2. "Gewissensentscheidung" im Sinne des Art. 4 Abs. 3 GG ist jede ernste sittliche, d. h. an den Kategorien von "Gut" und "Böse" orientierte Entscheidung, die der einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so daß er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte.
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3. Art. 4 Abs. 3 GG will diejenigen schützen, die den Kriegsdienst mit der Waffe schlechthin verweigern. Das sind nicht nur die grundsätzlichen (dogmatischen) Pazifisten, sondern auch diejenigen, die Kriegsdienst hier und jetzt allgemein ablehnen, die Motive hierzu aber der historisch-politischen Situation entnehmen. Nicht geschützt ist in Art. 4 Abs. 3 GG die "situationsbedingte" Kriegsdienstverweigerung, bei der die Teilnahme an einem bestimmten Krieg, an Kriegen bestimmter Art, unter bestimmten Bedingungen oder mit bestimmten Waffen verweigert wird.
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4. § 25 WehrpflG ist mit dem Grundgesetz nur vereinbar, wenn er in dem unter 3. bezeichneten Sinne ausgelegt wird.
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Beschluß | |
des Ersten Senats vom 20. Dezember 1960
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-- 1 BvL 21/60 -- | |
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des § 25 des Wehrpflichtgesetzes vom 21. Juli 1956 (BGBl. I S. 651) - Vorlage des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 30. August 1960 (Nr. 3 KW - 291/59).
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Entscheidungsformel:
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Gründe: | |
A. | |
Das Recht, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern, ist in Art. 4 Abs. 3 GG gewährleistet. Die Vorschrift lautet:
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"Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz."
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Das Wehrpflichtgesetz vom 21. Juli 1956 - BGBl. I S. 651 (im folgenden: WehrpflG) enthält in Abschnitt III (§§ 25 bis 27) "Vorschriften für Kriegsdienstverweigerer". § 25 hat folgenden Wortlaut:
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"Wer sich aus Gewissensgründen der Beteiligung an jeder Waffenanwendung zwischen den Staaten widersetzt und deshalb den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, hat statt des Wehrdienstes einen zivilen Ersatzdienst außerhalb der Bundeswehr zu leisten. Er kann auf seinen Antrag zum waffenlosen Dienst in der Bundeswehr herangezogen werden."
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1. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - III. Kammer - hat gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ein Verwaltungsstreitverfahren ausgesetzt und das Bundesverfassungsgericht um Entscheidung der Frage gebeten, ob § 25 WehrpflG mit Art. 4 Abs. 3 GG vereinbar ist.
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Der 1938 geborene Kläger sollte im Jahre 1959 zum Wehrdienst eingezogen werden. Er hat den Antrag gestellt als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden. Zur Begründung hat er ausgeführt es sei ihm aus Gewissensgründen nicht möglich, in einem geteilten Deutschland Kriegsdienst mit der Waffe zu leisten, denn er müsse mit der Möglichkeit rechnen, eines Tages den Befehl zu erhalten, auf Deutsche zu schießen. "In einem freien, geeinten Vaterland" sei er zur Kriegsdienstleistung mit der Waffe jederzeit bereit.
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Der Prüfungsausschuß für Kriegsdienstverweigerer hat den Antrag abgelehnt, weil der Kläger sich nicht jeder Waffenanwendung "zwischen den Staaten" widersetzen er habe vielmehr lediglich eine situationsgebundene Gewissensentscheidung getroffen, die sich gegen einen bestimmten Krieg wende. Das reiche für eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer nach § 25 WehrpflG nicht aus.
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Den Widerspruch des Klägers hat die Prüfungskammer für Kriegsdienstverweigerer zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die verwaltungsgerichtliche Klage.
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Das vorlegende Gericht versteht die Haltung des Klägers ebenso wie Prüfungsausschuß und Prüfungskammer. Bei Gültigkeit des § 25 WehrpflG müsse seine Klage abgewiesen werden, denn eine solche "situationsbedingte" Gewissensentscheidung werde von dieser Vorschrift nicht gedeckt Das Verwaltungsgericht hält § 25 WehrpflG aber für nichtig, da er dem Art. 4 Abs. 3 GG widerspreche. Die Verfassungsnorm verbiete den Zwang zum Kriegsdienst gegen das Gewissen eines Bürgers schlechthin. Auch wer lediglich die Beteiligung an einer konkreten bewaffneten Auseinandersetzung aus Gewissensgründen ablehne, dürfe nicht zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Die in § 25 WehrpflG enthaltene Einengung des in der Verfassung gewährleisteten Rechts sei dem einfachen Gesetzgeber, der nur "das Nähere" zu regeln habe, nicht gestattet.
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2. Die Bundesregierung ist unter Verzicht auf mündliche Verhandlung dem Verfahren beigetreten. Sie ist der Auffassung, daß § 25 WehrpflG mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Auch Art. 4 Abs. 3 GG schütze nur denjenigen, der sich aus Gewissensgründen der Beteiligung an jeder Waffenanwendung zwischen den Staaten widersetze, d. h. den grundsätzlichen Pazifisten. Für diese Auslegung sprächen Wortlaut und Entstehungsgeschichte, schließlich auch der Zusammenhang der Vorschriften des Art. 4 GG, dessen beide ersten Absätze ebenfalls nur eine im Gewissen begründete menschliche Grundhaltung schützten. Werde die Gewissensentscheidung in Art. 4 Abs. 3 GG auf das Ob und Wie des einzelnen Waffendienstes bezogen, so ließen sich die möglichen Gewissensgründe nicht mehr begrenzen. Eine solche Auslegung würde im Ergebnis dazu führen, daß eine Minderheit Einzelner zu jedem Zeitpunkt durch situationsbedingte Kriegsdienstverweigerung die Durchführung der von der verfassungsmäßigen Volksvertretung beschlossenen Verteidigungsmaßnahmen zumindest empfindlich stören könnte. Darin liege eine Gefährdung der staatlichen Gemeinschaft, deren Erhaltung die Berufung auf das Grundrecht erst ermögliche. § 25 WehrpflG betreffe ferner auch den Wehrdienst im Frieden. Da sich nicht voraussehen lasse, ob und unter welchen Bedingungen ein Krieg geführt werden müsse, könne im Frieden sinnvoll die Berufung auf das Grundrecht allein denjenigen zustehen, die sich der Beteiligung an jeder Waffenanwendung zwischen den Staaten überhaupt widersetzen.
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Die Vorlage ist zulässig.
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Das Verwaltungsgericht will bei Gültigkeit des § 25 WehrpflG die Klage abweisen. Aus dem Zusammenhang seiner Ausführungen ist zu schließen, daß es bei Ungültigkeit der Bestimmung die Klage für begründet halten würde. Für die Zulässigkeit der Vorlage reicht es aus, daß diese Rechtsauffassung auf einer Auslegung des § 25 WehrpflG und des Art. 4 Abs. 3 GG beruht, die jedenfalls nicht offensichtlich unhaltbar ist (BVerfGE 2, 181 [190 ff.]; 9,194 [197]).
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Der Vorlagebeschluß stellt § 25 WehrpflG im ganzen zur Prüfung. Da Satz 2 der Bestimmung für das Ausgangsverfahren ohne Bedeutung ist, muß die in der Vorlage gestellte Rechtsfrage dahin eingeschränkt werden, daß nur eine Entscheidung über § 25 Satz 1 WehrpflG erbeten wird.
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§ 25 Satz 1 WehrpflG ist bei verfassungskonformer Auslegung mit Art. 4 Abs. 3 GG vereinbar.
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I.
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Das vorlegende Gericht hält § 25 WehrpflG für verfassungswidrig, weil die hier umschriebenen Voraussetzungen des Rechtes auf Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe inhaltlich mit Art. 4 Abs. 3 GG in Widerspruch ständen. Auf die materielle Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 25 WehrpflG würde es jedoch nicht ankommen, wenn verfassungsrechtliche Gesichtspunkte bereits zur Verfassungswidrigkeit des Wehrpflichtgesetzes im ganzen, namentlich des von ihm eingeführten und die Grundlage aller seiner Einzelvorschriften bildenden Prinzips der allgemeinen Wehrpflicht, führen sollten. Denn mag auch das Recht zur Kriegsdienstverweigerung schon vor Einführung der allgemeinen Wehrpflicht nicht ganz bedeutungslos gewesen sein (vgl. dazu etwa Smend in "Der Kampf um den Wehrbeitrag", 1953, Bd. II S. 570), so kann doch nicht zweifelhaft sein, daß dieses Grundrecht seinen eigentlichen Sinn und seine praktische Bedeutung erst in einem Staatswesen mit allgemeiner Wehrpflicht entfaltet. In § 25 WehrpflG tritt dies vor allem darin zutage, daß der Kriegsdienstverweigerer hiernach auch den - erst durch das Wehrpflichtgesetz eingeführten und die wichtigste praktische Auswirkung der Wehrpflicht darstellenden - Wehrdienst mit der Waffe im Frieden verweigern darf. Wäre der Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht selbst verfassungswidrig, so würde § 25 WehrpflG im wesentlichen gegenstandslos sein.
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Verfassungsrechtliche Einwendungen gegen das Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht sind mehrfach, auch in noch anhängigen Verfassungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben worden. Sie sind aber nicht begründet.
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Das Wehrpflichtgesetz ist, soweit es die Wehrverfassung der Bundesrepublik Deutschland auf die allgemeine Wehrpflicht der männlichen Bürger gründet, durch Art. 73 Nr. 1 GG gedeckt. Wenn diese Verfassungsbestimmung dem Bunde die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit für "die Verteidigung einschließlich der Wehrpflicht für Männer vom vollendeten 18. Lebensjahr an" zuweist, so ist dies mehr als eine bloße Kompetenzbestimmung; die Verfassung stellt selbst klar, daß ein Bundesgesetz, das die allgemeine Wehrpflicht im bezeichneten Umfang einführt, ihr insoweit auch materiell nicht widerspreche.
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Ein Angriff gegen das Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht würde sich also der Sache nach gegen Art. 73 Nr. 1 GG selbst richten; er würde die Behauptung in sich schließen, daß das verfassungsändernde Gesetz vom 26. März 1954 - BGBl. I S. 45 - durch Einfügung des Zusatzes über die Wehrpflicht in Art. 73 Nr. 1 GG eine "verfassungswidrige Verfassungsnorm" geschaffen habe. In der Tat ist die Rechtsmeinung vertreten worden, diese Ermächtigung zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht verstoße gegen übergeordnetes Verfassungsrecht: das Gebot der unbedingten Achtung der Menschenwürde, die Pflicht zur Wiedervereinigung, das Prinzip der Verhältnismäßigkeit aller staatlichen Maßnahmen. Mit diesen Erwägungen ist jedoch gegen die Verfassungsbestimmung nichts auszurichten.
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Das Institut der allgemeinen Wehrpflicht verstößt als solches weder gegen die Menschenwürde noch sonst gegen die Grundlagen unseres verfassungsrechtlichen Wertsystems. Die allgemeine Wehrpflicht besteht heute in fast allen freiheitlich-demokratischen Staaten, auch in den dauernd neutralen. In den meisten dieser Staaten wird sie seit langem als eine selbstverständliche Pflicht des (männlichen) Staatsbürgers angesehen, eine Pflicht zumal, in der ideelle Grundprinzipien gerade eines demokratischen Gemeinwesens - die Zugehörigkeit zu dem allen gemeinsamen, nicht mehr obrigkeitlichen Staat, der Grundsatz der gleichen Lasten für alle - sich besonders deutlich aussprechen. Sie steht auch in Deutschland in einer Tradition, die auf die preußische Reformzeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts und ihren - vielfach bereits von demokratischen Gedanken inspirierten - politischen Idealismus zurückführt; bezeichnend ist, daß auch die Weimarer Verfassung sich im Prinzip zu ihr bekannt hat (Art. 133). Mit den rechtlichen und geistig-politischen Prinzipien, die das Grundgesetz beherrschen, ist die allgemeine Wehrpflicht vollends vereinbar: Das Grundgesetz ist eine wertgebundene Ordnung, die den Schutz von Freiheit und Menschenwürde als den obersten Zweck allen Rechts erkennt; sein Menschenbild ist nicht das des selbstherrlichen Individuums, sondern das der in der Gemeinschaft stehenden und ihr vielfältig verpflichteten Persönlichkeit. Es kann nicht grundgesetzwidrig sein, die Bürger zu Schutz und Verteidigung dieser obersten Rechtsgüter der Gemeinschaft, deren personale Träger sie selbst sind, heranzuziehen.
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Auch der Verfassungsgrundsatz der Verpflichtung zur Wiedervereinigung Deutschlands steht der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht nicht entgegen. Die Wiedervereinigung Deutschlands ist allerdings, wie das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen hat (BVerfGE 5, 85 [125 ff.]), nicht nur ein politisches Ziel, sondern auch ein verfassungsrechtliches Gebot. Die zum politischen Handeln berufenen Organe der Bundesrepublik Deutschland, denen im Grundgesetz auch der Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und ihrer Institutionen zur Pflicht gemacht ist, haben aber zu entscheiden, ob eine bestimmte, sonst verfassungsmäßige Maßnahme die Wiedervereinigung rechtlich hindern oder faktisch unmöglich machen würde und aus diesem Grunde unterbleiben müsse. Ein breiter Raum politischen Ermessens besteht hier besonders für die Gesetzgebungsorgane. Das Bundesverfassungsgericht könnte dem Gesetzgeber erst entgegentreten, wenn er die Grenzen dieses Ermessens eindeutig überschritte, wenn seine Maßnahme also rechtlich oder tatsächlich einer Wiedervereinigung in Freiheit offensichtlich entgegenstünde. Daß eine solche Entscheidung gegenüber dem Wehrpflichtgesetz und der ihm zugrunde liegenden Verfassungsergänzung nicht getroffen werden kann, bedarf keiner weiteren Begründung.
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Auch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit bietet keine Handhabe für einen erfolgreichen Angriff gegen das Wehrpflichtgesetz. Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht ist eine Entscheidung hohen staatspolitischen Ranges; sie wirkt in alle Bereiche des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens hinein: Allgemeinpolitische, wirtschafts- und gesellschaftspolitische Gründe von sehr verschiedenem Gewicht, die dafür oder dawider sprechen, müssen bewertet und gegeneinander abgewogen werden. Die Landesverteidigung auf der Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht ist deshalb gegenüber der Verteidigung durch eine Freiwilligenarmee kein bloßes "Mehr", das allein unter dem Gesichtspunkt der quantitativen Belastung der Staatsbürger beurteilt werden dürfte, sondern ein grundsätzlich "Anderes". Weder kann ein Gericht feststellen, daß ein Freiwilligenheer zur Landesverteidigung ebenso geeignet sei wie ein Heer mit allgemeiner Wehrpflicht, noch kann die Schwere des Eingriffs in die Freiheit des Bürgers das alleinige Kriterium sein, nach dem der Gesetzgeber bei seiner Wahl zwischen dem einen oder dem anderen System verfahren müßte; beide Systeme haben daneben noch je ihre hohe Bedeutung auch in mannigfacher anderer Richtung, die der Gesetzgeber in Rechnung stellen darf. Das Prinzip der "Verhältnismäßigkeit" ist hier kein adäquater Maßstab.
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Daß die Beschränkung der Wehrpflicht auf männliche Bürger keinen Verfassungsverstoß darstellt, braucht im Hinblick auf Art. 73 Nr. 1 und Art. 12 Abs. 3 GG nicht näher dargelegt zu werden. Diese Bestimmungen haben gleichen verfassungsrechtlichen Rang mit Art. 3 Abs. 2 und 3 GG; sie wären somit - selbst als Ausnahmeregelung - gerechtfertigt, wenn man, was nicht entschieden zu werden braucht, in der Wehrpflicht für Männer eine "Benachteiligung" im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG zu sehen hätte.
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II.
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Der Auffassung des vorlegenden Gerichts, daß § 25 Satz 1 WehrpflG mit Art. 4 Abs. 3 GG nicht vereinbar sei, kann nicht zugestimmt werden.
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1. Ein Grundrecht kann, soweit die Verfassung dies nicht zuläßt, durch einfaches Gesetz in seinem sachlichen Gehalt nicht eingeschränkt werden; denn die Grundrechte sind unmittelbar geltendes Recht, das auch den Gesetzgeber bindet. Soweit sich durch Auslegung die sachliche Reichweite eines Grundrechts unmittelbar erschließen läßt, bleibt kein Raum für eine konstitutive Regelung durch den einfachen Gesetzgeber. Eine authentische Interpretation der Verfassung ist ihm verwehrt. Versucht ein Gesetz, den Gehalt des Grundrechts mit eigenen Worten verdeutlichend zu umschreiben, so geschieht das auf die Gefahr, daß dieser Interpretationsversuch mit der Verfassung in Widerspruch gerät (vgl. auch BVerfGE 7, 377 [403 f.]). Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Gesetzgeber in einer Grundrechtsnorm ermächtigt ist, "das Nähere" zu regeln, wie weit auch immer im übrigen der Umfang dieser Befugnis im Einzelfall erstreckt werden muß.
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2. Art. 4 Abs. 3 GG gewährt ein Grundrecht; es handelt sich nicht bloß um einen "Grundsatz", der erst der Aktualisierung durch den Gesetzgeber bedürfte. Dem Staatsbürger ist unmittelbar in der Verfassung das Recht gewährleistet, aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern (so die Formulierung in Art. 12 Abs. 2 Satz 2 GG). Den Sinngehalt der Begriffe "Gewissen" und "Kriegsdienst mit der Waffe" und damit den wesentlichen rechtlichen Inhalt der Verfassungsnorm kann der Richter durch Auslegung ermitteln.
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3. a) Das Grundgesetz sieht die freie menschliche Persönlichkeit und ihre Würde als höchsten Rechtswert an. So hat es folgerecht in Art. 4 Abs. 1 die Freiheit des Gewissens und seiner Entscheidungen, in denen sich die autonome sittliche Persönlichkeit unmittelbar ausspricht, als "unverletzlich" anerkannt.
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Auf diesem Grundsatz beruht auch Art. 4 Abs. 3 GG. Er hat die Gewissensfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG nicht nur zur allgemeinen (ideologischen) Voraussetzung. Er nimmt den Begriff des freien Gewissens wieder auf, erhebt ihn also zum eigenen normativen Bestandteil; er garantiert selbst die Freiheit einer Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe und verspricht, sie zu achten. In der Konfliktslage zwischen der Gemeinschaft, die hier mit einer besonders ernsten Forderung an ihre Bürger herantritt, und dem Einzelnen, der nur seinem Gewissen folgen will, räumt die Verfassungsnorm dem Schutz des freien Einzelgewissens in bemerkenswert weitgehender Weise den Vorrang ein. Das ist einem Staate angemessen, der eine Gemeinschaft freier Menschen sein will und gerade in der Möglichkeit freier Selbstbestimmung des Einzelnen einen gemeinschaftsbildenden Wert erkennt.
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b) "Gewissen" wird in Art. 4 GG - das zeigt auch die Entstehungsgeschichte (vgl. JbÖffR, N.F. Bd. 1 S. 73 ff.) - im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs verstanden. Das Verfassungsrecht geht davon aus, daß die Grundlagen des politischen Zusammenlebens einheitlich für alle Staatsbürger zu bestimmen sind. Verfassungsbegriffe sind daher für alle Bekenntnisse und Weltanschauungen gleich zu interpretieren. Die Aufgabe der Verfassungsorgane ist es, die Einheitlichkeit der Rechtsordnung für alle Staatsbürger zu gewährleisten. "Gewissen" im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs und somit auch im Sinne des Art. 4 Abs. 3 GG ist als ein (wie immer begründbares, jedenfalls aber) real erfahrbares seelisches Phänomen zu verstehen, dessen Forderungen, Mahnungen und Warnungen für den Menschen unmittelbar evidente Gebote unbedingten Sollens sind. Derselben Auffassung war offenbar der Gesetzgeber, der es in § 25 WehrpflG nicht für erforderlich gehalten hat, den Begriff des Gewissens ("aus Gewissensgründen") näher zu erläutern. Bei der Auslegung der Bestimmungen bedarf es deshalb keiner Auseinandersetzung mit theologischen und philosophischen Lehren über Begriff, Wesen, Ursprung des Gewissens; sie überschritte die Kompetenz des Richters und wäre auch rechtlich unergiebig, weil über viele der hier auftretenden Probleme in den zuständigen Disziplinen tiefgehende Meinungsverschiedenheiten bestehen.
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Eine Gewissensentscheidung wird - das folgt aus ihrem Wesen - stets angesichts einer bestimmten Lage getroffen, in der es innerlich unabweisbar wird, sich zu entscheiden; der Ruf des Gewissens wird dem Einzelnen vernehmbar als eine sittliche und unbedingt verbindliche Entscheidung über das ihm gebotene Verhalten. In diesem Sinn ist die Gewissensentscheidung wesenhaft und immer "situationsbezogen"; daß sie zugleich "normbezogen" sein kann, etwa wenn es sich um die Bewährung einer grundsätzlichen weltanschaulichen Überzeugung oder Glaubenshaltung handelt, wird damit nicht geleugnet, denn dabei geht es um die besondere Frage, welche Maßstäbe und Einflüsse auf das Zustandekommen der Entscheidung (bewußt oder unbewußt) einwirken.
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Als eine Gewissensentscheidung ist somit jede ernste sittliche, d. h. an den Kategorien von "Gut" und "Böse" orientierte Entscheidung anzusehen, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so daß er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte.
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c) Die Anwendung der Verfassungsnorm im Einzelfall darf dem Phänomen "Gewissen" nur so weit nachgehen, als sie mit den ihr zu Gebote stehenden Erkenntnismitteln zu prüfen hat, ob, was sich nach außen als Gewissensentscheidung kundgibt, wirklich den Charakter eines unabweisbaren, den Ernst eines die ganze Persönlichkeit ergreifenden sittlichen Gebots, einer inneren Warnung vor dem Bösen und eines unmittelbaren Anrufs zum Guten, trägt. Praktische Schwierigkeiten bei der Beurteilung solcher Sachverhalte müssen in Kauf genommen werden; sie liegen in der Natur der Sache, sind übrigens - wie die bisherigen Erfahrungen zeigen - nicht unüberwindlich. Die richterliche Prüfungsbefugnis geht jedenfalls nicht so weit, daß die - einmal als solche erkannte - Gewissensentscheidung in irgendeinem Sinn, etwa als "irrig", "falsch", "richtig", bewertet werden dürfte. Die Frage, wie es zu der Gewissensentscheidung gekommen ist, d. h. vor allem, welche geistigen Einflüsse auf das Gewissen gewirkt haben, ist nur zulässig, soweit davon die Feststellung abhängt, ob wirklich eine "Gewissens"-Entscheidung vorliegt.
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4. Art. 4 Abs. 3 GG erkennt nur eine Gewissensentscheidung an, die den "Kriegsdienst mit der Waffe" ablehnt.
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a) Es ist bezweifelt worden, ob angesichts dieses Wortlauts der Dienst mit der Waffe im Frieden, die Ausbildung mit der Waffe, verweigert werden dürfe. Die Frage ist zu bejahen. Man mag das bei Schaffung der Bestimmung im Parlamentarischen Rat noch nicht im einzelnen bedacht haben. In Art. 12 Abs. 2 Satz 2 GG aber, der - bereits im Blick auf die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht - durch das Gesetz vom 19. März 1956 - BGBl. I S. 111 - eingefügt worden ist, schließt der Begriff "Kriegsdienst mit der Waffe" auch den Friedenswehrdienst mit ein, da der Ersatzdienst zu dessen Einführung der Gesetzgeber dort ermächtigt wird, gerade auch an die Stelle des Wehrdienstes im Frieden treten sollte. Hiermit wird aber auch Art. 4 Abs. 3 GG dahin verdeutlicht, daß er jedenfalls nunmehr- d. h. nach Einführung der allgemeinen Wehrpflicht- das Recht umfaßt, den Dienst mit der Waffe schon im Frieden zu verweigern. Das ist auch sinnvoll - nicht nur, weil der Staat kein Interesse daran haben kann, Wehrpflichtige mit der Waffe auszubilden, die im Kriegsfall die Waffenführung verweigern werden, sondern auch vom Standpunkt des Einzelnen aus, dem eine Ausbildung nicht aufgezwungen werden darf, die einzig den Zweck hat, ihn zu einer Betätigung vorzubereiten, die er aus Gewissensgründen ablehnt.
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b) Die Entscheidung muß sich ihrem Inhalt nach gegen den Waffendienst schlechthin richten; sie ist insoweit eine generelle, "absolute" Entscheidung. Gemeint ist das Gewissensverbot, Waffen, gleichviel welcher Art, zu führen; das Gewissen verbietet ein Tun, das unmittelbar darauf gerichtet ist, mit - den jeweils zur Verwendung kommenden - Waffen Menschen im Kriege zu töten. Nur in der Vorstellung, dies tun zu müssen, liegt nach dem Grundgesetz für den Einzelnen die schwere innere Belastung, die es rechtfertigt, seine ablehnende Gewissensentscheidung anzuerkennen, obwohl sie zur Verweigerung einer in Verfassung und Gesetz allgemein auferlegten staatsbürgerlichen Pflicht führt und damit - wenigstens vordergründig - zu den Interessen des Staates in Widerstreit tritt.
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c) Hieraus ergibt sich, daß derjenige das Grundrecht nicht in Anspruch nehmen kann, der geltend macht, sein Gewissen verbiete ihm nicht den Kriegsdienst mit der Waffe schlechthin, sondern lediglich die Teilnahme an bestimmten Kriegen, etwa am Kriege gegen bestimmte Gegner, unter bestimmten Bedingungen, in bestimmten historischen Situationen, mit bestimmten Waffen. Dabei ist es gleichgültig, ob er eine solche Erklärung schon bei der Einberufung zum Friedenswehrdienst allgemein für den Fall abgibt, daß er je zur Teilnahme an Kriegen solcher Art gezwungen werden sollte, oder ob er erst im Kriegsfall den Dienst mit der Waffe aus diesem Grunde verweigert.
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In all diesen Fällen mögen ernste Gewissensbedenken den Wehrpflichtigen zu seiner Haltung bestimmen. Seine Gewissensentscheidung richtet sich aber nicht eigentlich gegen "den Kriegsdienst mit der Waffe", sondern gegen die Entschließung der Staatsgewalt, die bewaffnete Macht überhaupt oder mit bestimmten Mitteln zu einem konkreten politischen oder militärischen Zwecke einzusetzen. Da er nicht das Töten im Kriege schlechthin, sondern nur das Töten dieses Gegners, in diesem Kriege oder mit diesen Waffen ablehnt, fehlt auch der innere Grund, der es nach dem oben Gesagten erst verfassungsrechtlich rechtfertigt, ihn von der Pflicht zum Waffendienst zu befreien.
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5. Faßt man die eben (unter 4 c) behandelten Fälle als die der "situationsbedingten" (auch "aktuellen" oder "konkreten") Kriegsdienstverweigerung zusammen, so ist als Ergebnis festzuhalten:
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Art. 4 Abs. 3 GG schützt nur die prinzipielle Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe auf Grund einer Gewissensentscheidung des Einzelnen, der für sich den Dienst mit der Waffe in Frieden und Krieg schlechthin und allgemein ablehnt. Er deckt nicht die "situationsbedingte" Kriegsdienstverweigerung, die darin besteht, daß jemand die Teilnahme an einem bestimmten Kriege, an einer bestimmten Art von Kriegen, oder die Führung bestimmter Waffen ablehnt.
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6. § 25 WehrpflG will das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 3 GG auf denjenigen beschränkt wissen, der sich "aus Gewissensgründen der Beteiligung an jeder Waffenanwendung zwischen den Staaten widersetzt und deshalb den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert". Nur das kann der Sinn der Bestimmung sein. Ihr Wortlaut läßt allerdings nicht erkennen, daß eine Interpretation des Art. 4 Abs. 3 GG beabsichtigt war, sondern besagt nur, daß die hier bezeichneten Kriegsdienstverweigerer einen zivilen Ersatzdienst zu leisten haben; damit scheint offenzubleiben, ob es noch andere Gruppen von Kriegsdienstverweigerern gibt und ob diesen eine andere Art Ersatzdienst, etwa waffenloser Dienst in der Bundeswehr, obliegt. Eine solche wörtliche Auslegung würde aber am Zweck und an der Entstehungsgeschichte der Bestimmung vorbeigehen. Das Recht der Kriegsdienstverweigerung sollte hier abschließend geregelt werden. Namentlich die Entstehungsgeschichte des § 25 WehrpflG zeigt klar, daß beabsichtigt war, eine erschöpfende Regelung der Gründe für die Verweigerung des Waffendienstes in Frieden und Krieg zu geben, eine "Legalinterpretation" der Verfassung zu bieten (Hamel in Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, Bd. IV/1, 196Q; S. 106). Schon die Begründung des Gesetzentwurfs (BT II/1953 Drucks. 2303, S. 31) bemerkt:
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"Der Entwurf regelt das in Art. 4 Abs. 3 GG begründete Recht näher, indem er den rechtlich geschützten Bereich der gewissensbedingten Kriegsdienstverweigerung positiv umreißt. Er gibt die Grenzen des Rechts der Kriegsdienstverweigerung an und bestimmt seinen Inhalt."
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So ist § 25 WehrpflG auch stets aufgefaßt worden. Die gesetzgeberische Absicht, die mit der Bestimmung verfolgt wurde, ging dahin, den Gesamtinhalt des Grundrechts zu präzisieren, wobei die Anschauung zugrunde lag, Art. 4 Abs. 3 GG sei ein Ausnahmerecht, das schon als solches zu einer restriktiven Auslegung tendiere und das aus staatspolitischen Gründen auch enger begrenzt werden müsse (vgl. die Gesetzesbegründung a.a.O. sowie Scherer/Flor, Wehrpflichtgesetz, 1957, Anm. II zu § 25). In der Fassung des Regierungsentwurfs kam dies deutlich zum Ausdruck; er lautet:
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"Wer sich aus grundsätzlicher religiöser oder sittlicher Überzeugung allgemein zur Gewaltlosigkeit in den Beziehungen der Staaten und Völker bekennt und deswegen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, hat statt des Wehrdienstes einen zivilen Ersatzdienst außerhalb der Streitkräfte zu leisten."
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Im Verteidigungs- und im Rechtsausschuß des Bundestags ist § 25 WehrpflG eingehend erörtert worden; der Verteidigungsausschuß hörte mehrere Sachverständige, vor allem Vertreter der christlichen Kirchen. Das Ergebnis der Beratungen war die Gesetz gewordene Fassung; sie wurde bei der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs auch im Plenum angenommen (157. Sitzung am 4 .Juli 1956). In der dritten Beratung kam es nochmals zu einer eingehenden Debatte (159. Sitzung am 6. und 7. Juli 1956; Prot. S. 8836 ff.), die sich auf die Frage konzentrierte, ob auch die sog. situationsbedingte Kriegsdienstverweigerung anerkannt werden solle. Die Mehrheit entschied diese Frage im verneinenden Sinn; sie verwarf deshalb Anträge, die in § 25 WehrpflG das Wort "jeder" durch das Wort "der" ersetzen wollten (Prot. S. 8854 ff.).
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7. Mit der Gesetz gewordenen Fassung sollte demnach vor allem klargestellt werden, daß die "situationsbedingte" Kriegsdienstverweigerung keinen Grundrechtsschutz genieße. Soweit hiermit die oben (unter 4 c) gekennzeichneten Fälle der Kriegsdienstverweigerung gemeint sind, stimmt § 25 WehrpflG mit Art. 4 Abs. 3 GG überein. Zweifelhaft kann aber sein, ob er die Gruppe der "prinzipiellen" Kriegsdienstverweigerer nicht anders und enger begrenzt als die Grundgesetzliche Norm und insoweit verfassungswidrig ist. Wer den Kriegsdienst mit der Waffe schlechthin verweigert, kann dies tun, weil er grundsätzlicher ("dogmatischer") Pazifist ist dem sein Gewissen notwendig die Teilnahme an jedem Krieg verbietet, da er eben den Krieg selbst unbedingt und in jeder historischen Situation verwirft; er kann es aber auch heute und hier allgemein ablehnen, Kriegsdienst mit der Waffe zu leisten, weil ihn Erlebnisse oder Überlegungen dazu bestimmen, die nur für die augenblickliche historisch- politische Situation Gültigkeit besitzen, ohne daß sie notwendig zu jeder Zeit und für jeden Krieg gelten müßten. Nicht der Inhalt das unmittelbare Ziel seiner Weigerung, sondern seine Motive sind "situationsbedingt". Beide Gruppen von Kriegsdienstverweigerern sind, wie oben (unter 5) dargelegt, durch Art. 4 Abs. 3 GG geschützt. Der Wortlaut des § 25 WehrpflG scheint dagegen nur die erstgenannte Gruppe, die grundsätzlichen Pazifisten, zu umfassen. Die nähere Prüfung ergibt jedoch, daß diese Deutung nicht zwingend, vielmehr - anders als beim Regierungsentwurf - eine Auslegung möglich ist, bei der ein Widerspruch zu Art. 4 Abs. 3 GG nicht besteht.
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Die Worte "Wer sich ... der Beteiligung an jeder Waffenanwendung zwischen den Staaten widersetzt" fordern offenbar nur, daß der Kriegsdienstverweigerer seine eigene Beteiligung an jedem (gleichviel mit welchen Waffen auszufechtenden) Krieg zwischen der Bundesrepublik Deutschland und irgendeinem anderen Staat ablehne. Es ist nicht anzunehmen, daß ihm eine Gewissensentscheidung darüber abverlangt werden soll, ob er sich an einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen irgendwelchen Staaten zu irgendeiner Zeit beteiligen dürfe oder gar ob andere dies tun sollten. Dem absoluten Pazifisten wird die Bejahung dieser Frage leichtfallen, da sie eine selbstverständliche Folge seiner allgemeinen Anschauungen ist. Bei den übrigen wäre das Gewissen aber überfordert, da es nicht wohl über das Verhalten in einer Situation urteilen kann, deren Eintreten ganz unwahrscheinlich, wenn nicht praktisch unmöglich ist. Gemeint sein kann vielmehr nur ein Krieg, in den die Bundesrepublik Deutschland hineingezogen werden könnte, an dem der Wehrpflichtige mithin nach menschlichem Ermessen teilzunehmen gezwungen sein würde.
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Bei dieser Auslegung scheint es allerdings, als erhielte der erste Teil des Satzes ("Wer sich ... widersetzt") im wesentlichen denselben Sinn wie der zweite ("[wer] ... den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert"), zu dem er doch durch die Worte "und deshalb" in ein motivierendes Verhältnis gebracht ist. Diese scheinbare Ungereimtheit läßt sich aber vermeiden, wenn der erste Satzteil auf den inneren Vorgang, die Gewissenserwägungen bis zum Entschluß des Sich-Widersetzens, bezogen wird, der zweite Satzteil dagegen lediglich auf das äußere Verhalten, das durch jenen Gewissensvorgang motiviert wird, nämlich die Erklärung gegenüber der Behörde, daß der Kriegsdienst mit der Waffe verweigert werde.
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Da bei dieser Interpretation des § 25 WehrpflG ein Widerspruch zu Art. 4 Abs. 3 GG nicht mehr festgestellt werden kann, ist von ihr auszugehen (BVerfGE 2, 266 [282]), ohne daß es darauf ankommt, ob dem subjektiven Willen des Gesetzgebers die oben angedeutete, das Grundrecht weiter einschränkende und deshalb verfassungswidrige Auslegung eher entsprochen hätte (BVerfGE 9, 194 [200]). Diese Auslegung - und nur sie - ermöglicht also auch dem vorlegenden Gericht eine Anwendung des § 25 WehrpflG, die in Einklang mit dem Grundgesetz steht.
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