2. Für die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenz sind Normen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in einem bestimmten Sachbereich dienen, jeweils dem Sachbereich zuzurechnen, zu dem sie in einem notwendigen Zusammenhang stehen. Einen selbständigen, in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallenden Sachbereich bildet nur das Polizeirecht im engeren Sinne; es umfaßt die Regelungen, bei denen die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der alleinige und unmittelbare Gesetzeszweck ist.
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Diese Entscheidung hat Gesetzeskraft.
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Beschluß | |
des Zweiten Senats vom 29. April 1958
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-- 2 BvO 3/56 -- | |
Entscheidungsformel:
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Das Gesetz über die Prüfung von Handfeuerwaffen und Patronen (Beschußgesetz) vom 7. Juni 1939 (RGBl. I S.1241), die Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Prüfung von Handfeuerwaffen und Patronen vom 8. Juli 1939 (RGBl. I S. 1244), die Beschußordnung vom 7. März 1940 (RWMBl. S. 122)und die Anordnung über die Bildung eines Beschußrates vom 22. Januar 1940 (RWMBl. S. 62) gelten gemäß Art. 125 Nr. 1 GG als Bundesrecht fort.
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Gründe: | |
A. | |
1. Das Gesetz über die Prüfung von Handfeuerwaffen und Patronen (Beschußgesetz) vom 7. Juni 1939 (RGBl. I S. 1241), das ein im Prinzip ähnliches Reichsgesetz, betreffend die Prüfung der Läufe und Verschlüsse der Handfeuerwaffen vom 19. Mai 1891 (RGBl. S. 109) abgelöst hat, schreibt vor, daß Handfeuerwaffen gewerbsmäßig nur feilgehalten oder an andere überlassen werden dürfen, wenn ihre Haltbarkeit durch amtliche Prüfung erwiesen und kenntlich gemacht ist (§ 1). Ergebnis der Prüfung ist entweder die Kennzeichnung der Waffen durch Einprägen eines Prüfzeichens (§ 6) oder die Zurückgabe beanstandeter Waffen an den Hersteller der Waffe (§ 5). Werden an bereits geprüften Waffen wesentliche Teile verändert oder instandgesetzt, so unterliegen sie der erneuten Beschußpflicht (§ 8 Abs. 1). Das gleiche kann hinsichtlich solcher Waffen angeordnet werden, deren Prüfung länger als eine zu bestimmende Frist zurückliegt; zum Erlaß derartiger Anordnungen ermächtigt das Gesetz den Reichswirtschaftsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern (§ 8 Abs. 3). Einem auf Grund des Beschußgesetzes erlassenen allgemeinen Verbot zuwider veränderte oder instandgesetzte Waffen können eingezogen werden (§ 8 Abs. 2). Bei Handfeuerwaffen, die beim Inkrafttreten des Gesetzes (15. Januar 1940) noch nicht beschossen waren, mußte der Beschuß nachgeholt werden (§ 14). Patronen für Handfeuerwaffen dürfen gewerbsmäßig nur feilgehalten oder anderen überlassen werden, wenn sie den Vorschriften über Maßhaltigkeit, Kennzeichnung und Verpackung entsprechen (§ 11). Auf Handfeuerwaffen und Patronen, die durch eine Wehrmacht oder in deren Auftrag hergestellt und nur für deren Zwecke verwendet werden, findet das Gesetz keine Anwendung (§§ 9 Abs. 1, 11 Abs. 2). Das Gesetz ermächtigt den Reichswirtschaftsminister, Vorschriften über die Vereinheitlichung der Handfeuerwaffen und der Patronen für Handfeuerwaffen (§ 19 Abs. 1), ferner im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern die sonstigen zu seiner Durchführung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften § 18 Abs. 1) und im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen eine Gebührenordnung für die Prüfung von Handfeuerwaffen zu erlassen (§ 18 Abs. 2). Der Reichsminister des Innern konnte im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister die Herstellung bestimmter Arten von Handfeuerwaffen oder von Patronen für Handfeuerwaffen untersagen (§ 18 Abs. 3). Schließlich hatte der Reichswirtschaftsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern und dem Reichsjägermeister einen Beschußrat zu bilden (§ 19 Abs. 2). Er hat auf Grund dieser Ermächtigungen eine Durchführungsverordnung vom 8. Juli 1939 (RGBl. I S. 1244), eine Beschußordnung vom 7. März 1940 (RWMBl. S. 122) und eine Anordnung über die Bildung eines Beschußrates vom 22. Januar 1940 (RWMBl. S. 62) erlassen.
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Am 18. März 1953 erließ der Bundesminister für Wirtschaft mit Zustimmung des Bundesrats -- gegen den Widerspruch Bayerns -- eine Gebührenordnung für die Prüfung von Handfeuerwaffen (BA 1953 Nr. 62). Die Ermächtigung zum Erlaß dieser Gebührenordnung entnahm er dem § 18 Abs. 2 des Gesetzes in Verbindung mit Art. 129 Abs. 1 GG und § 2 des Preisgesetzes. Ferner hat der Bundesminister für Wirtschaft auf Grund der Anordnung über die Bildung eines Beschußrates vom 22. Januar 1940 einen neuen Beschußrat gebildet.
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2. Die Bayerische Staatsregierung beantragt festzustellen,
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"daß das Beschußgesetz, die Durchführungsverordnung vom 8. Juli 1939, die Beschußordnung vom 7. März 1940 und die Anordnung über die Bildung eines Beschußrats vom 22. Januar 1940 nicht als Bundesrecht fortgelten".
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Die Bayerische Staatsregierung ist der Ansicht, das Beschußgesetz verfolge vorwiegend Sicherheitszwecke. Da das Grundgesetz dem Bund eine Kompetenz zum Erlaß von Gesetzen auf dem Gebiet der allgemeinen öffentlichen Sicherheit nicht übertrage, falle diese Materie in die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit der Länder. Demzufolge gelte das Beschußgesetz einschließlich der dazu ergangenen reichsrechtlichen Normen gemäß Art. 125 GG als Landesrecht, nicht als Bundesrecht fort. Die im Beschußgesetz enthaltenen Ermächtigungen zum Erlaß von Durchführungsverordnungen und Verwaltungsvorschriften seien gemäß Art. 129 Abs. 2 GG auf die sachlich zuständigen Behörden der Länder übergegangen. Da der Bundesminister für Wirtschaft eine Gebührenordnung für die Prüfung von Handfeuerwaffen erlassen und einen neuen Beschußrat gebildet habe, seien die Voraussetzungen für ein Verfahren nach Art. 126 GG (§§ 13 Nr. 14 und 86 ff. BVerfGG) gegeben.
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3. Das Bundesverfassungsgericht hat den Antrag der Bayerischen Staatsregierung gemäß §§ 88, 82, 77 BVerfGG dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung und den Landesregierungen zugeleitet. Geäußert hat sich nur der Bundesminister für Wirtschaft im Namen der Bundesregierung. Er geht davon aus, das Beschußgesetz und die dazu gehörenden reichsrechtlichen Normen seien im wesentlichen gewerberechtlicher Natur, subsumiert sie daher unter Art. 74 Nr. 11 GG und nimmt an, die im Beschußgesetz enthaltenen Ermächtigungen zum Erlaß von Rechts- und Verwaltungsvorschriften seien gemäß Art. 129 Abs. 1 GG auf den Bundesminister für Wirtschaft übergegangen.
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Der Antrag der Bayerischen Staatsregierung ist zulässig.
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Die Bayerische Staatsregierung gehört zu den in § 86 Abs. 1 BVerfGG aufgezählten antragsberechtigten Verfassungsorganen. Der Antrag entspricht dem Erfordernis des § 87 Abs. 2 BVerfGG. Von der Fortgeltung des Beschußgesetzes als Bundesrecht hängt die Zulässigkeit der am 18. März 1955 vom Bundesminister für Wirtschaft mit Zustimmung des Bundesrats erlassenen Gebührenordnung für die Prüfung von Handfeuerwaffen ab (§ 87 Abs. 1 BVerfGG). Stellt das Bundesverfassungsgericht fest, daß das Beschußgesetz nicht als Bundesrecht, sondern als Landesrecht fortgilt, so ist die Ermächtigung zum Erlaß der Gebührenordnung und die Zuständigkeit zur Bildung des Beschußrates nicht auf den Bundesminister für Wirtschaft übergegangen (Art. 129 Abs. 2 GG).
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Die in ihrem Rang umstrittene Rechtsnorm gilt noch (vgl. BVerfGE 4, 214 [216]). Durch das Besatzungsrecht ist das Beschußgesetz nicht außer Kraft gesetzt worden. Auch eine inhaltliche Unvereinbarkeit des Beschußgesetzes mit dem Grundgesetz ist nicht erkennbar. Offensichtlich verfolgt die gesetzliche Regelung des Beschußwesens einen doppelten Zweck: Einmal soll durch Gütesicherung und genormte Herstellung der Schußwaffen und Patronen die Waffenindustrie und der Waffenhandel gefördert werden, zum anderen sollen die Gefahren vermindert werden, die von Schußwaffen und der dazu gehörigen Munition ausgehen können. Dient das Gesetz also zumindest mittelbar auch der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, so genügt dies, um etwaige Einwendungen auszuräumen, die gegen seine Fortgeltung unter dem Gesichtspunkt erhoben werden könnten, daß es dem Gesetzgeber nach dem Grundgesetz nicht erlaubt sei, Industrie und Handel allein aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu zwingen, nur qualitativ gute und genormte Patronen und Schußwaffen in den Verkehr zu bringen. Seit dem Gesetz von 1891 hat sich unverändert die allgemeine Auffassung von der Notwendigkeit erhalten, Handfeuerwaffen und Patronen aus Gründen der Sicherheit auf ihre Haltbarkeit zu prüfen und in der im Gesetz vorgesehenen Art die Herstellung und den Verkehr mit diesen ihrer Natur nach gefährlichen Gegenständen zu überwachen. Das Gesetz beschränkt deshalb nicht eigentlich irgendeine rechtliche Freiheit; der Bundesgesetzgeber würde sich vielmehr, wenn er das Gesetz heute erließe, innerhalb seiner gesetzgeberischen Freiheit bewegen.
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III.
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Das Beschußgesetz und die dazu ergangenen reichsrechtlichen Durchführungsvorschriften gelten als Bundesrecht fort:
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1. Das Gesetz regelt einen Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes (Art. 125 Abs. 1 GG), und zwar handelt es sich um Recht der Wirtschaft, für das der Bund gemäß Art. 74 Nr. 11 GG die Befugnis zur konkurrierenden Gesetzgebung besitzt.
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a) Zwar verfolgt das Beschußgesetz -- wie bereits ausgeführt sowohl einen wirtschaftspolitischen als auch einen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienenden Zweck; diese doppelte Zweckbestimmung schließt indessen nicht aus, es dem Recht der Wirtschaft im Sinne des Art. 74 Nr. 11 GG zuzurechnen. Darüber, was zum Recht der Wirtschaft gehört, hat sich eine einheitliche Meinung in Schrifttum und Rechtsprechung noch nicht gebildet (vgl. E. R. Huber: Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl.; Tübingen: 1953, Bd. I S. 7 ff.); es liegt indessen nahe, unter Recht der Wirtschaft alle das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regelnden Normen zu begreifen und vor allem diejenigen Vorschriften dazuzurechnen, die sich in irgendeiner Form auf die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs beziehen, also auch von Handfeuerwaffen und Patronen. Eine eindeutige Abgrenzung dessen, was zum Recht der Wirtschaft gehört, von den der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienenden Vorschriften ist nicht möglich. Nicht wenige Normen des Wirtschafts- und Gewerberechts dienen mittelbar oder unmittelbar der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung; es braucht in diesem Zusammenhang nur an die die Gewerbefreiheit durch Statuierung einer Genehmigungspflicht für bestimmte Gewerbebetriebe einschränkenden Regelungen der Gewerbeordnung (z. B. §§ 16 ff., 24 ff., 27 ff.) erinnert zu werden. Auch im Eisenbahn-, Straßen- und Luftverkehrsrecht, im Recht des Post- und Fernmeldewesens, im Arbeitsrecht und in anderen Gesetzen, wie z. B. in dem Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen vom 9. Juni 1884 (RGBl. S. 61) finden sich zahlreiche der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in dem jeweiligen Lebensbereich dienende Vorschriften, ohne daß die betreffenden Normen um deswillen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes entzogen wären. Die Gesamtheit der Normen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen, bildet nämlich keinen selbständigen Sachbereich im Sinne der grundgesetzlichen Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeit zwischen Bund und Ländern. Die Ordnungsgewalt kann als Annex des Sachgebiets erscheinen, auf dem sie tätig wird; die Zuständigkeit zur Gesetzgebung in einem Sachbereich umfaßt dann auch die Regelung der Ordnungsgewalt (Polizeigewalt) in diesem Sachbereich. Darauf gründet sich die herkömmliche Unterscheidung zwischen Verwaltungspolizei und Sicherheitspolizei. Soweit der Bund ein Recht zur Gesetzgebung auf einem bestimmten Lebensgebiet hat, muß er demnach auch das Recht haben, die dieses Lebensgebiet betreffenden spezialpolizeilichen Vorschriften zu erlassen (vgl. BVerfGE 3, 407 [433]). Normen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in einem bestimmten Sachbereich dienen, sind daher jeweils dem Sachbereich zuzurechnen, zu dem sie in einem notwendigen Zusammenhang stehen. Nur solche Regelungen, bei denen die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung den alleinigen und unmittelbaren Gesetzeszweck bildet, können einem selbständigen Sachbereich zugerechnet werden, der als Polizeirecht im engeren Sinne bezeichnet wird und in die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung fällt.
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Daß im Falle des Beschußgesetzes die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht der alleinige und unmittelbare Gesetzeszweck ist, sondern in einem notwendigen Zusammenhang mit wirtschafts- und gewerberechtlichen Erwägungen steht, ergibt sich schon aus den grundlegenden §§ 1, 11 des Gesetzes, wonach Handfeuerwaffen vor dem gewerbsmäßigen Feilhalten oder der gewerbsmäßigen Überlassung an andere einer amtlichen Prüfung unterliegen und Patronen für Handfeuerwaffen nur dann gewerbsmäßig feilgehalten oder anderen überlassen werden dürfen, wenn sie in besonderer Weise gekennzeichnet und verpackt sind. Die Handfeuerwaffen werden "auf ihre Haltbarkeit" geprüft (§§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 1 und 3). Mängel, die die Haltbarkeit beeinträchtigen, sind Fehler im verarbeiteten Material, insbesondere "Aufbauchungen, Dehnungen, Risse und Fehler im Stahl" (Art. 12 Abs. 1 DVO). Die Prüfung, der die Schußwaffen unterliegen, ist demnach in erster Linie eine Güteprüfung und gilt als solche vor allem der Gewerbeförderung. In diesem Sinne ist auch die mit dem Gesetz verbundene Gefahrenabwehr eine Wirkung der Güteprüfung und als solche vom Gesetzgeber gedacht: Art. 12 Abs. 1 DVO drückt dies deutlich aus, indem dort von Mängeln die Rede ist, "die die Haltbarkeit der Waffe zu beeinträchtigen und damit die körperliche Sicherheit des Schützen zu gefährden drohen". Auch die Art und Weise, wie das Gesetz die Kontrolle dafür, daß die Waffe geprüft worden ist, gestaltet, bestätigt seinen vorwiegend gewerberechtlichen Charakter: Es wird ein amtliches Prüfzeichen eingeschlagen (§ 6), das im Verkehr als Gütezeichen gewertet wird; es verbürgt die Qualität der Waffe. Die Bestimmung, wonach der Reichswirtschaftsminister Vorschriften über die Vereinheitlichung der Handfeuerwaffen und Patronen erlassen kann (§ 19 Abs. 1), dient ebenfalls im wesentlichen gewerbefördernden Zwecken. In dieselbe Richtung weist schließlich, daß der Reichswirtschaftsminister für das Gesetz federführend und daß sein Ressort für Verwaltungsmaßnahmen und Durchführungsbestimmungen in Vollzug des Gesetzes grundsätzlich zuständig war (§§ 2 Abs. 2, 8 Abs. 3, 18 Abs. 1 und 2, 19 Abs. 1 und 20 Abs. 1 Satz 2). Der Reichswirtschaftsminister durfte allerdings in der Regel nur im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern handeln (§§ 8 Abs. 3,18 Abs. 1 und 19 Abs. 2), während der Reichsminister des Innern -- abweichend von dieser Regel -- im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister die Federführung in bezug auf etwaige Herstellungsverbote für bestimmte Arten von Handfeuerwaffen und Patronen hatte (§ 18 Abs. 3). Diese verschiedenartig ausgestaltete Mitwirkung des Reichsministers des Innern bei der Durchführung des Gesetzes reicht indessen nicht aus, um daraus auf einen unmittelbar und allein sicherheits-polizeilichen Zweck des Gesetzes zu schließen. Ihn zu beteiligen, erschien vielmehr angemessen, weil die im Gesetz geregelte Materie auch das Ressort der allgemeinen inneren Verwaltung berührt, wurde doch dort die nahe verwandte Materie des Waffengesetzes bearbeitet. Zudem war der Reichsminister des Innern an der sachlichen Gestaltung des Gesetzes eben mit Rücksicht auf dessen bereits mehrfach erwähnte Auswirkung in den Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung interessiert.
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b) Die Entstehungsgeschichte des Beschußgesetzes ergibt für die Frage, welchem Sachbereich es zuzuordnen ist, wenig; lediglich die einleitende Vorbemerkung des Ministerialreferenten in der von Pfundtner/Neubert begründeten Sammlung des Deutschen Reichsrechts (I b 47) bietet eine Bestätigung dafür, daß bei der gesetzlichen Regelung des Beschußwesens der Schutz des Schützen vor den Gefahren einer im Material mangelhaften Waffe eine bedeutsame Rolle gespielt hat. Die Materialien zu dem Reichsgesetz, betreffend die Prüfung der Läufe und Verschlüsse von Handfeuerwaffen vom 19. Mai 1891, durch das erstmalig die obligatorische Beschußpflicht gesetzlich eingeführt worden war, sind dagegen veröffentlicht und geben auch über den Gesetzeszweck Aufschluß: In der Begründung zu dem von der Regierung eingebrachten Entwurf dieses Gesetzes heißt es schon im ersten Satz:
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"Die Einführung des Zwangs zur Prüfung der Läufe und Verschlüsse der in den Handelsverkehr gelangenden Handfeuerwaffen jeglicher Art, Lang- und Kurzfeuerwaffen, durch eine Beschußprobe mit verstärkter Ladung in staatlich eingerichteten öffentlichen Prüfungsanstalten bezweckt die Förderung der deutschen Gewehrindustrie. "
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An anderen Stellen der Begründung kehrt dieser Gedanke noch mehrmals wieder (vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, Bd. 111 S. 986 ff.), und wenn in den anschließenden Reichstagsdebatten darauf hingewiesen wurde, daß das Gesetz neben der Gewerbeförderung auch der Verhütung von Unglücksfällen diene (vgl. Stenographischen Bericht über die 107. Sitzung, 8. Legislaturperiode, 1. Session, vom 24. April 1891, a.a.O. Bd. 109 S. 2548 [D], 2552 ), so spricht dies -- wie bereits dargelegt -- keineswegs gegen seine Qualifikation als einer vorwiegend wirtschafts- und gewerberechtlichen Regelung mit teilweise sicherheitspolizeilichem Einschlag.
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c) Der Charakter des Beschußgesetzes als einer dem Wirtschafts- und Gewerberecht zugehörigen Regelung wird noch deutlicher, wenn man ihm den IV. Abschnitt des Waffengesetzes vom 18. März 1938 (RGBl. I S. 265), das im Geschäftsbereich des Reichsministers des Innern bearbeitet wurde, sowie die diesem vorausgegangenen Regelungen, die Verordnung des Rats der Volksbeauftragten über Waffenbesitz vom 13. Januar 1919 (RGBl. I S. 31, 122) und das Reichsgesetz über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 (RGBl. I S. 143), gegenüberstellt.
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Mit diesen gesetzlichen Regelungen wurde der Erwerb und das Führen von Waffen (§§ 11, 14) unter behördliche Kontrolle gebracht. Während das Beschußgesetz den gewerblichen Verkehr mit Waren und Munition ordnen und damit auch Gefahren mindern will, die von der Waffe ausgehen, dienen das Waffengesetz (IV. Abschnitt) und die entsprechenden früheren Gesetze der Verhinderung von Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die von einem Waffenträger ausgehen können. Die Waffe soll nicht in die Hände von Staatsfeinden, Verbrechern, Jugendlichen und unzuverlässigen Personen gelangen, und die Polizei soll eine Übersicht über diejenigen erhalten, die im Besitz einer Waffe sind. Anders als das Beschußgesetz haben jene Regelungen also eine im eigentlichen Sinne sicherheitspolizeiliche Tendenz. Das Ziel, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einzudämmen, ist hier Selbstzweck und nicht lediglich Annex eines Sachbereichs, der herkömmlicherweise als besonderes Teilgebiet des Verwaltungsrechts verstanden wird, wie z. B. das Gewerberecht, das Baurecht, das Bergrecht, das Forstrecht, das Landwirtschaftsrecht, das Fürsorgerecht u.a.
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d) Für die Charakterisierung des Beschußgesetzes als einer in den Bereich des Wirtschaftsrechts fallenden Regelung spricht es ferner, daß alle für das unter der Reichsverfassung vom 16. April 1871 zustandegekommene Gesetz, betreffend die Prüfung der Läufe und Verschlüsse der Handfeuerwaffen vom 19. Mai 1891 das Reich seine Gesetzgebungskompetenz in Anspruch genommen hatte. Auch nach Art. 4 der damaligen Reichsverfassung war nämlich für gesetzliche Regelungen, die die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne des reinen Polizeirechts zum Gegenstand hatten, das Reich nicht zuständig auch damals kann also die reichsrechtliche Normierung des Beschußwesens nur als eine Regelung auf dem Gebiet des Handels und Gewerbes empfunden worden sein, zu welcher das Reich gemäß Art. 4 Nr. 1 und 2 der Reichsverfassung befugt war. Allenfalls mag es noch angehen, die Prüfung der Handfeuerwaffen als eine auf dem Gebiet des Maß- und Gewichtswesens liegende Angelegenheit aufzufassen (vgl. Huc de Grais/Peters: Handbuch der Verfassung und Verwaltung in Preußen und im Deutschen Reich; 24. Aufl., Berlin: 1927, S. 613 f.); unter diesem Gesichtspunkt unterläge sie heute sogar der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes (Art. 73 Nr. 4 GG) mit der Folge, daß das Beschußgesetz ebenfalls Bundesrecht geworden wäre.
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2. Die Voraussetzungen für die Fortgeltung des Beschußgesetzes als Bundesrecht liegen auch insofern vor, als das Gesetz in der Zeit vor dem Zusammentritt des Bundestags von den Ländern nicht geändert worden ist und am 7. September 1949 im Geltungsbereich des Grundgesetzes einheitlich gegolten hat (Art. 125 Nr. 1 GG).
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IV.
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1. Eine Prüfung und Entscheidung, ob der Bundesminister für Wirtschaft berechtigt war, eine neue Gebührenordnung für die Prüfung von Handfeuerwaffen zu erlassen und einen neuen Beschußrat zu bilden, ist im gegenwärtigen Verfahren weder veranlaßt noch zulässig. Streitgegenstand ist nur die Frage, ob das Beschußgesetz als Bundesrecht oder als Landesrecht fortgilt. Die Folgerungen aus der in diesem Verfahren getroffenen Entscheidung und aus Art. 129 GG für die Gültigkeit der neuen vom Bundeswirtschaftsminister erlassenen Gebührenordnung haben die zuständigen Verfassungsorgane des Bundes und der Länder selbständig zu ziehen.
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2. Der Antragsteller begehrt die Feststellung, daß neben dem Beschußgesetz und der Durchführungsverordnung zum Gesetz auch die Beschußordnung vom 7. März 1940 und die Anordnung über die Bildung eines Beschußrates vom 22. Januar 1940 nicht Bundesrecht geworden sind. Die Beschußordnung enthält mehr als nur verwaltungsinterne Bestimmungen, die allerdings den Hauptinhalt ausmachen. Teil B Nr. 4 bis 8 regelt die "Einlieferung" von Handfeuerwaffen oder Teilen davon, die durch die Beschußbehörde geprüft werden sollen, und bestimmt für die "Einlieferer" verbindlich, welche Pflichten ihnen dabei obliegen. Teil H Nr. 36 bestimmt, unter welchen Voraussetzungen die Beschußbehörde einem freiwilligen Antrag auf Beschuß stattzugeben hat; Teil J Nr. 38 bestimmt, daß die Beschußbehörde auf Antrag des Einlieferers ihm gewisse beschußtechnische Bescheinigungen auszustellen hat. Die Beschußordnung gehört also nicht zu den reinen Verwaltungsvorschriften. Sie beginnt denn auch mit den Einleitungsworten "Auf Grund . . . wird verordnet" und schließt mit Nr. 40 "Diese Verordnung tritt am 1. April 1940 in Kraft". Die Beschußordnung ist also "Recht" im Sinne des Art. 126 GG.
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Das gleiche gilt für die Anordnung über die Bildung eines Beschußrates vom 22. Januar 1940. Sie enthält zwar ebenfalls eine Reihe von Vorschriften, die als Verwaltungsvorschriften hätten erlassen werden können. Rechtssatzcharakter besitzen aber jedenfalls die Vorschrift der Ziffer 1: "Er (der Beschußrat) kann nach Lage der Verhältnisse die Aufnahme weiterer Waffen und Patronen in die Maßtafeln regeln, die Listen der höchstzulässigen Normaldrucke für Gebrauchspatronen und der Mindestzugbreiten ergänzen und ändern, sowie Vorschriften zur Ergänzung der Beschußordnung erlassen" und Ziffer 9: "Für die Tätigkeit im Beschußrat wird keine Vergütung gezahlt. Reisekosten hat die Stelle zu tragen, derentwegen das Mitglied ernannt ist." Die Beschußordnung und die Anordnung über die Bildung eines Beschußrates teilen ebenso wie die Durchführungsverordnung vom 8. Juli 1939 als Ergänzungen zum Beschußgesetz dessen Qualität als Bundesrecht.
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