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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Rainer M. Christmann, A. Tschentscher | |||
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2. Soll wegen mehrerer realkonkurrierender vermögensstrafenfähiger Delikte nur eine Vermögensstrafe verhängt werden, so ist diese einem bestimmten Einzelstrafausspruch zuzuordnen. Sie wirkt sich bei der Bemessung der zugehörigen Einzelfreiheitsstrafe, die den anderen Teil der Gesamtsanktion für diese Einzeltat bildet, sowie bei der Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe strafmildernd aus. Sollen mehrere Einzelvermögensstrafen verhängt werden, so ist aus ihnen eine Gesamtvermögensstrafe zu bilden. |
3. Der erweiterte Verfall erfaßt nicht Vermögensgegenstände, die aus rechtswidrigen Taten stammen, die vor seiner Einführung durch das am 22. September 1992 in Kraft getretene OrgKG begangen worden sind. |
StGB §§ 43a, 53 Abs. 3, §§ 73, 73d |
3. Strafsenat |
Urteil |
vom 20. September 1995 g.B.u.W. |
- 3 StR 267/95 - |
Landgericht Krefeld |
Aus den Gründen: | |
I. | |
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen Bandendiebstahls in vier Fällen, schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen und versuchten schweren Bandendiebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren sowie zu einer Vermögensstrafe von 25.000 DM, im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Den Angeklagten W. hat es wegen Bandendiebstahls und schweren Bandendiebstahls jeweils in drei Fällen sowie wegen versuchten schwe ![]() ![]() | 1 |
Das Landgericht hat elf Einbruchstaten mit wechselnder Beteiligung in der Zeit vom 6. Juni 1992 bis 22. Mai 1993 festgestellt und als Bandendiebstahl und - soweit nach dem Inkrafttreten des OrgKG am 22. September 1992 begangen (Fälle V bis XI) - als schweren Bandendiebstahl i.S.d. § 244a StGB gewertet. Nach den Feststellungen der Strafkammer betrug der durch diese Taten angerichtete Gesamtschaden - ohne Sachbeschädigungen - insgesamt etwa 1,9 Millionen DM, soweit der Angeklagte W. beteiligt war, 1,7 Millionen DM.
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Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revisionen. Die Staatsanwaltschaft hat zu Ungunsten des Angeklagten W. Revision eingelegt, die sie auf den Strafausspruch beschränkt hat. Die Rechtsmittel haben Erfolg. Dem Landgericht sind bei der Bildung und Bemessung der Vermögensstrafe Rechtsfehler unterlaufen. Diese können sich auf die zusätzlich verhängten Einzel- und Gesamtfreiheitsstrafen sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten der Angeklagten ausgewirkt haben.
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II. | |
1. Mit Recht ist das Landgericht den gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vermögensstrafe als einer Geldsummenstrafe erhobenen Bedenken nicht gefolgt. Der erkennende Senat hat die Verfassungsmäßigkeit der Vermögensstrafe bereits in dem Beschluß vom 6. Juli 1994 (BGHR StGB § 43a Vermögen 1) bejaht. Der 5. Strafsenat hat sich in dem Urteil vom 8. Februar 1995 (BGHSt 41, 20) mit der Rechtsnatur der Vermögensstrafe im einzelnen auseinandergesetzt. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen seiner Ansicht nach schon deswegen nicht, weil die Freiheitsstrafe und die zusätzlich verhängte Vermögensstrafe als Gesamtsanktion für eine Straftat gesehen werden und deshalb gerade in ihrer kumulativen Belastung des Täters schuldange ![]() ![]() | 4 |
2. Das Landgericht ist allerdings bei der Bestimmung der gegen die Angeklagten B. und W. verhängten Vermögensstrafen von einer unzutreffenden Berechnung des Vermögens ausgegangen. Deshalb haben die Vermögensstrafen keinen Bestand.
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Liegen - wie hier - die Voraussetzungen für die Verhängung von Vermögensstrafe vor (§ 244 Abs. 3, § 244a Abs. 3, § 43a StGB) und will der Tatrichter nach seinem pflichtgemäßen Ermessen von dieser Sanktion Gebrauch machen, so muß er zunächst den für ihre Verhängung maßgeblichen Strafrahmen bestimmen. § 43a StGB legt nicht das Mindestmaß der Geldsumme, sondern nur das der gleichzeitig zu verhängenden Ersatzfreiheitsstrafe fest. Es beträgt einen Monat. Daraus folgt, daß als Mindestmaß ein Geldbetrag anzusehen ist, der einer Ersatzfreiheitsstrafe von einem Monat und daher einem nicht ganz unwesentlichen Teil des Tätervermögens entspricht (vgl. Lackner, StGB 21. Aufl. § 43a Rn. 4). Ob der Tatrichter das ![]() ![]() | 6 |
Den Wert des Tätervermögens bilden entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Staatsanwaltschaft nicht nur die Aktiva des Vermögens. Von ihnen sind vielmehr diejenigen Verbindlichkeiten in Abzug zu bringen, die nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise den Wert des Vermögens in nicht unerheblichem Umfang mindern (Saldierungsgrundsatz). Von einem Vermögen des Täters kann nämlich nicht mehr gesprochen werden, soweit die Verbindlichkeiten die Aktiva aufzehren. Im übrigen wäre es mit dem Normzweck der Vermögensstrafe nicht zu vereinbaren, den Staat als Gläubiger einer Geldstrafe in Konkurrenz zu anderen Gläubigern bei der Zwangsvollstreckung in das für die Befriedigung aller Gläubiger nicht ausreichende Tätervermögen treten zu lassen. Sowohl die Aktiva wie auch die Verbindlichkeiten können nach allgemeinen Grundsätzen geschätzt werden (§ 43a Abs. 1 Satz 3 StGB).
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Dem Saldierungsgrundsatz entspricht die Regelung des § 43a Abs. 1 Satz 2 StGB. Danach bleiben bei der Bewertung des Tätervermögens Vermögensvorteile außer Ansatz, deren Verfall angeordnet wird. Daraus folgt, daß für die Abschöpfung des Gewinns aus Straftaten in erster Linie die Rechtsinstitute des Verfalls und des erweiterten Verfalls (§§ 73, 73d StGB) in Betracht kommen. Sie gehen der Vermögensstrafe vor (BGHR StGB § 43a Konkurrenzen 1 und 2; BGH, Beschl. vom 22. August 1995 - 1 StR 301/95).
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Das Landgericht hat bei der Bewertung des Tätervermögens nicht geprüft, mit welchen Verbindlichkeiten die Aktiva des Tätervermögens belastet sind, ob mit deren Durchsetzung nach Sachlage zu rechnen ist und sie daher nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise den Wert der Aktiva mindern. Außerdem ![]() ![]() | 9 |
3. Das Landgericht hat schließlich die Auswirkungen der Vermögensstrafe auf die Höhe der daneben zu verhängenden Freiheitsstrafen nicht erkannt. Deshalb haben auch die Freiheitsstrafen keinen Bestand. Auch durch diese Rechtsfehler können die Angeklagten, je nach dem Ergebnis der neu vorzunehmenden Bewertung, beschwert oder begünstigt sein.
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Wird ein Angeklagter - wie hier - wegen mehrerer real konkurrierender Straftaten verurteilt, von denen jede einzelne die Verhängung von Vermögensstrafe rechtfertigt, so kann das Gericht nach § 53 Abs. 3 Satz 1 Hs. 1 StGB i.d.F. des OrgKG (BGBl I 1302) neben der aus Freiheits- und Geldstrafen zu bildenden Gesamtstrafe gesondert eine Vermögensstrafe verhängen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Vermögensstrafe verhängt werden, so wird nach § 53 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 StGB insoweit auf eine Gesamtvermögensstrafe erkannt. Ersichtlich ist die Fassung des § 53 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 StGB der des § 53 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 StGB nachgebildet worden, welcher die Verhängung einer Gesamtgeldstrafe neben einer Freiheitsstrafe betrifft. Ebenso wie neben Gesamtfreiheitsstrafe die gesonderte Verhängung einer aus mehreren Einzelgeldstrafen zu bildenden Gesamtgeldstrafe möglich ist, soll bei mehreren vermögensstrafenfähigen Delikten neben der Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe eine aus mehreren Einzelvermögensstrafen zu bildende Gesamtvermögensstrafe zugelassen werden (vgl. dazu Bringewat NStZ 1993, 316). Der Tatrichter muß daher bei der tatmehrheitlichen Aburteilung vermögensstrafenfähiger Delikte zunächst prüfen, ob er überhaupt und bejahendenfalls ob er für eine, für mehrere oder für alle in Betracht kommenden Delikte (Einzel-) Vermögensstrafen mit entsprechenden (Einzel-) Ersatzfreiheitsstrafen verhängen will. Da die Verhängung der Vermögensstrafe im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters steht, wird er von der Möglichkeit, auf mehrere Einzelvermögensstrafen und eine daraus gebildete Gesamtvermögensstrafe zu erkennen, nur in Ausnahmefällen ![]() ![]() | 11 |
4. Mit dem Wegfall der Strafaussprüche entfallen auch die angeordneten Maßregeln der Besserung und Sicherung.
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III. | |
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat zur Bestimmung der Vermögensstrafe auf folgendes hin:
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Bei der Bewertung des Tätervermögens i.S.d. § 43a Abs. 1 StGB können Vermögensvorteile aus Straftaten des Täters berücksichtigt werden, wenn sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen weder dem Verfall noch dem erweiterten Verfall unterliegen noch als Verbindlichkeit zugunsten der Geschädigten zu berücksichtigen sind (siehe oben II 2). Ein erweiterter ![]() ![]() ![]() | 14 |
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