BGE 139 II 460 |
32. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen Stiftung X.-Pensionskasse und Y. AG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_153/2013 vom 16. August 2013 |
Regeste |
Art. 164 Abs. 2 und Art. 182 BV; Art. 13 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 lit. c und Art. 107 Abs. 3 MWSTG 2009; Art. 16 Abs. 3 MWSTV 2009; Art. 11 Abs. 1 BVG; konkrete Normenkontrolle; Verletzung des Gewaltenteilungsprinzips dadurch, dass die Mehrwertsteuerverordnung die Teilhabe von Einrichtungen der beruflichen Vorsorge an einer Mehrwertsteuergruppe in jedem Fall ausschliesst. |
Sachverhalt |
A. Die Stiftung X.-Pensionskasse mit Sitz in A./ZH bezweckt statutengemäss die berufliche Vorsorge im Rahmen des BVG (...). Die Y. AG mit Sitz am selben Ort ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stiftung. Ihr Zweck liegt in der Verwaltung und gegebenenfalls auch der umfassenden Betreuung von (...) Immobilien (...), insbesondere auch für institutionelle Anleger. Die Stiftung und die Aktiengesellschaft bilden zusammen die Mehrwertsteuergruppe "X.-Pensionskasse", die auf den 1. Januar 1995 ins Register der Mehrwertsteuerpflichtigen eingetragen wurde. Gruppenträgerin ist die Stiftung.
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B. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) orientierte am 10. Juni 2011 die beiden Mitglieder über die bevorstehende Löschung der Gruppe aus dem Register der Mehrwertsteuerpflichtigen. Sie begründete dies damit, dass Einrichtungen der beruflichen Vorsorge nach Art. 16 Abs. 3 der Anfang 2010 in Kraft getretenen Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 von der Teilhabe an einer Mehrwertsteuergruppe ausgeschlossen seien. Mit Verfügung vom 21. November 2011 löschte die ESTV die Gruppe per Ende 2011. Einer möglichen Einsprache entzog sie die aufschiebende Wirkung. Im Einspracheentscheid vom 25. Mai 2012 bestätigte sie die Anordnung und ordnete den Entzug der aufschiebenden Wirkung einer möglichen Beschwerde an. Die hierauf von den Gruppenmitgliedern erhobene Beschwerde hiess das Bundesverwaltungsgericht (...) mit Urteil (...) vom 8. Januar 2013 gut, soweit es darauf eintrat, hob den angefochtenen Einspracheentscheid auf und versagte der streitbetroffenen Verordnungsbestimmung im konkreten Fall die Anwendung.
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C. Die ESTV erhebt mit Eingabe vom 8. Februar 2013 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, es seien der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Januar 2013 aufzuheben und der Einspracheentscheid vom 25. Mai 2012 zu bestätigen. (...)
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: |
Erwägung 2 |
2.1 Ist der Bundesrat unmittelbar durch eine Delegationsnorm im Gesetz (Art. 164 Abs. 2 BV) dazu ermächtigt, erlässt er rechtsetzende Bestimmungen in der Form der Rechtsverordnung (Art. 182 Abs. 1 BV; sog. unselbständige Rechtsverordnungen). Auch wenn der Gesetzgeber davon abgesehen hat, der Exekutive derartige (beschränkte) Legislativfunktionen zu übertragen, obliegt es dem Bundesrat, die Gesetzgebung zu vollziehen (Art. 182 Abs. 2 BV). Zu diesem Zweck kann er verfassungsunmittelbar die erforderlichen rechtsvollziehenden Rechtsverordnungen erlassen. Der Anwendungsbereich von Ausführungs- und Vollziehungsverordnungen ist indes darauf beschränkt, die Bestimmungen des betreffenden Bundesgesetzes durch Detailvorschriften näher auszuführen und mithin zur verbesserten Anwendbarkeit des Gesetzes beizutragen. Ausgangspunkt sind Sinn und Zweck des Gesetzes; sie kommen in grundsätzlicher Weise durch die Bestimmung im formellen Gesetz zum Ausdruck (vgl. BGE 133 II 331 E. 7.2.2 S. 348; BGE 126 II 283 E. 3b S. 291; BGE 124 I 127 E. 3b S. 132 f.; BGE 117 IV 349 E. 3c S. 354 f.; BGE 103 IV 192 E. 2a S. 194; BGE 99 Ib 159 E. 1a S. 165). Auch im Steuerrecht, das einem strengen Legalitätsprinzip unterliegt (Art. 127 Abs. 1 BV; BGE 138 V 32 E. 3.1.1 S. 35; BGE 136 II 337 E. 5.1 S. 348 f.; BGE 132 I 157 E. 2.2 S. 159; BGE 131 II 562 E. 3.1 S. 565), darf die Exekutive die zum Vollzug des Gesetzes benötigten Verordnungen erlassen (Urteil 2P.157/1992 vom 21. September 1993 E. 5a).
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2.2 Bestimmungen, welche die auszuführende Gesetzesbestimmung abändern oder aufheben, sind nicht vollziehender Natur und fallen aus dem geschilderten Kompetenzrahmen. Die Vollziehungsverordnung darf insbesondere weder die Rechte der Bürgerinnen und Bürger (zusätzlich) beschränken noch ihnen (weitere) Pflichten auferlegen, und zwar selbst dann nicht, wenn dies durch den Gesetzeszweck gedeckt wäre (BGE 136 I 29 E. 3.3 S. 33; BGE 130 I 140 E. 5.1 S. 149 mit Hinweisen). Ebenso wenig kann eine gesetzgeberisch gewollte Unbestimmtheit des Gesetzes mittels einer Vollziehungsverordnung bereinigt werden. Demgegenüber dürfen praxisgemäss (untergeordnete) Gesetzeslücken im Rahmen der gesetzlichen Zielsetzung geschlossen werden (BGE 124 I 127 E. 3c S. 133; BGE 112 Ia 107 E. 3c/ee S. 116).
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2.3 Vor dem Hintergrund dieser Kompetenzausscheidung kann das Bundesgericht Rechtsverordnungen des Bundesrates vorfrageweise (inzident, im Einzelfall), aber inhaltlich eingeschränkt auf ihre Rechtmässigkeit prüfen. Während bei selbständigen (rechtsetzenden verfassungsunmittelbaren) Rechtsverordnungen nur eine Überprüfung der Verfassungsmässigkeit in Betracht fällt, sind unselbständige Rechtsverordnungen und Vollziehungsverordnungen zunächst auf ihre Gesetzmässigkeit (BGE 137 III 217 E. 2.3 S. 220 f.; BGE 137 V 321 E. 3.3.2 S. 331; BGE 136 II 337 E. 5.1 S. 348 f.) und hernach, soweit das Gesetz den Bundesrat nicht ermächtigt, von der Bundesverfassung abzuweichen, auf ihre Verfassungsmässigkeit (BGE 137 V 321 E. 3.3.2 S. 331; BGE 131 II 271 E. 4 S. 276; BGE 128 II 247 E. 3.3 S. 252; BGE 126 II 283 E. 3b S. 290) zu prüfen (so schon BGE 100 Ib 318 E. 3 S. 319 f.; BGE 99 Ib 165 E. 1a S. 165). Die Zweckmässigkeit der getroffenen Anordnung entzieht sich der gerichtlichen Kontrolle (BGE 137 III 217 E. 2.3 S. 220 f.; BGE 137 V 321 E. 3.3.2 S. 331; BGE 136 II 337 E. 5.1 S. 348 f.). Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, sich zur politischen, wirtschaftlichen oder anderweitigen Sachgerechtigkeit einer Verordnungsbestimmung zu äussern (BGE 136 II 337 E. 5.1 S. 348 f.; BGE 133 V 569 E. 5.1 S. 571; BGE 131 II 562 E. 3.2 S. 566).
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"Rechtsträger mit Sitz oder Betriebsstätte in der Schweiz, die unter einheitlicher Leitung eines Rechtsträgers miteinander verbunden sind, können sich auf Antrag zu einem einzigen Steuersubjekt zusammenschliessen (Mehrwertsteuergruppe). In die Gruppe können auch Rechtsträger, die kein Unternehmen betreiben, und natürliche Personen einbezogen werden."
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Nach der bundesrätlichen Botschaft vom 25. Juni 2008 zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer (BBl 2008 6885, insb. 6953 f. zu Art. 13) ist zwar bei natürlichen Personen fraglich, ob sie im Einzelfall durch einen Beherrschungsvertrag als unter einheitlicher Leitung stehend betrachtet werden können. Als "vorstellbar" bezeichnet der Bundesrat hingegen den Einbezug zum Beispiel eines für eine Versicherung tätigen Generalagenten oder einer Pensionskasse in die Gruppe.
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Aufgrund von Art. 15 Abs. 1 lit. c MWSTG 2009 haftet auch neurechtlich mit der steuerpflichtigen Person solidarisch jede zu einer Mehrwertsteuergruppe (Art. 13) gehörende Person oder Personengesellschaft für sämtliche von der Gruppe geschuldeten Steuern; tritt eine Person oder Personengesellschaft aus der Gruppe aus, so haftet sie nur noch für die Steuerforderungen, die sich aus ihren eigenen unternehmerischen Tätigkeiten ergeben haben. Im Anschluss daran bestimmt Art. 16 der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV 2009; SR 641.201):
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1 Nicht rechtsfähige Personengesellschaften sind Rechtsträgern im Sinn von Art. 13 MWSTG gleichgestellt.
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2 Versicherungsvertreter und Versicherungsvertreterinnen können Mitglieder einer Gruppe sein.
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3 Einrichtungen der beruflichen Vorsorge können nicht Mitglied einer Gruppe sein.
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In den Erläuterungen vom 27. November 2009 zur Mehrwertsteuerverordnung (nur online einsehbar) kommentiert der Bundesrat Art. 16 Abs. 3 MWSTV 2009 zwar dahingehend, dass botschaftsgemäss der Einbezug einer Pensionskasse in eine Gruppe vorstellbar sei. Da die Mitglieder einer Gruppe jedoch nach Art. 15 Abs. 1 lit. c MWSTG für sämtliche Mehrwertsteuerschulden der anderen Gruppenmitglieder solidarisch hafteten, würde die Aufnahme von Vorsorgeeinrichtungen in eine Gruppe einen Verstoss gegen die sozialversicherungsrechtliche Verselbstständigungspflicht darstellen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen habe sich entschieden gegen die Möglichkeit einer Aufnahme von Vorsorgeeinrichtungen in Mehrwertsteuergruppen ausgesprochen, was nun in Absatz 3 ausdrücklich festgehalten werde.
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2.6 Das Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) findet auf die registrierten Vorsorgeeinrichtungen Anwendung (Art. 5 Abs. 2 BVG). In der Folge bestimmt Art. 11 Abs. 1 BVG, der Arbeitgeber, der obligatorisch zu versichernde Arbeitnehmer beschäftigt, müsse eine in das Register für die berufliche Vorsorge eingetragene Vorsorgeeinrichtung errichten oder sich einer solchen anschliessen (vgl. BGE 129 V 387 E. 5.2 S. 391). Das Hauptanliegen von Art. 11 Abs. 1 BVG - dies in Einklang mit Art. 331 Abs. 1 OR in der weitergehenden (ausserobligatorischen) Vorsorge - besteht darin, die Vorsorgemittel dauerhaft dem Vorsorgezweck zu widmen und dem Zugriff des Arbeitgebers oder Dritter (z.B. zur Deckung von Verbindlichkeiten der operativen Gesellschaften) wirksam zu entziehen ("Verselbständigungspflicht"; BGE 126 V 314 E. 3b S. 316). Dies schliesst aus, dass der Arbeitgeber das für die Personalvorsorge bestimmte Vermögen in seinen eigenen Büchern weiterführt und es als besonderen Passivposten ausweist ("Ausscheidungspflicht"; dazu JÜRG BRÜHWILER, Berufsvorsorgerechtliche Verselbständigungspflicht, SZS 41/1997 S. 497, insb. 498 f.). Über diesen Schutzgedanken hinaus erlaubt die Aussonderung des Vorsorgevermögens und dessen Übertragung auf einen unabhängigen Rechtsträger eine wirkungsvollere Beaufsichtigung und einfachere Prüfung (CARL HELBLING, Personalvorsorge und BVG, 8. Aufl. 2006, S. 82). Im Rahmen der übrigen gesetzlichen Vorgaben - zum Beispiel numerus clausus der Rechtsformen gemäss Art. 48 Abs. 2 BVG - sind die Vorsorgeeinrichtungen befugt, die Gestaltung ihrer Leistungen, deren Finanzierung und ihre Organisation frei zu bestimmen. Sie verfügen über einen Selbständigkeitsbereich (Art. 49 Abs. 1 BVG bzw. Art. 80 i.V.m. 89a Abs. 1 ZGB in der weitergehenden beruflichen Vorsorge).
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Erwägung 3 |
3.2 Während die Botschaft vom 25. Juni 2008 zum Gesetzesentwurf noch davon spricht, der Einbezug von Pensionskassen in die Gruppe sei "vorstellbar", schliessen die Erläuterungen vom 27. November 2009 zur Verordnung dies ausdrücklich aus. Die Begründung geht dahin, die Aufnahme von Vorsorgeeinrichtungen in eine Gruppe würde die vorsorgerechtliche Verselbständigungspflicht verletzen. Das Berufsvorsorgegesetz ist zwar älteres Recht als die heutige Mehrwertsteuergesetzgebung, in Bezug auf den Aspekt der Verselbständigungspflicht aber das speziellere Recht. Die Stossrichtung, die Art. 11 Abs. 1 BVG verfolgt, ist überdies von unverminderter Aktualität. Die ESTV geht davon aus, Art. 15 Abs. 1 lit. c MWSTG 2009 stehe insgesamt in unlösbarem Widerspruch zu Art. 11 Abs. 1 BVG. Sie folgert sinngemäss, Art. 11 Abs. 1 BVG beanspruche deswegen den Vorrang gegenüber Art. 13 Abs. 1 MWSTG, sodass der Bundesrat Art. 16 Abs. 3 MWSTV 2009 mit Recht erlassen habe.
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3.4 Einrichtungen der beruflichen Vorsorge verfügen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben über einen Selbständigkeitsbereich. In diesem Umfang kommt ihnen die Organisationshoheit zu (Art. 49 Abs. 1 BVG bzw. Art. 80 i.V.m. Art. 89a Abs. 1 ZGB). Die Ausgliederung von Aufgaben der Personalvorsorgeeinrichtung auf eine hundertprozentige oder qualifiziert mehrheitlich gehaltene Tochtergesellschaft muss nicht in zwangsläufigem Widerspruch zum Hauptanliegen von Art. 11 Abs. 1 BVG (und von Art. 331 Abs. 1 OR) stehen. Mit Blick auf die regulatorischen Vorgaben von Art. 11 Abs. 1 BVG gilt es zwar zu vermeiden, dass eine Personalvorsorgeeinrichtung unter Leitung namentlich der Stifterunternehmung steht. Nichts spricht hingegen von vornherein dagegen, dass umgekehrt eine oder mehrere operative Gesellschaften unter der "einheitlichen Leitung" (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 MWSTG 2009) einer solchen Personalvorsorgeeinrichtung stehen. Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten kann es gegenteils sinnvoll sein, bestimmte Tätigkeiten (etwa die Verwaltung und Betreuung von Grundstücken oder anderem Anlagevermögen) von der Vorsorgeeinrichtung auf eine dafür spezialisierte Beteiligung zu übertragen. Zumindest solange, als es sich um eine hundertprozentige oder eine qualifiziert mehrheitlich gehaltene Tochtergesellschaft handelt, ist die gesellschaftsrechtliche Einflussnahme und Kontrolle (im Verwaltungsrat, an der Generalversammlung, durch die Revisionsstelle) durch die paritätisch besetzte Personalvorsorgeeinrichtung (Art. 51 BVG) grundsätzlich gewährleistet. Im Ergebnis wird das ökonomische Risiko bei Auslagerung (Outsourcing) einer Aufgabe von der Personalvorsorgeeinrichtung an eine derartige Tochtergesellschaft mit dem Risiko vergleichbar sein, das bestünde, würde die Einrichtung der beruflichen Vorsorge diese Aufgabe selber bewältigen.
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3.5 Das Mehrwertsteuerrecht schafft bei Gruppenangehörigkeit eine solidarische Haftung, wo zivil- und vorsorgerechtlich von Gesetzes wegen keine solche besteht. Bei einer hundertprozentigen oder qualifiziert mehrheitlich gehaltenen Tochtergesellschaft, soweit vorsorgerechtlich überhaupt zulässig, vermag die mehrwertsteuerliche Solidarhaftung im Regelfall freilich kein zusätzliches ökonomisches Risiko der Personalvorsorgeeinrichtung (Aktionärin) zu begründen. Die Aktionärin könnte als solidarisch Haftende lediglich dann belangt werden, wenn die Tochtergesellschaft Aussenumsätze erbringt, ohne über diese mehrwertsteuerlich abzurechnen. Wie gezeigt, verfügt die Vorsorgeeinrichtung in Fällen qualifizierter Beteiligungen jedoch über alle gesellschaftsrechtlich erforderlichen Steuerungs- und Kontrollmittel, um einer solchen Gefahr rechtzeitig zu begegnen. In ihrer Eigenschaft als Gruppenvertretung (Art. 18 Abs. 3 MWSTV 2009) hat sie überdies die interne Mehrwertsteuerabrechnung der Tochtergesellschaft zu konsolidieren (Art. 21 Abs. 2 MWSTV 2009), was ihr jederzeit den Überblick über die Steuerforderung (Umsatzsteuer minus Vorsteuer, sog. Saldoprinzip; Art. 36 Abs. 2, Art. 86 Abs. 1 MWSTG 2009) verschafft. Dem potentiellen ökonomischen (Rest-)Risiko steht freilich ein aktueller ökonomischer Vorteil gegenüber. So liegt der Hauptzweck der Mehrwertsteuergruppe gerade darin, die unerwünschte "taxe occulte" zu beseitigen, die sich auf Ebene der Vorsorgeeinrichtung infolge der beschränkten Vorsteuerabzugsberechtigung zwangsläufig einstellt. Die Schattensteuerbelastung ginge zulasten des Vorsorgevermögens. Bildet die Personalvorsorgeeinrichtung eine Gruppe, entfällt der Schattensteuereffekt auf gruppenintern bezogenen Leistungen. Der (restriktiven) Haltung von Bundesrat und Verwaltung ist denn auch Kritik erwachsen (PETER LANG, Aspekte der Versicherung im schweizerischen Mehrwertsteuerrecht, ASA 77 S. 121, insb. 146; zustimmend CLAUDE RUFF, L'imposition de groupe, ASA 74 S. 379, insb. 383).
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Erwägung 4 |
4.1 Art. 16 Abs. 3 MWSTV 2009 wird damit einer Konstellation wie der vorliegenden nicht gerecht. Der Norm fehlt für den Fall, dass die Personalvorsorgeeinrichtung an der Spitze der Mehrwertsteuergruppe steht und hundertprozentige Tochtergesellschaften oder qualifiziert mehrheitlich gehaltene Beteiligungen hält, die gesetzliche oder verfassungsrechtliche Grundlage. Insofern verletzt sie das Gewaltenteilungsprinzip. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen.
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