BVerwGE 87, 228 - 'Atomwaffenfreie Zone' München
Die Gemeinde, die sich zu einer etwaigen Atomwaffenstationierung in ihrem örtlichen Umfeld äußert, begibt sich auf das ihr verschlossene Feld der überörtlich wirkenden verteidigungsbezogenen Politik nicht schon dadurch, daß eine konkrete Stationierungsabsicht noch nicht festzustellen ist.
Die Erklärung des Gemeindegebiets zur "atomwaffenfreien Zone" durch die Gemeindevertretung überschreitet die dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde gezogenen Grenzen.
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG
 
Urteil
des 7. Senats vom 14. Dezember 1990
- BVerwG 7 C 37.89 -
I. Verwaltungsgericht München
II. Verwaltungsgerichtshof München
Die Regierung von Oberbayern beanstandete in der angefochtenen Verfügung im Wege der Rechtsaufsicht einen von dem Kreisverwaltungsausschuß der klagenden Landeshauptstadt München gefaßten Beschluß, in dem es u.a. heißt:
    1. Die Senatsbeschlüsse des Kreisverwaltungsausschusses vom 22. Juni 1982 und 21. September 1982, nach denen Oberbürgermeister und Verwaltung beauftragt werden, gegenüber der Bundeswehr und den US-Streitkräften mit Nachdruck den Standpunkt zum Ausdruck zu bringen, daß eventuelle, wider Erwarten entstehende Absichten, ABC-Waffen in München zu lagern, auf entschiedene Ablehnung der Landeshauptstadt stoßen würden, werden wiederhergestellt.
    2. Dasselbe gilt für den eventuellen Transport von ABC-Waffen über das Münchner Stadtgebiet.
    3. In diesem Sinne erklärt sich München zur atomwaffenfreien Zone.
In der rechtsaufsichtlichen Verfügung ist ausgeführt, der beanstandete Beschluß enthalte eine Äußerung zu verteidigungspolitischen Fragen, welche nicht dem den Gemeinden übertragenen Kreis von Aufgaben zuzurechnen seien; er betreffe auch keine eigene Angelegenheit der Gemeinde. In seinem Kerngehalt, der Erklärung Münchens zur atomwaffenfreien Zone, beziehe er sich nicht auf eine kommunale Aufgabe; er treffe vielmehr die allgemeine politische Aussage, die Stadt spreche sich gegen ABC-Waffen aus.
Klage, Berufung und Revision der Klägerin blieben erfolglos.
 
Aus den Gründen:
1. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet der Gemeinde das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Daraus erwächst der Gemeinde die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Gewalt überantwortet sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen (BVerfGE 79, 127 [146]). Mit der Universalität des gemeindlichen Wirkungskreises verbindet sich zwar in erster Linie die Befugnis der Gemeinde, bislang "unbesetzte" Aufgaben aus ihrem Bereich an sich zu ziehen. Hierauf ist die Gemeinde jedoch nicht beschränkt. Es steht ihr außerdem die - in ihrer Begrenzung im folgenden noch näher zu klärende - Berechtigung zu, sich aus ihrer ortsbezogenen Sicht auch mit bestimmten Fragen zu befassen, welche sich aus der Wahrnehmung von Aufgaben öffentlicher Verwaltung ergeben, die nach der gesetzlichen Kompetenz- und Zuständigkeitsordnung anderen Trägern öffentlicher Gewalt zugewiesen sind. Deshalb schließen die Bundeskompetenzen auf dem Gebiet der Verteidigung (Art. 73 Nr. 1, 87 a und 87 b GG) eine - die Wahrnehmung der Verteidigungsaufgaben durch die dafür zuständigen Stellen unberührt lassende - Befassung der Gemeindevertretung in der Form von Stellungnahmen, die diesen Bereich etwa im Sinne einer Meinungsäußerung oder eines Ersuchens berühren, nicht ohne weiteres aus. Derartige Äußerungen der Gemeindevertretung sind insbesondere nicht etwa deshalb aus dem Anwendungsbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ausgenommen und darum unzulässig, weil es der Gemeinde im Einzelfall an den Voraussetzungen spezialgesetzlich begründeter Anhörungs- und Beteiligungsrechte, die insbesondere in Bestimmungen des Landbeschaffungs- und Schutzbereichsgesetzes vorgesehen sind, fehlt. Der Verwaltungsgerichtshof verweist in diesem Zusammenhang zutreffend auf die aus dem kommunalen Recht zur Selbstverwaltung entspringende Planungshoheit der Gemeinde, die die Rechtsgrundlage für Stellungnahmen der Gemeindevertretung im Hinblick auf ortsplanerische Bezüge eines militärischen Vorhabens bilden kann. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof mit Recht auf die möglichen Folgen eines solchen Vorhabens für die Funktionsfähigkeit der Einrichtungen der Gemeinde und für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit (Brandschutz, technischer Hilfsdienst, Zivil- und Katastrophenschutz etc.) hingewiesen. Auch Stellungnahmen der Gemeindevertretung mit inhaltlichen Bezügen zum Bereich der Verteidigung können mithin zugleich "Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" betreffen, so daß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ggf. zur Rechtswidrigkeit der rechtsaufsichtlichen Beanstandung einer solchen Äußerung führt.
Voraussetzung einer auf dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht gründenden hoheitlichen Befassung ist indessen, daß sie die der Gemeindevertretung gezogenen Grenzen des Betätigungsfeldes wahrt, die durch den Tatbestand der "Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" vorgegeben sind. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sind diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen (BVerfGE 79, 127 [151]; ferner BVerfGE 8, 122 [134]; 50, 195 [201]; 52, 95 [120]). Die Stellungnahme muß demnach auch und gerade, wenn sie den Kompetenz- und Zuständigkeitsbereich sonstiger Stellen der vollziehenden Gewalt betrifft, in spezifischer Weise ortsbezogen sein. Der bloße Umstand, daß die Gemeindevertretung nur für die eigene Gemeinde spricht, genügt dem Anspruch spezifischer Ortsbezogenheit schon deshalb nicht, weil sie sonst unter Berufung auf die im Selbstverwaltungsrecht wurzelnde Allzuständigkeit der Gemeinde auch allgemeinpolitische Fragen zum Gegenstand ihrer Tätigkeit machen könnte. Die Gemeinde erlangt jedoch aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nur ein kommunalpolitisches, kein allgemeines politisches Mandat (BVerfGE 79, 127 [147]; ferner 8, 122 [134]), ebenso wie sie selbst weder Inhaberin grundrechtsgeschützter politischer Freiheit noch Sachwalterin der grundrechtlichen Belange ihrer Bürger ist (BVerfGE 61, 82 [102 f.]). Die von der Gemeindevertretung gefaßten Beschlüsse ergehen vielmehr, auch soweit die Vertretung sich in der Form "appellativer" oder "symbolischer" Entschließungen äußert, in Ausübung gesetzlich gebundener öffentlicher Gewalt und bedürfen daher der - hier durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG vermittelten - Rechtsgrundlage.
Entgegen einer im Schrifttum (insbesondere Gröttrup in DÖV 1987, 714 ff.; vgl. auch Ladeur in DuR 1983, 30) geäußerten und von der Revision aufgegriffenen Auffassung werden das aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitende Selbstverwaltungsrecht und die rechtlichen Befugnisse der Gemeindevertretung als Teil der gesetzlich gebundenen Verwaltung nicht dadurch modifiziert, daß die Gemeindevertretung eine Volksvertretung ist. Aus ihrer demokratischen Legitimation folgt nicht, daß die Gemeindevertretung zu einer den "zentralen Instanzen in Bund und Ländern" gegenüberstehenden lokalen "Instanz politischer Ausführung" (Gröttrup a.a.O. S. 719) geworden wäre, ausgestattet mit einem "Gegenäußerungsrecht" (Ladeur a.a.O. S. 37). Die Gemeinde ist von der Staatswillensbildung, soweit diese sich auf die Ausübung der verfassungsmäßigen Kompetenzen von Bund und Ländern richtet, ausgeschlossen; das gilt auch für Handlungen ihres repräsentativen Vertretungsorgans.
Die Formel des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 79, 127 zur Klärung dessen, was "Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sind, kann ferner - entgegen der von der Revision vertretenen Rechtsauffassung - nicht deshalb als eine vom herkömmlichen Verständnis abweichende, das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden erweiternde Begriffsbestimmung verstanden werden, weil dort auf die "Bedürfnisse und Interessen" der Gemeindeeinwohner abgehoben wird. Gegenüber der in der früheren verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (a.a.O.) anzutreffenden Definition ("Angelegenheiten sind nur solche Aufgaben, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln . . .") hat die Verwendung jener Begriffe ersichtlich nur die Bedeutung größerer begrifflicher Präzision: Als Angelegenheiten, deren Wahrung und Förderung sich die Gemeinde zur Aufgabe machen kann, kommen - und kamen auch auf dem Boden der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - alle ortsbezogenen Interessen und Bedürfnisse der Gemeindebürger in Betracht; die Gemeinde, die sich einer solchen durch ortsbezogene Bedürfnisse und Interessen gekennzeichneten Angelegenheit annimmt, macht sie zu ihrer Aufgabe. Eine "Angelegenheit" ist einer "Aufgabe" begrifflich nicht -wie es die frühere Definition mißverständlich nahelegte - unmittelbar gleichzusetzen. Diese Unklarheit vermeidet nunmehr die in der Rastedeentscheidung BVerfGE 79, 127 gebrauchte Definition.
2. Bedarf es demnach zur kommunalen Befassung mit Fragen der Stationierung und Lagerung atomarer Waffen eines spezifischen örtlichen Bezugs, so ist ein solcher Bezug unter der - hinreichenden, aber auch notwendigen - Voraussetzung gegeben, daß es dabei um Bedürfnisse und Interessen geht, die "den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen". Der Verwaltungsgerichtshof geht bei seiner rechtlichen Überprüfung zunächst ebenfalls von der Beschränkung der Gemeinden auf Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises aus, die ihnen als hoheitlich handelnden Gebietskörperschaften obliegt. Entscheidungserheblich wird im Berufungsurteil allerdings sodann darauf abgestellt, daß der von der Regierung beanstandete Beschluß als sog. Vorratsbeschluß ohne konkreten, auf das Gemeindegebiet der Klägerin bezogenen Anlaß gefaßt und deshalb zu Recht beanstandet worden sei; nach der Auskunft des Standortkommandanten stehe fest, daß im Gemeindegebiet und im Landkreis ABC-Waffen nicht gelagert seien und auch die hier stationierten Bundeswehreinheiten nicht über die technischen Voraussetzungen für einen Vorschuß von ABC-Waffen verfügten. Mit dieser Begründung verfehlt das Berufungsgericht jedoch das an die Entscheidung anzulegende Kriterium; ob der in Rede stehende Beschluß eine "Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft" betrifft, wird mit dieser Begründung nicht entschieden. Als Voraussetzung dafür, daß sich der gemeindliche Beschluß mit der in ihm behandelten Frage einer Waffenlagerung im Gemeindegebiet rechtmäßigerweise befaßt, bedarf es zwar einer spezifisch örtlichen Dimension der Angelegenheit. Die Gemeinde muß aus "örtlich radizierten" Gründen Anlaß zur Befassung sehen, wenn sie nicht Gefahr laufen will, den ihr durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Bereich zu verlassen. Das besagt jedoch nicht, daß eine Gemeinde erst dann zur Stellungnahme berechtigt und ihr Befassungsrecht erst dann begründet wäre, wenn sich konkrete Hinweise darauf finden, daß Maßnahmen der Stationierung auf dem Gemeindegebiet geplant, in Vorbereitung oder sonst irgendwie absehbar sind. Eine Gemeinde darf sich, auch vorsorglich und ohne unmittelbar zu benennenden Anlaß, mit der Frage einer etwaigen Stationierung von Waffen auf ihrem Gebiet befassen. Eine Stationierung, auch eine zukünftige Stationierung, deren Aktualisierung noch nicht absehbar ist, bewirkt nämlich regelmäßig - gegenwärtig/aktuelle oder künftig/potentielle, jedenfalls aber -ortspezifische Betroffenheit. Die gemeindliche Aufgabenerledigung und die in diesem Rahmen zu wahrenden Bedürfnisse und Interessen der Bürger werden durch eine Stationierung, sei es, daß Maßnahmen in dieser Richtung bereits getroffen, sei es, daß sie erst in der Zukunft und nur möglicherweise zu erwarten sind, im allgemeinen mindestens berührt. Auch eine "antizipatorische" Äußerung im Sinne vorausschauender Vorsorge ist der Gemeinde daher, wie dies auch sonst in den Bereichen ihres örtlichen Wirkungskreises möglich ist, durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gestattet. Es ist Sache der Gemeinde zu entscheiden, zu welchem Zeitpunkt sie zu einem Vorhaben, das sich aus ihrer Sicht auf ihren Aufgabenvollzug mit Folgen "für das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde" auswirken wird, Stellung beziehen will; je stärker ihre präsumtive Betroffenheit erscheint, um so früher mag sie sich zu einer Reaktion veranlaßt sehen. Die Gemeinde, die zu einer etwaigen, noch nicht konkret zu prognostizierenden Waffenstationierung in ihrem örtlichen Umfeld Stellung nimmt, begibt sich damit oder jedenfalls damit allein noch nicht auf das Feld der ihr verschlossenen, weil überörtlich wirkenden verteidigungsbezogenen Politik (zutreffend Schmitt-Kammler in DÖV 1983, 869 [874 ff.]; ähnlich Hien in Hölzl/ Hien, Bayerische Gemeindeordnung, 1988, Rdnr. 2 zu Art. 7 GO).
Den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Volksbefragungsurteil (BVerfGE 8, 122 [134]) ist demgegenüber nicht zu entnehmen, daß der Gemeinde ein Befassungsrecht erst in einem Stadium erwächst, in dem das Vorhaben einer lokalen Stationierung in Form bestimmter militärischer Planungen oder Maßnahmen konkrete Form annimmt. Das Abstellen auf die konkrete Stationierungsabsicht dient lediglich der Abwehr eines allgemeinen politischen Mandats der Gemeinden (ebenso BVerfGE 79, 127 [147]), läßt jedoch ausdrücklich unentschieden, unter welchen Voraussetzungen sich eine Gemeinde gleichwohl zu Angelegenheiten mit allgemeinpolitischem Bezug äußern darf.
Ob in einem präventiv gefaßten Beschluß die von einer Stationierung künftig in vielfältiger Hinsicht betroffenen kommunalen Aufgaben, wie sie bereits oben erwähnt sind (z.B. Planungsaufgaben, Aufgaben auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit), und die insoweit berührten Belange der gemeindlichen Wohnbevölkerung näher und ins einzelne gehend dargestellt werden, kann für die Zulassung der Befassung letztlich ebenfalls kein maßgebliches Kriterium sein. Andernfalls würde die Rechtmäßigkeit des Beschlusses von der mehr oder weniger breiten Ausmalung hypothetischer Sachverhalte in bezug auf jene Aufgaben und Belange abhängen; sie wird überdies mangels Kenntnis konkreter militärischer Vorhaben kaum möglich sein.
Die im Schrifttum verbreitete, vom Verwaltungsgerichtshof geteilte Auffassung von der Unzulässigkeit sog. Vorratsbeschlüsse gehl in ihrer Substanz auf den Einwand zurück, hinter derartigen Beschlüssen stehe die Absicht der die Beschlüsse tragenden Gemeindevertreter, die Stationierungsentscheidung des Bundes als solche in Frage zu stellen; politischer Widerspruch gegen die Entscheidung für Nuklearwaffen der NATO auf dem Gebiet der Bundesrepublik sei, zumal derartige Beschlüsse in ihrer Vielzahl gleichsam flächendeckend wirkten, regelmäßig das wahre und entscheidende Motiv. Auch aus diesem politischen Gesamtzusammenhang (Kampagne "atomwaffenfreie Zonen"), in dem die in Rede stehenden Beschlüsse in ihrer Gesamtheit stehen, folgt indessen nicht notwendig die Unzulässigkeit des einzelnen zur Überprüfung stehenden Beschlusses. Als hoheitliche Äußerung ist der von der Gemeindevertretung gefaßte Beschluß an seinem Inhalt, wie er sich aus dem Wortlaut erschließt, zu messen. Davon und nicht von den im Beschluß nicht formulierten Motiven der Gemeindevertreter hat die staatliche Rechtsaufsicht auszugehen. Die Beweggründe der Gemeindevertreter gewinnen erst dann Bedeutung, wenn der Beschluß als solcher nicht eindeutig und für eine Auslegung im Sinne einer allgemeinpolitischen Äußerung offen ist.
Mit Rücksicht auf den politischen Hintergrund der Nachrüstungsdebatte sind andererseits Äußerungen der Gemeinde, die schon nach ihrem Wortlaut den Charakter politischer Stellungnahmen haben oder den Anschein solcher Stellungnahmen erwecken, in keinem Fall zulässig. An das Erfordernis eines konkreten örtlichen Bezuges ist deshalb bei Beschlüssen, deren Anlaß die bloße Möglichkeit einer örtlichen Stationierung ist, ein strenger Maßstab anzulegen; auf diesen konkreten örtlichen Bezug hat sich der Beschluß zu beschränken, wobei auch insoweit ein strenger Maßstab anzulegen ist.
Dem vorstehend Gesagten läßt sich nicht entgegenhalten, bei einiger verbaler Geschicklichkeit könnten die gemeindlichen Beschlußgremien ihre generelle Ablehnung von atomarer Bewaffnung, von Lagerung und Transport von Atomwaffen und damit eine unzulässige verteidigungspolitische Stellungnahme gleichsam verstecken hinter einer Darlegung des konkreten örtlichen Bezuges, damit also ihre wahren Beweggründe tarnen. Das ist in der Tat, wenn bei der Beurteilung der Äußerungen, wie es der Senat für richtig hält, in erster Linie auf ihren Wortlaut abgestellt wird, nicht auszuschließen, andererseits aber nicht ohne weiteres zu vermuten. Solche notwendigen verbalen Bemühungen und ihre nach dem Gesagten notwendige Beschränkung auf den konkreten örtlichen Bezug verhindern gerade eine aktiv kämpferische, plakative Stellungnahme mit allgemeinpolitischem, weil unmittelbar verteidigungspolitischem Inhalt.
3. Die angefochtene rechtsaufsichtliche Verfügung ist ohne Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ergangen. Mit der Formulierung, die klagende Stadt erkläre sich zur "atomwaffenfreien Zone", bezieht sich der Beschluß in seinem Punkt 3 auf die gegen eine Atomrüstung geführte politische Kampagne, mit deren Zielen er sich so, nur äußerlich bezogen auf das Stadtgebiet, konkludent identifiziert. Daran ändert auch die Einschränkung nichts, die durch den Zusatz "in diesem Sinne" zum Ausdruck kommt. Sie bezieht sich auf den in den vorausgehenden Punkten 1 und 2 des Beschlusses erteilten Auftrag an die Verwaltung, gegenüber Bundeswehr und US-Streitkräften nachdrücklich zum Audruck zu bringen, daß die Verbringung von ABC-Waffen in oder über das Stadtgebiet auf entschiedene Ablehnung stoßen werde. Diese Ankündigung stellt sich für den Betrachter, auch wenn sie als erstes genannt wird, als zwingende Konsequenz einer - in der Erklärung zur "atomwaffenfreien Zone" zum Ausdruck kommenden - politischen Ablehnung der im Bund beschlossenen Bewaffnung dar. Damit teilt sie das rechtliche Schicksal der Erklärung zu Punkt 1. Da die Klägerin einer vom Bund getroffenen verteidigungspolitischen Entscheidung unter deutlicher Überschreitung ihrer Kompetenzen entgegengetreten ist, verstößt die Beanstandung ihres Beschlusses auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.