BVerfGE 94, 115 - Sichere Herkunftsstaaten | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 29.05.2020, durch: A. Tschentscher | |||
b) Art. 16a Abs. 3 GG sieht eine "Arbeitsteilung" zwischen dem Gesetzgeber einerseits und den Behörden und Gerichten andererseits vor. Danach verbleibt den Behörden und den Gerichten die Prüfung, ob der einzelne Asylbewerber Tatsachen vorgetragen hat, welche entgegen der Vermutung, die an seine Herkunft aus einem sicheren Staat anknüpft, die Annahme begründen, er werde dort gleichwohl politisch verfolgt. |
2. a) Für die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat muß Sicherheit vor politischer Verfolgung landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen bestehen. |
b) Die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG geforderte Gewährleistung der Sicherheit auch vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung stellt in Anknüpfung an Art. 3 EMRK sicher, daß ein solches staatliches Handeln in die Prüfung einbezogen und so den fließenden Übergängen zu asylrechtlich erheblichen Verfolgungsmaßnahmen Rechnung getragen wird. |
3. Für die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat hat sich der Gesetzgeber anhand von Rechtslage, Rechtsanwendung und allgemeinen politischen Verhältnissen aus einer Vielzahl von einzelnen Faktoren ein Gesamturteil über die für politische Verfolgung bedeutsamen Verhältnisse in dem jeweiligen Staat zu bilden. |
4. a) Das Gesetz, mit dem ein Staat zum sicheren Herkunftsstaat bestimmt wird, ist ein grundrechtsausfüllendes Gesetz. Es erfordert die Beurteilung der Verhältnisse in einem anderen Staat und - dem vorausgehend - die Erhebung der für die gesetzgeberische Feststellung notwendigen tatsächlichen Grundlagen. |
b) Bei der Erhebung und Aufbereitung der zugrunde zu legenden Tatsachen kommt dem Gesetzgeber, insbesondere hinsichtlich der dafür zu beschreitenden Wege, ein Entscheidungsspielraum zu. |
c) Beurteilt der Gesetzgeber, ob nach den ermittelten tatsächlichen Verhältnissen in einem Staat gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet, und trifft er eine Prognose über die weitere Entwicklung in dem Staat innerhalb eines überschaubaren Zeitraums, so hat er einen Einschätzungs- und Wertungsspielraum. |
5. Inhalt der in Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG aufgestellten Vermutung ist nicht, daß einem Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat dort keine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung droht. |
Zur Ausräumung der Vermutung ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Antragstellers gründet. |
Urteil |
des Zweiten Senats vom 14.Mai 1996 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21., 22. und 23. November und 5. Dezember 1995 |
-- 2 BvR 1507 und 1508/93 -- |
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. der ghanaischen Staatsangehörigen B... ... |
Entscheidungsformel: |
1. Die zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen. |
2. § 29a Absatz 1 des Asylverfahrensgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 1993 (Bundesgesetzbl. I Seite 1361) sowie die Aufnahme von Ghana in Anlage II (zu § 29a) sind mit dem Grundgesetz vereinbar. |
3. Das Land Hessen hat den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen für die Verfahren betreffend den Erlaß einstweiliger Anordnungen zu erstatten. |
Gründe: | |
A. | |
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die in Art. 16a Abs. 3 GG und § 29a Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 1993 (BGBl. I S. 1361) - AsylVfG - enthaltenen Regelungen über Asylgewährung und Asylverfahren bei Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten sowie die gesetzliche Bestimmung Ghanas zu einem solchen sicheren Herkunftsstaat.
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I. | |
1. Der durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. Juni 1993 (BGBl. I S. 1002) an Stelle von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG a.F. in das Grundgesetz eingefügte Art. 16a GG wie auch das Gesetz zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30. Juni 1993 (BGBl. I S. 1062) gehen zurück auf den sogenannten Asylkompromiß zwischen CDU/CSU, SPD und F.D.P. vom 6. Dezember 1992 (vgl. Blätter für deutsche und internationale Politik, 1993, S. 114 ff.). Ziel des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. am 19. Januar 1993 eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (BTDrucks 12/4152) sollte es sein, "den wirklich politisch Verfolgten weiterhin Schutz und Zuflucht zu gewähren, aber eine unberechtigte Berufung auf das Asylrecht zu verhindern und diejenigen Ausländer von einem langwierigen Asylverfahren auszuschließen, die des Schutzes deswegen nicht bedürfen, weil sie offensichtlich nicht oder nicht mehr aktuell politisch verfolgt sind. Außerdem ist das Asylverfahren einschließlich des gerichtlichen Verfahrens weiter zu beschleunigen" (vgl. BTDrucks 12/4152, S. 3).
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In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es weiter (a.a.O. S. 3 f.):
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"Mit Rücksicht auf den Regelungsumfang wird ein eigener Asyl-Artikel geschaffen, der an die Stelle des bisherigen Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG tritt. ...
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Absatz 1 übernimmt unverändert den Wortlaut des bisherigen Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG: Die Verbürgung des Schutzes vor politischer Verfolgung (Asyl) behält den Charakter eines Individualgrundrechts. Im Unterschied zum bisherigen Recht begrenzt die Verfassung indessen in Anknüpfung an die Schutzbedürftigkeit des jeweils Asylbegehrenden in den folgenden Absätzen den Schutzumfang und schreibt wichtige Teilbereiche des Verfahrens vor, das zur Gewährung oder Ablehnung von Asyl in der Bundesrepublik Deutschland führt. ...
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Absatz 3 eröffnet dem Gesetzgeber die Möglichkeit, verfolgungsfreie Herkunftsländer zu bestimmen. Das Grundgesetz gibt die wichtigsten Kriterien vor, aus denen die Verfolgungsfreiheit geschlossen wird. Daneben sind noch andere Kriterien heranziehbar, zu denen z.B. die Quote der Anerkennung im Verwaltungsverfahren in einem überschaubaren Zeitraum gehört. Freiheit von politischer Verfolgung muß grundsätzlich landesweit bestehen.
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Die gesetzliche Qualifizierung als sicherer Herkunftsstaat begründet eine widerlegbare Vermutung; der Ausländer kann geltend machen, entgegen der aus der gesetzlichen Bestimmung folgenden Regelvermutung ausnahmsweise politisch verfolgt zu sein. Eine dahin gehende Prüfung findet nur statt, wenn der Ausländer erhebliche Tatsachen substantiiert vorträgt.
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Absatz 4 normiert für bestimmte Fälle qualifizierte Anforderungen an die Aussetzung der Vollziehung und ermächtigt den Gesetzgeber, sowohl den Prüfungsumfang als auch die Berücksichtigung verspäteten Vorbringens des Ausländers im gerichtlichen Verfahren einzuschränken. Nur wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme bestehen, wird im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Vollziehung ausgesetzt.
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Dies gilt für die Fälle des Absatzes 3, d.h. für Asylbewerber aus einem sicheren Herkunftsland, für die die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt wird. Das gilt ferner für Asylbewerber, deren Anträge ebenfalls offensichtlich unbegründet sind ...".
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Am 11. März 1993 fand zum Entwurf der Grundgesetzänderung eine Anhörung von Sachverständigen durch den Innen- und Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages sowie die Gemeinsame Verfassungskommission statt (vgl. Sten.Prot. der 55. Sitzung des Innenausschusses, der 71. Sitzung des Rechtsausschusses und der 8. Anhörung der Gemeinsamen Verfassungskommission). Am 26. Mai 1993 wurde die - geringfügig geänderte - Vorlage abschließend im Bundestag beraten und fand dort die nach Art. 79 Abs. 2 GG erforderliche Mehrheit (vgl. Plen.Prot. 12/160, S. 13499 ff., 13629 f.). Der Bundesrat stimmte dem Gesetzesbeschluß auf seiner 657. Sitzung am 28. Mai 1993 zu (vgl. BRDrucks 352/93). Das Gesetz trat am 30. Juni 1993 in Kraft.
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Die hier maßgeblichen Vorschriften des Art. 16a GG lauten:
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"(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. ...
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(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen aufgrund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
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(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen."
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2. Am 2. März 1993 brachten die Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. zur gesetzlichen Ausfüllung von Art. 16a GG den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften ein (vgl. BTDrucks 12/4450). Nach dem neu in das Asylverfahrensgesetz einzufügenden § 29a sollte der Asylantrag eines Ausländers aus einem sicheren Herkunftsstaat als offensichtlich unbegründet abzulehnen sein, "es sei denn, aufgrund der von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel ist anzunehmen, daß ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht". § 29a Abs. 2 des Entwurfs sah vor, daß die sicheren Herkunftsstaaten durch den Gesetzgeber festgelegt werden; in einer Anlage II waren bestimmte Staaten als solche bezeichnet.
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Nach der Begründung des Gesetzentwurfs ist der Prüfung dieser Staaten ein umfangreicher Kriterienkatalog zugrunde gelegt worden:
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- allgemeine politische Lage (u.a. demokratische Struktur des Staates, unabhängige Gerichtsbarkeit, Mehrparteiensystem, Recht auf freie Meinungsäußerung),
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- Achtung der Menschenrechte (u.a. Beachtung der Grundsätze der internationalen Menschenrechtsübereinkünfte, insbesondere VN-Konvention über die zivilen und bürgerlichen Rechte, Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK - und VN-Konvention gegen Folter),
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- Bereitschaft des Herkunftsstaates, unabhängigen internationalen Organisationen zur Überwachung der Menschenrechtslage Zutritt zu seinem Hoheitsgebiet zu gewähren,
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- Stabilität des Landes (u.a. Prognose, daß mit wesentlichen Veränderungen in nächster Zeit nicht zu rechnen ist).
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Diese Kriterien sind unter Heranziehung der von den Behörden des Bundes gewonnenen Erkenntnisse, von Rechtsprechung sowie Materialien des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und internationaler Menschenrechtsorganisationen untersucht worden (vgl. BTDrucks 12/4450, S. 21 f.).
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Für die einzelnen in die Anlage II aufzunehmenden Staaten waren vom Bundesministerium des Innern unter Beteiligung des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums der Justiz Prüfberichte erstellt worden. Der Unterausschuß "Menschenrechte und humanitäre Hilfe" des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages nahm zu den einzelnen Staaten Stellung (vgl. BTDrucks 12/4984, S. 47). Im Prüfbericht zu Ghana vom 5. Januar 1993, dem neben einer Zusammenstellung einschlägiger Gerichtsentscheidungen im wesentlichen Auskünfte und Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes, des Instituts für Afrika-Kunde sowie von amnesty international aus den Jahren bis 1992 zugrunde liegen, heißt es zusammenfassend:
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"In Ghana führte der Demokratisierungsprozeß zum Entstehen von Grundstrukturen eines demokratischen Rechtsstaates. Ghana weist derzeit eine politische Struktur auf, die staatlich initiierte oder gebilligte Eingriffe in Menschenrechte wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Religionsausübung etc. aus politischen Gründen grundsätzlich ausschließt. Verwaltung und Wirtschaft befinden sich in Ghana für afrikanische Verhältnisse auf einem hohen Niveau. Ethnische Konflikte existieren, soweit ersichtlich, nicht. Menschenrechte werden geachtet, repressive Gesetze wurden teilweise aufgehoben, die politische Lage ist stabil und ein Mehrparteiensystem wurde eingeführt.
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Somit kann Ghana in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten aufgenommen werden, wobei auf eine ständige Überprüfung der Lage nicht verzichtet werden sollte ..."
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Auf Veranlassung des Bundesministeriums der Justiz wurden die für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständigen obersten Landesbehörden und der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts an der Prüfung der Liste sicherer Herkunftsstaaten beteiligt. Nach Mitteilung des Bundesministeriums des Innern wurde die Aufnahme von Ghana in den Kreis der sicheren Herkunftsstaaten nicht von allen Ländern befürwortet. Die beim Bundesministerium des Innern gebildete "Projektgruppe Asylgesetz" sah aufgrund einer Auswertung der Stellungnahmen am 3. Februar 1993 indes keinen Anlaß für eine Neubewertung der Einschätzung Ghanas als sicheres Herkunftsland, weil die äußerst knapp gehaltenen Stellungnahmen zum Teil auf veralteten Erkenntnissen beruhten und keine neuen Gesichtspunkte enthielten.
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Am 24. März 1993 hörte der Innenausschuß des Deutschen Bundestages zu dem Gesetzentwurf Sachverständige an (vgl. Sten.Prot. der 56. Sitzung des Innenausschusses). Das Bundesministerium des Innern äußerte sich am 27. April 1993 ergänzend zu Ghana. Der in bezug auf § 29a geringfügig geänderte Entwurf wurde am 26. Mai 1993 im Bundestag abschließend beraten (vgl. Plen.Prot. 12/160, S. 13499 ff., 13629 f.). In seiner 657. Sitzung vom 28. Mai 1993 stimmte der Bundesrat dem Gesetzesbeschluß zu (BRDrucks 353/93). Das Gesetz trat am 1. Juli 1993 in Kraft.
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Die hier maßgebliche Vorschrift des § 29a AsylVfG lautet:
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"(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, daß ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
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(2) Sichere Herkunftsstaaten sind die in Anlage II bezeichneten Staaten.
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(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, daß ein in Anlage II bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, daß die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft."
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Anlage II (zu § 29a) bezeichnet u.a. Ghana als sicheren Herkunftsstaat.
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II. | |
1. Die Beschwerdeführerin zu 1. landete am 6. Juli 1993 von London kommend auf dem Frankfurter Rhein-Main-Flughafen. Dort beantragte sie ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Sie wurde daraufhin zunächst im Transitbereich des Flughafens untergebracht.
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a) Zur Begründung ihres Asylantrags machte die Beschwerdeführerin folgende Angaben: Sie sei in Kuforidua (Ghana) als Marktfrau tätig gewesen. Sie habe einen Kiosk im Zentralmarkt gehabt, wo sie Farmerzeugnisse verkauft habe. Am 26. April 1993 habe der Stadtrat die Miete der Kioske von 2.000 auf 5.000 Cedis erhöht. Da die Kaufkraft zu dieser Zeit sehr schwach gewesen sei, sei den Marktfrauen die Erhöhung unangebracht vorgekommen. Die Verkäuferinnen, die, wie sie selbst, der NPP-Partei angehörten, hätten am Tag der Bekanntgabe der Mieterhöhung gestreikt. Am 26. und 27. April 1993 hätten sie gegen die Mitglieder des Stadtrates demonstriert. Dabei sei auch Sachschaden entstanden. Warenstände derjenigen Verkäuferinnen, die sich nicht an der Demonstration beteiligt hätten, habe man umgekippt. Sie, die Beschwerdeführerin, sei Anführerin der Frauen gewesen, die Gemüse verkauft hätten. Nach Beendigung der Demonstrationen seien die Anführer - so auch sie - von Polizisten festgenommen worden. Ihr sei vorgeworfen worden, Unruhe in der Stadt angestiftet und die Leute zum Streik aufgehetzt zu haben. Nach etwa einer Woche habe ihr Sippenoberhaupt gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von 50.000 Cedis ihre Freilassung erreicht. Sie habe die Auflage erhalten, sich täglich bei der Polizei zu melden. Als sie erfahren habe, daß sie am 2. Juli 1993 vor Gericht gestellt werden solle, sei sie früh morgens nach Accra geflüchtet. Am 4. Juli 1993 habe sie ihr Heimatland verlassen, um einer Gefängnisstrafe zu entgehen.
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b) Mit Bescheid vom 9. Juli 1993 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (im folgenden: Bundesamt) den Antrag der Beschwerdeführerin auf Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab, stellte ferner fest, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorlägen, und verneinte schließlich auch das Bestehen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG. Für den Fall der Einreise wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einer Woche nach erfolgter Einreise zu verlassen. Vorsorglich wurde ihr gemäß § 18a Abs. 2 AsylVfG die Abschiebung angedroht. Mit Bescheid vom gleichen Tage verweigerte ihr das Grenzschutzamt unter Hinweis auf den Bescheid des Bundesamtes die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland.
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c) Gegen die Bescheide des Bundesamtes und des Grenzschutzamtes hat die Beschwerdeführerin Klage beim Verwaltungsgericht erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig hat sie gemäß § 18a Abs. 4 und 5 AsylVfG vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluß vom 19. Juli 1993 abgelehnt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
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Das Bundesamt habe den Asylantrag zu Recht nach § 29a AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Die Beschwerdeführerin sei Staatsangehörige des als sicher bezeichneten Herkunftsstaates Ghana; die von ihr angegebenen Tatsachen und Beweismittel begründeten nicht die Annahme, daß ihr abweichend von der allgemeinen Lage in Ghana politische Verfolgung drohe. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 1. April 1993 finde in Ghana eine unmittelbare und gezielte staatliche Verfolgung bestimmter Personen und Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe grundsätzlich nicht statt. Mit dem Vorbringen, sie sei in ihrer Heimatstadt verhaftet und etwa eine Woche inhaftiert worden, weil sie eine Demonstration der Marktfrauen anläßlich einer Erhöhung der Marktgebühren angeführt habe, werde eine Annahme, daß der Beschwerdeführerin abweichend von der allgemeinen Lage in ihrem Herkunftsland politische Verfolgung drohe, nicht begründet.
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2. Der Beschwerdeführer zu 2. landete ebenfalls am 6. Juli 1993, mit demselben Flugzeug wie die Beschwerdeführerin zu 1. von London kommend, auf dem Flughafen Frankfurt/Main. Auch er beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter und wurde daraufhin im Transitbereich des Flughafens untergebracht.
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a) Zur Begründung seines Asylantrags machte der Beschwerdeführer die folgenden Angaben: Er sei Mitglied der NPP. Am 16. Februar 1993 habe seine Partei gegen die neue Regierung seines Landes (NDC) demonstriert. Daran habe er teilgenommen. Es sei um einen Haushaltsplan der NDC gegangen, der Preiserhöhungen verursacht habe. Sie seien zu den Häusern von verschiedenen NDC-Mitgliedern marschiert. Dabei sei es zu handgreiflichen Auseinandersetzungen und Sachbeschädigungen gekommen. Ein Teil eines Hauses, in dem mehrere NDC-Mitglieder gelebt hätten, sei in Brand gesetzt worden, Fensterscheiben seien kaputt gegangen und Kühlschränke zerstört worden. Die Polizei habe etwa 40 Personen festgenommen. Die Inhaftierten hätten die Namen der anderen Beteiligten genannt. Die Polizei sei zu ihm nach Hause gekommen, um auch ihn zu verhaften. Als er die Stimmen gehört und die Polizisten gesehen habe, sei er durch das Fenster in den Hof und dann über eine Mauer geflüchtet.
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b) Mit Bescheid vom 9. Juli 1993 lehnte das Bundesamt diesen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet ab, stellte ferner fest, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorlägen und verneinte auch das Bestehen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG. Für den Fall der Einreise wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach erfolgter Einreise zu verlassen; vorsorglich wurde ihm die Abschiebung angedroht. Ebenfalls mit Bescheid vom 9. Juli 1993 verweigerte ihm das Grenzschutzamt unter Hinweis auf den Bescheid des Bundesamtes die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland.
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Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit Beschluß vom 20. Juli 1993 abgelehnt. Zur allgemeinen Situation in Ghana wiederholt das Verwaltungsgericht seine Ausführungen in dem Verfahren der Beschwerdeführerin zu 1. Es führt ergänzend aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe als Mitglied der NPP an einer Demonstration gegen die Politik der NDC teilgenommen, bei der einige Demonstrationsteilnehmer verhaftet worden seien, während er habe fliehen können, begründe nicht die Annahme, daß ihm abweichend von der dargelegten allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung drohe.
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III. | |
Gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 19. und 20. Juli 1993 haben die Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben. Gleichzeitig haben sie den Erlaß einstweiliger Anordnungen beantragt. Mit Beschluß vom 22. Juli 1993 (BVerfGE 89, 101) wurde dem Grenzschutzamt Frankfurt am Main vorläufig untersagt, die verfügten Einreiseverweigerungen zu vollziehen; ferner wurde den Beschwerdeführern die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland gestattet. Sie halten sich seitdem im Bundesgebiet auf.
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Mit ihren Verfassungsbeschwerden rügen die Beschwerdeführer vornehmlich eine Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 16a Abs. 1 GG und machen im wesentlichen geltend:
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Die von Verfassungs wegen gebotenen Anforderungen an eine Ablehnung ihrer Asylanträge als offensichtlich unbegründet seien offenkundig nicht gegeben. Das Gericht habe den anwaltlichen Vortrag ignoriert und sei in seinen Entscheidungen mit keinem Wort hierauf eingegangen. Stütze sich eine Entscheidung auf Auskünfte einer bestimmten Stelle, so komme die Beurteilung als offensichtlich unbegründet nur dann in Betracht, wenn die verwerteten Auskünfte und Stellungnahmen noch als hinreichend aktuell zugrunde gelegt werden könnten. Das Gericht hätte aufgrund der dargelegten und unter Beweis gestellten Informationen zur aktuellen politischen Lage in Ghana sich zumindest damit auseinandersetzen müssen; es habe sich jedoch allein auf den letzten Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Ghana gestützt.
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Das Gericht habe sich auch nicht mit der Frage befaßt, ob die den Beschwerdeführern drohende Verfolgung nicht zumindest auch politisch motiviert sei. Da die hierzu einschlägigen Strafnormen benannt worden seien, sei das Gericht verpflichtet gewesen, Inhalt und Reichweite der Strafnormen anhand ihres Wortlautes und auf der Grundlage eines authentischen Textes zu bestimmen, um zu ermitteln, ob sich aus diesen Strafnormen politische Verfolgung ergeben könnte.
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Ferner machen die Beschwerdeführer geltend: Die Aufnahme des Staates Ghana in die Anlage II zu § 29a AsylVfG verstoße gegen Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG. Es sei schon nicht gewährleistet, daß in Ghana keine politische Verfolgung stattfinde. An eine solche Aussage seien hohe Anforderungen zu stellen. Im Ausgangsverfahren sei an fünf Beispielen dargelegt worden, daß jedenfalls Teilnehmern regierungskritischer Demonstrationen in Ghana mit politisch motivierten Verfolgungs- und Unterdrückungsmaßnahmen begegnet werde. Zwar seien einige der Inhaftierten nach einem kürzeren Zeitraum freigelassen worden. Jedoch erzeuge die in Ghana offensichtlich praktizierte regelmäßige und überraschende Festnahme von Regimekritikern generell ein Klima der Einschüchterung und Angst. Deshalb gewährleisteten jedenfalls die "allgemeinen politischen Verhältnisse" nicht die Meinungsäußerungsfreiheit und den Ablauf offener demokratischer Prozesse.
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Ghana hätte zum sicheren Herkunftsstaat nur bestimmt werden dürfen, wenn zuvor die dortige Rechtslage und Rechtsanwendung eingehend untersucht worden wäre. Dafür ließen die vorliegenden Gesetzesmaterialien nichts erkennen. Keinesfalls ausreichend sei, daß der Gesetzgeber letztlich nur die Lageberichte des Auswärtigen Amtes zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht habe.
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Ghana sei schließlich kein Land, in dem unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung nicht stattfinde. Im Jahre 1990 seien in Ghana 20 Personen zum Tode verurteilt und 9 Personen hingerichtet worden. Im Jahre 1991 seien 8 Personen zum Tode verurteilt worden. Im Jahre 1992 sei gegen mindestens 3 Personen die Todesstrafe verhängt worden. Auch dies schließe aus, Ghana zum sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 GG zu bestimmen.
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IV. | |
Namens der Bundesregierung, die den Verfahren beigetreten ist, hat sich das Bundesministerium des Innern zu den Verfassungsbeschwerden geäußert und geltend gemacht:
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Mit Art. 16a Abs. 3 GG habe der verfassungsändernde Gesetzgeber sich für das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten entschieden. Dies solle ermöglichen, Asylanträge von Ausländern, die aus Ländern einreisten, in denen nach der Rechtslage, der Rechtsanwendung und den allgemeinen politischen Verhältnissen politische Verfolgung nicht oder nicht mehr stattfinde, in einem verkürzten Verfahren zu überprüfen. Der Gesetzgeber sei von der Erfahrung ausgegangen, daß politische Verfolgung häufig mit Rücksicht auf Umstände geltend gemacht werde, die sich aus der allgemeinen Situation des jeweiligen Herkunftslandes ergäben. Nach dem bisher geltenden Asylverfahrensrecht hätten sämtliche Umstände, die für eine behauptete Verfolgung maßgeblich sein könnten, grundsätzlich in jedem Einzelfall überprüft werden müssen. Mit dem Konzept einer vom Gesetzgeber erstellten Liste sicherer Herkunftsstaaten, für die eine widerlegbare Vermutung der Verfolgungssicherheit gelte, werde diese Prüfung vorverlegt.
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Art. 16a Abs. 3 und 4 GG schränke den bisher bei der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet geltenden Prüfungsumfang ein. Mit der gesetzlichen Festlegung eines Staates als sicher solle nicht nur für das Bundesamt, sondern auch für das Verwaltungsgericht im Regelfall bindend feststehen, daß in dem betreffenden Staat keine politische Verfolgung oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung zu befürchten sei. Die zugelassene Widerlegung dieser Vermutung könne somit nicht darin bestehen, daß ein Antragsteller - bezogen auf seine Person - Tatsachen oder Umstände vortrage, die, wenn sie zuträfen, für ihn eine Gefahr politischer Verfolgung begründen würden. Vielmehr müßten die von ihm vorgebrachten Tatsachen und Umstände so beschaffen sein, daß sie die generelle Annahme der Verfolgungssicherheit für den besonderen Fall zu widerlegen geeignet seien. Erforderlich sei also die Angabe von Tatsachen und Beweismitteln, aus denen sich der Schluß ableiten lasse, daß im Falle des Antragstellers eine besondere, "exzeptionelle" Fallgestaltung vorliege; diese müsse sich von der allgemeinen Lage, die zur gesetzlichen Feststellung der Verfolgungssicherheit geführt habe, so unterscheiden, daß abweichend hiervon unter den besonderen Umständen des Einzelfalles die Gefahr politischer Verfolgung bestehe. Allerdings dürften die Anforderungen an die Widerlegung der Verfolgungssicherheit einem Antragsteller die Durchsetzung seines Asylrechts nicht unzumutbar erschweren. Der Antragsteller müsse deshalb für die von ihm behauptete Verfolgungsgefahr nicht den vollen Nachweis liefern; ausreichend sei die Darlegung von Umständen oder Beweismitteln, welche die Durchbrechung der gesetzlichen Vermutung der Verfolgungssicherheit im konkreten Fall glaubhaft erscheinen lasse.
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Bundesamt und Verwaltungsgericht hätten den verfassungsrechtlichen Anforderungen voll Rechnung getragen. Das Verwaltungsgericht habe den Behauptungen zum Vorgehen ghanaischer Behörden gegen die von den Beschwerdeführern geschilderten Demonstrationen nicht näher nachgehen müssen, weil sich daraus keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine zur Widerlegung der vermuteten Verfolgungssicherheit geeignete besondere Lage ableiten ließen. Im Hinblick auf die gesetzliche Vermutung der Verfolgungssicherheit in Ghana habe das Verwaltungsgericht deshalb davon ausgehen dürfen, daß die Teilnahme an Protestdemonstrationen in Ghana als solche grundsätzlich weder strafbar sei noch zum Anlaß für politische Verfolgungsmaßnahmen genommen werde. Die Behauptungen der Beschwerdeführer, ihnen drohe ungeachtet dessen Verfolgung, sei für eine Widerlegung der vermuteten Verfolgungssicherheit zu unsubstantiiert gewesen, so daß den von den Beschwerdeführern geschilderten konkreten behördlichen Maßnahmen anläßlich der Demonstrationen auch deshalb nicht näher habe nachgegangen werden müssen. Nach den eigenen Aussagen der Beschwerdeführer sei es bei den Demonstrationen zu strafbaren Handlungen gekommen, die auch in rechtsstaatlichen Demokratien zu strafrechtlichen Sanktionen führen könnten.
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V. | |
In der mündlichen Verhandlung haben die Beschwerdeführer sowie der Bundesminister des Innern namens der Bundesregierung und deren Bevollmächtigter das schriftsätzliche Vorbringen bekräftigt und vertieft. Die Beschwerdeführer haben dabei betont, daß im Hinblick auf die erheblich eingeschränkten Möglichkeiten, die Art. 16a Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 1 GG dem einzelnen Asylbewerber für ein individuelles Vorbringen noch belasse, an die Entscheidung des Gesetzgebers, einen Staat zum sicheren Herkunftsstaat zu erklären, besonders strenge Sorgfaltsanforderungen zu stellen seien, wenn eine Absenkung des grundrechtlich verbürgten Schutzniveaus vermieden werden solle. Sie halten die Regelung des Art. 16a Abs. 3 GG für unverhältnismäßig und überflüssig. Sie haben ferner darauf hingewiesen, daß auch noch im Jahre 1993 in Ghana Todesurteile vollstreckt worden seien.
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Der Bevollmächtigte der Bundesregierung hat betont, daß Art. 16a Abs. 3 GG bei Prüfung der Voraussetzungen des Asylgrundrechts eine Arbeitsteilung zwischen Gesetzgeber einerseits und Behörden und Gerichten andererseits einführen wolle; die vom Gesetzgeber beurteilten Verhältnisse in einem Staat sollten dabei einer erneuten Prüfung im Einzelfall entzogen sein. Die Bestimmung dieses Staates zum sicheren Herkunftsstaat werde noch nicht dadurch ausgeschlossen, daß in seiner Rechtsordnung die Todesstrafe vorgesehen sei.
| 55 |
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung als Auskunftspersonen zu Fragen der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse in Ghana, insbesondere zur dortigen Rechtslage und Praxis bei der Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe, Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und von amnesty international gehört. Zu Fragen der praktischen Handhabung der Regelungen über sichere Herkunftsstaaten haben sich Bedienstete des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge geäußert.
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B. | |
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig, soweit sie sich gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts sowie mittelbar gegen die Aufnahme Ghanas in die Anlage II zu § 29a AsylVfG richten.
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1. a) Die Beschwerdeführer rügen, das Verwaltungsgericht habe die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen verkannt, unter denen die Vermutung, ihnen drohe in ihrem Herkunftsstaat keine politische Verfolgung, entkräftet werden kann. Ihr Vorbringen läßt es als möglich erscheinen, daß die angegriffenen Beschlüsse sie in ihrem Grundrecht aus Art. 16a Abs. 1 und 3 GG verletzen.
| 58 |
b) Die Verfassungsbeschwerden gegen die Ablehnung der auf Gewährung der Einreise zielenden Anträge im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§ 18a Abs. 4 und 5 AsylVfG) haben sich nicht dadurch erledigt, daß die Beschwerdeführer aufgrund der einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juli 1993 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Allerdings könnte bei einer Aufhebung der angegriffenen Beschlüsse und einer Zurückverweisung der Sachen an das Verwaltungsgericht (§ 95 Abs. 2 BVerfGG) die Gewährung der Einreise nicht mehr Gegenstand einer erneuten Entscheidung sein. Das Bundesamt hat aber in seinen Bescheiden vom 9. Juli 1993 jeweils unter Nr. 4 gemäß § 18a Abs. 2 AsylVfG "vorsorglich für den Fall der Einreise" eine Abschiebungsandrohung erlassen. Diese Abschiebungsandrohungen sind mit der Einreise der Beschwerdeführer unmittelbar wirksam geworden. Im Fall eines erneuten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens müßten die Beschwerdeführer die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen gegen die Abschiebungsandrohung beantragen (vgl. § 18a Abs. 5 Satz 1, 2. Alternative AsylVfG). Dem steht die Regelung des § 18a Abs. 5 Satz 2 AsylVfG nicht entgegen, wonach die "Anordnung des Gerichts", dem Ausländer die Einreise zu gestatten, zugleich als Aussetzung der Abschiebung gilt: Mit dem in § 18a Abs. 5 Satz 2 AsylVfG erwähnten Gericht ist nach dem Zusammenhang dieser Vorschrift mit § 18a Abs. 4 AsylVfG nur das Verwaltungsgericht als das im Verfahren "auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung" tätig werdende Gericht gemeint. Eine einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts greift nur insoweit in das fachgerichtliche und verwaltungsbehördliche Verfahren ein, als es zur Sicherung des mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemachten grundrechtlichen Anspruchs erforderlich ist.
| 59 |
2. Die Bestimmung Ghanas zum sicheren Herkunftsstaat (§ 29a Abs. 2 AsylVfG in Verbindung mit Anlage II) ist Grundlage der Entscheidungen über die Asylanträge der Beschwerdeführer. Das Bundesamt hat die Ablehnung der Asylanträge als offensichtlich unbegründet allein auf § 29a AsylVfG gestützt; das Verwaltungsgericht hat dies in den angegriffenen Beschlüssen bestätigt.
| 60 |
3. Art. 16a Abs. 3 GG und § 29a AsylVfG sind auch entscheidungserheblich. Allerdings haben die Beschwerdeführer angegeben, sie seien mit dem Flugzeug zunächst von Lagos nach London geflogen; dort hätten sie das Flugzeug gewechselt, ohne dabei den Flughafen zu verlassen; von London aus seien sie sodann nach Frankfurt gelangt. Großbritannien ist Mitglied der Europäischen Gemeinschaften. Gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG kann sich auf Absatz 1 nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften einreist. Dennoch ist in den vorliegenden Verfahren den Beschwerdeführern die Berufung auf das Asylgrundrecht nicht von vornherein verwehrt: Das Verwaltungsgericht und das Bundesamt sind ersichtlich davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführer - unbeschadet ihrer Zwischenlandung in London - nicht aus einem sicheren Drittstaat eingereist sind. Dies entspricht der anfänglich geübten Praxis bei der Handhabung der Regelungen über die "sicheren Drittstaaten", wie sie von Vertretern des Bundesministeriums des Innern in der mündlichen Verhandlung erläutert worden ist. Danach wurde im Falle eines bloßen Transits keine Einreise "aus" einem solchen Drittstaat angenommen.
| 61 |
C. | |
62 | |
I. | |
1. Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG ermächtigt den Gesetzgeber, durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sogenannte "sichere Herkunftsstaaten" zu bestimmen. Dabei muß es sich um Staaten handeln, "bei denen aufgrund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet". Die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat hat für das Asylverfahren des einzelnen Antragstellers, der aus einem solchen Land kommt, unmittelbare Auswirkungen. Gemäß Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
| 63 |
Auch Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG betrifft Asylverfahren von Antragstellern aus sicheren Herkunftsstaaten. Entsprechend der Formulierung "... in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten ..." kann der Gesetzgeber vorsehen, daß der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, sofern die Vermutung des Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG nicht ausgeräumt wird. An die qualifizierte Ablehnung des Asylantrags knüpft Absatz 4 allgemein die Ermächtigung für den Gesetzgeber, besondere inhaltliche und prozessuale Anforderungen an die Aussetzung der Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen im gerichtlichen Verfahren aufzustellen (vgl. hierzu § 36 Abs. 3 und 4 AsylVfG).
| 64 |
2. Art. 16a Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 GG enthält keine Beschränkung des persönlichen Geltungsbereichs des Grundrechts aus Art. 16a Abs. 1 GG und seines Schutzziels, wohl aber eine Beschränkung seines verfahrensbezogenen Gewährleistungsinhalts. Dies ergibt bereits ein Vergleich des Wortlauts von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG einerseits und Abs. 3 Satz 1 GG andererseits; in der zuletzt genannten Bestimmung fehlt eine Formulierung, die wie diejenige in Absatz 2 Satz 1 ("Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen ...") auf eine Beschränkung auch des materiellen Gewährleistungsinhalts hindeutet. Dies wird durch das systematische Verhältnis der Absätze 3 und 4 zu Absatz 1 des Art. 16a GG bestätigt. Die Verfassung ermöglicht für Asylanträge von Flüchtlingen aus sicheren Herkunftsstaaten ein modifiziertes (verkürztes) Verfahren. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht Art. 16a Abs. 3 GG eine "Arbeitsteilung" zwischen dem Gesetzgeber einerseits und den Behörden und Gerichten im Rahmen des jeweiligen Einzelverfahrens andererseits vor: Indem der Gesetzgeber nach vorhergehender Prüfung einzelne Staaten bestimmen kann, in denen - gemäß den in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG vorgegebenen Kriterien - gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet, wird ihm ein Ausschnitt aus der von Art. 16a Abs. 1 GG geforderten umfassenden Prüfung übertragen, die bislang in jedem Einzelfall dem Bundesamt und den Gerichten oblag. Dabei nimmt er für den jeweiligen Staat eine Analyse und Beurteilung der allgemeinen Verhältnisse im Hinblick auf deren asylrechtliche Erheblichkeit abstrakt-generell in Form einer antizipierten Tatsachen- und Beweiswürdigung vor. Stellt der Gesetzgeber nach dieser Prüfung fest, daß ein bestimmter Herkunftsstaat sicher im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG ist, sind Bundesamt und Gerichte hieran bei der Prüfung des Einzelfalls gebunden und haben den Asylantrag grundsätzlich - mit den sich aus Art. 16a Abs. 4 GG ergebenden verfahrensrechtlichen Folgen - als offensichtlich unbegründet zu behandeln. Für die Gerichte findet diese Bindung eine Grenze dort, wo sich die Bestimmung eines Landes zum sicheren Herkunftsstaat (oder deren Beibehaltung) nach ihrer Überzeugung als verfassungswidrig erweist; sofern dies im Einzelfall entscheidungserheblich ist, hat das Gericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.
| 65 |
Die dem Bundesamt und den Gerichten bei der Bearbeitung des jeweiligen Einzelfalls im Rahmen der "Arbeitsteilung" mit dem Gesetzgeber verbleibende Aufgabe wird in Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG umschrieben: Sie haben zu prüfen, ob der einzelne Asylbewerber Tatsachen vorgetragen hat, welche entgegen der Vermutung, die an seine Herkunft aus einem sicheren Staat anknüpft, die Annahme begründen, er werde dort gleichwohl politisch verfolgt. Mit der Beschränkung auf diese Prüfungsaufgabe wird das Verfahren im Einzelfall in bestimmter Weise geprägt, ohne daß sich hieraus - unter Berücksichtigung der abstrakt-generellen Prüfung des Herkunftsstaates durch den Gesetzgeber - eine Beschränkung des materiellen Gewährleistungsinhalts von Art. 16a Abs. 1 GG ergibt.
| 66 |
II. | |
Ein Staat kann gemäß Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG dann zum sicheren Herkunftsstaat bestimmt werden, wenn "gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet". Darüber, ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hat der Gesetzgeber "aufgrund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse" in dem betreffenden Land zu befinden.
| 67 |
1. a) Die Analyse der Verhältnisse in einem Herkunftsstaat auf ihre Asylerheblichkeit hat zunächst unter dem Gesichtspunkt zu erfolgen, ob dort politische Verfolgung stattfindet.
| 68 |
aa) Mit dem Begriff "politische Verfolgung" knüpft Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG an die Formulierung in Art. 16a Abs. 1 GG an, wonach "politisch Verfolgte" Asylrecht genießen. Diese Vorschrift stimmt ihrerseits wörtlich überein mit der Gewährleistung des Asylrechts in Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG a.F. Deshalb kann für die Auslegung des Begriffs der politischen Verfolgung in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurückgegriffen werden.
| 69 |
bb) Allerdings decken sich die Begriffe in Art. 16a Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GG infolge ihrer im jeweiligen Regelungszusammenhang unterschiedlichen Funktion - einerseits Prüfung des Einzelfalls; andererseits Beurteilung der allgemeinen Situation in einem Staat - inhaltlich nicht in vollem Umfang. Im Falle regionaler politischer Verfolgung gilt für die Prüfung eines Asylgesuchs im Einzelfall: Wer von nur regionaler politischer Verfolgung betroffen wird, ist erst dann politisch Verfolgter im Sinne von Art. 16a Abs. 1 GG, wenn er dadurch landesweit in eine ausweglose Lage versetzt wird. Das ist dann nicht der Fall, wenn er in anderen Teilen seines Heimatstaates eine zumutbare Zuflucht finden kann (inländische Fluchtalternative; vgl. BVerfGE 80, 315 [342 ff.]; 81, 58 [65 f.]; 83, 216 [232 f.]). Hingegen ist für die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat die Beurteilung der dort allgemein herrschenden Situation maßgeblich. Ist eine - wenn auch nur regionale - politische Verfolgung feststellbar, so ist nicht gewährleistet, daß in diesem Staat allgemein politische Verfolgung nicht stattfindet, worauf Art. 16a Abs. 3 GG abstellt; Sicherheit vor politischer Verfolgung muß daher im Rahmen des Art. 16a Abs. 3 GG landesweit bestehen (vgl. auch BTDrucks 12/4152, S. 4).
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Ebensowenig kann ein Staat zum sicheren Herkunftsstaat bestimmt werden, wenn dort nur Angehörige einer bestimmten Gruppe, nicht hingegen andere, dieser Gruppe nicht angehörende Personen verfolgt werden. Anhaltspunkte dafür, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber die Bestimmung eines Landes zum sicheren Herkunftsstaat auch dann vorsehen wollte, wenn zwar bestimmte Personen- und Bevölkerungsgruppen von politischer Verfolgung nicht betroffen, eine oder mehrere andere Gruppen aber solcher Verfolgung ausgesetzt sind, lassen sich weder dem Wortlaut der Verfassungsbestimmung noch den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren entnehmen. Eine derart eingegrenzte Feststellung des Fehlens politischer Verfolgung würde auch Inhalt und Funktion der Herkunftsstaatenregelung widerstreiten: Art. 16a Abs. 3 GG ist darauf gerichtet, für bestimmte Staaten im Wege einer vorweggenommenen generellen Prüfung durch den Gesetzgeber feststellen zu lassen, daß in ihnen allgemein keine politische Verfolgung stattfindet und deshalb die (widerlegbare) Vermutung der offensichtlichen Unbegründetheit individueller Asylbegehren aufgestellt werden kann. Dieses Konzept gerät indes schon ins Wanken, wenn ein Staat bei genereller Betrachtung überhaupt zu politischer Verfolgung greift, sei diese auch (zur Zeit) auf eine oder einige Personen- oder Bevölkerungsgruppen begrenzt. Tut er dies, erscheint auch für die übrige Bevölkerung nicht mehr generell gewährleistet, daß sie nicht auch Opfer asylrechtlich erheblicher Maßnahmen wird.
| 71 |
cc) Schließlich ist bei der Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat von vornherein zu berücksichtigen, daß auch in Rechtsstaaten Strafvorschriften zum Schutz der staatlichen Ordnung und Institutionen vorhanden sind und angewandt werden. Aus der Anwendung solcher Staatsschutzvorschriften kann sich auch politische Verfolgung im Sinne von Art. 16a Abs. 1 GG entsprechend den dafür in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Maßstäben (vgl. hierzu BVerfGE 80, 315 [336 ff.]; 81, 142 [150]) ergeben. Für solche Möglichkeiten politischer Verfolgung sieht Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG vor, daß der einzelne aus einem sicheren Herkunftsstaat stammende Ausländer die Vermutung, ihm drohe keine politische Verfolgung, ausräumen kann. Hält sich das Staatsschutzstrafrecht in rechtsstaatlichem Rahmen, so gibt das geschriebene Recht keinen Anlaß, an dem generellen Fehlen von politischer Verfolgung zu zweifeln. Allerdings kommt es für ein Gesetz nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG, das eine Gesamtbetrachtung auch von Rechtsanwendung und allgemeinen politischen Verhältnissen erfordert, weiter darauf an, ob aus der Handhabung des Staatsschutzstrafrechts - etwa im Gefolge von Krisensituationen oder Unruhen - in einem beachtlichen Maße die Gefahr politischer Verfolgung erwächst. Solche Entwicklungen müssen der Gesetzgeber und die Bundesregierung beobachten und auf sie entsprechend reagieren (siehe auch § 29a Abs. 3 AsylVfG).
| 72 |
b) Nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG muß für die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat darüber hinaus gewährleistet erscheinen, daß dort keine "unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung" stattfindet.
| 73 |
aa) Der Begriff "unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung" erfaßt staatliche Maßnahmen, die nicht notwendig zugleich politische Verfolgung im asylrechtlichen Sinne darstellen. Die vom Verfassungsgesetzgeber gewählte Formulierung knüpft in Wortlaut und Inhalt erkennbar an die Bestimmung des Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 686) an, wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf (vgl. hierzu auch Art. 7 Satz 1 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl. II 1973 S. 1533). Auch wenn Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG die Folter nicht ausdrücklich erwähnt, wird sie vom Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung erfaßt (vgl. auch Gusy ZAR 1993, 63 [64] zur Praxis der Europäischen Kommission für Menschenrechte).
| 74 |
Die vom Verfassungsgesetzgeber in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG geforderte Gewährleistung der Sicherheit auch vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung geht über den Schutzbereich des Art. 16a Abs. 1 GG hinaus. Sie stellt - in Anlehnung an die Bezugnahme auf die EMRK auch in Art. 16a Abs. 2 GG - sicher, daß ein solches staatliches Handeln in die Prüfung einbezogen und so den fließenden Übergängen zu asylrechtlich erheblichen Verfolgungsmaßnahmen Rechnung getragen wird. Auch kann die Feststellung, daß in dem zu prüfenden Staat eine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung von einigem Gewicht anzutreffen ist, für die prognostische Beurteilung von Bedeutung sein, ob für einen überschaubaren Zeitraum gewährleistet erscheint, daß dort keine politische Verfolgung stattfindet.
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bb) Daß es in Rechtsordnung und Rechtspraxis eines Staates die Todesstrafe gibt, ist im Zusammenhang mit dem von Art. 16a GG intendierten Schutz vor politischer Verfolgung und unter Berücksichtigung der Bedeutung zu würdigen, die dem Fehlen von unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung für die gesetzliche Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten nach Art. 16a Abs. 3 GG zukommt: Die Androhung der Todesstrafe stellt für sich allein weder einen Asylgrund dar, noch gebietet sie die Gewährung von Schutz gemäß Art. 33 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (GFK) vom 28. Juli 1951 (BGBl. 1953 II S. 560). Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG fordert die Gewährleistung der Sicherheit auch vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung als Voraussetzung für die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat, um - wie dargelegt - die in Absatz 3 Satz 2 vorgesehene, der Ausräumung im Einzelfall zugängliche Vermutung des Fehlens politischer Verfolgung im Herkunftsstaat zusätzlich abzusichern. Ob eine prinzipielle Ächtung der Todesstrafe Inhalt von Art. 1 Abs. 1 GG oder der Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus dem von ihr unterzeichneten und ratifizierten Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe vom 28. April 1983 (BGBl. 1988 II S. 663) ist, bedarf angesichts dieser spezifischen und zugleich begrenzten Funktion eines Gesetzes nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG keiner Entscheidung.
| 76 |
Im Regelungszusammenhang eines solchen Gesetzes schließt allein die Tatsache, daß in einem Staat die Todesstrafe für Taten schwersten Unrechtsgehalts angedroht und auch verhängt und vollstreckt wird, die Bestimmung dieses Staates zum sicheren Herkunftsstaat noch nicht aus. Maßgeblich für den Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG ausführenden Gesetzgeber ist vielmehr, inwiefern die Todesstrafe im Herkunftsstaat sich auf die Beurteilung auswirken kann, ob in diesem Staat politische Verfolgung stattfindet. Hierfür kommt es etwa darauf an, für welche Taten die Todesstrafe angedroht wird; weiterhin ist von Bedeutung, ob die Voraussetzungen für die Verhängung der Todesstrafe gesetzlich hinreichend bestimmt sind, ob die Todesstrafe nur in einem mit hinreichenden Garantien für den Beschuldigten ausgestatteten Verfahren von weisungsunabhängigen Justizorganen verhängt werden darf, in welcher Häufigkeit sie ausgesprochen und auch vollzogen und in welcher Art und Weise sie vollstreckt wird. Das Ergebnis einer solchen Prüfung ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung von Rechtslage, Rechtsanwendung und allgemeinen politischen Verhältnissen in dem betreffenden Staat zu würdigen.
| 77 |
Soweit im Einzelfall einem Ausländer die Todesstrafe droht, ist er im übrigen nach Maßgabe der §§ 53 Abs. 2, 60 Abs. 5, 61 Abs. 3 AuslG vor Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung sicher (vgl. auch § 8 des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG - in der Fassung vom 27. Juni 1994, BGBl. I S. 1537).
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2. Die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat hat der Gesetzgeber nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG aufgrund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse in diesem Staat zu treffen. Damit gibt die Verfassung dem Gesetzgeber bestimmte Prüfkriterien vor, an denen er seine Entscheidung, ob ein Staat die Anforderungen für die Bestimmung zum sicheren Herkunftsstaat erfüllt, auszurichten hat. Hieraus läßt sich aber kein starrer, in jedem Gesetzgebungsverfahren gleichermaßen von Verfassungs wegen zu beachtender, etwa enumerativ darstellbarer Katalog von zu prüfenden Umständen ableiten. Vielmehr besteht die Aufgabe des Gesetzgebers darin, sich anhand der von Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG vorgegebenen Prüfkriterien aus einer Vielzahl von einzelnen Faktoren ein Gesamturteil über die für politische Verfolgung bedeutsamen Verhältnisse in dem jeweiligen Staat zu bilden. Als Leitlinie können dabei auch die Schlußfolgerungen der für die Einwanderungsfragen zuständigen Minister der EG- Mitgliedstaaten betreffend Länder, in denen im allgemeinen keine ernstliche Verfolgungsgefahr besteht, vom 30. November/1. Dezember 1992 (abgedruckt in ZDWF-Schriftenreihe Nr. 53 "Art. 16a GG und seine Folgen", Februar 1993, S. 154 f.) zugrunde gelegt werden (vgl. auch die Begründung zu § 29a Abs. 2 AsylVfG, BTDrucks 12/4450, S. 21 f.). Bei dem abschließenden Urteil kann zur Abrundung und Kontrolle des gefundenen Ergebnisses auch die Quote der Anerkennung von Asylbewerbern aus dem jeweiligen Land die Rolle eines Indizes spielen. Dabei sind die Entscheidungspraxis des Bundesamtes wie die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu berücksichtigen; ferner kann ein Vergleich mit den Anerkennungsquoten anderer europäischer Staaten hilfreich sein. Eine eigenständige Prüfung der Verhältnisse in dem betreffenden Staat anhand der von der Verfassung vorgegebenen Prüfkriterien wird dadurch freilich nicht ersetzt.
| 79 |
a) Die Rechtslage in dem betreffenden Staat ist insoweit in den Blick zu nehmen, als sie für die Beurteilung der Sicherheit vor politischer Verfolgung und unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung bedeutsam ist. Dabei ist zu bedenken, daß grundsätzlich jeder Lebensbereich zum Anknüpfungspunkt staatlicher Maßnahmen werden kann, die den Charakter politischer Verfolgung oder sonstiger menschenrechtswidriger Eingriffe annehmen können. Anhaltspunkte bieten in diesem Zusammenhang die Definition des Flüchtlingsbegriffs in Art. 1 A 2. GFK sowie die internationalen Übereinkommen, die zum Schutz der Menschenrechte abgeschlossen wurden (z.B. Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl. 1973 II S. 1534; Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984, BGBl. 1990 II S. 247; EMRK). Wesentlich für das Prüfkriterium der Rechtslage ist, ob der betreffende Staat von ihm eingegangene internationale Verpflichtungen innerstaatlich als geltendes Recht betrachtet.
| 80 |
b) Indem Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG weiterhin auf die Rechtsanwendung abstellt, trägt der Verfassungsgesetzgeber dem Umstand Rechnung, daß die praktische Wirksamkeit geschriebener Normen nicht immer schon mit ihrem Erlaß gewährleistet ist. Für Sicherheit vor politischer Verfolgung und menschenrechtswidriger Behandlung ist letztlich die Rechtspraxis in dem jeweiligen Staat entscheidend (vgl. dazu für die Prüfung des einzelnen Asylgesuchs BVerfGE 76, 143 [161]). Mit welcher Intensität neben der Rechtslage auch die konkrete Rechtsanwendung in die Prüfung einbezogen werden muß, läßt sich freilich nicht abstrakt und generell bestimmen. Hierbei wird eine Rolle spielen, zu welchen Ergebnissen eine Prüfung anhand der beiden anderen von der Verfassung genannten Kriterien (Rechtslage; allgemeine politische Verhältnisse) führt. Je mehr etwa rechtsstaatliche Grundsätze, die Bindung der Exekutive an die Gesetze sowie eine unabhängige Justiz im jeweiligen Staat verankert sind, desto eher kann davon ausgegangen werden, daß Rechtslage und Rechtsanwendung sich im wesentlichen decken. Als Indiz dafür, daß ein Staat die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG bezeichneten Standards in der täglichen Praxis achtet, kann auch seine Bereitschaft gelten, unabhängigen internationalen Organisationen zur Überwachung der Menschenrechtslage Zutritt zu seinem Hoheitsgebiet zu gewähren.
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c) Die allgemeinen politischen Verhältnisse als weiteres Prüfkriterium zielen auf die Rahmenbedingungen, die Sicherheit vor politischer Verfolgung und sonstiger menschenrechtswidriger Behandlung in dem betreffenden Staat gewährleisten sollen. In diesem Zusammenhang sind von Bedeutung: demokratische Strukturen, Mehrparteiensystem, freie Betätigungsmöglichkeit für eine Opposition, Religionsfreiheit, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit und eine freie Presse, Unabhängigkeit der Gerichte. Dabei kommt es nicht in erster Linie auf bestimmte - etwa deutschen Maßstäben entsprechende - Strukturen an; im Hinblick auf die Funktion der Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat im Rahmen des Asylrechts sind vielmehr Rechtsstaatlichkeit im allgemeinen und Freiheitlichkeit für den einzelnen die entscheidenden Prüfsteine.
| 82 |
d) Mit der Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat wird die Bewertung der dortigen Situation und die darauf aufbauende Vermutung, daß ein Ausländer aus diesem Staat nicht verfolgt wird (Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG), für eine unbestimmte Zahl einzelner Asylbewerber festgeschrieben. Dies ist nur dann sachgerecht, wenn eine gewisse Stabilität der allgemeinen politischen Verhältnisse eine hinreichende Kontinuität auch für Rechtslage und Rechtsanwendung in dem betreffenden Staat gewährleistet erscheinen läßt. Das gilt unabhängig davon, daß es der Gesetzgeber - wie in § 29a Abs. 3 AsylVfG geschehen - ermöglicht, bei unerwarteten Änderungen der für die Beurteilung nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG maßgeblichen Verhältnisse schnell zu reagieren.
| 83 |
3. Das Grundgesetz trifft in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG - abgesehen von der Anordnung, daß das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates bedarf - keine Regelung für das vom Gesetzgeber zu beobachtende Verfahren. Die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat erfordert die Beurteilung der Verhältnisse in einem anderen Staat und - dem vorausgehend - die Erhebung der für die gesetzgeberische Feststellung notwendigen tatsächlichen Grundlagen. Hierfür ist dem Gesetzgeber nicht von Verfassungs wegen eine bestimmte Art des Vorgehens, etwa die Einholung bestimmter Auskünfte oder die Ermittlung genau bezeichneter Tatsachen, vorgeschrieben. Aus dem Schutzziel des Asylgrundrechts in Art. 16a Abs. 1 GG einerseits sowie aus der Funktion der Herkunftsstaatenregelung in Art. 16a Abs. 3 GG andererseits ergeben sich freilich verfassungsrechtliche Anforderungen, denen das Gesetz genügen muß. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Regelung über sichere Herkunftsstaaten die Möglichkeiten, das Asylgrundrecht im Einzelfall geltend zu machen, zwar deutlich einschränkt, dem einzelnen Asylbewerber aber ein Verfahren offenhält, die gegen sein Begehren sprechende Vermutung auszuräumen.
| 84 |
a) Das Gesetz, mit dem ein Staat zum sicheren Herkunftsstaat bestimmt wird, ist ein grundrechtsausfüllendes Gesetz. Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG ermächtigt den Gesetzgeber zu einer Modifizierung des Asylverfahrens: Zur Entlastung und Beschleunigung der Einzelprüfung von Asylanträgen werden Teilbereiche des Verfahrens zur Feststellung des Asylgrundrechts von den bisher dafür allein zuständigen Behörden und Gerichten auf den Gesetzgeber übertragen. Dieser soll aufgrund einer Prüfung und Beurteilung der für politische Verfolgung erheblichen Verhältnisse hinsichtlich einzelner Staaten vorab und allgemein die Feststellung treffen können, daß in diesen Staaten generell weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. An diese Feststellung knüpft die Vermutung an, daß ein einzelner aus einem solchen Staat stammender Asylbewerber nicht politisch verfolgt wird. Diese Vermutung führt in der Regel - d.h. sofern sie nicht im Einzelfall ausgeräumt wird - dazu, daß der betreffende Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird und die gegen den Ausländer verfügte Aufenthaltsbeendigung sofort vollziehbar ist.
| 85 |
Die Beendigung des vorläufigen Bleiberechts - vorbehaltlich einer gegenteiligen Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts - als Folge der offensichtlichen Unbegründetheit eines Asylantrags war schon Inhalt des bisher geltenden Rechts (vgl. dazu BVerfGE 67, 43 [56 ff.]). Neu in Art. 16a Abs. 3 GG, § 29a Abs. 1 AsylVfG ist allerdings, daß aufgrund einer vom Gesetzgeber getroffenen Regelung nunmehr ein besonderes Verfahren gilt, welches regelmäßig ohne weitere Prüfung zu einer Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet führt.
| 86 |
b) Schafft der Gesetzgeber für eine solche Behandlung von Asylanträgen die Grundlage, so muß diese so beschaffen sein, daß sich die Zurückweisung von Asylanträgen als offensichtlich unbegründet einschließlich des Verlustes des vorläufigen Bleiberechts mit guten Gründen auf sie stützen kann. Das bedingt ein bestimmtes Maß an Sorgfalt bei der Erhebung und Aufbereitung von Tatsachen, die einer solchen feststellenden, verfassungsrechtlich vorgegebene Kriterien nachvollziehenden gesetzgeberischen Entscheidung notwendigerweise zugrunde zu legen sind. Dieses Maß ist je nach den konkreten Gegebenheiten in dem jeweiligen Staat unterschiedlich. Dabei kommt dem Gesetzgeber, insbesondere hinsichtlich der dafür zu beschreitenden Wege, ein Entscheidungsspielraum zu. Er wird zur Ermittlung der bedeutsamen Tatsachen die zugänglichen und als zuverlässig anzusehenden Quellen heranzuziehen und auszuwerten haben. Auf die Berichte der zuständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland und in Betracht kommender internationaler Organisationen, insbesondere UNHCR (vgl. Art. 35 GFK), wird besonderes Gewicht zu legen sein. Angesichts der Tatsache, daß die Verfassung dem Gesetzgeber die Einschätzung von Auslandssachverhalten aufgibt und § 29a Abs. 3 AsylVfG die Bundesregierung aus gegebenem Anlaß mit der kurzfristigen Korrektur der vom Gesetzgeber getroffenen Entscheidung beauftragt, fällt gerade den Auslandsvertretungen eine Verantwortung zu, die sie zu besonderer Sorgfalt bei der Abfassung ihrer einschlägigen Berichte verpflichtet, da diese sowohl für den Gesetzgeber wie für die Exekutive eine wesentliche Entscheidungsgrundlage bilden.
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Aus den herangezogenen Quellen und Erkenntnismitteln muß insgesamt ein hinreichend sicheres Bild über die Verhältnisse in dem betreffenden Staat entstehen, soweit diese für die Frage erheblich sind, ob dort politische Verfolgung oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet oder nicht.
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Beurteilt der Gesetzgeber, ob nach den ermittelten tatsächlichen Verhältnissen in einem Staat gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet, und trifft er eine Prognose über die weitere Entwicklung in dem Staat innerhalb eines überschaubaren Zeitraums, so hat er einen Einschätzungs- und Wertungsspielraum. Dieser Einschätzungs- und Wertungsspielraum gilt auch für die Frage, welche der erhobenen Tatsachen mit welchem Gewicht für die zu treffende Entscheidung von Bedeutung sind, vor allem aber auch für die Bedeutung, welche die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG genannten Kriterien in ihrem Verhältnis zueinander für die anstehende Qualifizierung eines bestimmten Staates als sicherer Herkunftsstaat haben, und schließlich für die Heranziehung etwaiger sonstiger Umstände, welche die Verfassung nicht ausschließt. Das Gesamturteil des Gesetzgebers beruht nach alledem auf einer ihm von der Verfassung aufgegebenen, sich in mehreren Schritten vollziehenden Beurteilung komplexer, zudem im Ausland angesiedelter Sachverhalte.
| 89 |
c) Die verfassungsgerichtliche Prüfung, ob die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat den Anforderungen des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG entspricht, hat diesen dem Gesetzgeber zustehenden Entscheidungs- und Wertungsspielraum zu achten. Er ergibt sich bereits aus der Formulierung der Verfassung ("... gewährleistet erscheint ...") selbst, indem diese auf die Beurteilung durch den Gesetzgeber abstellt, im übrigen aber auch aus der in Art. 16a Abs. 3 GG vorgesehenen Aufgabenverteilung; danach ist die abstrakt-generelle Prüfung und Bewertung der Verhältnisse im jeweiligen Staat dem Gesetzgeber als eigenständige Aufgabe anvertraut.
| 90 |
Die verfassungsgerichtliche Nachprüfung erstreckt sich demnach auf die Vertretbarkeit der vom Gesetzgeber getroffenen Entscheidung, stößt jedoch im Blick auf die Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs und die Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, auf erhebliche Schwierigkeiten. Diese führen dazu, daß das Bundesverfassungsgericht die Unvertretbarkeit der Entscheidung des Gesetzgebers, einen Staat zum sicheren Herkunftsstaat zu bestimmen, und damit die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG nur feststellen kann, wenn eine Gesamtwürdigung ergibt, daß der Gesetzgeber sich bei seiner Entscheidung nicht von guten Gründen hat leiten lassen.
| 91 |
III. | |
Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG regelt - in Verbindung mit den weiteren, das Verfahren betreffenden Regelungen in Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG - die Folgewirkungen, die sich aus der gemäß Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG in Gesetzesform getroffenen Feststellung für das Asylverfahren des aus einem sicheren Herkunftsstaat stammenden Antragstellers ergeben. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
| 92 |
1. Die in Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG aufgestellte Vermutung knüpft unmittelbar an die gesetzliche Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat an; ihr Inhalt geht dahin, daß der aus einem sicheren Herkunftsstaat stammende Ausländer "nicht verfolgt wird". Damit wird der dem Asylverfahren des einzelnen Antragstellers zugrunde liegende Prüfungsgegenstand bezeichnet (vgl. die Definition des Asylantrags in § 13 Abs. 1 AsylVfG). Der verfassungsändernde Gesetzgeber knüpft insoweit an den Begriff der "politischen Verfolgung" in Art. 16a Abs. 1 GG an. In Art. 16a Abs. 3 Satz 2, 1. Halbsatz GG ist daher bei dem Wort "verfolgt" das Adverb "politisch" hinzuzulesen.
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a) Dem Inhalt der Vermutung liegt - zieht man den Regelungszusammenhang und die Funktion in Betracht - ein Begriff von politischer Verfolgung zugrunde, der auch die sogenannten selbstgeschaffenen Nachfluchtgründe umfaßt. Bei diesen kommt die Zuerkennung einer Asylberechtigung nur dann in Betracht, wenn sie sich als Ausdruck und Fortführung einer schon während des Aufenthalts im Heimatstaat vorhandenen und erkennbar betätigten festen Überzeugung darstellen, mithin als notwendige Konsequenz einer andauernden, die eigene Identität prägenden und nach außen kundgegebenen Lebenshaltung erscheinen (vgl. BVerfGE 74, 51 [65 f.]). Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, verbleibt allenfalls die Möglichkeit, ein Abschiebungshindernis nach § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen. Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG will indessen für die Reichweite der Vermutung nicht nach dem möglichen späteren Status des Antragstellers unterscheiden. Die Regelung umfaßt auch solche Fälle, die zwar nicht zum Status der Asylberechtigung, wohl aber zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 51 Abs. 1 AuslG führen. Müßte für die Feststellung solcher Abschiebungshindernisse ein gesondertes Verfahren durchgeführt werden, in dem die an die Bestimmung zum sicheren Herkunftsstaat anknüpfende Vermutung nicht eingriffe, würde dies die vom verfassungsändernden Gesetzgeber mit der Herkunftsstaatenregelung angestrebte Vereinfachung und Beschleunigung in vielen Fällen verhindern.
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b) Inhalt der in Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG aufgestellten Vermutung ist hingegen nicht, daß einem Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat dort keine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung droht. Dies ergibt sich eindeutig bereits aus dem Wortlaut: Es wird - allein - vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht (politisch) verfolgt wird. Das entspricht im übrigen auch der Funktion der Vermutung im einzelnen Asylverfahren, das der Prüfung dient, ob dem jeweiligen Antragsteller Schutz vor politischer Verfolgung zu gewähren ist. Die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG geforderte Gewährleistung von Sicherheit auch vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung soll - wie oben dargelegt - im Rahmen der abstrakt-generellen Prüfung durch den Gesetzgeber staatliches Handeln auch in Übergangsbereichen zwischen politischer Verfolgung und sonstiger menschenrechtswidriger Behandlung erfassen. Die Verpflichtung, bei der Entscheidung über den Asylantrag das Vorliegen von sonstigen Abschiebungshindernissen zu prüfen (vgl. § 31 Abs. 3 AsylVfG i.V.m. § 53 AuslG; siehe dazu auch unten 2. c), bleibt mithin von der in Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG vorgesehenen Vermutung unberührt.
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2. Die soeben näher umschriebene Vermutung steht gemäß Art. 16a Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz GG unter dem Vorbehalt, daß der Asylbewerber "Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird". Gelingt dem Antragsteller ein solcher Vortrag, greift in seinem Einzelfall die Vermutung des Art. 16a Abs. 3 Satz 2, 1. Halbsatz GG nicht; über seinen Asylantrag ist nach den allgemeinen Vorschriften zu befinden. Gelingt ihm dies nicht, verbleibt es bei der verfahrensrechtlichen Folgerung gemäß Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG in Verbindung mit § 29a Abs. 1 AsylVfG; der Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen.
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a) Zur Ausräumung der Vermutung ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Antragstellers gründet. Dabei kann er freilich seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat.
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Die Vermutung ist erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muß vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, daß in dem jeweiligen Staat im allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft sein. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können.
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Diesen Voraussetzungen wird ein Antragsteller um so schwerer genügen können, je mehr er seine individuelle Verfolgungsfurcht auf allgemeine Verhältnisse gründet, die schon der gesetzlichen Kennzeichnung des Staates als sicherer Herkunftsstaat oder der Aufrechterhaltung dieser Qualifizierung entgegenstehen.
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b) Da Inhalt und Reichweite der Vermutung dahin gehen, daß dem Antragsteller in dem gesetzlich als sicher eingestuften Herkunftsstaat keine politische Verfolgung droht, kann sie nur durch einen Vortrag zu individuell drohender politischer Verfolgung ausgeräumt werden. Politische Verfolgung kann - wie dargelegt (vgl. oben C. III. 1. a) - auch dann vorliegen, wenn selbst geschaffene Nachfluchtgründe zwar nicht ein Asylrecht, wohl aber ein Abschiebungshindernis gemäß § 51 AuslG begründen. Die Berufung auf eine drohende - nicht politisch motivierte - unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung kann hingegen diese Vermutung fehlender politischer Verfolgung nicht ausräumen; in Einzelfällen kann sie allenfalls im Zusammenhang mit weiterem erheblichem Vortrag unterstützend als Indiz dafür herangezogen werden, daß dem Antragsteller auch politische Verfolgung droht.
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c) Das Fehlen anderer Abschiebungshindernisse wird von der Vermutung des Art. 16a Abs. 3 GG nicht erfaßt (vgl. oben C. III. 1. b). Solche Abschiebungshindernisse, wie sie etwa in § 53 AuslG im einzelnen aufgeführt sind, sind daher unabhängig von der Frage einer Ausräumung der Vermutung zu prüfen (vgl. § 31 Abs. 3 AsylVfG). Dabei kann allerdings die der Bestimmung zum sicheren Herkunftsstaat zugrundeliegende generelle Beurteilung der Sicherheit vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung im Einzelfall eine Rolle spielen.
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IV. | |
Die vom verfassungsändernden Gesetzgeber in Art. 16a Abs. 3 GG getroffene Regelung ist mit Art. 79 Abs. 3 GG vereinbar (vgl. das Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 2 BvR 1938/93 und 2315/93).
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V. | |
1. Die Bestimmung Ghanas zum sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG durch Anlage II zu § 29a AsylVfG ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
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a) Der Gesetzgeber hat bei Erhebung und Aufbereitung der für seine Bestimmung maßgeblichen, die Verhältnisse in Ghana betreffenden Tatsachen den ihm zustehenden Entscheidungs- und Wertungsspielraum eingehalten.
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Dem Gesetzentwurf zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes (BTDrucks 12/4450) lag für Ghana ein Prüfbericht vom 5. Januar 1993 zugrunde. Dieser Bericht sowie die ergänzende Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern zu Ghana vom 27. April 1993 waren Grundlagen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens (vgl. im einzelnen oben A. I. 2.).
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Damit ist der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht geworden. Die verfassungsgerichtliche Nachprüfung ergibt keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, daß die herangezogenen Quellen und Erkenntnismittel nicht geeignet oder nicht ausreichend gewesen wären, ein hinlänglich zuverlässiges Bild über die Verhältnisse in Ghana zu vermitteln. Die Stellungnahmen der Vertreter des UNHCR und von amnesty international in der mündlichen Verhandlung haben keine Hinweise auf weitere Erkenntnisse ergeben, deren Berücksichtigung sich dem Gesetzgeber seinerzeit hätte nahelegen müssen.
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b) Auch die Beurteilung der ermittelten tatsächlichen Verhältnisse mit dem Ergebnis, daß Ghana nach dem Erkenntnisstand des Jahres 1993 zum sicheren Herkunftsstaat bestimmt wurde, erweist sich als verfassungsrechtlich tragfähig; sie kann sich auf gute Gründe stützen. Bei den verschiedenen Faktoren, die er seiner Prüfung zugrunde gelegt hat, hat der Gesetzgeber sich an den in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG genannten Prüfkriterien orientiert. Er hat überdies die Schlußfolgerungen der für Einwanderungsfragen zuständigen Minister der EG-Mitgliedstaaten vom 30. November/1. Dezember 1992 betreffend Länder, in denen im allgemeinen keine ernstliche Verfolgungsgefahr besteht, berücksichtigt (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 29a AsylVfG, BTDrucks 12/4450, S. 22). Die Bewertung der ermittelten Erkenntnisse zu Ghana anhand dieser Kriterien sowie die hieran anknüpfende Prognose über die weitere Entwicklung in diesem Land halten sich innerhalb des dem Gesetzgeber insoweit eingeräumten Einschätzungs- und Wertungsspielraums.
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aa) Der Gesetzgeber durfte als gewährleistet ansehen, daß in Ghana keine politische Verfolgung stattfindet.
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(1) Für die Beurteilung der allgemeinen politischen Lage in Ghana hat er maßgeblich auf den zur Jahreswende 1992/1993 - wenn auch unter Wahrung weitgehender personeller Identität - vollzogenen Wechsel von der Militärdiktatur hin zu einer demokratisch legitimierten Zivilregierung abgestellt. Bedeutsam hierfür waren nach seiner Auffassung die im November und Dezember 1992 abgehaltenen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen, die von ausländischen Beobachtern als frei und fair angesehen wurden, sowie die am 7. Januar 1993 in Kraft getretene neue Verfassung (mit einigen für die Dauer von sechs Monaten geltenden Übergangsbestimmungen). Im Prüfbericht zu Ghana vom 5. Januar 1993 wird darüber hinaus hervorgehoben, daß eine Reihe von Gesetzen, die eine Inhaftierung von unbestimmter Dauer ohne konkrete rechtliche Grundlage erlaubten, inzwischen aufgehoben worden seien. Andere Gesetze, welche die Pressefreiheit eingeschränkt oder eine Registrierungspflicht für Religionsgemeinschaften vorgesehen hätten, seien durch die neue Verfassung und die dort aufgeführten freiheitlichen Garantien außer Kraft getreten.
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(2) Der Gesetzgeber ist auf der Grundlage des erwähnten Prüfberichts weiter davon ausgegangen, daß in Ghana keine politische Verfolgung von Oppositionellen stattfindet. Lediglich bei subversivem Vorgehen (Staatsstreich, Putschversuche oder Umsturzaktionen) sei mit staatlichem Eingreifen zu rechnen. Anhaltspunkte dafür, daß bereits die entsprechenden Staatsschutzbestimmungen selbst außerhalb des rechtsstaatlichen Rahmens liegen, bestehen nicht. Es mußte sich dem Gesetzgeber aufgrund des vorliegenden Erkenntnismaterials auch nicht aufdrängen, aus der konkreten Anwendung von Staatsschutzbestimmungen erwachse in einem beachtlichen Maße die Gefahr politischer Verfolgung. Die Angaben der Vertreterin von amnesty international in der mündlichen Verhandlung für den Zeitraum seit 1993 stehen dem nicht entgegen, zumal die in diesem Zusammenhang erwähnten Einzelfälle in ihrem Ausgang noch offen sind. Soweit die Beschwerdeführer eine Liste mit insgesamt 64 Fällen aus der Zeit von Mai 1991 bis Februar 1993 vorgelegt haben, in denen die Teilnahme an regierungsfeindlichen Kundgebungen politisch motivierte Verfolgungs- und Unterdrückungsmaßnahmen zur Folge gehabt habe, läßt sich dies schon deshalb nicht zuverlässig nachprüfen, weil die Fälle entweder ohne jegliche Schilderung der näheren Umstände oder lediglich unter Nennung von Namen angeblich Betroffener aufgezählt werden. Im übrigen gewährleistet nun die neue Verfassung Ghanas Demonstrationsfreiheit ohne den Vorbehalt einer behördlichen Erlaubnis.
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(3) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich, daß der Gesetzgeber vom Bestehen einer unabhängigen Gerichtsbarkeit in Ghana ausgegangen ist. Zwar handelte es sich bei den Anfang der achtziger Jahre von der damaligen Militärregierung neben den ordentlichen Gerichten eingeführten "Public Tribunals" um eine Sondergerichtsbarkeit insbesondere zur Aburteilung sogenannter "politischer" Straftaten; diese Sondergerichte konnten nicht als unabhängige Justizorgane angesehen werden. Mit Inkrafttreten der neuen Verfassung und dem ebenfalls 1993 eingeführten neuen Gerichtsgesetz (Courts Act) sind die "Public Tribunals" aber als Sondergerichtsbarkeit abgeschafft und in die ordentliche Gerichtsbarkeit eingegliedert worden. Das Verfahren zur Auswahl der Berufsrichter sichert deren Unabhängigkeit; Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen sind nunmehr gewährleistet.
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(4) Für die Richtigkeit seiner Beurteilung über die Sicherheit vor politischer Verfolgung in Ghana verweist der ergänzende Prüfbericht vom 27. April 1993 auf die äußerst geringe Anerkennungsquote von lediglich 0,32 v.H. im Jahre 1992 bei Asylantragstellern aus Ghana. Nach den Angaben des Vertreters von UNHCR in der mündlichen Verhandlung betrug die Quote auch in den Jahren 1990 und 1991 weniger als 1 v.H. und lag damit im Rahmen vergleichbarer europäischer Durchschnittswerte.
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(5) Die Darstellung des Vertreters von UNHCR über die weitere Entwicklung seit 1993 in der mündlichen Verhandlung bestätigt die verfassungsrechtliche Tragfähigkeit der Bestimmung des Gesetzgebers. Danach haben sich seit dem Inkrafttreten der neuen Verfassung keine Anhaltspunkte für eine Praxis systematischer Verfolgung bestimmter Personengruppen ergeben; auch liegen keine Informationen über weitverbreitete und massive Menschenrechtsverletzungen vor. Die Angaben der Vertreterin von amnesty international in der mündlichen Verhandlung stehen dem nicht entgegen. Dem Gesetzgeber steht auch bei der Prognose über die weitere Entwicklung in einem Staat ein Einschätzungsspielraum zu; dies gilt nicht zuletzt im Hinblick auf gewisse Unsicherheiten, die innenpolitischen Umbruchsituationen wie derjenigen in Ghana beim Übergang von einer Militär- zu einer demokratisch legitimierten Zivilregierung notwendigerweise innewohnen. Der Gesetzgeber war nicht von Verfassungs wegen gehalten, die Bestimmung Ghanas zum sicheren Herkunftsstaat wegen solcher Unsicherheiten durch weitere Aufklärung zusätzlich abzusichern oder zunächst aufzuschieben. Freilich erfordert eine derartige innenpolitische Situation eine besonders sorgfältige Beobachtung - was übrigens auch der Prüfbericht vom 5. Januar 1993 ausdrücklich anmahnt - und gegebenenfalls ein rasches Handeln nach Maßgabe des § 29a Abs. 3 AsylVfG.
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bb) Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet ferner die Einschätzung des Gesetzgebers, es erscheine gewährleistet, daß in Ghana auch keine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet.
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Zwar hat Ghana das UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vom 10. Dezember 1984 nach wie vor nicht unterzeichnet. Aus den im Gesetzgebungsverfahren herangezogenen Erkenntnismitteln durfte der Gesetzgeber jedoch den Schluß ziehen, Anhaltspunkte für die Anwendung von Folter in Ghana seien nicht bekannt. Die Angaben des Vertreters von UNHCR in der mündlichen Verhandlung über die weitere Entwicklung in Ghana seit 1993 haben dies bestätigt.
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Die Tatsache, daß Ghana die Todesstrafe kennt, steht seiner Bestimmung zum sicheren Herkunftsstaat nicht entgegen. Mit dem Inkrafttreten der neuen Verfassung ist die Todesstrafe nur noch für bestimmte Taten mit schwerstem Unrechtsgehalt, wie z.B. Mord, Raub mit Todesfolge, Hochverrat oder gewaltsamen Umsturz vorgesehen. Die Gefahr, daß die Todesstrafe auch für andere Delikte verhängt und vollstreckt wird, für die sie das Gesetz nicht vorsieht, erscheint nach Inkrafttreten der neuen Verfassung und der damit verbundenen Abschaffung der Sondergerichtsbarkeit (Public Tribunals) ausgeräumt; insbesondere sind das Public Tribunals Law (PNDC Gesetz 78) aus dem Jahre 1984 und damit auch dessen Art. 16, der eine solche Praxis ermöglichte, ersatzlos entfallen. Überdies ist nach Art. 19 der neuen Verfassung Ghanas die Verhängung der Todesstrafe dadurch erschwert, daß - im Gegensatz zum Mehrheitsprinzip bei sonstigen Verurteilungen - Einstimmigkeit im Spruchkörper erforderlich ist. Nach dem Kenntnisstand im Gesetzgebungsverfahren lagen die letzten Vollstreckungen von Todesurteilen bereits drei Jahre zurück (1990 insgesamt 9 Vollstreckungen). Die neuerlichen und seither - soweit ersichtlich - letzten Vollstreckungen im Juli 1993 konnten dem Gesetzgeber bei seiner Beurteilung noch nicht bekannt sein; im übrigen lagen ihnen Verurteilungen wegen schwerster Kriminalität zugrunde. Hiernach konnte der Gesetzgeber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auch der generellen Entwicklung von Rechtslage, Rechtsanwendung und allgemeinen politischen Verhältnissen in Ghana seit Anfang 1993 von einer Sicherheit auch vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung in Ghana ausgehen.
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2. Auch die angegriffenen, auf § 29a Abs. 1 AsylVfG beruhenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts begegnen - jedenfalls im Ergebnis - keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
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a) § 29a Abs. 1 AsylVfG hält sich im Rahmen von Art. 16a Abs. 3 und 4 GG. Nach jener Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem sicheren Herkunftsstaat als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, daß ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
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Soweit § 29a Abs. 1 AsylVfG abweichend vom Wortlaut des Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG für die Ausräumung der Vermutung die Angabe von "Tatsachen oder Beweismitteln" verlangt, werden damit keine weitergehenden Anforderungen aufgestellt. Insbesondere fordert die Vorschrift nicht, der Antragsteller müsse beweisen, daß ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat dort politische Verfolgung droht. Hiergegen spricht schon der Wortlaut von § 29a Abs. 1 AsylVfG selbst, wonach der Antragsteller zur Entkräftung der Vermutung Tatsachen oder Beweismittel angeben kann. Zur erforderlichen Substantiierung des Vorbringens, das die Vermutung ausräumen soll, kann im Einzelfall freilich die Vorlage oder Benennung von Beweismitteln beitragen.
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Auch soweit § 29a Abs. 1 AsylVfG im übrigen in seinem Wortlaut von Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG abweicht, handelt es sich lediglich um redaktionelle Unterschiede. Mit der zur Ausräumung der Vermutung erforderlichen Annahme, daß "dem Ausländer abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht", beschreibt § 29a Abs. 1 AsylVfG die in der Verfassung niedergelegten Anforderungen lediglich sprachlich verkürzt, aber inhaltlich übereinstimmend: Die an die Herkunft aus einem Staat im Sinne von Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG geknüpfte Vermutung, der Ausländer werde nicht (politisch) verfolgt, kann nur durch ein Vorbringen ausgeräumt werden, das die Annahme begründet, er werde entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt. Bei diesem Verständnis kann der einfachrechtlichen Formulierung "... abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland ..." auch nicht entnommen werden, § 29a Abs. 1 AsylVfG verlange für die Ausräumung der Vermutung ein Vorbringen, das die gesetzliche Qualifizierung des Herkunftsstaates nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG in Zweifel ziehe. Insofern gelten vielmehr die bereits dargelegten Grundsätze (vgl. oben III. 2. b).
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b) Das Verwaltungsgericht hat die vom Bundesamt vertretene Auffassung bestätigt, die Beschwerdeführer hätten mit ihrem Vorbringen die Vermutung, ihnen drohe in Ghana keine politische Verfolgung, nicht ausgeräumt. Einer gesonderten Begründung dafür, daß die Asylanträge als "offensichtlich unbegründet" abzulehnen waren, bedurfte es danach nicht; die qualifizierte Ablehnung ist gemäß § 29a Abs. 1 AsylVfG für diesen Fall zwingend vorgeschrieben. In den im wesentlichen gleichlautenden Begründungen der angegriffenen Beschlüsse hat das Verwaltungsgericht dennoch zunächst auf die allgemeine politische Situation in Ghana abgehoben, wie sie sich aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 1. April 1993 ergab; sodann hat es das Vorbringen der Beschwerdeführer knapp zusammengefaßt, um ohne weitere Erläuterung festzustellen, damit werde eine Annahme, daß den Beschwerdeführern abweichend von der allgemeinen Lage in ihrem Herkunftsland politische Verfolgung drohe, nicht begründet.
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Die an der entscheidenden Stelle äußerst knappe Begründung läßt sich verschieden deuten. Ihr könnte die Auffassung des Verwaltungsgerichts entnommen werden, schon die Bestimmung Ghanas zum sicheren Herkunftsstaat erübrige eine Prüfung, ob den Beschwerdeführern politische Verfolgung drohe. Eine solche Argumentation könnte, weil mit ihr die in Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG niedergelegten Anforderungen an das Ausräumen der Vermutung verkannt würden, verfassungsrechtlich keinen Bestand haben (vgl. BVerfGE 89, 101 [104]). Sie liefe letztlich auf die Annahme hinaus, der Darlegung der Beschwerdeführer, sie hätten ein individuelles besonderes Verfolgungsschicksal erlitten, stehe bereits die Einschätzung des Gesetzgebers entgegen, daß in ihrem Heimatstaat keine politische Verfolgung stattfinde. Damit wäre den Beschwerdeführern aber von vornherein jede Möglichkeit genommen, die an ihre Herkunft aus Ghana anknüpfende Vermutung der Verfolgungsfreiheit auszuräumen.
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Die Begründung der angegriffenen Beschlüsse läßt aber auch eine andere Deutung zu. Diese erschließt sich freilich erst aus den im Verlauf des Verfassungsbeschwerde-Verfahrens beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens. Die Beschwerdeführer haben bei ihren Anhörungen durch Grenzschutzamt und Bundesamt angegeben, in Ghana an Demonstrationen teilgenommen zu haben, in deren Verlauf es zu Gewalttätigkeiten und Sachbeschädigungen gekommen sei. So hat die Beschwerdeführerin zu 1. bei ihrer Befragung durch das Bundesamt berichtet, sie hätten die Marktstände solcher Verkäuferinnen, die sich nicht an dem Streik hätten beteiligen wollen, umgestoßen. Ihre Festnahme sei erfolgt, weil man sie für die Sachbeschädigungen habe verantwortlich machen wollen. Der Beschwerdeführer zu 2. berichtete beim Bundesamt, während der Kundgebung vor den Häusern von NDC-Mitgliedern sei es zu handgreiflichen Auseinandersetzungen und zu Sachbeschädigungen gekommen, wobei ein Teil eines Hauses in Brand gesetzt und Fensterscheiben und Kühlschränke zerstört worden seien. Das Bundesamt hat in seinen Bescheiden angenommen, daß die Beschwerdeführer allenfalls eine Verfolgung wegen Straftaten, nicht aber wegen der Teilnahme an einer Demonstration zu erwarten hätten. Das Verwaltungsgericht verhält sich zu dieser in den Bescheiden des Bundesamtes gegebenen Begründung nicht ausdrücklich. Es liegt aber nahe, daß dieser sich aus den Akten ergebende Sachverhalt im fachgerichtlichen Eilverfahren zugrunde gelegt worden ist. Das Verwaltungsgericht hat bereits die schlüssige Darlegung eines individuellen Verfolgungsschicksals durch die Beschwerdeführer verneinen wollen, indem es ihr Vorbringen knapp zusammenfaßt und sodann seine Schlußfolgerung anfügt, damit werde nicht ausreichend begründet, daß den Beschwerdeführern abweichend von der allgemeinen Lage in ihrem Herkunftsland politische Verfolgung drohe. Von dieser Deutung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung geht der Senat aus. Er überprüft, ob diese Begründung für die Ablehnung verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes verfassungsrechtlich zutreffend ist.
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Dies ist der Fall: Das Gericht geht ohne Verkennung der asylrechtlichen Gewährleistung davon aus, daß das Vorbringen der Beschwerdeführer vor dem dargestellten tatsächlichen Hintergrund nicht einmal die Möglichkeit erkennen läßt, daß ihnen in Ghana politische Verfolgung droht. Eine solche liegt grundsätzlich dann nicht vor, wenn der Staat Straftaten - seien sie auch politisch motiviert - verfolgt, die sich gegen Rechtsgüter seiner Bürger richten: Die Verfolgung kriminellen Unrechts in diesem Sinne ist keine politische Verfolgung. Anhaltspunkte dafür, daß eine etwaige Strafverfolgung wegen der Teilnahme an Demonstrationen die Beschwerdeführer neben der Ahndung kriminellen Unrechts - trotz der von der Verfassung Ghanas garantierten Demonstrationsfreiheit - auch wegen eines asylerheblichen Merkmals treffen sollte (vgl. BVerfGE 80, 315 [337 f.]), hat das Verwaltungsgericht zu Recht nicht gesehen.
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D. | |
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 3 BVerfGG. Zwar ist den Anträgen auf Erlaß einstweiliger Anordnungen mit dem Beschluß des Senats vom 22. Juli 1993 nach § 32 Abs. 6 Satz 1 BVerfGG a.F. nur vorläufig stattgegeben worden; einer Bestätigung der einstweiligen Anordnungen durch den Senat gemäß § 32 Abs. 6 Satz 3 BVerfGG a.F. zur Verhinderung einer den Beschwerdeführern drohenden Abschiebung bedurfte es nicht. Es entspricht jedoch der Billigkeit, die Auslagenerstattung für diese Verfahren in voller Höhe anzuordnen, da das Verhalten der Ausländerbehörde - Aussetzung der Vollziehung bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden - maßgeblich auf den rechtlichen Erwägungen im Beschluß vom 22. Juli 1993 beruht.
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E. | |
Die Entscheidung ist zu C. II. 3. b) und c) sowie C. V. 1. (Verfassungsmäßigkeit der Aufnahme Ghanas in die Anlage II zu § 29a AsylVfG) mit fünf gegen drei Stimmen, zu C. V. 2. b) (Vereinbarkeit der angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Beschlüsse mit Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG) mit sieben Stimmen gegen eine Stimme, im übrigen einstimmig ergangen.
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Limbach, Böckenförde, Klein, Graßhof, Kruis, Kirchhof, Winter, Sommer |
Abweichende Meinung der Richterin Limbach zum Urteil des Zweiten Senats vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1507 und 1508/93 - | |
Ich bin der Meinung, daß der Gesetzgeber bei der Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat keinen Einschätzungs- und Wertungsspielraum in der Frage beanspruchen kann, welche Erkenntnisse er seiner Entscheidung zugrunde legt und welche Bedeutung er ihnen in ihrem Verhältnis zueinander beimißt. Der Gesetzgeber hat vielmehr alle erreichbaren und erheblichen Tatsachen sorgfältig zu ermitteln und im Lichte des Art. 16a Abs. 1 GG nachvollziehbar zu würdigen (1.); insoweit unterliegt die Qualifizierung eines Staates als sicherer Herkunftsstaat der verfassungsgerichtlichen Nachprüfung (2.). Die Aufnahme Ghanas in die Anlage II zu § 29a Abs. 2 AsylVfG genügt hiernach nicht den Anforderungen des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (3.).
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1. Das Grundgesetz gibt in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG die Kriterien vor, anhand derer der Gesetzgeber festzustellen hat, ob in einem Staat Sicherheit vor politischer Verfolgung und menschenunwürdiger Behandlung gewährleistet erscheint. Er hat danach seine Aufmerksamkeit sowohl auf die Rechtslage als auch auf die Rechtsanwendung und die politischen Verhältnisse zu richten. Mit dem Senat bin ich darin einig, daß das Grundgesetz kein bestimmtes Verfahren zur Feststellung des vielschichtigen Sachverhalts vorgibt. Aus der Eigenart und Tragweite der dem Gesetzgeber übertragenen Aufgabe folgt jedoch, daß er grundsätzlich alle ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen zu nutzen hat. Er muß sich ein rational nachvollziehbares, sicheres Urteil über die Verfolgungsfreiheit in dem betreffenden Staat bilden, weil diese Annahme die Möglichkeit eines von dort kommenden Flüchtlings erheblich einschränkt, das Asylgrundrecht geltend zu machen.
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Der Senat konstatiert zwar, daß das Gesetz, mit dem ein Herkunftsstaat als sicher qualifiziert wird, grundrechtsausfüllenden Charakter hat. Er vernachlässigt jedoch die Eigenart dieser subsumierenden Tätigkeit. Der Gesetzgeber hat einen von ihm zu ermittelnden Sachverhalt Tatbestandsmerkmalen eines Grundrechtsartikels zuzuordnen und zu würdigen. Die auf diese Weise vorzunehmende Qualifikation kann nur im bejahenden oder verneinenden Sinn erfolgen. Konkurrierende, mit dem Grundgesetz vereinbare Regelungsalternativen stehen nicht zur Debatte. Daher sind die vom Senat aus der allgemeinen politischen Handlungsautonomie des Gesetzgebers abgeleiteten Argumente über dessen Entscheidungs- und Wertungsspielraum nicht stichhaltig. Diese sind nur bei einer gestaltenden Tätigkeit einschlägig, bei der es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers ist, zwischen möglichen Alternativen bei der Konkretisierung eines Grundrechts zu wählen (vgl. BVerfGE 57, 250 [276]).
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Die von Art. 16a Abs. 3 GG vorgesehene Arbeitsteilung, wonach der Gesetzgeber den generellen Sachverhalt der Sicherheit des Herkunftsstaates, die Behörde und das Gericht dagegen die Tatsache einer - im Einzelfall dennoch bestehenden - individuellen Verfolgung festzustellen haben, darf nicht zu Freiräumen des Gesetzgebers bei der Diagnose der politischen Verfolgung führen. Wohl hat der verfassungsändernde Gesetzgeber das arbeitsteilige Verfahren der Tatsachenfeststellung und -würdigung in der Absicht gewählt, die Asylverfahren zu beschleunigen. Dies soll jedoch allein durch die Vorwegnahme der Antwort auf die Frage der generellen Sicherheit in bestimmten Herkunftsstaaten bewirkt werden, nicht aber auf Kosten der Sorgfalt und Verläßlichkeit der Sachverhaltsannahmen geschehen. Der Fortbestand des Individualgrundrechts auf Asyl fordert dem Gesetzgeber eine Analyse und Würdigung der Rechtslage, Rechtsanwendung und politischen Verhältnisse ab, die in ihrer Gediegenheit dafür bürgen, daß politisch Verfolgte in der Bundesrepublik nach wie vor Schutz finden können.
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Die Qualifizierung eines Staates als sicherer Herkunftsstaat beinhaltet neben der Feststellung seiner gegenwärtigen Verhältnisse die Einschätzung, daß die Abwesenheit von politischer Verfolgung auch in (naher) Zukunft gewährleistet erscheint. Eine solche Annahme wird dem Gesetzgeber mit der notwendigen Gewißheit nur möglich sein, wenn die gegenwärtige Rechtslage und Rechtsanwendung sowie die allgemeine politische Lage des betreffenden Staates als stabil bezeichnet werden können (vgl. Andreas Zimmermann, Das neue Grundrecht auf Asyl, 1994, S. 128); bei Staaten mit totalitärer Vergangenheit und sich erst anbahnender Demokratisierung setzt sie in der Regel die Beobachtung des Demokratisierungsprozesses über einen gewissen Zeitraum hinweg voraus.
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2. Im Hinblick darauf, daß die Bestimmung eines sicheren Herkunftsstaates den verfahrensbezogenen Gewährleistungsinhalt des Asylgrundrechts beschränkt, greift die vom Senat geübte eingeschränkte Vertretbarkeitskontrolle zu kurz. Bei grundrechtsbeschränkenden Gesetzen ist die Überprüfung der zugrundeliegenden Tatsachen und deren Würdigung durch den Gesetzgeber essentieller Bestandteil verfassungsgerichtlicher Kontrollkompetenz (vgl. zur Tatsachenfeststellung Ossenbühl, Die Kontrolle von Tatsachenfeststellungen und Prognoseentscheidungen durch das Bundesverfassungsgericht, in: Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts, 1976, S. 458, 469). Hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen erstreckt sich die Kontrolle grundsätzlich darauf, ob der Gesetzgeber alle für seine Entscheidung erheblichen Umstände gekannt hat; hinsichtlich der Bewertung und Gewichtung der ermittelten Tatsachen hat das Bundesverfassungsgericht zu prüfen, ob die Würdigung des Gesetzgebers dem betroffenen Grundrecht gerecht wird. Diesen Kontrollumfang reduziert der Senat ohne überzeugende Begründung.
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Die Bezugnahme des Senats auf die Rechtsprechung zur eingeschränkten Überprüfbarkeit gesetzgeberischer Prognosen vernachlässigt die - bereits erwähnte - Eigenart der dem Gesetzgeber in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG übertragenen Aufgabe. Er hat im wesentlichen eine Subsumtionsleistung zu erbringen. Diese kann nicht den Aktivitäten des Gesetzgebers im Bereich eigenständiger sozialer Gestaltung gleichgesetzt werden, auf die sich die Rechtsprechung zur eingeschränkten Prognosekontrolle bezieht. Wohl läßt das Grundgesetz dem Gesetzgeber bei der Bestimmung wirtschafts- und sozialpolitischer Ziele und der für deren Verfolgung geeigneten Maßnahmen einen Beurteilungs- und Handlungsspielraum (vgl. z.B. BVerfGE 30, 250 [263]; 39, 210 [225 f.]; 40, 196 [222 f.]). Für die Bestimmung eines Landes zum sicheren Herkunftsstaat dagegen gibt das Grundgesetz die Kriterien der Rechtslage, Rechtsanwendung und politischen Verhältnisse vor. Gewiß lassen sich diese Tatbestandsmerkmale nicht mit einer logischen Gedankenoperation konkretisieren und anwenden, sondern erfordern eine Wertung. Doch die Eigenart der geringen Präzision teilen jene Kriterien mit der Mehrzahl der im Grundgesetz gebrauchten Begriffe, ohne daß dieser Umstand für sich allein je als Argument für einen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle entzogenen Spielraum des Gesetzgebers ins Feld geführt worden wäre.
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Auch die Schwierigkeit, sich über die Rechtspraxis und Stabilität der politischen Verhältnisse in einem anderen Staat ein sicheres Urteil zu bilden, rechtfertigt die vom Senat vorgenommene Einschränkung der verfassungsgerichtlichen Kontrolle nicht. Ebensowenig wie die Ungewißheit über die Auswirkungen eines Gesetzes in einer ungewissen Zukunft für sich genommen ausreicht, um einen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle nicht zugänglichen Prognosespielraum des Gesetzgebers zu begründen (vgl. BVerfGE 50, 290 [332]), kann allein die Komplexität einer Subsumtion die verfassungsgerichtliche Prüfungsdichte herabsetzen. Sollten die Verhältnisse in einem Staat für den auswärtigen Beobachter zu vielschichtig, undurchsichtig und instabil sein, um sichere Feststellungen zu den in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG genannten Kriterien treffen zu können, muß der Gesetzgeber auf die Qualifikation eines solchen Staates als sicherer Herkunftsstaat verzichten. Nicht aber kann dieser Umstand die Zurücknahme der verfassungsgerichtlichen Kontrolle rechtfertigen.
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Vor allem steht das betroffene Rechtsgut des Art. 16a Abs. 1 GG entgegen (vgl. BVerfGE 50, 290 [333]). Bei Gesetzen, "deren primärer Regelungszweck darin besteht, Grundrechtspositionen zu definieren, zu konkretisieren ... zu beschränken oder zu organisieren", hat die Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht besonders intensiv zu sein; denn dann stehen offenkundig der Schutz und die Effektivität der Grundrechte zur Debatte (vgl. Ossenbühl, a.a.O., S. 505 f.). Das muß insbesondere für ein grundrechtsausfüllendes Gesetz gelten, durch das der Zugang zur Inanspruchnahme des Grundrechts geschmälert wird. In diesem Falle muß das Gericht überprüfen können, ob die Sachverhaltsannahmen des Gesetzgebers die Beschränkung rechtfertigen. Denn der Schutz der Grundrechte und die Kontrolle, ob gesetzliche, behördliche und gerichtliche Entscheidungen dem Maßstab der Verfassung standhalten, gehört zur ureigenen Aufgabe der deutschen Verfassungsgerichtsbarkeit.
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3. Die Aufnahme Ghanas in die Anlage II zu § 29a AsylVfG wird danach den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG nicht gerecht. Schon Art und Umfang der vom Gesetzgeber angestellten Ermittlungen genügen nicht verfassungsrechtlichen Anforderungen (a). Auch konnte sich der Gesetzgeber zum maßgeblichen Zeitpunkt - Mitte 1993 - kein sicheres Urteil darüber bilden, ob in Ghana die Abwesenheit von politischer Verfolgung gewährleistet erschien. Wie dargelegt, ist eine solche Einschätzung nur möglich, wenn sich die Verhältnisse im betreffenden Staat als so stabil darstellen, daß auch über den Zeitpunkt der gesetzgeberischen Entscheidung hinaus vom Fortbestand der Voraussetzungen des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG ausgegangen werden kann. Dies konnte der Gesetzgeber jedenfalls hinsichtlich der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Lage in Ghana nicht annehmen (b).
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a) Die Prüfberichte "Ghana" vom 5. Januar und 27. April 1993 der Projektgruppe Asylgesetz basierten zwar auf der Auswertung von Auskünften des Auswärtigen Amtes, der Jahresberichte von amnesty international von 1991 und 1992, zweier Stellungnahmen des Instituts für Afrika-Kunde und einer Zusammenstellung der Rechtsprechung maßgeblicher Gerichte in Verfahren ghanaischer Staatsangehöriger. Nach Auswertung dieser Unterlagen mußte im Prüfbericht aber festgestellt werden, daß für einige "Spitzenoppositionelle" bzw. besonders exponierte Oppositionelle in Ghana zum damaligen Zeitpunkt drohende politische Verfolgung und Folter nicht auszuschließen sei. Dem entsprach die Angabe, daß in Ghana Mitte 1993 lediglich "konstruktive" (!) Kritik an der Herrschaft Rawlings möglich war und dieser Zeitpunkt und Geschwindigkeit des politischen Änderungsprozesses bestimmte. Auch die eingeholten Beurteilungen der Verwaltungsgerichte und der Landesjustizverwaltungen zur Einordnung Ghanas als sicherer Herkunftsstaat fielen unterschiedlich aus. Aufgrund dieser Tatsachen mußte sich dem Gesetzgeber eine "Nachermittlung", nicht zuletzt hinsichtlich der Reichweite einer noch zu befürchtenden Verfolgung "besonders exponierter Oppositioneller" aufdrängen; die für den Prüfbericht maßgeblich herangezogene Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Dezember 1992 war bemerkenswert kurz. Gleichwohl hat der Gesetzgeber solche Nachermittlungen unterlassen.
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b) Aber auch mit Bezug auf die Unwägbarkeiten der zukünftigen Entwicklung des Landes war dem Gesetzgeber zum maßgeblichen Zeitpunkt die Aufnahme Ghanas in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten verwehrt. Zur Rechtsanwendung in Ghana nach Abschaffung der Militärdiktatur fehlte dem Gesetzgeber bereits eine ausreichende Tatsachengrundlage. Angesichts des gerade erst begonnenen Demokratisierungsprozesses konnten gesicherte Erkenntnisse über die neuere Rechtspraxis Mitte 1993 nicht vorliegen; insbesondere ließ sich noch nicht beurteilen, ob mit der Eingliederung der "Public Tribunals" in die ordentliche Justiz die Sondergerichtsbarkeit für politische Straftaten tatsächlich ein Ende gefunden hatte.
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Die allgemeine politische Lage in Ghana konnte Mitte 1993 nicht als stabil bezeichnet werden. Der Wechsel von einer Militärdiktatur zu einer gewählten Zivilregierung war erst zum Jahreswechsel 1992/93 vollzogen worden. Da er - wie auch der Senat einräumt - unter Wahrung weitgehender personeller Identität stattgefunden hatte, mußte damit gerechnet werden, daß Präsident und Regierungspartei auf frühere Strukturen zurückgreifen würden, sobald ihnen ihr Einfluß im neuen System nicht mehr ausreichend gesichert erschien. Einen maßgeblichen Erkenntnisgewinn über die Ernsthaftigkeit und die Stabilität der Demokratisierung wird erst der Verlauf der nächsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Ghana bringen.
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Limbach |
Abweichende Meinung des Richters Böckenförde zum Urteil des Zweiten Senats vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1507 und 1508/93 - | |
Ich schließe mich der abweichenden Meinung zu Ziffer 3. an. Für die verfassungsgerichtliche Nachprüfung der vom Gesetzgeber hier zu treffenden feststellenden Entscheidung gilt nach meiner Auffassung - da es sich um die Anwendung zwar grundrechtsbezogener aber unbestimmt-offener Verfassungsbegriffe handelt - der Maßstab der Vertretbarkeit (vgl. auch BVerfGE 72, 330 [399]). Dieser darf freilich nicht unter Berufung auf die Schwierigkeit, sich ein sicheres Urteil zu bilden, noch einmal zurückgenommen und darauf beschränkt werden, ob eine Gesamtwürdigung ergebe, daß der Gesetzgeber sich nicht von guten Gründen habe leiten lassen. Dieser Umstand, der gerade die Vertretbarkeit als Prüfungsmaßstab begründet, darf nicht erneut zu deren weiterer Relativierung eingesetzt werden. Kann der Gesetzgeber sich wegen der Unübersichtlichkeit der Verhältnisse ein hinreichend sicheres, inhaltlich vertretbares Urteil nicht bilden, muß er auf eine Qualifizierung als sicherer Herkunftsstaat verzichten oder damit noch zuwarten.
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Böckenförde |
Abweichende Meinung des Richters Sommer zum Urteil des Zweiten Senats vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1507 und 1508/93 - | |
1. Der abweichenden Meinung der Richterin Limbach zu C. II. 3. b) und c) sowie C. V. 1. des Urteils stimme ich im Ergebnis zu. Die Aufnahme Ghanas in die Anlage II zu § 29a AsylVfG entsprach auch nach meiner Auffassung nicht den Anforderungen an ein Gesetz nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG.
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2. Ich kann dem Senat auch insoweit nicht folgen, als er unter C. V. 2. b) des Urteils die Verfassungsbeschwerden gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts zurückweist. Dabei zielt meine Kritik weniger auf das Ergebnis als vielmehr auf die vom Senat eingeschlagene Verfahrensweise.
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Der Senat erschließt eine Begründung der angegriffenen Beschlüsse, mit der er sie für verfassungsrechtlich tragfähig ansieht, aus den im Verlauf des Verfassungsbeschwerde-Verfahrens beigezogenen Akten. Ein solches Vorgehen halte ich für unvereinbar mit dem geltenden Verfassungsprozeßrecht, insbesondere mit § 95 Abs. 2 BVerfGG.
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a) Hat die Kammer darüber zu befinden, ob eine Verfassungsbeschwerde gegen eine Gerichtsentscheidung zur Entscheidung anzunehmen ist (§ 93b BVerfGG), weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist - insbesondere dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entstünde - (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), so kann sie allerdings bei dieser Prüfung auch darauf abstellen, ob deutlich abzusehen ist, daß der Beschwerdeführer auch im Falle einer Zurückverweisung der Sache an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 [26]). Hierzu kann sie sich anhand der ihr vorliegenden Unterlagen aus dem Ausgangsverfahren ein eigenes Urteil auch über die - an sich dem Fachgericht obliegende - Rechtsanwendung im Einzelfall bilden, wenn und soweit ihr dies für die Entscheidung über die Annahme der Verfassungsbeschwerde zweckmäßig erscheint. Ist hingegen - wie hier - eine Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung durch den Senat angenommen, so ist Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Prüfung allein die angegriffene gerichtliche Entscheidung mit der für sie gegebenen Begründung und die Behauptung des Beschwerdeführers, dadurch in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt zu sein. Führt diese Prüfung zu dem Ergebnis, daß die gerichtliche Entscheidung Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers verletzt und hierauf beruhen kann, ist dies festzustellen (§ 95 Abs. 1 BVerfGG); zugleich ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG die gerichtliche Entscheidung aufzuheben und die Sache in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG an ein zuständiges Gericht zurückzuverweisen. Es ist sodann Aufgabe des zuständigen Fachgerichts, unter Beachtung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. § 31 Abs. 1 BVerfGG) erneut mit verfassungsrechtlich tragfähiger Begründung in der Sache zu entscheiden.
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In dieser in § 95 Abs. 1 und 2 BVerfGG festgelegten Aufgabenverteilung zwischen Bundesverfassungsgericht und Fachgericht kommt der kassatorische Charakter des Rechtsbehelfs der Verfassungsbeschwerde zum Ausdruck (vgl. Rennert in: Umbach/Clemens, BVerfGG, § 95 Rnrn. 44, 64). Ob eine erneute, verfassungsgemäße Rechtsanwendung durch das Fachgericht mit Sicherheit wiederum zum Nachteil des Beschwerdeführers ausfallen müßte (vgl. BVerfGE 35, 324 [344, 347]), ist nach meiner Auffassung jedenfalls seit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 2. August 1993 (BGBl. I S. 1442) nur noch bei der Beschlußfassung über die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG (vgl. dazu BVerfGE 90, 22 [25 f.]), nicht mehr hingegen im Verfahren über die zur Entscheidung angenommene Verfassungsbeschwerde zu prüfen. Mit jeder hiervon abweichenden Verfahrensweise zieht das Bundesverfassungsgericht entgegen § 95 Abs. 2 BVerfGG fachgerichtliche Aufgaben an sich, zu denen es nicht berufen und für die es nicht gerüstet ist; dies kann im übrigen zu seiner weiteren Überlastung beitragen.
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b) Ein solcher Übergriff in fachgerichtliche Kompetenzen liegt hier meines Erachtens darin, daß der Senat den Begründungen der verwaltungsgerichtlichen Beschlüsse eine Deutung gibt, die sich nicht schon aus ihrem Text selbst ablesen läßt, sondern die erst nach ins Einzelne gehender Auswertung der Akten des Ausgangsverfahrens zugrunde gelegt werden kann. Hierfür kann sich der Senat nicht auf seinen Beschluß vom 16. Januar 1979 - 2 BvR 1148/76 - BVerfGE 50, 115 (123 f.) stützen: Dort sind allerdings die beigezogenen Verfahrensakten daraufhin geprüft worden, ob sich aus ihnen Hinweise auf die für die Nichtannahme einer Revision durch den Bundesgerichtshof maßgeblichen Gründe entnehmen ließen. Der angegriffene Beschluß des Bundesgerichtshofs war aber nicht mit Gründen versehen und enthielt auch sonst keinen Hinweis auf den für die Entscheidung maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkt. Hingegen enthielten in den vorliegenden Fällen - wovon auch der Senat ausgeht - die angegriffenen Beschlüsse jeweils eine Begründung, waren also aus sich heraus verständlich und vollständig. Freilich waren diese Begründungen - wie auch der Senat einräumt - für sich gesehen verfassungsrechtlich nicht tragfähig. Der Senat durfte nach meiner Auffassung nicht selbst von anderen, nach Lage der Akten möglichen Begründungen ausgehen, die das zuständige Fachgericht seinen Entscheidungen nicht beigegeben hat.
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Sommer | |
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