Beschluß | |
des Zweiten Senats vom 24. November 1988 gemäß § 24 BVerfGG
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-- 2 BvC 4/88 -- | |
in den Verfahren über die Wahlprüfungsbeschwerde des Herrn Z... gegen den Beschluß des Deutschen Bundestages vom 3. März 1988 - WP 45/87 - (BTDrucks. 11/1805 Anlage 37) wegen Einspruchs gegen die Gültugkeit der Wahl zum 11. Deutschen Bundestag am 25. Januar 1987.
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Entscheidungsformel:
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Die Wahlprüfungsbeschwerde wird verworfen.
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Gründe: | |
A. | |
Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 13. März 1987 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 11. Deutschen Bundestag eingelegt. Der Deutsche Bundestag hat den Einspruch in seiner Sitzung am 3. März 1988 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die am 28. März 1988 eingegangene Beschwerde, der mehr als 100 Beitrittserklärungen von Wahlberechtigten beigefügt waren.
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Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, die Berechnung der Sitzverteilung nach dem System Niemeyer bei der Wahl zum 11. Deutschen Bundestag verstoße gegen den Grundsatz der gleichen Wahl, weil nicht jeder Stimme der gleiche Erfolgswert zukomme, wie sich aus im einzelnen vorgetragenen Berechnungen ergebe. Deshalb bleibe nur übrig, die Berechnung nach dem Verfahren d'Hondt vorzunehmen. In diesem Verfahren stimme das Verhältnis der sitzzuteilungsbefähigten Stimmen mit dem Verhältnis der Sitze überein. Eine solche Sitzzuteilung entspreche dem Grundsatz der Verhältniswahl.
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Außerdem ist der Beschwerdeführer der Auffassung, durch das Verbot, Ausgleichsmandate für Überhangmandate aus Erststimmen zuzuteilen, werde ebenfalls gegen den Grundsatz der gleichen Wahl verstoßen. Dieser Grundsatz gelte ohne Einschränkung für die Gesamtsitzzahl und für das gesamte Wahlgebiet. Durch Überhangmandate werde dieser Grundsatz jedoch verletzt. Die Verschiebung durch Überhangmandate könne zahlenmäßig bedeutend sein. Voraussetzung für eine mathematisch richtige Sitzzuteilung sei es, so viele Ausgleichsmandate zuzuteilen als Überhangsitze angefallen seien.
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Die Beschwerde ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegründet.
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1. Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl gebietet, daß alle Staatsbürger das aktive und passive Wahlrecht in formal möglichst gleicher Weise ausüben können und die Stimmen der Wahlberechtigten beim Verhältniswahlsystem nicht nur den gleichen Zählwert, sondern grundsätzlich auch den gleichen Erfolgswert haben (BVerf- GE 1, 208 [246 f.]; st. Rspr.). Weder mit dem Verfahren der mathematischen Proportion nach Niemeyer noch dem Höchstzahlverfahren nach d'Hondt kann eine absolute Gleichheit des Erfolgswerts der Stimmen erreicht werden. Nach beiden Verfahren bleiben Reststimmen unberücksichtigt.
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Auf die nach dem Verfahren Niemeyer bruchteilsmäßig exakt berechneten Mandatsansprüche der Parteien müssen die Sitze ganzzahlig zugeteilt werden. Die Verteilung von Resten ganzer Zahlen auf zu vergebende ganze Sitze führt zwangsläufig dazu, daß die für die einzelnen Parteien abgegebenen Stimmen für die Zuteilung von Sitzen real unterschiedlichen Erfolgswert haben.
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Auch beim Höchstzahlverfahren nach d'Hondt gibt es bei den einzelnen Parteien Differenzen bei den Stimmenzahlen, die real zur Zuteilung eines Sitzes führen. Der Beschwerdeführer kommt bei seiner Berechnung nach dem Verfahren d'Hondt nur dadurch zu dem Ergebnis, das Verhältnis von sitzzuteilungsfähigen Stimmen und Sitzen sei gleich, weil er die bei der Berechnung nach d'Hondt verbleibenden unberücksichtigten Reststimmen vorab als verloren abzieht. Die dann errechnete verhältnismäßige Gleichheit von Stimmenanteilen und Mandaten konnte somit nur auf Kosten der verlorenen Stimmen erzielt werden.
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Deshalb erscheint weder das Verteilungsverfahren nach Niemeyer noch das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt als prinzipiell "richtiger" und damit als zur Wahrung des Grundsatzes der Wahlrechtsgleichheit allein systemgerecht. Diesem Grundsatz lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß eines der genannten Systeme für die Berechnung und Verteilung der Mandate den Vorzug verdient. Unter diesen Umständen ist es der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers überlassen, für welches System er sich entscheiden will.
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2. Soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Regelung des § 6 Abs. 5 Bundeswahlgesetz wendet, nach der für Überhangmandate Ausgleichsmandate nicht zu vergeben sind, ist das Bundesverfassungsgericht davon ausgegangen, daß die durch Überhangmandate verursachte Abweichung von dem Erfordernis des gleichen Erfolgswerts jeder Stimme als notwendige Folge des besonderen Charakters der personalisierten Verhältniswahl mit dem Grundgesetz vereinbar ist, solange die Wahlkreise im Rahmen des möglichen annähernd gleich groß sind (BVerfGE 7, 63 [74 f.]; 16, 130 [139 ff.]). Die an dieser Rechtsprechung geäußerte Kritik (vgl. Hegels, ZRP 1969, S. 105 ff.; Hans Meyer in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. II 1987, § 38 Rdnr. 31 ff.) führt nicht dazu, die bei der Bundestagswahl 1987 gemäß § 6 Abs. 5 BWG erfolgte Zuteilung eines Überhangmandats als Verstoß gegen den Grundsatz der Wahlgleichheit zu werten. Absolute Gleichheit des Erfolgswerts der Stimmen kann mit keinem Sitzverteilungsverfahren erreicht werden (s. oben). Die Verstärkung des Gewichts der für die CDU abgegebenen Wählerstimmen, die durch das der CDU zugefallene Überhangmandat eingetreten ist, hält sich im Rahmen der durch das Sitzverteilungsverfahren ohnehin vorgegebenen und unvermeidlichen Differenzierung des Stimmgewichts der für die verschiedenen Parteien abgegebenen Wählerstimmen (vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 1, Heft 5, Tabelle 56): Im Durchschnitt benötigten die Parteien bei der Bundestagswahl 1987 für die Erlangung eines Mandats folgende Stimmenzahlen:
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Die GRÜNEN: 74.435 Stimmen
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Die FDP: 74.802 Stimmen
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Die SPD: 75.407 Stimmen
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Die CDU: 75.409 Stimmen
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Die CSU: 75.833 Stimmen
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Bezieht man das von der CDU errungene Überhangmandat in die Berechnungen ein, benötigte sie im Durchschnitt nur noch 74 976 Stimmen pro Mandat. Sie liegt damit immer noch zwischen der Partei mit der geringsten (GRÜNE) und der höchsten (CSU) Stimmenzahl für ein Mandat. Die engen Grenzen, in denen die Differenzierung des Stimmgewichts notwendigerweise zulässig ist, werden also durch den Anfall eines Überhangmandats für die CDU in Baden-Württemberg nicht überschritten. Unter diesen Umständen ist ein Ausgleich der durch das Überhangmandat eingetretenen Verstärkung des Stimmgewichts nicht erforderlich.
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