BVerfGE 162, 325 - Zinsen Kernbrennstoffsteuer
Zinsen Kernbrennstoffsteuer
1. Die Haftung für staatliches Unrecht ist Ausfluss der jeweils betroffenen Grundrechte. Diese gewährleisten grundsätzlich angemessene Sekundäransprüche nach Grundrechtsverletzungen.
2. Art und Umfang grundrechtlich radizierter Sekundäransprüche bedürfen der Ausgestaltung und Konkretisierung durch den Gesetzgeber, dem insofern ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zukommt.
Beschluss des Zweiten Senats vom 30. Juni 2022
– 2 BvR 737/20 –
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der (...) GmbH, vertreten durch die Geschäftsführerin (...) und den Prokuristen (...), – Bevollmächtigte: (...) – gegen a) den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 23. Oktober 2019 – VII B 40/19 –, b) das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 22. Februar 2019 – 4 K 123/18 –, c) die Einspruchsentscheidung des Hauptzollamts Osnabrück vom 12. Oktober 2018 – S 0625 B – RL 277/2018 – B 3402 Z –, d) den Bescheid des Hauptzollamts Osnabrück vom 24. Juli 2018 – S 0463 B – (2016) – B 3 –.
 
Entscheidungsformel:
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
 
Gründe:
 
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es infolge der Nichtigerklärung des Kernbrennstoffsteuergesetzes durch das Bundesverfassungsgericht verfassungsrechtlich geboten ist, einen von der Beschwerdeführerin im Jahr 2016 in Höhe von 54.725.320 Euro entrichteten und im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2017 an sie zurückerstatteten Steuerbetrag ab dem Zeitpunkt der Steuerzahlung zu verzinsen.
I.
1. Im Rahmen eines Verfahrens der konkreten Normenkontrolle erklärte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 13. April 2017 – 2 BvL 6/13 – das Kernbrennstoffsteuergesetz für mit Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG insgesamt unvereinbar und nichtig (BVerfGE 145, 171 ff.).
a) Steuergegenstand war Kernbrennstoff, der zur gewerblichen Erzeugung von elektrischem Strom verwendet wurde (§ 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Nr. 1 KernbrStG). Die Steuer entstand, wenn ein Brennelement oder einzelne Brennstäbe in einen Kernreaktor erstmals eingesetzt wurden und eine selbsttragende Kettenreaktion ausgelöst wurde (§ 5 Abs. 1 KernbrStG). Steuerschuldner waren die Betreiber von Kernkraftwerken (§ 5 Abs. 2 i.V.m. § 2 Nr. 6 KernbrStG; vgl. BVerfGE 145, 171 [172 f. Rn. 4 f.]).
b) Grund der Unvereinbarkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes mit dem Grundgesetz war die mangelnde Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Die Kernbrennstoffsteuer entsprach nicht, wie in § 1 Abs. 1 Satz 2 KernbrStG vorausgesetzt, dem Typus einer Verbrauchsteuer, für die gemäß Art. 105 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG eine Bundeskompetenz bestanden hätte (vgl. BVerfGE 145, 171 [211 Rn. 111 ff.]).
c) Aufgrund dieser formellen Verfassungswidrigkeit des Gesetzes erklärte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts das Kernbrennstoffsteuergesetz gemäß § 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 78 BVerfGG für nichtig. Eine bloße Feststellung der Unvereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz komme bei der von Anfang an mit erheblichen finanzverfassungsrechtlichen Unsicherheiten belasteten Kernbrennstoffsteuer nicht in Betracht (vgl. BVerfGE 145, 171 [229 Rn. 162]).
2. Die Abgabenordnung regelt in § 37 Abs. 2 AO ausdrücklich einen Anspruch auf Rückerstattung rechtsgrundlos gezahlter Steuern. Dieser Erstattungsanspruch zählt gemäß § 37 Abs. 1 AO zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis. Nach § 233 Satz 1 AO werden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur verzinst, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Für Steuererstattungsansprüche sehen die §§ 233a, 236 AO eine Verzinsung vor.
a) Gemäß § 233a AO sind Steuernachforderungen und Steuererstattungen aufgrund der Festsetzung bestimmter, im Einzelnen aufgezählter Steuern – zu denen die Kernbrennstoffsteuer nicht gehörte – zu verzinsen. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist (sogenannte Karenzzeit). Grund der angeordneten Verzinsung in Anbindung an den bloßen Zeitablauf ist nach dem Willen des Gesetzgebers vornehmlich das Gebot der Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen. Die allgemeine Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen soll einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden (vgl. BTDrucks 11/2157, S. 194; vgl. BVerfGE 158, 282 [333 ff. Rn. 124 ff.).
Die fachgerichtliche Rechtsprechung bezieht sich auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift und geht von einer strengen Begrenzung der Verzinsungsregelung des § 233a AO allein auf die dort ausdrücklich genannten Steuerarten aus (vgl. BFHE 212, 416 [417]; BFH, Beschluss vom 23. Februar 2007 – IX B 242/06 –, juris, Rn. 2; Beschluss vom 23. Juni 2014 – VIII B 75/13 –, juris, Rn. 11). Die Norm enthalte keinen allgemeinen Rechtsgedanken, dass Ansprüche aus dem abgabenrechtlichen Verhältnis zwischen Bürger und Verwaltung stets zu verzinsen seien, um mögliche Zinsvorteile oder Nachteile auszugleichen (vgl. BFHE 212, 416 [417]).
b) Soweit ein finanzgerichtliches Verfahren durchgeführt wird, bestimmt § 236 Abs. 1 AO für den Fall des Obsiegens des Steuerpflichtigen eine Verzinsung des Steuererstattungsanspruchs unabhängig von der Art der betroffenen Steuer ab dem Tag der Rechtshängigkeit oder der Zahlung, soweit diese erst nach Rechtshängigkeit erfolgt ist. § 236 Abs. 2 AO stellt diesen Fällen einige eng umrissene Konstellationen gleich. Die Vorschrift lautet:
    (1) Wird durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder auf Grund einer solchen Entscheidung eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt, so ist der zu erstattende oder zu vergütende Betrag vorbehaltlich des Absatzes 3 vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag zu verzinsen. Ist der zu erstattende Betrag erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit entrichtet worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag der Zahlung.
    (2) Absatz 1 ist entsprechend anzuwenden, wenn
    1. sich der Rechtsstreit durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Erlass des beantragten Verwaltungsakts erledigt oder
    2. eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder ein unanfechtbarer Verwaltungsakt, durch den sich der Rechtsstreit erledigt hat,
    a) zur Herabsetzung der in einem Folgebescheid festgesetzten Steuer,
    b) zur Herabsetzung der Gewerbesteuer nach Änderung des Gewerbesteuermessbetrags
    führt.
    (...)
c) § 165 AO ermöglicht eine nur vorläufige Steuerfestsetzung durch die Finanzbehörden:
    (1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn
    (...)
    2. das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
    (...)
    3. die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist (...).
    Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.
    (2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. (...)
In der Gesetzesbegründung zur Einfügung von § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 AO heißt es (BTDrucks 12/5630, S. 98; vgl. zum Wortlaut der damals eingeführten Fassung BTDrucks 12/5630, S. 39):
3. Die Beschwerdeführerin, die ein Kernkraftwerk betreibt, entrichtete im Jahr 2016 Kernbrennstoffsteuer.
a) Sie gab entsprechend den Vorgaben des Kernbrennstoffsteuergesetzes – unter Verwahrung gegen die Pflicht zur Steueranmeldung – eine Steuererklärung vom 8. Juli 2016 ab, in der sie die Steuer mit 54.725.320 Euro berechnete, nachdem sie zuvor eine von diesem Gesetz erfasste Kettenreaktion ausgelöst hatte.
b) Mit Bescheid vom 22. Juli 2016 erklärte das Hauptzollamt Osnabrück die Festsetzung der Kernbrennstoffsteuer hinsichtlich der Vereinbarkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes mit dem Grundgesetz gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO für vorläufig. Am 25. Juli 2016 beglich die Beschwerdeführerin ihre Steuerschuld.
c) Sie legte mit Schreiben vom 5. August 2016 Einspruch gegen die Festsetzung von Kernbrennstoffsteuer durch Steueranmeldung vom 8. Juli 2016 in der Form des Änderungsbescheids vom 22. Juli 2016 ein und begründete dies – unter Verweis auf eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG des Finanzgerichts Hamburg vom 29. Januar 2013 an das Bundesverfassungsgericht in einem Parallelverfahren – mit der Behauptung, das Kernbrennstoffsteuergesetz sei formell und materiell verfassungswidrig und verstoße darüber hinaus gegen Europarecht. Der Einspruch wurde zunächst nicht beschieden. Eine Klage vor dem Finanzgericht erhob die Beschwerdeführerin nicht.
d) Nach Veröffentlichung des Beschlusses des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 13. April 2017 – 2 BvL 6/13 – (BVerfGE 145, 171ff.) am 7. Juni 2017 hob das Hauptzollamt seinen Steueränderungsbescheid vom 22. Juli 2016 mit Bescheid vom 12. Juni 2017 auf und half dadurch dem Einspruch der Beschwerdeführerin ab. Die aufgrund der Steueranmeldung entrichteten 54.725.320 Euro zahlte es zurück. Das Geld ging am 19. Juni 2017 auf dem Konto der Beschwerdeführerin ein.
4. Mit Schreiben vom 5. Juni 2018 beantragte die Beschwerdeführerin eine Verzinsung dieses Betrages.
a) Sie verlangte je 0,5% Zinsen für zehn volle Monate (§ 238 Abs. 1 Satz 2 AO) zwischen dem Zeitpunkt der Entrichtung der Steuer am 25. Juli 2016 und dem Eingang der Erstattung am 19. Juni 2017, mithin 2.736.265 Euro. Diesen Zinsanspruch leitete sie aus § 236 AO ab; hilfsweise sei die Norm entsprechend anzuwenden, um dem verfassungsrechtlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG zu genügen.
b) Das Hauptzollamt Osnabrück lehnte die beantragte Festsetzung von Zinsen mit dem angegriffenen Bescheid vom 24. Juli 2018 ab, da hierfür keine Rechtsgrundlage bestehe. Gegen diesen Bescheid legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. August 2018 Einspruch ein, den das Hauptzollamt mit der angegriffenen Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 2018 als unbegründet zurückwies.
c) Die Beschwerdeführerin verfolgte den von ihr geltend gemachten Zinsanspruch mit Klage vom 13. November 2018 vor dem Finanzgericht Hamburg weiter. Sie stützte ihr Begehren auf § 236 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a AO. Die von ihr präferierte Interpretation sei bei verfassungskonformer Auslegung aufgrund der in § 31 BVerfGG geregelten Bindungswirkung verfassungsgerichtlicher Entscheidungen geboten. Hilfsweise sei der Zinsanspruch aus der in Art. 19 Abs. 4 GG konkretisierten Rechtsschutzgarantie unter Heranziehung der Systematik der Zinsvorschriften der Abgabenordnung abzuleiten. Die wegen des Vorläufigkeitsvermerks gemäß § 165 AO mangels Rechtsschutzbedürfnisses fehlende Möglichkeit, vor dem Finanzgericht gegen die Steuerfestsetzung vorzugehen, sei bei Nichtverzinsung nicht mit der Garantie effektiven Rechtsschutzes vereinbar.
d) Das Finanzgericht Hamburg wies die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 22. Februar 2019 ab.
aa) Eine Verzinsung gemäß § 236 Abs. 1 AO komme nicht in Betracht, da das Verfahren hinsichtlich der im Jahr 2016 gezahlten Kernbrennstoffsteuer nicht rechtshängig geworden sei. Mangels Rechtshängigkeit sei auch § 236 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht anwendbar. § 236 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a AO biete keine Rechtsgrundlage für die begehrte Verzinsung, da der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. April 2017 – 2 BvL 6/13 – (BVerfGE 145, 171 ff.) keine Anfechtung eines Grundlagenbescheids zugrunde liege.
bb) Ein Zinsanspruch ergebe sich auch nicht aus der entsprechenden Anwendung von § 236 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AO. Gemessen an dem vom Gesetzgeber mit der Gewährung von Prozesszinsen verfolgten Ziel der Ergänzung der Norm durch die gesetzliche Gleichstellung weiterer Sachverhaltskonstellationen sowie dem Grundsatz des § 233 AO sei nicht von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen. Eine analoge Anwendung der Vorschriften scheide zudem deshalb aus, weil es der Beschwerdeführerin nicht verwehrt gewesen sei, die Streitsache rechtshängig zu machen und sich damit einen Anspruch auf Prozesszinsen zu eröffnen. Sie hätte einer Nichtbescheidung ihres Einspruchs durch das beklagte Hauptzollamt durch Erhebung einer Klage nach § 46 FGO begegnen können, die schon mit Blick auf den Erhalt eines Zinsanspruchs zulässig gewesen wäre.
cc) § 233a AO sei nicht geeignet, die von der Beschwerdeführerin begehrte Verzinsung zu begründen. Die Kernbrennstoffsteuer gehöre nicht zu den dort enumerativ genannten Steuerarten. Eine analoge Anwendung komme mangels planwidriger Unvollständigkeit ebenfalls nicht in Betracht.
dd) Eine Verzinsung sei verfassungsrechtlich nicht geboten. Sowohl die Differenzierung der Verzinsung im Einspruchs- und gerichtlichen Klageverfahren als auch die Erstreckung der Vollverzinsung gemäß § 233a AO nur auf bestimmte Steuerarten bewege sich innerhalb des Gestaltungs- und Typisierungsspielraums des Gesetzgebers; ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege jeweils nicht vor.
Es widerspreche auch nicht dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, dass Steuerschuldner, die eine Steuerfestsetzung beziehungsweise Steueranmeldung, der ein verfassungswidriges Steuergesetz zugrunde liege, mit dem Einspruch anföchten, ihren infolge des erfolgreichen Einspruchsverfahrens erlangten Erstattungsanspruch nicht verzinst erhielten. Im Unterschied zum Unionsrecht kenne das nationale Recht keinen Rechtsgrundsatz, nach dem bei verfassungswidriger Abgabenerhebung Rechtsschutzsuchende nicht nur einen Anspruch auf Erstattung der entrichteten Abgaben, sondern auch auf deren Verzinsung hätten. Der Beschwerdeführerin sei die Inanspruchnahme effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG im vorliegenden Fall nicht verwehrt gewesen, da sich nach dem Dafürhalten des Senats schon aus dem Motiv, einen Zinsanspruch zu erhalten, trotz der Vorläufigkeitserklärung gemäß § 165 AO ein hinreichendes Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage nach § 46 FGO ergeben habe.
ee) Die Revision gegen dieses Urteil ließ das Finanzgericht nicht zu.
e) Die von der Beschwerdeführerin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wies der Bundesfinanzhof mit dem angegriffenen Beschluss vom 23. Oktober 2019 – VII B 40/19 – als unbegründet zurück.
aa) Die Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung. Die Frage nach der Verzinsung von Steueransprüchen, die nicht selbst Gegenstand eines Rechtsstreits gewesen seien und für die keine Vollverzinsung nach § 233a AO angeordnet sei, sei aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelungen und der dazu vorliegenden Rechtsprechung als geklärt anzusehen.
(1) Danach komme ein Zinsanspruch gemäß § 236 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AO mangels Rechtshängigkeit nicht in Betracht. Dass § 236 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a AO nicht auf den Streitfall anwendbar sei, bedürfe ebenfalls keiner weiteren Klärung.
(2) Der Bundesfinanzhof habe bereits entschieden, dass eine entsprechende Anwendung des § 236 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AO im Fall der Herabsetzung eines Steueranspruchs infolge eines Musterverfahrens oder aufgrund einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung in einem gleich gelagerten Verfahren nicht in Betracht komme, wenn die streitige Steuerfestsetzung selbst nicht rechtshängig, sondern nur Gegenstand eines beim Finanzamt ruhenden Einspruchsverfahrens gewesen sei. Dies gelte auch dann, wenn das Bundesverfassungsgericht eine oder mehrere Normen des Bundesrechts für mit dem Grundgesetz unvereinbar halte und gemäß § 78 Satz 1 BVerfGG für nichtig erkläre und dies aufgrund der Gesetzeskraft der Entscheidung im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG mittelbar zur Herabsetzung oder Aufhebung einer nicht rechtshängig gewesenen Steuerforderung führe. Dementsprechend sei es – unter Verweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. September 1979 (BVerfG, Dreierausschussbeschluss des Ersten Senats vom 5. September 1979 – 1 BvR 594/79 –, HFR 1979, S. 486) – verfassungsgemäß, eine entsprechende Anwendung der Zinsregelung des § 236 AO auf den Fall der Erstattung zu viel entrichteter Steuerbeträge nach Abschluss eines Musterprozesses abzulehnen.
(3) Dass die mittelbaren Auswirkungen eines Musterprozesses auf andere Steueranmeldungen oder -festsetzungen nicht mit dem rechtlichen Zusammenhang zwischen Grund- und Folgebescheid im Sinne des § 236 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a AO zu vergleichen seien und daher eine entsprechende Anwendung des § 236 Abs. 1 AO im Fall von Musterverfahren ausscheide, sei durch die Rechtsprechung ebenso hinreichend geklärt wie der abschließende Charakter des § 233a AO.
bb) Die Revision sei auch nicht deshalb zuzulassen, weil künftig eine Divergenz zu erwarten sei.
(1) Die Auffassung des Finanzgerichts Hamburg, die Beschwerdeführerin habe bei fehlender Entscheidung der Verwaltung in einem Einspruchsverfahren gegen eine vorläufig festgesetzte Steuer Untätigkeitsklage erheben können, sei für die Versagung der Verzinsung letztlich nicht tragend, sondern eine bloße Hilfsüberlegung gewesen.
(2) Zudem liege insoweit auch keine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs fehle einer Klage in der Regel das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Steuerbescheid in dem verfassungsrechtlichen Streitpunkt vorläufig ergangen sei, die verfassungsrechtliche Streitfrage sich in einer Vielzahl im Wesentlichen gleichgelagerter Verfahren stelle und bereits ein nicht von vornherein aussichtsloses Musterverfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig sei. Denn dann könne der Steuerpflichtige im Allgemeinen die Klärung der Streitfrage in dem Musterverfahren abwarten, ohne dadurch unzumutbare Rechtsnachteile zu erleiden. Ausnahmen seien möglich, wenn besondere Gründe materiell-rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Art substantiiert geltend gemacht würden, die es rechtfertigten, trotz Anhängigkeit des Musterverfahrens Rechtsschutz gegen den im Streitpunkt für vorläufig erklärten Bescheid zu gewähren. Dass das Finanzgericht von der Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage zur Erhaltung eines Anspruchs auf Prozesszinsen ausgegangen sei, und damit einen Ausnahmefall im Sinne dieser Rechtsprechung bejaht habe, könne danach allenfalls eine falsche Rechtsanwendung darstellen.
cc) Dem Finanzgericht sei auch kein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler unterlaufen, der die Zulassung der Revision rechtfertigen würde. Voraussetzung dafür sei, dass die Entscheidung des Finanzgerichts in einem solchen Maß fehlerhaft sei, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wiederhergestellt werden könnte. Unterhalb dieser Schwelle liegende, auch erhebliche Rechtsfehler reichten nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung und somit einen Grund für die Zulassung der Revision anzunehmen.
II.
1. Die Beschwerdeführerin hat mit Schriftsatz vom 10. Januar 2020 Verfassungsbeschwerde gegen den Bescheid des Hauptzollamts Osnabrück vom 24. Juli 2018 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 2018, das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 22. Februar 2019 und den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 23. Oktober 2019 erhoben. Sie rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 14 Abs. 1 GG sowie aus Art. 3 Abs. 1 GG, jeweils in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG.
a) Vorrangig sieht die Beschwerdeführerin sich in ihrem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt.
aa) Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie, auf die sich auch eine juristische Person berufen könne, sei eröffnet. Spätestens seit dem Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2006 – 2 BvR 2194/99 – (BVerfGE 115, 97) dürfte es als geklärt anzusehen sein, dass eine steuerliche Belastung dem Grunde nach den Schutzbereich der Eigentumsgarantie berühre, zumal im vorliegenden Fall an die Nutzung gewerblichen Eigentums angeknüpft worden sei. Zudem sei der steuerliche Erstattungsanspruch als Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG anerkannt. Diese Norm schütze die Nutzung des Eigentums, sodass es für Eingriffe, die der Beschwerdeführerin die Ziehung von Nutzungen aus dem Steuerbetrag vorenthielten, einer zulässigen gesetzlichen Schrankenbestimmung bedürfe. Das Kernbrennstoffsteuergesetz stelle wegen seiner Kompetenzwidrigkeit und der daraus resultierenden Nichtigerklärung durch das Bundesverfassungsgericht keine taugliche Schranke dar.
bb) Die bloße Rückerstattung der gezahlten Kernbrennstoffsteuer kompensiere den Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG nicht vollständig, da sie für den Zeitraum der Zurverfügungstellung der Gelder an den Staat den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit nicht ausgleiche. Ohne eine zur Kompensation erforderliche Verzinsung verbleibe demnach ein "Resteigentumseingriff", der im Lichte des verfassungsrechtlichen Gebots der Effektivität des Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG keinen Bestand haben könne. Art. 19 Abs. 4 GG sichere auch Sekundäransprüche. Enthalte diese grundgesetzliche Norm aber eine subjektive Garantie, die im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes die Gewährung des Ausgleichs ökonomischer Schäden fordere, so müsse im Falle eines Eigentumseingriffs infolge eines nichtigen Gesetzes – dem "Maximalfall" rechtswidrigen Handelns des Staates – erreicht werden, dass keine wirtschaftliche Belastung beim Bürger verbleibe. Dem aus Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG zu entnehmenden Gebot der Kompensation wirtschaftlicher Schäden könne nicht anders als durch Verzinsung der ohne gesetzliche Grundlage überlassenen Mittel genügt werden.
b) Darüber hinaus gebiete Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG eine Ungleichbehandlung der wesentlich ungleichen Fälle der Steuererhebung auf Basis eines "bloß rechtswidrigen" Gesetzes und in Vollzug eines "nichtigen, nur vermeintlichen" Steuergesetzes hinsichtlich des Umfangs des "Rückabwicklungsgebotes". Die rechtswidrige Belastung durch ein nichtiges Gesetz könne nur durch eine vollständige Beseitigung auch der wirtschaftlichen Folgen der Steuererhebung gleichheitsgerecht ausgeglichen werden.
In der Sondersituation eines kompetenzlos erlassenen und damit nichtigen Gesetzes sei es ein Gebot des effektiven Rechtsschutzes und der Gleichbehandlung, dass alle Betroffenen von dem vollständigen rückwirkenden Wegfall des Gesetzes profitierten, soweit nicht § 79 Abs. 2 BVerfGG entgegenstehe. Dies sei hier aufgrund des Vorläufigkeitsvermerks und des zunächst noch nicht verbeschiedenen Einspruchs nicht der Fall. Wenn das Bundesverfassungsgerichtsgesetz eine Sonderregelung für bestandskräftige Entscheidungen enthalte und (nur) diese von der Nichtigkeit unberührt bleiben sollten, habe der Gesetzgeber zugleich den Gleichheitssatz in der Form konkretisiert, dass dies in den anderen Fällen nicht der Fall sein solle. Damit dürfe das Kernbrennstoffsteuergesetz keine Rechtswirkung mehr entfalten, der Liquiditätsentzug sei rückgängig zu machen und für die Vergangenheit durch einen Zinsanspruch zu kompensieren.
2. Die Bundesregierung hatte gemäß § 94 Abs. 2 BVerfGG Gelegenheit zur Äußerung. Sie hat, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen, eine Stellungnahme abgegeben.
a) Aus Art. 14 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG ergebe sich kein Verzinsungsanspruch.
aa) Der Steuererstattungsanspruch sei eine Ausprägung des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, der seine Grundlage im Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und damit im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG finde. Es könne dahinstehen, ob der Erstattungsgläubiger per se eine Rechtsposition im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG innehabe, jedenfalls bedürfe der Anspruch der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber. Die in den §§ 233 bis 238 AO getroffenen Regelungen bewegten sich innerhalb des dem Gesetzgeber eröffneten Gestaltungsspielraums. Ein Grundsatz der Verzinsung von Erstattungsbeträgen bestehe im öffentlichen Recht nicht. Auch die Herausgabe tatsächlich gezogener Nutzungen komme nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich nicht in Betracht, weil der Staat Einnahmen in der Regel nicht gewinnbringend anlege, sondern im Interesse der Allgemeinheit darüber verfüge.
bb) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleiste nicht das Bestehen eines Zinsanspruchs, da sich die materiell geschützte Rechtsposition nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebe, sondern darin vorausgesetzt werde. Ein anderes Verständnis der Norm stünde zudem im Widerspruch dazu, dass das Grundgesetz ausweislich der verfassungsgerichtlichen Auslegung keine umfassende unmittelbare Staatshaftung fordere.
b) Ein Zinsanspruch sei nicht aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG abzuleiten.
aa) Soweit die Beschwerdeführerin eine ungerechtfertigte Gleichbehandlung dadurch rüge, dass die Nichtigerklärung aufgrund der Kompetenzwidrigkeit des Gesetzes nicht zur Verzinsung des Erstattungsanspruchs führe, sei dem entgegen zu halten, dass die Nichtigerklärung eines Gesetzes gegenüber der "bloßen" Unvereinbarkeitserklärung keine Differenzierung hinsichtlich des Zinsanspruchs gebiete. Die Nichtigerklärung besage nichts über das Gewicht des Verfassungsverstoßes und etwaige wirtschaftliche Nachteile des Rechtsunterworfenen. Kompetenzverstöße seien nicht von größerer oder geringerer rechtlicher Intensität als die Verletzung anderer Verfassungsbestimmungen. Dementsprechend habe das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Nichtigerklärung des Kernbrennstoffsteuergesetzes nicht auf die Schwere des Verfassungsverstoßes abgestellt, sondern auf den Umstand, dass sich der Gesetzgeber angesichts der von Anfang an mit erheblichen finanzverfassungsrechtlichen Unsicherheiten belasteten Steuer nicht auf seine Finanz- und Haushaltsplanung habe verlassen dürfen.
Hinsichtlich der Bindungswirkung erga omnes bestehe kein Unterschied zwischen Nichtig- und Unvereinbarkeitserklärung. § 79 Abs. 2 BVerfGG führe auch im Falle einer Nichtigerklärung dazu, dass nicht sämtliche betroffenen Rechtsverhältnisse rückabzuwickeln seien. Dieser Vorschrift sei keine Kompensationspflicht durch Verzinsung zu entnehmen.
bb) Eine Gleichbehandlung der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Verzinsung mit denjenigen, die Klage erhoben hätten, sei ebenfalls nicht geboten. Die mit der Rechtshängigkeit eintretenden prozessualen Risiken rechtfertigten die Ungleichbehandlung von Klage- und Einspruchsverfahren, wie das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Beschluss vom 5. September 1979 (BVerfG, Dreierausschussbeschluss des Ersten Senats vom 5. September 1979 – 1 BvR 594/79 –, HFR 1979, S. 486) anerkannt habe. Es könne nicht darauf ankommen, ob die Beschwerdeführerin Klage erhoben hätte, wenn ihr dies möglich gewesen wäre, denn dies sei nicht nachprüfbar und bedeute eine ungerechtfertigte Gleichstellung mit denjenigen, die ein Prozessrisiko auf sich genommen hätten; Prozesszinsen seien wesentlich ein Risikozuschlag. Die Nichtigerklärung eines Steuergesetzes sei der Rechtshängigkeit hinsichtlich der Verzinsung in keiner Weise äquivalent. Schließlich führte die von der Beschwerdeführerin begehrte Verzinsung ab Zahlung der Steuer zu einer systemwidrigen Besserstellung gegenüber den gesetzlich vorgegebenen Verzinsungspflichten in §§ 233a und 236 AO nach Ablauf einer Karenzzeit oder Eintritt der Rechtshängigkeit.
cc) Art. 19 Abs. 4 GG führe mangels eines materiellen Gehalts zu keinem anderen Ergebnis. Die Möglichkeit der vorläufigen Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO gewährleiste effektiven Rechtsschutz, indem sie den Steuerfall "offen" halte, sodass der Betroffene von einer nicht von ihm selbst erstrittenen verfassungsgerichtlichen Entscheidung profitieren könne. Diese Regelung gelte nach dem Willen des Gesetzgebers auch für Fälle der Nichtigerklärung. Die scheinbar entgegenstehende Passage in der Gesetzesbegründung (vgl. dazu oben Rn. 11) beziehe sich ersichtlich auf § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO.
3. Die Beschwerdeführerin hat mit Schriftsatz vom 12. Februar 2021 zur Äußerung des Bevollmächtigten der Bundesregierung Stellung genommen und ihr Beschwerdevorbringen vertieft.
a) Ihr sei ein Zinsanspruch gemäß § 236 AO zu gewähren. Andernfalls hätte es die Verwaltung in der Hand, durch Vorläufigkeitsvermerke willkürlich die Beschwer für einzelne Steuerpflichtige auszuschließen und nurmehr in Musterverfahren zu prozessieren. Dies widerspräche einer gleichmäßigen Besteuerung und dem Verfahrensgrundsatz der "Waffengleichheit".
b) Art. 19 Abs. 4 GG verlange in Fällen, in denen dem Betroffenen eine Klage versagt werde, dass der entstandene Nutzungsnachteil ausgeglichen werde. Der in diesem Verfahren geltend gemachte Zinsanspruch sei ein Sekundäranspruch, weil effektiver Rechtsschutz zur Durchsetzung des Interesses, den "Steuerbetrag" auch temporär nicht leisten zu müssen, nicht gewährleistet gewesen sei. Eine gerichtliche Kontrolle, bei der erst nach Jahren feststehe, ob vom Staat auferlegte Leistungspflichten rechtmäßig gewesen seien, und die eine Überprüfung der temporären Beanspruchung des Eigentums nicht zulasse, sei mit dem Postulat effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar.
c) Das Prozesskostenrisiko stelle kein taugliches Differenzierungsmerkmal hinsichtlich der Verzinsung dar, wenn der Betroffene alles getan habe, was zur Abwehr der Zahlungsverpflichtung geeignet erscheine.
d) Für eine Verzinsungspflicht ab Zahlung der Steuer streite auch ein Vergleich mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, die eine solche Verzinsung unionsrechtswidrig erhobener Abgaben vorsehe.
 
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
I.
Die Beschwerdeführerin kann sich als inländische juristische Person des Privatrechts gemäß Art. 19 Abs. 3 GG grundsätzlich auf die von ihr geltend gemachten Grundrechte berufen. Dies gilt für das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG und den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 23, 153 [163]; 41, 126 [149]; 53, 336 [345] sowie – auch zur Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG – BVerfGE 143, 246 [312 Rn. 182]) ebenso wie für die Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 80, 244 [250]).
II.
Die Beschwerdeführerin hat den Rechtsweg im finanzgerichtlichen Verfahren erschöpft und dem in § 90 Abs. 2 BVerfGG enthaltenen Subsidiaritätsgrundsatz genügt.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss der Beschwerdeführer gemäß § 90 Abs. 2 BVerfGG über die Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden zumutbaren prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 68, 384 [388 f.]; 77, 381 [401]; 81, 97 [102]; 86, 15 [22]; 107, 395 [414]; 112, 50 [60]; stRspr).
2. Diese Anforderungen hat die Beschwerdeführerin erfüllt.
a) Sie war nicht gehalten, zur Vermeidung des vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahrens Untätigkeitsklage gemäß § 46 FGO wegen fehlender Bescheidung ihres Einspruchs gegen die Festsetzung von Kernbrennstoffsteuer durch Steueranmeldung vom 8. Juli 2016 (in der Form des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2016) zu erheben, um einen Anspruch auf Prozesszinsen nach § 236 AO zu erlangen. Die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage war – ungeachtet der späteren gegenteiligen Ausführungen des Finanzgerichts Hamburg (vgl. oben Rn. 23, 26) – so zweifelhaft, dass ihre Erhebung der Beschwerdeführerin nicht zumutbar war (vgl. BVerfGE 17, 252 [257]; 107, 299 [309]). Angesichts der Vorläufigkeit der Steuerfestsetzung und der Anhängigkeit eines nicht von vornherein aussichtslosen Musterverfahrens bestanden ernsthafte Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage.
aa) Zwar berührt die Vorläufigkeitserklärung gemäß § 165 AO nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Statthaftigkeit der Klage zum Finanzgericht nicht. Allerdings muss ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben sein, damit die Klage zulässig ist. Werden gegen einen Steuerbescheid ausschließlich Einwände erhoben, die sich auf die Verfassungsmäßigkeit des ihm zugrundeliegenden Gesetzes beziehen, kann das Rechtsmittel nicht zur Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Steuerbescheides führen, solange das Gesetz, auf dem der Steuerbescheid beruht, nicht aufgehoben oder vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt worden ist. Deshalb kann die Klage zum Finanzgericht in diesem Fall in der Regel nur den Sinn haben, das Gesetz im Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG oder im Wege einer Verfassungsbeschwerde gegen die abschließende gerichtliche Entscheidung zu Fall zu bringen. Für eine Anrufung des Gerichts mit diesem Ziel fehlt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedoch grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Steuerbescheid in dem verfassungsrechtlichen Streitpunkt vorläufig ergangen ist, die verfassungsrechtliche Streitfrage sich in einer Vielzahl im Wesentlichen gleichgelagerter Verfahren stellt und bereits ein nicht von vornherein aussichtsloses Musterverfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn besondere Gründe materiell-rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Art substantiiert geltend gemacht werden, die es rechtfertigen, trotz Anhängigkeit des Musterverfahrens Rechtsschutz gegen den im Streitpunkt für vorläufig erklärten Bescheid zu gewähren (vgl. BFHE 180, 217 [220 f.] m.w.N.).
bb) Zum Zeitpunkt der Vorläufigkeitserklärung durch das Hauptzollamt Osnabrück am 22. Juli 2016 lag dem Bundesverfassungsgericht bereits aufgrund des Aussetzungs- und Vorlagebeschlusses des Finanzgerichts Hamburg vom 29. Januar 2013 die Frage der Unvereinbarkeit der Kernbrennstoffsteuer mit dem Grundgesetz zur Entscheidung vor (vgl. BVerfGE 145, 171 [176 Rn. 12]). Ob das Offenhalten eines Anspruchs auf Prozesszinsen von der Rechtsprechung als ein Grund materiell-rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Art anerkannt werden würde, der ausnahmsweise ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Untätigkeitsklage begründet, ist hingegen höchstrichterlich – auch durch den hier angegriffenen Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 23. Oktober 2019 – VII B 40/19 –, juris, Rn. 37 f. – nicht abschließend geklärt.
b) Die Beschwerdeführerin war auch nicht gehalten, eine Aussetzung der Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 4 AO zu beantragen. Dabei kann offenbleiben, ob eine solche Aussetzung im Einspruchsverfahren nach einer Steueranmeldung noch in Betracht kommt und ob sie gegebenenfalls eine Erstattung der bereits geleisteten Kernbrennstoffsteuer zur Folge gehabt hätte (verneinend Rüsken, in: Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 165 Rn. 45).
aa) Die Aussetzung der Festsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 4 AO kann sich nach der fachgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich auf alle Vorläufigkeitsgründe des § 165 Abs. 1 AO beziehen. Bei einer Aussetzung der Festsetzung in den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 AO ist jedoch – ebenso wie bei der Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung – zu beachten, dass sie nur bei Vorliegen eines (besonderen) berechtigten Aussetzungsinteresses des Steuerpflichtigen zu gewähren ist (vgl. BFHE 240, 202 [214 Rn. 59]).
bb) Für die vergleichbare Situation der Gewährung einer Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung hatte der Bundesfinanzhof zum Zeitpunkt der Steueranmeldung durch die Beschwerdeführerin für den Fall der Kernbrennstoffsteuer bereits entschieden, dass ausnahmsweise trotz ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit eine solche nicht zu gewähren sei, wenn es sich um Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrundeliegenden Gesetzesvorschrift handele (vgl. BFHE 247, 182 [187 f. Rn. 10 ff.]; vgl. auch BFHE 236, 206 [208 f. Rn. 8 ff.]; BFH, Beschluss vom 28. August 2012 – VII B 22/12 –, juris, Rn. 11).
 
C.
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
Die angegriffenen fachbehördlichen und -gerichtlichen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin durch Versagung des im Ausgangsverfahren begehrten Zinsanspruchs nicht in ihren Grundrechten.
Der Zinsanspruch folgt nicht unmittelbar aus dem Grundgesetz (I.). Die gesetzgeberische Entscheidung, den geltend gemachten Zinsanspruch in der Abgabenordnung nicht vorzusehen, ist nicht verfassungswidrig (II.). Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Vorschriften durch die angegriffenen Entscheidungen verstoßen ebenfalls nicht gegen das Grundgesetz (III.).
I.
Der im Ausgangsverfahren geltend gemachte Anspruch auf Verzinsung der Kernbrennstoffsteuererstattung in Höhe von 0,5% pro Monat für den Zeitraum vom 25. Juli 2016 bis 19. Juni 2017 gegenüber dem Hauptzollamt Osnabrück ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Grundgesetz; dies gilt auch mit Blick auf die grundrechtliche Gewährleistung von Kompensationsansprüchen für verfassungswidrige Grundrechtseingriffe.
Die Erhebung der Kernbrennstoffsteuer aufgrund eines kompetenzwidrig erlassenen Gesetzes hat die Beschwerdeführerin zwar in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG verletzt (1.). Grundrechtsverstöße, wie sie durch das kompetenzwidrige Kernbrennstoffsteuergesetz hervorgerufen wurden, können über Steuererstattungsansprüche hinaus grundsätzlich auch verfassungsrechtlich radizierte Kompensationsansprüche begründen (2.). Aus dieser grundsätzlichen Gewährleistung von Kompensationsansprüchen folgt jedoch kein spezifischer verfassungsunmittelbarer Sekundäranspruch, wie er als Zinsanspruch im Ausgangsverfahren geltend gemacht wurde (3.). Vielmehr sind grundrechtlich radizierte Kompensationsansprüche, auch soweit sie dem Grunde nach in der Verfassung angelegt sind, durch den einfachen Gesetzgeber auszugestalten, der die spezifischen Tatbestandsmerkmale und konkreten Rechtsfolgen der jeweiligen Sekundäransprüche (wie etwa Entschädigungs-, Schadensersatz-, Ausgleichs- oder Verzinsungsansprüche) operationalisierbar machen muss. Hierbei steht dem Gesetzgeber ein weitreichender Ausgestaltungs- und Konkretisierungsspielraum zu, der es ihm ermöglicht, im Einzelfall vollumfängliche Kompensation vorzusehen, ihn dazu aber verfassungsrechtlich nicht zwingt (4.). Aus Art. 19 Abs. 4 GG ergeben sich ebenfalls keine verfassungsunmittelbaren Ersatzansprüche (5.). Dies steht mit den Wertungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in Einklang (6.).
1. Ob die Erhebung der Kernbrennstoffsteuer den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 (a) oder des Art. 12 Abs. 1 GG (b) berührt, kann offenbleiben. Sie hat die Beschwerdeführerin jedenfalls in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG verletzt (c).
a) Unter den Schutz der Eigentumsgarantie fallen grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigener Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf (stRspr; vgl. BVerfGE 83, 201 [209]; 95, 267 [300]). Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz umfasst damit zwar erheblich mehr als den Schutz des zivilrechtlichen Eigentums und erstreckt sich auch auf nicht dingliche vermögenswerte Rechtspositionen. Er bleibt aber an Rechtspositionen gebunden. Kein Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG ist das Vermögen, das selbst kein Recht, sondern den Inbegriff aller geldwerten Güter einer Person darstellt (stRspr; vgl. BVerfGE 4, 7 [17]; 95, 267 [300]; 105, 17 [32]).
aa) Art. 14 Abs. 1 GG schützt daher grundsätzlich nicht vor der staatlichen Auferlegung von Geldleistungspflichten. Diese sind nicht mittels eines bestimmten Eigentumsobjekts zu erfüllen, sondern werden aus dem fluktuierenden Vermögen bestritten. Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn die Geldleistungspflichten den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse so grundlegend beeinträchtigen, dass sie eine erdrosselnde Wirkung haben (vgl. BVerfGE 23, 288 [315]; 30, 250 [271f.]; 63, 312 [327]; 70, 219 [230]; 78, 232 [243]; 95, 267 [300]).
bb) Lediglich für Steuern, die – wie etwa die Gewerbe- und die Einkommensteuer – an den Hinzuerwerb oder das Innehaben vermögenswerter Rechtspositionen anknüpfen, hat der Senat entschieden, dass es sich um einen Eingriff in die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG handelt. Ist es Sinn der Eigentumsgarantie, das private Innehaben und Nutzen vermögenswerter Rechtspositionen zu schützen, greift auch ein Steuergesetz in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie ein, wenn der Steuerzugriff tatbestandlich an das Innehaben von vermögenswerten Rechtspositionen anknüpft und so deren privaten Nutzen zugunsten der Allgemeinheit einschränkt. Das Steuergesetz stellt sich insoweit als rechtfertigungsbedürftige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfGE 115, 97 [110ff.]).
cc) Die Kernbrennstoffsteuer knüpfte aber nicht an den Hinzuerwerb oder das Innehaben von Kernbrennelementen an. Dies spricht dafür, dass mit der Auferlegung dieser Steuer ein Eingriff in das Eigentumsgrundrecht nicht verbunden war.
b) Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der beruflichen Betätigung. Der Schutz des Grundrechts ist einerseits umfassend angelegt, schützt aber andererseits nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. Der Schutzbereich ist daher nicht schon dann eröffnet, wenn eine Rechtsnorm, ihre Anwendung oder andere hoheitliche Maßnahmen unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit entfalten (stRspr; vgl. BVerfGE 105, 252 [265 ff.]; 106, 275 [298 f.]; 111, 191 [213]). Die Berufsfreiheit ist indes berührt, wenn sich die Maßnahmen zwar nicht auf die Berufstätigkeit selbst beziehen, aber die Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern und infolge ihrer Gestaltung in einem so engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs stehen, dass sie objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (stRspr; vgl. BVerfGE 95, 267 [302]; 98, 218 [258]; 111, 191 [213]).
aa) Eine solch enge Verbindung kann auch zwischen einer beruflichen Tätigkeit und der Erhebung von Steuern oder Abgaben bestehen (vgl. etwa BVerfGE 13, 181 [187] zur Schankerlaubnissteuer; BVerfGE 38, 61 [79] zur Straßengüterverkehrsteuer; BVerfGE 111, 191 [213] zu Notarkassenabgaben). Steuern und Abgaben sind an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, wenn sie in engem Zusammenhang zur Ausübung eines Berufes stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz erkennen lassen. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann grundsätzlich auch dann berührt sein, wenn eine Steuer oder Abgabe nicht unmittelbar auf die Berufsfreiheit abzielt, sondern nur in ihrer tatsächlichen Auswirkung geeignet ist, diese zu beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 81, 108 [121 f.]; 110, 370 [393]). Maßgeblich können insbesondere der Umfang der Steuer- oder Abgabenpflicht und ihre Eignung sein, die Berufsausübung zu beeinflussen (vgl. BVerfGE 37, 1 [17 f.] zur Weinwirtschaftsabgabe; BVerfGE 81, 108 [121 f.] zur Aufhebung einer Steuervergünstigung für bestimmte Nebentätigkeiten; BVerfGE 110, 370 [393 f.] zur Klärschlammabgabe).
bb) Die Kernbrennstoffsteuer intendierte nach dem gesetzgeberischen Willen jedoch keine Steuerung des Betriebs von Kernkraftwerken, sondern allein die Generierung von Haushaltsmitteln, auch vor dem Hintergrund der hohen für die Sanierung der Schachtanlage Asse II entstehenden Kosten (vgl. BTDrucks 17/3054, S. 1, 5). Ob ihre Auferlegung aufgrund der erheblichen Höhe sowie der engen Begrenzung des Kreises der Steuerpflichtigen eine objektiv berufsregelnde Tendenz besaß, kann offen bleiben.
c) Denn die Erhebung der Kernbrennstoffsteuer hat die Beschwerdeführerin jedenfalls in ihrer durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit verletzt.
aa) Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit in einem umfassenden Sinne (stRspr; vgl. BVerfGE 6, 32 [36]; 80, 137 [152]; 97, 332 [340]). Insbesondere gehört zur Handlungsfreiheit das Recht der Betroffenen, nur aufgrund solcher Rechtsvorschriften zu Steuern herangezogen zu werden, die formell und materiell mit der Verfassung vereinbar sind und deshalb zur verfassungsmäßigen Ordnung gehören (stRspr; vgl. BVerfGE 19, 206 [215 f.]; 44, 216 [223 f.]; 97, 332 [340 f.]).
bb) Die Erhebung der kompetenzwidrigen Kernbrennstoffsteuer stellte demnach zumindest einen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten (vgl. BVerfGE 145, 171 ff.) Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Beschwerdeführerin dar.
2. Der im Gefolge dieser Grundrechtsverletzung entstandene Anspruch der Beschwerdeführerin auf Erstattung der entrichteten Steuer ist zwar erfüllt. Grundrechtsverstöße, wie sie durch das kompetenzwidrige Kernbrennstoffsteuergesetz hervorgerufen wurden, können aber auch darüber hinaus verfassungsrechtlich radizierte Kompensationsansprüche begründen.
a) Die Grundrechte gewährleisten das grundsätzliche Bestehen angemessener Sekundäransprüche nach Grundrechtsverletzungen. Die Haftung für staatliches Unrecht ist insofern nicht nur eine Ausprägung des Legalitätsprinzips (vgl. Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 34 Rn. 12 [April 2020]; Wieland, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 34 Rn. 30; v. Danwitz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 34 Rn. 40; Sauer, Öffentliches Reaktionsrecht, 2021, S. 249ff.), sondern auch Ausfluss der jeweils betroffenen Grundrechte, die insoweit den zentralen Bezugspunkt für die Einstandspflichten des Staates bilden (vgl. Schoch, Die Verwaltung 34 [2001], S. 261 [288]; Höfling, VVDStRL 61 [2002], S. 260 [269]; Grzeszick, Rechte und Ansprüche, 2002, S. 358 ff.; Ossenbühl, in: Festschrift für Klaus Stern, 2012, S. 535ff.; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. November 2020 – 2 BvR 477/17 –, Rn. 24); sie folgt dem Grunde nach aus den beeinträchtigten Grundrechten selbst.
b) Die Grundrechte schützen nicht nur vor nicht gerechtfertigten Eingriffen des Staates in Freiheit und Gleichheit der Bürgerinnen und Bürger und sind insoweit Grundlage für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, die die Effektivität des Grundrechtsschutzes sicherstellen (vgl. Lübbe-Wolff, Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, 1988, S. 33 ff.). Soweit dies nicht möglich ist, ergeben sich aus ihnen – und nicht allein aus dem auf einer politischen Entscheidung des Gesetzgebers beruhenden einfachen Recht – grundsätzlich auch Kompensationsansprüche, sei es als Schadensersatz-, sei es als Entschädigungs- und Ausgleichsansprüche (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. November 2020 – 2 BvR 477/17 –, Rn. 25 m.w.N. sowie rechtsvergleichend Rn. 26).
c) Solche – als Sekundäransprüche konkretisierte – Kompensationsansprüche können zwar nicht die Integrität der betroffenen grundrechtlich geschützten Interessen wiederherstellen. Ohne grundrechtlich radizierte Sekundäransprüche blieben die Verletzungen grundrechtlich geschützter Interessen jedoch häufig sanktionslos (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. November 2020 – 2 BvR 477/17 –, Rn. 25 ff.). Kompensationsansprüche können die Eingriffsintensität mindern und somit zumindest das vollständige Leerlaufen der in Rede stehenden grundrechtlich geschützten Interessen verhindern.
3. Aus der grundgesetzlichen Gewährleistung von Kompensationsansprüchen folgt indes nicht, dass sich aus dem Grundgesetz spezifische verfassungsunmittelbare Sekundäransprüche ableiten lassen, insbesondere nicht ein spezifischer Anspruch auf Verzinsung einer Steuererstattung. Art und Umfang grundrechtlicher Sekundäransprüche bedürfen vielmehr der Ausgestaltung und Konkretisierung durch den einfachen Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 91, 93 [111 f.]; 125, 175 [224]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. November 2020 – 2 BvR 477/17 –, Rn. 30). Dieser verantwortet die Ausgestaltung des grundgesetzlich gewährleisteten Kompensationsanspruchs, indem er die erforderliche Konkretisierung der Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen spezifischer Sekundäransprüche vornimmt.
4. Bei der Ausgestaltung spezifischer Sekundäransprüche kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungspielraum zu (vgl. BVerfGE 96, 56 [64]; 121, 317 [356]; 133, 59 [76 Rn. 45 a.E.]), der Typisierungen und Pauschalisierungen nicht nur zulässt, sondern erfordert, um die Sekundäransprüche operationalisierbar zu machen.
a) Die verfassungsrechtliche Garantie grundrechtlicher Sekundäransprüche dem Grunde nach statuiert keine Pflicht des Gesetzgebers, sämtliche Folgen verfassungswidriger Eingriffe rückwirkend zu beseitigen (vgl. BVerfGE 48, 327 [340]). Es gibt auch keine verfassungsrechtliche Pflicht, nach Nichtigerklärung eines Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht alle Eingriffsfolgen mit Wirkung für die Vergangenheit zu beheben. Bei der Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse zwischen Bürger und Staat und der Statuierung spezifischer Kompensationsansprüche muss der Gesetzgeber neben dem grundrechtlich geschützten Folgenbeseitigungsinteresse der verletzten Grundrechtsträger und deren Interesse an einem entsprechenden Ausgleich im Einzelfall stets auch sonstige Verfassungsbelange berücksichtigen, insbesondere diejenigen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens (vgl. BVerfGE 37, 217 [261]; 48, 327 [340]; 73, 40 [102]; 92, 53 [74]; 119, 331 [383]), des wirksamen Grundrechtsschutzes Dritter (vgl. BVerfGE 83, 130 [154]) sowie der Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen (vgl. BVerfGE 83, 130 [154]; 119, 331 [383]). Der Gesetzgeber ist bei der Regelung grundrechtlicher Sekundäransprüche nicht auf die Regelung formeller Aspekte (etwa Verjährungsfristen) beschränkt, sondern er kann auch materielle Konkretisierungen vornehmen, etwa indem er Subsidiaritätserfordernisse vorsieht, Privilegierungen einführt oder eine gesamtschuldnerische Haftung des Staates gänzlich ausschließt (vgl. BVerfGE 61, 149 [199 f.]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. November 2020 – 2 BvR 477/17 –, Rn. 30).
b) Auch Art. 34 GG hat ungeachtet daraus folgender Mindestanforderungen an die Amtshaftung die mittelbare Staatshaftung nicht zum lückenlosen Prinzip verdichtet. Die Vorschrift lässt Raum für Regelungen, die den Umfang der öffentlich-rechtlichen Haftungsübernahme modifizieren (vgl. BVerfGE 61, 149 [199 f.]). Der Spielraum des Gesetzgebers im Bereich spezifischer Kompensationsansprüche außerhalb der Schadensersatzansprüche wegen Amtshaftung im Anwendungsbereich von Art. 34 GG ist grundgesetzlich nicht strikter determiniert.
c) Dem Gesetzgeber obliegt die Entscheidung, ob und inwiefern gerade Zinsansprüche ein Bestandteil des grundgesetzlich gewährleisteten Kompensationsregimes sein sollen, das die Folgen einer verfassungswidrig erhobenen Steuer angemessen ausgleichen soll. Bei der Auswahl des Zinsgegenstands und der Bemessung des Zinssatzes kann er typisierende Regelungen treffen und sich dabei in erheblichem Umfang von Praktikabilitätserwägungen mit dem Ziel der Einfachheit der Zinsfestsetzung und -erhebung leiten lassen (vgl. BVerfGE 158, 282 [329 Rn. 115]). Falls Zinsansprüche vorgesehen werden, hat er – neben der Zinshöhe – zusätzlich festzulegen, ab wann die Zinsen geschuldet sind, etwa ab Zahlung, ab Rechtshängigkeit des Erstattungsanspruchs, nach Ablauf einer Karenzzeit oder ab einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, aus der sich die Nichtigkeit der Steuer ergibt.
5. Verfassungsunmittelbare Ansprüche folgen auch nicht aus Art. 19 Abs. 4 GG. Sofern grundrechtlich radizierte Kompensationsansprüche bestehen, nehmen sie zwar am Schutz des Art. 19 Abs. 4 GG teil (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. November 2020 – 2 BvR 477/17 –, Rn. 29). Denn das Recht auf effektiven Rechtsschutz stellt die Durchsetzung und Effektivierung gerade der materiellen (Grund-)Rechte sicher. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet jedoch selbst weder den sachlichen Bestand noch den Inhalt materiell geschützter Rechtspositionen, sondern setzt diese vielmehr voraus (vgl. BVerfGE 61, 82 [110]; 78, 214 [226]; 83, 182 [194 f.]; 84, 34 [49]; stRspr).
6. Die Verneinung einer verfassungsrechtlichen Pflicht zur umfassenden Kompensation sämtlicher – auch nur mittelbar mit einer Grundrechtsverletzung zusammenhängender – Vermögensnachteile steht mit den Wertungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Einklang, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten heranzuziehen sind (vgl. BVerfGE 128, 326 [367 ff.] m.w.N.). Bereits aus dem Wortlaut von Art. 41 EMRK ergibt sich, dass auch bei einer festgestellten – regelmäßig nicht mehr (vollständig) rückgängig zu machenden – Verletzung der Konvention und ihrer Protokolle eine Entschädigung nicht in jedem Fall, sondern nur dann zuzusprechen ist, wenn dies notwendig ist.
Dass sich aus Art. 266 Abs. 1, beziehungsweise Art. 266 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 340 AEUV, aus denen der Gerichtshof der Europäischen Union eine Verzinsung von Rückerstattungsansprüchen ableitet (vgl. EuGH, Urteile vom 12. Februar 2015, IPK International, C-336/13 P, EU:C:2015:83, Rn. 30 f., 71 sowie Rn. 37; vom 20. Januar 2021, Printeos, C-301/19 P, EU:C:2021:39, Rn. 68, 94, 122, 124 sowie Rn. 56), wenn Beträge unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben wurden, ein allgemeiner, auch bei der Auslegung des deutschen Staatshaftungsrechts zu berücksichtigender Grundsatz ergäbe, ist nicht erkennbar. Diese Vorschriften knüpfen an die allgemeinen Rechtsgrundsätze an, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. Eine Differenzierung zwischen Primär- und Sekundärrechtsschutz ist auch den Rechtsordnungen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union geläufig (vgl. Storr, in: v. Bogdandy/Huber/Marcusson, IPE IX, 2021, § 145 Rn. 116 ff.; für Italien: Fraenkel-Haeberle/Galetta, in: v. Bogdandy/Huber/Marcusson, IPE VIII, 2019, § 131 Rn. 159 ff.).
II.
Die gesetzgeberische Entscheidung, den geltend gemachten Zinsanspruch in der Abgabenordnung nicht vorzusehen, ist nicht verfassungswidrig. Weder fordern die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an grundrechtliche Kompensationsansprüche im vorliegenden Fall vom Gesetzgeber, eine Verzinsung der Kernbrennstoffsteuererstattung zu regeln (1.), noch begründet die fehlende Anordnung einer generellen Verzinsung der Kernbrennstoffsteuererstattung einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG (2.).
1. Der Gesetzgeber war hier nicht verpflichtet, den von der Beschwerdeführerin begehrten, über § 236 AO hinausgehenden Zinsanspruch vorzusehen, um den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen grundrechtlicher Kompensationsansprüche zu genügen. Es reichte aus, in § 37 Abs. 2 AO die Erstattung des Nominalbetrags der Steuer anzuordnen.
a) Sieht der Gesetzgeber nach verfassungswidriger Erhebung von Steuern Rückerstattungsansprüche in Höhe der gezahlten Nominalbeträge vor, verlangen die Grundsätze des grundrechtlichen Kompensationsanspruchs jedenfalls bei niedrigen Marktzinsen und niedriger Inflation keine über die Rückzahlung des geleisteten Steuerbetrags hinausgehende Kompensation für Erstattungen, die regelmäßig binnen weniger Jahre – und nicht erst nach Jahrzehnten – erfolgen. Nach Erstattung der gezahlten Steuer verbleibt in einem solchen Fall regelmäßig keine verfassungsrechtlich erhebliche Beeinträchtigung von Grundrechten, die zu kompensieren wäre (vgl. BVerfGE 158, 282 [329 f. Rn. 117 a.E.]; sowie BVerfGE 148, 217 [248 Rn. 116]). Insbesondere in einem von Niedrig- oder gar Negativzinsen geprägten Umfeld steht es dem Gesetzgeber mithin nach den Grundsätzen des grundrechtlichen Kompensationsanspruchs frei, gänzlich auf eine Verzinsung von Steuererstattungsansprüchen zu verzichten (vgl. BVerfGE 158, 282 [379 f. Rn. 240 a.E., 381 f. Rn. 245 a.E.]).
b) Hier wurde die zu Unrecht gezahlte Kernbrennstoffsteuer der Beschwerdeführerin binnen eines angemessen kurzen Zeitraums von nur zehn Monaten erstattet. In dem streitgegenständlichen Zeitraum (25. Juli 2016 bis 19. Juni 2017) war das Zinsumfeld von Niedrigzinsen geprägt (vgl. BVerfGE 158, 282 [379 f. Rn. 240 a.E.]). Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers hat sich daher nicht zu einer Verpflichtung verdichtet, die Steuererstattungsansprüche zu verzinsen.
2. Die fehlende Anordnung einer generellen Verzinsung der Kernbrennstoffsteuererstattung verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (a). Er verlangt vom Gesetzgeber jedoch nicht, Steuererstattungen infolge Nichtigerklärung eines verfassungswidrigen Gesetzes und Steuererstattungen nach Unvereinbarkeitserklärung eines verfassungswidrigen Gesetzes dahingehend ungleich zu behandeln, dass in Fällen der Nichtigerklärung allen Betroffenen, soweit die Bestands- oder Rechtskraft nicht entgegensteht, eine Verzinsung der gezahlten Beträge unabhängig von der Rechtshängigkeit zu gewähren wäre (b). Art. 3 Abs. 1 GG verlangt vom Gesetzgeber auch nicht, Steuererstattungsgläubigern, die ohne Prozessrisiko in den Genuss einer Erstattung nach § 37 Abs. 2 AO kommen, Prozesszinsen zuzugestehen (c).
a) Der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (stRspr; vgl. BVerfGE 145, 106 [141 f. Rn. 98]; 148, 147 [183 Rn. 94]; 152, 274 [311 Rn. 95]; 158, 282 [327 Rn. 110]). Zwar ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und die er so als rechtlich gleich qualifiziert. Diese Auswahl muss er jedoch sachgerecht treffen (stRspr; vgl. BVerfGE 141, 1 [38 Rn. 93]; 145, 106 [142 Rn. 98]; 152, 274 [311 Rn. 95]).
aa) Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (stRspr; vgl. BVerfGE 133, 377 [407 Rn. 74]; 145, 106 [142 Rn. 98]; 152, 274 [312 Rn. 96]; 158, 282 [327 Rn. 110]). Dabei ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen aus dem allgemeinen Gleichheitssatz im Sinne eines stufenlosen, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Prüfungsmaßstabs unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit reichen. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (stRspr; vgl. BVerfGE 145, 106 [142 Rn. 98]; 148, 147 [183 f. Rn. 94]; 152, 274 [312 Rn. 96]).
bb) Ungleichbehandlungen können dabei auch durch Vereinfachungs- und Typisierungsbefugnisse gerechtfertigt sein. Der Gesetzgeber darf unter bestimmten Voraussetzungen typisierende Regelungen verwenden, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Benachteiligung Einzelner gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfGE 158, 282 [329 Rn. 114 f.] m.w.N.).
(1) Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Der Gesetzgeber darf sich dabei grundsätzlich am Regelfall orientieren und Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, generalisierend vernachlässigen (vgl. BVerfGE 152, 274 [314 Rn. 102] m.w.N.; 158, 282 [329 Rn. 115]; stRspr). Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist er berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt (vgl. BVerfGE 11, 245 [254]; 78, 214 [227]; 84, 348 [359]; 122, 210 [232]; 126, 268 [278]; 133, 377 [412 Rn. 86]; 145, 106 [145 f. Rn. 106]; 152, 274 [314 Rn. 101]).
(2) Begünstigungen oder Belastungen können daher in einer gewissen Bandbreite zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung nach oben und unten pauschalierend bestimmt werden (BVerfGE 111, 115 [137]). Bei Verzinsungsentscheidungen darf der Gesetzgeber sowohl bei der Auswahl des Zinsgegenstands als auch der Bemessung des Zinssatzes typisierende Regelungen treffen und sich dabei in erheblichem Umfang von Praktikabilitätserwägungen mit dem Ziel der Einfachheit der Zinsfestsetzung und -erhebung leiten lassen (vgl. BVerfGE 158, 282 [329 Rn. 115]).
b) Danach besteht kein verfassungsrechtliches Gebot, Steuererstattungen infolge der Nichtigerklärung eines verfassungswidrigen Gesetzes und Steuererstattungen nach der Unvereinbarkeitserklärung eines verfassungswidrigen Gesetzes dahingehend ungleich zu behandeln, dass in Fällen der Nichtigerklärung allen Betroffenen, soweit die Bestands- oder Rechtskraft nicht entgegensteht, eine Verzinsung der gezahlten Beträge unabhängig von der Rechtshängigkeit zu gewähren wäre.
Nichtig- und Unvereinbarkeitserklärung durch das Bundesverfassungsgericht kennzeichnen keine unterschiedlich gravierenden Verfassungsverstöße, die gemäß Art. 3 Abs. 1 GG ungleich zu behandeln wären. Die Nichtigerklärung knüpft nicht an einen besonders schwerwiegenden und offensichtlichen Rechtsverstoß an. Umgekehrt kennzeichnet eine Unvereinbarkeitserklärung keinen "Verfassungsverstoß minderer Art".
aa) Nichtig- und Unvereinbarkeitserklärung unterscheiden sich in ihrer Wirkung insoweit, als es im ersten Falle zum rückwirkenden Wegfall der verfassungswidrigen Norm kommt, während im zweiten Falle dem hierfür originär zuständigen Gesetzgeber die Aufgabe zugewiesen wird, auch für die Vergangenheit – mit Ausnahme bestands- oder rechtskräftig abgeschlossener Sachverhalte (stRspr; vgl. BVerfGE 99, 280 [298]; 105, 73 [134]; 148, 147 [211 Rn. 165]) – eine verfassungskonforme Regelung zu treffen.
bb) Ob ein verfassungswidriges Gesetz für nichtig oder aber für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt wird, hängt nicht von der Schwere des Verfassungsverstoßes ab. Vielmehr ist die Nichtigerklärung eines Gesetzes die gesetzliche Regelfolge eines Verfassungsverstoßes, §§ 78, 95 BVerfGG. Das Bundesverfassungsgericht sieht zur Wiederherstellung eines verfassungsgemäßen Zustands lediglich von der Anordnung der Nichtigkeit ab, wenn der Gesetzgeber bei einer Verletzung des Gleichheitssatzes verschiedene Möglichkeiten hat, den Verfassungsverstoß zu beseitigen, oder wenn durch eine Nichtigerklärung ein Zustand geschaffen würde, der der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stünde als die verfassungswidrige Regelung (vgl. BVerfGE 149, 222 [290 Rn. 151] m.w.N.).
c) Nach obigen Maßstäben (Rn. 101 ff.) ist auch gegen die gesetzgeberische Entscheidung, Prozesszinsen nach § 236 AO nur Steuerpflichtigen zuzubilligen, die Erstattungsansprüche erfolgreich im Klagewege geltend gemacht haben, Steuerpflichtigen, die infolge einer Vorläufigkeitserklärung gemäß § 165 Abs. 1 AO ohne Prozessrisiko in den Genuss der Erstattung kommen, hingegen nicht, von Verfassungs wegen nichts zu erinnern.
aa) Der Gesetzgeber hat die vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 AO geschaffen, damit einerseits Steuerpflichtige von sie begünstigenden gesetzlichen Neuregelungen oder einer (verfassungs-)gerichtlichen Entscheidung profitieren können, andererseits jedoch eine Überlastung von Verwaltung und Justiz vermieden wird. Insofern sind Steuerpflichtige infolge einer Vorläufigkeitserklärung nicht gezwungen, durch Rechtsbehelfe ihre Fälle offen zu halten, damit ihnen die Begünstigungen einer gesetzlichen Neuregelung beziehungsweise einer gerichtlichen Entscheidung zuteilwerden (vgl. BTDrucks 12/5630, S. 98).
bb) Dass in Konsequenz dieser Regelung mangels Rechtsbehelfs auch keine Prozesszinsen zugunsten des Erstattungsgläubigers anfallen, ist dabei von der Ausgestaltungs- und Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gedeckt. Das Fehlen eines Prozessrisikos in Fällen der Vorläufigkeitserklärung stellt einen wesentlichen und die Differenzierung rechtfertigenden Unterschied der Interessenlagen der Betroffenen dar (vgl. BVerfG, Dreierausschussbeschluss des Ersten Senats vom 5. September 1979 – 1 BvR 594/79 –, HFR 1979, S. 486). Während der Steuerpflichtige, der klageweise gegen eine Steuerfestsetzung vorgeht, stets auch sein Unterliegen im Rechtsstreit gewärtigen muss, profitiert der durch § 165 AO Begünstigte risikolos von den Vorteilen der von Anderen herbeigeführten gerichtlichen Entscheidung. Dass er zur Eingehung eines entsprechenden Risikos bereit gewesen wäre, steht der tatsächlichen Risikoübernahme nicht gleich. Die Beschwerdeführerin ist das Risiko einer – vor dem Hintergrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. oben Rn. 63 f.) möglicherweise, aber nicht unzweifelhaft zulässigen – Untätigkeitsklage gerade nicht eingegangen.
III.
Die Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Vorschriften durch die angegriffenen Entscheidungen verstößt ebenfalls nicht gegen das Grundgesetz.
Dass die Fachgerichte und -behörden die Systementscheidung des Gesetzgebers, keine Verzinsung nicht rechtshängig gewordener Kernbrennstoffsteuererstattungen vorzusehen, nicht überspielen, lässt verfassungsrechtliche Fehler nicht erkennen. Vielmehr entspricht es dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Bindung des Richters an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG), die gesetzgeberischen Konkretisierungs- und Ausgestaltungsentscheidungen zu beachten, statt sie durch eigene Gerechtigkeitsvorstellungen der Fachgerichte zu ersetzen (vgl. BVerfGE 82, 6 [12 f.]; 128, 193 [210]; 132, 99 [127 Rn. 75]).
König Huber Hermanns Müller Kessal-Wulf Maidowski Langenfeld Wallrabenstein