2. a) Die Gefahr eigener politischer Verfolgung eines Asylbewerbers kann sich auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet.
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b) Sieht der Verfolger von individuellen Momenten gänzlich ab, weil seine Verfolgung der durch das asylerhebliche Merkmal gekennzeichneten Gruppe als solcher gilt, so kann eine solche Gruppengerichtetheit der Verfolgung dazu führen, daß jedes Mitglied der Gruppe im Verfolgerstaat eigener Verfolgung jederzeit gewärtig sein muß.
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c) Gruppengerichtete Verfolgungen, die von Dritten ausgehen, brauchen nicht ein ganzes Land gewissermaßen flächendeckend zu erfassen.
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3. Unmittelbare Betroffenheit des Einzelnen durch gerade auf ihn zielende Verfolgungsmaßnahmen sowie die Gruppengerichtetheit der Verfolgung stellen die Eckpunkte eines durch fließende Übergänge gekennzeichneten Erscheinungsbildes politischer Verfolgung dar. Daher ist die gegenwärtige Gefahr politischer Verfolgung für einen Gruppenangehörigen aus dem Schicksal anderer Gruppenmitglieder möglicherweise auch dann herzuleiten, wenn diese Referenzfälle es noch nicht rechtfertigen, vom Typus einer gruppengerichteten Verfolgung auszugehen.
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4. Die begriffliche Aufbereitung der Erscheinungsformen politischer Verfolgung im Sinne ihrer im Blick auf das Grundrecht des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG sachgerechten Erfassung ist Aufgabe der Fachgerichte. Dabei steht den Fachgerichten ein gewisser "Wertungsrahmen" zu. Dieser rechtfertigt es jedoch nicht, heuristische Begriffe losgelöst von ihrer Funktion zu verwenden und damit in einer Weise zu verselbständigen, die spezifisch asylrechtliche Gefährdungslagen außer Betracht läßt.
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Beschluß | |
des Zweiten Senats vom 23. Januar 1991
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-- 2 BvR 902/85 -- | |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerden der türkischen Staatsangehörigen 1. E... - Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Henning Plähn und Kollegen, Hildesheimer Straße 52 A, Hannover 1 - gegen a) den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Mai 1985 - 9 CB 17.85 -, b) das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Februar 1985 - 11 B 84 C. 351 - 2 BvR 902/85 -; 2. a) K..., b) K..., c) K..., Beschwerdeführer zu c) gesetzlich vertreten durch die Beschwerdeführer zu a) und b), - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Ulrich Facklam, Schmiedestraße 39, Hannover 1 - gegen a) den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Februar 1989 - 9 B 43.89 -, b) das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 15. November 1988 - 11 OVG A 104/85 - 2 BvR 515/89 -; 3. S... - Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Henning Plähn und Kollegen, Hildesheimer Straße 52 A, Hannover 1 - gegen a) den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 10. Oktober 1989 - 11 L 395/89 -, b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 6. März 1989 - 11 (10) VG A 170/87 - 2 BvR 1827/89 -.
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Entscheidungsformel:
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1. Die Verfassungsbeschwerden zu 2. werden verworfen.
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2. Die Verfassungsbeschwerde zu 1. wird zurückgewiesen.
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3. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 6. März 1989 - 11 (10) VG A 170/87 - verletzt den Beschwerdeführer zu 3. in seinem Grundrecht aus Artikel 16 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes. Es wird aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 10. Oktober 1989 - 11 L 395/89 - wird damit gegenstandslos.
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Das Land Niedersachen hat dem Beschwerdeführer zu 3. gemäß § 34 a Absatz 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten.
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A. | |
Die Beschwerdeführer sind türkische Staatsangehörige jezidischen Glaubens und berufen sich darauf, Jeziden seien wegen ihrer Religion in ihrem angestammten Siedlungsgebiet, dem Südosten der Türkei, ohne staatlichen Schutz Übergriffen der moslemischen Bevölkerungsmehrheit ausgesetzt (vgl. dazu näher BVerfGE 81, 58 [59 ff.]). Ihre zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden betreffen die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Gruppenangehöriger eine unmittelbare Gefahr eigener politischer Verfolgung im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG aus Verfolgungsmaßnahmen herleiten kann, denen andere Gruppenangehörige durch Dritte ausgesetzt sind.
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I.
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1. a) Der 1949 geborene Beschwerdeführer ist in dem Dorf Yasinci (Provinz Diyarbakir) aufgewachsen, wo seine Eltern eine selbständige Landwirtschaft betrieben. 1968 verließ er mit seiner Familie unter Mitnahme des Viehs Yasinci und ließ sich in einem zu Viransehir (Bezirk Urfa) gehörigen Dorf nieder; die Familie erwarb dort ein Haus und Grundeigentum.
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Im Jahre 1977 reiste der Beschwerdeführer in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er beantragte Asyl mit der Begründung, seine Eltern seien von der moslemischen Bevölkerung vertrieben worden, er selbst sei längere Zeit arbeitslos gewesen. Da er, wie seine Glaubensgenossen, in der Türkei widerrechtlicher Verfolgung durch die rein moslemisch geprägten Autoritäten des Landes ausgesetzt sei, wolle er nicht in die Türkei zurückkehren. In seinem Heimatgebiet sei die Macht der Großgrundbesitzer ungebrochen. Ihnen unterstünden ganze Landstriche. Die Bewohner dieser Gebiete lebten in einem der Leibeigenschaft vergleichbaren Zustand.
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Im Jahre 1950 sei einer seiner Onkel von einem Großgrundbesitzer im Gerichtssaal erschossen worden. Zu einer polizeilichen Untersuchung des Vorfalls sei es nicht gekommen. 1953 hätten Verwandte dieses Großgrundbesitzers eine seiner Nichten entführt und zur Heirat gezwungen. Der Vorfall sei öffentlich bekannt geworden, ein Verfahren hätten die Behörden jedoch nicht eingeleitet. 1965 sei ein Verwandter in Diyarbakir auf der Straße von Moslems erschossen worden. 1976 hätten mit Maschinenpistolen bewaffnete Moslems das Dorf Yasinci angegriffen, hierbei einen Jeziden erschossen und mehrere Häuser zerstört. Die wahren Täter seien nicht verfolgt worden. Statt dessen habe man mehrere seiner Verwandten sechs Monate inhaftiert. Im Jahre 1976 sei das Dorf Darakol von Moslems mit Baggern und Bulldozern dem Erdboden gleichgemacht worden. Die türkische Obrigkeit habe darauf nicht reagiert. Aus Angst um sein Leben sei er aus seinem Heimatland geflüchtet.
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b) Das Verwaltungsgericht gab der Asylklage mit der näher ausgeführten Begründung statt, die jezidische Minderheit in der Türkei unterliege einer mittelbaren politischen Verfolgung durch den türkischen Staat. Der Beschwerdeführer könne sich wie jeder Angehörige der jezidischen Glaubensgemeinschaft hierauf berufen.
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Auf die Berufung des Bundesbeauftragten wies der Verwaltungsgerichtshof die Klage ab: Die vom Beschwerdeführer geschilderten, gegen seine Familie und andere Glaubensgenossen gerichteten Verfolgungsmaßnahmen seien weder ursächlich für seine neun Jahre spätere Ausreise gewesen noch ließen sie auf eine bevorstehende Wiederholung an dem neuen Wohnort der Familie schließen. In Viransehir habe sie bis zur Ausreise des Beschwerdeführers im wesentlichen unbehelligt gelebt. Dieser habe deshalb bedenkenlos die ganze Familie (Mutter, Schwester, Ehefrau, Kinder) zurückgelassen. Er habe auch seinen Grundbesitz nicht verkauft und sich auf diese Weise die Rückkehr offengehalten, sollte er in Deutschland keine bessere Lebensgrundlage finden. Soweit er in der Berufungsinstanz auf die Entführung zweier Frauen aus dem Dorf Bacin im Jahre 1985 verwiesen habe, sei nicht ersichtlich, inwiefern sich daraus das Bevorstehen bestimmter Verfolgungsmaßnahmen gegen ihn in Viransehir ergeben solle.
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Unter Verwerfung der zulassungsfreien Revision des Beschwerdeführers wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde mit der Begründung zurück, das Berufungsgericht sei nicht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur asylrechtlichen Bedeutung der Gruppenverfolgung abgewichen. Die Feststellung des Berufungsgerichts, eine Wiederholung der vom Beschwerdeführer geschilderten, das Dorf Yasinci betreffenden Verfolgungsmaßnahmen sei in Viransehir nicht zu erwarten, beziehe sich ersichtlich auch auf die Gefahr einer Gruppenverfolgung.
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c) Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seines Grundrechts aus Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG: Beide Entscheidungen hätten bei der Würdigung seines persönlichen Schicksals unberücksichtigt gelassen, daß er konkrete Vertreibungsmaßnahmen auf Yasinci und andere Jezidendörfer im Jahre 1976 geschildert und diese Angriffe als mitursächlichen Anlaß für seine Ausreise bezeichnet habe. Sie ließen darüber hinaus ein verfassungsrechtlich fehlerhaftes Verständnis vom Begriff der Gruppenverfolgung erkennen. Eine solche Verfolgung könne ihm gegenüber nicht schon mit Blick auf die Verhältnisse in Viransehir verneint werden. Erforderlich sei vielmehr die Prüfung, ob die Jeziden als Gruppe in ihrem gesamten Siedlungsgebiet von kollektiven Verfolgungsmaßnahmen betroffen seien. Der Verwaltungsgerichtshof habe insoweit die sorgfältige Analyse des Verwaltungsgerichts zur Gruppenverfolgung der Jeziden nicht angestellt.
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2. a) Die Beschwerdeführer zu 2., Eheleute mit einem Kind, lebten vor ihrer Ausreise aus der Türkei zuletzt in dem Dorf Ekinci (Provinz Siirt). Im Jahre 1978 reiste zunächst der Beschwerdeführer zu 2.a) in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte Asyl mit der Begründung, er sei in seiner Heimat aus Glaubens- und Stammesgründen einer unerträglichen Verfolgung durch die rein mohammedanisch geprägten Autoritäten des Landes ausgesetzt: In seinem Dorf Kuccukuru hätten moslemische Nachbarn sein Land durch das Verpflügen der Grenzsteine laufend so verkleinert, daß sich eine Bestellung schließlich nicht mehr gelohnt habe. Staatliche Hilfe sei ihm von der Polizei verweigert worden. Seine Arbeitssuche in den Städten Iskenderun und Mersin sei wegen seiner Glaubenszugehörigkeit erfolglos geblieben. Die Arbeitgeber hätten befürchtet, durch seine Einstellung den Arbeitsfrieden zu stören. Die dem Beschwerdeführer zu 2.a) im Jahre 1979 in die Bundesrepublik Deutschland gefolgten Beschwerdeführer zu 2.b) und c) begründeten ihren Asylantrag damit, die Beschwerdeführerin sei nach der Ausreise ihres Ehemannes den Tätlichkeiten türkischer Staatsbürger verstärkt ausgesetzt gewesen. Darüber hinaus habe sie ihre Entführung, Zwangsbekehrung und zwangsweise Wiederverheiratung befürchtet. Vor einer solchen Behandlung gebe es seitens der türkischen Behörden keinen Schutz.
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b) Das Verwaltungsgericht gab der Asylklage mit der Erwägung statt, Jeziden würden in ihren ostanatolischen Siedlungsgebieten von den Moslems aus religiös-politischen Gründen verfolgt. Den zum Überleben notwendigen Schutz erhielten sie nicht. Eine inländische Fluchtalternative sei weder dem Einzelnen noch dem zur Religionsausübung notwendigen Familienverband in zumutbarer Weise eröffnet.
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Auf die Berufung des Bundesbeauftragten wies das Oberverwaltungsgericht die Klage ab: Die Wegnahme des Ackerlandes könne dem türkischen Staat ebensowenig zugerechnet werden wie die sonstigen von den Beschwerdeführern erlebten Schwierigkeiten und Bedrängnisse. Es lasse sich auch nicht feststellen, daß Jeziden gegenwärtig in der Türkei verfolgt würden oder daß hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Annahme bestehe, es werde in absehbarer Zeit zu einer Gruppenverfolgung der Jeziden kommen. Diese seien im ländlichen Bereich zwar dem Druck ihrer moslemischen Umgebung ausgesetzt; die daraus resultierende Abwanderung in die Städte habe aber ihre Ursache in erster Linie in den allgemein schlechten Lebensbedingungen im südöstlichen Anatolien.
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Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte, auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache gestützte Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht zurück. Die von den Beschwerdeführern aufgeworfenen Fragen lägen im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet.
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c) Mit ihrer gegen das Berufungsurteil und den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung der Art. 16 Abs. 2 Satz 2, 4 Abs. 1 und 2, 19 und 103 Abs. 1 GG: Das Oberverwaltungsgericht verneine zu Unrecht eine Gruppenverfolgung. Es gebe zahllose Urteile verschiedener Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte, die zum gegenteiligen Ergebnis gelangt seien. Außerdem lägen zu dieser Problematik diverse Gutachten und gutachterliche Stellungnahmen sowie Aussagen berufener Sachverständiger vor. Aus ihnen ergebe sich ganz eindeutig die politische Verfolgung der Jeziden und das Fehlen einer inländischen Fluchtalternative. Sie, die Beschwerdeführer, hätten sich überdies nicht nur auf Gruppenverfolgung, sondern auch auf eine individuelle Verfolgung berufen. Die dafür geltend gemachten Umstände seien in den angegriffenen Entscheidungen zu Unrecht unberücksichtigt geblieben oder unzutreffend gewürdigt worden.
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3. a) Der Beschwerdeführer zu 3. hat ursprünglich in dem Dorf Akmaz gelebt; dieses wurde nach seinen Angaben im Jahre 1981 zerstört. Er ist daraufhin in das Dorf Birc (Provinz Urfa) gezogen und hat sich dort als Landarbeiter bei Moslems verdingt.
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Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1986 beantragte der Beschwerdeführer Asyl. Er trug hierzu vor, 1979 hätten Moslems aus dem Nachbardorf ihm und seiner Cousine befohlen, auf ihrem Acker Steine aufzulesen. Man habe ihn gefesselt auf dem Acker liegenlassen. Seine Cousine sei mitgenommen und nie mehr aufgefunden worden. Ein Bewohner seines Dorfes habe ihn nach zwei Tagen befreit. Hilfe von staatlichen Stellen habe es nicht gegeben. Da er nur kurdisch spreche, habe man ihn geschlagen und ihm bedeutet, daß er sein Anliegen auf türkisch vorbringen müsse. Auf sein Bemerken, er sei Jezide, habe man ihm gesagt, Jeziden gebe es nicht. Er sei zwei Tage in Haft genommen worden. Im Jahre 1980 seien Soldaten nach Akmaz gekommen. Aus Angst sei er geflüchtet, dabei habe man auf ihn geschossen und ihn am Fuß getroffen. Die Soldaten hätten ihn sodann drei Tage ohne Nahrung festgehalten. Im Oktober 1981 sei Akmaz von Soldaten mit Bulldozern dem Erdboden gleichgemacht worden; in dem zwei Stunden von der Grenze entfernten Dorf hätten damals 26 jezidische Familien gewohnt. Der die Soldaten befehligende Offizier habe erklärt, Jeziden gebe es nicht; sie brauchten hier auch nicht zu wohnen. Die Soldaten hätten auch andere Dörfer zerstört, Moslemdörfer aber stehengelassen. Bei der Beschaffung des Passes und anderer Unterlagen sei er, wie andere Jeziden auch, geschlagen und als religionsloser Ketzer beschimpft worden.
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b) Das Verwaltungsgericht wies die Asylklage ab: Eine asylerhebliche Individualverfolgung des Beschwerdeführers liege nicht vor. Insoweit könnten nur ihn selbst betreffende Ereignisse berücksichtigt werden. Solche Verfolgungsmaßnahmen lägen jedoch zu lange zurück, um ursächlich für seine Ausreise gewesen zu sein. Auch eine religiös motivierte Gruppenverfolgung der Jeziden scheide als Asylgrund für den Beschwerdeführer aus. Jeziden sähen sich zwar seit Jahrhunderten Pressionen jeglicher Art ausgesetzt. Diese hätten zu einer ständigen Verringerung ihres Bevölkerungsanteils und zu einem Rückzug in abgelegene, unzugängliche Gebirgsregionen geführt. In den Stellungnahmen und Gutachten werde von schweren Straftaten wie Mord, Totschlag, Raub, Entführung insbesondere von jungen Frauen und Mädchen, Viehdiebstahl, gewalttätigen Überfällen, Zerstörung des Eigentums und gewaltsamer Entziehung von weide- und landwirtschaftlichen Nutzungsrechten berichtet; teilweise sei von der Zerstörung ganzer Dörfer die Rede. Offenbar gehe es den moslemisch-kurdischen Großgrundbesitzern und ihren Sippen darum, in den Besitz des jezidischen Weide- und Anbaulandes zu gelangen. In jüngster Zeit seien in den jezidischen Gebieten administrative Maßnahmen, z.B. großflächige Wiederaufforstungen, eingeleitet worden, die die Situation für die Jeziden zusätzlich erschwerten und ihre Existenzgrundlage bedrohten. Die als Selbstschutzmaßnahmen gegen Terroristen und Freischärler des kurdischen Separatismus aufgestellten Dorfmilizen stünden unter der Leitung regimetreuer Großgrundbesitzer, die diese Milizen auch zur Einschüchterung der jezidischen Minderheit einsetzten. Ein weiteres Mittel, sich mißliebiger jezidischer Nachbarn zu entledigen, seien gezielte Denunziationen. Jezidische Viehhirten, die sich häufig in entlegenen Bergregionen aufhielten und nur kurdisch sprächen, würden besonders häufig verdächtigt, die kurdischen Separatisten zu unterstützen. Besonders bedroht seien auch diejenigen Jeziden, die nahe der irakischen Grenze wohnten; die türkische Regierung habe damit begonnen, in diesem Grenzbereich einzelne Dörfer umzusiedeln, um eine Pufferzone zu den vom Irak aus operierenden Separatisten zu schaffen. Jeziden würden zudem von den Moslems auch religiös bedrängt. Hintergrund eines solchen Vorgehens sei eine tiefverwurzelte Verachtung, der sie durch ihre moslemische Umwelt wegen ihres Glaubens ausgesetzt seien. Trotz des laizistischen Gebots der Trennung von Religion und Staat sei der Islam faktisch Staatsreligion. Er bewirke außer der religiösen Ausgrenzung auch eine Ausgrenzung der Jeziden im täglichen Leben. Sie seien deshalb in der islamischen Gemeinschaft praktisch schutzlos. Mit einer nachhaltigen Besserung der Situation sei in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Die türkische Zentralregierung sei derzeit anscheinend weder gewillt noch in der Lage, die Auseinandersetzungen zwischen den unterschiedlichen kurdischen Volksgruppen wirksam zu unterbinden. Sie scheine durch die bevorzugte Ausgabe von Reisepässen die Übersiedlung der religiösen Minderheiten aus Südostanatolien in das Ausland zu fördern. Daher bestünden keine Zweifel daran, daß die Übergriffe gegenüber Jeziden sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht asylrelevant sein könnten.
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Gleichwohl lasse dies nicht auf eine Gruppenverfolgung aller Jeziden schließen. Vielmehr sei von einer Individualverfolgung einzelner Jeziden nach Gruppenmerkmalen auszugehen. In den vergangenen Jahren habe es keine Pogrome gegen Jeziden gegeben. Auch seien nicht alle ausgereisten Jeziden von asylrelevanten Übergriffen betroffen gewesen. Das gelte insbesondere für Kinder und Jugendliche, aber auch für Frauen und Mädchen. Überwiegend lebten die weiblichen Jeziden im Schutze der Familie und der Dorfgemeinschaft. Hinsichtlich der männlichen Jeziden gebiete schon die Vielschichtigkeit der ihnen drohenden Nachteile eine individuelle Konkretisierung der Verfolgungsgefahr nach Maßgabe der jeweiligen Umstände. Auch unter rein religiösen Gesichtspunkten lasse sich eine Gruppenverfolgung der Jeziden nicht feststellen. Soweit der jezidischen Religionsgemeinschaft durch die Teilnahme der Kinder am islamischen Religionsunterricht innerhalb der Sippe konkrete Gefahren drohten, wenn der bisherige örtliche Zusammenhalt verlorengehe, treffe dies den asylrechtlich geschützten Kern der Religionsausübung nicht.
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Das Verwaltungsgericht ließ die Berufung gegen sein Urteil nicht zu. Die hiergegen eingelegte, auf Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie auf Grundsätzlichkeit gestützte Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht zurück: Das Verwaltungsgericht stelle keine strengeren Voraussetzungen für die Annahme einer asylrechtlich erheblichen Gruppenverfolgung auf als das Bundesverwaltungsgericht. Grundsätzliche Bedeutung in bezug auf tatsächliche Fragen komme der Sache ebenfalls nicht zu.
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c) Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seines Grundrechts aus Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG:
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Das Verwaltungsgericht hätte aufgrund der von ihm festgestellten Tatsachen zur Verfolgungssituation der Jeziden in der Türkei eine Gruppenverfolgung dieser Minderheit bejahen müssen. Soweit es die von ihm aufgezählten, gegen die Jeziden gerichteten Übergriffe als Einzelfälle von Verfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit werte, fehle es an einer Abgrenzung zur Gruppenverfolgung. Gruppenverfolgung sei immer eine Summe von Einzelverfolgungen. Daher könne mit dem Hinweis auf das Vorliegen von Einzelfällen nicht verneint werden, daß die Minderheit als solche Opfer von Verfolgungsmaßnahmen sei. Entscheidend könne auch nicht sein, ob Pogrome sich ereignet hätten. Vielmehr müsse für die Annahme einer Gruppenverfolgung ausreichen, daß es für den einzelnen Gruppenangehörigen nur eine Frage des Zufalls sei, ob er selbst in absehbarer Zeit Opfer von Übergriffen werde oder nicht. Daher stelle auch das Bundesverwaltungsgericht an das Vorliegen einer Gruppenverfolgung durch Dritte zu hohe, nicht gerechtfertigte Anforderungen. Sein rechtlicher Ansatzpunkt mache den Begriff der Gruppenverfolgung praktisch überflüssig, weil danach für den Asylbewerber Gruppenverfolgung immer identisch sei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von gegen ihn selbst gerichteten Einzelverfolgungsmaßnahmen.
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In den angegriffenen Entscheidungen werde zudem verkannt, daß jedenfalls jezidischen Kindern wegen des Zwangs zur Teilnahme am islamischen Religionsunterricht konkrete Gefahren drohten. Als Folge dieser Zwangsassimilation müsse angenommen werden, daß das religiöse Existenzminimum jedes gläubigen Jeziden nicht mehr gewährleistet erscheine. Die gegenüber den Jeziden praktizierte Politik von "Zuckerbrot und Peitsche" durch den türkischen Staat müsse als Massenaustreibung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts qualifiziert werden und damit ebenfalls zur Anerkennung einer Gruppenverfolgung führen.
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II.
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Zu den Verfassungsbeschwerden hat sich namens der Bundesregierung der Bundesminister des Innern geäußert. Nach seiner Auffassung kann von einer politischen Verfolgung der Jeziden in ihren Herkunftsgebieten im Südosten der Türkei nicht ausgegangen werden. Die türkische Regierung beziehe die Jeziden in ihre derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklungsmaßnahmen für die Südostregion ein. Dies gelte insbesondere für den Kreis Viransehir, wo es noch eine Anzahl reiner Jezidendörfer gebe.
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Der niedersächsische Ministerpräsident verneint ebenfalls, daß Jeziden in der Türkei als Gruppe einer politischen Verfolgung unterlägen.
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Der zuständige 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat mitgeteilt, er habe zur Frage einer Gruppenverfolgung der Jeziden in seinem Urteil vom 8. Februar 1989 (Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 105) Stellung genommen. Dieses Urteil knüpfe, was den Begriff der Gruppenverfolgung angehe, an die Ausführungen des Urteils vom 23. Februar 1988 (BVerwGE 79, 79 [81]) an.
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Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 1. und 3. sind zulässig. Beide Beschwerdeführer rügen hinreichend substantiiert, die von ihnen angegriffenen Entscheidungen beruhten auf einem verfassungsrechtlich zu engen Verständnis der Gruppenverfolgung und überspannten damit die Anforderungen an das Vorliegen politischer Verfolgung. Ihr Vorbringen läßt es damit als möglich erscheinen, daß die angegriffenen Entscheidungen sie in ihrem Grundrecht aus Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG verletzen.
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Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. sind unzulässig. Sie legen nicht mit der gebotenen Deutlichkeit dar, daß die angegriffenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts sie in ihrem Grundrecht auf Asyl verletzen könnten. Soweit die Beschwerdeführer dem Berufungsgericht einen Verfassungsverstoß anlasten, steht dieser Rüge zudem der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) entgegen.
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1. Das Bundesverwaltungsgericht hatte über eine Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden, die darauf gestützt war, daß das Oberverwaltungsgericht die Merkmale der Gruppenverfolgung abgelehnt und damit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung falsch entschieden habe (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Weder legen die Beschwerdeführer dar noch ist es ersichtlich, worin bei dieser verfahrensrechtlichen Ausgangslage ein Verstoß gegen Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG liegen soll, wenn das Bundesverwaltungsgericht ausführt, die Beschwerdeführer hätten in ihrer Nichtzulassungsbeschwerde keine Rechtsfragen, sondern im wesentlichen Fragen auf tatsächlichem Gebiet aufgeworfen. Es bestand für das Bundesverwaltungsgericht auch keinerlei Anlaß, auf die Ausführungen des Berufungsurteils zu den "individuellen Verfolgungstatbeständen" einzugehen.
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2. a) Soweit die Beschwerdeführer zu 2. das Berufungsurteil als verfassungswidrig angreifen, ist ihr bloßer Hinweis, "zahllose Urteile verschiedener Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte" bejahten eine Gruppenverfolgung der Jeziden, als solcher ungeeignet, eine Grundrechtsverletzung darzutun. Aus der in Art. 97 Abs. 1 GG garantierten Unabhängigkeit der Richter folgt, daß fachgerichtliche Entscheidungen die Verfolgungsgefahr für eine bestimmte Volksgruppe unterschiedlich einschätzen können; jedes Gericht entscheidet insoweit nach seiner freien Überzeugung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Deshalb verstößt ein die Asylberechtigung wegen fehlender Gruppenverfolgung verneinendes Urteil eines Verwaltungsgerichts nicht schon deshalb gegen Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG, weil in einem vergleichbaren Fall ein anderes Verwaltungsgericht einen Asylanspruch bejaht hat. Sollen durch den Hinweis auf solche Divergenzen Rechtsfehler von verfassungsrechtlichem Gewicht dargetan werden, bedarf dies näherer Darlegung.
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b) Mit ihrer Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, daß sich aus drei von ihnen näher bezeichneten, jeweils aus dem Mai 1988 stammenden Gutachten und Stellungnahmen "ganz eindeutig die politische Verfolgung der Jeziden" ergebe, wollen die Beschwerdeführer offenbar geltend machen, in den genannten Gutachten und Stellungnahmen seien Ausführungen enthalten, die den dem Berufungsurteil zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen widersprächen oder sie als nicht hinreichend verläßlich erscheinen ließen. Diese Rüge genügt schon darum dem Substantiierungserfordernis des § 92 BVerfGG nicht, weil es nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts ist, aufgrund pauschaler Inbezugnahmen von Gutachten und Stellungnahmen selbst Anhaltspunkte für die Versagung von Asyl auf verfassungsrechtlich unzureichender tatsächlicher Grundlage herauszufinden (vgl. BVerfGE 80, 257 [263]). Davon abgesehen schließt der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde es aus, daß die Beschwerdeführer zu 2. den angeblichen, in fehlender Verläßlichkeit der Tatsachenfeststellung liegenden Verstoß des Oberverwaltungsgerichts gegen Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG noch vor dem Bundesverfassungsgericht geltend machen können. Sie hätten die angeblich unzulängliche Sachverhaltsfeststellung des Berufungsgerichts entweder als Aufklärungsmangel gemäß § 86 VwGO oder -- je nach Lage des Falles -- als Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) rügen und damit die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erreichen können. Dies ist nicht geschehen. Es ist auch nicht ersichtlich, daß in diese Richtung zielende Verfahrensrügen im Hinblick auf eine entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von vornherein aussichtslos gewesen wären.
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So begründet es beispielsweise einen mit der Verfahrensrüge angreifbaren Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 1 VwGO), wenn ein Gericht nicht auf "liquide", von einem Beteiligten in das Verfahren eingeführte Erkenntnisquellen zurückgreift und damit gegen das Verbot der Auswahl von Beweismitteln verstößt (vgl. BVerwGE 85, 92 [95]), oder wenn fehlende tatsächliche Feststellungen durch die Übernahme abstrakter Rechtssätze ersetzt werden (vgl. BVerwG, Buchholz 310, § 86 Abs. 1 VwGO, Nr. 199, S. 17 [18]). Ein ebenfalls mit der Verfahrensrüge angreifbarer Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht bei seiner Beweiswürdigung von einem zweifelsfrei unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht (BVerwGE 68, 338 [339]) oder wenn es sich hinsichtlich des tatsächlichen Ereignisablaufs unwissend hält und dabei verbleibende Unsicherheiten mit dem Mittel der freien Überzeugungsbildung zu überwinden sucht oder wenn es aus der rechtlichen Qualifikation eines Umstandes auf einen tatsächlichen Geschehensablauf rückschließt (BVerwG, NVwZ 1987, S. 217 [218]).
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Die Grundsätze der Beweiswürdigung werden in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allerdings in der Regel revisionsrechtlich als dem sachlichen Recht zugehörig angesehen (vgl. die Nachweise in BVerwGE 84, 271 [272]). Offengeblieben ist jedoch bislang, ob dies auch dann gilt, wenn der gerügte Fehler seinen Schwerpunkt im Bereich der Tatsachenfeststellung hat, etwa weil wesentlicher Prozeßstoff in tatsächlicher Hinsicht ungewürdigt geblieben ist. Hier einen sich (auch) auf die Anwendung des Prozeßrechts erstreckenden Fehler anzunehmen, liegt jedenfalls für das Asylrecht nahe, weil die Ermittlungen zum Tatbestand "politische Verfolgung" wegen der Verfahrensabhängigkeit dieses Grundrechts nicht nur einen hinreichenden Grad an Verläßlichkeit aufweisen, sondern auch dem Umfang nach, bezogen auf die besonderen Gegebenheiten im Asylbereich, zureichend sein müssen (BVerfGE 76, 143 [162]). Demgemäß hat der für das Asylrecht zuständige 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich offengelassen, ob die Beweiswürdigung stets dem sachlichen Recht zugehörig und deshalb der Prüfung des Revisionsgerichts in einer Verfahrensrevision entzogen ist oder ob Fehler der Beweiswürdigung als Verfahrensmängel geltend gemacht werden können (vgl. BVerwG, DVBl. 1984, S. 1005 [1006]).
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c) Soweit die Beschwerdeführer zu 2. auch dem Oberverwaltungsgericht vorwerfen, es habe die geltend gemachten "individuellen Verfolgungstatbestände" nicht hinreichend berücksichtigt, ist diese Rüge ebenfalls wegen fehlender Erschöpfung des Rechtswegs unzulässig. Das Berufungsurteil hat sich mit dem das persönliche Schicksal der Beschwerdeführer zu 2. betreffenden Vorbringen auseinandergesetzt. Sollte insoweit ein entscheidungserheblicher Vortrag nicht zur Kenntnis genommen worden oder unerwogen geblieben sein, hätte dies mit einer auf die Verletzung von § 108 Abs. 2 VwGO gestützten Gehörsrüge im Revisionszulassungsverfahren gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorgebracht werden können. Das ist nicht geschehen.
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Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. ist unbegründet; dagegen hat die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 3. Erfolg.
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I.
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Das Grundrecht des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG ist ein Individualgrundrecht. Nur derjenige kann es in Anspruch nehmen, der selbst -- in seiner Person -- politische Verfolgung erlitten hat, weil ihm in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale gezielt intensive und ihn aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzende Rechtsverletzungen zugefügt worden sind, und weil er aus diesem Grunde gezwungen war, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Land zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen; dabei steht der eingetretenen Verfolgung die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung gleich (vgl. BVerfGE 80, 315 [334 f., 342, 344]).
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1. Bei Prüfung der Frage, ob sich ein Flüchtling in diesem Sinne in einer ausweglosen Lage befindet, vor der ihm das Asylrecht Schutz gewähren soll, sind alle Umstände in den Blick zu nehmen, die objektiv geeignet sind, bei ihm begründete Furcht vor (drohender) Verfolgung hervorzurufen. Sie kann sich aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen des Verfolgers ergeben, sofern diese ihn in Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal treffen sollen und die erforderliche Intensität aufweisen. Eigene politische Verfolgung kann auch dann zu bejahen sein, wenn solche Maßnahmen den Betroffenen noch nicht ereilt haben, ihn aber -- weil der Verfolger ihn bereits im Blick hat -- demnächst zu ereilen drohen.
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Damit hat es jedoch nicht sein Bewenden. Die Gefahr eigener politischer Verfolgung eines Asylbewerbers kann sich auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet und deshalb seine eigene bisherige Verschonung von ausgrenzenden Rechtsgutsbeeinträchtigungen als eher zufällig anzusehen ist. In solcher Lage kann die Gefahr eigener politischer Verfolgung auch aus fremdem Schicksal abgeleitet werden.
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In welchem Maße dies der Fall ist, wird je nach den tatsächlichen Verhältnissen, unter denen sich politische Verfolgung in den Herkunftsländern ereignet, unterschiedlich zu beurteilen sein. Allgemein ist jedoch davon auszugehen, daß die Gefahr eigener politischer Verfolgung wächst, je weniger der Staat selbst oder Dritte in einer dem Staat zuzurechnenden Weise bei ihren Verfolgungsmaßnahmen an ein bestimmtes Verhalten der davon Betroffenen anknüpfen, die Verfolgung also nicht mit einer von deren Tun ausgehenden realen oder vermeintlichen Gefahr in Verbindung steht und unabhängig von einem besonderen Anlaß vorgenommen wird, mit dem sie sich als Träger eines asylerheblichen Merkmals in Verbindung bringen lassen. Die historische und zeitgeschichtliche Erfahrung lehrt, daß für den Einzelnen die Gefahr, selbst verfolgt zu werden, umso größer und -- hinsichtlich ihrer Aktualität -- umso unkalkulierbarer ist, je weniger sie von individuellen Umständen abhängt oder geprägt ist und je mehr sie unter Absehung hiervon überwiegend oder ausschließlich an kollektive, dem Einzelnen unverfügbare Merkmale anknüpft. Sieht der Verfolger von individuellen Momenten gänzlich ab, weil seine Verfolgung der durch das asylerhebliche Merkmal gekennzeichneten Gruppe als solcher und damit grundsätzlich allen Gruppenmitgliedern gilt, so kann eine solche Gruppengerichtetheit der Verfolgung dazu führen, daß jedes Mitglied der Gruppe im Verfolgerstaat eigener Verfolgung jederzeit gewärtig sein muß.
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Unter welchen Voraussetzungen von einer solchen gruppengerichteten Verfolgung bei unmittelbar staatlicher Verfolgung auszugehen ist, bedarf aus Anlaß der vorliegenden Verfassungsbeschwerden keiner verfassungsrechtlichen Klärung. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung durch Dritte setzt jedenfalls voraus, daß Gruppenmitglieder Rechtsgutsbeeinträchtigungen erfahren, aus deren Intensität und Häufigkeit jedes einzelne Gruppenmitglied die begründete Furcht herleiten kann, selbst alsbald ein Opfer solcher Verfolgungsmaßnahmen zu werden. Das wird vor allem bei gruppengerichteten Massenausschreitungen der Fall sein, die das ganze Land oder große Teile desselben erfassen, aber etwa auch dann, wenn unbedeutende oder kleine Minderheiten mit solcher Härte, Ausdauer und Unnachsichtigkeit verfolgt werden, daß jeder Angehörige dieser Minderheit sich ständig der Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sieht.
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Gruppengerichtete Verfolgungen, die von Dritten ausgehen, brauchen nicht ein ganzes Land gewissermaßen flächendeckend zu erfassen. Die ihnen zugrundeliegenden ethnischen, religiösen, kulturellen oder sozialen Gegensätze können in einzelnen Landesteilen unterschiedlich ausgeprägt sein; die darin wurzelnden Spannungen können sich in unterschiedlichem Grade auf das Zusammenleben verschiedener Bevölkerungsteile auswirken. Oft ist insoweit ein innerhalb des Landes bestehendes Entwicklungs- oder Zivilisationsgefälle von Bedeutung. Deshalb ist -- jedenfalls bei gruppengerichteten Verfolgungen durch nicht-staatliche Kräfte -- von der Möglichkeit auszugehen, daß solche Verfolgungen regional oder lokal begrenzt sind mit der Folge, daß sich die verfolgungsfreien Räume als inländische Fluchtalternative (vgl. BVerfGE 80, 315 [342 ff.]) darstellen können und daß die dort ansässigen Gruppenangehörigen als unverfolgt zu gelten haben. Allerdings bedarf dabei näherer Ermittlung, ob eine bestehende Schutzunwilligkeit des Staates die Gefahr einer Ausweitung der Verfolgung in bisher verfolgungsfreie Räume begründet.
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2. Hieraus ergibt sich, daß die unmittelbare Betroffenheit des Einzelnen durch gerade auf ihn zielende Verfolgungsmaßnahmen ebenso wie die Gruppengerichtetheit der Verfolgung nur Eckpunkte eines durch fließende Übergänge gekennzeichneten Erscheinungsbildes politischer Verfolgung darstellen. Die Anknüpfung an die Gruppenzugehörigkeit bei Verfolgungshandlungen ist nicht immer eindeutig erkennbar. Oft tritt sie nur als ein mehr oder minder deutlich im Vordergrund stehender, die Verfolgungsbetroffenheit mitprägender Umstand hervor, der -- je nach Lage der Dinge -- für sich allein noch nicht die Annahme politischer Verfolgung jedes einzelnen Gruppenmitglieds, wohl aber bestimmter Gruppenmitglieder rechtfertigt, die sich in vergleichbarer Lage befinden. Auch solchen Fällen im Übergangsbereich zwischen anlaßgeprägter Einzelverfolgung und gruppengerichteter Kollektivverfolgung muß Rechnung getragen werden, um das Phänomen politischer Verfolgung sachgerecht zu erfassen; tatsächlich bestehende asylerhebliche Gefährdungslagen dürfen nicht in einer den Gewährleistungsinhalt des Grundrechts verkürzenden Weise unberücksichtigt bleiben.
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Daraus folgt, daß die gegenwärtige Gefahr politischer Verfolgung für einen Gruppenangehörigen aus dem Schicksal anderer Gruppenmitglieder möglicherweise auch dann herzuleiten ist, wenn diese Referenzfälle es noch nicht rechtfertigen, vom Typus einer gruppengerichteten Verfolgung auszugehen. Hier wie da ist es von Belang, ob vergleichbares Verfolgungsgeschehen sich in der Vergangenheit schon häufiger ereignet hat, ob die Gruppenangehörigen als Minderheit in einem Klima allgemeiner moralischer, religiöser oder gesellschaftlicher Verachtung leben müssen, das Verfolgungshandlungen wenn nicht gar in den Augen der Verfolger rechtfertigt, so doch tatsächlich begünstigt, und ob sie ganz allgemein Unterdrückungen und Nachstellungen ausgesetzt sind, mögen diese als solche auch noch nicht von einer Schwere sein, die die Annahme politischer Verfolgung begründet. Bezogen auf die fachgerichtlich entwickelten Unterscheidungen liegt es nahe, den vom Bundesverwaltungsgericht in Abgrenzung zur Gruppenverfolgung geprägten Begriff der Einzelverfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit (BVerwGE 70, 232 [233 f.]; 74, 31 [34]) in diesem Sinne zu verstehen und ihn damit in einer Weise heuristisch zu verwenden, die der vielgestaltigen Realität politischer Verfolgung Rechnung trägt.
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3. Die begriffliche Aufbereitung der Erscheinungsformen politischer Verfolgung im Sinne ihrer im Blick auf das Grundrecht des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG sachgerechten Erfassung ist Aufgabe der Fachgerichte. Sie haben auch darüber zu befinden, ob Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Gruppenangehörigen bereits eine solche Dichte aufweisen, daß schon aus diesem Grunde die Annahme einer jedes Gruppenmitglied einschließenden Gruppenverfolgung gerechtfertigt ist, oder ob eine Verfolgungsgefahr nicht für alle, wohl aber für den überwiegenden Teil oder nur für einige Gruppenangehörige begründet ist oder ob den Maßnahmen insoweit jeder Indizcharakter mangelt. Dabei steht den Fachgerichten ein gewisser "Wertungsrahmen" zu (BVerfGE 76, 143 [162]). Dieser rechtfertigt es jedoch nicht, heuristische Begriffe losgelöst von ihrer Funktion zu verwenden und damit in einer Weise zu verselbständigen, die spezifisch asylrechtliche Gefährdungslagen außer Betracht läßt. Auch setzt er voraus, daß die zugrundeliegenden Sachverhaltsermittlungen einen hinreichenden Grad an Verläßlichkeit aufweisen und auch dem Umfang nach, bezogen auf die besonderen Gegebenheiten im Asylrecht, zureichend sind. Beides ist vom Bundesverfassungsgericht zu überprüfen, um Fehler zu korrigieren, die geeignet sind, die Geltung des Grundrechts in Frage zu stellen (BVerfGE, a.a.0.). Es hat in diesem Zusammenhang auch darüber zu wachen, daß die Anforderungen an das Vorliegen der politischen Verfolgung und deren Nachweis nicht überspannt werden. Das kann etwa der Fall sein, wenn das Fachgericht die Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung als noch nicht gegeben ansieht und bereits aus diesem Grunde die politische Verfolgung eines Asylbewerbers, der von unmittelbar gegen ihn gerichteten Verfolgungsmaßnahmen bisher verschont geblieben ist, verneint, ohne die gegebene allgemeine Gefahrenlage im übrigen hinreichend gewürdigt zu haben. Es kann auch der Fall sein, wenn eine Asylklage abgewiesen wird, weil die Verfolgungsmaßnahmen, die der Kläger selbst erlitten hat, nach ihrer Schwere die Schwelle der Asylerheblichkeit noch nicht erreichen, ohne daß im Wege einer Gesamtbetrachtung erwogen worden ist, ob der Asylbewerber wegen der Intensität, der Häufigkeit und des Erscheinungsbildes festgestellter Verfolgungsmaßnahmen gegenüber anderen Gruppenangehörigen gleichwohl begründete Verfolgungsfurcht haben konnte.
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4. Verfolgungen durch Dritte -- seien sie nun gruppengerichtet oder in dem erwähnten heuristischen Sinne als Einzelverfolgungen wegen Gruppenzugehörigkeit anzusehen -- sind dem jeweiligen Staat zuzurechnen, wenn er nicht mit den ihm an sich zur Verfügung stehenden Kräften Schutz gewährt (vgl. BVerfGE 80, 315 [336]). Die Intensität dieses Schutzes muß dem Grad der Bedrängnis entsprechen, in der die Gruppe sich befindet. Die Fachgerichte haben daher staatliche Schutzvorkehrungen daraufhin zu überprüfen, ob es sich um Reaktionen handelt, die der Schwere der Übergriffe entsprechen; in diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, ob und in welchem Ausmaß die betroffene Gruppe schon in der Vergangenheit politischer Verfolgung ausgesetzt war.
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Staatliche Schutzbereitschaft kann nicht schon deshalb bejaht werden, weil die zum Handeln verpflichteten Organe erklären, ihren diesbezüglichen Pflichten genügen zu wollen. Gerade der die Ausschreitungen Dritter innerlich billigende Staat wird sich oft -- schon aus außenpolitischen Gründen -- von diesen distanzieren und sie -- etwa unter Hinweis auf bestehende Rechtsvorschriften -- nach außen hin mißbilligen. Schutzbereitschaft läßt sich also nicht schon mit dem bloßen Hinweis auf bestehendes Verfassungs- oder Gesetzesrecht des Heimatstaates als gegeben unterstellen; erforderlich ist vielmehr, daß sie -- nicht anders als an den Orten einer angenommenen Fluchtalternative (vgl. BVerfGE 81, 58 [67]) -- konkret belegbar ist. Auf eine staatliche Schutzunwilligkeit kann es hindeuten, wenn der Staat landesweit oder in der betreffenden Region zum Schutze anderer Gruppen oder zur Wahrung seiner eigenen Interessen mit deutlich effektiveren Mitteln und im Ergebnis deutlich erfolgreicher einschreitet. Freilich ist auch hier mit zu bedenken, daß es keiner staatlichen Ordnungsmacht möglich ist, einen lückenlosen Schutz vor Unrecht und Gewalt zu garantieren (vgl. BVerfGE, a.a.O., S. 66).
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II.
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1. Das vom Beschwerdeführer zu 1. angegriffene Berufungsurteil genügt nach den dargelegten Maßstäben den Anforderungen des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG. Das Urteil enthält zwar keine näheren Ausführungen zu der vom Verwaltungsgericht bejahten Frage einer Gruppenverfolgung der Jeziden in ihren südostanatolischen Siedlungsgebieten. Feststellungen dieser Art erübrigten sich aber hier deshalb, weil die langjährige Verfolgungsfreiheit des Beschwerdeführers in Viransehir sowie sein eigenes Verhalten als hinreichend verläßliche Grundlage für die Annahme angesehen werden konnten, daß die Ausreise nicht aus Furcht vor Verfolgung geschehen ist. Der Beschwerdeführer hat sich nicht auf gegen Jeziden gerichtete Verfolgungsmaßnahmen in der näheren Umgebung seines Wohnorts berufen. Die von ihm geschilderten Angriffe auf Dörfer in seiner früheren Heimatregion im Bereich Diyarbakir brauchte das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen. Wegen derartiger Übergriffe war der Beschwerdeführer bereits im Jahre 1968 mit seiner Familie in das ca. 100 km entfernte Viransehir gezogen, wo er Grund und Boden erwerben konnte und von eigener Landwirtschaft gelebt hat. Wenn der Verwaltungsgerichtshof hieraus und aus dem Umstand, daß der Beschwerdeführer bei seiner Ausreise die Familie zurückließ und seinen Grundbesitz nicht verkaufte, auf fehlende Verfolgungsfurcht geschlossen hat, so ist dagegen von Verfassungs wegen nichts zu erinnern.
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Auch objektive Nachfluchtgründe greifen nach dem für die verfassungsrechtliche Beurteilung wesentlichen Sachstand des Jahres 1985 (vgl. BVerfGE 54, 341 [359 f.]) zugunsten des Beschwerdeführers zu 1. nicht durch. Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangen, daß dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Viransehir sein brachliegender Grundbesitz als Erwerbsgrundlage zur Verfügung stehe. Den vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren erwähnten Zwangsentführungen zweier Frauen aus dem Dorf Bacin (türkisch: Güven), die sich Anfang 1985 ereignet haben sollen, hat der Verwaltungsgerichtshof keine indizielle Bedeutung für die Verhältnisse in Viransehir beigemessen. Dies ist nicht zu beanstanden; Bacin liegt südöstlich von Diyarbakir in der Provinz Mardin und ist ca. 150 km von Viransehir entfernt. Die Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs stimmt überdies mit dem Hinweis in der Stellungnahme der Bundesregierung zur Situation im Kreis Viransehir überein.
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2. Das vom Beschwerdeführer zu 3. angegriffene Urteil verstößt gegen Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG. Das Verwaltungsgericht hat aufgrund einer zu eng gefaßten und damit der Erscheinungsbreite politischer Verfolgung nicht ausreichend Rechnung tragenden Begrifflichkeit sowohl eine Einzelverfolgung des Beschwerdeführers wie auch eine ihn erfassende Gruppenverfolgung der Jeziden verneint und damit die Anforderungen an das Vorliegen politischer Verfolgung überspannt. Eine "asylrechtliche Individualverfolgung" des Beschwerdeführers hat es allein mit Blick auf die Ereignisse geprüft, von denen dieser in eigener Person betroffen war. Eine ihn einschließende Gruppenverfolgung hat es deshalb abgelehnt, weil es Pogrome gegenüber Jeziden in den vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben habe, Übergriffe im Raum Batman/Besiri selten geblieben seien und die den Jeziden drohenden Rechtsgutsverletzungen je nach den Umständen eine unterschiedliche "Konkretisierung der Verfolgungsgefahr" mit sich brächten. Der Frage, ob in bezug auf den Beschwerdeführer eine solche Konkretisierung eingetreten sein konnte, ist das Verwaltungsgericht nicht weiter nachgegangen, obwohl es zahlreiche in qualitativer wie auch in quantitativer Hinsicht als asylrelevant anzusehende Übergriffe gegenüber den Jeziden festgestellt hat, die nach Auffassung des Gerichts als "gezielte Maßnahmen gegen eine verachtete kleine religiöse Minderheit zum Zwecke ihrer Verdrängung" anzusehen sind und die sich der türkische Staat wegen mangelnder Schutzgewährung zurechnen lassen muß. Das Verwaltungsgericht hat zu Lasten des Beschwerdeführers nicht erwogen und demgemäß auch nicht geprüft, inwiefern der geschilderte Verdrängungsprozeß den Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der selbst erlebten Verfolgungsmaßnahmen zu der berechtigten Annahme veranlassen konnte, daß er sich in einer ausweglosen Lage befinde.
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Damit hat es das vom Beschwerdeführer begehrte Asyl auf verfassungsrechtlich unzureichender Grundlage versagt: Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts kann ohne die von ihm unterlassene Prüfung nicht davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer unverfolgt in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Unter diesen Umständen hätte seine Asylklage aber nur dann abgewiesen werden können, wenn sich ihm eine inländische Fluchtalternative eröffnet hätte oder wenn er in der Türkei nunmehr vor erneuter Verfolgung hinreichend sicher wäre (vgl. BVerfGE 80, 315 [342 ff., 345]). Hierzu enthält das angegriffene Urteil keinerlei Feststellungen. Für die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde kommt es mithin auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers nicht mehr an.
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