BGE 125 I 335 - Akupunkteurin
 
31. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 7. Juni 1999
i.S. J. gegen Direktion des Gesundheitswesens, Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
(staatsrechtliche Beschwerde)
 
Regeste
 
Regeste
Das zürcherische Gesundheitsgesetz ist eine genügende gesetzliche Grundlage für das Verbot der selbständigen Berufsausübung als Akupunkteurin (E. 2).
Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Verhältnismässigkeit des Erfordernisses von Fähigkeitsausweisen; Anspruch auf Teilbewilligungen (E. 3).
Die Handels- und Gewerbefreiheit schützt auch die selbständige Ausübung der Akupunktur (E. 4).
Es ist unverhältnismässig, einer Akupunkteurin die selbständige Berufsausübung zu untersagen, wenn sie dafür gleich gut oder besser ausgebildet ist als eine Medizinalperson (E. 5).
 
Sachverhalt
J. besitzt mehrere US-amerikanische Diplome und Lizenzen für Massagetherapie, ein Diplom als BMaster of AcupunctureR vom International Institute of Chinese Medicine in Santa Fe (USA) sowie ein Zertifikat der US-amerikanischen National Commission for the Certification of Acupuncturists, welches zum Betreiben einer selbständigen Akupunkturpraxis unter anderem in den USA berechtigt. Ferner absolvierte sie mehrere Ausbildungsgänge in Akupunktur und traditioneller chinesischer Medizin in China. Sie verfügt nicht über ein Arztdiplom. Seit 1994 besitzt sie eine Bewilligung des Kantons Graubünden zur selbständigen Ausübung des Berufes als medizinische Massagetherapeutin mit zusätzlicher Anwendung der Akupunktur und betreibt seither in Davos eine eigene Praxis für Akupunktur und medizinische Massage. Am 1. Juli 1996 stellte sie bei der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich das Gesuch, ihr die Bewilligung zur selbständigen Ausübung des Akupunkteurberufs im Kanton Zürich zu erteilen. Die Direktion wies das Gesuch am 5. Februar 1997 ab, da nach zürcherischem Recht die selbständige Ausübung der Akupunktur den Ärzten vorbehalten sei.
J. erhob dagegen erfolglos Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Zürich und anschliessend Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses erwog, die Akupunktur sei eine medizinische Verrichtung, deren selbständige Ausübung den Ärzten vorbehalten sei. Diese Regelung sei durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt und verhältnismässig. Damit bestehe auch ein zulässiges öffentliches Interesse an einer Einschränkung im Sinne von Art. 3 Abs. 2 lit. a und e des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM; SR 943.02). Das Verwaltungsgericht wies daher die Beschwerde mit Urteil vom 19. März 1998 in der Hauptsache ab.
J. erhebt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben, soweit ihr damit die selbständige Ausübung des Akupunkteurberufs verweigert worden sei. Sie rügt eine Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit sowie von Art. 2 ÜbBest. BV in Verbindung mit dem Binnenmarktgesetz. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut
 
Auszug aus den Erwägungen:
aus folgenden Erwägungen:
 
Erwägung 2
2.- a) Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit (Art. 31 BV). Unter dem Schutz dieses Grundrechts steht jede gewerbsmässig ausgeübte, privatwirtschaftliche Tätigkeit, die der Erzielung eines Gewinnes oder Erwerbseinkommens dient (BGE 119 Ia 378 E. 4b S. 381; 117 Ia 440 E. 2 S. 445; 116 Ia 118 E. 3 S. 121), somit auch die gewerbsmässige Ausübung des Berufs einer Akupunkteurin. Art. 31 BV behält in Abs. 2 kantonale Bestimmungen über die Ausübung von Handel und Gewerben, namentlich im öffentlichen Interesse begründete polizeiliche Massnahmen, vor. Solche Einschränkungen können dem Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit, Sittlichkeit und Sicherheit oder von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr dienen (BGE 118 Ia 175 E. 1 S. 176 f.; 114 Ia 34 E. 2a S. 36). Unzulässig sind wirtschaftspolitische oder standespolitische Massnahmen, die den freien Wettbewerb behindern, um gewisse Gewerbezweige oder Bewirtschaftungsformen zu sichern oder zu begünstigen. Beschränkungen der Handels- und Gewerbefreiheit bedürfen im Übrigen einer gesetzlichen Grundlage, müssen durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt sein und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit sowie der Rechtsgleichheit wahren (BGE 124 I 310 E. 3a S. 313; 123 I 12 E. 2a S. 15; mit Hinweisen).
c) Gemäss § 7 Abs. 1 lit. a des zürcherischen Gesundheitsgesetzes vom 4. November 1962 ist eine Bewilligung erforderlich, um gegen Entgelt oder berufsmässig Krankheiten, Verletzungen oder sonstige gesundheitliche Störungen festzustellen und zu behandeln oder überhaupt medizinische Verrichtungen vorzunehmen. Das Gesetz regelt sodann die Berufe der Gesundheitspflege und nennt im Einzelnen die Zulassungsvoraussetzungen für Ärzte, Zahnärzte, Chiropraktoren, Zahnprothetiker, Apotheker und Drogisten. § 31a des zürcherischen Gesundheitsgesetzes ermächtigt den Regierungsrat, die Ausbildung und Tätigkeit der anderen Berufe des Gesundheitswesens durch Verordnung zu regeln. Diese Regelung ist enthalten in der Verordnung vom 8. Januar 1992 über die Berufe der Gesundheitspflege (VBG). Nach § 1 dieser Verordnung übt einen Beruf der Gesundheitspflege aus, wer gegen Entgelt oder berufsmässig Krankheiten, Verletzungen oder sonstige gesundheitliche Störungen feststellt oder behandelt, Geburtshilfe ausübt oder medizinische Analysen durchführt. § 3 VBG nennt nicht abschliessend einige Tätigkeiten, die nicht als medizinische Verrichtung gelten. § 8 VBG zählt abschliessend eine Anzahl von Berufen auf, die zur selbständigen Berufsausübung berechtigt sind, wobei die selbständige Ausübung dieser Berufe gemäss § 9 VBG einer Bewilligung bedarf. Der Beruf des Akupunkteurs ist in § 8 VBG nicht genannt.
Die Bewilligungspflicht für die Ausübung sämtlicher Berufe der Gesundheitspflege ergibt sich damit klar aus dem formellen Gesetz. Ebenso klar ist, dass die Akupunktur auf die Behandlung von Krankheiten oder sonstigen gesundheitlichen Störungen ausgerichtet ist und damit - sofern sie gegen Entgelt oder berufsmässig ausgeübt wird - der Bewilligungspflicht unterliegt. Das Gesetz zählt ferner ausdrücklich eine Anzahl von Berufen der Gesundheitspflege auf und ermächtigt den Regierungsrat, Bdie anderen BerufeR des Gesundheitswesens zu regeln. Daraus ergibt sich entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht, dass die Zürcher Gesetzgebung für die Akupunkteure eine Lücke enthalte. Vielmehr folgt aus der Systematik des Gesetzes, dass nur die im Gesetz oder in der Verordnung des Regierungsrates genannten Berufe überhaupt selbständig ausgeübt werden dürfen. Das Verbot der selbständigen Ausübung der übrigen Berufe entspricht somit der gesetzlichen Regelung und findet darin eine klare Grundlage (vgl. BGE 116 Ia 118 E. 4b/c S. 122 f.).
 
Erwägung 3
3.- a) Die Beschwerdeführerin bestreitet die Verhältnismässigkeit des Verbots einer selbständigen Ausübung der Akupunktur durch Nicht-Mediziner. Die Gesetzgebung gestatte die selbständige Ausübung anderer medizinischer Hilfsberufe mit mindestens ebenso grossen Gesundheitsrisiken. Es sei zudem inkonsequent, die Ausübung der Akupunktur den diplomierten Ärzten zu erlauben, den ausgebildeten Akupunkteuren jedoch zu untersagen, da die Ärzte in aller Regel nur über eine oberflächliche Zusatzausbildung in Akupunktur verfügten. Zudem bestehe auf Bundesebene eine Berufsorganisation, welche ein dreijähriges Ausbildungsprogramm anbiete. Sie selber verfüge über eine langjährige Ausbildung und habe ihren Beruf in den Kantonen Graubünden und Bern klag- und anstandslos ausgeübt. Das Verbot der selbständigen Ausübung der Akupunktur diene rein standespolitischen Interessen der Ärzteschaft.
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts können die Kantone die Ausübung gewisser Tätigkeiten vom Besitze eines Fähigkeitsausweises abhängig machen, dies jedoch nur, wenn die fragliche Tätigkeit Gefahren für das Publikum mit sich bringt, die nur durch beruflich besonders befähigte Personen in erheblichem Masse vermindert werden können (BGE 112 Ia 322 E. 4b S. 325). Diese Überlegungen gelten auch für den Bereich des Gesundheitswesens. Es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass im Gesundheitswesen nur fähige Personen tätig sind. Das darf jedoch nicht dazu missbraucht werden, aus standespolitischen Überlegungen den Zugang zu den Berufen des Gesundheitswesens stärker einzuschränken, als dies zur Wahrung der berechtigten gewerbepolizeilichen Interessen gerechtfertigt ist (BGE 117 Ia 440 E. 4a S. 446 f.; 112 Ia 322 E. 4c S. 326). Ohne weiteres zulässig ist es, die Ausübung von Berufen der Gesundheitspflege bewilligungspflichtig zu erklären und die Erteilung der Bewilligung an den Nachweis fachlicher Fähigkeiten zu knüpfen. Aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip folgt jedoch, dass nicht Anforderungen gestellt werden dürfen, die sachlich zum Schutz von Polizeigütern nicht gerechtfertigt sind. In der Rechtsprechung des Bundesgerichts wurden folgende Anforderungen als unverhältnismässig beurteilt:
    - das Erfordernis eines ärztlichen Rezepts als Voraussetzung für die Anpassung von Kontaktlinsen auch ohne pathologischen Befund, da dies zum Schutz der Gesundheit nicht erforderlich ist (BGE 110 Ia 99 E. 5);
    - das Verbot der Führung von mehr als zwei Zahnarztpraxen (BGE 113 Ia 38 E. 4);
    - das Erfordernis eines schweizerischen Fähigkeitsausweises für die selbständige Ausübung der Physiotherapie, da die Gleichwertigkeit eines ausländischen Ausweises im Auftrag der Kantone vom Schweizerischen Roten Kreuz überprüft wird (Urteil vom 16. Oktober 1992 i.S. F., publiziert in RDAT 1993 I 27 76, E. 4c; Urteil vom 9. Juni 1995 i.S. Sch., publiziert in SJ 1995 713, E. 3).
Als zulässig beurteilt wurden hingegen:
    - Das Erfordernis eines Fähigkeitsausweises als Voraussetzung für die Anpassung von Kontaktlinsen (BGE 103 Ia 272 E. 6b S. 276; nicht publiziertes Urteil vom 16. November 1995 i.S. R., E. 4);
    - das Verbot der selbständigen Ausübung der Homöopathie durch nicht medizinisch ausgebildete Personen (nicht publiziertes Urteil vom 12. Mai 1989 i.S. F., E. 2b);
    - das Erfordernis eines Psychologiestudiums und eines dreijährigen Berufspraktikums als Voraussetzung für die selbständige Ausübung der Psychotherapie (nicht publiziertes Urteil vom 3. Dezember 1993 i.S. Schweizerischer Psychotherapeuten-Verband, E. 5 und 6), nicht aber, wenn diese Ausbildung nur in bestimmten Institutionen absolviert werden kann (nicht publiziertes Urteil vom 18. März 1988 i.S. Schweizer Psychotherapeuten-Verband, E. 5);
    - die Bewilligungspflicht für die Ausübung der Reflexologie (BGE 109 Ia 180 E. 3 S. 182 f.);
    - das Verbot der Wahrsagerei, sofern diese therapeutisch ausgerichtet ist; demgegenüber wurde offen gelassen, ob ein Verbot zulässig wäre, wenn es einzig damit begründet wird, die Ausbeutung der Leichtgläubigkeit zu vermeiden (nicht publiziertes Urteil vom 13. Juli 1990 i.S. W., E. 2c). c) Im Lichte dieser Rechtsprechung ist es - was die Beschwerdeführerin auch nicht bestreitet - ohne weiteres zulässig, die selb-ständige Tätigkeit von Akupunkteuren an eine Bewilligungspflicht und an den Nachweis fachlicher Befähigung zu knüpfen. Umstritten ist jedoch, ob der Kanton verfassungsrechtlich verpflichtet ist, Bewilligungen für die Ausübung der Akupunktur auch an Personen zu erteilen, die nicht Inhaber des Arztdiploms sind.
d) Aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip hat das Bundesgericht abgeleitet, dass unter Umständen Teilbewilligungen vorzusehen sind, wenn für die Ausübung eines Teilbereichs einer bestimmten Tätigkeit ein eigenes Berufsbild mit entsprechender Ausbildungsstruktur besteht oder wenn in klarer und praktikabler Weise einzelne Bereiche einer beruflichen Tätigkeit bezeichnet werden können, für welche es sich aufdrängt, geringere Anforderungen an die Fachkunde zu stellen (BGE 117 Ia 440 E. 5b S. 450; 116 Ia 118 E. 6b S. 125; 112 Ia 322 E. 4b S. 326). Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Bewerber für diesen Teilbereich über eine ebenbürtige fachliche Befähigung verfügt. So ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts unzulässig, für die selbständige Ausübung des Berufs des medizinischen Masseurs eine Ausbildung als Physiotherapeut zu verlangen, da der Masseur für die von ihm einzig ausgeübte passive Therapie ebenso gut ausgebildet ist wie ein Physiotherapeut (BGE 117 Ia 440 E. 4b S. 447 f.).
Als zulässig beurteilt wurden hingegen:
    - Das Verbot der selbständigen Berufsausübung für Dentalhygienikerinnen, da deren Tätigkeit mit gewissen gesundheitlichen Risiken verbunden ist, die ohne umfassende zahnmedizinische Ausbildung nicht richtig beherrscht werden können (BGE 116 Ia 118 E. 5b S. 123 f.);
    - das Verbot der selbständigen Ausübung des Berufs eines Zahnprothetikers, da dieser für die Arbeit am Patienten weniger gut ausgebildet ist als die Zahnärzte (BGE 125 I 276 S. 280; Urteil vom 8. März 1994 i.S. K., publiziert in ZBl 96/1995 S. 28, E. 4; nicht publiziertes Urteil vom 18. November 1988 i.S. L., E. 4a).
 
Erwägung 4
b) Das Verwaltungsgericht und die Beschwerdeführerin gehen von unterschiedlichen Konzepten der Akupunktur aus: Die Argumentation des Gerichts basiert auf der klassischen Trennung von Diagnose und Therapie. Die Diagnose sei den ausgebildeten Ärzten vorzubehalten. Daher sei entweder den nichtärztlichen Therapeuten generell die Diagnose zu untersagen oder, soweit Therapie und Diagnose untrennbar miteinander verbunden seien, die selbständige Berufsausübung den Ärzten vorzubehalten. Anschliessend geht das Gericht einerseits davon aus, die Akupunktur sei nicht nur Therapie, sondern auch Diagnosemethode. Andererseits führt es aus, die Akupunktur stelle eine nach westlicher Auffassung wissenschaftlich erklärbare Therapiemethode dar, welche von der klassischen Medizin zunehmend einverleibt und an hiesige Bedürfnisse adaptiert worden sei. Mediziner warnten allerdings vor einer monomanen Anwendung der Akupunktur und erachteten für deren optimale therapeutische Wirksamkeit die Kombination mit anderen Therapien als notwendig. Insgesamt habe die Akupunktur heute innerhalb der Medizin einen Stellenwert erlangt, der es verbiete, sie aus dem Gesamtsystem der Reflexmedizin herauszulösen und als eigenständigen Beruf von Nichtmedizinern anzuerkennen. Einer Akupunkturbehandlung habe daher eine sowohl unter schulmedizinischen als auch unter den Aspekten der traditionellen chinesischen Medizin einwandfreie Anamnese vorauszugehen. Insofern scheint das Gericht doch anzunehmen, dass die Akupunktur als eine besondere Therapieform von der Diagnose und Anamnese unterschieden werden könne. Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, der chinesischen Medizin liege ein vom Diagnose- und Therapiemodell der westlichen Schulmedizin grundsätzlich verschiedenes Konzept zugrunde, welches ausserhalb der westlichen Medizintheorie stehe und nicht mit deren Denkansätzen und Methoden erfassbar sei.
c) Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, medizinische Streitfragen zu entscheiden. Doch ist zu bemerken, dass die Handels- und Gewerbefreiheit nicht nur die Ausübung von Tätigkeiten schützt, die einer bestimmten Kultur oder Denkrichtung, zum Beispiel der BwestlichenR Auffassung von Medizin, entsprechen. Vielmehr gewährleistet sie bei der Ausübung eines Medizinalberufs die grundsätzliche Methoden- oder Therapiefreiheit (nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts vom 3. März 1997 i.S. B., E. 4c; MAX KÜNZI, Komplementärmedizin und Gesundheitsrecht, Basel 1996, S. 22 ff.; MICHAEL WICKI, Komplementärmedizin im Rahmen des Rechts, Diss. Bern, 1998, S. 106 ff.). Deshalb sind auch medizinische Methoden, die nicht einer bestimmten Denkschule entsprechen, grundsätzlich zulässig. Der Staat kann freilich gesundheitsgefährdende Methoden untersagen oder nur Personen erlauben, welche über entsprechende Fähigkeiten verfügen, doch dürfen diese Einschränkungen nicht weiter gehen, als zur Sicherstellung ihres Zwecks erforderlich ist.
d) Wird die Akupunktur als Therapiemethode verstanden, ist das Verbot einer selbständigen Ausübung fragwürdig: Selbst wenn es vertretbar sein sollte, die Diagnose einem umfassend ausgebildeten diplomierten Mediziner vorzubehalten, wäre dies noch kein Grund, eine selbständige Ausübung der Akupunktur als Therapie zu untersagen; es gibt auch andere Therapieleistungen, die nur auf ärztliche Diagnose und Verordnung hin zur Anwendung kommen und trotzdem von Angehörigen medizinischer Hilfsberufe selbständig ausgeübt werden können, so z.B. die Physiotherapie, Ergotherapie, Hauskrankenpflege und Ernährungsberatung (vgl. Art. 5-10 KLV sowie § 8, § 18 Abs. 2, § 23, 25 und 34c VBG). Den Gefahren, die allenfalls durch eine unsachgemässe Diagnose entstehen, könnte begegnet werden, indem den selbständigen Therapeuten die Auflage gemacht wird, eine Behandlung nur auf ärztliche Diagnose und Verordnung hin durchzuführen (vgl. BGE 117 Ia 440 E. 4b S. 448 und E. 5d S. 451). Die Akupunkturbehandlung als Therapie birgt allenfalls spezifische Risiken, die aber von denjenigen anderer medizinischer Therapien klar unterschieden werden können. Die selbständige Ausübung der Akupunktur auch als Therapie nicht zuzulassen, liesse sich nur rechtfertigen, wenn die Akupunkteure nicht genügend ausgebildet sind, um diese spezifischen Gefahren zu vermeiden (vgl. BGE 116 Ia 118 E. 6c S. 125 f.).
e) Aber selbst wenn davon ausgegangen wird, die Akupunktur sei auch eine diagnostische Methode, kann ihre selbständige Ausübung nicht ohne weiteres verboten werden. Andere medizinische Hilfsberufe dürfen ebenfalls von selbständig Erwerbenden ausgeübt werden, welche gewisse Tätigkeiten ohne ärztliche Verordnung ausführen dürfen und insofern selber eine auf ihren Bereich beschränkte Diagnose zu stellen haben, so (für bestimmte Tätigkeiten) die Hebammen, die Podologen, die Psychotherapeuten und die Augenoptiker (§ 19, 27, 31 und 33 VBG; vgl. BGE 110 Ia 99 E. 5). Massgebend ist in jedem Fall, ob die Berufsangehörigen für diejenigen Tätigkeiten, die sie ausüben dürfen bzw. ausüben zu dürfen beanspruchen, genügend ausgebildet sind (vgl. BGE 116 Ia 118 E. 5b S. 123 f. und E. 7 S. 127; 110 Ia 99 E. 5c). Ein ausgebildeter Akupunkteur kennt die Krankheitsbilder, bei denen Akupunktur erfolgreich sein kann, und auch die entsprechenden Kontraindikationen. Er kann alsdann entscheiden, ob Akupunktur anzuwenden ist oder ob dem Patienten der Besuch eines Arztes zu empfehlen ist. Sodann dürfte den Patienten, die einen nichtmedizinischen Akupunkteur aufsuchen, in aller Regel bewusst und klar sein, dass dieser nicht über eine umfassende medizinische Ausbildung verfügt und daher gewisse Krankheitsbilder möglicherweise nicht erkennen kann. Die neuere Rechtsprechung betont mit Recht das Selbstbestimmungsrecht und die damit verbundene Eigenverantwortung des Patienten: Von diesem wird erwartet, dass er die ärztliche Aufklärung versteht und gestützt darauf selber über einen Eingriff entscheidet (BGE 117 Ib 197 E. 2; 113 Ib 420 E. 4-6, mit Hinweisen). Es wäre mit diesem Bild eines mündigen Patienten nicht vereinbar, anzunehmen, der Patient verwechsle einen Akupunkteur mit einem ausgebildeten Arzt. Allenfalls können die kantonalen Behörden die Akupunkteure mit entsprechenden Auflagen verpflichten, ihre Patienten auf die Grenzen ihres Wissens hinzuweisen.
 
Erwägung 5
5.- a) Das Verwaltungsgericht hat mit Recht grossen Wert auf die Ausbildungssituation gelegt. Es hat sich jedoch bei der Überprüfung der Ausbildungssituation einzig auf ein kurzes Gutachten von Dr. med. B. Ausfeld-Hafter abgestützt, wonach die schweizerischen Ärztegesellschaften für Akupunktur und Chinesische Medizin den Ausbildungsstand definieren und Kurse anbieten, jedoch einzig für diplomierte Medizinalpersonen. Gestützt darauf führt das Verwaltungsgericht aus, in der Schweiz fehle es an einem geregelten Ausbildungsgang für nichtärztliche Akupunkteure. Es könne daher bei der Zulassung nichtärztlicher Akupunkteure nur um solche gehen, die ihre Ausbildung im Ausland absolviert hätten. Die Qualitätskontrolle solcher Ausbildungen sei schwierig; diese Kontrollschwierigkeiten seien ein haltbares Motiv dafür, ein in der Schweiz erworbenes Diplom zu verlangen.
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist es verfassungsrechtlich zulässig, für die Zulassung als Medizinalperson das eidgenössische Diplom zu verlangen; dieses garantiert eine fundierte Ausbildung; das kann zwar bei ausländischen Diplomen ebenfalls zutreffen, doch sind ausländische Ausweise für die schweizerischen Gesundheitsbehörden schwieriger zu beurteilen; das Erfordernis des eidgenössischen Diploms ist daher nicht unverhältnismässig (Pra 1998 3 19, E. 2b/c; Urteil vom 4. Mai 1999 i.S. R., E. 2c). Anders verhält es sich jedoch bei medizinischen Hilfsberufen wie Physiotherapeuten: Hier hat das Bundesgericht das Erfordernis eines schweizerischen Diploms als unverhältnismässig beurteilt, wenn ein gleichwertiges ausländisches Diplom vorliegt und diese Gleichwertigkeit mit Hilfe einer Überprüfung oder Registrierung durch gesamtschweizerische Institutionen nachgewiesen werden kann (Urteile vom 9. Juni 1995 i.S. Sch., publiziert in SJ 1995 713, E. 3; vom 16. Oktober 1992 i.S. F., publiziert in RDAT 1993 I 27, E. 4).
c) Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass es in der Schweiz eine Berufsorganisation für Traditionelle Chinesische Medizin gebe, welcher sowohl Mediziner als auch Nicht-Mediziner angehörten und welche Schulen auch für Nicht-Mediziner betreibe. Die Beschwerdeführerin macht zwar nicht geltend, sie habe eine dieser schweizerischen Schulen oder entsprechende Prüfungen in der Schweiz absolviert. Sie legt aber ausländische Nachweise vor, welche zumindest belegen, dass sie eine mehrjährige Ausbildung in Akupunktur absolviert hat und dass dabei nebst Methoden der chinesischen Medizin auch Anatomie, Physiologie, Diagnosestellung sowie westliche Medizinansätze gelehrt und geprüft wurden. Aufgrund der Akten erscheint es jedenfalls als nicht ausgeschlossen, dass die Beschwerdeführerin im Bereich der Akupunktur mindestens so gut bzw. sogar besser ausgebildet ist als ein diplomierter Arzt mit einer Zusatzausbildung in Akupunktur, wovon übrigens auch das Verwaltungsgericht auszugehen scheint. Insofern wirkt es stossend, wenn einem Arzt die Ausübung der Akupunktur erlaubt ist, der Beschwerdeführerin jedoch nicht.
d) Das Verwaltungsgericht bringt dagegen vor, zwar möge es zutreffen, dass die Ausbildung nach den Standards der traditionellen chinesischen Medizin einer solchen eines schweizerischen Arztes gleichwertig oder gar überlegen sei, doch könne ein Qualitätsvergleich in der Schweiz nicht nach fremden Kriterien einer anderen Kultur, sondern nur nach den eigenen erfolgen. Diese Überlegung ist fragwürdig: Die Handels- und Gewerbefreiheit schützt nicht nur Methoden, die der BwestlichenR Kultur entsprechen (vorne E. 4c). Der Staat kann sicherstellen, dass diejenigen, welche Akupunktur ausüben, die erforderlichen Fachkenntnisse aufweisen. Wenn jedoch die Beschwerdeführerin - was das Verwaltungsgericht nicht ausschliesst - über eine Ausbildung verfügt, die bezüglich der Akupunktur derjenigen eines schweizerischen Arztes gleichwertig oder gar überlegen ist, dann kann die selbständige Ausübung der Akupunktur nicht schon mit dem Argument untersagt werden, diese Ausbildung entspreche nicht dem westlichen Medizinverständnis.
e) Gesamthaft ergibt sich, dass es ein unverhältnismässiger Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit ist, die selbständige Ausübung der Akupunktur zu verbieten, wenn die Beschwerdeführerin dafür über eine genügende Ausbildung verfügt, und wenn mit geeigneten Auflagen erreicht werden kann, dass sie nur diejenigen Methoden anwendet, für die sie ausgebildet ist. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben. Es ist den kantonalen Behörden unbenommen, von der Beschwerdeführerin einen für die Gesundheitsbehörden nachprüfbaren schweizerischen Ausbildungsnachweis zu verlangen, woraus insbesondere auch hervorgeht, dass sie aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage ist, gesundheitliche Risiken, die sich bei der Ausführung der Akupunktur ergeben können, zu erkennen und zu vermeiden. Ein solcher Ausbildungsnachweis kann beispielsweise dadurch erbracht werden, dass anerkannte schweizerische Ausbildungsinstitutionen ein hinreichendes Ausbildungsniveau definieren und durch solche Institutionen oder anerkannte Berufsverbände die Gleichwertigkeit der von der Beschwerdeführerin vorgelegten ausländischen Abschlüsse überprüft werden kann (vgl. BGE 117 Ia 440 E. 5b S. 450; RDAT, 1993 I 27 76, E. 4c). Ferner kann der Kanton allenfalls mit geeigneten Auflagen sicherstellen, dass die Beschwerdeführerin nur diejenigen Tätigkeiten ausübt, für welche sie ausgebildet ist.