Verweisungsketten Grenzen. Unübersichtliche Verweisungskaskaden sind mit den grundrechtlichen Anforderungen nicht vereinbar.
 
Urteil
des Ersten Senats vom 26. April 2022 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2021
– 1 BvR 1619/17 –
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde 1. des Herrn (...), 2. des Herrn (...), 3. des Herrn (...), – Bevollmächtigte: 1. Prof. Dr. Matthias Bäcker, LL.M., Bevollmächtigter zu Ziffer 1 bis 3, 2. Rechtsanwalt David Werdermann, LL.M., Bevollmächtigter zu Ziffer 2, 3. Rechtsanwalt Dr. Bijan Moini, Bevollmächtigter zu Ziffer 3 – gegen Artikel 8a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, Satz 2 bis 5, Artikel 8b, Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, Absatz 3, Artikel 9, Artikel 10 Absatz 1, Artikel 11 Absatz 2 Satz 3, Artikel 12 Absatz 1, Artikel 15 Absatz 2 und 3, Artikel 16 Absatz 1, Artikel 17 Absatz 2 Satz 1, Artikel 18 Absatz 1, Artikel 19 Absatz 1, Artikel 19a Absatz 1, Absatz 3 Satz 1 und 4, Artikel 20 Absatz 1, Artikel 23 Absatz 1 Satz 1 und 3 Nummer 1 und 2, Artikel 25 Absatz 1, Absatz 1a, Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 1, Nummer 2 und 3 des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG) vom 12. Juli 2016, zuletzt geändert durch § 3 des Gesetzes vom 23. Juli 2021 (BayGVBl Seite 418).
 
Entscheidungsformel:
1. Artikel 15 Absatz 3 des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG) vom 12. Juli 2016 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 145), das zuletzt durch § 3 des Gesetzes zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes und weiterer Rechtsvorschriften vom 23. Juli 2021 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 418) geändert worden ist, verstößt gegen Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes und ist nichtig.
2. Artikel 9 Absatz 1 Satz 1, Artikel 10 Absatz 1, Artikel 12 Absatz 1, Artikel 18 Absatz 1, Artikel 19 Absatz 1, Artikel 19a Absatz 1, Artikel 25 Absatz 1 Nummer 1 2. Alternative, Artikel 25 Absatz 1 Nummer 3, Artikel 25 Absatz 1a, Artikel 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Nummer 3, Artikel 25 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2, Artikel 8b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Artikel 8b Absatz 3 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz sind mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, Artikel 10 Absatz 1, Artikel 13 Absatz 1 und 4 des Grundgesetzes nicht vereinbar.
3. Bis zu einer Neuregelung, längstens jedoch bis zum 31. Juli 2023, gelten die für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Vorschriften mit den folgenden Maßgaben fort:
Maßnahmen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 und gemäß Artikel 10 Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz dürfen nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes, für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse geboten ist, ergriffen werden und nur dann, wenn geeignete polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut ansonsten nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Dabei ist Artikel 8a Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz mit der Maßgabe der widerleglichen Vermutung anzuwenden, dass Erkenntnisse, die bei einer Wohnraumüberwachung gewonnen werden, den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen.
Auf der Grundlage von Artikel 12 Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz dürfen technische Mittel nicht so eingesetzt werden, dass die Bewegungen des Mobilfunkendgeräts einer beobachteten Person über einen längeren Zeitraum hinweg nachverfolgt werden.
Eine Maßnahme nach Artikel 18 Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz oder nach Artikel 19 Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz ist nach höchstens sechs Monaten zu beenden, wenn sie nicht zur Erforschung einer Bestrebung unerlässlich ist, die auf die Begehung besonders schwerer Straftaten gerichtet ist, welche die in § 3 Absatz 1 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz – BVerfSchG) vom 20. Dezember 1990 (Bundesgesetzblatt I Seite 2954), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts vom 5. Juli 2021 (Bundesgesetzblatt I Seite 2274), genannten Schutzgüter gefährden. Ist der Einsatz gezielt gegen bestimmte Personen gerichtet, ist Artikel 19a Absatz 2 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz entsprechend anzuwenden.
Auf der Grundlage von Artikel 19a Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz dürfen technische Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen und zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes nur dann verdeckt eingesetzt werden, wenn dies zur Erforschung einer Bestrebung unerlässlich ist, die auf die Begehung besonders schwerer Straftaten gerichtet ist, welche die in § 3 Bundesverfassungsschutzgesetz genannten Schutzgüter gefährden und die weiteren gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.
Eine Übermittlung von mit nachrichtendienstlichen Mitteln erlangten personenbezogenen Daten und Informationen gemäß Artikel 25 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz ist nur zum Schutz eines Rechtsguts von herausragendem öffentlichem Interesse zulässig; dem entspricht eine Begrenzung auf besonders schwere Straftaten. Außerdem müssen die nach Maßgabe der Urteilsgründe an den jeweiligen Übermittlungsanlass zu stellenden Anforderungen erfüllt sein.
4. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde teilweise verworfen und teilweise zurückgewiesen.
5. Der Freistaat Bayern hat den Beschwerdeführern die Hälfte ihrer notwendigen Auslagen aus dem Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
[Inhaltsverzeichnis S. 5-12]            
 
Gründe:
 
A.
Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Verfassungsmäßigkeit von Vorschriften des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG) vom 12. Juli 2016 (BayGVBl S. 145; erheblich geändert durch Gesetz vom 12. Juni 2018, BayGVBl S. 382), in denen die Befugnisse des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz geregelt sind.
I. Entstehung der angegriffenen Normen
Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer im Juli 2017 erhobenen Verfassungsbeschwerde gegen verschiedene Regelungen des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes. Der Bayerische Gesetzgeber hatte dieses im Jahr 2016 durch Neufassung umfassend novelliert. Neu geregelt wurden die Datenerhebungsbefugnisse einschließlich der nachrichtendienstlichen Mittel des Landesamts sowie dessen Befugnisse, Daten und Informationen an andere Stellen zu übermitteln.
Ziel der Novelle war insbesondere, die Zusammenarbeit von Nachrichtendiensten, Polizei- und sonstigen Sicherheitsbehörden zu verbessern. Angesichts des hohen Bedrohungs- und Gefährdungspotenzials durch den islamistischen Terrorismus und seine Folgewirkungen komme der engen und effektiven Zusammenarbeit existenzielle Bedeutung zu. Außerdem hätten die von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren eingesetzte Bund-Länder-Kommission "Rechtsterrorismus" und der Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags ebenso wie die von zahlreichen anderen Landesparlamenten und vom Deutschen Bundestag eingesetzten Untersuchungsausschüsse gezeigt, dass der Prozess zur Reform des Verfassungsschutzes auch gesetzgeberisches Handeln erfordere. Innerhalb der Sicherheitsarchitektur habe der Verfassungsschutz die unverzichtbare Aufgabe, Bedrohungen bereits im Vorfeld einer konkreten Gefahr zu identifizieren. Die Reform des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes beschränke sich nicht nur auf punktuelle Anpassungen. Durch logische Umstrukturierung, redaktionelle Überarbeitung und Straffung des Gesetzes werde der Verfassungsschutz in Bayern auf eine moderne und tragfähige gesetzliche Grundlage gestellt. Die Neufassung setze dazu auf bundeseinheitlich geltende rechtsstaatliche Standards, wie sie im Artikel 10-Gesetz (G 10) und dem Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) niedergelegt seien (vgl. BayLTDrucks 17/10014, S. 1 f.).
Aufgrund des kurz vor der Neufassung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes ergangenen Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeskriminalamtgesetz (BVerfGE 141, 220) sah der Bayerische Gesetzgeber weiteren Handlungsbedarf, den er durch das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes vom 12. Juni 2018 (BayGVBl S. 382) umsetzte (vgl. BayLTDrucks 17/20763, S. 1).
Auch die im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz in Bezug genommenen Normen des Bundesrechts wurden während des Verfassungsbeschwerdeverfahrens geändert. Insbesondere wurden die in Art. 15 BayVSG zitierten Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl I S. 1190) mit Ablauf des 30. November 2021 aufgehoben und überwiegend durch Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes vom 23. Juni 2021 (BGBl I S. 1858) ersetzt. Am 2. März 2022 wurde ein Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung zu Änderungen des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes und des Bayerischen Datenschutzgesetzes veröffentlicht (BayLTDrucks 18/21537), der insoweit Anpassungen vorsieht. Außerdem sollen die ursprünglich mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Art. 13 BayVSG und Art. 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bayerischen Datenschutzgesetzes vom 15. Mai 2018 (BayGVBl S. 230) gestrichen werden.
II. Verfahrensrelevante Normen im Wortlaut
Das Bayerische Verfassungsschutzgesetz unterscheidet zwischen allgemeinen Befugnissen der Informationsverarbeitung in Art. 5 BayVSG, der speziellen Befugnis zur Erhebung von Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln in Art. 8 BayVSG und besonderen nachrichtendienstlichen Mitteln, die in Art. 9 bis Art. 19a BayVSG nochmals spezieller geregelt sind. Für die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten gilt Art. 8b Abs. 1 BayVSG. Die Informationsübermittlung einschließlich der Übermittlung personenbezogener Daten durch das Landesamt an andere Stellen ist allgemein in Art. 25 BayVSG geregelt. Spezielle Regeln für die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten, die durch eine Wohnraumüberwachung oder durch einen verdeckten Zugriff auf informationstechnische Systeme erlangt wurden, finden sich in Art. 8b Abs. 2 BayVSG. Für die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten, die durch besondere Auskunftsersuchen nach Art. 15 Abs. 2 und Abs. 3 sowie nach Art. 16 Abs. 1 BayVSG erlangt wurden, regelt Art. 8b Abs. 3 BayVSG spezielle Anforderungen.
Die für das Verfahren relevanten Normen des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes und die darin in Bezug genommenen Vorschriften des Bundes- und Landesrechts haben in den hier maßgeblichen Fassungen den folgenden Wortlaut:
1. Allgemeine Befugnisse
    Art. 5 BayVSG – Allgemeine Befugnisse
Der in Bezug genommene Art. 3 BayVSG lautet wie folgt:
    Art. 3 BayVSG – Aufgaben
Der hier in Bezug genommene § 3 BVerfSchG lautet auszugsweise:
Die in Art. 3 BayVSG aufgeführten Beobachtungsobjekte des Verfassungsschutzes sind in Art. 4 BayVSG definiert:
Der in Bezug genommene § 4 BVerfSchG lautet aktuell:
    (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind
    a) Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen;
    b) Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen;
    c) Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen.
    Für einen Personenzusammenschluß handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Bestrebungen im Sinne des § 3 Absatz 1 können auch von Einzelpersonen ausgehen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln. In diesem Fall gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Verhaltensweise der Einzelperson darauf gerichtet sein muss, die dort genannten Ziele zu verwirklichen. Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Sinne des § 3 Abs. 1 ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte.
    (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen:
    a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
    b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
    c) das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
    d) die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
    e) die Unabhängigkeit der Gerichte,
    f) der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und
    g) die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.
2. Nachrichtendienstliche Mittel
Die landesrechtliche Generalklausel für den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel findet sich in Art. 8 BayVSG:
3. Besondere nachrichtendienstliche Mittel
Besondere nachrichtendienstliche Mittel sind in Art. 9 bis Art. 19a BayVSG speziell geregelt. Zu einigen dieser Befugnisregelungen sieht das Gesetz spezielle flankierende Vorschriften vor.
a) Art. 9 und Art. 10 BayVSG regeln die Wohnraumüberwachung und die sogenannte Online-Durchsuchung.
aa) Art. 9 BayVSG – Verdeckter Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung
Der in Art. 9 Abs. 1 Satz 3 BayVSG in Bezug genommene § 3 Abs. 2 Satz 1 G 10 lautet:
bb) Art. 10 BayVSG – Verdeckter Zugriff auf informationstechnische Systeme
cc) Flankierende Verfahrensregelungen finden sich in Art. 11 BayVSG, der folgenden Wortlaut hat:
Die in Art. 11 Abs. 2 Satz 3 BayVSG in Bezug genommenen § 10 Abs. 2 und Abs. 3 und § 12 Abs. 1 und Abs. 3 G 10 lauten:
b) Art. 12 BayVSG regelt die Ortung von Mobiltelefonen und die Ermittlung ihrer Geräte- oder Kartennummer.
Der in Art. 12 Abs. 2 BayVSG in Bezug genommene § 10 Abs. 1 G 10 lautet:
    § 10 G 10 – Anordnung
c) Art. 15 und Art. 16 BayVSG regeln besondere Auskunftsersuchen.
aa) Art. 15 BayVSG – Auskunftsersuchen im Schutzbereich des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses
Die in Art. 15 BayVSG enthaltenen Verweise auf das Telekommunikationsgesetz bezogen sich auf die Gesetzesfassung vor der Neufassung zum 1. Dezember 2021. Die in Art. 15 Abs. 3 BayVSG zitierten §§ 113a ff. TKG a.F. sind nun in §§ 175 ff. TKG n.F. geregelt.
bb) Art. 16 BayVSG – Weitere Auskunftsersuchen
cc) Flankierende Verfahrensregelungen zu Art. 14 bis Art. 16 BayVSG finden sich in Art. 17 BayVSG, der folgenden Wortlaut hat:
d) Art. 18 und Art. 19 BayVSG regeln den Einsatz von Verdeckten Mitarbeitern und von Vertrauensleuten:
    (1) Das Landesamt darf eigene Mitarbeiter unter einer ihnen verliehenen und auf Dauer angelegten Legende (Verdeckte Mitarbeiter) einsetzen.
    (2) Verdeckte Mitarbeiter dürfen weder zur Gründung von Bestrebungen nach Art. 3 noch zur steuernden Einflussnahme auf derartige Bestrebungen eingesetzt werden. Sie dürfen in Personenzusammenschlüssen oder für diese tätig werden, auch wenn dadurch ein Straftatbestand verwirklicht wird. Im Übrigen dürfen Verdeckte Mitarbeiter im Einsatz bei der Beteiligung an Bestrebungen solche Handlungen vornehmen, die
    1. nicht in Individualrechte eingreifen,
    2. von den an den Bestrebungen Beteiligten derart erwartet werden, dass sie zur Gewinnung und Sicherung der Nachrichtenzugänge unumgänglich sind, und
    3. nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts stehen.
    Sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Verdeckter Mitarbeiter rechtswidrig einen Straftatbestand von erheblicher Bedeutung verwirklicht hat, wird sein Einsatz unverzüglich beendet und die Strafverfolgungsbehörde unterrichtet. Über Ausnahmen von Satz 4 entscheidet die Behördenleitung oder ihre Vertretung.
    (3) Bei Einsätzen zur Erfüllung der Aufgabe nach Art. 3 Satz 2 gilt § 9a Abs. 3 BVerfSchG entsprechend.
    (4) Für Mitarbeiter, die verdeckt Informationen in sozialen Netzwerken und sonstigen Kommunikationsplattformen im Internet erheben, gelten die Abs. 2 und 3 sowie § 9a Abs. 3 BVerfSchG entsprechend, auch wenn sie nicht unter einer auf Dauer angelegten Legende tätig werden.
e) Art. 19a BayVSG regelt länger andauernde Observationen und hat folgenden Wortlaut:
f) Das Gesetz regelt übergreifende Anforderungen an die Nutzung der verschiedenen nachrichtendienstlichen Befugnisse.
aa) Der Kernbereichsschutz ist übergreifend in Art. 8a BayVSG geregelt:
Der in Art. 8a Abs. 1 Satz 5 BayVSG in Bezug genommene § 3a G 10 wurde zum 9. Juli 2021 um einen Absatz 2 erweitert. Die nunmehr in Absatz 1 enthaltenen Sätze 4 bis 7 G 10 lauten:
bb) Berichtspflichten des Staatsministeriums und des Parlamentarischen Kontrollgremiums sind in Art. 20 BayVSG geregelt:
cc) Eine übergreifende Regelung der Auskunftsansprüche von Betroffenen findet sich in Art. 23 BayVSG:
4. Weiterverarbeitungs- und Übermittlungsbefugnisse
Das Gesetz regelt die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten allgemein in Art. 8b Abs. 1 BayVSG. Die Weiterverarbeitung von Daten, die aus Maßnahmen nach Art. 9 oder Art. 10 BayVSG gewonnen wurden (Wohnraumüberwachung und Online-Durchsuchung), richtet sich nach Art. 8b Abs. 2 BayVSG. Die Weiterverarbeitung von Daten, die aus Maßnahmen nach Art. 15 Abs. 2 oder Abs. 3 oder aus Art. 16 Abs. 1 BayVSG erlangt wurden (Auskunftsersuchen), richtet sich nach Art. 8b Abs. 3 BayVSG. Die Informationsübermittlung durch das Landesamt an andere Stellen ist in Art. 25 BayVSG geregelt. Sofern Daten übermittelt werden, die aus Maßnahmen nach Art. 9 oder Art. 10 BayVSG beziehungsweise nach Art. 15 Abs. 2 oder Abs. 3 oder aus Art. 16 Abs. 1 BayVSG erlangt wurden, gelten wiederum Art. 8b Abs. 2 und Abs. 3 BayVSG. Die Regelungen haben folgenden Wortlaut:
a) Art. 8b BayVSG – Zweckbindung
b) Art. 25 BayVSG – Informationsübermittlung durch das Landesamt
    (1) Das Landesamt darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten, auch wenn sie mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben wurden, an inländische öffentliche Stellen übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass der Empfänger die Informationen benötigt
    1. zum Schutz der von Art. 3 umfassten Rechtsgüter oder sonst für Zwecke der öffentlichen Sicherheit,
    2. für Zwecke der Strafverfolgung, der Strafvollstreckung, des Strafvollzugs und der Gnadenverfahren oder
    3. zur Erfüllung anderer ihm zugewiesener Aufgaben, sofern er dabei auch zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beizutragen oder Gesichtspunkte der öffentlichen Sicherheit oder auswärtige Belange zu würdigen hat, insbesondere
    a) im Rahmen der Überprüfung der Verfassungstreue von Personen, die sich um Einstellung in den öffentlichen Dienst bewerben, mit deren Einwilligung,
    b) in Ordensverfahren zur Verleihung des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland – mit Ausnahme der Verdienstmedaille – und des Bayerischen Verdienstordens oder
    c) bei einer im besonderen öffentlichen Interesse liegenden Überprüfung von Personen mit deren Einwilligung.
    (1a) Abs. 1 gilt entsprechend für die Übermittlung von Informationen an
    1. öffentliche und nicht-öffentliche Stellen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union,
    2. zwischen- und überstaatliche Stellen der Europäischen Union oder deren Mitgliedstaaten und
    3. öffentliche Stellen von Staaten, welche die Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes auf Grund eines Assoziierungsübereinkommens mit der Europäischen Union über die Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstandes anwenden.
    (2) Informationen, die mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben wurden, dürfen an die Staatsanwaltschaften, die Finanzbehörden nach § 386 Abs. 1 AO, die Polizeien, die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden, die Behörden des Zollfahndungsdienstes sowie andere Zolldienststellen, soweit diese Aufgaben nach dem Bundespolizeigesetz wahrnehmen, nur übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass der Empfänger die Informationen benötigt
    1. zum Schutz des Bestands oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder von Leib, Leben, Gesundheit, Freiheit oder sexueller Selbstbestimmung einer Person oder Sachen, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse geboten ist,
    2. zur Verhinderung, sonstigen Verhütung oder Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
    3. wenn der Empfänger die Informationen auch mit eigenen Befugnissen in gleicher Weise hätte erheben können.
    Unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG ist das Landesamt zur Übermittlung verpflichtet.
    (3) Das Landesamt darf Informationen im Sinne des Abs. 1 auch übermitteln an
    1. Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte, soweit die Bundesrepublik Deutschland dazu im Rahmen des Art. 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (BGBl 1961 II S. 1183, 1218) in der jeweils geltenden Fassung verpflichtet ist,
    2. ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass die Übermittlung zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist, es sei denn, auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland stehen der Übermittlung entgegen,
    3. nicht-öffentliche Stellen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass dies zum Schutz der von Art. 3 umfassten Rechtsgüter erforderlich ist und das Staatsministerium der Übermittlung zugestimmt hat; die Zustimmung kann auch für eine Mehrzahl von gleichartigen Fällen vorweg erteilt werden.
    Die Übermittlung hat zu unterbleiben, wenn im Einzelfall ein datenschutzrechtlich angemessener und die elementaren Menschenrechte wahrender Umgang mit den Daten beim Empfänger nicht hinreichend gesichert ist.
    (4) Art. 8b Abs. 2 und 3 bleibt unberührt. Der Empfänger darf die Informationen nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt worden sind. Der Empfänger ist auf die Verwendungsbeschränkung und in den Fällen des Abs. 3 darauf hinzuweisen, dass das Landesamt sich vorbehält, um Auskunft über die Verwendung der Daten zu bitten.
    (5) Zur Übermittlung nach den Abs. 1 bis 3 ist auch das Staatsministerium befugt; Abs. 4 gilt entsprechend.
Der in Art. 25 Abs. 2 Satz 2 BayVSG in Bezug genommene § 20 BVerfSchG lautet wie folgt:
Besondere Übermittlungsverbote sind in Art. 27 BayVSG geregelt:
III. Die Verfassungsbeschwerde
Die Beschwerdeführer sind Mitglieder und zum Teil aktive Funktionsträger von Organisationen, die durch das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet und auch in dessen Verfassungsschutzberichten erwähnt werden. Sie wenden sich mit ihrer im Juli 2017 erhobenen Verfassungsbeschwerde gegen verschiedene im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz geregelte Datenerhebungs- und Übermittlungsbefugnisse. Sie rügen die Verletzung von Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG. In Folge der zwischenzeitlichen Änderungen durch das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes vom 12. Juni 2018 und eines Gesetzentwurfs der Bayerischen Staatsregierung vom 2. März 2022 (BayLTDrucks 18/21537) haben sie Teile ihrer ursprünglichen Rügen zurückgenommen, die Verfassungsbeschwerde auf neue Regelungen erweitert und ergänzend vorgetragen. Insbesondere haben sie in Reaktion auf den jüngsten Gesetzentwurf im Nachgang der mündlichen Verhandlung die Verfassungsbeschwerde zurückgenommen, soweit Art. 13 BayVSG und Art. 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayDSG angegriffen waren.
1. Die Beschwerdeführer halten die im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz vorgesehenen Eingriffsvoraussetzungen für unzureichend. Allgemein seien an Eingriffsschwellen desto höhere Anforderungen zu stellen, je schwerer der geregelte Überwachungseingriff wiege. Auch im Nachrichtendienstrecht verschärften sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen mit der Eingriffsintensität. Bei besonders eingriffsintensiven Maßnahmen konvergierten die Anforderungen an nachrichtendienstliche und an polizeirechtliche Ermächtigungen. Für Wohnraumüberwachungen ergebe sich dies bereits aus Art. 13 Abs. 4 GG. Insgesamt seien zwar Aufklärungsmaßnahmen der Nachrichtendienste ohne oder von geringer Eingriffsintensität zulässig, ohne dass ein konkretisierter Verdacht bestehen müsse. Hingegen erforderten personengerichtete Überwachungsmaßnahmen hoher Eingriffsintensität eine situationsbezogene Schadens- oder eine personenbezogene Gefährlichkeitsprognose. Der Gefahrbegriff im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeskriminalamtgesetz sei für das Nachrichtendienstrecht anschlussfähig (Verweisung auf BVerfGE 141, 220 [272 f. Rn. 112]).
Die Befugnisse zur Durchführung von Wohnraumüberwachungen (Art. 9 BayVSG) und Online-Durchsuchungen (Art. 10 BayVSG) seien verfassungswidrig, weil ihr Ziel nicht darauf begrenzt werde, dringende Gefahren abzuwehren. Vielmehr könne das Landesamt eine konkret eingetretene Gefahr als Ausgangspunkt nutzen, um weiterreichende Überwachungsziele zu verfolgen. Zudem genüge der Kernbereichsschutz auch nach Einführung des Art. 8a BayVSG nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
In weiteren Vorschriften seien vor allem die Eingriffsschwellen defizitär. So könne die Handyortung nach Art. 12 BayVSG eine hohe Eingriffsintensität erreichen, gerade wenn sie über einen längeren Zeitraum hinweg andauere und so die Erstellung eines Bewegungsprofils ermögliche. Die vorgesehene Eingriffsschwelle einer schwerwiegenden Gefahr für von Art. 3 BayVSG umfasste Schutzgüter sei dafür zu unbestimmt. Weder könne der polizeirechtliche Gefahrbegriff zur Konkretisierung herangezogen werden, noch existiere ein hinreichend klarer nachrichtendienstlicher Gefahrenbegriff. Zudem blieben die relevanten Schutzgüter zu unklar. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in der ein gleichartiger Eingriffstatbestand gebilligt worden sei (Verweisung auf BVerfGE 120, 274 [348 f.]), bedürfe einer Neubewertung.
Dies gelte auch hinsichtlich der Regeln zu Auskunftsersuchen in Art. 15 Abs. 2 und Art. 16 BayVSG, die ebenfalls die Eingriffsschwelle einer schwerwiegenden Gefahr für die von Art. 3 BayVSG umfassten Schutzgüter verwendeten. Art. 15 Abs. 3 BayVSG verstoße gegen Bundesrecht und sei gemäß Art. 31 GG nichtig. Er verpflichte die zur Erhebung von Vorratsdaten verpflichteten Diensteanbieter zu einer Übermittlung an das Landesamt. Die Diensteanbieter seien dazu jedoch nicht berechtigt, da ihnen § 113c Abs. 1 Nr. 2 TKG a.F. nur eine Übermittlung an Gefahrenabwehrbehörden erlaube.
Die Eingriffsschwellen für den Einsatz verdeckt tätiger Personen in Art. 18 und Art. 19 BayVSG und für Observationen in Art. 19a BayVSG seien zu niedrig. Für den Einsatz verdeckt agierender Personen reiche nach der gesetzlichen Regelung bereits die allgemeine Schwelle des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayVSG aus, wonach lediglich tatsächliche Anhaltspunkte für nach Art. 3 BayVSG beobachtungswürdige Bestrebungen oder Tätigkeiten vorliegen müssten. Dies genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, da durch diese Maßnahmen in erheblichem Ausmaß schutzwürdiges Vertrauen enttäuscht werden könne, was einen Grundrechtseingriff gehobener Intensität bewirke. Daher sei schon bei nicht personengerichteten Einsätzen eine hinsichtlich des Objekts der Aufklärung qualifizierte Eingriffsschwelle wie zum Beispiel in § 9a Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG nötig. Beim personengerichteten Einsatz sei das Eingriffsgewicht noch weiter gesteigert. Es bedürfe eines hinreichend gewichtigen Anlasses und einer präzisen und restriktiven Beschreibung möglicher Zielpersonen.
Auch die Observation nach Art. 19a BayVSG könne je nach den Umständen eine hohe Eingriffsintensität erreichen. Dafür genüge die vorgesehene Eingriffsschwelle nicht. Insbesondere setze sie keine Gewaltbereitschaft der beobachteten Bestrebung voraus. Zudem könne jeglicher Verdacht einer Beteiligung an der betreffenden Bestrebung ausreichen, um Zielperson der Maßnahme zu werden.
2. a) Auch die Übermittlungsbefugnisse nach Art. 25 BayVSG, die die Beschwerdeführer angreifen, soweit mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhobene Daten betroffen sind, verfehlten zum Teil die verfassungsrechtlichen Anforderungen. Für Datenübermittlungen an Polizei- und Strafverfolgungsbehörden gelte verfassungsrechtlich ein informationelles Trennungsprinzip. Im BKA-Urteil des Bundesverfassungsgerichts sei dies durch das Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung allgemeingültig konkretisiert worden.
Danach sei Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 BayVSG verfassungswidrig. Er erlaube eine Übermittlung generell für Zwecke der öffentlichen Sicherheit. Dies ermögliche die Übermittlung an nahezu beliebige Empfangsbehörden, sobald diesen die Information nur nützlich sein könne. Eine qualifizierte Übermittlungsschwelle sei aber nicht nur im Verhältnis der Nachrichtendienste zu Empfangsbehörden mit polizeilichen Zwangsbefugnissen nötig, sondern auch bei Übermittlungen an andere Behörden. Verfassungswidrig sei auch der noch weiter gefasste Art. 25 Abs. 1 Nr. 3 BayVSG, der die Übermittlung praktisch vollständig freigebe, da so gut wie jede Behörde berufen sei, die dort genannten Belange zu beachten.
Art. 25 Abs. 1a BayVSG teile durch den Verweis auf Absatz 1 die dortigen Mängel und vertiefe sie.
Auch die Übermittlungsbefugnis zur Verhinderung, sonstigen Verhütung und Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung in Art. 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVSG sei verfassungswidrig, weil dafür bereits Delikte aus dem Bereich der mittleren Kriminalität ausreichen könnten. Zudem gebe es zahlreiche Straftaten von erheblicher Bedeutung, die bereits im Vorfeld strafbarer Rechtsgutverletzungen verwirklicht würden. Hier drohe der Eingriffsanlass zu entgrenzen. Weiterhin gewährleiste der unscharfe Begriff der Verhütung von Straftaten nicht, dass der erforderliche Ermittlungsansatz in jedem Fall bereits vorliege. Die in Art. 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVSG enthaltene Übermittlungsermächtigung greife zwar das Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung auf, enthalte jedoch keinen eigenständigen Übermittlungstatbestand; der Bayerische Gesetzgeber müsse aber die Voraussetzungen einer Datenübermittlung selbst festlegen. Zu weit gefasst sei auch Art. 25 Abs. 2 Satz 2 BayVSG in Verbindung mit der bundesrechtlichen Übermittlungsvorschrift in § 20 BVerfSchG. Der Begriff des Staatsschutzdelikts in § 20 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG umfasse auch Straftaten von geringem Gewicht.
Die Übermittlung nach Art. 25 Abs. 3 Satz Nr. 2 und Nr. 3 BayVSGsei ebenfalls ungenügend geregelt. Die Norm ermögliche eine Übermittlung in das Ausland zur Wahrung unspezifischer "erheblicher Sicherheitsinteressen" des Empfängers, ohne die zu schützenden Rechtsgüter oder den Übermittlungsanlass zu konkretisieren. Bei Übermittlungen an nicht öffentliche Stellen nach Art. 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BayVSG bestehe ein hohes Risiko der zweckentfremdenden Nutzung, das nur in besonders gewichtigen Fällen hinnehmbar sei.
b) Art. 8b Abs. 2 BayVSG sei verfassungswidrig, weil eine zweckändernde Weiterverarbeitung von Daten aus den besonders eingriffsintensiven Überwachungsmaßnahmen nach Art. 9 und Art. 10 BayVSG nur grundrechtskonform sei, wenn deren Erhebungsvoraussetzungen wiederum vorlägen. Der in Art. 8b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVSG in Bezug genommene Straftatenkatalog des § 100b Abs. 2 StPO umfasse jedoch Vorfeldtatbestände, die nicht zwangsläufig voraussetzten, dass ein Schaden für Rechtsgüter hinreichend konkret absehbar sei. Auch Art. 8b Abs. 3 BayVSG, der für die Weiterverarbeitung von Daten aus Maßnahmen nach Art. 15 Abs. 2 und Abs. 3 sowie Art. 16 Abs. 1 BayVSG auf § 4 G 10 verweist, sei schon deshalb verfassungswidrig, weil an dieser Stelle eine dynamische Verweisung unzulässig sei. Zudem wiesen die damit in Bezug genommenen Übermittlungstatbestände des § 4 Abs. 4 G 10 verfassungsrechtliche Mängel auf.
3. Weiterhin bestünden verfahrensrechtliche Defizite.
a) So fehle für Maßnahmen nach Art. 12, Art. 18, Art. 19 und Art. 19a BayVSG eine Vorabkontrolle durch eine unabhängige Stelle. Soweit diese für andere Maßnahmen vorgesehen sei, seien die inhaltlichen Vorgaben für die Überwachungsanordnung zu unspezifisch, weil durchweg auf das Artikel 10-Gesetz verwiesen werde.
b) Auch die transparenzschaffenden Regelungen genügten nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Eine Benachrichtigung der Betroffenen sei nicht im gebotenen Ausmaß gewährleistet. Für Maßnahmen nach Art. 12, Art. 15 Abs. 1, Art. 18 und Art. 19 BayVSG fehle eine Benachrichtigungspflicht ganz. Soweit bei anderen Maßnahmen eine Benachrichtigung vorgesehen sei, werde auf § 12 Abs. 1 G 10 verwiesen, der aber zu weite Ausschlusstatbestände enthalte.
Auch die Regelungen zum Auskunftsanspruch in Art. 23 BayVSG seien defizitär. Ein gebundener Auskunftsanspruch bestehe nur, wenn ein besonderes Interesse dargelegt werde. Die Auskunft erstrecke sich nicht auf die Herkunft personenbezogener Daten und die Empfänger von Übermittlungen. Zudem reiche der Ausschluss in Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BayVSG zu weit.
c) Schließlich genügten die parlamentarische und öffentliche Kontrolle der eingriffsintensiven Überwachungsmaßnahmen und der nachfolgenden Datenverarbeitungen nicht den grundrechtlichen Anforderungen. Die in Art. 20 Abs. 1 BayVSG enthaltenen Pflichten zur Berichterstattung reichten nicht weit genug. Sie erfassten nicht alle berichtspflichtigen Vorgänge. Insbesondere erstrecke sich die Berichtspflicht des Parlamentarischen Kontrollgremiums an den Landtag nicht auf den Einsatz von Verdeckten Mitarbeitern und Vertrauensleuten. Die verfassungsrechtlich gebotene Berichterstattung an die Öffentlichkeit sei nicht sichergestellt. Die Berichtspflichten umfassten nicht den weiteren Umgang mit den durch eingriffsintensive Überwachungsmaßnahmen erlangten personenbezogenen Daten. Die Berichtspflichten reichten auch inhaltlich nicht weit genug. Es fehle an der Pflicht zur Berichterstattung darüber, inwieweit die Betroffenen über diese Maßnahmen benachrichtigt worden seien.
IV. Stellungnahmen
Zu der Verfassungsbeschwerde haben der Bayerische Landtag, die Bayerische Staatsregierung und der Bayerische Landesbeauftragte für Datenschutz Stellung genommen.
1. Bayerische Staatsregierung
Die Bayerische Staatsregierung hält die Verfassungsbeschwerde teils für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.
a) Allgemein führt die Staatsregierung aus, das Grundgesetz setze die Existenz von Nachrichtendiensten in Art. 10 Abs. 2 Satz 2, Art. 45d, Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b, Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG voraus. Dies legitimiere die nachrichtendienstliche Aufgabe heimlicher Informationsbeschaffung und schließe aufgabenadäquate Ermächtigungen ein. Zwischen den Anforderungen an die Eingriffsbefugnisnormen für Polizei und Verfassungsschutz könne der Gesetzgeber differenzieren. Dies rechtfertigte sich zum einen daraus, dass die Nachrichtendienste in den Schutz von Staat und Verfassung in der spezifischen Modalität eines Informationsdienstleisters eingebunden seien. Dafür seien ein hinreichendes Maß an Vertraulichkeit und Ausschluss der Öffentlichkeit unabdingbar. Zum anderen sei das Landesamt zwar mit weitreichenden Informationserhebungsbefugnissen ausgestattet, habe aber keine operativ-polizeilichen Befugnisse. Dies rechtfertige, ihm Ermittlungen und Überwachungen teils unter niedrigeren Voraussetzungen zu erlauben als anderen Behörden.
Insbesondere liege es nicht nahe, Maßnahmen des Verfassungsschutzes durchgängig an das Vorliegen konkreter Gefahren zu binden. Zwar könnten für Befugnisse mit erheblicher Eingriffsintensität konkret drohende oder auch dringende oder schwerwiegende Gefahren gefordert werden. Mit Blick auf die Besonderheiten der Nachrichtendienste stehe damit indes nicht fest, dass die Anforderungen an polizeiliche und nachrichtendienstliche Befugnisnormen durchweg konvergieren müssten. Die analytische Auswertung durch den Nachrichtendienst vor einer Übermittlung an Polizeibehörden entfalte besonderen Grundrechtsschutz. Das Bayerische Verfassungsschutzgesetz enthalte ein den gebotenen Differenzierungen entsprechend abgestuftes Modell, indem es für wenig eingriffsintensive Maßnahmen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsschutzrelevante Tätigkeiten oder Bestrebungen fordere, für Eingriffe mittlerer Intensität eine schwerwiegende Gefahr für die von Art. 3 BayVSG umfassten Schutzgüter und für die eingriffsintensiven Maßnahmen der Wohnraumüberwachung und der Online-Durchsuchung eine dringende Gefahr für höchste Rechtsgüter.
Ähnliches gelte für die Verantwortlichkeit der Betroffenen. Der Funktion der Nachrichtendienste als Vorfeldaufklärer würde es nicht gerecht, für die Bestimmung des Adressaten eines Informationseingriffs generell die polizeirechtliche Störerdogmatik heranzuziehen. Für nicht auf bestimmte Personen bezogene Maßnahmen reiche es grundsätzlich, dass diese zur Erforschung von beobachtungsbedürftigen Bestrebungen erforderlich seien. Für die eingriffsintensiven Maßnahmen in Art. 9, Art. 10 und Art. 19a BayVSG bestünden ausdrückliche Adressatenregelungen. Für weniger eingriffsintensive Maßnahmen liege eine Orientierung an den Adressatenregelungen der Art. 9 Abs. 2, Art. 10 Abs. 3 und Art. 19a Abs. 2 BayVSG im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung nahe.
Soweit die angegriffenen Vorschriften nicht in spezielle Grundrechte eingriffen, komme das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zum Tragen. Dieses sei 1983 entwickelt worden. In der heutigen Gesellschaft habe die Empfindlichkeit gegenüber der Verarbeitung personenbezogener Daten erheblich nachgelassen. Auch habe sich die Bedrohungslage grundlegend geändert. Der gesellschaftliche Wandel gebiete es, frühere Annahmen kritisch zu reflektieren. Hier sei dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum eigenverantwortlicher Bewertung einzuräumen. Andernfalls werde die rechtsstaatliche Gewaltenteilung relativiert.
b) Die Bayerische Staatsregierung hält die jeweils angegriffenen Befugnisse für verfassungsgemäß.
aa) Art. 9 BayVSG genüge der in Art. 13 Abs. 4 GG vorgesehenen Gefahrenschwelle. Die Tätigkeit des Landesamts müsse sich in dem in Art. 3 BayVSG in Verbindung mit § 3 BVerfSchG enthaltenen Aufgabenbereich halten, der als Zielbeschreibung diene. Die erhobenen Daten würden unter Beachtung von Art. 8b Abs. 2 BayVSG nur im Rahmen dringender Gefahren für die in Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG genannten Rechtsgüter verwendet oder um die Strafverfolgungsbehörden über besonders schwere Straftaten zu informieren. Der Kernbereichsschutz werde durch Art. 8a BayVSG ausreichend gewährleistet. Einer gesetzlichen Vermutungsregelung der Kernbereichsrelevanz bedürfe es für Gespräche in Wohnräumen nicht. Dies könne beim Vollzug der Maßnahme sichergestellt werden. Dass die Sichtung durch eine unabhängige Stelle lediglich in Zweifelsfällen vorgesehen sei, sei in Abweichung von den im BKA-Urteil für das Polizeirecht aufgestellten Anforderungen wegen des fehlenden Risikos unmittelbar intervenierender Folgemaßnahmen unbedenklich. Zudem sei durch Art. 28 Abs. 2 BayVSG eine regelmäßige Ex-post-Kontrolle durch den Landesbeauftragten für Datenschutz vorgesehen.
Hinsichtlich Art. 10 BayVSG sei eine parallele Ausgestaltung zu der Eingriffsschwelle und zum Kernbereichsschutz bei Wohnraumüberwachungen gewählt worden.
bb) Maßnahmen nach Art. 12 BayVSG hätten keine erhöhte Eingriffsintensität. Die Ermächtigung werde in der Praxis nicht genutzt, um ein umfassendes Bewegungsprofil zu erstellen. In jedem Fall sei die Eingriffsschwelle der tatsächlichen Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Gefahr für die in Art. 3 BayVSG erfassten Schutzgüter ausreichend. Wegen der verhältnismäßig geringen Eingriffstiefe einerseits und der spezifischen Funktionsbedingungen nachrichtendienstlicher Tätigkeit in Hinblick auf Transparenz und Kontrolle andererseits sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass keine gerichtliche Vorabkontrolle und keine Benachrichtigungspflicht geregelt seien.
cc) Dass Art. 15 Abs. 2 und Art. 16 Abs. 1 BayVSG den Datenzugriff erlauben, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Gefahr für die von Art. 3 BayVSG umfassten Schutzgüter vorliegen, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es gehe um den Schutz besonders gewichtiger Rechtsgüter, welche die Erhebung personenbezogener Daten in relativ weitem Umfang rechtfertigten (Verweisung auf BVerfGE 141, 220 [339 Rn. 320]). Der Begriff der "schwerwiegenden Gefahr" sei nicht zu unbestimmt und lasse sich konkretisieren.
Art. 15 Abs. 3 BayVSG stehe auch nicht in Widerspruch zu § 113c Abs. 1 Nr. 1 TKG a.F. Der Begriff der "Gefahrenabwehrbehörde" werde dort nicht näher definiert. Dem Wortlaut nach könne auch das Landesamt erfasst sein, zu dessen Aufgaben es gehöre, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln, die (auch) der Abwehr von Gefahren für wichtige Rechtsgüter dienten. Die Nachrichtendienste stünden nicht außerhalb der Sicherheitsarchitektur, sondern seien deren integraler Bestandteil. Auch § 113 Abs. 3 TKG a.F. gebiete keine andere Auslegung. Selbst wenn die Ansicht der Beschwerdeführer zuträfe, sei aber nur die Übermittlung nach § 113b TKG a.F. ausgeschlossen. Art. 15 Abs. 3 BayVSG werde dadurch nicht sinnlos, sondern behalte eine Reservefunktion.
dd) Für Eingriffe nach Art. 18 und Art. 19 BayVSG sei die allgemeine Eingriffsschwelle des Art. 5 Abs. 1 BayVSG ausreichend. Die in tatsächlicher Hinsicht relativ niedrige Eingriffsschwelle sei gerechtfertigt, weil auf der einen Seite die Rechtsgüter des Verfassungsschutzes besondere Bedeutung hätten und auf der anderen Seite der Eingriff bei Maßnahmen nach Art. 18 und Art. 19 BayVSG wegen der offenen Kommunikationsstrukturen regelmäßig nicht schwer wiege. Die bloße Existenz verdeckt agierender Personen stelle noch keinen Grundrechtseingriff dar. Grundrechtliche Relevanz habe es erst, wenn der Staat die verdeckt agierende Person gezielt dazu einsetze, Vertrauen auszunutzen und so Informationen zu gewinnen. Dann liege ein Eingriff in das von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht vor, der aber nicht besonders tief sei, da die verdeckt agierende Person als solche offen handele.
Der Einsatz verdeckt agierender Personen setze ein hohes Maß an Vertraulichkeit voraus, was der vorherigen Zustimmung einer unabhängigen Stelle entgegenstehe. Durch Behördenleitervorbehalte sei das "Vier-Augen-Prinzip" gewahrt.
ee) Observationen außerhalb von Wohnungen nach Art. 19a BayVSG erreichten nicht dieselbe Eingriffstiefe wie Wohnraumüberwachungen oder Online-Datenerhebungen. Soweit die Beschwerdeführer hier eine "hinreichende Gefährdungsprognose" forderten, würden sie den Schwerpunkt nachrichtendienstlicher Tätigkeit im Bereich der Vorfeldaufklärung verkennen. Zudem seien nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayVSG "tatsächliche Anhaltspunkte" erforderlich, sodass es durchaus eine hinreichend konkrete, wenn auch weit im Vorfeld liegende Gefährdungsprognose geben müsse. Dass untergeordnete und legale Tätigkeiten ausreichen könnten, liege an der Besonderheit nachrichtendienstlicher Tätigkeit.
Dass die Durchführung der Maßnahme nicht an die Entscheidung einer unabhängigen Stelle, sondern der Behördenleitung gebunden sei, sei zur Gewährleistung nachhaltiger Vertraulichkeit gerechtfertigt. Richtervorbehalte setzten zudem voraus, dass eine überschaubare Erkenntnislage bestehe, die eine externe Stelle nach Aktenlage beurteilen könne. Insbesondere im Vorfeldbereich seien Bewertungen aufgrund geringer Tatsachendichte aber generell stärker abhängig von Erfahrung, Fachwissen und nachrichtendienstlichen Erkenntnislagen, über die ein aus dem Nachrichtendienstbetrieb ausgelagertes Organ unter Wahrung der operativen Sicherheit nicht angemessen verfügen könne.
ff) Die Übermittlungsermächtigungen in Art. 25 wie auch in Art. 8b Abs. 2 und Abs. 3 BayVSG seien verfassungsgemäß. In der Übermittlung von Informationen durch das Landesamt nach Art. 25 BayVSG liege keine Zweckänderung und damit auch kein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff. Der Aufgabenbereich des Landesamts sei nicht auf das Sammeln von Informationen beschränkt. Ein Nachrichtendienst könne seinen Schutzauftrag aber mangels exekutiv-polizeilicher Befugnisse nur durch Weitergabe seiner Erkenntnisse erfüllen. Darin liege gerade ein wesentlicher Zweck der Datenerhebung. Selbst wenn man einen Eingriff annehme, sei dieser aber gerechtfertigt. Die Übermittlung analytisch aufbereiteter und verdichteter Erkenntnisse durch das Landesamt weise eine geringere Eingriffsintensität auf als ihre hypothetische Neuerhebung.
Die in Art. 25 Abs. 1 BayVSG vorgesehene Übermittlung an inländische öffentliche Stellen, die diese Informationen zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen, diene verfassungsrechtlich legitimen Zwecken. Weiterhin sei der normative Kontext der Vorschrift zu beachten. Für Daten aus den besonders eingriffsintensiven Maßnahmen der verdeckten Wohnraumüberwachung und der Online-Datenerhebung enthalte Art. 8b Abs. 2 BayVSG besondere gesetzliche Regelungen, die einer Datenübermittlung entgegenstehen könnten. Zudem sei eine Übermittlung an Staatsanwaltschaften nur nach Art. 25 Abs. 2 BayVSG möglich. Außerdem könnten im Einzelfall nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 1 BayVSG schutzwürdige Interessen der Betroffenen gegenüber dem Interesse an der Übermittlung überwiegen.
Die Befugnis in Art. 25 Abs. 1a BayVSG zur Übermittlung an Stellen innerhalb der Europäischen Union und an öffentliche Stellen von Staaten, welche die Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes anwenden, trage dem EU-rechtlichen Äquivalenzgrundsatz Rechnung. Dass nicht auf die Voraussetzungen für eingriffsintensive Übermittlungen nach Art. 25 Abs. 2 BayVSG verwiesen werde, habe seinen Grund darin, dass das in den Art. 25 Abs. 1 und Abs. 2 BayVSG zum Ausdruck kommende informationelle Trennungsprinzip in anderen Staaten der Europäischen Union unbekannt sei. Darauf dürfe der Gesetzgeber im Interesse einer funktionierenden Kooperation Rücksicht nehmen. Dafür spreche auch die Integrationsfreundlichkeit des Grundgesetzes.
Auch Art. 25 Abs. 2 BayVSG sei verfassungsgemäß. Der in Art. 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVSG enthaltene Verweis auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" sei weder zu unbestimmt noch zu weitgehend. Art. 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVSG entspreche den Anforderungen des Kriteriums der hypothetischen Datenneuerhebung. Die Übermittlungspflicht in Art. 25 Abs. 2 Satz 2 BayVSG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 und Abs. 2 BVerfSchG trage dem besonderen Gewicht des Staatsschutzes Rechnung.
Art. 25 Abs. 3 BayVSG sei ebenfalls verfassungsgemäß. Die in Satz 1 Nr. 2 geregelte Kooperation mit anderen Staaten liege im erheblichen Sicherheitsinteresse der Bundesrepublik. Auch die in Art. 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BayVSG vorgesehene Informationsübermittlung an Private sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Da erhebliche sicherheitsrelevante Elemente der Infrastruktur in privater Trägerschaft stünden, müsse der Verfassungsschutz auch an private Stellen Informationen übermitteln können. Dabei seien die Einhaltung des Art. 25 Abs. 3 Satz 2 BayVSG sowie nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 1 BayVSG die entgegenstehenden Interessen des Betroffenen zu beachten.
Außerdem gelte als Eingriffsschwelle bei der Übermittlung personenbezogener Daten aus Maßnahmen nach Art. 9 und Art. 10 BayVSG auch Art. 8b Abs. 2 BayVSG. Die Kritik der Beschwerdeführer an der Erfassung von Vorfeldtatbeständen verkenne die besondere Aufgabe der Nachrichtendienste als Vorfeldinformationsdienstleister. Lägen dem Staat Hinweise auf Straftaten nach den §§ 89a und 129a StGB vor, gebiete das Untermaßverbot eine hinreichend effektive Informationsübermittlung.
Auch die Übermittlungsermächtigung des Art. 8b Abs. 3 BayVSG in Verbindung mit § 4 Abs. 4 G 10 für Daten aus Auskunftsersuchen nach Art. 15 und Art. 16 BayVSG sei verfassungsgemäß. Da die Datenerhebung in Grundrechte aus Art. 10 GG eingreife, sei es naheliegend, für die Übermittlung § 4 Abs. 4 G 10 heranzuziehen. Die dortige Übermittlungsschwelle habe das Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet (Verweisung auf BVerfGE 100, 313).
gg) Dass ein gebundener Auskunftsanspruch nach Art. 23 BayVSG nur bei Darlegung eines besonderen Interesses bestehe, schütze das Landesamt vor systematischen Ausforschungsanträgen. Dass sich die Auskunft nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen erstrecke, diene insbesondere dem Quellen- und Methodenschutz. Die Einschränkung auf strukturiert in automatisierten Dateien gespeicherte Daten sei durch die Funktionsbedingungen des Landesamts begründet, da andere Daten nicht durch eine automatische Suche aufgefunden werden könnten.
hh) Zu Benachrichtigungspflichten, die zu einer Gefährdung nachrichtendienstlicher Quellen, Methoden und Aufklärungsansätze führen könnten, sehe das Gesetz ein sachgerechtes und nach Eingriffsintensität abgestuftes Regelungskonzept vor. So könne angesichts der regelmäßig nur geringen Eingriffsintensität für Maßnahmen nach Art. 8 und Art. 12 BayVSG von einer Benachrichtigungspflicht abgesehen werden. Soweit Art. 19a Abs. 3 Satz 4 BayVSG eine Benachrichtigungspflicht nur bei eingriffsintensiveren Überwachungen vorsehe, bestünden keine Bedenken. Für den Einsatz Verdeckter Mitarbeiter und von Vertrauenspersonen (Art. 18, Art. 19 BayVSG) sei keine Benachrichtigungspflicht vorgesehen, weil die verdeckt agierenden Personen ansonsten unbeherrschbaren Gefahren ausgesetzt würden und dieses Mittel ansonsten in der Praxis unanwendbar wäre. Im Übrigen werde die Benachrichtigung hinreichend durch Verweisungen auf § 12 G 10 geregelt. Die darin enthaltenen Einschränkungen seien den Besonderheiten nachrichtendienstlicher Tätigkeit geschuldet.
ii) Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Transparenz und Kontrolle seien wegen der Besonderheiten der Nachrichtendienste insbesondere im Vergleich zum Polizeirecht reduziert. Das verfassungsrechtliche Mindestmaß sei gewährleistet. Das Landesamt sei nach Art. 1 BayVSG eine dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration unmittelbar nachgeordnete Behörde und unterliege als solche allgemein dessen staatlicher Aufsicht. Die verfassungsrechtliche Verantwortung jedes Staatsministers gegenüber dem Landtag sei hinsichtlich des Landesamts nicht eingeschränkt. Dementsprechend besäßen die Abgeordneten des Landtags ein allgemeines Kontrollrecht, auch wenn dieses hier durch Geheimhaltungsinteressen eingeschränkt sein könne. In Ergänzung zur allgemeinen Staatsaufsicht übe der Staatsminister die Dienstaufsicht aus. Daneben bestehe die Kontrolle durch den Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz.
Weiterhin erfolge eine parlamentarische Kontrolle nach Maßgabe des Parlamentarischen-Kontrollgremium-Gesetzes. Art. 20 BayVSG sehe eine regelmäßige Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums über eingriffsintensive Maßnahmen des Landesamts vor. Dass sich die Berichtspflicht des Gremiums an den Landtag nicht auf den Einsatz verdeckter Personen erstrecke, sei wegen der Schutzpflicht des Staates für diese Personen und der Notwendigkeit erfolgreicher Rekrutierung gerechtfertigt.
2. Bayerischer Landtag
Der Bayerische Landtag hat sich der Stellungnahme der Bayerischen Staatsregierung angeschlossen. Die unmodifizierte Übertragung der im BKA-Urteil entwickelten Vorgaben sei nicht geboten. Zudem stelle sich die Frage, ob die bisherige Interpretation des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung angesichts der umfassenden und vielseitigen Datennutzung und -preisgabe im 21. Jahrhundert noch trage. Die sehr konkreten aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip im engeren Sinne abgeleiteten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gingen "an die Grenzen der Abgrenzung Rechtsprechung – Gesetzgebung". Die Grenzen zwischen Exekutive, Legislative und Judikative müssten wieder klar gezogen werden. Der Freistaat Bayern habe eine Gestaltung getroffen, die einerseits die informationellen Selbstbestimmungsrechte Dritter achte, andererseits aber auch das Sicherheitsbedürfnis der Bürger und den Glauben an den Rechtsstaat stärke.
3. Bayerischer Landesbeauftragter für Datenschutz
Nach Auffassung des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz legen die Ausführungen im BKA-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 141, 220) eine Übertragung auf heimliche Überwachungsmaßnahmen anderer Sicherheitsbehörden nahe. Dass dem Verfassungsschutz keine exekutiv-polizeilichen Befugnisse zustünden, verringere das Eingriffsgewicht nicht wesentlich. Der Datenschutzbeauftragte verweist auf seine Stellungnahme, die er im Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes im Jahre 2016 zu den damaligen Regelungsvorschlägen abgegeben hat. Zu der Regelung über den Abruf von Vorratsdaten teilte er dort die Ansicht, dass das Landesamt keine "Gefahrenabwehrbehörde" im Sinne des § 113c Abs. 1 Nr. 2 TKG a.F. sei. Nicht nachvollziehbar sei, warum der Einsatz von Verdeckten Mitarbeitern und Vertrauensleuten nicht wenigstens auf gewaltanwendende Bestrebungen beschränkt sei. Dass die – allerdings später noch modifizierten – Regelungen zur Übermittlung von Daten den verfassungsrechtlichen Anforderungen voll entsprächen, hielt er für zweifelhaft. Der Datenaustausch müsse einem herausragenden öffentlichen Interesse dienen, was durch hinreichend konkrete und qualifizierte Eingriffsschwellen zu sichern sei. Zudem dürften durch den Austausch nicht die Eingriffsschwellen für die Erlangung der Daten unterlaufen werden. Dies sei nicht hinreichend geregelt. Über seine Stellungnahme im ursprünglichen Gesetzgebungsverfahren hinaus halte er insbesondere die vorgesehenen Protokollierungs-, Benachrichtigungs- und Berichtspflichten für unzureichend. Auch die Regelung zum Kernbereichsschutz in Art. 8a BayVSG sei unzureichend. Es genüge nicht, dass die G 10-Kommission beteiligt werden müsse, wenn Zweifel an der Verwertbarkeit erhobener Daten bestünden.
V. Mündliche Verhandlung
Das Bundesverfassungsgericht hat am 14. Dezember 2021 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Geäußert haben sich die Beschwerdeführer, der Bayerische Landtag durch die Vorsitzende des Ausschusses für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration, die Bayerische Staatsregierung durch den Staatsminister des Innern, für Sport und Integration und das Landesamt für Verfassungsschutz. Als sachkundige Dritte nach § 27a BVerfGG haben sich der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. geäußert.
 
B.
I. Beschwerdegegenstand
1. Die Beschwerdeführer hatten mit ihrer ursprünglichen Beschwerdeschrift vom 21. Juli 2017 und deren Erweiterung vom 30. Juli 2017 eine Reihe von Normen des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes und eine Bestimmung des Bayerischen Datenschutzgesetzes angegriffen. Durch das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes vom 12. Juni 2018 und das Bayerische Datenschutzgesetz vom 15. Mai 2018 wurden die ursprünglich angegriffenen Normen zum Teil verändert. Am 2. März 2022 wurde ein Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung zur erneuten Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes und des Bayerischen Datenschutzgesetzes veröffentlicht (BayLTDrucks 18/21537). Darauf haben die Beschwerdeführer jeweils reagiert. Soweit die Beschwerdeführer ihre Verfassungsbeschwerde zurückgenommen oder für erledigt erklärt haben, war dies zulässig (vgl. dazu BVerfGE 85, 109 [113]; 98, 218 [242 f.]; 126, 1 [17]). Im Übrigen sind die im Laufe des Verfahrens geänderten Vorschriften wirksam in jener Fassung zum Verfahrensgegenstand gemacht worden, die sie durch die Gesetzesänderungen gefunden haben.
2. Im Ergebnis richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen Überwachungsbefugnisse des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz (Art. 9 Abs. 1 Satz 1; Art. 10 Abs. 1; Art. 12 Abs. 1; Art. 15 Abs. 2 und Abs. 3; Art. 16 Abs. 1; Art. 18 Abs. 1; Art. 19 Abs. 1; Art. 19a Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und Satz 4 BayVSG) sowie gegen dessen Weiterverarbeitungs- und Übermittlungsbefugnisse (Art. 8b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3; Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3, Abs. 1a, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 BayVSG).
Darüber hinaus bezeichnen die Beschwerdeführer einige übergreifende Regelungen zur verfahrensmäßigen Ausgestaltung der Überwachung als Verfahrensgegenstand (Art. 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 bis 5; Art. 11 Abs. 2 Satz 3; Art. 17 Abs. 2 Satz 1; Art. 20 Abs. 1; Art. 23 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 BayVSG). Diese sind zwar nicht unmittelbar Beschwerdegegenstand, können aber insbesondere für die Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Befugnisse von Bedeutung sein (vgl. BVerfGE 155, 119 [157 Rn. 64] – Bestandsdatenauskunft II; stRspr; näher unten Rn. 132).
3. Nicht als Beschwerdegegenstand anzusehen ist bei verständiger Auslegung der Verfassungsbeschwerde der von den Beschwerdeführern genannte Art. 8b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVSG. Da sich hierzu kein weiterer Vortrag findet, wäre eine entsprechende Rüge jedenfalls nicht hinreichend substantiiert. Auch soweit die Beschwerdeführer Art. 9 BayVSG formal ohne weitere Einschränkung als Beschwerdegegenstand bezeichnen, finden sich hierzu über Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG hinaus keine Ausführungen zur Sache und ist die Verfassungsbeschwerde entsprechend begrenzend auszulegen. Art. 15 Abs. 1 BayVSG ist ebenfalls entgegen der Bezeichnung durch die Beschwerdeführer nicht als Beschwerdegegenstand anzusehen, weil sie hierzu neben der allgemeinen Beanstandung unzureichender Benachrichtigungspflichten nichts vortragen. Art. 25 BayVSG greifen die Beschwerdeführer nur an, soweit die Übermittlung von Daten ermöglicht wird, die unter Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gewonnen wurden. Obwohl sie keine weitere Einschränkung vorgenommen haben, ergibt sich aus ihrer Beschwerdebegründung bei verständiger Auslegung außerdem, dass nur Teile von Art. 25 Abs. 1 BayVSG beanstandet werden. So bemängeln sie dessen Nummer 1 inhaltlich nur insoweit, als eine Übermittlung "für Zwecke der öffentlichen Sicherheit" erlaubt wird. Darüber hinaus greifen sie nur noch Art. 25 Abs. 1 Nr. 3 BayVSG an. Dessen Regelungsgehalt haben die Beschwerdeführer in ihrer ursprünglichen Beschwerdeschrift als damalige Nummer 2 beanstandet. Sie sind darauf nach den Änderungen des Gesetzes in ihrem erweiterten Vortrag nicht eingegangen. Es wird jedoch deutlich, dass sie an ihrer ursprünglichen Rüge in der Sache festhalten wollen. Die Verfassungsbeschwerde ist so auszulegen, dass sie nunmehr Art. 25 Abs. 1 Nr. 3, nicht aber Art. 25 Abs. 1 Nr. 2 BayVSG zum Gegenstand haben soll. Sollten weitere Übermittlungstatbestände des Art. 25 Abs. 1 BayVSG angegriffen sein, fehlte es dazu jedenfalls an Ausführungen.
II. Zulässigkeit
Die Verfassungsbeschwerde ist zum Teil unzulässig, weil die Beschwerdeführer hinsichtlich einiger der angegriffenen Normen ihre Beschwerdebefugnis nicht hinreichend dargelegt haben und hinsichtlich einiger Normen die Anforderungen der Subsidiarität im weiteren Sinne nicht gewahrt sind.
1. Maßstäbe
a) Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde setzt nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG die Behauptung voraus, durch einen Akt der öffentlichen Gewalt in Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt zu sein (Beschwerdebefugnis) (vgl. BVerfGE 140, 42 [54 Rn. 47]). Dazu müssen sowohl die Möglichkeit der Grundrechtsverletzung (aa) als auch die eigene, unmittelbare und gegenwärtige Betroffenheit (bb) den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechend dargelegt sein (vgl. BVerfGE 125, 39 [73]; 159, 355 [375 Rn. 25] – Bundesnotbremse II).
aa) Der die behauptete Rechtsverletzung enthaltende Vorgang muss substantiiert und schlüssig vorgetragen sein und der Vortrag muss die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung hinreichend deutlich erkennen lassen (vgl. BVerfGE 130, 1 [21]; 140, 229 [232 Rn. 9]). Eine genaue Bezeichnung des Grundrechts, dessen Verletzung geltend gemacht wird, ist nicht erforderlich. Dem Vortrag muss sich aber entnehmen lassen, inwiefern sich die Beschwerdeführenden durch den angegriffenen Hoheitsakt in ihren Rechten verletzt sehen (vgl. BVerfGE 115, 166 [180]). Die Verfassungsbeschwerde hat sich dabei mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinanderzusetzen (vgl. BVerfGE 101, 331 [345 f.]). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt sein sollen (BVerfGE 159, 223 [273 Rn. 89] – Bundesnotbremse I m.w.N.; stRspr).
Ist die Verletzung einer Schutzpflicht gerügt, muss die Darlegung besonderen Anforderungen genügen. Eine mögliche Grundrechtsverletzung der Beschwerdeführenden geht hier aus dem Vortrag regelmäßig nur dann hervor, wenn sich dieser nicht in pauschalen Behauptungen und punktuell herausgegriffenen, angeblichen Unzulänglichkeiten der Rechtslage erschöpft. Erforderlich ist vielmehr, den gesetzlichen Regelungszusammenhang insgesamt zu erfassen, wozu – je nach Fallgestaltung – zumindest gehört, dass die einschlägigen Regelungen des als unzureichend beanstandeten Normkomplexes jedenfalls in Grundzügen dargestellt werden und begründet wird, warum vom Versagen der gesetzgeberischen Konzeption auszugehen ist (BVerfGE 158, 170 [191 f. Rn. 51] – IT-Sicherheitslücken).
bb) Für die Darlegung der eigenen und gegenwärtigen (1) sowie der unmittelbaren (2) Betroffenheit gelten bei einer Verfassungsbeschwerde gegen eine gesetzliche Ermächtigung zu heimlichen Überwachungsmaßnahmen besondere Anforderungen.
(1) Erfolgt die konkrete Beeinträchtigung erst durch die Vollziehung der angegriffenen Vorschriften, erlangen die Betroffenen jedoch in der Regel keine Kenntnis von den Vollzugsakten, reicht es für die Möglichkeit der eigenen und gegenwärtigen Betroffenheit aus, darzulegen, mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die auf den angegriffenen Rechtsnormen beruhenden Maßnahmen in eigenen Grundrechten berührt zu werden (vgl. BVerfGE 155, 119 [160 Rn. 75]). Ein Vortrag, für sicherheitsgefährdende oder nachrichtendienstlich relevante Aktivitäten verantwortlich zu sein, ist zum Beleg der Selbstbetroffenheit grundsätzlich ebenso wenig erforderlich wie Darlegungen, durch die sich Beschwerdeführende selbst einer Straftat bezichtigen müssten (vgl. BVerfGE 130, 151 [176 f.]; stRspr).
Für die Wahrscheinlichkeit eigener Betroffenheit spricht eine große Streubreite der Überwachungsmaßnahme, wenn die Maßnahme also nicht auf einen tatbestandlich eng umgrenzten Personenkreis zielt, insbesondere wenn sie auch Dritte in großer Zahl zufällig erfassen kann. Hingegen kann nicht ohne Weiteres von der Wahrscheinlichkeit eigener Betroffenheit ausgegangen werden, wenn durch die Begrenzung auf bestimmte Eingriffsschwellen und zu schützende Rechtsgüter ein deutlicher Einzelfallbezug verlangt ist oder wenn ein Richtervorbehalt besteht. Dann bedarf es näherer Darlegungen, warum dennoch eine individuelle Betroffenheit hinreichend wahrscheinlich ist. In besonderen Fällen müssen die Beschwerdeführenden darüber hinaus nähere Aussagen zu Art und Gegenstand der möglicherweise überwachbaren Techniken und Dienste sowie dem eigenen Nutzungsverhalten treffen. Dies ist erforderlich, wenn sonst nicht ohne Weiteres erkennbar ist, ob bei der Nutzung überhaupt Daten anfallen, die in den Fokus sicherheitsrechtlicher Behördenaktivitäten geraten könnten (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. April 2021 – 1 BvR 1732/14 –, Rn. 33 f., 42).
(2) Bedürfen die angegriffenen Regelungen erst der Umsetzung durch Vollzugsakte, ist im Falle heimlicher Überwachungsmaßnahmen dennoch von einer unmittelbaren Betroffenheit durch ein vollziehungsbedürftiges Gesetz auszugehen, wenn Beschwerdeführende den Rechtsweg nicht beschreiten können, weil sie keine Kenntnis von der Maßnahme erlangen oder wenn eine nachträgliche Bekanntgabe zwar vorgesehen ist, von ihr aber aufgrund weitreichender Ausnahmetatbestände auch langfristig abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 155, 119 [159 Rn. 73]).
b) Besondere Zulässigkeitsanforderungen ergeben sich auch aus der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde. Zwar steht unmittelbar gegen Parlamentsgesetze kein ordentlicher Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 BVerfGG zur Verfügung, der vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde erschöpft werden müsste. Die Verfassungsbeschwerde muss aber auch den Anforderungen der Subsidiarität im weiteren Sinne genügen. Die Anforderungen der Subsidiarität beschränken sich nicht darauf, nur die zur Erreichung des unmittelbaren Prozessziels förmlich eröffneten Rechtsmittel zu ergreifen, sondern verlangen, alle Mittel zu nutzen, die der geltend gemachten Grundrechtsverletzung abhelfen können. Damit soll erreicht werden, dass das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen treffen muss, sondern zunächst die für die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts primär zuständigen Fachgerichte die Sach- und Rechtslage aufgearbeitet haben. Der Grundsatz der Subsidiarität erfordert deshalb grundsätzlich, vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern. Das gilt auch, wenn zweifelhaft ist, ob ein entsprechender Rechtsbehelf statthaft ist und im konkreten Fall in zulässiger Weise eingelegt werden kann.
Wenn sich die Beschwerdeführenden unmittelbar gegen ein Gesetz wenden, kann daher auch die Erhebung einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage zu den zuvor zu ergreifenden Rechtsbehelfen gehören. Das ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn die Vorschriften abschließend gefasst sind und die fachgerichtliche Prüfung günstigstenfalls dazu führen kann, dass das angegriffene Gesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wird. Ausschlaggebend ist auch dann, ob die fachgerichtliche Klärung erforderlich ist, um zu vermeiden, dass das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidungen auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage trifft. Ein solcher Fall wird in der Regel gegeben sein, wenn die angegriffenen Vorschriften auslegungsbedürftige und -fähige Rechtsbegriffe enthalten, von deren Auslegung und Anwendung es maßgeblich abhängt, inwieweit Beschwerdeführende durch die angegriffenen Vorschriften tatsächlich und rechtlich beschwert sind.
Soweit die Beurteilung einer Norm allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, die das Bundesverfassungsgericht zu beantworten hat, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Prüfung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten wären, bedarf es einer vorangehenden fachgerichtlichen Entscheidung hingegen nicht. Außerdem ist es zur Wahrung des Grundsatzes der Subsidiarität nicht erforderlich, vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine straf- oder bußgeldbewehrte Rechtsnorm zu verstoßen und sich dem Risiko einer entsprechenden Ahndung auszusetzen, um dann im Straf- oder Bußgeldverfahren die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend machen zu können. Darüber hinaus gelten Ausnahmen von der Pflicht zur vorherigen Anrufung der Fachgerichte, wenn die angegriffene Regelung die Beschwerdeführenden zu gewichtigen Dispositionen zwingt, die später nicht mehr korrigiert werden können, wenn die Anrufung der Fachgerichte offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre oder sie sonst nicht zumutbar ist. Dabei ist allerdings die Anrufung der Fachgerichte nicht schon dann als von vornherein aussichtslos anzusehen, wenn Rechtsprechung zugunsten der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs für die gegebene Fallgestaltung noch nicht vorliegt (vgl. zum Ganzen BVerfGE 143, 246 [321 f. Rn. 210]; 145, 20 [54 f. Rn. 85 f.]; 150, 309 [326 f. Rn. 42 ff.]; 158, 170 [199 f. Rn. 68 ff.]; stRspr).
2. Art. 9 Abs. 1 BayVSG
Soweit die Verfassungsbeschwerde gegen Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG gerichtet ist, ist sie zulässig. Die Beschwerdeführer sind insbesondere beschwerdebefugt.
a) Sie haben die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung durch Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG hinreichend dargelegt, soweit sie geltend machen, dass eine Ausrichtung der Überwachungsmaßnahmen auf die Abwehr einer Gefahr fehle und Defizite beim Kernbereichsschutz (vgl. Art. 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 bis 5 BayVSG) bestünden.
Sofern sie darüber hinaus nach der Einführung des Art. 9 Abs. 2 BayVSG an der Rüge festhalten, die richterliche Vorabkontrolle (Art. 9 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 Satz 1 BayVSG) sei verfassungsrechtlich unzureichend ausgestaltet, genügt dies hingegen nicht. Die Beschwerdeführer hatten zunächst gerügt, dass die inhaltlichen Vorgaben für die Überwachungsanordnung teils zu unspezifisch seien. Es kann dahinstehen, ob sie sich insoweit hinreichend mit dem bereits damals in Art. 11 Abs. 2 Satz 3 BayVSG in Bezug genommenen § 10 Abs. 2 Satz 2 G 10 befasst haben. Dieser sieht vor, dass in der schriftlichen Anordnung der Beschränkungsmaßnahme auch deren Umfang zu bestimmen ist. Jedenfalls genügt ihr Vortrag nach der Einführung des Art. 9 Abs. 2 BayVSG durch das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes vom 12. Juni 2018 nicht mehr den Begründungsanforderungen. Dort ist in Satz 1 und Satz 2 ausdrücklich geregelt, auf welche Wohnräume sich die Maßnahme beziehen darf. Damit haben sich die Beschwerdeführer nicht näher befasst.
b) Die Beschwerdeführer haben hinreichend dargelegt, dass sie von einer Maßnahme nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG betroffen sein könnten. Zwar erfolgte eine konkrete Beeinträchtigung erst durch die Vollziehung der angegriffenen Vorschrift. Weil sie davon aber in der Regel keine Kenntnis erlangen (aa), genügt es, dass sie darlegen, mit einiger Wahrscheinlichkeit betroffen zu sein (bb).
aa) Die durch Art. 9 Abs. 1 BayVSG ermöglichte Überwachung von Wohnraum wird heimlich durchgeführt. Den Beschwerdeführern würde nach Art. 11 Abs. 2 Satz 3 BayVSG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 und Abs. 3 G 10 ein Gebrauch der angegriffenen Befugnis nicht ohne Weiteres mitgeteilt. Dort sind Einschränkungen der Mitteilungspflicht vorgesehen, teilweise sogar ihr völliger Entfall. Durch Art. 11 Abs. 2 Satz 4 BayVSG ist die Mitteilungspflicht noch weiter eingeschränkt. Den Beschwerdeführern ist nicht etwa abzuverlangen, zunächst über die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayVSG zu versuchen, Näheres über eine konkrete Betroffenheit zu erfahren. Der Auskunftsanspruch unterliegt nach Art. 23 BayVSG weiten Einschränkungen. Würde eine Auskunft erteilt, hätte sie wegen dieser Einschränkungen nur begrenzte Aussagekraft und könnte nicht zuverlässig belegen, ob die Beschwerdeführer von einer Maßnahme nach Art. 9 Abs. 1 BayVSG betroffen sind oder nicht. Insbesondere erstreckt sich die Auskunft nach Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BayVSG nicht auf die Herkunft der Daten, sodass die Betroffenen im Falle einer Auskunftserteilung nicht zuverlässig über das für die Datenerhebung eingesetzte Mittel informiert wären.
bb) In dieser Situation haben die Beschwerdeführer nach den oben genannten Maßstäben (Rn. 97 f.) hinreichend dargelegt, mit einiger Wahrscheinlichkeit in eigenen Grundrechten betroffen zu sein. Zwar hat die Befugnis nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG keine besondere Streubreite. Die Beschwerdeführer haben aber substantiiert dargelegt, dass für sie aufgrund besonderer persönlicher Umstände eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Überwachung besteht. Insbesondere haben sie vorgetragen, dass sie als Mitglieder von in Bayern durch das Landesamt beobachteten Organisationen mit einiger Wahrscheinlichkeit von Überwachungsmaßnahmen betroffen sein könnten.
3. Art. 10 Abs. 1 BayVSG
Die Verfassungsbeschwerde gegen Art. 10 Abs. 1 BayVSG ist zulässig, soweit die Beschwerdeführer rügen, die Maßnahme sei nicht auf die Abwehr einer Gefahr begrenzt und soweit sie Defizite beim in Art. 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 bis 5 BayVSG geregelten Kernbereichsschutz geltend machen.
Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde hingegen, sofern die Beschwerdeführer beanstanden, die richterliche Vorabkontrolle (Art. 10 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 Satz 1 BayVSG) sei verfassungsrechtlich unzureichend ausgestaltet. Auch hier gehen sie weder näher auf die Bedeutung des durch Art. 11 Abs. 2 Satz 3 BayVSG in Bezug genommenen § 10 Abs. 2 Satz 2 G 10 ein, noch befassen sie sich mit dem neu eingefügten Art. 10 Abs. 3 BayVSG, der Vorgaben hinsichtlich der möglichen Zielsysteme enthält.
Ihr Vortrag erfüllt die verfassungsprozessrechtlichen Darlegungsanforderungen auch nicht, soweit sie geltend machen, Art. 10 BayVSG stehe mit der objektivrechtlichen Dimension des Grundrechts auf Gewährleistung der Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme nicht in Einklang, da er keine begrenzenden Vorgaben dafür enthalte, in welcher Weise die Zielsysteme solcher Überwachungen infiltriert werden dürfen, es aber eine schwerwiegende Bedrohung der IT-Sicherheit darstelle, wenn eine Sicherheitsbehörde eine solche Sicherheitslücke geheim halte, um sie in der Zukunft für Überwachungen nutzen zu können (vgl. dazu BVerfGE 158, 170 [191 f. Rn. 49 ff.]). Erforderlich ist dafür, den gesetzlichen Regelungszusammenhang insgesamt zu erfassen, wozu – je nach Fallgestaltung – zumindest gehört, dass die einschlägigen Regelungen des als unzureichend beanstandeten Normkomplexes jedenfalls in Grundzügen dargestellt werden und begründet wird, warum vom Versagen der gesetzgeberischen Konzeption auszugehen ist. Der Vortrag der Beschwerdeführer wird dem nicht gerecht. Sie sind innerhalb der Verfassungsbeschwerdefrist (§ 93 Abs. 3 BVerfGG) nicht darauf eingegangen, ob Regelungen bestehen, die eine mögliche Schutzpflicht erfüllen könnten (vgl. dazu BVerfGE 158, 170 [192 ff. Rn. 53 ff.). Soweit die Beschwerdeführer auf die Gefahr abstellen, dass das Landesamt wegen der ihm bekannten Schwachstellen selbst Ziel von Kriminalität werden könnte, gehen sie nicht auf Art. 10 Abs. 2 Satz 3 BayVSG ein, der dies möglicherweise adressiert.
4. Art. 12 BayVSG
Die Verfassungsbeschwerde gegen Art. 12 Abs. 1 BayVSG ist zulässig. Insbesondere ist die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung hinreichend dargelegt. Das gilt für die Rüge, die Eingriffsvoraussetzungen seien zu unbestimmt, da zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals der schwerwiegenden Gefahr wegen der nachrichtendienstlichen Besonderheiten nicht auf den polizeilichen Gefahrenbegriff zurückgegriffen werden könne, die Gefahr daher in der Praxis eigenständig verstanden werde, so aber praktisch keine Konturen habe. Auch soweit die Beschwerdeführer rügen, es fehle an einer unabhängigen Vorabkontrolle, haben sie das hinreichend substantiiert dargetan. Sie folgern dies aus dem Eingriffsgewicht dieser Maßnahme, das sie näher begründet haben.
5. Art. 15 Abs. 2 und Abs. 3 BayVSG
Die Verfassungsbeschwerde gegen Art. 15 Abs. 2 BayVSG ist unzulässig (a), gegen Art. 15 Abs. 3 BayVSG hingegen zulässig (b).
a) Die Beschwerdeführer haben ihre Beschwerdebefugnis hinsichtlich Art. 15 Abs. 2 BayVSG nicht hinreichend dargelegt. Sie machen unter Verweis auf ihre Ausführungen zu Art. 12 BayVSG geltend, dass das Merkmal einer schwerwiegenden Gefahr als Eingriffsvoraussetzung einer Überwachungsbefugnis des Landesamts zu unbestimmt sei. Da sich sowohl die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die materielle Eingriffsschwelle als auch die Anforderungen an deren Bestimmtheit nach dem Eingriffsgewicht richten, hätten sie zum Eingriffsgewicht der verschiedenen in Absatz 2 vorgesehenen Maßnahmen vortragen müssen. Daran fehlt es.
b) Die Verfassungsbeschwerde gegen Art. 15 Abs. 3 BayVSG ist zulässig. Die Beschwerdeführer haben substantiiert dargelegt, dass ihre Grundrechte verletzt sein könnten, weil Art. 15 Abs. 3 BayVSG das Landesamt, also die Verfassungsschutzbehörde eines Landes, unter den Voraussetzungen des § 113c Abs. 1 Nr. 2 TKG a.F. zum Abruf von gemäß § 113a TKG a.F. bevorrateten Verkehrsdaten ermächtige, obwohl § 113c Abs. 1 Nr. 2 TKG a.F. den Diensteanbietern die Übermittlung nur an Gefahrenabwehrbehörden erlaube.
Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht insoweit nicht entgegen, dass das Telekommunikationsgesetz neu gefasst wurde (oben Rn. 5), so dass die auf die alte Gesetzesfassung verweisenden Regelungen des Art. 15 BayVSG derzeit ins Leere gehen. Das Rechtsschutzinteresse besteht schon deshalb fort, weil die Bayerische Staatsregierung in der mündlichen Verhandlung bekundet hat, das Landesgesetz bald anpassen zu wollen (vgl. nunmehr zu Art. 15 Abs. 3 BayVSG auch BayLTDrucks 18/21537, S. 4), wodurch sich die von den Beschwerdeführern behaupteten Beeinträchtigungen wiederholen würden (vgl. dazu BVerfGE 103, 44 [58]; 116, 69 [79]; 119, 309 [317]).
6. Art. 16 BayVSG
Zu Art. 16 BayVSG haben die Beschwerdeführer ihre Beschwerdebefugnis nicht hinreichend begründet. Auch hier beanstanden sie, dass das Merkmal einer schwerwiegenden Gefahr als Eingriffsvoraussetzung einer Überwachungsbefugnis des Landesamts zu unbestimmt sei. Allerdings fehlt es an hinreichenden Ausführungen zur Eingriffsintensität, die aber maßgeblich dafür ist, welche verfassungsrechtlichen Anforderungen an die materielle Eingriffsschwelle und deren Bestimmtheit zu richten sind.
7. Art. 18, Art. 19, Art. 19a BayVSG
Die Rügen, Art. 18 und Art. 19 BayVSG wie auch Art. 19a BayVSG seien wegen unzureichender Eingriffsvoraussetzungen und mangels Vorabkontrolle durch eine unabhängige Stelle verfassungswidrig, sind zulässig.
8. Art. 25 BayVSG
Soweit Art. 25 BayVSG angegriffen ist, ist die Verfassungsbeschwerde nur zum Teil zulässig.
a) Die Verfassungsbeschwerde ist bezüglich der allgemeinen Übermittlungsermächtigungen in Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BayVSG zulässig. Die Beschwerdeführer sind insbesondere beschwerdebefugt. Sie haben die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung wie auch eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dargetan, durch die Übermittlungsbefugnisse nach Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BayVSG selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen zu sein. Die Betroffenheit der Beschwerdeführer ergibt sich auch hier daraus, dass sie hinreichend wahrscheinlich von Überwachungsmaßnahmen des Landesamts betroffen sind. Besteht aber die begründete Annahme, dass ihre Daten erhoben und beim Landesamt gesammelt werden könnten, ist auch eine Übermittlung jener Daten und daraus gewonnener Informationen durch das Landesamt hinreichend wahrscheinlich. Wiederum genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, weil auch die Übermittlungen durch das Landesamt heimlich erfolgen. Eine Benachrichtigung ist nicht vorgesehen. Zudem erstreckt sich der Auskunftsanspruch des Art. 23 Abs. 1 BayVSG nach dessen Satz 3 Nr. 1 ausdrücklich nicht darauf, an wen erhobene Daten übermittelt wurden.
b) Für die Regelung zur Übermittlung von Daten ins europäische Ausland in Art. 25 Abs. 1a BayVSG, der wegen der Übermittlungsvoraussetzungen Art. 25 Abs. 1 BayVSG in Bezug nimmt, verweisen die Beschwerdeführer auf die zu Absatz 1 angeführten Mängel. Damit ist die Beschwerdebefugnis hinreichend dargetan, soweit die Verfassungsbeschwerde gegen die Übermittlung an öffentliche Stellen gerichtet ist. Hinsichtlich der Übermittlung an nicht öffentliche Stellen ist die Möglichkeit der Grundrechtsverletzung hingegen nicht substantiiert dargelegt. Hier trägt die Verweisung der Beschwerdeführer auf ihren Vortrag zu Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BayVSG nicht, weil dieser nur Übermittlungen an öffentliche Stellen erlaubt.
c) Die Verfassungsbeschwerde ist bezüglich der Regelungen zur Übermittlung an Polizei, Staatsanwaltschaften, Polizeibehörden und weitere Spezialbehörden in Art. 25 Abs. 2 BayVSG nur zum Teil zulässig.
aa) Soweit die Beschwerdeführer die Übermittlungsbefugnis nach Art. 25 Abs. 2 Satz 1Nr. 2 und Nr. 3BayVSG rügen, ist ihre Verfassungsbeschwerde zulässig.
bb) Die Beanstandung der Übermittlungspflicht in Art. 25 Abs. 2 Satz 2 BayVSG ist hingegen unzulässig. Die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung ist nicht hinreichend dargelegt. Satz 2 statuiert eine Pflicht zur Übermittlung und verweist insofern auf § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 sowie Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG. Die Beschwerdeführer kritisieren, dass die Definition der Staatsschutzdelikte in § 20 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG zu weit reiche und bei entsprechender Motivation des Täters auch Straftaten von geringem Gewicht wie Beleidigungen oder Sachbeschädigungen umfasse. Die Möglichkeit der Grundrechtsverletzung legen sie mit ihrem äußerst knappen Vortrag aber nicht hinreichend dar.
(1) Soweit die Beschwerdeführer vortragen, die über Art. 25 Abs. 2 Satz 2 BayVSG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative BVerfSchG in Bezug genommenen Straftaten reichten zu weit, gehen sie auf die dort genannten Kataloge der §§ 74a und 120 GVG nicht ein. Dass die Bezugnahme der ersten Alternative des § 20 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG auf die dort genannten Katalogstraftaten in der von den Beschwerdeführern zitierten Literatur unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten kritisch gesehen wird, kann einen eigenen Vortrag nicht ersetzen. Es wird auch nicht deutlich, ob ein Mangel in diesen Katalogen gesehen wird oder ob erst die in der zweiten Alternative genannte Auffangklausel den beanstandeten Mangel begründen soll.
(2) Hinsichtlich des durch Art. 25 Abs. 2 Satz 2 BayVSG in Bezug genommenen § 20 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative BVerfSchG ist der Vortrag ebenfalls überaus knapp gehalten. Tatsächlich grenzt die Vorschrift zwar die zur Übermittlung ermächtigenden Straftaten nicht der Schwere nach ein. Abgrenzungskriterium ist nach der vom Gesetzgeber gewählten Systematik lediglich eine verfassungsfeindliche Zielsetzung oder Motivation des Täters oder dessen Verbindung zu einer entsprechenden Organisation, und dass daraus tatsächliche Anhaltspunkte dafür folgen, dass die Straftat gegen die in Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchstaben b und c GG genannten Schutzgüter gerichtet ist. Inwiefern dies unzureichend sein soll und, wie die Beschwerdeführer vortragen, etwa bereits eine Beleidigung bei entsprechender Zielsetzung erfasse, erläutern sie jedoch nicht. Sie hätten hier näher darlegen müssen, welche Auslegung von § 20 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative BVerfSchG ihnen vor Augen steht und von ihnen für bedenklich gehalten wird.
d) Soweit die Verfassungsbeschwerde gegen Art. 25 Abs. 3 BayVSG gerichtet ist, ist sie ebenfalls nur zum Teil zulässig.
aa) Die Beschwerdeführer haben zu der Übermittlung an ausländische öffentliche, über- und zwischenstaatliche Stellen nach Art. 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayVSG die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung hinreichend dargelegt, soweit sie die dort genannten Übermittlungsvoraussetzungen gerügt haben.
Ihre übrigen Rügen sind hingegen nicht hinreichend substantiiert. Soweit die Beschwerdeführer rügen, es fänden sich keine Vorgaben zum Datenschutzniveau bei der Empfängerstelle, trifft dies nach der Einführung des Art. 25 Abs. 3 Satz 2 BayVSG durch das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes vom 12. Juni 2018 nicht mehr zu. Hierauf sind sie nicht eingegangen. Auch soweit die Beschwerdeführer geltend machen, es fehle an den erforderlichen verfahrensrechtlichen Sicherungen, ist dies nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Sie benennen weder, welche Sicherungen sie für geboten halten, noch führen sie konkret aus, inwiefern das Gesetz diese Anforderungen verfehlt. Soweit die Beschwerdeführer kritisieren, dass Art. 25 Abs. 4 Satz 3 BayVSG nur den Vorbehalt einer bloßen "Bitte" um Auskunft zur Verwendung der Daten vorsehe, ist dies zu knapp. Insbesondere gehen die Beschwerdeführer auch insofern nicht auf die neu aufgenommene Einschränkung für Übermittlungen in das Ausland in Art. 25 Abs. 3 Satz 2 BayVSG ein. Auch mit den Übermittlungsverboten des Art. 27 BayVSG, die ergänzend zur Anwendung kommen und nach denen schutzwürdige Interessen der Betroffenen zu berücksichtigen sind, setzen sie sich nicht auseinander.
bb) Die gegen die in Art. 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BayVSG geregelte Befugnis zur Übermittlung an nicht öffentliche Stellen gerichtete Rüge ist unzulässig. Die Beschwerdeführer haben die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung insoweit nicht hinreichend substantiiert aufgezeigt. Sie legen zwar dar, warum sie Übermittlungen an nicht öffentliche Stellen wegen des möglichen weiteren Umgangs mit den übermittelten Daten für riskant halten. Jedoch befassen sie sich auch hier nicht mit dem zwischenzeitlich eingefügten Art. 25 Abs. 3 Satz 2 BayVSG, der die Weitergabe von Informationen ausschließt, wenn im Einzelfall ein datenschutzrechtlich angemessener und die elementaren Menschenrechte wahrender Umgang mit den Daten beim Empfänger nicht hinreichend gesichert ist. Auch ihre Forderung nach einer "qualifizierten Eingriffsschwelle" bleibt zu vage. Die Behauptung, Art. 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BayVSG enthalte eine solche nicht, weil danach "eine Übermittlung letztlich generell zur Aufgabenerfüllung des Landesamts" möglich sei, trifft den Wortlaut der angegriffenen Norm nicht, mit der sich die Beschwerdeführer nicht hinreichend auseinandersetzen. Diese verweist nicht auf die Aufgaben des Landesamts, sondern nimmt die von Art. 3 BayVSG umfassten Rechtsgüter als Schutzgüter einer Übermittlung in Bezug. Auch auf die Ausschlussgründe für eine Übermittlung nach Art. 27 Abs. 1 BayVSG gehen die Beschwerdeführer nicht ein.
9. Art. 8b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 BayVSG
Die Rüge, Art. 8b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 BayVSG sei wegen unzureichender Übermittlungsschwellen und dynamischer Verweisung auf andere Gesetze verfassungswidrig, ist zulässig.
10. Rügen bezüglich übergreifender Verhältnismäßigkeitsanforderungen
Die Beschwerdeführer beanstanden darüber hinaus die vom Bayerischen Gesetzgeber geregelten Maßgaben zu Transparenz und Kontrolle. Im Fall heimlicher Überwachungsmaßnahmen, von denen die Betroffenen kaum Kenntnis erlangen und gegen die Rechtsschutz nicht in der üblichen Weise möglich ist, ergeben sich hier aus dem jeweiligen Grundrecht in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besondere Anforderungen (vgl. BVerfGE 65, 1 [44 ff.]; 133, 277 [365 Rn. 204]; 141, 220 [282 Rn. 134] m.w.N.; stRspr); sie folgen im Wesentlichen aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (vgl. BVerfGE 141, 220 [267 Rn. 98]). Vorschriften, die etwa Benachrichtigungspflichten, Auskunftsrechte, Berichtspflichten und die Datenschutzaufsicht regeln, sichern so die Verfassungsmäßigkeit der Eingriffsermächtigungen. Sie bilden im Verfassungsbeschwerdeverfahren grundsätzlich keinen eigenen Verfahrensgegenstand, sondern sind im Rahmen der Überprüfung der Eingriffsermächtigung mittelbar Gegenstand verfassungsgerichtlicher Kontrolle (vgl. BVerfGE 155, 119 [157 Rn. 64]). Anlass zur verfassungsgerichtlichen Überprüfung besteht allerdings auch insoweit regelmäßig nur dann, wenn die verfassungsrechtliche Unzulänglichkeit dieser flankierenden Regelungen substantiiert dargelegt ist oder wenn sie auf der Hand liegt. Nach dem Subsidiaritätsgrundsatz kann es außerdem erforderlich sein, zunächst fachgerichtlichen Rechtsschutz zu suchen. Danach ist hier im Ergebnis nicht zu prüfen, inwiefern die angegriffenen Regelungen den aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgenden übergreifenden Transparenzmaßgaben genügen.
a) Die Rüge, die Benachrichtigung der Betroffenen sei unzureichend ausgestaltet, ist teils unsubstantiiert, teils hätten die Beschwerdeführer aus Gründen der Subsidiarität zunächst fachgerichtlichen Rechtsschutz suchen müssen.
Allerdings ist die – hier vielfach verwendete – Regelungstechnik vergleichsweise schwer auffindbarer Verweisungen in andere Gesetze unter dem Gesichtspunkt der Normenklarheit nicht unbedenklich. Im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz existiert keine zentrale Norm zur Benachrichtigung der Betroffenen. Sie ist bei einigen Maßnahmen gar nicht vorgesehen, bei anderen ist eine beschränkte Benachrichtigungspflicht in den Ermächtigungsgrundlagen mitgeregelt, indem jeweils auf die Mitteilungsregelung des § 12 Abs. 1 G 10 verwiesen wird. Dies gilt für die Wohnraumüberwachung und die Online-Durchsuchung (Art. 11 Abs. 2 Satz 3 BayVSG), Auskunftsersuchen nach Art. 15 Abs. 2 und Abs. 3 und Art. 16 Abs. 1 BayVSG (Art. 17 Abs. 2 Satz 1 BayVSG) und für längere Observationen (Art. 19a Abs. 3 Satz 4 BayVSG). Die Regelung über die Benachrichtigung erfolgt insoweit durch die in weitere Paragrafenreihen eingebundene bloße Bestimmung, § 12 Abs. 1 G 10 sei entsprechend anzuwenden. So ist aber kaum zu erkennen, dass und wo im Gesetz Regelungen über Mitteilungen an Betroffene bestehen. Wer nicht weiß, dass der in Bezug genommene § 12 Abs. 1 G 10 Benachrichtigungspflichten enthält, wird sie im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz schwer finden. Die Beschwerdeführer haben diese Regelungstechnik jedoch nicht gerügt.
Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass Benachrichtigungspflichten bei manchen Eingriffsbefugnissen gar nicht vorgesehen sind, haben sie nicht näher begründet, warum dies verfassungswidrig sei. Sie setzen sich insoweit nicht mit dem auf der Hand liegenden Rechtfertigungsargument auseinander, dass die Offenlegung von Überwachungsmaßnahmen im Bereich des Verfassungsschutzes Schwierigkeiten aufwerfen kann. Die Bayerische Staatsregierung hat etwa auf Erfordernisse des Quellen- und Methodenschutzes hingewiesen, die ein abgestuftes Regelungskonzept erforderten (vgl. auch BVerfGE 156, 270 [305 ff. Rn. 109 ff.] m.w.N.). Die Beschwerdeführer gehen auf das Regelungskonzept des Gesetzgebers nicht ein, sondern halten die Rechtfertigung eines Benachrichtigungsausschlusses ohne weitere Begründung für unmöglich.
Soweit dem Grunde nach Benachrichtigungspflichten bestehen, rügen die Beschwerdeführer, diese seien zu weit beschränkt. Hier hätten sie jedoch zunächst versuchen müssen, die Reichweite der Benachrichtigungspflichten und ihrer Beschränkungen im fachgerichtlichen Verfahren zu klären. Sie verweisen selbst darauf, dass das Bundesverfassungsgericht in ähnlichem Zusammenhang eine verfassungskonforme enge Auslegung der Beschränkung für geboten und möglich gehalten hat (vgl. BVerfGE 141, 220 [320 Rn. 261]).
b) Unzureichend sind auch die Rügen zur Auskunftsregelung in Art. 23 BayVSG. Soweit sich die Beschwerdeführer gegen die Beschränkung des Auskunftsanspruchs durch das Erfordernis eines besonderen Auskunftsinteresses in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayVSG wenden, bestand und besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Auskunft nach Art. 23 Abs. 1 BayVSG zu stellen und im Falle einer Ablehnung des Antrags in einem gerichtlichen Verfahren klären zu lassen, was einfachrechtlich unter einem besonderen Interesse an der Auskunft im Sinne des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayVSG zu verstehen ist und so möglicherweise eine Interpretation dieses Merkmals herbeizuführen, die den Grundrechten in ihren Augen genügt.
Nicht hinreichend substantiiert ist der Vortrag der Beschwerdeführer, soweit sie ausgesprochen knapp die Begrenzung der Reichweite des Auskunftsanspruchs in Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BayVSG rügen, der eine Auskunft über die Herkunft von Daten und die Empfänger von Informationsübermittlungen ausschließt. Sie setzen sich nicht mit naheliegenden Gründen für diese Ausschlussregelung und mit zu vergleichbaren Regelungen ergangener Rechtsprechung auseinander (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2016 – 6 A 7/14 –, juris, Rn. 17 f.).
Auch soweit die Beschwerdeführer die grundsätzliche Begrenzung des Auskunftsanspruchs nach Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BayVSG auf strukturiert in automatisierten Dateien gespeicherte Daten rügen, ist der Vortrag nicht hinreichend substantiiert. Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, die betroffenen Daten könnten durch die elektronische Aktenführung mit einer Volltextsuche umfassend erschlossen werden, gehen jedoch nicht näher auf die Erwägungen des Gesetzgebers zu der gerügten Bedingung ein (BayLTDrucks 17/10014, S. 47 f.). Außerdem hätten sie auch insoweit vorher eine Auskunft beantragen und erforderlichenfalls im Anschluss daran ein fachgerichtliches Verfahren durchlaufen müssen. Dort könnten rechtliche und tatsächliche Fragen zum Ausschluss des Zugriffs auf nicht strukturiert gespeicherte Daten und zur Rückausnahme des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 2. Alternative BayVSG möglicherweise im Sinne der Beschwerdeführer geklärt werden.
c) Soweit die Beschwerdeführer rügen, die Berichtspflichten nach Art. 20 BayVSG genügten nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, besteht ebenfalls kein Anlass, die Verfassungsmäßigkeit verfassungsgerichtlich zu überprüfen. Art. 20 BayVSG sieht in Absatz 1 Satz 1 Unterrichtungen durch das Staatsministerium an das Parlamentarische Kontrollgremium vor. In Absatz 1 Satz 2 ist geregelt, inwieweit das Parlamentarische Kontrollgremium seinerseits auf dieser Grundlage dem Landtag Bericht zu erstatten hat. Der im Verhältnis zu den umfänglichen Beanstandungen sehr knappe Vortrag der Beschwerdeführer ist nicht hinreichend substantiiert.
Soweit sie bemängeln, dass keine Berichte des Parlamentarischen Kontrollgremiums an den Landtag über Maßnahmen nach Art. 18 und Art. 19 BayVSG vorgesehen sind, und soweit sie rügen, dass keine Berichterstattung darüber erfolgt, ob Betroffene benachrichtigt wurden, fehlt die Auseinandersetzung mit dem Argument, dass Transparenzpflichten im Bereich des Verfassungsschutzes besonderen, möglicherweise verfassungsrechtlich relevanten Geheimhaltungsbedürfnissen unterliegen könnten (vgl. auch BVerfGE 154, 152 [299 Rn. 298]). Soweit sie beanstanden, dass keine Berichtspflicht für den weiteren Umgang mit den erhobenen Daten bestehe, legen sie die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer solchen Pflicht nicht näher dar. Auch zur Begründung ihrer Rüge, dass keine Berichtspflichten für Datenübermittlungen vorgesehen seien, legen die Beschwerdeführer nicht dar, dass solche Berichtspflichten verfassungsrechtlich geboten sind. Die in Bezug genommenen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts betrafen nicht Berichtspflichten allgemein für Übermittlungen, sondern einerseits Berichtspflichten für Überwachungsmaßnahmen (BVerfGE 141, 220 [285 Rn. 142 f.]) und andererseits Berichtspflichten für Übermittlungen ins Ausland (BVerfGE 141, 220 [346 Rn. 340, 350 f. Rn. 354]). Soweit die Beschwerdeführer rügen, dass keine Veröffentlichung von Berichten vorgesehen ist, befassen sie sich nicht mit Art. 20 Abs. 1 Satz 2 BayVSG, wonach das Parlamentarische Kontrollgremium dem Landtag jährlich einen Bericht über die Durchführung sowie Art, Umfang und Anordnungsgründe der Auskunftsersuchen nach Art. 15 und Art. 16 BayVSG und über Maßnahmen nach den Art. 9, Art. 10, Art. 12, Art. 18, Art. 19 und Art. 19a BayVSG vorlegen muss. Dies erreicht auch die Öffentlichkeit, weil die entsprechenden Berichte als Landtagsdrucksachen verfügbar sind. Im Übrigen fehlt auch hier eine Befassung mit der Möglichkeit besonderer Geheimhaltungsbedürfnisse, die weitergehenden Berichtspflichten im Bereich des Verfassungsschutzes entgegenstehen könnten.
III. Unionsrecht
Die angegriffenen Vorschriften haben zum Teil Bezüge zu datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Union (vgl. Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation [ABl EU, L 201 vom 31. Juli 2002, S. 37 – ePrivacy-RL]; s. dazu EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2020, Privacy International, C-623/17, EU:C:2020:790, Rn. 37 ff., 42; EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net, C-511/18, EU:C:2020:791, Rn. 96 f.; Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates [ABl EU, L 119 vom 4. Mai 2016, S. 89 – JI-Richtlinie]; Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG [ABl EU, L 119 vom 4. Mai 2016 – Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO]).
Ungeachtet der Frage der Anwendbarkeit dieser Rechtsakte der Europäischen Union auf die Befugnisse des Landesamts für Verfassungsschutz (vgl. Art. 4 Abs. 2 Satz 3 EUV) ist die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts für die Prüfung der Vereinbarkeit dieser Normen mit den Grundrechten des Grundgesetzes eröffnet und sind die Verfassungsbeschwerden zulässig, da es sich jedenfalls nicht um die Umsetzung zwingenden Unionsrechts handelt (vgl. BVerfGE 155, 119 [162 ff. Rn. 83 ff.] m.w.N. – Bestandsdatenauskunft II; 156, 11 [35 ff. Rn. 63 ff.] – Antiterrordateigesetz II; s. auch BVerfGE 152, 152 [168 f. Rn. 39, 42] – Recht auf Vergessen I; 158, 1 [27 Rn. 45] – Ökotox). Rechtsvorschriften der Europäischen Union enthalten keine Bestimmungen, welche die hier angegriffenen Befugnisse einer Verfassungsschutzbehörde erforderten oder gar abschließend regelten.
IV. Ergebnis zur Zulässigkeit
Im Ergebnis ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sie gegen Überwachungsbefugnisse gerichtet ist, teils zulässig und teils unzulässig. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG ist zulässig beanstandet; zulässig ist insoweit auch die Rüge unzureichenden Kernbereichsschutzes durch Art. 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 bis 5 BayVSG. Die Verfassungsbeschwerde gegen Art. 10 Abs. 1 BayVSG ist zulässig, soweit die Beschwerdeführer die gesetzlichen Eingriffsvoraussetzungen einschließlich des Kernbereichsschutzes bemängeln, nicht aber, soweit sie rügen, es liege eine Verletzung objektivrechtlicher Gehalte des Grundrechts auf Gewährleistung der Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme vor. Die Verfassungsbeschwerde gegen Art. 12 Abs. 1 BayVSG ist zulässig. Die Rüge von Art. 15 Abs. 2 BayVSG ist unzulässig. Hingegen ist die Verfassungsbeschwerde gegen Art. 15 Abs. 3 BayVSG zulässig. Die Beanstandung des Art. 16 BayVSG ist unzulässig. Die gegen Art. 18 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1 und Art. 19a Abs. 1 BayVSG gerichteten Rügen sind zulässig.
Soweit die Verfassungsbeschwerde gegen Weiterverarbeitungs- und Übermittlungsbefugnisse gerichtet ist, ist sie ebenfalls teils zulässig und teils unzulässig. Die Beschwerdeführer haben Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 BayVSG insoweit zulässig angegriffen, als dieser Übermittlungen für Zwecke der öffentlichen Sicherheit erlaubt. Ebenso haben sie die in Art. 25 Abs. 1 Nr. 3 BayVSG enthaltene Befugnis für Übermittlungen zur Erfüllung anderer dem Empfänger zugewiesener Aufgaben zulässig beanstandet. Die durch Art. 25 Abs. 1a BayVSG erlaubten Übermittlungen an Stellen im europäischen Ausland haben die Beschwerdeführer nur insoweit zulässig angegriffen, als es um Übermittlungen an öffentliche Stellen geht. Die Verfassungsbeschwerde gegen Art. 25 Abs. 2 BayVSG (Übermittlung an Polizei, Staatsanwaltschaften, Polizeibehörden und weitere Spezialbehörden) ist zulässig, soweit sie gegen die Übermittlungsbefugnis nach Art. 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVSG zur Verfolgung, Verhinderung und Verhütung von Straftaten erheblicher Bedeutung und gegen die Übermittlungsbefugnis nach Art. 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVSG gerichtet ist. Unzulässig ist hingegen die Beanstandung der Übermittlungspflicht nach Art. 25 Abs. 2 Satz 2 BayVSG. Die Verfassungsbeschwerde gegen die Ermächtigung in Art. 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayVSG zur Übermittlung an ausländische öffentliche, über- und zwischenstaatliche Stellen ist zulässig. Die Befugnis zur Übermittlung von Informationen an nicht öffentliche Stellen nach Art. 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BayVSG haben die Beschwerdeführer nicht zulässig angegriffen. Die Verfassungsbeschwerde gegen Art. 8b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVSG und gegen Art. 8b Abs. 3 BayVSG ist zulässig.
Schließlich sind die Rügen der Beschwerdeführer hinsichtlich der im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz vorgesehenen Maßgaben zu Transparenz und Kontrolle teils nicht hinreichend substantiiert und teils nicht hinreichend im fachgerichtlichen Rechtsschutz vorgeklärt; das gilt für die Beanstandung von Art. 11 Abs. 2 Satz 3, Art. 17 Abs. 2 Satz 1, Art. 20 Abs. 1 sowie Art. 23 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 BayVSG.
 
C.
Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie überwiegend auch begründet. Die angegriffenen Regelungen ermächtigen das Landesamt zu Zwecken des Verfassungsschutzes zur heimlichen Erhebung und zur Übermittlung personenbezogener Daten und begründen Eingriffe in die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (allgemeines Persönlichkeitsrecht), Art. 10 Abs. 1 GG (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) und Art. 13 Abs. 1 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist teilweise in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung, teilweise als Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme betroffen. Die einzelnen Befugnisnormen dienen einem legitimen Zweck und genügen den Verhältnismäßigkeitsanforderungen im Hinblick auf ihre Eignung und Erforderlichkeit; aus der Verfassung ergeben sich darüber hinaus übergreifende Maßstäbe insbesondere für die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (I), denen die einzelnen Befugnisnormen weithin nicht genügen (II).
I. Allgemeine Maßstäbe der materiellen Verfassungsmäßigkeit
Die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Überwachungsbefugnisse richtet sich nach den jeweils betroffenen Grundrechten und dabei vor allem nach den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (1). Grundrechtseingriffe durch eine Verfassungsschutzbehörde weisen gegenüber polizeilichen Eingriffen Besonderheiten auf und können deshalb modifizierten Verhältnismäßigkeitsanforderungen unterliegen (2). Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Verfassungsschutzrechts folgen aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne; sie betreffen die Ausgestaltung sowohl der Datenerhebungsbefugnisse (3) als auch der Befugnisse zur weiteren Nutzung und zur Übermittlung von Informationen (4). Weitere verfassungsrechtliche Anforderungen bestehen nach dem Gebot der Normenklarheit und der Bestimmtheit (5), zum Schutz des grundrechtlichen Kernbereichs (6) und hinsichtlich des Zusammenwirkens verschiedener Überwachungsmaßnahmen (7). Außerdem sind zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit der Grundrechtseingriffe besondere prozedurale Vorkehrungen erforderlich (8).
1. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als zentraler Prüfungsmaßstab
Um dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu genügen, müssen die Maßnahmen des Verfassungsschutzes einen legitimen Zweck verfolgen und zur Erreichung des Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (vgl. BVerfGE 67, 157 [173]; 120, 378 [427]; 154, 152 [239 f. Rn. 141]; stRspr).
a) Die angegriffenen Normen dienen einem legitimen Zweck. Die darin geregelten Befugnisse stehen dem Landesamt für Verfassungsschutz zur Erfüllung seiner Aufgabe zur Verfügung, die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand von Bund und Ländern sowie bestimmte auf das Verhältnis zum Ausland gerichtete Interessen der Bundesrepublik zu sichern (vgl. Art. 3 BayVSG i.V.m. § 3 BVerfSchG). Dabei handelt es sich um Schutzgüter von hohem verfassungsrechtlichem Gewicht (vgl. auch BVerfGE 141, 220 [267 f. Rn. 100]). Eine Beschränkung von Freiheitsrechten kann zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung legitim sein, weil das Grundgesetz sich für eine streitbare Demokratie entschieden hat (vgl. Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 21 GG). Verfassungsfeinde sollen nicht unter Berufung auf Freiheiten, die das Grundgesetz gewährt, die Verfassungsordnung oder den Bestand des Staates gefährden, beeinträchtigen oder zerstören dürfen (BVerfGE 134, 141 [179 f. Rn. 112]; vgl. auch BVerfGE 30, 1 [29 ff.]; 149, 160 [194 Rn. 101]; stRspr). Die Sammlung von Unterlagen zum Zwecke des Verfassungsschutzes lässt das Grundgesetz ausdrücklich zu, indem es die Gesetzgebungskompetenz hierfür regelt und die Schaffung von Behörden ermöglicht, die diese Aufgabe wahrnehmen (Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b i.V.m. Art. 70 Abs. 1, Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG) (vgl. BVerfGE 134, 141 [180 Rn. 113]). Dabei stellt das Grundgesetz in Rechnung, dass gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder die Sicherheit und den Bestand des Staates gerichtete Bestrebungen und Aktivitäten auch von Gruppierungen ausgehen, die konspirativ tätig sind, und der Verfassungsschutz seine Aufgaben daher nur effektiv erfüllen kann, wenn er über nachrichtendienstliche Mittel verfügt, die verdeckt genutzt werden (vgl. BVerfGE 146, 1 [50 Rn. 110]; 156, 270 [304 Rn. 104]). Das Grundgesetz nimmt dafür teils ausdrücklich gewisse anderweitig zu kompensierende Einschränkungen an Transparenz und gerichtlichem Rechtsschutz in Kauf (vgl. Art. 10 Abs. 2 Satz 2, Art. 19 Abs. 4 Satz 3 GG), obwohl beide ihrerseits besonders wichtige Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind.
b) Dass die angegriffenen Befugnisse zur Erreichung dieser Zwecke grundsätzlich im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet und erforderlich sind, steht nicht in Zweifel.
c) Differenzierte Anforderungen an die Ausgestaltung der Befugnisse des Verfassungsschutzes ergeben sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Wie streng diese Anforderungen im Einzelnen sind, bestimmt sich nach dem jeweiligen Eingriffsgewicht der Maßnahme (vgl. BVerfGE 141, 220 [269 Rn. 105]; 155, 119 [178 Rn. 128]) und nach dem jeweils betroffenen Grundrecht. Für heimliche Überwachungsmaßnahmen durch Polizeibehörden hat das Bundesverfassungsgericht diese Anforderungen in jüngeren Entscheidungen zusammengefasst (vgl. BVerfGE 141, 220 [268 ff. Rn. 103 ff.]; 155, 119 [186 ff. Rn. 145 ff.]). Dies bildet auch den Ausgangspunkt für die Beurteilung der Befugnisse des Verfassungsschutzes – sowohl für die Anforderungen an die Datenerhebung als auch für die Anforderungen an deren weitere Nutzung und Übermittlung (vgl. auch BVerfGE 154, 152 [239 Rn. 141]). Die Anforderungen müssen jedoch unter Berücksichtigung der besonderen Aufgaben und des speziellen Eingriffsgewichts von Maßnahmen einer Verfassungsschutzbehörde weiter konkretisiert und hierfür teilweise modifiziert werden (vgl. BVerfGE 100, 313 [383]; 120, 274 [330]; 125, 260 [331]; 130, 151 [206]; 156, 11 [56 Rn. 119]).
2. Besonderheiten nachrichtendienstlicher Befugnisse gegenüber polizeilichen Befugnissen
Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ergeben sich für die Ausgestaltung von Überwachungsbefugnissen einer Verfassungsschutzbehörde teilweise andere Anforderungen als für das Handeln von Polizeibehörden. Dass Verfassungsschutzbehörden nach geltendem Recht spezifische Aufgaben der Beobachtung und Vorfeldaufklärung wahrnehmen und dabei nicht wie Polizeibehörden über operative Anschlussbefugnisse verfügen, aufgrund derer sie aus den Erkenntnissen einer Überwachungsmaßnahme selbst unmittelbar operative Konsequenzen ziehen könnten (a), kann es rechtfertigen, Überwachungsbefugnisse einer Verfassungsschutzbehörde an modifizierte Eingriffsschwellen zu binden (b). Dann muss aber eine Übermittlung von Informationen an andere Behörden strengen Voraussetzungen unterliegen (c).
a) Wie nachrichtendienstliche Behörden im Allgemeinen unterscheiden sich auch Verfassungsschutzbehörden von Polizeibehörden dadurch, dass sie nach geltendem Recht nicht in operativer Verantwortung stehen (vgl. ausführlich BVerfGE 133, 277 [324 ff. Rn. 115 ff.]). Die Aufgabe der Polizei- und Strafverfolgungsbehörden, Straftaten zu verhüten, zu verhindern und zu verfolgen sowie sonstige Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren, ist geprägt von einer operativen Verantwortung und der Befugnis, gegenüber Einzelnen Maßnahmen erforderlichenfalls auch mit Zwang durchzusetzen (vgl. BVerfGE 156, 11 [51 Rn. 102] m.w.N.). Demgegenüber kommt Verfassungsschutzbehörden die Aufgabe zu, Aufklärung im Vorfeld von Gefährdungslagen zu betreiben. Sie haben mannigfaltige Bestrebungen auf ihr Gefahrenpotenzial hin allgemein zu beobachten und sie gerade auch unabhängig von konkreten Gefahren in den Blick zu nehmen (BVerfGE 133, 277 [325 Rn. 116]). Dies spiegelt sich in einer Beschränkung ihrer Befugnisse wider: Polizeiliche Befugnisse haben sie nicht, und sie dürfen auch im Wege der Amtshilfe nicht die Polizei um Maßnahmen ersuchen, zu denen sie selbst nicht befugt sind (BVerfGE 133, 277 [326 f. Rn. 119]). Den Verfassungsschutzbehörden stehen damit keine polizeilichen Zwangsbefugnisse zu, um im Anschluss an eine Überwachungsmaßnahme aufgrund der gewonnenen Informationen selbst konkrete Gefahrenabwehrmaßnahmen oder Strafverfolgungsmaßnahmen gegenüber Einzelnen mit Zwang durchzusetzen.
b) Diese Unterschiede haben Konsequenzen für die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Datenerhebungsbefugnisse einer Verfassungsschutzbehörde (dazu im Einzelnen Rn. 174 ff.; zu Konsequenzen für die Anforderungen an die Übermittlung so erlangter Informationen unten Rn. 170 ff. und im Einzelnen Rn. 225 ff.).
aa) Dass eine Verfassungsschutzbehörde nicht über eigene operative Anschlussbefugnisse verfügt, rechtfertigt es im Grundsatz, die ihr zur Wahrnehmung ihrer Beobachtungsaufgaben eingeräumten Datenerhebungsbefugnisse im Vergleich zu den Befugnissen einer Polizeibehörde wegen des geringeren Eingriffsgewichts an modifizierte Eingriffsschwellen zu knüpfen, die zugleich dem speziellen Charakter der Aufgaben des Verfassungsschutzes entsprechen.
(1) Das Eingriffsgewicht einer Überwachungsmaßnahme wird generell durch die denkbare Verwendung der Daten mitbestimmt (vgl. BVerfGE 65, 1 [45 f.]; 155, 119 [178 f. Rn. 129]), hängt also auch davon ab, welche Nachteile den Grundrechtsberechtigten aus der weiteren Verwendung der erhobenen Daten drohen oder von ihnen nicht ohne Grund befürchtet werden müssen (vgl. BVerfGE 100, 313 [376]; 107, 299 [320]; 109, 279 [353]; 113, 348 [382]; 115, 320 [347 f.]; 118, 168 [197]; 120, 378 [403]). Dies schlägt sich in den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Eingriffsschwelle behördlichen Handelns nieder.
So sind die Befugnisse von Polizeibehörden zur heimlichen Überwachung an strenge Voraussetzungen gebunden. Weil die Aufgabenwahrnehmung von Polizeibehörden von einer operativen Verantwortung und der Befugnis geprägt ist, Maßnahmen gegenüber Einzelnen erforderlichenfalls auch mit Zwang durchzusetzen, sind die Befugnisse hierzu eng und präzise zu fassen (vgl. BVerfGE 156, 11 [51 Rn. 102] m.w.N.). Die Erhebung von Daten durch heimliche Überwachungsmaßnahmen mit hoher Eingriffsintensität ist im Bereich der Gefahrenabwehr grundsätzlich nur verhältnismäßig, wenn eine Gefährdung besonders gewichtiger Rechtsgüter im Einzelfall hinreichend konkret absehbar ist und der Adressat der Maßnahmen aus Sicht eines verständigen Dritten den objektiven Umständen nach in sie verfangen ist (vgl. BVerfGE 141, 220 [271 Rn. 108 f.]). Dementsprechend setzt der traditionelle polizeirechtliche Begriff der "konkreten Gefahr" eine Sachlage voraus, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens im Einzelfall in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung eines polizeilichen Schutzguts führt (vgl. BVerfGE 141, 220 [271 Rn. 111] m.w.N.). Eine hinreichend konkretisierte Gefahr kann zwar auch dann schon bestehen, wenn sich der zum Schaden führende Kausalverlauf noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorhersehen lässt, sofern bereits bestimmte Tatsachen auf eine im Einzelfall drohende Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut hinweisen. Auch dann müssen die Tatsachen dafür jedoch zum einen bereits den Schluss auf ein wenigstens seiner Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen zulassen, zum anderen darauf, dass bestimmte Personen beteiligt sein werden, über deren Identität zumindest so viel bekannt ist, dass die Überwachungsmaßnahme gezielt gegen sie eingesetzt und weitgehend auf sie beschränkt werden kann (vgl. näher BVerfGE 141, 220 [272 f. Rn. 112]).
Demgegenüber ist das Eingriffsgewicht der Überwachungsmaßnahmen einer Verfassungsschutzbehörde grundsätzlich verringert, weil ihr eigene operative Anschlussbefugnisse fehlen, was es verfassungsrechtlich rechtfertigen kann, deren Überwachungsbefugnisse an modifizierte Eingriffsschwellen zu knüpfen (vgl. BVerfGE 130, 151 [206]; 133, 277 [325 ff. Rn. 117 ff.]; 154, 152 [242 Rn. 149]; 156, 11 [51 Rn. 103 f.]; vgl. auch Löffelmann, in: Dietrich/Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, VI § 3, Rn. 4 [S. 1102]; Bäcker, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 6. Aufl. 2018, Abschnitt B, Rn. 249; Gärditz, EuGRZ 2018, 6 [11]; Lindner/Unterreitmeier, in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 17. Edition, Stand: 1. September 2021, BayVSG, Syst. Vorb. Rn. 41; Möstl, in: ders./Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 17. Edition, Stand: 1. September 2021, BayPAG, Syst. Vorb. z. PolR in Deutschland Rn. 58; Barczak, KritV 2021, 91 [111 f.]; vgl. aber Wegener, VVDStRL 75 (2016), 293 [312 ff.] m.w.N.).
(2) Indessen müssen auch Überwachungsmaßnahmen der Verfassungsschutzbehörden an Eingriffsvoraussetzungen gebunden werden, welche die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs gemessen an der jeweiligen Eingriffsintensität und dem verfolgten Zweck sichern. Sie müssen durch einen hinreichenden Grund, die sogenannte Eingriffsschwelle, veranlasst sein und dem Schutz von hinreichend gewichtigen Rechtsgütern dienen (vgl. dazu BVerfGE 150, 244 [280 f. Rn. 90]; stRspr). Darin liegt ein unverzichtbares Kernelement rechtsstaatlicher Anforderungen an staatliches Handeln. Das gilt im Grundsatz auch für nachrichtendienstliche Behörden wie den Verfassungsschutz (vgl. BVerfGE 154, 152 [244 f. Rn. 155 f.]).
Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur sogenannten strategischen Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung durch den Bundesnachrichtendienst folgt nichts Anderes. Zwar ist diese besonders eingriffsintensive Befugnis verfassungsrechtlich im Grundsatz zu rechtfertigen, obwohl der Gesetzgeber den Bundesnachrichtendienst hierfür vom Erfordernis konkretisierender Eingriffsschwellen völlig freigestellt, die Befugnis also nicht auf konkrete, objektiv bestimmte Anlassfälle begrenzt hat (vgl. BVerfGE 154, 152 [240 Rn. 143, 244 f. Rn. 154 f.]). Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass nachrichtendienstliche Behörden generell vom Erfordernis konkretisierender Eingriffsschwellen freigestellt wären (vgl. auch BVerfGE 100, 313 [389 f.]). Im Fall der strategischen Auslandsüberwachung ist die Gefahr operativer Anschlussmaßnahmen dadurch spezifisch verringert, dass die Auslandsaufklärung Vorgänge in anderen Ländern betrifft, in denen der deutsche Staat nicht über Hoheitsbefugnisse verfügt (vgl. BVerfGE 154, 152 [242 Rn. 149, 248 f. Rn. 165]). Zudem erfolgt die Aufklärung von Vorgängen in anderen Ländern unter besonderen Handlungsbedingungen, weil der deutsche Staat allenfalls punktuell mit eigenen Erkenntnisquellen präsent ist und nicht über Hoheitsbefugnisse verfügt, die ihm einen unmittelbaren Zugriff auf Informationen ermöglichten (vgl. BVerfGE 154, 152 [246 Rn. 159]). Erst dies rechtfertigt dort den Verzicht auf konkretisierende Eingriffsschwellen. Für sonstige Überwachungsmaßnahmen sind dagegen entsprechend den allgemeinen Anforderungen belastbare Eingriffsschwellen unerlässlich (vgl. BVerfGE 154, 152 [245 Rn. 156]).
(3) Auch wenn die Befugnisse einer Verfassungsschutzbehörde an konkretisierende Eingriffsschwellen gebunden werden müssen, schließt dies jedoch wegen des grundsätzlich geringeren Eingriffsgewichts nicht aus, diese im Vergleich zu den Eingriffsschwellen für polizeiliche Überwachungsbefugnisse zu modifizieren (oben Rn. 156 ff.). Eine Modifikation der Eingriffsschwellen kann dem Charakter der Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörden und damit deren besonderer Aufgabenstellung Rechnung tragen, verfassungsfeindliche Bestrebungen im Vorfeld konkreter Gefahren aufzuklären (vgl. BVerfGE 120, 274 [330]).
Das Erfordernis einer polizeilichen Gefahr würde als generelle Eingriffsschwelle dem Aufgabenprofil einer Verfassungsschutzbehörde nicht gerecht (vgl. Warg, in: Dietrich/Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, V § 1 f., Rn. 36 f. [S. 540]; Hecker, in: Dietrich/Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, III § 2, Rn. 4 [S. 223 f.]; Gärditz, EuGRZ 2018, 6 [15]; Bäcker, in: Dietrich/Gärditz/Graulich/Gusy/Warg, Nachrichtendienste im demokratischen Rechtsstaat, 2018, S. 137 ff. [144, 147]; Lindner/Unterreitmeier, DÖV 2019, 165 [171] m.w.N.; Barczak, KritV 2021, 91 [107 f.]; vgl. aber BVerfGE 125, 260 [331 f.] und näher hierzu unten Rn. 172). So darf die Polizei heimliche Überwachungsmaßnahmen nur durchführen, wenn sich ein gefahrenabwehrrechtlicher Sachverhalt bereits hinreichend konkretisiert hat (oben Rn. 158). Demgegenüber sind für die Aufgaben des Verfassungsschutzes Befugnisse erforderlich, die unabhängig von solcher Sachverhaltskonkretisierung ergriffen werden können. Durch Beobachtung soll der Staat bereits im Vorfeld konkreter Gefahren in die Lage versetzt werden, im Entstehen befindliche Bedrohungsszenarien für die Rechtsgüter des Verfassungsschutzes zu erkennen. Das kann etwa der Fall sein, wenn gegen diese Schutzgüter gebündelt und organisiert im Zusammenwirken mehrerer Personen vorgegangen wird; eine beobachtungsbedürftige Bedrohung von Verfassungsgrundsätzen resultiert in diesem Fall aus der organisierten Verfasstheit verfassungsfeindlicher Ideen (vgl. Schneider, ZD 2021, 360 [361]; vgl. aber zu von einer Einzelperson ausgehenden Bestrebungen § 4 Abs. 1 Satz 3 BVerfSchG). Zugleich wird angenommen, dass das Gefahrenpotenzial nicht mehr allein auf Organisation fuße, sondern unter anderem aufgrund einer sich wechselseitig verstärkenden Kommunikationsdynamik in den sogenannten Sozialen Medien von je autonomen, aber gleichgerichteten und aktionell verknüpften Handlungslinien ausgehen könne (vgl. Gitter/Marscholleck, GSZ 2021, 191 [195]; s. auch Warg, in: Dietrich/Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, V § 1, Rn. 27 [S. 536]). In beiden Fällen kann die den Beobachtungsbedarf auslösende Bedrohungslage eintreten, ohne dass bereits eine konkretisierte Gefahr im polizeilichen Sinne vorliegen müsste.
Daher ist die Anforderung, dass eine Überwachungsmaßnahme des Verfassungsschutzes zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten sein muss, grundsätzlich eine verfassungsgemäße Entsprechung zum an polizeiliche Maßnahmen gerichteten Erfordernis einer konkretisierten Gefahr (vgl. BVerfGE 155, 119 [189 Rn. 151, 202 Rn. 179 a.E.]). An die Beobachtungsbedürftigkeit sind dann allerdings je nach Eingriffsintensität der Überwachungsmaßnahme unter Umständen gesteigerte Anforderungen zu stellen (näher unten Rn. 190 ff.).
bb) Nicht alle heimlichen Überwachungsmaßnahmen einer Verfassungsschutzbehörde können jedoch unter solchen modifizierten Eingriffsvoraussetzungen zugelassen werden.
(1) Vielmehr sind dieselben Anforderungen wie an polizeiliche Maßnahmen zu stellen, wenn die Grundrechtsbeeinträchtigung durch den Eingriff der Verfassungsschutzbehörde bereits für sich gesehen – also nicht erst wegen möglicher Folgeeingriffe – eine Intensität erlangt, die es unerheblich erscheinen lässt, welche Folgeeingriffe noch durch weitere Verwendungen möglich sind. Das ist dann der Fall, wenn durch eine Überwachungsmaßnahme besonders umfangreiche Informationen gewonnen werden und dies eine weitestgehende Erfassung der Persönlichkeit zulässt, wie etwa durch eine Online-Durchsuchung (vgl. BVerfGE 120, 274 [331]). Die Beschränkung auf Vorfeldaufklärung, also das Fehlen operativer Anschlussbefugnisse (oben Rn. 154), genügt dann nicht, um von den sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden Voraussetzungen für einen Eingriff abzuweichen (vgl. BVerfGE 120, 274 [329 f.]).
Dies ist nicht etwa dasselbe wie die Anforderungen des Kernbereichsschutzes (unten Rn. 275 ff.). Regelungen zum Schutz des Kernbereichs sind nicht nur bei einer besonders weitgehenden Erfassung der Persönlichkeit erforderlich, sondern auch bei sonstigen Maßnahmen, die typischerweise tief in die Privatsphäre eindringen und mit einiger Wahrscheinlichkeit höchstvertrauliche Situationen erfassen können (vgl. dazu BVerfGE 141, 220 [295 Rn. 176]). Dem ist durch Maßnahmen zum Kernbereichsschutz zu begegnen, die auch bei nachrichtendienstlichen Maßnahmen möglich und verfassungsrechtlich geboten sind (unten Rn. 275).
(2) (a) Gleiche Voraussetzungen wie für Polizeibehörden gelten für den Verfassungsschutz danach bei der Online-Durchsuchung, weil sie das Risiko einer weitgehenden staatlichen Ausspähung der Persönlichkeit birgt (vgl. BVerfGE 120, 274 [331]). Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Regelung des tatsächlichen Eingriffsanlasses unterscheiden sich im Fall des heimlichen Zugriffs auf ein informationstechnisches System nicht. Da die Beeinträchtigung durch den Eingriff in allen diesen Fällen für die Betroffenen die gleiche ist, besteht kein Anlass zu Differenzierungen zwischen Polizeibehörden und Verfassungsschutzbehörden. Dass sie unterschiedliche Aufgaben und Befugnisse haben und in der Folge Maßnahmen mit unterschiedlicher Eingriffstiefe vornehmen können, ist für die Gewichtung des heimlichen Zugriffs auf das informationstechnische System grundsätzlich ohne Belang (vgl. BVerfGE 120, 274 [329 ff.]).
(b) Schon aus Art. 13 Abs. 4 GG ergibt sich, dass dies auch für die akustische oder optische Wohnraumüberwachung durch eine Verfassungsschutzbehörde gilt. Eine präventive Wohnraumüberwachung durch den Verfassungsschutz kommt nach Art. 13 Abs. 4 GG nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr in Betracht (dazu auch BVerfGE 109, 279 [378 f.]; 130, 1 [32]; 141, 220 [271 Rn. 110, 296 Rn. 184]). Der Begriff der dringenden Gefahr nimmt dabei nicht nur im Sinne des qualifizierten Rechtsgüterschutzes auf das Ausmaß Bezug, sondern auch auf die Wahrscheinlichkeit eines Schadens (vgl. BVerfGE 141, 220 [271 Rn. 111] m.w.N.). Diese besonders strengen Anforderungen formuliert Art. 13 Abs. 4 GG ohne Unterscheidung nach der Art der Behörde. Der Verfassungsschutz ist nicht freigestellt (Hermes, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2013, Art. 13 Rn. 80). Eine Unterscheidung nach der handelnden Behörde findet im Wortlaut des Grundgesetzes keine Stütze (vgl. auch Roggan, DÖV 2019, 425 [426]; Papier, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 95. EL Juli 2021, Art. 13 Rn. 87; Bäcker, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, Abschnitt B, Rn. 248 Fn. 486; vgl. hingegen Lindner/Unterreitmeier, DÖV 2019, 165 [172]). Dies entspricht dem besonderen Eingriffscharakter. Die Wohnraumüberwachung ermöglicht der überwachenden Behörde, jegliches Tun und Unterlassen und jede Regung der überwachten Person in ihrem privaten Rückzugsraum unmittelbar akustisch und optisch mitzuerleben. Die betroffene Person ist direkt und vollständig der Beobachtung durch die Behörde ausgesetzt. Wegen der besonderen Vertraulichkeitserwartung, die der eigenen Wohnung entgegengebracht werden darf, ist die überwachte Person hier in besonderem Maße in Gefahr, unbewusst und ungewollt breite und tiefe Einblicke in ihre Persönlichkeit zu geben (vgl. BVerfGE 109, 279 [313 f.]; 141, 220 [295 f. Rn. 180]).
c) Modifizierte Anforderungen an heimliche Überwachungsmaßnahmen einer Verfassungsschutzbehörde sind im Übrigen nur dann verfassungsgemäß, wenn etwaige Übermittlungen der daraus erlangten Informationen an andere Stellen an Bedingungen gebunden sind, die den Anforderungen genügen, die von Verfassungs wegen an entsprechende eigene Grundrechtseingriffe der empfangenden Stellen zu richten sind ("Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung"; vgl. BVerfGE 141, 220 [327 f. Rn. 287]; im Einzelnen unten Rn. 230 ff.).
Die weitreichenden Überwachungsbefugnisse der Verfassungsschutzbehörden können verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt werden, wenn die aus der Überwachung gewonnenen Informationen nicht ohne Weiteres an andere Behörden mit operativen Anschlussbefugnissen übermittelt werden dürfen ("informationelles Trennungsprinzip"; vgl. BVerfGE 133, 277 [329 Rn. 123]; 156, 11 [50 Rn. 101, 51 f. Rn. 105]). Ansonsten böte der Umstand, dass die Verfassungsschutzbehörde selbst nicht über operative Anschlussbefugnisse verfügt, den Überwachten am Ende doch kaum Schutz: Die der Verfassungsschutzbehörde verschlossenen eingriffsintensiven Folgemaßnahmen könnten dann von operativ ausgestatteten Behörden durchgeführt werden, die dabei die durch die Verfassungsschutzbehörde erlangten Informationen weiternutzten, ohne dass die für sie selbst als operative Behörden geltenden Datenerhebungsvoraussetzungen erfüllt sein müssten. Auf Seiten der empfangenden Behörde würden so die grundrechtsschützenden Eingriffsschwellen der Befugnisse operativer Behörden umgangen; zugleich verlöre auf Seiten der Verfassungsschutzbehörden der Umstand, dass diese ohne operative Anschlussbefugnisse sind, seinen schützenden Effekt.
Um beides zu verhindern, sind hinreichende Übermittlungsvoraussetzungen verfassungsrechtlich unerlässlich. Ohne diese zweite Hürde müssten die Überwachungsbefugnisse des Verfassungsschutzes hingegen denselben Eingriffsvoraussetzungen unterworfen werden wie die Überwachungsbefugnisse von Polizeibehörden. Von einer solchen Identität der Eingriffsvoraussetzungen nachrichtendienstlicher und polizeilicher Überwachung ging das Bundesverfassungsgericht im Urteil zur Vorratsdatenspeicherung aus. Auch das zielte darauf zu verhindern, dass die von Verfassungs wegen strengen Anforderungen an polizeiliche Überwachungsbefugnisse unterlaufen werden, indem Polizeibehörden die durch eine nachrichtendienstliche Behörde erlangten Daten im Gefahrvorfeld verwenden, obgleich sie entsprechende Überwachungsmaßnahmen unter diesen Voraussetzungen selbst nicht durchführen dürften. Um eine solche Umgehung zu verhindern, erschien es geboten, die Befugnisse beider Behörden an dieselben Anforderungen zu binden (vgl. BVerfGE 125, 260 [331 f.]).
Diese strikte Bindung der Überwachungsbefugnisse nachrichtendienstlicher Behörden an sonst für die Polizei geltende Hürden ist aber nicht erforderlich, wenn die Übermittlung der erlangten Informationen an Polizeibehörden dem zwischenzeitlich fortentwickelten Kriterium der hypothetischen Neuerhebung genügt. Danach unterliegt eine weitere Verwendung der von Nachrichtendiensten gesammelten Daten durch Gefahrenabwehrbehörden Anforderungen an das damit zu schützende Rechtsgut und an die sogenannte Übermittlungsschwelle (vgl. BVerfGE 154, 152 [268 Rn. 220]; 156, 11 [55 Rn. 115]), die mit den Anforderungen vergleichbar sind, die an eine erneute Erhebung der übermittelten Daten durch die empfangende Behörde zu stellen wären (näher unten Rn. 231). Schutzgut- und Schwellenerfordernis zusammen bewahren die Betroffenen so vor einer Umgehung grundrechtsschützender Eingriffsvoraussetzungen. Sieht der Gesetzgeber also hinreichend gehaltvolle Übermittlungsvoraussetzungen vor, ist es nicht erforderlich, schon jede Überwachungsbefugnis einer Verfassungsschutzbehörde mit Blick auf weitere Datenverwendungsmöglichkeiten an dieselben Voraussetzungen zu binden wie eine polizeiliche Überwachungsbefugnis. Zugleich rechtfertigen aber erst entsprechende Anforderungen an eine Übermittlung, dass die Datenerhebung durch eine Verfassungsschutzbehörde im Vergleich zu polizeilichem Handeln modifizierten Anforderungen unterliegt (näher unten Rn. 235 ff.).
3. Verhältnismäßigkeit i.e.S. der Datenerhebung
Wie streng die Verhältnismäßigkeitsanforderungen an heimliche Überwachungsbefugnisse einer Verfassungsschutzbehörde im Einzelnen sind, bestimmt sich nach dem jeweiligen Eingriffsgewicht (vgl. BVerfGE 141, 220 [269 Rn. 105]; 155, 119 [178 Rn. 128]). Verfassungsrechtliche Anforderungen richten sich dabei sowohl an das mit der Datenerhebung zu schützende Rechtsgut als auch an die sogenannte Eingriffsschwelle, also den Anlass der Überwachung (vgl. BVerfGE 141, 220 [269 Rn. 104, 270 f. Rn. 106 ff., 271 ff. Rn. 109 ff.]). Weil Überwachungsmaßnahmen des Verfassungsschutzes stets dem Schutz besonders hochrangiger Rechtsgüter dienen (oben Rn. 150), stellt sich hier allerdings nur die Frage der verhältnismäßigen Ausgestaltung der Eingriffsschwellen. Bei Eingriffen, die zu einer besonders weitgehenden Erfassung der Persönlichkeit führen können und deshalb denselben Anforderungen unterliegen wie polizeiliche Überwachungsmaßnahmen, muss mindestens eine konkretisierte Gefahr vorliegen (a). Ansonsten muss ein spezifisch verfassungsschutzbezogener Aufklärungsbedarf bestehen (b).
a) aa) Die aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne folgenden Anforderungen an die Eingriffsschwellen sind für Maßnahmen des Verfassungsschutzes, die zu einer besonders weitgehenden Erfassung der Persönlichkeit führen können (oben Rn. 165 ff.), mit den an polizeiliche Überwachungsmaßnahmen zu stellenden Anforderungen identisch.
(1) So ist die Erhebung von Daten im Wege der Online-Durchsuchung grundsätzlich nur im Falle einer mindestens konkretisierten Gefahr verhältnismäßig; wenn also bestimmte Tatsachen bereits den Schluss zum einen auf ein wenigstens seiner Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen zulassen, zum anderen darauf, dass bestimmte Personen beteiligt sein werden, über deren Identität zumindest so viel bekannt ist, dass die Überwachungsmaßnahme gezielt gegen sie eingesetzt und weitgehend auf sie beschränkt werden kann (vgl. näher BVerfGE 141, 220 [272 f. Rn. 112]; dazu bereits BVerfGE 120, 274 [328 f.]).
(2) Die Eingriffsschwelle für eine Wohnraumüberwachung ergibt sich aus Art. 13 Abs. 4 GG. Dieser besonders tief in die Privatsphäre eindringende Eingriff ist nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr zulässig. An das Vorliegen einer dringenden Gefahr, deren Anforderungen über die einer konkreten Gefahr noch hinausgehen (vgl. BVerfGE 141, 220 [296 Rn. 184]), sind strenge Anforderungen zu stellen. Das gilt insbesondere für die Wahrscheinlichkeit eines Schadens (vgl. BVerfGE 141, 220 [271 Rn. 110]).
bb) Sofern danach eine Überwachungsbefugnis der Verfassungsschutzbehörde nicht zur Vorfeldaufklärung, sondern nur zur Abwehr einer mindestens konkretisierten Gefahr eingeräumt werden darf, kann sie außerdem nur als subsidiäre Befugnis für den Fall übertragen werden, dass geeignete polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut ansonsten nicht rechtzeitig erlangt werden kann (so auch § 9 Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG).
Das betrifft die Online-Durchsuchung und die Wohnraumüberwachung. Zu beiden darf auch eine Verfassungsschutzbehörde nur zur Abwehr einer wenigstens konkretisierten Gefahr beziehungsweise einer dringenden Gefahr ermächtigt werden (oben Rn. 168 f.). Die zur eigenhändigen Abwehr einer Gefahr in aller Regel benötigten operativen Mittel stehen der Verfassungsschutzbehörde selbst jedoch nicht zur Verfügung. Zwar endet der Auftrag einer Verfassungsschutzbehörde nicht an der Schwelle zur konkreten Gefahr; vielmehr darf sie ihre Aufklärungsarbeit grundsätzlich fortsetzen (vgl. Warg, in: Dietrich/Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, V § 1, Rn. 8 [S. 518]; Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 4 BVerfSchG Rn. 105). Eigenhändig abwehren könnte sie eine solche Gefahr jedoch regelmäßig nicht, sondern müsste zur Abwehr der Gefahr die erlangten Informationen an eine mit operativen Befugnissen ausgestattete Gefahrenabwehrbehörde übermitteln (vgl. Bäcker, in: Dietrich/Gärditz/Graulich/Gusy/Warg, Nachrichtendienste im demokratischen Rechtsstaat, 2018, S. 135 [148]; Lindner/Unterreitmeier, DÖV 2019, 165 [168]). Das aber verstärkt regelmäßig die Grundrechtsbeeinträchtigung. Denn mit der Informationsübermittlung an die Gefahrenabwehrbehörde kommt es zu einem zweiten eigenständigen Grundrechtseingriff (vgl. BVerfGE 154, 152 [266 Rn. 212] m.w.N.). Zum Nachteil der Betroffenen erweitert sich der Kreis derer, die die Information erhalten und von dieser Gebrauch machen können (vgl. BVerfGE 100, 313 [367]).
Um unnötige Grundrechtseingriffe zu vermeiden, muss die Gefahrenabwehrbehörde einen Informationseingriff, der von vornherein nur dem Zweck dienen darf, die Abwehr einer konkreten Gefahr vorzubereiten, daher grundsätzlich selbst vornehmen. Nur wenn die Durchführung der Überwachungsmaßnahme durch die Gefahrenabwehrbehörde selbst nicht geeignet ist oder nicht rechtzeitig käme, kann ausnahmsweise eine Online-Durchsuchung oder eine Wohnraumüberwachung subsidiär durch die Verfassungsschutzbehörde verfassungsrechtlich zulässig sein (vgl. Gusy, DVBl 1991, 1288 [1292 f.]; Bäcker, in: Dietrich/Gärditz/Graulich/Gusy/Warg, Nachrichtendienste im demokratischen Rechtsstaat, 2018, S. 135 [148]).
b) Wenn die Überwachungsmaßnahme nicht schon selbst eine solche Intensität erlangt, dass es unerheblich ist, welche Folgeeingriffe durch weitere Verwendungen noch möglich sind (oben Rn. 166), muss die Überwachungsbefugnis einer Verfassungsschutzbehörde nicht an das Vorliegen einer konkreten oder konkretisierten Gefahr im polizeilichen Sinne (oben Rn. 158) geknüpft werden. Soll die Maßnahme verhältnismäßig im engeren Sinne sein, muss dann aber ein hinreichender verfassungsschutzspezifischer Aufklärungsbedarf bestehen (aa); die Überwachungsmaßnahme muss zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten sein und auf hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten beruhen (vgl. BVerfGE 130, 151 [206]; 155, 119 [189 Rn. 151]; 156, 11 [56 Rn. 119]). Dabei muss die Überwachungsbedürftigkeit umso dringender sein, je höher das Eingriffsgewicht der Überwachungsmaßnahme ist. Zudem ergeben sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besondere Anforderungen, wenn Personen in die Überwachung einbezogen werden, die nicht selbst in der Bestrebung oder für die Bestrebung tätig sind (bb). Je nach Eingriffsintensität der Maßnahmen kann sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinne außerdem die Notwendigkeit ergeben, die Maßnahme vor ihrer Durchführung einer Kontrolle durch eine unabhängige Stelle zu unterziehen (cc).
aa) Die verfassungsschutzspezifische Eingriffsschwelle setzt hinreichende Anhaltspunkte einerseits dafür voraus, dass eine beobachtungsbedürftige Bestrebung besteht (1), und andererseits dafür, dass die ergriffene Maßnahme im Einzelfall zur Aufklärung geboten ist (2).
(1) Für die Annahme, es liege eine gegen die Schutzgüter des Verfassungsschutzes gerichtete Bestrebung vor (a), müssen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte bestehen (b). Je schwerer der Eingriff wiegt, umso beobachtungsbedürftiger muss die überwachte Aktion oder Gruppierung sein (c).
(a) Eine gesetzliche Bestimmung der vom Verfassungsschutz zu beobachtenden Bestrebungen findet sich in § 4 Abs. 1 BVerfSchG, auf den auch Art. 4 Abs. 1 BayVSG verweist. Danach sind Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der nach § 4 Abs. 2 BVerfSchG zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählenden Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes sind politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes sind politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, den Bund, die Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 BVerfSchG können solche Bestrebungen auch von einer Einzelperson ausgehen, wenn deren Verhaltensweise darauf gerichtet ist, die genannten Ziele zu verwirklichen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat weiter konkretisiert, was unter einer verfassungsfeindlichen Bestrebung im Sinne von § 4 BVerfSchG zu verstehen ist. Danach sind verfassungsfeindliche Bestrebungen gekennzeichnet durch ein aktives, nicht notwendig kämpferisch-aggressives oder illegales Vorgehen zur Realisierung ihrer Ziele. Sie müssen objektiv geeignet sein, über kurz oder lang politische Wirkungen zu entfalten. Sie müssen über das bloße Vorhandensein einer politischen Meinung hinausgehen, auf die Durchsetzung eines politischen Ziels ausgerichtet sein und dabei auf die Beeinträchtigung eines der Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abzielen. Die verantwortlich Handelnden müssen auf den Erfolg der Rechtsgutbeeinträchtigung hinarbeiten. Die bloße Kritik an Verfassungsgrundsätzen reicht für die Annahme einer verfassungsfeindlichen Bestrebung nicht aus, wenn sie nicht mit der Ankündigung von oder der Aufforderung zu konkreten Aktivitäten zur Beseitigung dieser Grundsätze verbunden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2020 – 6 C 11/18 –, juris, Rn. 20 m.w.N.). Zwar bezieht sich diese Interpretation unmittelbar nur auf Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Sie ist aber wegen weitgehender Deckungsgleichheit der Legaldefinitionen in § 4 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG auf Bestrebungen, die sich gegen die anderen Rechtsgüter des Verfassungsschutzes richten, übertragbar (vgl. Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 4 BVerfSchG Rn. 6).
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dieses Verständnis der beobachtungsbedürftigen Bestrebung zur Bestimmung der grundlegenden Eingriffsschwelle für Überwachungsmaßnahmen der Verfassungsschutzbehörde mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu verwenden (vgl. zur Unerheblichkeit bloßer Kritik an Verfassungswerten und -grundsätzen auch BVerfGE 113, 63 [81 f.]; 149, 160 [197 f. Rn. 108]). Dabei ist im Ausgangspunkt verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn den Verfassungsschutzbehörden Befugnisse zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel auch eingeräumt werden, um Erkenntnisse über Gruppierungen zu erlangen, die die Schutzgüter des Verfassungsschutzgesetzes auf dem Boden der Legalität bekämpfen. Auf diese Weise kann der besonderen Aufgabenstellung der Verfassungsschutzbehörden zur Aufklärung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Vorfeld konkreter Gefahren Rechnung getragen werden (BVerfGE 120, 274 [330]). Überwachungsmaßnahmen des Verfassungsschutzes sind auch nicht von vornherein auf militante und volksverhetzende Bestrebungen beschränkt (vgl. BVerfGE 120, 274 [349]) und können zu rechtfertigen sein, bevor nach außen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber den elementaren Grundsätzen der Verfassung eingenommen wird (vgl. hierzu aber als Voraussetzung des Verbots einer Vereinigung BVerfGE 149, 160 [197 f. Rn. 108]). Jedoch müssen von Verfassungs wegen je nach Eingriffsintensität der Überwachungsmaßnahme zum Teil erhöhte Anforderungen an die Beobachtungsbedürftigkeit der Bestrebung gestellt werden (unten Rn. 190 ff.).
(b) Es müssen tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen vorliegen, die Schutzgüter des Verfassungsschutzes zu bekämpfen (vgl. BVerfGE 120, 274 [349]; s. auch BVerfGE 156, 11 [56 Rn. 119]; zur Aufnahme einer Gruppierung in einen Verfassungsschutzbericht BVerfGE 113, 63 [81]). Es genügt also nicht jeder vage Verdacht, bestimmte Gruppierungen könnten sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten (vgl. BVerfGE 120, 274 [349]).
Der Bundesgesetzgeber hat in § 4 Abs. 1 Satz 5 BVerfSchG ausdrücklich festgelegt, dass Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen – das ist die Beobachtung einer Bestrebung (vgl. nur Roth, in: Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 4 BVerfSchG Rn. 87) – ist, dass tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bedarf es hierfür einerseits keiner Gewissheit darüber, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen tatsächlich bestehen, und auch keiner Gefahrenlage im Sinne des Polizeirechts. Andererseits sind bloße Vermutungen, Spekulationen oder Hypothesen, die sich nicht auf beobachtbare Fakten stützen können, unzureichend. Die Anhaltspunkte müssen vielmehr in Form konkreter und hinreichend verdichteter Umstände als Tatsachenbasis geeignet sein, den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen. Dabei darf eine Beobachtung nur auf solche Tatsachen gestützt werden, die der Behörde bei Beginn der jeweiligen Beobachtung bekannt waren. Die Behörde hat auf Grund der ihr bekannten tatsächlichen Anhaltspunkte eine Prognose anzustellen, ob ein solcher Verdacht besteht. Sie darf danach gerade nicht verdachtsunabhängig, quasi erst zur Schöpfung eines Verdachts ins Blaue hinein oder zur Generierung von Daten auf Vorrat eine Beobachtung durchführen (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2020 – 6 C 11/18 –, juris, Rn. 23 ff. m.w.N.).
Eine Beobachtung ist danach zwar nicht zwangsläufig davon abhängig, dass das Vorliegen einer Bestrebung erwiesen wäre. Doch müssen Anhaltspunkte in Form konkreter und hinreichend verdichteter Umstände als Tatsachenbasis geeignet sein, den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen; im Vorfeld systematischer Beobachtung können solche Anhaltspunkte vor allem aufgrund offener Erkenntnisquellen gewonnen werden (vgl. Warg, in: Dietrich/Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, V § 1, Rn. 19 [S. 529]; Pechtold, in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 17. Edition, Stand: 1. September 2021, Art. 3 BayVSG Rn. 17). Auch insoweit bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dies bei der Bestimmung der grundlegenden Eingriffsschwelle für Überwachungsmaßnahmen der Verfassungsschutzbehörde mit nachrichtendienstlichen Mitteln heranzuziehen. Dabei müssen aber auch an diese tatsächliche Grundlage je nach Eingriffsintensität der Überwachungsmaßnahme von Verfassungs wegen unter Umständen erhöhte Anforderungen gestellt werden (unten Rn. 192 ff.).
(c) Je schwerer der Eingriff wiegt (aa), umso beobachtungsbedürftiger muss die überwachte Aktion oder Gruppierung sein (bb). Der Gesetzgeber muss die Maßgaben zur jeweils erforderlichen Beobachtungsbedürftigkeit hinreichend bestimmt und normenklar regeln (cc).
(aa) Heimliche Überwachungsmaßnahmen des Verfassungsschutzes können sehr intensive Eingriffe in Grundrechte bewirken. Das gilt auch für Überwachungsmaßnahmen, die nicht schon wie die Online-Durchsuchung und die Wohnraumüberwachung für sich genommen eine besonders weitgehende Erfassung der Persönlichkeit zulassen, sondern im Vergleich zu einer polizeilichen Durchführung von geringerem Gewicht sind. Das Eingriffsgewicht der Überwachungsmaßnahmen einer Verfassungsschutzbehörde hängt auch dann insbesondere davon ab, wie weitgehend die Persönlichkeit erfasst werden kann, ob besonders private Informationen erlangt werden können oder ob berechtigte Vertraulichkeitserwartungen überwunden werden (vgl. BVerfGE 141, 220 [269 Rn. 105]; 155, 119 [229 Rn. 253]). Besonders schwer wiegen danach etwa längerfristige Observationen (zumal unter Anfertigung von Bildaufzeichnungen), die Erfassung nichtöffentlicher Gespräche und der Einsatz von Vertrauenspersonen und Verdeckten Mitarbeitern (vgl. BVerfGE 141, 220 [294 Rn. 174]). Dabei wird das Gewicht des Eingriffs auch dadurch geprägt, wie lange die Überwachungsmaßnahme andauert (vgl. BVerfGE 141, 220 [293 Rn. 171]).
(bb) Dem Eingriffsgewicht steht die Beobachtungsbedürftigkeit der (vermeintlichen) Bestrebung gegenüber. Sie hängt vor allem von der Intensität der Bedrohung der Schutzgüter des Verfassungsschutzes ab. Zur Beurteilung der Dringlichkeit des Beobachtungsbedarfs können verschiedene Anhaltspunkte herangezogen werden, die jedoch stets in einer Beziehung zu diesen Schutzgütern stehen müssen (Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b GG; s. auch § 3 Abs. 1 BVerfSchG und Art. 3 BayVSG).
Die Beobachtungsbedürftigkeit steigt, je deutlichere tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die es möglich erscheinen lassen, dass die Schutzgüter des Verfassungsschutzes konkret bedroht sind und das gegen sie gerichtete Handeln erfolgreich sein kann (vgl. BVerfGE 113, 63 [81 f.]; 120, 274 [348]; vgl. zu Art. 21 Abs. 2 GG BVerfGE 144, 20 [224 f. Rn. 585]– Parteiverbotsverfahren (NPD); "Potentialität"). Als Indizien für die gesteigerte Beobachtungsbedürftigkeit einer Bestrebung können Kriterien entsprechend herangezogen werden, die ein "Darauf Ausgehen" im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG (Verbot verfassungswidriger Parteien) indizieren (vgl. BVerfGE 144, 2 [224 ff. Rn. 585 ff.]; vgl. hingegen zur geringeren Anforderung eines "Sich Richtens" im Sinne einer "kämpferisch-aggressiven Grundhaltung" bei Art. 9 Abs. 2 GG BVerfGE 149, 160 [197 ff. Rn. 108 f.]).
Eine gesteigerte Beobachtungsbedürftigkeit kann sich etwa daraus ergeben, dass die Bestrebung darauf gerichtet ist, Gewalt anzuwenden oder Gewaltanwendung vorzubereiten oder dass sie volksverhetzend tätig wird (vgl. BVerfGE 120, 274 [349]; 144, 20 [223 Rn. 580]; s. auch § 9a Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz BVerfSchG; dazu Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 9a BVerfSchG Rn. 9). Die Anwendung von Gewalt indiziert auch eine gewisse Potentialität hinsichtlich der von der Bestrebung verfolgten Ziele (vgl. BVerfGE 144, 20 [226 Rn. 588]).
Weitere Anhaltspunkte können die Größe und der gesellschaftliche Einfluss einer Bestrebung sein (vgl. BTDrucks 18/4654, S. 26; Dietrich, in: ders./Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, VI § 2, Rn. 149 [S. 1077 f.]; vgl. auch BVerfGE 144, 20 [224 Rn. 583]: "je mehr sie an Boden gewinnen"; kritisch Bergemann, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, Abschnitt H, Rn. 98). Dabei können die Situation der Bestrebung (Mitglieder- und Sympathisantenbestand und -entwicklung, Organisationsstruktur, Mobilisierungsgrad, Kampagnenfähigkeit, finanzielle Lage), ihre Wirkkraft in die Gesellschaft (Publikationen, Bündnisse, Unterstützerstrukturen) und ihre Vertretung in Ämtern und Mandaten Aufschluss darüber geben, ob eine Umsetzung der von der Bestrebung verfolgten Ziele möglich erscheint. Erforderlich ist, dass sich ein hinreichendes Maß an konkreten und gewichtigen Anhaltspunkten ergibt, die den Rückschluss auf die Möglichkeit erfolgreichen Agierens der Bestrebung gegen die Schutzgüter des Verfassungsschutzes rechtfertigen. Dabei können sowohl die Erfolgsaussichten einer bloßen Beteiligung am politischen Meinungskampf als auch die Möglichkeit einer Durchsetzung der politischen Ziele mit sonstigen Mitteln in Rechnung gestellt werden (vgl. entsprechend zu Art. 21 Abs. 2 GG BVerfGE 144, 20 [225 f. Rn. 587]).
Die Beobachtungsbedürftigkeit kann auch vom Maß der Abschottung abhängen (vgl. BTDrucks 18/4654, S. 26; Dietrich, in: ders./Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, VI § 2, Rn. 149 [S. 1077 f.]; kritisch Bergemann, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, Abschnitt H, Rn. 98). Demgegenüber besteht für eine besonders eingriffsintensive Beobachtung weniger Anlass, wenn Ansichten offen oder jedenfalls öffentlich ohne Weiteres auffindbar, also beispielsweise nicht in geschlossenen Kommunikationsgruppen verbreitet werden (s. auch Dietrich, in: ders./Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, VI § 2, Rn. 149 [S. 1077 f.]).
Gegen eine gesteigerte Beobachtungsbedürftigkeit, die den Einsatz eingriffsintensiver Mittel rechtfertigte, spricht tendenziell auch, wenn eine Bestrebung nur mit legalen Mitteln arbeitet (vgl. Dietrich, in: ders./Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, VI § 2, Rn. 149 [S. 1077 f.]; siehe auch BTDrucks 18/4654, S. 26; Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 9a BVerfSchG Rn. 9). Auch eine solche legalistische Bestrebung kann aber (ausnahmsweise) besonders beobachtungsbedürftig sein; das hängt von den konkreten Umständen der einzelnen Bestrebung ab (vgl. auch BVerfGE 144, 20 [221 f. Rn. 578]). So ist nicht auszuschließen, dass eine Bestrebung unterhalb der Ebene strafrechtlich relevanten Verhaltens Potentialität entfaltet, indem sie etwa in sehr großem Stil besonders wirkungsvoll Fehlinformationen verbreitet oder aber eine Atmosphäre der Angst oder der Bedrohung herbeiführt, und dies geeignet ist, den freien Prozess politischer Willensbildung nachhaltig zu beeinträchtigen und wirksam auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung hinzulenken (vgl. auch BVerfGE 144, 20 [226 Rn. 588] zu Art. 21 Abs. 2 GG). Auch kann es gerade eine besondere Beobachtungsbedürftigkeit indizieren, wenn eine Bestrebung auf die Begehung besonders schwerer Straftaten gerichtet ist (vgl. etwa Art. 19 Abs. 2 Satz 3 BayVSG mit Verweisung auf § 3 Abs. 1 G 10 und § 100b Abs. 2 StPO).
Die Beobachtungsbedürftigkeit kann schließlich sinken, je länger eine Beobachtung andauert, ohne dass sie tatsächliche Anhaltspunkte dafür hervorbringt, ob oder inwiefern die Schutzgüter des Verfassungsschutzes durch die Bestrebung (noch) konkret bedroht sind und deren gegen diese Schutzgüter gerichtetes Handeln erfolgreich sein könnte (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 1999 – 1 C 30/97 –, juris, Rn. 34, BVerwGE 110, 126 [137 f.]; Warg, in: Dietrich/Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, V § 1, Rn. 19a [S. 530]; Roth, in: Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 4 BVerfSchG, Rn. 109 ff. m.w.N.).
(cc) Der Gesetzgeber muss die dem Eingriffsgewicht der verschiedenen Überwachungsbefugnisse entsprechenden Eingriffsschwellen durch Maßgaben zur jeweils erforderlichen Beobachtungsbedürftigkeit hinreichend bestimmt und normenklar regeln.
(α) Zwar ergeben sich die materiellen Maßgaben für das Handeln des Verfassungsschutzes aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und damit unmittelbar aus der Verfassung. Der Gesetzgeber darf die Konkretisierung dieser Verhältnismäßigkeitsanforderungen jedoch nicht vollständig der Verwaltung überlassen. An die Bestimmtheit und Normenklarheit (zu diesen BVerfGE 156, 11 [45 f. Rn. 86 f.]) von Ermächtigungen zur heimlichen Erhebung und Verarbeitung von Daten sind grundsätzlich besonders strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 113, 348 [375 ff.]; 120, 378 [407 f.]; 141, 220 [265 Rn. 94]; 150, 244 [278 f. Rn. 82]). Im Einzelnen unterscheiden sich hierbei die Anforderungen zwar maßgeblich nach dem Gewicht des Eingriffs und sind insoweit mit den jeweiligen materiellen Anforderungen der Verhältnismäßigkeit eng verbunden (vgl. BVerfGE 141, 220 [265 Rn. 94]). Bei heimlichen Maßnahmen, die weit in die Privatsphäre hineinreichen können, wie dies bei den meisten der hier in Rede stehenden Überwachungsbefugnissen der Fall ist, sind die Bestimmtheitsanforderungen indessen hoch. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass ein effektiver Schutz gegenüber staatlicher Datenerhebung und -verarbeitung nur auf Grundlage eines ausreichend spezifischen gesetzlichen Normprogramms möglich ist. Heimliche Überwachungsmaßnahmen gelangen den Betroffenen kaum zur Kenntnis und können daher von ihnen nur selten im Rechtsweg angegriffen werden. Der Gehalt der gesetzlichen Regelung kann so nur eingeschränkt im Wechselspiel von Anwendungspraxis und gerichtlicher Kontrolle konkretisiert werden (vgl. BVerfGE 141, 220 [265 Rn. 94]). De lege lata ist eine solche schrittweise Konkretisierung unter Einbindung unabhängiger Kontrolle zwar etwa im Rahmen der allgemeinen datenschutzrechtlichen Aufsicht durch den Landesdatenschutzbeauftragten in gewissem Maße möglich; wegen der schwachen Möglichkeiten gerichtlichen Rechtsschutzes ist diese auch für den Grundrechtsschutz von besonderer Bedeutung. Von einer gerichtlichen Kontrolle, die in jedem Einzelfall durch die Betroffenen herbeigeführt werden könnte, unterscheidet sich das gleichwohl erheblich. Zur Sicherung der gebotenen Rechtsbindung müssen die jeweiligen Normen daher so bestimmt gefasst sein, dass sie aus sich heraus der Verwaltung steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe bieten (vgl. BVerfGE 156, 11 [45 Rn. 86]).
Für die Nachrichtendienste einschließlich des Verfassungsschutzes gilt keine Ausnahme von den Bestimmtheitsanforderungen. Zwar bedarf ihre Aufgabenwahrnehmung in weitem Umfang der Geheimhaltung. Daraus folgt jedoch nicht, dass über ihre Tätigkeit überhaupt möglichst wenig bekannt werden dürfte und auch ihre Rechtsgrundlagen möglichst weitgehend im Dunkeln bleiben müssten. Für die Handlungsgrundlagen und Grenzen ihrer Befugnisse kann es im demokratischen Rechtsstaat eine prinzipielle Geheimhaltung nicht geben. Auch ihre Befugnisse müssen durch Gesetz normenklar und bestimmt vor der Öffentlichkeit geregelt werden und Verantwortlichkeiten klar zugeordnet sein. Das Erfordernis einer normenklaren und hinreichend bestimmten Fassung der gesetzlichen Befugnisse stellt die Möglichkeit nicht infrage, sie in der Sache geheim zu handhaben. Die Befugnisse schaffen nur abstrakt rechtliche Möglichkeiten, sagen aber nichts darüber aus, ob, wie, mit welcher Reichweite und welchem Erfolg von ihnen Gebrauch gemacht wird (vgl. BVerfGE 154, 152 [238 f. Rn. 138 ff.]).
(β) Räumt der Gesetzgeber der Verfassungsschutzbehörde Befugnisse zur heimlichen Überwachung ein, muss er danach selbst das Maß der Beobachtungsbedürftigkeit der Bestrebung oder Aktion den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügend regeln. Das bedeutet nicht, dass der Gesetzgeber im Gesetz selbst namentlich festlegen müsste, welche Bestrebungen in welchem Maße beobachtungsbedürftig sind. Erforderlich ist aber eine abstrakt beschreibende Bezeichnung des dem Eingriffsgewicht jeweils angemessenen Maßes der Beobachtungsbedürftigkeit, für das zudem hinreichend bestimmte Kriterien vorgegeben sein müssen.
Tatsächlich erfasst die Verfassungsschutzpraxis Beobachtungsbedarfe bereits systematisch nach ihrer verschiedenen Dringlichkeit (vgl. zur Verwendung von Priorisierungsstufen nur BayLTDrucks 17/20763, S. 15). Auf Bundesebene existieren Kategorisierungen der Gefährlichkeit von Beobachtungsobjekten (vgl. Dietrich, in: ders./Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, VI § 2, Rn. 149 [S. 1077 f.] m.w.N.). In der mündlichen Verhandlung wurde seitens des Landesamts für Verfassungsschutz bekundet, dass es sich an der auf Bundesebene geführten Liste orientiere, aus der sich die Erheblichkeit einer Bestrebung ergebe. Sofern der Einsatz eingriffsintensiver Überwachungsmaßnahmen danach hinreichend dringenden Beobachtungsbedarfen vorbehalten bleibt, mag die Praxis in der Sache verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Jedoch bedarf auch im Bereich der Nachrichtendienste der Einsatz grundrechtsintensiver Überwachungsbefugnisse von Verfassungs wegen hinreichender Anbindung an Maßgaben des Rechts, die dem demokratischen Gesetzgebungsverfahren entspringen (vgl. BVerfGE 154, 152 [238 f. Rn. 139]).
Die Bestimmung je eingriffsangemessener Stufen der Beobachtungsbedürftigkeit von Bestrebungen und Aktionen sowie von Kriterien, die für die Zuordnung einer Bestrebung zu einer bestimmten Stufe der Beobachtungsbedürftigkeit sprechen, bedarf darum einer gesetzlichen Grundlage und kann nicht allein der Verfassungsschutzpraxis überlassen bleiben. Dem Gesetzgeber stehen dabei unterschiedliche Möglichkeiten der regelungstechnischen Umsetzung offen.
Dass besondere Eigenschaften der Tätigkeit des Verfassungsschutzes eine solche Normierung von vornherein ausschlössen, ist nicht ersichtlich (vgl. auch Wegener, VVDStRL 75 (2016), 293 [320 f.] m.w.N.). Geheimhaltungsbedürfnisse stehen einer abstrakten Festlegung durch den Gesetzgeber, welche der Verwaltung hinreichend steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe bietet, jedenfalls nicht generell entgegen. Auch dass sich die Frage, wie beobachtungsbedürftig eine Bestrebung tatsächlich ist, selbst anhand hinreichend bestimmt vorgegebener Kriterien nicht leicht beantworten lässt, steht dem nicht entgegen. In der mündlichen Verhandlung wurde der prozesshafte Charakter dieser praktischen Einordnung seitens des Landesamts für Verfassungsschutz ausführlich geschildert. Dabei mögen, wie die Bayerische Staatsregierung ausgeführt hat, in dem vom Verfassungsschutz aufzuklärenden Vorfeldbereich Bewertungen aufgrund geringer Tatsachendichte in besonderem Maße von Erfahrung, Fachwissen und nachrichtendienstlichen Erkenntnislagen abhängig sein, über die die Verfassungsschutzbehörde verfügt, nicht aber der Gesetzgeber. Das betrifft jedoch die der Normierung nachgelagerte Anwendung solcher Kriterien, rechtstechnisch gesprochen also Fragen des Subsumtionsvorgangs. Eine abstrakte Bestimmung der für diese Einschätzungen und Zuordnungen geltenden Regeln wird dadurch nicht ausgeschlossen.
(2) Die Überwachungsmaßnahme muss außerdem im Einzelfall zur Aufklärung der Bestrebung geboten sein (vgl. BVerfGE 130, 151 [206]; 155, 119 [189 Rn. 151]; 156, 11 [56 Rn. 119]). Für die Verhältnismäßigkeit der Überwachungsmaßnahme kommt es mithin auf die konkrete Relevanz der hierdurch zu gewinnenden Erkenntnisse für die weitere Aufklärung verfassungsfeindlicher Bestrebungen an. Eine Maßnahme, die ins Blaue hinein erfolgte, ohne dass benannt und anhand tatsächlicher Anhaltspunkte begründet werden könnte, dass und wie sie zur Aufklärung beitragen soll, wäre danach unzulässig. Ist die Maßnahme gezielt gegen bestimmte Personen gerichtet, muss insbesondere die Überwachung gerade dieser Personen zur Aufklärung beitragen. Die Dringlichkeit einer Maßnahme kann sinken, je länger sie zum Einsatz kommt, ohne (noch) bedeutende Erkenntnisse für die weitere Aufklärung verfassungsfeindlicher Bestrebungen hervorzubringen. Die Qualität der erlangten Erkenntnisse ist fortlaufend zu bewerten (vgl. auch Art. 19 Abs. 2 Satz 5 BayVSG).
Darüber hinaus verlangt die im Verhältnismäßigkeitsgrundsatz enthaltene Pflicht, bei gleicher Eignung mildere Mittel zu wählen, eingriffsintensivere Überwachungsmaßnahmen nur dann zu ergreifen, wenn die milderen verfügbaren Maßnahmen nicht den gleichen Aufklärungserfolg versprechen (vgl. auch § 8 Abs. 5 BVerfSchG, § 3 Abs. 2 Satz 1 G 10).
Selbst wenn eingriffsintensivere Maßnahmen einen größeren Überwachungserfolg versprechen, müssen das Eingriffsgewicht und der erwartbare Erkenntnisgewinn aber in angemessenem Verhältnis stehen, so dass die Behörde auch auf das wirkungsvollste Mittel verzichten muss, wenn dies im Vergleich zur Intensität der Grundrechtsbelastung keinen hinreichenden Aufklärungsgewinn verspricht (vgl. BVerfGE 134, 141 [187 f. Rn. 136]; dazu auch BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2020 – 6 C 11/18 –, juris, Rn. 22).
bb) Der Gesetzgeber hat auch für den Schutz Dritter Sorge zu tragen, die in die Überwachung einbezogen sind, ohne selbst in der Bestrebung oder für die Bestrebung tätig zu sein. Auch insoweit ergeben sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besondere Anforderungen.
Allerdings lässt sich die Aufklärungsarbeit nachrichtendienstlicher Behörden kaum von vornherein punktgenau auf unmittelbar verantwortliche Personen begrenzen. Vielmehr kommt der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel im Grundsatz auch gegen Personen in Betracht, von denen nicht bekannt ist, dass sie selbst beobachtungswürdige Bestrebungen oder Tätigkeiten verfolgen, sondern bei denen lediglich Hinweise auf extremistische Aktivitäten zu erwarten sind (vgl. Mallmann, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 9 BVerfSchG Rn. 8; Lindner, in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 17. Edition, Stand: 1. September 2021, Art. 5 BayVSG Rn. 31). Die Grundrechte gebieten jedoch, die Überwachung Unbeteiligter so zu begrenzen, dass deren Grundrechtsbeeinträchtigung in angemessenem Verhältnis zu dem im Einzelfall erwartbaren Aufklärungsbeitrag steht.
Die besonders eingriffsintensiven Maßnahmen der Online-Durchsuchung und der Wohnraumüberwachung dürfen sich daher nicht unmittelbar gegen Dritte richten. Der Zugriff auf informationstechnische Systeme und die Wohnraumüberwachung dürfen sich unmittelbar nur gegen diejenigen als Zielperson richten, die für die Gefahr verantwortlich sind. Allerdings kann danach (als mittelbare Maßnahme) die Überwachung der Wohnung eines Dritten erlaubt werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen vermutet werden kann, dass die Zielperson sich dort zur Zeit der Maßnahme aufhält, sie dort für die Beobachtung relevante Gespräche führen wird und eine Überwachung ihrer Wohnung allein zur Erforschung des Sachverhalts nicht ausreicht. Ebenso kann eine Online-Durchsuchung auf informationstechnische Systeme Dritter erstreckt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Zielperson dort relevante Informationen speichert und ein auf ihre eigenen informationstechnischen Systeme beschränkter Zugriff zur Erreichung des Beobachtungsziels nicht ausreicht (vgl. BVerfGE 141, 220 [273 f. Rn. 115]).
Eine Anordnung anderer heimlicher Überwachungsmaßnahmen unmittelbar gegenüber Dritten ist hingegen nicht schlechthin ausgeschlossen. Hier steigen jedoch mit der Eingriffsintensität der Überwachungsmaßnahme die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Beziehung der von der Überwachung betroffenen Person zu der aufzuklärenden Aktion oder Gruppierung. Bei Maßnahmen, die stärker in Grundrechte eingreifen, reichen lose Zusammenhänge nicht aus (vgl. auch Lindner, in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 17. Edition, Stand: 1. September 2021, Art. 5 BayVSG Rn. 36). Es genügt nicht schon, dass Dritte mit einer Zielperson überhaupt in irgendeinem Austausch stehen. Vielmehr bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte, dass der Kontakt einen Bezug zum Ermittlungsziel aufweist und so eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Überwachungsmaßnahme der Aufklärung der Bestrebung dienlich sein wird (vgl. auch BVerfGE 141, 220 [274 f. Rn. 116]).
cc) Die verfassungsschutzspezifischen Eingriffsvoraussetzungen bleiben, auch wenn der Gesetzgeber seinen verfassungsrechtlichen Regelungspflichten nachkommt, tendenziell schwächer konturiert als die Voraussetzungen polizeilicher Überwachungsbefugnisse. Dies liegt an der Art der Aufgaben des Verfassungsschutzes, die weitgehend das Vorfeld konkreter Gefahren betreffen und für deren Erfüllung die Verfassungsschutzbehörde mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet werden darf. Daher bedarf es ungeachtet der in diesem Verfahren klar erkennbar gewordenen Bestrebungen des Landesamts, seine Befugnisse nach verfassungsrechtlichen Maßstäben praktisch einzuhegen, weiterer Regelungen, die sichern, dass die Eingriffsvoraussetzungen, insbesondere die Schwelle des verfassungsschutzspezifischen (gesteigerten) Beobachtungsbedarfs, ihre begrenzende Wirkung praktisch entfalten. Je nach Eingriffsintensität der Maßnahmen ergibt sich daher aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinne auch die Notwendigkeit, die Maßnahme vor ihrer Durchführung einer Kontrolle durch eine unabhängige Stelle zu unterziehen. Gerade wegen der Weite der nachrichtendienstlichen Eingriffsschwellen, die Überwachungsmaßnahmen im Vorfeld konkreter Gefahren im Sinne des Polizeirechts zulassen, kommt dem Erfordernis einer Vorabkontrolle besondere Bedeutung zu.
(1) Die hier überwiegend in Rede stehenden eingriffsintensiven Überwachungsmaßnahmen, bei denen damit zu rechnen ist, dass sie auch höchstprivate Informationen erfassen, und die gegenüber den Betroffenen heimlich durchgeführt werden, bedürfen nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich einer vorherigen Kontrolle durch eine unabhängige Stelle, etwa in Form einer richterlichen Anordnung (vgl. dazu auch EGMR, Klass u.a. v. Deutschland, Urteil vom 6. September 1978, Nr. 5029/71, § 56; EGMR [GK], Zakharov v. Russland, Urteil vom 4. Dezember 2015, Nr. 47143/06, §§ 258, 275; EGMR, Szabó und Vissy v. Ungarn, Urteil vom 12. Januar 2016, Nr. 37138/14, § 77). Dies gilt für Maßnahmen der Wohnraumüberwachung bereits gemäß Art. 13 Abs. 4 GG und folgt im Übrigen aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. BVerfGE 120, 274 [331 ff.]; 125, 260 [337 ff.];141, 220 [275 Rn. 117]; 154, 152 [292 Rn. 278]; 155, 119 [229 Rn. 253]). Eine vorbeugende Kontrolle ist bedeutsames Element eines effektiven Grundrechtsschutzes und gewährleistet, dass die Entscheidung über eine heimliche Maßnahme auf die Interessen der Betroffenen hinreichend Rücksicht nimmt, wenn diese selbst ihre Interessen aufgrund der Heimlichkeit der Maßnahme im Vorwege nicht wahrnehmen können (vgl. BVerfGE 120, 274 [331 f.]; 155, 119 [229 Rn. 253]).
Der Gesetzgeber hat das Gebot vorbeugender unabhängiger Kontrolle in spezifischer und normenklarer Form zu regeln. Die Regelung muss das Erfordernis einer hinreichend substantiierten Begründung des von der Behörde zu stellenden Antrags auf Anordnung enthalten, die es überhaupt erst praktisch erlaubt, eine unabhängige Kontrolle effektiv auszuüben. Zudem muss die antragstellende Behörde verpflichtet werden, über alle beurteilungsrelevanten Aspekte zu informieren. In Anknüpfung hieran ist die Aufgabe und Pflicht der unabhängigen Stelle zu regeln, sich eigenverantwortlich ein Urteil darüber zu bilden, ob die beantragte heimliche Überwachungsmaßnahme den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht. Hierfür sind die notwendigen sachlichen und personellen Voraussetzungen zu schaffen (vgl. BVerfGE 141, 220 [275 f. Rn. 118] m.w.N.).
(2) Das gilt auch und erst recht für die Ausübung nachrichtendienstlicher Befugnisse (vgl. BVerfGE 154, 152 [292 Rn. 278 a.E.]; 155, 119 [228 f. Rn. 252 f.]) einschließlich der des Verfassungsschutzes (vgl. BVerfGE 120, 274 [331 ff.]).
(a) Ob für eine Befugnis zur heimlichen Überwachung eine Vorabkontrolle durch eine unabhängige Stelle zu fordern ist oder nicht, richtet sich zunächst danach, wie intensiv der Grundrechtseingriff ist. Werden Nachrichtendiensten heimliche Überwachungsmaßnahmen erlaubt, muss je nach der in Frage stehenden Befugnis und ihrer Eingriffsintensität geprüft werden, ob es einer unabhängigen Vorabkontrolle bedarf. Abzustellen ist neben der Heimlichkeit maßgeblich darauf, ob es sich um Maßnahmen handelt, bei denen damit zu rechnen ist, dass sie auch höchstprivate Informationen erfassen (vgl. BVerfGE 155, 119 [229 Rn. 253]; s. bereits BVerfGE 141, 220 [275 Rn. 117, 294 Rn. 174]; EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u.a., C-203/15 u.a., EU:C:2016:970, Rn. 99, 120, 125).
Dies gilt für Maßnahmen der Wohnraumüberwachung bereits gemäß Art. 13 Abs. 3 und Abs. 4 GG. Dass Maßnahmen des Verfassungsschutzes so schwer wiegen und so tief in die Privatsphäre eindringen können, dass deren Anordnung einer unabhängigen Instanz vorbehalten sein muss, hat das Bundesverfassungsgericht außerdem für Online-Durchsuchungen festgestellt (vgl. BVerfGE 120, 274 [332]).
Des Weiteren hat das Bundesverfassungsgericht eine unabhängige Kontrolle von Maßnahmen des Bundeskriminalamts etwa für längerfristige Observationen (zumal unter Anfertigung von Bildaufzeichnungen oder unter Nutzung besonderer technischer Mittel wie Peilsender), die Erfassung nichtöffentlicher Gespräche und den Einsatz von Vertrauenspersonen als verfassungsrechtlich unverzichtbar angesehen (vgl. BVerfGE 141, 220 [294 Rn. 174]). Zwar ist das Eingriffsgewicht solcher Maßnahmen verringert, wenn sie nicht vom Bundeskriminalamt, sondern von einer Verfassungsschutzbehörde durchgeführt werden, die selbst nicht über operative Anschlussbefugnisse verfügt (oben Rn. 157 ff.). Jedoch besteht hier gerade wegen der tatbestandlich weniger scharf konturierten Eingriffsschwelle ein besonderer Bedarf nach einer unabhängigen Vorabkontrolle (unten Rn. 222). Würde eine unabhängige Vorabkontrolle hier wegen des Fehlens operativer Anschlussbefugnisse gleichwohl für verzichtbar gehalten (vgl. dazu Gärditz, EuGRZ 2018, 6 [19 f.]), wären stattdessen unabhängige Vorabkontrollen jedenfalls bei der Übermittlung der Informationen an andere Stellen notwendig, um zu verhindern, dass die für die Erhebung durch andere Behörden notwendigen Kontrollvorbehalte unterlaufen werden.
Nicht jede heimliche Überwachungsmaßnahme des Verfassungsschutzes wiegt aber so schwer, dass eine unabhängige Vorabkontrolle verfassungsrechtlich geboten wäre. Zum Teil hängt dies auch von der Dauer der Maßnahme ab. Dauern Überwachungsmaßnahmen länger an, kann eine anfangs weniger eingriffsintensive Maßnahme mit der Zeit ein solches Gewicht erlangen, dass eine zunächst verzichtbare externe Kontrolle doch erforderlich wird (vgl. BVerfGE 141, 220 [294 Rn. 174]; s. auch BVerfGE 112, 304 [318 f.]). Länger andauernde Überwachungsmaßnahmen, die von Beginn an ein solches Eingriffsgewicht haben, dass sie einer unabhängigen Vorabkontrolle zu unterwerfen sind, müssen befristet oder einer erneuten Kontrolle unterzogen werden. Denn die Kontrolle, die stets eine vorausschauende Beurteilung der Effektivität der Maßnahme einschließen muss, kann im Hinblick auf den einschneidenden Eingriff einerseits und die hochrangigen Rechtsgüter andererseits hinreichend verantwortungsvoll nur für einen überschaubaren Zeitraum vorgenommen werden (vgl. BVerfGE 109, 279 [361]).
(b) Die Struktur und das Wesen nachrichtendienstlicher Tätigkeit stehen der kontrollierenden Vorabeinbindung externer Stellen nicht entgegen. So mögen in dem vom Verfassungsschutz aufzuklärenden Vorfeldbereich wegen der geringeren Tatsachendichte Bewertungen stärker als bei der Gefahrenabwehr von Erfahrung, Fachwissen und nachrichtendienstlichen Erkenntnislagen abhängig sein, über die eine aus dem Nachrichtendienstbetrieb ausgelagerte Stelle nicht ohne Weiteres verfügt. In dem hier zu entscheidenden Verfassungsbeschwerdeverfahren konnte aber letztlich nicht plausibel erklärt werden und es ist auch sonst nicht ersichtlich, warum die Verfassungsschutzbehörde die (verfassungsschutzspezifischen) Tatbestandsvoraussetzungen ihrer Tätigkeit nicht trotz ihrer Besonderheiten vor Beginn der Maßnahme einer externen Stelle sollte darlegen können. Auch wenn die Interpretation von Verdachtsindikatoren hier maßgeblich von nachrichtendienstlichem Erfahrungswissen getragen ist (vgl. Warg, in: Dietrich/Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, V § 1, Rn. 16 [S. 526]; Gärditz, EuGRZ 2018, 6 [18]; Lindner/Unterreitmeier, DÖV 2019, 165 [174]; Gitter/Marscholleck, GSZ 2021, 191 [196]), enthebt dies die Verfassungsschutzbehörde nicht der Notwendigkeit, eben dieses Wissen und die daraus anhand konkreter Tatsachen abgeleitete Interpretation der Verdachtssituation in einer Weise darzulegen, dass deren Plausibilität wenigstens nachvollziehend geprüft werden kann.
Gerade weil keine Gefahrenlage im Sinne des Polizeirechts vorausgesetzt ist, sondern tatsächliche Anhaltspunkte für einen (je nach Eingriffstiefe gesteigerten) verfassungsschutzspezifischen Beobachtungsbedarf vorliegen müssen, gilt es zu verhindern, dass aufgrund bloßer Vermutungen, Spekulationen oder Hypothesen gehandelt werden könnte, die sich nicht auf beobachtbare Fakten stützen ließen. Die Anhaltspunkte für einen verfassungsschutzspezifischen Beobachtungsbedarf müssen vielmehr in Form konkreter und hinreichend verdichteter Umstände als Tatsachenbasis geeignet sein, den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2020 – 6 C 11/18 –, juris, Rn. 23). Hierüber muss die Verfassungsschutzbehörde sowohl sich selbst als auch – im Rahmen unabhängiger Überprüfung – anderen Rechenschaft ablegen können, bevor sie die Maßnahme ergreift (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2020 – 6 C 11/18 –, juris, Rn. 24 f. m.w.N.). Ist die Verfassungsschutzbehörde nicht in der Lage, einer unabhängigen Stelle zu begründen, inwiefern die von Verfassungs wegen zu fordernden Anhaltspunkte vorliegen, kann die verfassungsrechtlich erforderliche Eingriffsschwelle kaum erreicht sein. Angesichts der nachrichtendiensttypischen Aufgabenwahrnehmung im Geheimen, die die Wirksamkeit der justiziellen Kontrollfunktion und die justizielle Konkretisierung der Eingriffsvoraussetzungen begrenzt (vgl. BVerfGE 141, 220 [265 Rn. 94]; Gitter/Marscholleck, GSZ 2021, 191 [196]), kommt nicht zuletzt auch der mit dem Begründungserfordernis verbundenen Selbstkontrolle besondere Bedeutung zu. Das Begründungserfordernis schließt aus, dass aufgrund bloßer Vermutungen gehandelt wird, und kann so die Einhaltung der verfassungsschutzspezifischen Eingriffsschwelle für die Überwachungstätigkeit sichern.
Der Gesetzgeber selbst geht in vielen Fällen davon aus, dass es den Verfassungsschutzbehörden möglich ist, die Eingriffsvoraussetzungen einer Überwachungsmaßnahme gegenüber dem Bundesinnenministerium oder der zuständigen Landesbehörde darzulegen (vgl. § 8b Abs. 1 BVerfSchG, § 9 Abs. 4 Satz 7 i.V.m. § 8b Abs. 1 BVerfSchG; s. auch § 10 Abs. 1 G 10, auf den Art. 12 Abs. 2 BayVSG und Art. 17 Abs. 2 Satz 1 BayVSG verweisen). Die nach diesen Vorschriften erforderlichen Anträge sind schriftlich zu stellen und zu begründen (§ 8b Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BVerfSchG, § 9 Abs. 3 Satz 1 G 10). Wenn demnach von den Antragsberechtigten grundsätzlich erwartet wird, gegenüber dem Bundesinnenministerium oder der zuständigen Landesbehörde darlegen zu können, dass die Voraussetzungen der beantragten Maßnahme vorliegen, ist nicht ersichtlich, warum dies nicht auch gegenüber einer unabhängigen Stelle möglich sein sollte.
(c) Auch das Erfordernis nachhaltiger Vertraulichkeit der Arbeit des Verfassungsschutzes steht der vorherigen Einbindung einer unabhängigen Kontrolle nicht entgegen. Zwar ist denkbar, dass in einem Antrag auf Durchführung einer Überwachungsmaßnahme sensible sowie voraussetzungsvolle Aufklärungsstrategien offengelegt werden müssen. Es wird vertreten, dass eine Einbindung von Gerichten insofern Probleme bereiten könnte (vgl. Weisser, DÖV 2014, 831 [835]; Gärditz, EuGRZ 2018, 6 [17 f.]). Dass die Vorabkontrolle gerade durch ein Gericht erfolgt, ist jedoch verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht vorgegeben (s. allerdings Art. 13 Abs. 4 Satz 1 GG). Dass es dem Gesetzgeber von vornherein unmöglich wäre, den Geheimhaltungserfordernissen entsprechende, unabhängige Stellen zu schaffen, ist nicht erkennbar; dies belegt beispielsweise die gesetzliche Vorkehrung zur Geheimhaltung der Tätigkeit der G 10-Kommission (vgl. § 15 Abs. 2 G 10). Die Kontrolle darf grundsätzlich auch nicht durch die "Third Party Rule" behindert werden, deren Einhaltung durch eine strikt auf Geheimhaltung ausgerichtete Ausgestaltung der Kontrolle und durch Absprachen mit ausländischen Diensten gewährleistet werden kann (vgl. dazu im Einzelnen BVerfGE 154, 152 [296 ff. Rn. 292 ff.]; vgl. auch BVerfGE 143, 101 [151 ff. Rn. 163 ff.]).
4. Verhältnismäßigkeit i.e.S. der weiteren Nutzung und Übermittlung
Besondere Anforderungen stellt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne auch an die gesetzliche Regelung von Weiterverarbeitungs- und Übermittlungsbefugnissen (zum Hintergrund oben Rn. 170 ff.). Die Anforderungen an die weitere Nutzung und Übermittlung staatlich erhobener Daten richten sich nach den Grundsätzen der Zweckbindung und Zweckänderung. Zu unterscheiden ist zwischen der weiteren Nutzung durch dieselbe Behörde im Rahmen der ursprünglichen Zwecke (a) und der zweckändernden Nutzung durch dieselbe oder eine andere Behörde (b).
a) Für die weitere Nutzung von Daten durch die erhebende Behörde selbst ist grundsätzlich keine eigenständige Rechtfertigung erforderlich, wenn sich diese im Rahmen des konkreten Anlasses des Erhebungseingriffs hält. Erlaubt der Gesetzgeber hingegen die weitere Nutzung von Daten über den konkreten Anlass und rechtfertigenden Grund einer Datenerhebung hinaus, muss er hierfür eine eigene Rechtsgrundlage schaffen. Zu unterscheiden ist dann zwischen der weiteren Nutzung im Rahmen der ursprünglichen Zwecke (vgl. BVerfGE 141, 220 [324 Rn. 278 ff.]) und zu anderen Zwecken als denen der ursprünglichen Datenerhebung (vgl. BVerfGE 141, 220 [326 ff. Rn. 284 ff.]; dazu unten Rn. 229 ff.). Beide bedürfen eigener Rechtfertigung. Die Übermittlung von Daten an eine andere Behörde ist ein Unterfall der zweckändernden Nutzung, weil eine weitere Nutzung nur dann innerhalb der ursprünglichen Zwecksetzung bleiben kann, wenn sie seitens derselben Behörde erfolgt (vgl. BVerfGE 141, 220 [325 Rn. 279]; vgl. aber Schwabenbauer, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, Abschnitt G, Rn. 36).
Erlaubt der Gesetzgeber einer Behörde die eigene Weiternutzung von Daten über das für die Datenerhebung maßgebende Verfahren hinaus, aber im Rahmen der ursprünglichen Zwecke, kann sie sich insoweit auf die der Datenerhebung zugrundeliegenden Rechtfertigungsgründe stützen und unterliegt damit nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Zweckänderung (vgl. BVerfGE 141, 220 [325 Rn. 278]). Vielmehr genügt, dass die erhobenen Daten für ein neues Verfahren derselben Behörde im Rahmen der ursprünglichen Erhebungszwecke einen hinreichenden Spurenansatz bieten (vgl. BVerfGE 141, 220 [325 Rn. 279]).
Weiter reicht die Zweckbindung allerdings für Daten aus Wohnraumüberwachungen und Online-Durchsuchungen. Hier ist jede weitere Nutzung der Daten in einem neuen Verfahren nur dann zweckentsprechend, wenn sie auch aufgrund einer den Erhebungsvoraussetzungen entsprechend dringenden beziehungsweise zumindest konkretisierten Gefahr erforderlich ist. Das außerordentliche Eingriffsgewicht solcher Datenerhebungen spiegelt sich hier auch in einer besonders engen Bindung jeder weiteren Nutzung der gewonnenen Daten an die Voraussetzungen und Zwecke der Datenerhebung. Eine Nutzung der Erkenntnisse als bloßer Spuren- oder Ermittlungsansatz unabhängig von einer dringenden oder zumindest konkretisierten Gefahr kommt hier nicht in Betracht (vgl. BVerfGE 141, 220 [326 Rn. 283]).
b) Der Gesetzgeber kann eine weitere Nutzung der Daten auch zu anderen Zwecken als denen der ursprünglichen Datenerhebung erlauben. Dann liegt eine Zweckänderung vor. Es ist sicherzustellen, dass dem Eingriffsgewicht der Datenerhebung auch hinsichtlich der neuen Nutzung Rechnung getragen wird (vgl. BVerfGE 141, 220 [326 f. Rn. 284] m.w.N.). Dies richtet sich nach dem Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung (aa). Die Übermittlungsvoraussetzungen können sich danach unterscheiden, je nachdem, an welche Stelle übermittelt wird (bb).
aa) (1) Die Übermittlung personenbezogener Daten, mit der eine Behörde die von ihr erhobenen Daten einer anderen Stelle zugänglich macht, begründet einen eigenen Grundrechtseingriff. Dieser ist an dem Grundrecht zu messen, in das bei der ursprünglichen Datenerhebung eingegriffen wurde (BVerfGE 154, 152 [266 Rn. 212] m.w.N.). Materiell müssen sowohl die gesetzliche Ermächtigung zur Datenübermittlung als auch die Übermittlungsmaßnahme im Einzelfall den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügen. Die Übermittlung muss zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein.
Ausgangspunkt für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist das Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung. Danach kommt es darauf an, ob die entsprechenden Daten nach verfassungsrechtlichen Maßstäben auch für den geänderten Zweck mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln neu erhoben werden dürften (vgl. BVerfGE 141, 220 [327 f. Rn. 287]; 154, 152 [266 f. Rn. 216] m.w.N.; 156, 11 [49 f. Rn. 99]; stRspr). Das bemisst sich danach, ob der empfangenden Stelle unter den gegebenen Bedingungen eine eigene Befugnis eingeräumt werden dürfte, die Daten mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln wie dem ersten Eingriff erneut zu erheben. Danach sind Anforderungen sowohl an den Rechtsgüterschutz als auch an die Eingriffsschwellen, hier in Form von Übermittlungsschwellen, zu stellen (BVerfGE 154, 152 [268 Rn. 220]; stRspr). Die neue Nutzung der Daten muss also zum einen dem Schutz von Rechtsgütern oder der Aufdeckung von Straftaten solchen Gewichts dienen, dass dies eine Neuerhebung durch die empfangende Stelle mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln wie die vorangegangene nachrichtendienstliche Überwachung rechtfertigen könnte (vgl. BVerfGE 141, 220 [327 Rn. 288]; 154, 152 [269 Rn. 221]; 156, 11 [55 Rn. 116]). Zum anderen setzt die Übermittlung grundsätzlich einen Anlass voraus, der eine ebenso eingriffsintensive Ersterhebung durch die empfangende Stelle verfassungsrechtlich rechtfertigen würde (vgl. BVerfGE 133, 277 [329 Rn. 123]; 154, 152 [269 f. Rn. 222]; 156, 11 [55 Rn. 117 f.]). Dabei gilt der Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung nicht schematisch abschließend und schließt die Berücksichtigung weiterer Gesichtspunkte nicht aus (vgl. BVerfGE 156, 11 [50 Rn. 100]m.w.N.).
(2) Das Kriterium der hypothetischen Neuerhebung gilt grundsätzlich auch für die Übermittlung von Daten durch nachrichtendienstliche Behörden, also auch durch eine Verfassungsschutzbehörde (vgl. BVerfGE 154, 152 [266 f. Rn. 216, 327 f. Rn. 287]; 156, 11 [1. Leitsatz]; s. aber Lindner/Unterreitmeier, in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 17. Edition, Stand: 1. September 2021, BayVSG, Syst. Vorb. Rn. 51; Unterreitmeier, JZ 2021, 175 [184 f.]). Die besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen an Vorschriften, welche die Weitergabe nachrichtendienstlich erlangter Informationen regeln, erübrigen sich entgegen der Einschätzung der Bayerischen Staatsregierung nicht dadurch, dass Verfassungsschutzbehörden zunehmend in die Gefahrfrüherkennung eingebunden werden (vgl. BVerfGE 156, 11 [50 f. Rn. 104 f.]) und sie Daten gerade zu dem Zweck erheben, diese später an eine andere Stelle übermitteln zu können. Vielmehr ist auch dann mit der Übermittlung an die andere Behörde eine Zweckänderung verbunden, die verfassungsrechtlicher Rechtfertigung bedarf. Denn in der Übermittlung personenbezogener Daten an eine andere Behörde liegt stets ein neuer Grundrechtseingriff (vgl. BVerfGE 154, 152 [266 Rn. 212] m.w.N.; stRspr). Dabei handelt es sich auch um eine Zweckänderung, weil eine weitere Nutzung innerhalb der ursprünglichen Zwecksetzung nur seitens derselben Behörde in Betracht kommt (vgl. BVerfGE 141, 220 [325 Rn. 279]).
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht für die Ausland-Ausland-Fernmeldeüberwachung durch den Bundesnachrichtendienst festgestellt, der Zweck dieser Datenerhebung und der Datenübermittlung an die zu informierenden Stellen rückten zusammen: Dem Nachrichtendienst seien weitreichende Aufklärungsbefugnisse übertragen, damit er auf der Grundlage einer großen Menge weithin auch unstrukturierter Daten wichtige Informationen im Vorfeld operativer Tätigkeit herausfiltern könne. In der Unterscheidung zwischen relevanten und irrelevanten Daten, die darüber bestimme, welche Informationen der Regierung und gegebenenfalls mit Handlungsbefugnissen ausgestatteten weiteren Stellen zur Kenntnis gebracht werden, liege ein wesentlicher Zweck der Datenerhebung. Daraus wurde aber gerade nicht geschlossen, dass an die Übertragung keine besonderen Anforderungen zu richten seien. Vielmehr ist auch dort auf Ebene der Übermittlungsnormen sicherzustellen, dass die vom Bundesnachrichtendienst gewonnenen Erkenntnisse nur der weiteren Verarbeitung zugänglich werden, wenn eine Erhebung der Daten nach allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen für die Übermittlungszwecke gerechtfertigt wäre (vgl. BVerfGE 154, 152 [267 f. Rn. 218]; vgl. auch BVerfGE 100, 313 [367]).
bb) Nach dem Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung können sich die Übermittlungsanforderungen unterscheiden, je nachdem, an welche Behörde übermittelt wird. Denn für die Rechtfertigung einer Übermittlung kommt es danach darauf an, ob der empfangenden Behörde zu dem jeweiligen Übermittlungszweck eine eigene Datenerhebung mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln wie der vorangegangenen Überwachung durch die Verfassungsschutzbehörde erlaubt werden dürfte. Das hängt aber auch davon ab, mit welchen Befugnissen die empfangende Behörde von Verfassungs wegen ausgestattet werden dürfte. Verfügt die empfangende Behörde über operative Anschlussbefugnisse, wären an eine Datenneuerhebung wegen der unmittelbar möglichen Folgemaßnahmen – und sind entsprechend an eine Übermittlung – grundsätzlich strengere Anforderungen zu stellen, als wenn die empfangende Behörde keine weiteren operativen Befugnisse hat. Dabei ist hier nur über die Übermittlung von Informationen zu entscheiden, die mit nachrichtendienstlichen Mitteln erlangt wurden.
(1) Bei der Übermittlung nachrichtendienstlich ersterhobener personenbezogener Daten und daraus gewonnener Informationen an Gefahrenabwehrbehörden gelten besonders strenge Anforderungen, wenn diese über operative Zwangsbefugnisse verfügen. Im Ergebnis setzt dies voraus, dass für ein besonders gewichtiges Rechtsgut (a) wenigstens eine konkretisierte Gefahr (b) besteht.
(a) (aa) Die Übermittlung nachrichtendienstlich ersterhobener personenbezogener Daten und daraus gewonnener Informationen an eine Gefahrenabwehrbehörde muss einem besonders gewichtigen Rechtsgut dienen. An der Übermittlung muss mithin ein herausragendes öffentliches Interesse bestehen (vgl. BVerfGE 133, 277 [329 Rn. 123]; 154, 152 [268 Rn. 219]; 156, 11 [51 f. Rn. 105, 55 Rn. 116]).
Für die Übermittlung von Daten, die mittels der hier überwiegend in Rede stehenden besonders eingriffsintensiven Überwachungsbefugnisse erlangt wurden, folgt das schon daraus, dass solche Befugnisse generell nur zum Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter eingeräumt werden dürfen. Wenn eine operativ handelnde Gefahrenabwehrbehörde mittels solcher Überwachungsbefugnisse selbst Daten erheben würde, wäre zu verlangen, dass dies dem Schutz eines besonders gewichtigen Rechtsguts dient (vgl. BVerfGE 141, 220 [270 f. Rn. 108]). Für die Übermittlung an eine Gefahrenabwehrbehörde gilt nichts anderes.
Aber auch nachrichtendienstliche Erkenntnisse, die aus für sich genommen jeweils weniger eingriffsintensiven Überwachungsmaßnahmen stammen, dürfen nur zum Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter übermittelt werden. Eine Differenzierung nach dem Eingriffsgewicht der jeweiligen Einzelmaßnahme kommt insoweit nach dem Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung wegen der Besonderheiten nachrichtendienstlicher Aufgabenwahrnehmung nicht in Betracht (vgl. auch BVerfGE 133, 277 [329 Rn. 123]; 154, 152 [268 Rn. 219]; 156, 11 [51 f. Rn. 105]). Denn durch die Betrachtung eines einzelnen, für sich genommen weniger eingriffsintensiven Datenerhebungsvorgangs würde die Grundrechtsbelastung, die von der breit angelegten, teils niederschwelligen Beobachtungstätigkeit nachrichtendienstlicher Behörden ausgeht, nicht in Gänze erfasst.
Nachrichtendienstliche Behörden schöpfen ihre Erkenntnisse aus einer Fülle von Daten, die sie weit im Vorfeld konkreter Gefahren und operativer Tätigkeit erheben, miteinander und mit Erkenntnissen anderer Stellen verknüpfen und filtern, um daraus relevante Informationen zu gewinnen und auch weiterzugeben; dies ist eine Besonderheit ihrer Aufgabe (vgl. auch BVerfGE 154, 152 [267 f. Rn. 218]). So hat die Bayerische Staatsregierung in diesem Verfahren hervorgehoben, dass Verfassungsschutzbehörden nicht so sehr Einzeldaten, sondern vielmehr analytisch aufbereitete und verdichtete Erkenntnisse übermitteln.
Dafür haben sie breite Befugnisse zur Datensammlung, die teilweise weder hinsichtlich der konkreten Tätigkeitsfelder spezifisch ausdefiniert noch hinsichtlich der jeweils einzusetzenden Mittel und der betroffenen Personen detailscharf ausgestaltet sind (vgl. BVerfGE 133, 277 [325 Rn. 117]). So sind wenig eingriffsintensive nachrichtendienstliche Maßnahmen durch Verfassungsschutzbehörden schon bei einem schlichten verfassungsschutzspezifischen Beobachtungsbedarf zulässig, ohne dass sich eine polizeiliche Gefahr in irgendeiner Weise abzeichnen müsste oder eine gesteigerte verfassungsschutzspezifische Beobachtungsbedürftigkeit gefordert wäre; für die Beobachtungsbefugnis genügt insoweit, dass Anhaltspunkte in Form konkreter und hinreichend verdichteter Umstände den Verdacht relevanter Bestrebungen begründen, selbst wenn eine besondere "Potentialität" der Bestrebung aktuell nicht erkennbar ist (oben Rn. 185 f.). Auch sind, sofern nachrichtendienstliche Grundrechtseingriffe für sich genommen gering wiegen, nicht unbedingt Anhaltspunkte für eine spezifische Verantwortlichkeit der Betroffenen erforderlich (oben Rn. 210 ff.). Von ihrer Verantwortlichkeit abzusehen wäre aber in anderen Bereichen des Sicherheitsrechts – jedenfalls bei noch kaum konkretisiertem Eingriffsanlass – mit verfassungsrechtlichen Anforderungen an staatliche Überwachung grundsätzlich nicht vereinbar (vgl. BVerfGE 150, 244 [297 Rn. 142] – Kfz-Kennzeichenkontrollen Bayern). Dass nachrichtendienstliche Beobachtung weit im Vorfeld konkreter Gefahren zulässig ist, begründet zugleich die inhaltliche Weite des Tätigkeitsfelds, das gerade nicht durch ein von konkreter Gefahr bedrohtes Schutzgut definiert wird, sondern durch eine möglicherweise noch wenig konkrete allgemeine Bedrohung vergleichsweise abstrakter Rechtsgüter nur grob abgesteckt ist. Diese breite nachrichtendienstliche Beobachtungstätigkeit geschieht überdies weitgehend im Verborgenen. Die Nachrichtendienste sammeln Daten grundsätzlich geheim. Der Grundsatz der Offenheit der Datenerhebung gilt für sie nicht, und sie sind von Transparenz- und Berichtspflichten gegenüber den Betroffenen weithin freigestellt. Entsprechend gering sind die Möglichkeiten individuellen Rechtsschutzes (BVerfGE 133, 277 [325 f. Rn. 117]).
Auch wenn eine einzelne Datenerhebung für sich genommen weniger schwer wiegt, unterliegt diese von jeder konkreten Rechtsgutgefährdung und teilweise auch von spezifischer Verantwortlichkeit der Betroffenen losgelöste Befugnis zur weitgehend verborgenen, breit angelegten Datensammlung, -auswertung und -aufbereitung daher hohen verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsbedingungen. Denn diese Form der Informationsgewinnung steht durchaus in einem Spannungsverhältnis zu Anforderungen, wie sie im demokratischen Rechtsstaat zum Schutz der Grundrechte üblicherweise an staatliches Handeln zu richten sind. Dass nachrichtendienstliche Behörden unter erleichterten Bedingungen im Vorfeld konkreter Gefahren weitgehend im Dunkeln in großer Zahl Zugriff auf personenbezogene Daten erhalten und daraus Informationen über die Bürgerinnen und Bürger gewinnen können, ist nur wegen der besonderen Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden und hinsichtlich der besonders hohen Rechtsgüter zu rechtfertigen, denen ihre Tätigkeit dient (vgl. auch BVerfGE 133, 277 [329 Rn. 123]). Einer Polizeibehörde dürften eigene Befugnisse diesen Zuschnitts aufgrund ihres Aufgaben- und Befugnisspektrums in keiner Konstellation eingeräumt werden.
Das schließt eine Übermittlung zwar nicht von vornherein aus, denn das Kriterium der hypothetischen Neuerhebung gilt nicht schematisch abschließend. Dass die Zielbehörde bestimmte Datenerhebungen, zu denen die Ausgangsbehörde berechtigt ist, ihrerseits wegen ihres Aufgabenspektrums nicht vornehmen darf, steht einem Datenaustausch nicht prinzipiell entgegen (vgl. BVerfGE 141, 220 [328 Rn. 287]; 154, 152 [268 Rn. 219]; 156, 11 [50 Rn. 100]). Was den Übermittlungszweck angeht, ist das Kriterium der hypothetischen Neuerhebung jedoch streng. Voraussetzung für eine Zweckänderung ist danach jedenfalls, dass die neue Nutzung der Daten dem Schutz von Rechtsgütern solchen Gewichts dient, dass dies ihre Neuerhebung mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln verfassungsrechtlich rechtfertigen könnte (vgl. BVerfGE 141, 220 [328 Rn. 288]). Danach darf die Übermittlung hier nur zum Schutz eines Rechtsguts von herausragendem öffentlichem Interesse erfolgen. Denn zum Schutz von Rechtsgütern geringeren Werts wären diese weitreichenden Befugnisse zur Datensammlung und Informationsgewinnung im Verborgenen verfassungsrechtlich nicht zulässig, selbst wenn mit dem einzelnen Datenerhebungsvorgang nur weniger intensive Grundrechtseingriffe verbunden sind; sie könnten weder einer nachrichtendienstlichen noch irgendeiner anderen Behörde eingeräumt werden. Entsprechend setzt auch die Übermittlung der von einer Verfassungsschutzbehörde aus weniger eingriffsintensiven Maßnahmen erlangten Informationen nach dem Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung voraus, dass sie dem Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter dient.
(bb) Besonders gewichtige Rechtsgüter sind Leib, Leben und Freiheit der Person sowie der Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes (vgl. BVerfGE 156, 11 [55 Rn. 116]). Darüber hinaus kann auch der Schutz von Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, die Übermittlung rechtfertigen (vgl. BVerfGE 141, 220 [296 Rn. 183]). Allerdings ist dabei ein enges Verständnis geboten. Gemeint sind etwa wesentliche Infrastruktureinrichtungen oder sonstige Anlagen mit unmittelbarer Bedeutung für das Gemeinwesen (vgl. BVerfGE 133, 277 [365 Rn. 203]). Die Übermittlung muss dabei nicht auf den Schutz desselben Rechtsguts gerichtet sein wie die nachrichtendienstliche Überwachungsmaßnahme (vgl. BVerfGE 154, 152 [269 Rn. 221]).
Bei der Regelung der Übermittlung nachrichtendienstlich erhobener Daten zur Gefahrenabwehr muss der Gesetzgeber das erforderliche Rechtsgut auch nicht zwingend unmittelbar benennen, sondern kann an entsprechende Straftaten anknüpfen (vgl. dazu BVerfGE 154, 152 [269 Rn. 221]). Bezieht er sich nicht unmittelbar auf Rechtsgüter, sondern auf die Art der zur verhindernden Straftaten, sind die Gewichtungen, die für die strafprozessuale Datenerhebung gelten, entsprechend heranzuziehen. Zwischen der präventiven und der repressiven Anknüpfung von Übermittlungsvoraussetzungen an Straftaten besteht ein Gleichlauf (vgl. BVerfGE 141, 220 [348 Rn. 347]). Allerdings ist für die bei der Übermittlung polizeilich ersterhobener Daten geltende Abstufung nach erheblichen, schweren und besonders schweren Straftaten bei der Übermittlung nachrichtendienstlich erhobener Daten an Gefahrenabwehrbehörden kein Raum. Das Rechtsgut muss insoweit vielmehr immer von herausragendem öffentlichem Interesse sein (oben Rn.238 ff.). Dem entspricht eine Begrenzung auf besonders schwere Straftaten (vgl. BVerfGE 154, 152 [269 Rn. 221 a.E.]).
(b) Als Übermittlungsschwelle für Übermittlungen durch den Verfassungsschutz an Gefahrenabwehrbehörden muss wenigstens eine konkretisierte Gefahr (vgl. BVerfGE 141, 220 [272 f. Rn. 112]) bestehen.
Zwar gilt wiederum, dass die Verfassungsschutzbehörde regelmäßig Informationen übermitteln wird, die sie nicht aus einem einzelnen Datenerhebungsvorgang, sondern aus ihrer breit angelegten Beobachtungstätigkeit im Verborgenen gewonnen hat, und dass Befugnisse solchen Zuschnitts Polizeibehörden aufgrund ihres Aufgaben- und Befugnisspektrums in keiner Konstellation eingeräumt werden dürften (oben Rn. 158). Jedoch steht auch insoweit die Tatsache, dass die Zielbehörde bestimmte Datenerhebungen, zu denen die Ausgangsbehörde berechtigt ist, ihrerseits wegen ihres Aufgabenspektrums nicht vornehmen darf, einem Datenaustausch nicht prinzipiell entgegen (vgl. BVerfGE 141, 220 [328 Rn. 287]; 154, 152 [268 Rn. 219]). Weil den Gefahrenabwehrbehörden so weite Befugnisse wie dem Verfassungsschutz von vornherein nicht zur Verfügung gestellt werden dürften, gelten für den Übermittlungsanlass die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die sonst im Bereich der Gefahrenabwehr für heimliche Überwachungsmaßnahmen mit hoher Eingriffsintensität gelten (vgl. auch BVerfGE 154, 152 [268 Rn. 219]), mithin das Erfordernis einer wenigstens konkretisierten Gefahr (dazu BVerfGE 141, 220 [271 ff. Rn. 109 ff.]).
Dabei kommt die weitere für die Übermittlung durch das Bundeskriminalamt ersterhobener Daten geltende Absenkung der Übermittlungsschwelle (vgl. BVerfGE 141, 220 [328 f. Rn. 289 f.]) bei einer Übermittlung durch den Verfassungsschutz an die Gefahrenabwehrbehörde nicht zum Tragen. Bei der Übermittlung durch das Bundeskriminalamt ist verfassungsrechtlich regelmäßig ausreichend, dass sich aus den Daten – sei es aus ihnen selbst, sei es in Verbindung mit weiteren Kenntnissen der Behörde – ein konkreter Ermittlungsansatz ergibt. Der Gesetzgeber kann dort eine Zweckänderung von Daten grundsätzlich dann erlauben, wenn es sich um Informationen handelt, aus denen sich im Einzelfall konkrete Ermittlungsansätze zur Abwehr von zumindest auf mittlere Sicht drohenden Gefahren ergeben (vgl. BVerfGE 141, 220 [329 Rn. 290]).
Die für Übermittlungen durch das Bundeskriminalamt geltenden Erleichterungen hinsichtlich der Übermittlungsschwelle kommen hier aber nicht zur Anwendung. Für die Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobener Daten an die Polizeibehörden müssen vielmehr – auch unterhalb des Eingriffsgewichts von Wohnraumüberwachung und Online-Durchsuchung (vgl. BVerfGE 141, 220 [329 Rn. 291]) – die jeweils für die polizeiliche Ersterhebung geltenden Eingriffsschwellen vorgesehen werden. Die im Urteil zum Bundeskriminalamtgesetz genannten Erleichterungen der Zweckänderung sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Daten ursprünglich vom Bundeskriminalamt erhoben wurden, das seinerseits bei diesen Ersteingriffen an die für Gefahrenabwehrbehörden generell geltenden Eingriffsschwellen gebunden ist. Werden hingegen Daten weitergenutzt, die nicht von Gefahrenabwehrbehörden, sondern von nachrichtendienstlichen Behörden ersterhoben wurden, ist eine solche Begrenzung der Ersterhebung nicht gewährleistet, weil nachrichtendienstliche Behörden verfassungsrechtlich nicht denselben Eingriffsschwellen unterworfen sein müssen und dies einfachrechtlich auch nicht sind (oben Rn. 159). Die Weitergabe von Daten, die nachrichtendienstliche Behörden unter modifizierten Anforderungen erhoben haben, an Gefahrenabwehrbehörden darf aber nicht dazu führen, dass die für Gefahrenabwehrbehörden geltenden Anforderungen unterlaufen werden können (vgl. BVerfGE 154, 152 [267 f. Rn. 218 f.]; 156, 11 [51 f. Rn. 105]). Deshalb gilt für die Übermittlung nachrichtendienstlich erhobener Daten an eine Gefahrenabwehrbehörde die allgemeine Eingriffsschwelle für heimliche Überwachungsmaßnahmen der Gefahrenabwehrbehörden (vgl. BVerfGE 154, 152 [269 Rn. 222]; 156, 11 [55 Rn. 118]). Das ist die konkrete beziehungsweise konkretisierte Gefahr (vgl. BVerfGE 141, 220 [272 f. Rn. 112]) und bei einer Wohnraumüberwachung die dringende Gefahr (vgl. Art. 13 Abs. 4 GG). Die Möglichkeit, für die Verknüpfung von an verschiedenen Stellen vorhandenen Informationen und die Anbahnung ihres Austauschs auf Verbunddateien wie nach dem Antiterrordateigesetz zurückzugreifen, bleibt hiervon unberührt (BVerfGE 154, 152 [272 f. Rn. 230]).
(2) Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Regelung von Übermittlungen zur Strafverfolgung richten sich ebenfalls nach dem Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung.
(a) Eine Übermittlung nachrichtendienstlich ersterhobener Daten darf generell nur zum Schutz eines herausragenden öffentlichen Interesses erfolgen (oben Rn. 236 ff.).
Für Maßnahmen, die der Strafverfolgung dienen und damit repressiven Charakter haben, kommt es auf das Gewicht der Straftaten an, die der Gesetzgeber in – jeweils näher bestimmte – erhebliche, schwere und besonders schwere Straftaten eingeteilt hat (vgl. BVerfGE 141, 220 [270 Rn. 107]). Eine Übermittlung von Daten, die eine Verfassungsschutzbehörde erhoben hat, kommt nur zum Schutz eines herausragenden öffentlichen Interesses und daher nur zur Verfolgung besonders schwerer Straftaten in Betracht (vgl. BVerfGE 154, 152 [269 Rn. 221]).
(b) Als Schwelle für die Übermittlung nachrichtendienstlich ersterhobener Daten zur Strafverfolgung muss der Gesetzgeber verlangen, dass bestimmte, den Verdacht begründende Tatsachen vorliegen, was bedeutet, dass insoweit konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht vorhanden sein müssen (vgl. BVerfGE 154, 152 [269 f. Rn. 222]; 156, 11 [51 f. Rn. 105, 56 Rn. 120]; s. bereits BVerfGE 100, 313 [392]). Zwar dürften auch zur Strafverfolgung keine Befugnisse solchen Zuschnitts begründet werden, wie sie dem Verfassungsschutz zustehen und aufgrund derer dieser die zur Strafverfolgung übermittelten Informationen erlangt; auch insoweit steht das dem Datenaustausch jedoch nicht prinzipiell entgegen (vgl. BVerfGE 141, 220 [328 Rn. 287]; dazu oben Rn. 246).
Für die Übermittlungsschwelle gilt aber auch hier, dass die weiteren im Urteil zum Bundeskriminalamtgesetz (vgl. BVerfGE 141, 220 [328 f. Rn. 289 f.]) genannten erleichternden Abweichungen vom Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung nicht zur Anwendung kommen. Geht es um die Übermittlung von durch das Bundeskriminalamt oder andere Polizeibehörden erhobenen Daten, kann der Gesetzgeber eine Zweckänderung bereits dann erlauben, wenn es sich um Informationen handelt, aus denen sich im Einzelfall konkrete Ermittlungsansätze zur Aufdeckung vergleichbar gewichtiger Straftaten ergeben (vgl. BVerfGE 141, 220 [329 Rn. 290]). Diese Privilegierung kann aber nur auf Daten Anwendung finden, die von Polizeibehörden unter den für diese geltenden strengen Anforderungen erhoben sind. Wenn die Daten hingegen durch eine Verfassungsschutzbehörde erhoben wurden, unterlag die Ersterhebung nicht zwangsläufig diesen Anforderungen. Sie müssen dann wegen der Intensivierung des Eingriffs wenigstens bei der Übermittlung gelten (oben Rn. 248). Auch insoweit bleibt die Möglichkeit unberührt, für die Verknüpfung von an verschiedenen Stellen vorhandenen Informationen und die Anbahnung ihres Austauschs auf Verbunddateien wie nach dem Antiterrordateigesetz zurückzugreifen (vgl. BVerfGE 154, 152 [272 f. Rn. 230]).
(3) Bei der Übermittlung der von Nachrichtendiensten erhobenen Daten an sonstige Stellen findet das Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung ebenfalls Anwendung (vgl. BVerfGE 156, 11 [55 Rn. 117]), da es eine Ausprägung des allgemeineren datenschutzrechtlichen Zweckbindungsgrundsatzes ist (vgl. Löffelmann, in: Dietrich/Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, VI § 4, Rn. 78 [S. 1212 f.]; ders., GSZ 2019, 16 [17]; s. auch Siems, in: Dietrich/Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, VI § 7, Rn. 41 [S. 1450]). Im Ergebnis muss die Übermittlung zwar auch hier stets einem Rechtsgut von besonderem Gewicht dienen (a), die Übermittlungsschwelle kann jedoch im Vergleich zur Übermittlung zwecks Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung niedriger sein, wenn auch die empfangende Behörde nicht über eigene operative Anschlussbefugnisse verfügt (b).
(a) Auch an sonstige Stellen dürfen die aus Überwachungsmaßnahmen des Verfassungsschutzes erlangten Informationen und personenbezogenen Daten nur zum Schutz eines Rechtsguts von besonderem Gewicht übermittelt werden.
Zum Schutz von Rechtsgütern geringeren Werts dürften die weitreichenden Befugnisse des Verfassungsschutzes zur breiten Sammlung und filternd verknüpfenden Auswertung von Daten im Verborgenen nicht zugelassen werden, selbst wenn mit der Ersterhebung von Daten im Einzelfall nur weniger intensive Grundrechtseingriffe verbunden sind. Das gilt auch für sonstige Stellen, die selbst keine operativen Handlungsbefugnisse haben. Entsprechend scheidet auch eine Übermittlung aus (näher oben Rn. 238 ff.).
(b) Der in der Eingriffsschwelle geregelte Übermittlungsanlass muss ebenfalls solcher Art sein, dass die empfangende Behörde hierfür zu einem Grundrechtseingriff von der Intensität der Ersterhebung ermächtigt werden dürfte. Dabei hängt das Eingriffsgewicht der hypothetischen Neuerhebung wiederum auch davon ab, welche operativen Anschlussbefugnisse die empfangende Behörde bei der Verwendung dieser Daten hat; nach allgemeinen Grundsätzen mindert das Fehlen operativer Anschlussbefugnisse das Eingriffsgewicht (ausführlich oben Rn. 159).
Hat die empfangende Stelle operative Befugnisse, gelten dieselben Grundsätze wie bei der Weitergabe an Polizeibehörden; für eine Absenkung der Schwelle unter den Anlass der konkreten oder konkretisierten Gefahr ist kein Raum. Hat sie hingegen keine operativen Anschlussbefugnisse, kommt je nach dem Gewicht des ursprünglichen Datenerhebungseingriffs eine Absenkung in Betracht. Denn so wie den nachrichtendienstlichen Behörden weitere Datenerhebungsbefugnisse zugestanden werden können, weil sie selbst keine operativen Anschlussbefugnisse besitzen, dürfte der Gesetzgeber grundsätzlich auch anderen Stellen weitere Datenerhebungsbefugnisse einräumen, wenn sie selbst keine operativen Anschlussbefugnisse haben. Unerlässlich bleibt indessen die Zweckbindung der Übermittlung an ein Rechtsgut von herausragendem öffentlichem Interesse (oben Rn.236 ff.). In Abhängigkeit von den konkreten Umständen kommt dann aber etwa eine Übermittlung in Betracht, wenn die empfangende Stelle die Information ihrerseits im Rahmen eigener Verfassungsschutzaufgaben verwenden will und hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Information zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall benötigt wird.
Dies rechtfertigt keine pauschale Absenkung der Anforderungen an die Übermittlung nachrichtendienstlich erhobener Daten an andere Stellen, die keine operativen Anschlussbefugnisse haben. Vielmehr ist dem jeweiligen Gewicht des Grundrechtseingriffs Rechnung zu tragen. Denn je nach Aufgaben- und Befugniskreis der empfangenden Stelle kann die Übermittlung auch dann noch massive Folgen für die Grundrechte der Betroffenen haben. Dass die Übermittlung in einem solchen Fall nur unter strengen Voraussetzungen erfolgt, ist in der Übermittlungsermächtigung sicherzustellen.
(4) Bei der Übermittlung der von Nachrichtendiensten erhobenen Daten an ausländische Behörden richten sich die Übermittlungsvoraussetzungen zum einen nach dem Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung. Zum anderen setzt die Übermittlung einen datenschutzrechtlich angemessenen und mit elementaren Menschenrechtsgewährleistungen vereinbaren Umgang mit den übermittelten Daten im Empfängerstaat und eine entsprechende Vergewisserung hierüber seitens des deutschen Staates voraus.
(a) Soweit Daten an ausländische Behörden übermittelt werden, gelten ebenfalls die Anforderungen des Kriteriums der hypothetischen Datenneuerhebung (vgl. näher BVerfGE 141, 220 [342 ff. Rn. 329 ff.]; 154, 152 [273 ff. Rn. 231 ff.]). Eine Übermittlung ist zulässig, soweit die übermittelten Daten für den Übermittlungszweck mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln erhoben werden dürften (vgl. BVerfGE 141, 220 [342 f. Rn. 330]; 154, 152 [266 f. Rn. 216]). Für die Übermittlung nachrichtendienstlicher Daten ins Ausland gelten damit die gleichen Anforderungen wie für die inländische Übermittlung nachrichtendienstlich ersterhobener Daten (vgl. BVerfGE 154, 152 [273 Rn. 232]). Die Übermittlung von Informationen durch eine Verfassungsschutzbehörde ins Ausland ist danach nur zum Schutz eines Rechtsguts von herausragendem öffentlichem Interesse zulässig (oben Rn. 236 ff.). Zudem sind dieselben Schwellen einzuhalten wie bei einer Übermittlung im Inland. Zur operativen Gefahrenabwehr darf die Verfassungsschutzbehörde auch ins Ausland nur bei Vorliegen einer wenigstens konkretisierten Gefahr übermitteln (Rn. 245 ff.), zu Strafverfolgungszwecken nur im Fall eines hinreichenden Verdachts (Rn. 252) und zu nachrichtendienstlichen Zwecken nur dann, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten ist (Rn. 181 ff.).
Auch bei der Übermittlung ins Ausland ist eine Absenkung der Anforderungen an die erforderliche Konkretisierung der Gefahrenlage oder des Tatverdachts, wie sie bei der Übermittlung von durch Gefahrenabwehrbehörden ersterhobenen Daten möglich ist (vgl. BVerfGE 141, 220 [343 Rn. 330]; s. auch BVerfGE 141, 220 [329 Rn. 290 f.]), grundsätzlich unzulässig (entsprechend zur Inlandsübermittlung oben Rn. 248, 253).
Hinsichtlich der damit verbundenen Beurteilung der für das Empfängerland zu eröffnenden Nutzung der Daten ist allerdings die Eigenständigkeit der jeweils anderen Rechtsordnung zu berücksichtigen. Für die Frage der Gleichgewichtigkeit der Nutzungszwecke ist insoweit einzustellen, dass die deutsche Rechtsordnung hier auf eine andere Rechtsordnung trifft, deren Abgrenzungslinien, Kategorien und Wertungen mit denen der deutschen Rechtsordnung und auch des Grundgesetzes nicht identisch sind und auch nicht sein müssen. Dass Zweckbegrenzungen in der ausländischen Rechtsordnung insoweit im Einzelnen nicht identisch zur deutschen Rechtsordnung abgebildet werden, steht einer Übermittlung nicht von vornherein entgegen (BVerfGE 141, 220 [343 Rn. 331]).
(b) Die Übermittlung personenbezogener Daten ins Ausland setzt weiter einen datenschutzrechtlich angemessenen (aa) und mit elementaren Menschenrechtsgewährleistungen vereinbaren (bb) Umgang mit den übermittelten Daten im Empfängerstaat sowie eine entsprechende Vergewisserung hierüber seitens des deutschen Staates (cc) voraus (vgl. BVerfGE 141, 220 [344 Rn. 332]).
(aa) Für die Anforderungen an den datenschutzrechtlichen Umgang mit den übermittelten Daten ist indessen nicht erforderlich, dass im Empfängerstaat vergleichbare Regelungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten wie nach der deutschen Rechtsordnung gelten oder ein gleichartiger Schutz gewährleistet ist wie nach dem Grundgesetz. Das Grundgesetz anerkennt vielmehr die Eigenständigkeit und Verschiedenartigkeit der Rechtsordnungen und respektiert sie grundsätzlich auch im Rahmen des Austauschs von Daten (BVerfGE 141, 220 [344 Rn. 334]). Das Bundesverfassungsgericht hat hervorgehoben, dass eine möglichst effektive Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden anderer Staaten von besonderer Bedeutung sein kann (vgl. näher BVerfGE 154, 152 [279 Rn. 246 f.]; siehe auch BVerfGE 141, 220 [268 Rn. 102]).
Erlaubt ist eine Übermittlung der Daten ins Ausland gleichwohl nur, wenn auch durch den dortigen Umgang mit den übermittelten Daten nicht die Garantien des menschenrechtlichen Schutzes personenbezogener Daten unterlaufen werden. Dies bedeutet aber nicht, dass in der ausländischen Rechtsordnung institutionelle und verfahrensrechtliche Vorkehrungen nach deutschem Vorbild gewährleistet sein müssen. Geboten ist in diesem Sinne die Gewährleistung eines angemessenen materiellen datenschutzrechtlichen Niveaus für den Umgang mit den übermittelten Daten im Empfängerstaat. In Betracht zu nehmen ist insoweit insbesondere, ob für die Verwendung der Daten die – bei der Übermittlung mitgeteilten – Grenzen durch Zweckbindung und Löschungspflichten sowie grundlegende Anforderungen an Kontrolle und Datensicherheit wenigstens grundsätzlich Beachtung finden (BVerfGE 141, 220 [344 f. Rn. 335]).
Einer Übermittlung zu nachrichtendienstlichen Zwecken in Situationen, in denen eine konkretisierte polizeiliche Gefahr nicht erkennbar ist, steht danach nicht von vornherein entgegen, wenn in Empfängerstaaten organisatorisch weniger klar oder gar nicht zwischen nachrichtendienstlichen Behörden und mit operativen Befugnissen ausgestatteten Polizei- und Strafverfolgungsbehörden unterschieden wird. Vorauszusetzen ist aber auch dann, dass zur operativen Gefahrenabwehr nur im Fall einer wenigstens konkretisierten Gefahr übermittelt wird, zu Strafverfolgungszwecken nur bei hinreichendem Verdacht und zu nachrichtendienstlichen Zwecken nur dann, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies im Empfängerland zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten ist.
(bb) Besondere Bedeutung kommt der Einhaltung elementarer Menschenrechtsgewährleistungen beim Umgang mit den übermittelten Daten im Empfängerstaat zu. Hinsichtlich der Besorgnis etwaiger Menschenrechtsverletzungen durch die Nutzung der Daten im Empfängerstaat muss insbesondere gewährleistet erscheinen, dass sie dort weder zu politischer Verfolgung noch unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung verwendet werden (vgl. Art. 16a Abs. 3 GG). Der Gesetzgeber hat insgesamt Sorge zu tragen, dass der Schutz der Europäischen Menschenrechtskonvention und der anderen internationalen Menschenrechtsverträge (vgl. Art. 1 Abs. 2 GG) durch eine Übermittlung der von deutschen Behörden erhobenen Daten ins Ausland und an internationale Organisationen nicht ausgehöhlt wird (BVerfGE 141, 220 [345 Rn. 336]; vgl. auch BVerfGE 154, 152 [273 ff. Rn. 233 ff.]).
(cc) Die Übermittlung personenbezogener Daten ins Ausland setzt auch eine entsprechende Vergewisserung über einen datenschutzrechtlich angemessenen und mit elementaren Menschenrechtsgewährleistungen vereinbaren Umgang mit den übermittelten Daten im Empfängerstaat seitens des deutschen Staates voraus (vgl. näher BVerfGE 141, 220 [344 Rn. 332, 345 f. Rn. 337 ff.]; 154, 152 [275 f. Rn. 239]).
(5) Grundsätzlich kann der Gesetzgeber eine zweckändernde Weiternutzung durch die Verfassungsschutzbehörde selbst erlauben, wenn es sich um Informationen handelt, aus denen sich im Einzelfall konkrete Ermittlungsansätze für die Überwachung beobachtungsbedürftiger Bestrebungen ergeben. Jene Umgehungsgefahren, die bei der Übermittlung an andere Stellen gesteigerte Übermittlungsanforderungen erforderlich machen (oben Rn. 170 ff.), bestehen hier nicht.
Anderes gilt allerdings auch hier für Informationen aus Wohnraumüberwachungen oder aus dem Zugriff auf informationstechnische Systeme. Angesichts des besonderen Eingriffsgewichts dieser Maßnahmen muss für sie jede neue Nutzung der Daten wie bei der Datenerhebung selbst auch durch eine dringende beziehungsweise durch eine wenigstens konkretisierte Gefahr gerechtfertigt sein (vgl. BVerfGE 141, 220 [329 Rn. 291]).
5. Normenklarheit und Bestimmtheit
Die gesetzliche Ermächtigung zu einer heimlichen Überwachungsmaßnahme muss hinreichend normenklar und bestimmt sein (vgl. BVerfGE 113, 348 [375 ff.]; 120, 378 [407 f.]; 141, 220 [265 Rn. 94]; 150, 244 [278 f. Rn. 82]; 154, 152 [237 f. Rn. 137]; 156, 11 [44 ff. Rn. 85 ff.]). Bei der Bestimmtheit geht es vornehmlich darum, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle vornehmen können. Der Gesetzgeber ist dabei gehalten, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Bei der Normenklarheit steht die inhaltliche Verständlichkeit der Regelung im Vordergrund, insbesondere damit Bürgerinnen und Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen können (vgl. BVerfGE 156, 11 [45 f. Rn. 86 f.]). Die Normenklarheit setzt der Verwendung gesetzlicher Verweisungsketten Grenzen. An einer normenklaren Rechtsgrundlage fehlt es zwar nicht schon deshalb, weil in einer Norm auf eine andere Norm verwiesen wird. Doch müssen Verweisungen begrenzt bleiben, dürfen nicht durch die Inbezugnahme von Normen, die andersartige Spannungslagen bewältigen, ihre Klarheit verlieren und in der Praxis nicht zu übermäßigen Schwierigkeiten bei der Anwendung führen. Unübersichtliche Verweisungskaskaden sind mit den grundrechtlichen Anforderungen daher nicht vereinbar (BVerfGE 154, 152 [266 Rn. 215]).
Grundsätzlich sind an die Bestimmtheit und Normenklarheit von Ermächtigungen zur heimlichen Erhebung und Verarbeitung von Daten besonders strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 113, 348 [375 ff.]; 120, 378 [407 f.]; 141, 220 [265 Rn. 94]; 150, 244 [278 f. Rn. 82]). Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass ein effektiver Schutz gegenüber staatlicher Datenerhebung und -verarbeitung nur auf Grundlage eines ausreichend spezifischen gesetzlichen Normprogramms möglich ist. Heimliche Überwachungsmaßnahmen gelangen den Betroffenen kaum zur Kenntnis und können daher von ihnen auch nur selten angegriffen werden. Der Gehalt der gesetzlichen Regelung kann so nur eingeschränkt im Wechselspiel von Anwendungspraxis und gerichtlicher Kontrolle konkretisiert werden, was der Gesetzgeber durch die hinreichende Bestimmtheit der jeweiligen Normen auffangen muss. Im Einzelnen unterscheiden sich hierbei die Anforderungen wiederum maßgeblich nach dem Gewicht des Eingriffs und sind insoweit mit den jeweiligen materiellen Anforderungen der Verhältnismäßigkeit eng verbunden (vgl. BVerfGE 141, 220 [265 Rn. 94]).
Für die Nachrichtendienste einschließlich des Verfassungsschutzes gilt keine Ausnahme von den Bestimmtheitsanforderungen. Auch ihre Befugnisse müssen durch Gesetz normenklar und bestimmt geregelt werden (vgl. BVerfGE 154, 152 [238 f. Rn. 138 ff.]; näher oben Rn. 199 ff.).
6. Kernbereichsschutz
a) Aus den einzelnen Grundrechten in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ergeben sich für die Durchführung von eingriffsintensiven Überwachungsmaßnahmen besondere Anforderungen an den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Dies gilt für Verfassungsschutzbehörden genauso wie für Polizeibehörden, weil der Kernbereichsschutz einen absoluten Achtungsanspruch sichert, der auch angesichts der hochrangigen Aufgaben des Verfassungsschutzes nicht relativierbar ist (vgl. BVerfGE 120, 274 [335 ff.]; s. auch BVerfGE 141, 220 [278 Rn. 124]).
Zur Entfaltung der Persönlichkeit im Kernbereich privater Lebensgestaltung gehört die Möglichkeit, innere Vorgänge wie Empfindungen und Gefühle sowie Überlegungen, Ansichten und Erlebnisse höchstpersönlicher Art zum Ausdruck zu bringen. Geschützt ist insbesondere die nichtöffentliche Kommunikation mit Personen des höchstpersönlichen Vertrauens, die in der berechtigten Annahme geführt wird, nicht überwacht zu werden. Solche Gespräche verlieren dabei nicht schon dadurch ihren Charakter als insgesamt höchstpersönlich, dass sich in ihnen Höchstpersönliches und Alltägliches vermischen. Demgegenüber ist die Kommunikation unmittelbar über Straftaten nicht geschützt, selbst wenn sie auch Höchstpersönliches zum Gegenstand hat (vgl. BVerfGE 141, 220 [276 f. Rn. 121 f.]).
Der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung ist strikt und darf nicht durch Abwägung mit den Sicherheitsinteressen nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes relativiert werden. Dies bedeutet zwar nicht, dass jede tatsächliche Erfassung von höchstpersönlichen Informationen stets einen Verfassungsverstoß oder gar eine Menschenwürdeverletzung begründet. Jedoch muss dem Kernbereichsschutz bei der Durchführung von Überwachungsmaßnahmen auf zwei Ebenen Rechnung getragen werden. Zum einen sind auf der Ebene der Datenerhebung Vorkehrungen zu treffen, die eine unbeabsichtigte Miterfassung von Kernbereichsinformationen nach Möglichkeit ausschließen. Zum anderen sind auf der Ebene der nachgelagerten Auswertung und Verwertung die Folgen eines dennoch nicht vermiedenen Eindringens in den Kernbereich privater Lebensgestaltung strikt zu minimieren (vgl. näher BVerfGE 141, 220 [278 ff. Rn. 126 ff.] m.w.N.).
Der Kernbereich privater Lebensgestaltung beansprucht gegenüber allen Überwachungsmaßnahmen Beachtung. Können sie typischerweise zur Erhebung kernbereichsrelevanter Daten führen, muss der Gesetzgeber Regelungen schaffen, die einen wirksamen Schutz normenklar gewährleisten. Außerhalb solch verletzungsgeneigter Befugnisse bedarf es eigener Regelungen nicht. Grenzen, die sich im Einzelfall auch hier gegenüber einem Zugriff auf höchstpersönliche Informationen ergeben können, sind bei deren Anwendung unmittelbar von Verfassungs wegen zu beachten (BVerfGE 141, 220 [277 f. Rn. 123]).
b) Bei Wohnraumüberwachungen, die besonders tief in die Privatsphäre und den persönlichen, zur Wahrung der Menschenwürde besonders wichtigen Rückzugsraum der Einzelnen eindringen können, sind die Anforderungen an den Kernbereichsschutz besonders streng (vgl. BVerfGE 141, 220 [299 f. Rn. 197]).
aa) Besondere Anforderungen gelten zum einen auf der Erhebungsebene. Bei der Prüfung, ob die Wahrscheinlichkeit einer Erfassung höchstprivater Situationen besteht, sind im Interesse der Effektivität des Kernbereichsschutzes Vermutungsregeln zugrunde zu legen. Danach gilt die Vermutung, dass Gespräche, die in Privaträumen mit Personen des besonderen persönlichen Vertrauens geführt werden, dem Kernbereich privater Lebensgestaltung unterfallen und nicht überwacht werden dürfen. Für Räume, in denen solche Gespräche zu erwarten sind, scheidet entsprechend auch eine automatische Dauerüberwachung aus. Diese Vermutung kann widerlegt werden, sofern für bestimmte Gespräche konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass sie im Sinne der oben dargelegten Maßstäbe einen unmittelbaren Straftatenbezug – der auch vorliegt, wenn sie mit höchstpersönlichen Inhalten durchsetzt sind – aufweisen oder ihnen insgesamt ein höchstvertraulicher Charakter fehlen wird. Hierfür reicht hingegen nicht schon die Prognose, dass sich in einem Gespräch höchstvertrauliche und alltägliche Fragen mischen werden (BVerfGE 141, 220 [300 Rn. 198]).
Besteht danach die Wahrscheinlichkeit, dass eine Überwachungsmaßnahme in den Kernbereich privater Lebensgestaltung eindringt, ist die Maßnahme zu unterlassen. Bestehen dagegen Anhaltspunkte dafür, dass bestimmten Gesprächen ein höchstvertraulicher Charakter fehlen wird, dürfen die Maßnahmen durchgeführt werden. Wenn es dabei dennoch zur Erfassung höchstvertraulicher Situationen kommt, sind die Maßnahmen unverzüglich abzubrechen. Bestehen in dieser Lage über den höchstvertraulichen Charakter – etwa aus sprachlichen Gründen – Zweifel oder gibt es konkrete Anhaltspunkte, dass im Zusammenhang mit dem Austausch höchstprivater Gedanken auch Straftaten besprochen werden, kann die Überwachung in Form einer automatischen Aufzeichnung fortgeführt werden (vgl. BVerfGE 141, 220 [300 f. Rn. 199]).
bb) Spezifische verfassungsrechtliche Anforderungen ergeben sich zum anderen auf der Auswertungs- und Verwertungsebene. Hier ist eine unabhängige Sichtung der Ergebnisse der Überwachung vorzusehen. Das gilt auch im Bereich des Verfassungsschutzes, weil der Kernbereichsschutz einen absoluten Achtungsanspruch sichert, der auch angesichts der besonderen Aufgaben des Verfassungsschutzes nicht relativierbar ist (vgl. BVerfGE 120, 274 [335 ff.]). Die unabhängige Sichtung dient sowohl der Rechtmäßigkeitskontrolle als auch dem Herausfiltern höchstvertraulicher Daten, sodass diese nach Möglichkeit der überwachenden Behörde gegenüber nicht offenbar werden. Für die unabhängige Sichtung sind Aufzeichnungen aus der Wohnraumüberwachung vollständig vorzulegen (vgl. BVerfGE 141, 220 [301 Rn. 200, 302 Rn. 204]; vgl. grundlegend bereits BVerfGE 109, 279 [333 f.]). Freilich lässt das Grundgesetz dem Gesetzgeber Raum, bei der Ausgestaltung der im Grundsatz umfassenden Kontrollbefugnis für Ausnahmefälle bei Gefahr im Verzug besondere Regelungen vorzusehen (BVerfGE 141, 220 [302 Rn. 204]).
Wenn in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Notwendigkeit der Sichtung durch eine unabhängige Stelle betont wird, schließt dies nicht von vornherein die Möglichkeit einer automatischen Sichtung aus, sofern diese (künftig) technisch zuverlässig möglich sein sollte. Entscheidend ist vielmehr, dass der überwachenden Behörde über bei der Erhebung unvermeidbare Kenntnisnahmen hinaus nicht noch weiter kernbereichsrelevante Daten offenbar werden (vgl. BVerfGE 141, 220 [308 Rn. 224]). Es darf also bei der dem Kernbereichsschutz dienenden Sichtung auf Auswertungsebene nicht zu einer (weiteren) Kenntnisnahme durch die Behörde selbst kommen.
c) Auch der heimliche Zugriff auf informationstechnische Systeme trägt typischerweise die Gefahr einer Erfassung auch höchstvertraulicher Daten in sich und weist damit eine besondere Kernbereichsnähe auf. Daher bedarf es hier ebenfalls besonderer Vorkehrungen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Die Anforderungen sind dabei mit denen der Wohnraumüberwachung nicht in jeder Hinsicht identisch. Der Schutz ist zu einem großen Teil auf die nachgelagerte Aus- und Verwertungsebene verschoben. Dies hat seinen Grund in dem technischen Charakter des Zugriffs auf informationstechnische Systeme. Der Schutz vor Kernbereichsverletzungen zielt hier darauf zu verhindern, dass höchstvertrauliche Informationen aus einem Gesamtdatenbestand von ohnehin digital vorliegenden Informationen ausgelesen werden, die in ihrer Gesamtheit, typischerweise aber nicht schon als solche, den Charakter der Privatheit wie das Verhalten oder die Kommunikation in einer Wohnung aufweisen. Dementsprechend sind die Anforderungen an den Kernbereichsschutz auf der Erhebungsebene etwas geringer.
Allerdings ist auch hier vorzusehen, dass die Erhebung von Informationen, die dem Kernbereich zuzuordnen sind, soweit wie informationstechnisch und ermittlungstechnisch möglich unterbleibt. Insbesondere sind verfügbare informationstechnische Sicherungen einzusetzen; können mit deren Hilfe höchstvertrauliche Informationen aufgespürt und isoliert werden, ist der Zugriff auf diese untersagt.
Können aber in der konkreten Anwendung kernbereichsrelevante Daten vor oder bei der Datenerhebung nicht ausgesondert werden, ist ein Zugriff auf das informationstechnische System auch dann zulässig, wenn hierbei eine Wahrscheinlichkeit besteht, dass am Rande auch höchstpersönliche Daten miterfasst werden. Der Gesetzgeber hat insofern dem Schutzbedarf der Betroffenen durch Sicherungen auf der Aus- und Verwertungsebene Rechnung zu tragen und die Auswirkungen eines solchen Zugriffs zu minimieren. Entscheidende Bedeutung hierfür kommt dabei einer Sichtung durch eine unabhängige Stelle zu, die kernbereichsrelevante Informationen vor ihrer Kenntnisnahme und Nutzung durch die Behörde herausfiltert (vgl. zum Ganzen BVerfGE 141, 220 [306 f. Rn. 218 ff.]; speziell zum Verfassungsschutz bereits BVerfGE 120, 274 [338 f.]).
7. Zusammenwirken von Überwachungsmaßnahmen
Eigene verfassungsrechtliche Grenzen ergeben sich hinsichtlich des Zusammenwirkens der verschiedenen Überwachungsmaßnahmen. Mit der Menschenwürde unvereinbar ist es, wenn sich eine Überwachung über einen längeren Zeitraum erstreckt und derart umfassend ist, dass nahezu lückenlos alle Bewegungen und Lebensäußerungen der Betroffenen registriert werden und zur Grundlage für ein Persönlichkeitsprofil werden können. Beim Einsatz moderner, insbesondere den Betroffenen verborgener Ermittlungsmethoden muss mit Rücksicht auf das dem "additiven" Grundrechtseingriff innewohnende Gefährdungspotenzial darauf Bedacht genommen werden, dass das Ausmaß der Überwachung insgesamt beschränkt bleibt (vgl. BVerfGE 141, 220 [280 f. Rn. 130] m.w.N.). Das müssen die Behörden als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unmittelbar von Verfassungs wegen im Rahmen ihrer Befugnisse von sich aus beachten. Weiterer gesetzlicher Konkretisierung bedarf es insoweit nicht.
Das gilt auch für die Befugnisse einer Verfassungsschutzbehörde. Sie muss im Einzelfall beim Einsatz verschiedener Überwachungsmaßnahmen darauf achten, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht durch die additive Wirkung der Maßnahmen zu verletzen. Soweit es um die hierfür erforderliche Koordination der Befugnisse innerhalb der Behörde selbst geht, darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass diese im Rahmen der Leitungsverantwortung hinreichend gewährleistet ist (vgl. BVerfGE 141, 220 [317 Rn. 254]; zu Konsequenzen für die Aufsicht unten Rn.290).
8. Verfahrensanforderungen
Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ergeben sich auch für eine Verfassungsschutzbehörde prozedurale Anforderungen an die Ausgestaltung der Überwachungsbefugnisse (grundlegend BVerfGE 65, 1 [44, 46]). Dies verlangt neben der für die Sicherung grundrechtlicher Garantien im Verfassungsschutz besonders bedeutsamen unabhängigen Vorabkontrolle (näher oben Rn. 213 ff.; vgl. BVerfGE 141, 220 [275 Rn. 117]) auch hier grundsätzlich Regelungen über Benachrichtigungspflichten und Auskunftsrechte (vgl. BVerfGE 133, 277 [369 Rn. 213]; 141, 220 [282 f. Rn. 136 f.]; stRspr) sowie Berichtspflichten (vgl. BVerfGE 133, 277 [372 Rn. 221 f.]; BVerfGE 141, 220 [285 Rn. 142 f.]; stRspr). Die besonderen Geheimhaltungsbedürfnisse können dabei Modifikationen begründen (vgl. zur Geltung und zu Modifikationen im Fall nachrichtendienstlicher Behörden BVerfGE 154, 152 [287 f. Rn. 266 ff., 299 Rn. 298, 287 ff. Rn. 266 ff.]; vgl. auch 133, 277 [369 Rn. 213]; kritisch zur Modifikation Wegener, VVDStRL 75 (2016), 293 [315 ff.]).
Eine verhältnismäßige Ausgestaltung heimlicher Überwachungsmaßnahmen, wie sie hier in Rede stehen, verlangt zudem die Schaffung einer wirksamen aufsichtlichen Kontrolle. Weil eine Transparenz der Datenerhebung und -verarbeitung sowie die Ermöglichung individuellen Rechtsschutzes für heimliche Überwachungsmaßnahmen nur sehr eingeschränkt sichergestellt werden können, kommt einer effektiven aufsichtlichen Kontrolle besondere Bedeutung zu (vgl. BVerfGE 133, 277 [369 ff. Rn. 214 ff.]; 141, 220 [284 f. Rn. 140 f.]). Dies setzt eine mit wirksamen Befugnissen ausgestattete Stelle voraus (vgl. grundlegend BVerfGE 65, 1 [46]; 141, 220 [284 f. Rn. 141]). Eine effektive Kontrolle erfordert dabei grundsätzlich, dass die kontrollierende Stelle jedenfalls alle Überwachungsmaßnahmen, denen eine Person durch eine Behörde ausgesetzt ist, in den Blick nehmen kann. Dem liegt materiellrechtlich zugrunde, dass die Verhältnismäßigkeit einer einzelnen Überwachungsmaßnahme auch davon abhängt, in welchem Umfang darüber hinaus weitere Überwachungsmaßnahmen erfolgen (oben Rn. 287 f.). Das Ausmaß und die Rechtmäßigkeit einer Überwachung und die unter Umständen damit einhergehenden kumulativen Grundrechtseingriffe lassen sich nicht tragfähig beurteilen, wenn der Aufsichtsbehörde nur ein eingeschränkter Datenbestand zur Verfügung steht (vgl. auch BVerfGE 133, 277 [370 Rn. 216]).
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit der einzelnen angegriffenen Regelungen
Die Verfassungsmäßigkeit der einzelnen Befugnisse des Landesamts für Verfassungsschutz richtet sich nach den jeweils betroffenen Grundrechten und hängt insbesondere von ihrer Vereinbarkeit mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ab. Die angegriffenen Befugnisse dienen einem legitimen Zweck und sind zur Erreichung dieses Zwecks grundsätzlich geeignet und erforderlich (oben Rn. 150 ff.). Begrenzungen ergeben sich jedoch aus den Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Hiermit sind die zulässig angegriffenen Befugnisse zum Teil nicht vereinbar.
1. Art. 9 Abs. 1 BayVSG – Wohnraumüberwachung
Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG ist verfassungswidrig. Die Wohnraumüberwachung ist an Art. 13 Abs. 1 und Abs. 4 GG zu messen. Art. 9 BayVSG genügt danach in Teilen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil die Befugnis zwar im Grunde einen hinreichenden Eingriffsanlass voraussetzt ("dringende Gefahr"), jedoch nicht auf das Ziel der Abwehr einer dringenden Gefahr ausgerichtet ist, und weil sie nicht als gegenüber Gefahrenabwehrmaßnahmen der Gefahrenabwehrbehörden subsidiäre Befugnis geregelt ist. Außerdem sind die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Kernbereichsschutz bei Wohnraumüberwachungen nicht vollständig erfüllt.
a) Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG ermächtigt das Landesamt zur akustischen und optischen Wohnraumüberwachung. Die Wohnraumüberwachung mit technischen Mitteln greift in die Unverletzlichkeit der Wohnung ein (Art. 13 Abs. 1 GG). Die präventive Eingriffsbefugnis des Landesamts aus Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG ist an den aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 4 GG folgenden Anforderungen zu messen.
b) Die Wohnraumüberwachung steht unter besonders strengen Anforderungen (vgl. BVerfGE 141, 220 [295 f. Rn. 180]). Eine Wohnraumüberwachung reicht besonders tief in die Privatsphäre hinein (vgl. BVerfGE 141, 220 [269 Rn. 105]), denn sie erlaubt dem Staat, auch in Räume einzudringen, die privater Rückzugsort der Einzelnen sind und einen engen Bezug zur Menschenwürde haben (vgl. BVerfGE 141, 220 [295 Rn. 180] m.w.N.). Dies schließt zwar, wie sich aus Art. 13 Abs. 3 und Abs. 4 GG ergibt, Überwachungsmaßnahmen nicht kategorisch aus. Aus Art. 13 Abs. 4 GG ergeben sich jedoch gegenüber den allgemein aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne folgenden Anforderungen (oben Rn. 181 ff.) strengere Maßgaben.
aa) Art. 13 Abs. 4 GG erlaubt eine akustische oder optische Wohnraumüberwachung nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr. Diese besonders strengen Anforderungen formuliert Art. 13 Abs. 4 GG ohne Unterscheidung nach der Art der Behörde; sie gelten mithin auch für Verfassungsschutzbehörden (oben Rn. 169). Dem wird Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG nicht vollständig gerecht. Zwar hat der Gesetzgeber eine im Grundsatz zulässige Schwelle und ein hinreichend gewichtiges Schutzgut gewählt (1). Auch verwehrt Art. 13 Abs. 4 GG nicht von vornherein, auch dem Verfassungsschutz eine Befugnis der Wohnraumüberwachung einzuräumen (2). Die Befugnis ist hier jedoch nicht auf das Ziel der Abwehr einer Gefahr ausgerichtet und deshalb verfassungswidrig (3). Zudem fehlt die erforderliche Subsidiaritätsregelung (4).
(1) Der Gesetzgeber hat eine im Grundsatz mit Art. 13 Abs. 4 GG vereinbare Eingriffsschwelle und ein hinreichend gewichtiges Schutzgut geregelt. Art. 13 Abs. 4 GG erlaubt die Überwachung von Wohnungen mit technischen Mitteln nur zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit.
Eine dringende Gefahr im Sinne des Art. 13 Abs. 4 GG liegt vor, wenn eine konkrete Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in allernächster Zukunft einen größeren Schaden verursachen wird. Das Kriterium der Dringlichkeit bezieht sich auf das Ausmaß und die Wahrscheinlichkeit des Schadens (vgl. BVerfGE 130, 1 [32]; 141, 220 [271 Rn. 110]). Die in Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG geregelte Schwelle genügt dem.
Die Bestimmung verlangt, dass tatsächliche Anhaltspunkte für eine dringende Gefahr vorliegen. Dass – anders als in der Formulierung des Art. 13 Abs. 4 GG – "tatsächliche Anhaltspunkte" für die dringende Gefahr vorliegen müssen, ist verfassungsgemäß, wenn dies nicht als Einschränkung der Anforderungen daran verstanden wird, wie konkret die Gefahr bereits sein muss.
Der Bayerische Gesetzgeber hat in Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVSG (Bestand oder Sicherheit des Bundes oder eines Landes) und Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 (Leib, Leben oder Freiheit einer Person) auch hinreichend gewichtige Rechtsgüter bestimmt. Das gilt auch für Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 (Sachen, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse geboten ist); das Tatbestandsmerkmal des besonderen öffentlichen Interesses muss dabei allerdings eng verstanden werden; orientieren muss sich die Interpretation hier etwa an Sachen wie wesentlichen Infrastruktureinrichtungen oder sonstigen Anlagen mit unmittelbarer Bedeutung für das Gemeinwesen (vgl. BVerfGE 133, 277 [365 Rn. 203]; 141, 220 [287 Rn. 155]).
(2) Auch Verfassungsschutzbehörden dürfen unter den Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 4 GG zur Wohnraumüberwachung ermächtigt werden; Art. 13 Abs. 4 GG nimmt sie von der grundsätzlich eröffneten Möglichkeit der Wohnraumüberwachung nicht aus (vgl. Mallmann, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 9 BVerfSchG Rn. 16; Papier, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 95. EL Juli 2021, Art. 13 Rn. 83 in Fn. 2; Hermes, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2013, Art. 13 Rn. 80 a.E.; s. aber Baldus, NVwZ 2003, 1289 [1292 f.]).
(3) Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG ist jedoch insoweit verfassungswidrig, als er keine ausdrückliche Begrenzung auf den Zweck der Abwehr der genannten Gefahren enthält. Art. 13 Abs. 4 GG erlaubt eine Wohnraumüberwachung allein "zur Abwehr" dringender Gefahren (vgl. Gusy, DVBl 1991, 1288 [1292]; Roggan, DÖV 2019, 425 [433]). Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG lässt es aber genügen, dass tatsächliche Anhaltspunkte für eine dringende Gefahr für die dort genannten Rechtsgüter vorliegen, ohne die Überwachung final auf die Abwehr dieser Gefahr auszurichten. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG selbst enthält gar keine eigene Zwecksetzung für die Wohnraumüberwachung. Sofern tatsächliche Anhaltspunkte für eine dringende Gefahr im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG bestehen, könnten Daten im Wege der Wohnraumüberwachung vielmehr zu den in Art. 3 BayVSG in Verbindung mit § 3 BVerfSchG allgemein geregelten Zwecken des Verfassungsschutzes erhoben werden, also zur Sammlung und Auswertung von Informationen. Die Wahrnehmung dieser allgemeinen Sammlungs- und Auswertungsaufgabe ist jedoch kein Art. 13 Abs. 4 GG genügender Zweck (vgl. Gusy, DVBl 1991, 1288 [1292]; Roggan, DÖV 2019, 425 [433]). Dass die Überwachungsbefugnis trotz fehlender Regelung im Normtext auf die Gefahrenabwehr ausgerichtet sein soll, kann Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG auch nicht als ungeschriebene Voraussetzung entnommen werden. Dies genügte jedenfalls nicht dem Bestimmtheitsgebot, das hier strikt ist (vgl. BVerfGE 141, 220 [265 Rn. 94] m.w.N.; stRspr). Es bedürfte vielmehr einer ausdrücklichen Regelung, die die Befugnis der Wohnraumüberwachung auf den Zweck der Abwehr der dringenden Gefahr begrenzt (vgl. etwa § 9 Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG).
Zwar könnten dem Landesamt eigene Gefahrenabwehraufgaben, deren Wahrnehmung polizeiliche Exekutivbefugnisse voraussetzt, im Rahmen des geltenden Rechts gar nicht übertragen werden. Dass nachrichtendienstliche Behörden keine operativen Anschlussbefugnisse erhalten, ist gerade Bedingung für die grundsätzliche Vereinbarkeit der aktuell geregelten Sicherheitsarchitektur mit dem Grundgesetz (näher oben Rn. 156 ff.). Regelbar ist jedoch, dass das Landesamt die aus einer nur zum Zweck der Abwehr einer dringenden Gefahr durchführbaren Wohnraumüberwachung gewonnenen Daten an eine andere, mit unmittelbaren Gefahrenabwehrbefugnissen ausgestattete Stelle weitergibt (vgl. auch Roggan, DÖV 2019, 425 [427]; zum Subsidiaritätserfordernis und zu den Anforderungen an Übermittlungsregelungen aber unten Rn. 303 und Rn. 381 ff., 388). Eine mittelbare Einbindung einer Verfassungsschutzbehörde in die letztlich durch Gefahrenabwehrbehörden durchzuführende Gefahrenabwehr ist insofern also grundsätzlich möglich, auch wenn dies angesichts des Aufgaben- und Befugniskreises des Verfassungsschutzes Ausnahmecharakter haben muss (vgl. Gusy, DVBl 1991, 1288 [1292]; Mallmann, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 9 BVerfSchG Rn. 22; Roggan, DÖV 2019, 425 [426, 433]). Mithin ist es möglich und verfassungsrechtlich geboten, eine Wohnraumüberwachung durch eine Verfassungsschutzbehörde gesetzlich ausdrücklich an den Zweck der mittelbaren Abwehr der verfassungsrechtlich vorausgesetzten dringenden Gefahr zu binden. Daran fehlt es hier.
(4) Zudem fehlt die verfassungsrechtlich gebotene Subsidiaritätsregelung (näher oben Rn. 178 ff.), wie sie etwa in § 9 Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG enthalten ist. Einer Verfassungsschutzbehörde darf eine Befugnis zur Wohnraumüberwachung nur als subsidiäre Befugnis für den Fall eingeräumt werden, dass geeignete polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut ansonsten nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Das ist hier nicht der Fall.
bb) Die in Art. 8a Abs. 1 BayVSG getroffenen Regelungen zum Kernbereichsschutz genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen bei Wohnraumüberwachungen (oben Rn. 279 ff.) nicht vollständig.
(1) Auf der Erhebungsebene ist der allgemeine Kernbereichsschutz in Art. 8a Abs. 1 Satz 1 BayVSG nicht in der für den Fall der Wohnraumüberwachung verfassungsrechtlich gebotenen Weise ausdrücklich als Vermutungsregelung zugunsten des Privatheitsschutzes ausgestaltet. Nach der gewählten Regelungstechnik ist vielmehr umgekehrt zunächst davon auszugehen, dass der Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln zulässig sein soll, wenn nicht hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte dagegensprechen. Ob der Wortlaut des Art. 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVSG auch die Auslegung zuließe, dass hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für eine Erfassung kernbereichsrelevanter Erkenntnisse im Sinne der Norm immer dann vorliegen, wenn sich die Überwachung auf Privaträume bezieht und dort die Kommunikation mit Personen des besonderen persönlichen Vertrauens erfasst würde, kann offenbleiben. Unzureichend wäre im Fall der Wohnraumüberwachung, wenn dabei – wie es der Gesetzeswortlaut nahelegt – von der Vermutung nur Fälle erfasst würden, in denen "allein" kernbereichsrelevante Erkenntnisse zu erwarten sind (vgl. BVerfGE 109, 279 [330]). Jedenfalls aber genügte die bloße Möglichkeit verfassungskonformer Gesetzesauslegung nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Kernbereichsschutz. Vielmehr muss sich aus der gesetzlichen Regelung ausdrücklich ergeben, dass Gespräche in Wohnräumen nur überwacht werden dürfen, wenn zuvor die verfassungsrechtliche Vermutung positiv entkräftet ist, dass Privaträume, in denen Gespräche mit Personen des besonderen persönlichen Vertrauens zu erwarten sind, dem Kernbereichsschutz unterfallen. Können Eingriffsbefugnisse, wie die Wohnraumüberwachung, typischerweise zur Erhebung kernbereichsrelevanter Daten führen, muss der Gesetzgeber Regelungen schaffen, die einen wirksamen Schutz normenklar gewährleisten (vgl. BVerfGE 141, 220 [277 Rn. 122]). Daher kann auf eine ausdrückliche Vermutungsregelung im Gesetz nicht verzichtet werden.
(2) Auch auf der Auswertungsebene genügt der Kernbereichsschutz für Wohnraumüberwachungen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Art. 8a Abs. 1 BayVSG stellt nicht sicher, dass alle aus der Überwachung stammenden Informationen vollständig und vor einer Kenntnisnahme durch die Behörde zunächst durch eine unabhängige Stelle auf ihre Kernbereichsrelevanz hin gesichtet werden. Zwar soll nach Art. 8a Abs. 1 BayVSG trotz aktuell ungenauer Verweisung § 3a Abs. 1 Satz 4 G 10 entsprechend Anwendung finden. Danach sind automatische Aufzeichnungen unverzüglich einem bestimmten Mitglied der G 10-Kommission oder seinem Stellvertreter zur Entscheidung über die Verwertbarkeit oder Löschung der Daten vorzulegen. Eine unabhängige Sichtung ist insoweit also vorgesehen. Mit diesem Verweis ist jedoch nicht sichergestellt, dass die Daten aus einer Wohnraumüberwachung vollständig vorgelegt werden. Der entsprechend anzuwendende § 3a Abs. 1 Satz 4 G 10 betrifft nach seinem Wortlaut nur automatische Aufzeichnungen nach § 3a Abs. 1 Satz 3 G 10. Das sind Aufzeichnungen, die angefertigt werden, wenn im Rahmen einer (Telekommunikations-)Überwachung zunächst eine unmittelbare Kenntnisnahme erfolgt, diese aber unterbrochen werden muss und nur eine automatische Aufzeichnung fortgesetzt werden darf, weil Zweifel bestehen, ob nicht Inhalte erfasst werden, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind (vgl. § 3a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 G 10). Den Anforderungen des Art. 13 GG an den Kernbereichsschutz bei einer akustischen oder optischen Wohnraumüberwachung ist indessen nur genügt, wenn sämtliche Daten, die aus der Überwachung erlangt wurden, zunächst zur unabhängigen Sichtung vorgelegt werden. Dazu zählen auch Daten, die erhoben wurden, ohne dass die Behörde Zweifel hatte, dass keine kernbereichsrelevanten Daten enthalten seien, in denen sie mit anderen Worten annahm, nicht durch den Kernbereichsschutz an der Erhebung gehindert zu sein. Diese Fälle erfasst der nach Art. 8a Abs. 1 Satz 5 BayVSG entsprechend anzuwendende § 3a Abs. 1 Satz 4 G 10 jedoch nicht. Nichts anderes gilt, wenn man annimmt, dass die Verweisung auf § 3a Abs. 1 Satz 4 G 10 nur im Hinblick auf die nach Art. 8a Abs. 1 Satz 3 BayVSG durchgeführte automatische Aufzeichnung erfolgt. Denn auch insoweit handelt es sich nur um Aufzeichnungen, die durchgeführt werden, wenn Zweifel bestehen, ob und wie lange Inhalte erfasst werden, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind.
2. Art. 10 Abs. 1 BayVSG – Online-Durchsuchung
Art. 10 Abs. 1 BayVSG ermächtigt das Landesamt für Verfassungsschutz zu einer Online-Durchsuchung, bei der von den Betroffenen unbemerkt mit technischen Mitteln Daten auf von ihnen als eigene genutzten und ihrer Verfügung unterliegenden informationstechnischen Systemen erhoben werden. Die Regelung ist am Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme als besonderer Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) zu messen. Dem genügt Art. 10 Abs. 1 BayVSG nicht, weil er durch die Verweisung auf die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 BayVSG dessen Mängel hinsichtlich der unzureichenden Ausrichtung der Maßnahme auf die Abwehr einer Gefahr und der fehlenden Subsidiaritätsregelung teilt. Zudem entspricht auch der Kernbereichsschutz nicht den hier geltenden Anforderungen. Hingegen ist die Befugnis nicht wegen der Folgerisiken für informationstechnische Systeme verfassungswidrig.
a) Im heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System liegt ein Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (grundlegend BVerfGE 120, 274 [302 ff.]). Art. 10 BayVSG ist an diesem Grundrecht und nicht etwa am Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG) zu messen, weil der Zugriff nicht auf laufende Kommunikation begrenzt ist, sondern die Befugnisnorm den Zugriff auf das informationstechnische System in der ganzen Breite zulässt (vgl. BVerfGE 158, 170 [184 Rn. 28] m.w.N.; stRspr).
b) Art. 10 Abs. 1 BayVSG genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vollständig.
aa) Eine Online-Durchsuchung durch die Verfassungsschutzbehörde darf nur zur Abwehr einer mindestens konkretisierten Gefahr im polizeilichen Sinne für ein besonders gewichtiges Rechtsgut zugelassen werden, wobei der Verfassungsschutzbehörde lediglich eine subsidiäre Befugnis eingeräumt werden darf (ausführlich oben Rn. 176 ff.).
(1) Art. 10 Abs. 1 BayVSG verweist zwar hinsichtlich der Anforderungen an die Eingriffsschwelle und das zu schützende Rechtsgut auf Art. 9 Abs. 1 BayVSG und ist insoweit verfassungsgemäß (vgl. oben Rn. 296 ff.). Die Norm genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen jedoch insofern nicht, als sie keine Zwecksetzung enthält. Durch die Verweisung in Art. 10 Abs. 1 BayVSG auf Art. 9 Abs. 1 BayVSG knüpft auch diese Befugnis als Tatbestandsvoraussetzung nur an das Vorliegen einer dringenden Gefahr für bestimmte Rechtsgüter an. Dies ist zu weit, weil kein spezifischer Zusammenhang zu der den Eingriff erst legitimierenden Abwehr der bestehenden Gefahr vorausgesetzt ist. Zwar findet sich im Grundgesetz für die Online-Durchsuchung – anders als für die in Art. 13 Abs. 4 GG näher geregelte präventive Wohnraumüberwachung – keine ausdrückliche Begrenzung auf die Abwehr von Gefahren. Eine Begrenzung auf den Zweck der Abwehr der Gefahr ist aber unabhängig von einer ausdrücklichen Erwähnung im Grundgesetz auch hier verfassungsrechtlich geboten, weil ansonsten die besondere Eingriffsschwelle einer Gefahr im polizeilichen Sinne ihre verfassungsrechtlich gebotene Begrenzungsfunktion verlöre. Dürfte das Landesamt allein eine konkret eingetretene Gefahr als Ausgangspunkt nutzen, um gemäß seiner allgemeinen Aufgabenstellung aus Art. 3 BayVSG in Verbindung mit § 3 BVerfSchG Informationen zu sammeln und auszuwerten, würde die verfassungsrechtliche Eingriffsschwelle der hier mindestens erforderlichen konkretisierten Gefahr entwertet, die erst im Zusammenwirken mit der Ausrichtung auf die Abwehr der Gefahr ihre Begrenzungswirkung entfaltet.
(2) Zudem fehlt es an der auch hier verfassungsrechtlich gebotenen Subsidiaritätsregelung (dazu näher oben Rn. 179 f.).
bb) Die in Art. 8a und Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVSG vorgesehenen Bestimmungen zum Kernbereichsschutz entsprechen den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Online-Durchsuchung (oben Rn. 284 ff.) nur zum Teil.
(1) Auf der Erhebungsebene genügen die in Art. 8a Abs. 1 Satz 1 und in Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVSG enthaltenen Vorgaben den Anforderungen an den Kernbereichsschutz bei Online-Durchsuchungen. Insbesondere gebietet Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVSG, den Zugriff auf Informationen des Kernbereichs präventiv so weit wie möglich einzuschränken. Dass der Kernbereichsschutz nach Art. 8a Abs. 1 Satz 1 BayVSG nur greift, wenn allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich gewonnen würden, ist hier nicht zu beanstanden, wobei die Vorschrift von Verfassungs wegen so zu verstehen ist, dass eine Kommunikation über Höchstvertrauliches nicht schon deshalb aus dem strikt zu schützenden Kernbereich herausfällt, weil sich in ihr höchstvertrauliche mit alltäglichen Informationen vermischen (vgl. BVerfGE 141, 220 [308 Rn. 222]).
(2) Unzureichend ist hingegen auch hier die Ausgestaltung des Kernbereichsschutzes auf der Auswertungsebene, da es an der gebotenen unabhängigen Kontrolle der erhobenen Daten vor deren Verwertung fehlt. Zwar findet auch hier § 3a Abs. 1 Satz 4 G 10 nach Art. 8a Abs. 1 Satz 5 BayVSG entsprechend Anwendung. Dieser begrenzt die externe Kontrolle jedoch auf bestimmte Daten (oben Rn. 306). Erforderlich ist aber eine Verpflichtung, zum Zweck unabhängiger Kontrolle alle aus der Online-Durchsuchung gewonnenen Daten vorzulegen. Sofern die externe Sichtung an technische und fachliche Grenzen stößt, ist eine – durch gesonderte Verschwiegenheitspflichten abgesicherte – Hinzuziehung auch von Bediensteten des Verfassungsschutzes zur Gewährleistung von ermittlungsspezifischem Fachverstand nicht ausgeschlossen. Darüber hinaus kann für die Sichtung auf technische Unterstützung durch die Verfassungsschutzbehörde zurückgegriffen werden. Die tatsächliche Durchführung und Entscheidungsverantwortung muss jedoch maßgeblich in der Verfassungsschutzbehörde gegenüber unabhängigen Händen liegen (vgl. BVerfGE 141, 220 [308 f. Rn. 224]).
cc) Kein Verfassungsverstoß ergibt sich daraus, dass mit einem Eingriff nach Art. 10 Abs. 1 BayVSG Folgerisiken für die Sicherheit des informationstechnischen Systems verbunden sind. Zwar wirkt sich auf das Eingriffsgewicht aus, dass schon die Existenz der Befugnis zur Online-Durchsuchung einen Anreiz für die Behörde schafft, ihr bekannt werdende Sicherheitslücken offenzuhalten, um sie zur Infiltration nutzen zu können (vgl. BVerfGE 120, 274 [326]; 158, 170 [188 f. Rn. 42]). Dem hierdurch erhöhten Eingriffsgewicht des Zugriffs auf das IT-System ist jedoch bereits durch die strengen Anforderungen an die Eingriffsvoraussetzungen Rechnung getragen (vgl. BVerfGE 120, 274 [325 f., 328]; 141, 220 [304 f. Rn. 211 f.]; 158, 170 [189 Rn. 43]). Soweit die Beschwerdeführer mit ihrer Rüge, die Regelung verstoße gegen objektiv-rechtliche Gehalte des Grundrechts, darüber hinaus meinen, der Gesetzgeber habe seine Schutzpflicht verletzt (vgl. dazu BVerfGE 158, 170 [185 ff. Rn. 33 ff.]), ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig (oben Rn. 111).
3. Art. 12 Abs. 1 BayVSG – Ortung von Mobilfunkendgeräten
Art. 12 Abs. 1 BayVSG erlaubt dem Landesamt für Verfassungsschutz die Ortung von Mobilfunkendgeräten. Das Landesamt darf danach technische Mittel zur Ermittlung des Standorts eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgeräts oder zur Ermittlung der Geräte- oder Kartennummer einsetzen, soweit tatsächliche Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Gefahr für die von Art. 3 BayVSG umfassten Schutzgüter vorliegen. Da die Befugnis nicht auf punktuelle Maßnahmen beschränkt ist und damit die Erstellung von Bewegungsprofilen nicht ausschließt, ermöglicht sie intensive Grundrechtseingriffe (a). Insoweit genügt die Regelung den Anforderungen an die verfassungsrechtliche Rechtfertigung nicht (b).
a) Die durch Art. 12 Abs. 1 BayVSG zugelassene Erhebung von Daten greift in die grundrechtlich jedenfalls durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen ein (aa). Art. 12 Abs. 1 BayVSG eröffnet die Befugnis zur Erstellung eines Bewegungsprofils und ermächtigt damit auch zu schwerwiegenden Grundrechtseingriffen (bb).
aa) Durch Maßnahmen nach Art. 12 Abs. 1 BayVSG wird in die informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen eingegriffen. Überwachungsmaßnahmen aufgrund einer vergleichbaren strafprozessualen Befugnis wurden als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung als Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung angesehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. August 2006 – 2 BvR 1345/03 –, Rn. 64 ff. – zum sogenannten IMSI-Catcher [unten Rn. 323]; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Februar 2018 – 3 StR 400/17 –, BGHSt 63, 82 [84 f. Rn. 5 f.] – zur sogenannten stillen SMS [unten Rn. 324]). Die Anwendbarkeit des spezielleren Grundrechts des Fernmeldegeheimnisses aus Art. 10 Abs. 1 GG wurde verneint (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. August 2006 – 2 BvR 1345/03 –, Rn. 49 ff. m.w.N.; zum Streitstand Ogorek, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, 49. Edition, Stand: 15. November 2021, Art. 10 Rn. 58 m.w.N.; Hauck, in: Löwe/Rosenberg, StPO und GVG [Band 3], 27. Aufl. 2019, § 100i StPO Rn. 6 ff. m.w.N.). Welches der beiden Grundrechte zur Anwendung kommt, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Maßnahmen nach Art. 12 Abs. 1 BayVSG greifen jedenfalls in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Ohnehin lassen sich die Maßgaben des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG weitgehend auf die speziellere Garantie des Art. 10 GG übertragen (vgl. BVerfGE 155, 119 [170 Rn. 100] m.w.N.; s. auch Gurlit, NJW 2010, 1035 [1037 ff.]; Tanneberger, Die Sicherheitsverfassung, 2014, S. 362 f. m.w.N.). Das Zitiergebot (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) wäre auch im Falle der Anwendbarkeit von Art. 10 Abs. 1 GG durch Art. 29 BayVSG gewahrt. Art. 8 Abs. 1 GG wäre betroffen und schon mangels hinreichend bestimmter Ermächtigung auch verletzt, wenn die Befugnis aus Art. 12 Abs. 1 BayVSG allein zum Zweck der Identifikation der Teilnehmenden einer durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützten Versammlung genutzt würde.
bb) Art. 12 Abs. 1 BayVSG ermächtigt zu schwerwiegenden Grundrechtseingriffen. Wie schwer der Grundrechtseingriff wiegt, richtet sich danach, welche Nutzungsmöglichkeiten die Regelung rechtlich und tatsächlich eröffnet.
(1) Angesichts der für sich genommen begrenzten Aussagekraft der nach Art. 12 Abs. 1 BayVSG erhobenen Daten würde der Eingriff nicht sehr schwer wiegen, wenn die Überwachung auf punktuelle Maßnahmen begrenzt wäre. Da Art. 12 Abs. 1 BayVSG jedoch keine Vorgaben zur Häufigkeit der Ermittlung des Standorts und zur zeitlichen Dauer der Maßnahme trifft, lässt es die Norm jedenfalls rechtlich zu, den Standort einer Person in einem engen Zeittakt wiederholt zu ermitteln. Wenn so über einen längeren Zeitraum hinweg die Bewegung des Mobiltelefons der beobachteten Person nachverfolgt und ein Bewegungsprofil erstellt wird, ist dies ein intensiver Grundrechtseingriff (vgl. BVerfGE 120, 378 [400 f., 406 f.]; 125, 260 [319 f.]; 150, 244 [285 Rn. 100]).
(2) Für die verfassungsrechtliche Überprüfung ist von dieser hohen Eingriffsintensität auszugehen. Eine Erstellung von Bewegungsprofilen mag zwar in der Praxis des Landesamts, wie in der mündlichen Verhandlung dargelegt wurde, nicht Zweck der Durchführung von Maßnahmen nach Art. 12 Abs. 1 BayVSG sein. Sie ist jedoch weder rechtlich noch technisch ausgeschlossen. Art. 12 Abs. 1 BayVSG ist technikneutral formuliert. Derzeit kann technisch mindestens auf zwei Wegen von der Befugnis Ge- brauch gemacht werden, von denen jedenfalls der zweite für die Erstellung von Bewegungsprofilen auch praktisch bedeutsam sein kann.
(a) Zum einen können sogenannte IMSI-Catcher zum Einsatz kommen. Diese können die auf der Chipkarte eines Mobilfunktelefons gespeicherte Internationale Mobilfunk-Teilnehmerkennung (International Mobile Subscriber Identity, IMSI) auslesen und den Standort des aktiv geschalteten Mobilfunktelefons bestimmen (vgl. BayLTDrucks 17/10014, S. 33). Dazu wird eine Funkzelle simuliert, in die sich in Reichweite befindliche eingeschaltete Mobiltelefone einbuchen. Der IMSI-Catcher löst daraufhin eine automatisierte Identifizierungsprozedur bei den eingebuchten Mobiltelefonen aus, welche die Mobilfunk-Teilnehmerkennung und die Gerätenummer übermitteln (vgl. Bruns, Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl. 2019, § 100i Rn. 5). Der Einsatz des IMSI-Catchers dient neben der ungefähren Ortung auch der Vorbereitung von späteren G 10-Maßnahmen oder der Einholung von Verkehrsdatenauskünften (vgl. BayLTDrucks 17/10014, S. 33). Die unter Einsatz eines IMSI-Catchers erhobenen Standortdaten mögen theoretisch eine lückenlose Erstellung von Bewegungsprofilen erlauben (vgl. Graulich, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, Abschnitt E, Rn. 826). Soweit ersichtlich, ist dies jedoch praktisch keine relevante Einsatzmöglichkeit (vgl. auch Kassebohm, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 3. Aufl. 2019, § 43 Rn. 419: "Abfallprodukt"), denn dies setzt sowohl die Kenntnis des ungefähren Aufenthaltsorts der Zielperson voraus als auch, dass ein IMSI-Catcher in der Reichweite des Mobiltelefons tatsächlich eingesetzt werden kann.
(b) Zum anderen kommt zur Standortbestimmung eines eingeschalteten und empfangsbereiten Mobiltelefons eine sogenannte stille SMS in Betracht. Dabei wird eine Kurzmitteilung (Short Message Service, SMS) an eine Mobilfunknummer gesandt, die eine Verbindung mit dem angewählten Mobiltelefon erzeugt, dabei aber für die Nutzer unerkannt bleibt. Der Empfang bewirkt eine Rückmeldung des Mobiltelefons bei der Funkzelle, in der es eingebucht ist. Dadurch wird ein Verkehrsdatensatz erzeugt, der auch die Angabe der benutzten Funkzelle enthält. Durch Abfrage dieser Daten beim Netzbetreiber kann der ungefähre Standort des Empfangsgerätes im Zeitpunkt des Empfangs der stillen SMS bestimmt werden (vgl. Bruns, Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl. 2019, § 100i Rn. 6a). Der Vorgang erfolgt mithin in zwei Schritten (vgl. Bär, in: Graf, BeckOK StPO, 42. Edition, Stand: 1. Januar 2022, § 100g Rn. 28). Die Art. 12 Abs. 1 1. Alternative BayVSG entsprechende Regelung in § 100i StPO wird als Rechtsgrundlage für die Versendung der stillen SMS herangezogen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2018 – 3 StR 400/17 –, BGHSt 63, 82 [86 f. Rn. 11 ff.]; vgl. entsprechend zu Art. 12 Abs. 1 BayVSG Schwarz, in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 17. Edition, Stand: 1. September 2021, Art. 12 BayVSG Rn. 23 ff.; näher zum Meinungsstand Ogorek, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, 49. Edition, Stand: 15. November 2021, Art. 10 Rn. 58 m.w.N.; Bär, a.a.O., Rn. 28 ff. m.w.N.). Der Einsatz stiller SMS und die sich daran anschließende Abfrage der so erzeugten Standortdaten ermöglichen, ein Bewegungsprofil zu erstellen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2018 – 3 StR 400/17 –, BGHSt 63, 82 [84 f. Rn. 6]). Der Einsatz verursacht verhältnismäßig wenig Aufwand, und die Bestimmung und Nachverfolgung der Standorte kann vor allem in Großstädten, wo Funkzellen mitunter sehr klein sind, relativ genau ausfallen (vgl. Kassebohm, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 3. Aufl. 2019, § 43 Rn. 422).
(c) Der Gesetzgeber hatte bei der Normierung des Art. 12 Abs. 1 BayVSG zwar offenbar nur die Verwendung eines IMSI-Catchers vor Augen (vgl. BayLTDrucks 17/10014, S. 33). Dabei mag er davon ausgegangen sein, dass die Norm zur Vorbereitung anderer Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung, nicht aber zur Erstellung von Bewegungsprofilen zum Einsatz kommen würde. Bezogen auf den Einsatz eines IMSI-Catchers ist das Eingriffsgewicht des Art. 12 Abs. 1 BayVSG vor dem Hintergrund praktisch beschränkter Verwendungsmöglichkeiten gegenwärtig wohl nicht sehr hoch.
Die bloße Vorstellung des Gesetzgebers von der Reichweite der Befugnis bestimmt jedoch nicht deren Eingriffsgewicht. Dieses ist vielmehr nach den tatsächlich geschaffenen aktuellen Eingriffsmöglichkeiten zu beurteilen, wofür hier auch die Möglichkeit der nicht nur punktuellen Verwendung von stillen SMS zu berücksichtigen ist (oben Rn. 324). Dass der Einsatz stiller SMS und die sich daran anschließende Abfrage der Standortdaten das Erstellen eines – wenngleich recht groben – Bewegungsprofils praktisch ermöglichen, berührt das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung in erheblicher Weise (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2018 – 3 StR 400/17 –, BGHSt 63, 82 [84 f. Rn. 6]). Es kommen daher strenge verfassungsrechtliche Anforderungen zur Anwendung. Wollte der Gesetzgeber das Eingriffsgewicht – auch vor dem Hintergrund wachsender technischer Möglichkeiten – nachhaltig begrenzen, müsste er dies normenklar im Wortlaut des Art. 12 BayVSG regeln. Dies ist nicht geschehen.
b) Die Regelung genügt den danach strengen Anforderungen an die verfassungsrechtliche Rechtfertigung nicht.
aa) Art. 12 BayVSG enthält keine hinreichend bestimmten Eingriffsvoraussetzungen. Um den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu wahren, darf eine Maßnahme nach Art. 12 Abs. 1 BayVSG nur zugelassen werden, wenn dies zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten ist. Dabei kommt es auf die konkrete Relevanz der hierdurch zu gewinnenden Erkenntnisse für die weitere Aufklärung verfassungsfeindlicher Bestrebungen an. Da die Maßnahme regelmäßig gezielt gegen bestimmte Personen gerichtet sein dürfte, muss die Überwachung gerade dieser Personen zur Aufklärung beitragen. Darüber hinaus muss die Nutzung der Befugnis wegen des potenziell hohen Eingriffsgewichts von einem gesteigerten Beobachtungsbedarf abhängig gemacht werden (allgemein zu den Anforderungen oben Rn. 192 ff.).
Dem genügt Art. 12 Abs. 1 BayVSG nicht, weil die Eingriffsvoraussetzungen nicht bestimmt genug geregelt sind. Die Befugnis setzt voraus, dass tatsächliche Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Gefahr für die Schutzgüter des Verfassungsschutzes bestehen. Verstünde man die Tatbestandsvoraussetzung der Gefahr hier im polizeilichen Sinne, erforderte dies eine Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens im Einzelfall in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung eines der genannten Schutzgüter führte (vgl. BVerfGE 141, 220 [271 Rn. 111]; oben Rn. 158). Diese polizeiliche Gefahrenschwelle würde im Tätigkeitsbereich des Landesamts für Verfassungsschutz, wie die Beschwerdeführer zutreffend ausführen, kaum je erreicht. Der Gesetzgeber wollte hier aber zweifellos keine für den Verfassungsschutz nahezu prohibitive Schwelle errichten. Die Befugnis zur Ortung von Mobilfunkendgeräten und zur Ermittlung der Geräte- oder Kartennummer wird in der Verfassungsschutzpraxis regelmäßig genutzt (vgl. BayLTDrucks 17/16055, 17/22322, 18/2079, und 18/18535). Es ist davon auszugehen, dass diese Befugnis dem Verfassungsschutz für seine Überwachungstätigkeit effektiv zur Verfügung gestellt werden sollte. Dem würde die geschilderte polizeiliche Interpretation der Eingriffsvoraussetzungen offenkundig nicht entsprechen. Eine verfassungsschutzspezifische Beschreibung des Eingriffsanlasses, die sich an den Aufgaben des Landesamts orientierte, enthält Art. 12 Abs. 1 BayVSG aber nicht. Eine solche Interpretation der in Art. 12 Abs. 1 BayVSG verwendeten Tatbestandsvoraussetzung der schwerwiegenden Gefahr liegt hier auch nicht so nahe, dass sich der Regelungsgehalt ohne nähere gesetzliche Ausprägung mit hinreichender Sicherheit feststellen ließe.
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht dieselben Tatbestandsvoraussetzungen als Eingriffsschwelle für die Abfrage von Kontoinhalten und Kontobewegungen durch eine Verfassungsschutzbehörde für ausreichend gehalten und hat sie verfassungsschutzspezifisch interpretiert (vgl. BVerfGE 120, 274 [348 f.]). Der Begriff der schwerwiegenden Gefahr verweise auf eine erhöhte Intensität der Rechtsgutsbedrohung. Durch das Erfordernis tatsächlicher Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Gefahr werde zudem die tatsächliche Grundlage des Eingriffs qualifiziert. Es reiche nicht aus, dass die geregelte Datenerhebung allgemein für die Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörde nützlich sei. Vielmehr müssten Anhaltspunkte für einen Zustand bestehen, in dem das Schutzgut konkret bedroht ist. Durch das Erfordernis tatsächlicher Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Gefahr sei hinreichend sichergestellt, dass nicht jeder vage Verdacht, bestimmte Gruppierungen könnten sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten, zu einer Erhebung von Kontoinhalten und Kontobewegungen ausreiche. Der damit verbundene Eingriff wiege andererseits nicht so schwer, dass er lediglich zur Bekämpfung gewalttätiger oder solcher Gruppierungen verhältnismäßig sein könnte, die volksverhetzend tätig werden.
Dennoch ist Art. 12 Abs. 1 BayVSG mit Blick auf die mögliche Eingriffsintensität der zugelassenen Maßnahmen zu unbestimmt. Weil die Regelung eine länger andauernde Nachverfolgung der Bewegungen im Raum und damit schwere Grundrechtseingriffe nicht ausschließt, gelten strenge Anforderungen an die Bestimmtheit der Eingriffsvoraussetzungen. Dem genügt das Tatbestandsmerkmal der schwerwiegenden Gefahr, das selbst keine verfassungsschutzspezifische Beschreibung des Überwachungsanlasses enthält, hier nicht. Dass das Bundesverfassungsgericht dem im Zusammenhang einer anderen Überwachungsermächtigung eine verfassungsschutzspezifische Interpretation gegeben hat, reicht insofern nicht aus. Der Gesetzgeber müsste vielmehr selbst eine qualifizierte verfassungsschutzspezifische Eingriffsschwelle für die Befugnis aus Art. 12 Abs. 1 BayVSG regeln. Dabei wäre eine gesteigerte Beobachtungsbedürftigkeit vorauszusetzen und müssten der Behörde Anhaltspunkte dafür gegeben werden, wann von einer solchen auszugehen ist. Daran fehlt es.
bb) Sofern in Art. 12 Abs. 1 BayVSG nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird, die Befugnis zu einer länger andauernden Überwachung zu nutzen, die zur Erstellung eines umfänglichen Bewegungsprofils führen kann, bedarf es wegen des potentiell hohen Eingriffsgewichts zudem einer unabhängigen Vorabkontrolle (vgl. BVerfGE 141, 220 [275 Rn. 117, 294 Rn. 174]; vgl. – ohne eindeutige Festlegung – zum Einsatz des Global Positioning Systems (GPS) auch BVerfGE 112, 304 [318 f.]). Diese fehlt hier. Die Vorabkontrolle kann allerdings auf die Anordnung umfänglicher Überwachungsmaßnahmen beschränkt werden. Für punktuelle Maßnahmen nach Art. 12 Abs. 1 BayVSG ist eine unabhängige Vorabkontrolle wegen des begrenzten Eingriffsgewichts verfassungsrechtlich nicht unerlässlich.
4. Art. 15 Abs. 3 BayVSG – Auskunft über Verkehrsdaten aus Vorratsdatenspeicherung
Art. 15 Abs. 3 BayVSG regelt den Abruf von Daten, die von den Diensteanbietern nach Regeln zur Vorratsdatenspeicherung gespeichert wurden. Die Abrufregelung des Art. 15 Abs. 3 BayVSG ist im Ergebnis schon nicht mit dem Gebot der Normenklarheit vereinbar und verstößt gegen Art. 10 Abs. 1 GG, weil das Landesamt für Verfassungsschutz zum Datenabruf ermächtigt wird, ohne dass die betroffenen Diensteanbieter nach Bundesrecht zur Übermittlung dieser Daten an das Landesamt verpflichtet oder auch nur berechtigt wären.
Art. 15 Abs. 3 BayVSG ermächtigt das Landesamt unter den Voraussetzungen des § 113c Abs. 1 Nr. 2 TKG a.F. (§ 177 Abs. 1 Nr. 2 TKG n.F.) zum Abruf von gemäß § 113a TKG a.F. (§ 175 TKG n.F.) bevorrateten Verkehrsdaten. Darin liegt ein Eingriff in das durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützte Fernmeldegeheimnis (vgl. BVerfGE 125, 260 [312 f.]).
Zu der Abrufbefugnis des Landesamts existierte und existiert jedoch keine Regelung, die dem Diensteanbieter eine Übermittlung an das Landesamt erlaubte oder gar hierzu verpflichtete. § 113c Abs. 1 Nr. 2 TKG a.F. erlaubte den Diensteanbietern die Übermittlung nur an Gefahrenabwehrbehörden, ohne dabei auch Verfassungsschutzbehörden zu erwähnen. Es kann auch nicht angenommen werden, Verfassungsschutzbehörden seien vom Begriff der Gefahrenabwehrbehörden in § 113c Abs. 1 Nr. 2 TKG a.F. miterfasst gewesen. Dagegen spricht neben dem Wortlaut schon, dass die Übermittlung nach § 113c Abs. 1 Nr. 2 TKG a.F. nur zulässig war, wenn die abrufende Behörde diese unter Berufung auf eine gesetzliche Bestimmung verlangt, die ihr eine Erhebung der auf Vorrat gespeicherten Daten zur Abwehr einer konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für den Bestand des Bundes oder eines Landes erlaubt. Einer Verfassungsschutzbehörde stehen jedoch keine Befugnisse zur Abwehr konkreter Gefahren zur Verfügung (oben Rn. 154). Gegen die Annahme, das Gesetz habe auch die Übermittlung der gespeicherten Daten an eine Verfassungsschutzbehörde erlaubt, spricht außerdem der im selben Regelungszusammenhang stehende § 113 TKG a.F. (jetzt § 174 TKG n.F.). Dieser unterschied sowohl in Absatz 3 als auch in Absatz 5 klar zwischen Gefahrenabwehrbehörden und Verfassungsschutzbehörden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber in § 113c Abs. 1 Nr. 2 TKG a.F. ein abweichendes Verständnis zugrunde gelegt haben könnte, wonach doch auch Landesverfassungsschutzbehörden als Gefahrenabwehrbehörden anzusehen sein sollten. Hinzu kommt schließlich, dass mit der Schaffung von § 113c TKG a.F. eine Änderung des Wortlauts der Vorgängervorschrift verbunden war. Dieser hatte die Abfrage von vorsorglich gespeicherten Verkehrsdaten zuvor ausdrücklich auch zur Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden zugelassen. Das war mit der Einführung von § 113c TKG a.F. entfallen. Eine Auslegung von § 113c Abs. 1 Nr. 2 TKG a.F. dahingehend, dass dennoch auch die Übermittlung an Landesverfassungsschutzbehörden gemeint sei, wäre unter diesen Umständen jedenfalls mit dem hier strengen Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit nicht zu vereinbaren. Im Ergebnis ist also davon auszugehen, dass § 113c Abs. 1 Nr. 2 TKG a.F. eine Übermittlung an Landesverfassungsschutzbehörden nicht zuließ. Dies gilt auch für die Neufassung in § 177 Abs. 1 Nr. 2 TKG n.F.
Dass die Abrufregelung des Art. 15 Abs. 3 BayVSG demnach das Landesamt zum Abruf von Daten ermächtigt, die die Diensteanbieter nach Bundesrecht nicht an das Landesamt übermitteln dürfen, macht die Norm verfassungswidrig. Dass die landesrechtliche Abrufregelung nicht zur bundesrechtlichen Übermittlungsregelung passt, lässt Art. 15 Abs. 3 BayVSG nicht etwa lediglich leerlaufen. Das Auseinanderfallen von Abrufvorschrift und Übermittlungsvorschrift verstößt gegen das Gebot der Normenklarheit und führt damit zur Verfassungswidrigkeit. Abrufregelungen genügen dem Gebot der Normenklarheit nur dann, wenn sie den Rahmen der durch die Übermittlungsregelung begrenzten Verwendungszwecke einhalten (vgl. BVerfGE 155, 119 [209 Rn. 200]). Das ist hier nicht der Fall.
5. Art. 18 Abs. 1 BayVSG – Verdeckte Mitarbeiter
Art. 18 BayVSG regelt den Einsatz von Verdeckten Mitarbeitern, also von eigenen Mitarbeitern des Landesamts unter einer ihnen verliehenen und auf Dauer angelegten Legende. Die Bestimmung verstößt jedenfalls gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), weil sie keine hinreichenden Eingriffsschwellen und keine Regelung zum zulässigen Adressatenkreis enthält und weil es an einer (wiederholten) Vorabkontrolle durch eine unabhängige Stelle fehlt.
a) aa) Maßnahmen nach Art. 18 Abs. 1 BayVSG können, wenn die Mitarbeiter des Landesamts hierbei personenbezogene Daten erlangen, jedenfalls in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen. Ein Eingriff liegt zwar nicht schon vor, sobald Mitarbeiter des Verfassungsschutzes verdeckt mit den Betroffenen kommunizieren, wohl aber, wenn sie dabei deren schutzwürdiges Vertrauen in die Identität und die Motivation ihres Kommunikationspartners ausnutzen und dabei persönliche Daten erlangen, die sie ansonsten nicht erhielten (vgl. BVerfGE 120, 274 [345] m.w.N. – zum Auftreten unter einer Legende im Internet; zum Einsatz Verdeckter Ermittler vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1997 – 1 C 2/95 –, juris, Rn. 22; Unkroth, in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 17. Edition, Stand: 1. September 2021, Art. 18 BayVSG Rn. 23; Di Fabio, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 95. EL Juli 2021, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 176; Rixen, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 2 Rn. 88b; Dietrich, in: ders./Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, VI § 2, Rn. 95 ff. [S. 1054 f.]; Warntjen, Heimliche Zwangsmaßnahmen und der Kernbereich privater Lebensgestaltung, 2007, S. 163 ff.; Duttge, JZ 1996, S. 556 [562 f.]; Lagodny, StV 1996, 167 [170 f.]; vgl. auch Hong, in: Dietrich/Gärditz/Graulich/Gusy/Warg, Reform der Nachrichtendienste zwischen Vergesetzlichung und Internationalisierung, 2019, S. 45 [48 f.]). Werden Verdeckte Mitarbeiter gegenüber beobachtungsbedürftigen Bestrebungen eingesetzt, wird es zur Ausnutzung solchen Vertrauens in aller Regel kommen. Die Mitglieder solcher Bestrebungen und diejenigen, die diesen nahestehen, würden mit Mitarbeitern des Verfassungsschutzes kaum in gleicher Weise Informationen teilen, wenn diese offen agierten. Regelmäßig werden sie dabei auch personenbezogene Informationen preisgeben. Sofern die Informationen nicht die handelnde Person selbst, sondern Dritte betreffen, ist das als Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dieser Dritten zu werten.
Inwiefern über das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hinaus allein wegen des Missbrauchs von erschlichenem Vertrauen oder aus anderen Gründen weitere Grundrechte betroffen sind und Grundrechtsschutz insofern auch besteht, wenn Informationen erlangt werden, die keine personenbezogenen Daten enthalten, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. zur Anwendbarkeit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als solchen etwa Duttge, JZ 1996, 556 [562 f.]; vgl. auch Lagodny, StV 1996, 167 [170 f.]; Dietrich, in: ders./Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, VI § 2, Rn. 95 [S. 1056]; zur Anwendbarkeit anderer Grundrechte, insbesondere des Art. 13 Abs. 1 GG vgl. ebd. Rn. 98 ff. [S. 1057 ff.] und 104 ff. [S. 1060 f.]; Roggan, DÖV 2019, 425 [429 f.]; Hong, in: Dietrich/Gärditz/Graulich/Gusy/Warg, Reform der Nachrichtendienste zwischen Vergesetzlichung und Internationalisierung, 2019, S. 45 [48 ff.]).
bb) Der Einsatz von Verdeckten Mitarbeitern kann sehr eingriffsintensiv sein (vgl. BVerfGE 141, 220 [289 f. Rn. 160]; Bergemann, NVwZ 2015, 1705 [1707]; ders., in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, Abschnitt H, Rn. 97; Roggan, DÖV 2019, 425 [426, 428 f.]; Hong, in: Dietrich/Gärditz/Graulich/Gusy/Warg, Reform der Nachrichtendienste zwischen Vergesetzlichung und Internationalisierung, 2019, S. 45 [55 ff.]; Dietrich, in: ders./Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, VI § 2, Rn. 94 [S. 1056]; a.A. Unterreitmeier GSZ 2019, 233 [234 f.]). Durch diese Maßnahmen kann eine vermeintliche Vertrauensbeziehung zunächst aufgebaut und dann ausgenutzt werden. Jedenfalls wird regelmäßig ein Vertrauen in die vermeintlichen Motive und die vermeintliche Identität der eingesetzten Person entstehen und ausgenutzt. Ziel des Einsatzes ist es ja gerade, bei den Betroffenen, die arglos auf dieses Vertrauensverhältnis oder wenigstens auf die vermeintliche Identität des Verdeckten Mitarbeiters bauen, Wissen abzuschöpfen, indem ihnen Informationen entlockt werden, die sie in Kenntnis der wahren Umstände nicht preisgäben. Nutzt der Staat persönliches Vertrauen aus, um Geheimhaltungsinteressen zu überwinden und so zur Preisgabe von Informationen zu verleiten, kann das sehr schwer wiegen.
Dabei kann das Eingriffsgewicht einer Maßnahme nach Art. 18 Abs. 1 BayVSG erheblich variieren. Es kommt dafür auf die konkrete Ausgestaltung der Maßnahme an. Das Gewicht hängt insbesondere von der Dauer des Einsatzes von Verdeckten Mitarbeitern ab. Auch kommt es darauf an, welche Intensität die Beziehungen erlangen. Von Bedeutung sind sowohl die quantitative als auch die qualitative Intensität der Kommunikation. Hierfür spielt eine Rolle, wie die Interaktion der eingesetzten Person mit anderen Mitgliedern der beobachteten Bestrebung konkret gestaltet ist. So macht es einen Unterschied, ob der Verdeckte Mitarbeiter lediglich einmal im Monat an einer Sitzung eines größeren Gremiums teilnimmt oder aber täglich mit einem kleinen Personenkreis in intensivem Austausch agiert. Von Bedeutung ist auch, inwiefern der Einsatz nur organisationsbezogen oder aber konkret personenbezogen ist. Die Begründung einer tieferen vermeintlichen Vertrauensbeziehung wiegt besonders schwer. Je intensivere vermeintliche Vertrauensbeziehungen entstehen und je mehr private Informationen die betroffenen Personen preisgeben, desto tiefer ist der Grundrechtseingriff. Der Eingriff wiegt auch dann besonders schwer, wenn er auch auf Personen zielt, die selbst nicht Teil der Bestrebung sind.
b) Art. 18 Abs. 1 BayVSG ist verfassungswidrig, weil die dort geregelten Eingriffsvoraussetzungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügen (aa) und die erforderliche Regelung zur Vorabkontrolle durch eine unabhängige Stelle fehlt (bb).
aa) (1) Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne darf eine Maßnahme nach Art. 18 Abs. 1 BayVSG nur zugelassen werden, wenn dies zur Aufklärung einer bestimmten nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten ist. Dabei muss der Gesetzgeber berücksichtigen, dass der Eingriff nach Art. 18 Abs. 1 BayVSG sehr schwer wiegen kann. Je länger der Einsatz Verdeckter Mitarbeiter dauert, je tiefergehende Vertrauensbeziehungen entstehen und je mehr private Informationen erlangt werden, umso dringender muss der Beobachtungsbedarf sein und umso größeren Aufklärungsgewinn muss die Maßnahme versprechen. Der Gesetzgeber darf die Wahrung der Verhältnismäßigkeitsanforderungen nicht vollständig der Behörde überlassen, sondern muss für das Eingriffsgewicht einerseits und die Dringlichkeit der Maßnahme andererseits maßgebliche Gesichtspunkte selbst regeln. Insbesondere muss schon im Gesetz selbst Berücksichtigung finden, dass der Grundrechtseingriff bei längerer Dauer immer schwerer wiegt und seine verfassungsrechtliche Rechtfertigung daher einen umso höheren Beobachtungsbedarf und Aufklärungsgewinn voraussetzt (allgemein oben Rn. 192 ff.). Der Gesetzgeber kann hierfür differenzierte Eingriffsschwellen in Abhängigkeit vom Eingriffsgewicht vorsehen.
Art. 18 Abs. 1 BayVSG genügt dem nicht. Die Norm enthält keine eigenen Eingriffsschwellen. Die Eingriffsvoraussetzungen für eine Maßnahme nach Art. 18 Abs. 1 BayVSG ergeben sich vielmehr aus der allgemeinen Regelung in Art. 5 Abs. 1 BayVSG. Dessen Satz 2 verlangt tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von Art. 3 BayVSG. Zudem muss die Maßnahme gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BayVSG zur Erfüllung der Aufgaben des Landesamts nach Art. 3 BayVSG oder zur Erforschung und Bewertung von Bestrebungen und Tätigkeiten sowie der hierfür erforderlichen Nachrichtenzugänge oder zum Schutz der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge des Landesamts gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich sein. Darüber hinaus gehende Anforderungen, etwa zur zulässigen Dauer des Einsatzes oder zu einer im Verhältnis zur Dauer steigenden Gefährlichkeit der zu beobachtenden Bestrebung (vgl. hierfür etwa § 9a Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG), enthält das Gesetz nicht. Das ist mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vereinbar.
(2) Zudem fehlt es an einer Begrenzung des zulässigen Adressatenkreises für Fälle, in denen der Einsatz Verdeckter Mitarbeitern gezielt gegen bestimmte Personen gerichtet ist. Weder Art. 18 BayVSG noch Art. 5 BayVSG enthalten eine Bestimmung über die zulässigen Adressaten nachrichtendienstlicher Maßnahmen.
Verfassungsrechtlich unbedenklich ist allerdings, dass das Landesamt von der Befugnis des Art. 18 BayVSG nach Art. 8 Abs. 1 Satz 3 BayVSG auch Gebrauch machen darf, wenn Dritte hierdurch unvermeidbar betroffen werden. Dass auch Personen, die nicht das Ziel der Überwachungsmaßnahme sind, mit der verdeckt agierenden Person in Kontakt kommen, ist unvermeidbar, weil Verdeckte Mitarbeiter durchgehend in ihrer Legende auftreten müssen. Ihr Auftreten unter einer Legende erstreckt sich damit zwangsläufig auch auf Situationen, in denen sie mit Personen in Kontakt kommen, die entsprechende Bestrebungen nicht selbst verfolgen oder nicht einmal unwissentlich unterstützen. Eine Begrenzung auf unmittelbar verfassungsschutzrelevante Anlässe und Kontakte ist praktisch kaum möglich, weil so regelmäßig die Legende offenbar würde.
Hingegen sind einer gezielten Einbeziehung Unbeteiligter in solche Überwachungsmaßnahmen des Verfassungsschutzes durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit enge Grenzen gesetzt. An die Nähebeziehung der unbeteiligten Person zu der aufzuklärenden Aktion oder Gruppierung sind umso strengere Anforderungen zu stellen, je stärker Unbeteiligte gezielt in die Überwachung durch einen Verdeckten Mitarbeiter einbezogen sind (allgemein oben Rn. 212). Der Gesetzgeber muss hierfür begrenzende Regelungen treffen, wie dies etwa in Art. 19a Abs. 2 Nr. 2 BayVSG für die Observation vorgesehen ist. Eine vergleichbare Regelung fehlt für den Einsatz von Verdeckten Mitarbeitern.
bb) Verfassungswidrig ist Art. 18 BayVSG auch insofern, als er keine unabhängige Vorabkontrolle regelt. Wegen des Eingriffsgewichts ist diese verfassungsrechtlich unverzichtbar (vgl. Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 9a BVerfSchG, Rn. 3; a.A. Unterreitmeier GSZ 2019, 233 [237]). Zwar kommt es bei einem Einsatz Verdeckter Mitarbeiter für die Frage des Eingriffsgewichts auf die konkrete Ausgestaltung an (oben Rn.340 f.). Der Einsatz staatlicher Mitarbeiter, die unter einer Legende Informationen sammeln, ohne dass die Betroffenen hiervon jemals Kenntnis erhielten und rechtsstaatliche Kontrollmöglichkeiten hätten, begründet aber eine so hohe Gefahr für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, dass dies – jedenfalls bei einem nicht nur kurzzeitigen Einsatz, der den Aufbau einer Vertrauensbeziehung noch nicht erwarten lässt – vorab unabhängiger Kontrolle durch eine externe Stelle bedarf (vgl. BVerfGE 141, 220 [294 Rn. 174]). Bei länger andauernden Einsätzen muss diese Kontrolle zudem wiederholt werden, zumal sich die verfassungsrechtlichen Bedingungen für eine Fortsetzung im Laufe der Zeit verändern können, insbesondere die Anforderungen an den erwartbaren Erkenntnisgewinn steigen können (oben Rn. 198, 206). Die unabhängige Kontrolle ist darauf zu richten, ob die für den jeweiligen Überwachungszeitraum geltenden, vom Gesetzgeber näher zu bestimmenden (oben Rn. 199 ff.) Eingriffsvoraussetzungen vorliegen. Wiederholungen der Kontrolle erübrigen sich, wenn der Gesetzgeber den Einsatz von vornherein gesetzlich kurz genug befristet. Auch eine Befristung enthält Art. 18 BayVSG jedoch nicht.
6. Art. 19 Abs. 1 BayVSG – Vertrauensleute
Art. 19 BayVSG regelt den Einsatz von Vertrauensleuten, also von Personen, deren planmäßige dauerhafte Zusammenarbeit mit dem Landesamt Dritten nicht bekannt ist. Er verweist auf die Voraussetzungen des Art. 18 BayVSG. Auch Art. 19 Abs. 1 BayVSG verstößt jedenfalls gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), weil hinreichende Eingriffsschwellen und eine Regelung zum zulässigen Adressatenkreis sowie zur Vorabkontrolle durch eine unabhängige Stelle fehlen.
a) Auch hier liegt der Grundrechtseingriff darin, dass die Vertrauensperson die vermeintliche Vertrauensbeziehung ausnutzt, um von einer anderen Person Informationen zu erlangen, die sie ansonsten nicht erhalten würde (oben Rn. 338). Dass die Vertrauensperson selbst nicht Mitarbeiterin des Landesamts und damit nicht unmittelbar Teil der Staatsgewalt ist, ergibt insoweit keinen Unterschied. Der Vorgang ist dem Staat zuzurechnen, denn Vertrauenspersonen werden nach Art. 19 Abs. 2 Satz 1 BayVSG auf Entscheidung der Behördenleitung hin verpflichtet, arbeiten mit dem Landesamt zusammen und leiten gewonnene Informationen an das Landesamt weiter (vgl. Dietrich, in: ders./Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, VI § 2, Rn. 96 [S. 1056 f.]; Hong, in: Dietrich/Gärditz/Graulich/Gusy/Warg, Reform der Nachrichtendienste zwischen Vergesetzlichung und Internationalisierung, 2019, S. 45 [50]; Kingreen/Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 11. Aufl. 2020, S. 238 f. Rn. 113; s. aber auch Unterreitmeier, GSZ 2019, 233 [236 f.]).
Das Gewicht des Grundrechtseingriffs hängt auch hier von den Umständen des konkreten Einsatzes ab. Zu Beginn mag der Grundrechtseingriff noch weniger schwer wiegen, weil die ursprüngliche Vertrauensbeziehung in einer Anwerbungsphase noch nicht vollständig durch staatliche Inpflichtnahme unterhöhlt ist und die Vertrauensperson Informationen möglicherweise noch nicht umfänglich weitergibt. Auf Dauer sind Einsätze von Vertrauenspersonen nach Art. 19 BayVSG in der Tendenz aber nicht weniger eingriffsintensiv als Einsätze Verdeckter Mitarbeiter nach Art. 18 BayVSG. Hier kann eine ursprünglich tatsächlich bestehende Vertrauensbeziehung durch staatliche Intervention einseitig heimlich gebrochen und in ein von Überwachung geprägtes Verhältnis verwandelt werden.
b) Beim Einsatz von Vertrauensleuten nach Art. 19 BayVSG gelten daher im Grundsatz die gleichen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Regelung der Eingriffsschwellen und des Adressatenkreises wie beim Einsatz Verdeckter Mitarbeiter nach Art. 18 BayVSG. Diese sind nicht erfüllt.
aa) Auch hier fehlt es an einer hinreichenden Eingriffsschwelle und an einer Begrenzung des zulässigen Adressatenkreises für Fälle, in denen der Einsatz von Vertrauensleuten gezielt gegen bestimmte Personen gerichtet ist (vgl. oben Rn. 343 f., 345 ff.). Allerdings darf bei der Regelung der Eingriffsschwellen für den Einsatz von Vertrauensleuten in Rechnung gestellt werden, dass ein längerer Vorlauf erforderlich sein kann als bei dem Einsatz von Verdeckten Mitarbeitern. Anders als einen eigenen Mitarbeiter oder eine eigene Mitarbeiterin kennt das Landesamt potenzielle Vertrauensleute nicht. Das macht es anfangs schwerer, den erwartbaren Erkenntnisgewinn zu bestimmen. Verfassungsrechtlich ist daher im Grunde nicht zu beanstanden, wenn der dauerhaften Verpflichtung einer Vertrauensperson eine Anwerbungs- und Erprobungsphase vorausgeht. Allerdings darf auch dies nicht ins Blaue hinein geschehen, sondern es muss von Anfang an ein hinreichender verfassungsschutzspezifischer Aufklärungsbedarf bestehen (allgemein oben Rn. 187 ff.). Außerdem darf eine solche Phase nur von begrenzter Dauer sein. Der Gesetzgeber muss sicherstellen, dass über die Verpflichtung einer Vertrauensperson in angemessener Zeit entschieden wird.
bb) Wegen des Eingriffsgewichts ist auch beim Einsatz von Vertrauensleuten nach Art. 19 Abs. 1 BayVSG eine (wiederholte) unabhängige Vorabkontrolle verfassungsrechtlich unverzichtbar (vgl. BVerfGE 141, 220 [294 Rn. 174]; zu Verdeckten Mitarbeitern oben Rn. 348). Sofern der Gesetzgeber sicherstellt, dass eine praktisch erforderliche Anwerbungs- und Erprobungsphase zeitlich angemessen begrenzt ist (oben Rn. 353), genügt es verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn erst die Entscheidung über die Verpflichtung einer Vertrauensperson der Vorabkontrolle unterliegt. Auch hier ist die Kontrolle zu wiederholen, sofern die Verpflichtung nicht von vornherein hinreichend kurz befristet ist. Art. 19 BayVSG sieht weder das eine noch das andere vor. Zwar ist der Einsatz von Vertrauensleuten gemäß Art. 19 Abs. 2 Satz 4 BayVSG nach höchstens sechs Monaten zu beenden, wenn er zur Erforschung näher bestimmter Bestrebungen nicht zureichend gewichtig beigetragen hat. Dies betrifft jedoch lediglich den Sonderfall der Verpflichtung von Personen, die als Täter eines Totschlags oder einer allein mit lebenslanger Haft bedrohten Straftat verurteilt wurden.
Dabei ist es angesichts der besonderen Gefahren, die Vertrauensleute im Fall ihrer Enttarnung insbesondere für Leib und Leben drohen könnten, verfassungsrechtlich nicht nur zulässig, sondern vor allem durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geboten, die unabhängige Vorabkontrolle in einer Weise auszugestalten, dass die Grundrechte der Vertrauensleute geschützt werden (vgl. näher BVerfGE 146, 1 [45 ff. Rn. 100 ff.];156, 270 [305 Rn. 108]).
7. Art. 19a Abs. 1 BayVSG – Observation außerhalb der Wohnung
Art. 19a Abs. 1 BayVSG erlaubt dem Landesamt, außerhalb des Schutzbereichs von Art. 13 GG eine Person durchgehend länger als 48 Stunden oder an mehr als drei Tagen innerhalb einer Woche verdeckt auch mit technischen Mitteln planmäßig zu beobachten. Die Bestimmung verstößt gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), weil sie keine hinreichenden Eingriffsschwellen enthält und weil es an einer (wiederholten) Vorabkontrolle durch eine unabhängige Stelle fehlt.
a) Die durch Art. 19a BayVSG erlaubten langfristigen Observationen greifen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Das Eingriffsgewicht von Observationen kann sehr unterschiedlich sein. Es reicht von eher geringeren bis mittleren Eingriffen, wie dem Erstellen einzelner Fotos oder der zeitlich begrenzten schlichten Beobachtung, bis zu schweren Eingriffen wie dem langfristig-dauerhaften heimlichen Aufzeichnen von Wort und Bild einer Person. Insbesondere wenn diese Maßnahmen gebündelt durchgeführt werden und dabei unter Nutzung technischer Mittel darauf zielen, möglichst alle Äußerungen und Bewegungen zu erfassen und bildlich wie akustisch festzuhalten, können sie tief in die Privatsphäre eindringen und ein besonders schweres Eingriffsgewicht erlangen (vgl. BVerfGE 141, 220 [287 Rn. 151]). Zwar handelt es sich hier definitionsgemäß um eine Überwachung außerhalb von Wohnungen. Doch können auch insoweit – sei es im Auto, sei es abseits in einem Restaurant, sei es zurückgezogen bei einem Spaziergang – mit einiger Wahrscheinlichkeit höchstvertrauliche Situationen erfasst werden (vgl. BVerfGE 141, 220 [295 Rn. 176]).
b) Art. 19a BayVSG ist mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die damit zugelassenen längerfristigen Observationen nicht vollständig vereinbar.
aa) Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne darf eine Maßnahme nach Art. 19a BayVSG nur zugelassen werden, wenn dies zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten ist. Dabei kommt es auf die konkrete Relevanz der hierdurch zu gewinnenden Erkenntnisse für die weitere Aufklärung verfassungsfeindlicher Bestrebungen an. Da die Maßnahme regelmäßig gezielt gegen bestimmte Personen gerichtet ist, muss die Überwachung gerade dieser Personen zur Aufklärung beitragen. Zudem muss die Eingriffsermächtigung dem möglicherweise hohen Eingriffsgewicht durch nähere Anforderungen an die Beobachtungsbedürftigkeit der überwachten Bestrebung Rechnung tragen und die Befugnis jedenfalls für besonders schwere Eingriffe an einen besonders gesteigerten Beobachtungsbedarf knüpfen (allgemein zu den Anforderungen oben Rn. 192 ff.). Das gilt jedenfalls für den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen. Sofern die Befugnis zu Eingriffen geringeren bis mittleren Gewichts genutzt wird, muss eine besonders gesteigerte Beobachtungsbedürftigkeit nicht vorliegen. Der Gesetzgeber kann also für Observationen nach Art. 19a BayVSG je nach konkretem Eingriffsgewicht unterschiedlich strenge Eingriffsvoraussetzungen regeln. Tut er dies nicht, muss die Regelung jedoch auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung des schwerstmöglichen Eingriffs genügen.
Dem wird Art. 19a BayVSG nicht vollständig gerecht. Zwar enthält Art. 19a Abs. 2 BayVSG eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Begrenzung des zulässigen Adressatenkreises. Außerdem sind Observationen nach Art. 19a Abs. 1 letzter Halbsatz BayVSG nur zulässig, wenn dies zur Aufklärung von Bestrebungen oder Tätigkeiten mit erheblicher Bedeutung erforderlich ist. Eine gesteigerte Beobachtungsbedürftigkeit ist also vorausgesetzt. Dass für die besonders eingriffsintensiven Observationen ein besonders gesteigerter Beobachtungsbedarf bestehen muss und wonach sich dieser richtet, ist hier mit dem Erfordernis "erheblicher Bedeutung" jedoch nicht hinreichend bestimmt vorgegeben. Insbesondere hat der Gesetzgeber wohl selbst nicht nur die Fälle eines besonders gesteigerten Beobachtungsbedarfs erfassen wollen. Vielmehr sollen ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs auch sogenannte legalistische Bestrebungen grundsätzlich erfasst werden und liegen unterhalb der Erheblichkeitsschwelle nur Beobachtungsobjekte mit geringer Bedeutung, "d.h. unterster Priorisierung, für deren Aufklärung die Ressourcen besonderer nachrichtendienstlicher Mittel fehlgesteuert wären" (BayLTDrucks 17/20763, S. 15).
bb) Art. 19a Abs. 1 BayVSG ist auch insofern verfassungswidrig, als er keine unabhängige Vorabkontrolle vorsieht. Jedenfalls bei längerfristigen Observationen, die tief in die Grundrechte der Betroffenen eingreifen, ist diese Kontrolle erforderlich (vgl. BVerfGE 141, 220 [294 Rn. 174]; a.A. für die nachrichtendienstliche Überwachung Unkroth, in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 17. Edition, Stand: 1. September 2021, Art. 19a BayVSG Rn. 17). Sofern die Maßnahme länger andauert, ist sie zudem zu befristen oder aber eine wiederholte Kontrolle vorzusehen. Dabei lässt das Grundgesetz dem Gesetzgeber aber Raum, für Ausnahmefälle bei Gefahr im Verzug besondere Regelungen zu treffen (vgl. auch BVerfGE 141, 220 [302 Rn. 204]).
8. Art. 25 BayVSG – Informationsübermittlung durch das Landesamt
Soweit Art. 25 BayVSG mit der Verfassungsbeschwerde zulässig angegriffen wurde, genügen die darin geregelten Übermittlungsbefugnisse nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen (dazu allgemein oben Rn. 225 ff.). Art. 25 BayVSG enthält zahlreiche Übermittlungstatbestände. Die Beschwerdeführer beanstanden die Übermittlungstatbestände nur hinsichtlich der Übermittlung von mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhobenen personenbezogenen Daten und Informationen. Bei der verfassungsrechtlichen Würdigung ist zudem in Rechnung zu stellen, dass für die Übermittlung von Daten und Informationen, die aus Maßnahmen nach Art. 9 Abs. 1 oder Art. 10 Abs. 1 BayVSG oder nach Art. 15 Abs. 2 und Abs. 3 sowie Art. 16 Abs. 1 BayVSG gewonnen wurden, in Art. 8b Abs. 2 und Abs. 3 BayVSG strengere Anforderungen geregelt sind (unten Rn. 381 ff., 389 ff.). Deren Übermittlung an eine andere Stelle begründet einen eigenen Grundrechtseingriff. Dieser ist an dem Grundrecht zu messen, in das bei der ursprünglichen Datenerhebung eingegriffen wurde (BVerfGE 154, 152 [266 Rn. 212] m.w.N.). Durch Übermittlungen nach Art. 25 BayVSG betroffen ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der informationellen Selbstbestimmung.
a) Art. 25 Abs. 1 Nr.12. Alternative BayVSG, der eine Übermittlung an inländische Stellen "sonst für Zwecke der öffentlichen Sicherheit" ermöglicht, enthält keine hinreichenden Übermittlungsvoraussetzungen.
aa) Absatz 1 Nr. 1 2. Alternative genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an das durch die Übermittlung zu schützende Rechtsgut. Mit dem Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Sicherheit ist die Unversehrtheit der gesamten Rechtsordnung umfasst. Jeglicher Normverstoß könnte so Anlass für die Übermittlung sein. Die Übermittlung der durch das Landesamt mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhobenen personenbezogenen Daten und Informationen ist jedoch nur zum Schutz eines Rechtsguts von herausragendem öffentlichem Interesse zulässig (oben Rn. 238 ff.). Diese Voraussetzung fehlt in Absatz 1 Nr. 1.
Zwar mag der Gesetzgeber hier eine engere Vorstellung von den mit der "öffentlichen Sicherheit" erfassten Rechtsgütern gehabt haben. So heißt es in der Begründung zum Entwurf einer Vorfassung der Regelung (BayLTDrucks 17/10014, S. 50):
Die in der alten Fassung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes noch enthaltene Zuordnung insbesondere zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist jedoch in der angegriffenen Fassung entfallen. Jedenfalls in der jetzigen Fassung ist eine solche auf hinreichend gewichtige Zwecke der öffentlichen Sicherheit begrenzte Auslegung nicht gesichert.
Im Ergebnis hilft auch nicht weiter, dass Art. 27 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BayVSG einen allgemeinen Verhältnismäßigkeitsvorbehalt enthält. Danach muss die Übermittlung von Informationen unterbleiben, wenn erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen das Interesse der Allgemeinheit oder des Empfängers an der Übermittlung überwiegen. Dieser Pauschalvorbehalt strukturiert den Abwägungsprozess jedoch nicht in einer Weise, dass eine Beschränkung der Übermittlung auf Fälle gesichert wäre, in denen die notwendigen Voraussetzungen vorliegen, die Übermittlung also insbesondere dem Schutz eines Rechtsguts von herausragendem öffentlichem Interesse dient. Jedenfalls genügt dies nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit und Normenklarheit.
bb) Darüber hinaus fehlt es an der verfassungsrechtlich gebotenen Übermittlungsschwelle. Absatz 1 Nr. 1 2. Alternative setzt lediglich voraus, dass tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Empfänger die Information für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt. Das Kriterium des "Benötigens" ist sehr weit. "Benötigt" würden Informationen unter Umständen schon weit im Vorfeld von Gefahren für die öffentliche Sicherheit, etwa um einer Behörde allgemein eine bessere Einschätzung der Lage zu ermöglichen oder sie zur besseren Planung zu befähigen. Dies genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Zwar kommt eine Übermittlung im Vorfeld konkreter Gefahren in Betracht, sofern die empfangende Stelle nicht über operative Befugnisse verfügt. Das ist hier jedoch nicht sichergestellt. Außerdem rechtfertigte selbst dies nicht die pauschale Absenkung der Anforderungen an die Übermittlung nachrichtendienstlich erhobener Daten (oben Rn. 259).
b) Art. 25 Abs. 1 Nr. 3 BayVSG ist ebenfalls verfassungswidrig. Er erlaubt dem Landesamt die Übermittlung von Informationen einschließlich personenbezogener Daten, auch wenn sie mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben wurden, an jegliche inländische öffentliche Stelle, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass der Empfänger die Informationen zur Erfüllung ihm zugewiesener Aufgaben benötigt, sofern er dabei auch zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beizutragen oder Gesichtspunkte der öffentlichen Sicherheit oder auswärtige Belange zu würdigen hat.
aa) Zwar bezeichnet die Regelung mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ein ausreichend gewichtiges Rechtsgut. Allerdings lässt sie es genügen, dass der Empfänger die Informationen zur Erfüllung ihm zugewiesener Aufgaben benötigt, sofern er dabei "auch" zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beizutragen hat. Damit ist die Übermittlung praktisch vollständig freigegeben, weil so gut wie jede Behörde berufen ist, diese Belange zu wahren und die Übertragung nicht spezifisch auf den Schutz dieses Rechtsguts ausgerichtet ist. Hinzu kommt, dass Absatz 1 Nr. 3 alternativ "Gesichtspunkte der öffentlichen Sicherheit" oder allgemein "auswärtige Belange" genügen lässt. Damit sind die zu schützenden Rechtsgüter nicht hinreichend konkret bezeichnet.
bb) Absatz 1 Nr. 3 sieht auch keine hinreichenden Übermittlungsschwellen vor. Wiederum soll ausreichen, dass tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Empfänger die Informationen zur Erfüllung ihm zugewiesener Aufgaben benötigt. Das genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht (oben Rn. 368).
c) Art. 25 Abs. 1a BayVSG regelt Übermittlungen von Informationen durch das Landesamt an öffentliche und nicht öffentliche Stellen im europäischen Ausland. Zulässig angegriffen ist nur die Regelung zur Übermittlung an öffentliche Stellen. Diese genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Weil Absatz 1a uneingeschränkt auf Absatz 1 verweist, teilt er dessen verfassungsrechtliche Defizite. Die Mängel werden dadurch vertieft, dass Art. 25 Abs. 1a BayVSG zu einer Übermittlung von mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhobenen Daten auch an operativ handelnde Sicherheitsbehörden im europäischen Ausland unter den niedrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 ermächtigt; für die Übermittlung an solche Behörden im Inland gelten hingegen nach Art. 25 Abs. 2 BayVSG strengere Anforderungen. Soweit – wie die Bayerische Staatsregierung darlegt – das informationelle Trennungsprinzip in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unbekannt ist, setzt eine Übermittlung zu Gefahrenabwehrzwecken oder zu Strafverfolgungszwecken jedenfalls voraus, dass wenigstens eine konkretisierte Gefahr für ein besonders wichtiges Rechtsgut beziehungsweise ein hinreichender Verdacht einer besonders schweren Straftat vorliegen (oben Rn. 235 ff., 249 ff.).
d) Art. 25 Abs. 2 Satz 1 BayVSG ermächtigt zur Übermittlung an Behörden mit eigenen Exekutivbefugnissen. Satz 1 Nr. 2 regelt die Übermittlung zur Verhinderung oder sonstigen Verhütung oder zur Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung. Dies bleibt in allen drei Alternativen hinter den verfassungsrechtlichen Anforderungen (oben Rn. 235 ff., 249 ff.) zurück. Das gilt auch für Satz 1 Nr. 3.
aa) Mit der Ermächtigung in Satz 1Nr. 21. und 2. Alternative zur Datenübermittlung zur Verhinderung oder sonstigen Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung ist kein hinreichend gewichtiges Rechtsgut gesetzt. Das durch die Übermittlung zur Gefahrenabwehr zu schützende Rechtsgut muss vielmehr von herausragendem öffentlichem Interesse sein, was einer Begrenzung auf besonders schwere Straftaten entspricht (oben Rn. 236 ff., 251).
Zudem ist insoweit keine hinreichende Übermittlungsschwelle vorgesehen. Eine Übermittlung von durch den Verfassungsschutz ersterhobenen Daten an Gefahrenabwehrbehörden setzt als Übermittlungsschwelle eine konkrete oder konkretisierte Gefahr voraus (oben Rn. 245 ff.). Das Gesetz erlaubt hier jedoch eine Übermittlung allgemein zur Verhinderung erheblicher Straftaten. Damit fehlt es an jeder eingrenzenden Konkretisierung des Übermittlungsanlasses und können Informationen schon mit Blick auf einen nur potentiellen Informationsgehalt als Spurenansatz übermittelt werden (vgl. BVerfGE 141, 220 [336 f. Rn. 313]). Dies genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.
Bei einer Neuregelung der Übermittlungsschwelle hat der Gesetzgeber darauf zu achten, dass der Übermittlungsanlass nicht zu weit ins Vorfeld einer in ihren Konturen noch nicht absehbaren Gefahr für die Schutzgüter verlegt ist. Eine Anknüpfung der Übertragungsschwelle an das Vorfeldstadium ist verfassungsrechtlich angesichts der Schwere des Eingriffs nicht hinnehmbar, wenn nur diffuse Anhaltspunkte für mögliche Gefahren bestehen (vgl. BVerfGE 141, 220 [273 Rn. 113]; vgl. auch BVerfGE 100, 313 [395]).
bb) Auch mit der Ermächtigung zur Datenübermittlung zur Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung hat der Gesetzgeber in Satz 1 Nr. 23. Alternative keine hinreichenden Anforderungen an das Rechtsgut der Übermittlung gestellt. Eine Übermittlung der durch den Verfassungsschutz ersterhobenen Daten an Strafverfolgungsbehörden kommt nur zur Verfolgung besonders schwerer Straftaten, nicht aber schon von Straftaten von bloß erheblicher Bedeutung in Betracht (oben Rn. 251).
cc) Art. 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVSG regelt ebenfalls keine ausreichenden Übermittlungsvoraussetzungen. Die Bestimmung verweist insoweit vollständig auf die Befugnisse des Empfängers, die zu einer entsprechenden Ersterhebung ermächtigen müssten. Ermächtigt eine Norm zur Übermittlung von Daten zu weiteren Verwendungszwecken, müssen die weiteren Verwendungszwecke jedoch bereits in der Übermittlungsnorm selbst in verfassungskonformer Weise geregelt sein (vgl. BVerfGE 130, 1 [34]).
e) Auch Absatz 3 Satz 1 Nr. 2, der zur Übermittlung an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen ermächtigt, genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Mit der Übermittlungsvoraussetzung tatsächlicher Anhaltspunkte dafür, dass die Übermittlung zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Informationsempfängers erforderlich ist, ist der Übermittlungsanlass verfassungsrechtlich nicht hinreichend konkretisiert.
Für die Übermittlung nachrichtendienstlicher Daten ins Ausland gelten die gleichen verfassungsrechtlichen Anforderungen wie für die inländische Übermittlung nachrichtendienstlich ersterhobener Daten (oben Rn. 261). Die Übermittlung darf daher nur zum Schutz eines Guts von herausragendem öffentlichem Interesse erfolgen und muss als Übermittlungsschwelle einen hinreichend konkreten Übermittlungsanlass vorsehen (oben Rn. 261 ff.). Hier fehlt jedenfalls die verfassungsrechtlich gebotene Übermittlungsschwelle. Die Norm lässt tatsächliche Anhaltspunkte dafür genügen, dass die Übermittlung zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Ein konkreter Ermittlungsanlass im polizeilichen oder im nachrichtendienstlichen Sinn ist damit nicht bezeichnet. Die Bindung an die "Erforderlichkeit" der Übermittlung reicht nicht aus (vgl. BVerfGE 154, 152 [306 Rn. 314]).
9. Art. 8b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2BayVSG – Daten aus Wohnraumüberwachung und Online-Durchsuchung
Art. 8b Abs. 2 BayVSG regelt die Weiterverarbeitung von Daten aus Wohnraumüberwachungen (Art. 9 Abs. 1 BayVSG) und Online-Durchsuchungen (Art. 10 Abs. 1 BayVSG). Die in der zweckändernden Verarbeitung oder Übermittlung liegenden Grundrechtseingriffe sind wie die ursprüngliche Datenerhebung an Art. 13 GG und am allgemeinen Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der Vertraulichkeit und der Integrität informationstechnischer Systeme zu messen.
Die in Art. 8b Abs. 2 BayVSG enthaltene Verweisung auf § 100b Abs. 2 StPO ist im Ergebnis verfassungswidrig. Es ist davon auszugehen, dass hier auf die jeweils aktuelle Fassung von § 100b Abs. 2 StPO verwiesen wird, so dass es sich um eine sogenannte dynamische Verweisung handelt. Auch die Gesetzgebungsmaterialien lassen auf den Willen des Gesetzgebers schließen, eine dynamische Verweisung vorzunehmen (vgl. BayLTDrucks 17/11609, S. 18). Die dynamische Verweisung ist hier mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen (a) nicht zu vereinbaren (b).
a) Regelt der Gesetzgeber einen Sachverhalt im Wege dynamischer Verweisung, unterliegt das besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen.
Ein Gesetz muss nicht in jedem Fall alle Einzelheiten eines gesetzlichen Tatbestands selbst festlegen, sondern kann dabei auch auf andere Regelungen verweisen. Auch Verweisungen auf Regelungen eines anderen Normgebers sind nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 26, 338 [366 f.]; 29, 198 [210]; 47, 285 [312]; 141, 143 [176 f. Rn. 75]). Die Verweisung ist verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn der verweisende Gesetzgeber sich den Inhalt von Rechtsvorschriften des anderen Normgebers durch sogenannte statische Verweisung in der Fassung zu eigen macht, wie sie bei Erlass seines Gesetzesbeschlusses galt (vgl. BVerfGE 47, 285 [312]; 141, 143 [176 f. Rn. 75]; 153, 310 [342 Rn. 79] m.w.N. – Knorpelfleisch; vgl. auch Dreier, in: ders., GG, 3. Aufl. 2015, Art. 20 (Demokratie) Rn. 118).
Anders liegt es bei dynamischen Verweisungen. Diese sind zwar nicht schlechthin ausgeschlossen. Es gelten jedoch strengere Anforderungen. Eine dynamische Verweisung auf die durch einen anderen Normgeber erlassenen Regelungen ist nur in dem Rahmen zulässig, den insbesondere die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie setzen (vgl. BVerfGE 141, 143 [176 f. Rn. 75]; 143, 38 [62 Rn. 59]; 153, 310 [343 Rn. 79]; stRspr). Vor allem grundrechtliche Gesetzesvorbehalte können die Zulässigkeit dynamischer Verweisungen begrenzen (vgl. BVerfGE 47, 285 [312 ff.]; 78, 32 [36]; 143, 38 [56 Rn. 43, 62 Rn. 59]; 153, 310 [343 f. Rn. 79]; siehe zum Ganzen auch Clemens, AöR 111, 63 [100 ff.]; Schenke, NJW 1980, 743 [744 f., 747 ff.]). Regelungen, die zu einem Grundrechtseingriff ermächtigen, verlangen eine Abwägung des betroffenen Grundrechts mit entgegenstehenden Grundrechten, anderen Verfassungsbelangen oder sonstigen schützenswerten Interessen. Die grundlegende Grundrechtsabwägung muss der zum Grundrechtseingriff ermächtigende Gesetzgeber treffen, um so die Verantwortung für die Abwägungsentscheidung zu übernehmen. Dies ist aber nicht ohne Weiteres realisierbar, wenn der Landesgesetzgeber dynamisch auf Bundesrecht verweist. Dann besteht die Gefahr, dass letztlich gar kein Gesetzgeber die erforderliche Abwägungsentscheidung in voller Verantwortung trifft: Der Bundesgesetzgeber hat keinen Anlass und ist grundsätzlich nicht verpflichtet, bei seinen Normierungen Rückwirkungen auf das Landesrecht und die im Landesrecht erforderlichen Abwägungserfordernisse in Bedacht zu nehmen. Der Landesgesetzgeber kann nicht abwägen, was er wegen der Dynamik des in Bezug genommenen Rechts nicht abschließend zu überblicken vermag. Dynamische Verweisungen von einem Landesgesetz auf ein Bundesgesetz können aber dann noch zulässig sein, wenn die in Bezug genommenen Regelungen ein eng umrissenes Feld betreffen und deren Inhalt im Wesentlichen bereits feststeht (vgl. BVerfGE 23, 265 [269 f.]; 26, 338 [366 f.]; 153, 310 [343 Rn. 79]).
b) Art. 8b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVSG genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine dynamische Verweisung nicht. Die Norm ermächtigt zur Weiterverarbeitung einschließlich der Übermittlung von Daten aus Wohnraumüberwachung und Online-Durchsuchung. Dabei handelt es sich um eigenständige, besonders intensive Grundrechtseingriffe. Dafür ist eine gesetzliche Grundlage erforderlich, die die Weiterverarbeitungs- und Übermittlungsvoraussetzungen regelt. Das ist hier nicht in der erforderlichen Weise geschehen. Vielmehr übernimmt der Bayerische Gesetzgeber mit der dynamischen Verweisung auf § 100b Abs. 2 StPO für die Frage, die Gefahr oder Begehung welcher Straftaten die Weiterverarbeitung und Übermittlung rechtfertigen sollen, veränderliche Wertungen des Bundesgesetzgebers, die der Landesgesetzgeber heute aber noch nicht kennen und daher nicht in die von ihm zu verantwortende Grundrechtsabwägung einstellen kann. Mit § 100b Abs. 2 StPO ist auch kein eng umrissenes Feld in Bezug genommenen, dessen Inhalt weitgehend feststünde. Das Sicherheitsrecht einschließlich strafprozessrechtlicher Ermittlungsermächtigungen wie § 100b StPO und der dort in Bezug genommenen Straftatbestände ist von erheblichen Veränderungen geprägt. So wurde § 100b StPO, der in dieser Form erst 2017 eingeführt worden war, schon 2021 deutlich erweitert. In den ohnehin sehr heterogenen Katalog des § 100b Abs. 2 StPO wurden so unterschiedliche Straftaten wie solche nach dem Außenwirtschaftsgesetz (Nr. 4), dem Grundstoffüberwachungsgesetz (Nr. 7) und dem Neuepsychoaktive-Stoffe-Gesetz (Nr. 8) aufgenommen. Das Sicherheitsrecht ist ein Feld intensiver politischer Auseinandersetzungen. Es lässt sich schwer einschätzen, welchen Änderungen die bundesrechtlichen Ermittlungsbefugnisse nach § 100b StPO noch unterworfen sein können.
Eine einschränkende verfassungskonforme Auslegung der Regelung ist nicht möglich. Zwar ist grundsätzlich denkbar, eine Verweisungsregelung verfassungskonform als statische Verweisung auszulegen (vgl. Clemens, AöR 111, 63 [81, 118]). Ein verfassungskonformes Normverständnis kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn es in Widerspruch zu dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers träte (vgl. BVerfGE 128, 157 [179] m.w.N.; 149, 126 [154 f. Rn. 73 f.]; stRspr). Hier hat der Bayerische Landesgesetzgeber in den Gesetzgebungsmaterialien klar zum Ausdruck gebracht, dass er die im Gesetz enthaltenen Verweisungen auf andere Gesetzesnormen dynamisch verstanden wissen wollte (vgl. etwa in Bezug auf Normen des Artikel 10-Gesetzes BayLTDrucks 17/10014, S. 17 f.; vgl. auch ebd., S. 28). Ziel der Novelle von 2016 war ausdrücklich, im Interesse einer effektiven und engen Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern möglichst einheitliche Rechtsstandards zu etablieren und das bayerische Verfassungsschutzrecht stärker mit Bundesrecht "zu synchronisieren", was zu "zahlreichen dynamischen Verweisungen" führe (vgl. BayLTDrucks 17/20763, S. 7). Vor diesem Hintergrund muss auch die Verweisung in Art. 8b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVSG als dynamische Verweisung aufgefasst werden (siehe auch Unterreitmeier, in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 17. Edition, Stand: 1. September 2021, Art. 8b BayVSG Rn. 39).
Ob die Weiterverarbeitung und Übermittlung durch die Verweisung auf § 100b Abs. 2 StPO in der Sache an hinreichend gewichtige Rechtsgüter und Schwellen gebunden sind, bedarf danach keiner Prüfung. Bei einer Neuregelung der Übermittlungsschwelle hat der Gesetzgeber aber darauf zu achten, dass der Weiterverarbeitungs- und Übermittlungsanlass nicht zu weit ins Vorfeld einer in ihren Konturen noch nicht absehbaren Gefahr für die Schutzgüter verlegt wird (vgl. oben Rn. 376). Überdies darf eine Übermittlung von Daten, die das Landesamt aus einer optischen Wohnraumüberwachung erlangt hat, allein im Fall einer dringenden Gefahr zu deren Abwehr übermittelt werden. Daten aus einer akustischen Wohnraumüberwachung dürfen darüber hinaus zur Strafverfolgung übermittelt werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine besonders schwere Straftat begangen hat (Art. 13 Abs. 3 und Abs. 4 GG).
10. Art. 8b Abs. 3 BayVSG- Daten aus Auskunftsersuchen
Art. 8b Abs. 3 BayVSG regelt die Weiterverarbeitung von personenbezogenen Daten aus Maßnahmen nach Art. 15 Abs. 2 und Abs. 3 und Art. 16 Abs. 1BayVSG innerhalb des Landesamts wie auch deren Übermittlung an andere Stellen. Die in der zweckändernden Verarbeitung oder Übermittlung liegenden Grundrechtseingriffe sind wie die ursprüngliche Datenerhebung am allgemeinen Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der informationellen Selbstbestimmung und teilweise an Art. 10 Abs. 1 GG zu messen. Die in Art. 8b Abs. 3 BayVSG enthaltene dynamische Verweisung auf § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 G 10 ist mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vereinbar (a). Außerdem verstoßen die vielgliedrigen Normenverweise gegen das Gebot der Normenklarheit (b).
a) Art. 8b Abs. 3 BayVSG genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine dynamische Verweisung nicht. Er enthält selbst keine Regelung dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen die aus einer Abfrage nach Art. 15 Abs. 2 und Abs. 3 sowie Art. 16 Abs. 1 BayVSG erlangten Daten weiterverwendet und übermittelt werden dürfen, sondern verweist vollständig auf eine entsprechende Anwendung des § 4 G 10. Dynamische Verweisungen können zulässig sein, wenn die in Bezug genommenen Regelungen ein eng umrissenes Feld betreffen und deren Inhalt im Wesentlichen bereits feststeht (oben Rn. 385). Das ist nicht der Fall. Bei den Übermittlungsbefugnissen nach § 4 G 10 und den zahlreichen dort in Bezug genommenen Straftatbeständen aus dem Sicherheitsrecht handelt es sich nicht um ein eng umrissenes Feld, dessen Inhalt weitgehend feststünde. Die Übermittlungsbefugnis ist daher verfassungswidrig. Bei einer Neuregelung der Übermittlungsschwelle hat der Gesetzgeber auch darauf zu achten, dass der Weiterverarbeitungs- und Übermittlungsanlass nicht zu weit ins Vorfeld einer in ihren Konturen noch nicht absehbaren Gefahr für die Schutzgüter verlegt wird (vgl. oben Rn. 376).
b) Der Verweis auf § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 G 10 verstößt zudem gegen das Gebot der Normenklarheit. Das Gebot der Normenklarheit kann verletzt sein, wenn der Gesetzgeber vielgliedrige Verweisungsketten verwendet. Unübersichtliche Verweisungskaskaden sind mit dem Grundgesetz nicht vereinbar (vgl. BVerfGE 154, 152 [266 Rn. 215, 306 Rn. 314]). Hier kommt etwa nach Art. 8b Abs. 3 BayVSG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 G 10 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a G 10 in Verbindung mit § 3 Abs. 1a G 10 in Verbindung mit § 72 Abs. 1 und Abs. 3 des Zollfahndungsdienstgesetzes eine Übermittlung zu Strafverfolgungszwecken wegen einer Tat nach § 19 Abs. 1 oder Abs. 2, § 20 Abs. 1, § 20a Abs. 1 oder Abs. 2 oder § 22a Abs. 1 Nr. 4, 5 oder 7 oder Abs. 2 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen in Betracht. Solche sechsgliedrigen Verweisungen überschreiten das verfassungsrechtlich zulässige Maß.
 
D. – I.
Im Ergebnis genügen die zulässig angegriffenen Normen nur zum Teil den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit überwiegend begründet.
1. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayVSG ist verfassungswidrig, weil die Befugnis zwar im Grunde hinreichende Eingriffsvoraussetzungen bestimmt ("dringende Gefahr"), jedoch nicht auf das Ziel der Abwehr einer Gefahr ausgerichtet ist. Zudem fehlt die erforderliche Regelung zur Subsidiarität gegenüber Gefahrenabwehrmaßnahmen der Gefahrenabwehrbehörden. Außerdem sind die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Kernbereichsschutz bei Wohnraumüberwachungen weder für die Erhebungsebene noch für die Auswertungsebene vollständig erfüllt.
Art. 10 Abs. 1 BayVSG ist verfassungswidrig, weil die Befugnis durch die Verweisung auf Art. 9 Abs. 1 BayVSG dessen Mängel teilt. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Kernbereichsschutz sind zwar für die Erhebungsebene erfüllt, nicht aber für die Auswertungsebene.
Art. 12 Abs. 1 BayVSG ist verfassungswidrig, weil die Befugnis eine langandauernde Überwachung der Bewegungen der Betroffenen erlaubt und dafür keine hinreichend bestimmten Eingriffsvoraussetzungen vorsieht und es an der insoweit erforderlichen unabhängigen Vorabkontrolle fehlt.
Art. 15 Abs. 3 BayVSG ist mit dem hier allein geprüften Gebot der Normenklarheit unvereinbar.
Art. 18 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 1 BayVSG sind verfassungswidrig, weil keine hinreichenden Eingriffsschwellen geregelt sind und eine Bestimmung fehlt, die den Kreis zulässiger Überwachungsadressaten begrenzend regelt, sofern der Einsatz von Verdeckten Mitarbeitern oder Vertrauensleuten gezielt gegen bestimmte Personen gerichtet ist. Außerdem fehlt es an einer unabhängigen Vorabkontrolle.
Art. 19a Abs. 1 BayVSG ist verfassungswidrig, weil die Befugnis für den Fall besonders eingriffsintensiver Observationen nicht hinreichend bestimmt auf Bestrebungen oder Tätigkeiten von besonders gesteigerter Überwachungsbedürftigkeit beschränkt ist und es auch hier an einer unabhängigen Vorabkontrolle fehlt.
2. Die zulässig angegriffenen Übermittlungsbestimmungen des Art. 25 BayVSG genügen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Das gilt für Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 2. Alternative, Art. 25 Abs. 1 Nr. 3, Art. 25 Abs. 1a, Art. 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 und Art. 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayVSG.
Die Weiterverarbeitungs- und Übermittlungsbefugnis nach Art. 8b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVSG ist wegen hier in ihrer konkreten Gestalt unzulässiger dynamischer Verweisungen auf Bundesrecht verfassungswidrig. Das gilt auch für Art. 8b Abs. 3 BayVSG; außerdem verstoßen dessen besonders vielgliedrige Verweisungsketten gegen das Gebot der Normenklarheit.
II.
1. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit gesetzlicher Vorschriften führt grundsätzlich zu deren Nichtigkeit. Allerdings kann sich das Bundesverfassungsgericht, wie sich aus § 31 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 BVerfGG ergibt, auch darauf beschränken, eine verfassungswidrige Norm nur für mit der Verfassung unvereinbar zu erklären. Es verbleibt dann bei einer bloßen Beanstandung der Verfassungswidrigkeit ohne den Ausspruch der Nichtigkeit. Die Unvereinbarkeitserklärung kann das Bundesverfassungsgericht dabei zugleich mit der Anordnung einer befristeten Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung verbinden. Dies kommt in Betracht, wenn die sofortige Ungültigkeit der zu beanstandenden Norm dem Schutz überragender Güter des Gemeinwohls die Grundlage entziehen würde und eine Abwägung mit den betroffenen Grundrechten ergibt, dass der Eingriff für eine Übergangszeit hinzunehmen ist. Für die Übergangszeit kann das Bundesverfassungsgericht vorläufige Anordnungen treffen, um die Befugnisse der Behörden bis zur Herstellung eines verfassungsmäßigen Zustandes durch den Gesetzgeber auf das zu reduzieren, was nach Maßgabe dieser Abwägung geboten ist (BVerfGE 141, 220 [351 Rn. 355] m.w.N.; stRspr).
2. a) Danach ist Art. 15 Abs. 3 BayVSG für verfassungswidrig und nichtig zu erklären. Die Vorschrift genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht; eine verfassungsgemäße Regelung mit vergleichbarem Regelungsgehalt kann der Landesgesetzgeber auch durch Nachbesserung nicht herbeiführen.
b) Demgegenüber sind Art. 9 Abs. 1 Satz 1, Art. 10 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1, Art. 19a Abs. 1 BayVSG sowie Art. 8b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Art. 8b Abs. 3, Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 2. Alternative, Art. 25 Abs. 1 Nr. 3, Art. 25 Abs. 1a, Art. 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 sowie Art. 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayVSG lediglich für mit der Verfassung unvereinbar zu erklären. Die Unvereinbarkeitserklärung ist mit der Anordnung ihrer vorübergehenden Fortgeltung bis zum Ablauf des 31. Juli 2023 zu verbinden. Die Gründe für die Verfassungswidrigkeit dieser Vorschriften betreffen nicht den Kern der mit ihnen eingeräumten Befugnisse, sondern einzelne Aspekte ihrer rechtsstaatlichen Ausgestaltung. Der Gesetzgeber kann in diesen Fällen die verfassungsrechtlichen Beanstandungen nachbessern und damit den Kern der mit den Vorschriften verfolgten Ziele auf verfassungsmäßige Weise verwirklichen. Angesichts der großen Bedeutung eines wirksamen Verfassungsschutzes für den freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaat ist unter diesen Umständen ihre vorübergehende Fortgeltung eher hinzunehmen als deren Nichtigkeitserklärung, die dem Landesamt bis zu einer Neuregelung zentrale Ermittlungsbefugnisse des Verfassungsschutzes nähme (vgl. BVerfGE 141, 220 [352 Rn. 357]).
c) Die Anordnung der Fortgeltung bedarf mit Blick auf die betroffenen Grundrechte jedoch einschränkender Maßgaben. Anzuordnen ist zum einen, dass Maßnahmen gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und Art. 10 Abs. 1 BayVSG nur zur Abwehr der dort vorausgesetzten Gefahr und nur dann ergriffen werden dürfen, wenn geeignete polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut ansonsten nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Dabei ist Art. 8a Abs. 1 BayVSG mit der Maßgabe einer widerleglichen Vermutung anzuwenden, dass Erkenntnisse, die bei einer Wohnraumüberwachung gewonnen werden, den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen.
Anzuordnen ist zudem, dass auf der Grundlage von Art. 12 Abs. 1 BayVSG technische Mittel nicht so eingesetzt werden dürfen, dass die Bewegungen des Mobilfunkendgeräts einer beobachteten Person über einen längeren Zeitraum hinweg nachverfolgt werden.
Außerdem ist der Einsatz von Verdeckten Mitarbeitern nach Art. 18 Abs. 1 BayVSG oder von Vertrauensleuten nach Art. 19 Abs. 1 BayVSG nach höchstens sechs Monaten zu beenden, wenn er nicht zur Erforschung einer Bestrebung unerlässlich ist, die auf die Begehung von besonders schweren Straftaten gerichtet ist, welche die in § 3 BVerfSchG genannten Schutzgüter gefährden. Ist der Einsatz eines Verdeckten Mitarbeiters oder von Vertrauensleuten gezielt gegen bestimmte Personen gerichtet, darf dies in entsprechender Anwendung von Art. 19a Abs. 2 BayVSG nur entweder eine Person sein, von der auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie an der Bestrebung oder Tätigkeit beteiligt ist oder – wenn eine Maßnahme gegen die Person in diesem erstgenannten Sinne allein nicht zur Erforschung des Sachverhalts ausreicht – eine Person, die mit einer Person im erstgenannten Sinne in Kontakt steht und von der Bestrebung oder Tätigkeit Kenntnis hat oder derer sich die Person im erstgenannten Sinne zur Förderung der Bestrebung oder Tätigkeit bedient. Auf der Grundlage von Art. 19a Abs. 1 BayVSG dürfen technische Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen und zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes nur dann verdeckt eingesetzt werden, wenn dies zur Erforschung einer Bestrebung unerlässlich ist, die auf die Begehung besonders schwerer Straftaten gerichtet ist, welche die in § 3 BVerfSchG genannten Schutzgüter gefährden und die weiteren gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind. Schließlich ist eine Übermittlung von mit nachrichtendienstlichen Mitteln erlangten personenbezogenen Daten und Informationen gemäß Art. 25 BayVSG nur zum Schutz eines Rechtsguts von herausragendem öffentlichem Interesse zulässig, was einer Begrenzung auf besonders schwere Straftaten entspricht. Außerdem müssen die nach Maßgabe der Urteilsgründe an den jeweiligen Übermittlungsanlass zu stellenden Anforderungen (Übermittlungsschwellen) erfüllt sein.
Die Auslagenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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