BVerfGE 94, 297 - Treuhandanstalt II | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: Fabian Beer, A. Tschentscher | |||
1. Zum Rechtsweg für Streitigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern aus dem Einigungsvertrag (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG). |
2. Bei der Regelung der offenen Vermögensfragen bleibt es den zuständigen Organen der Bundesrepublik Deutschland überlassen zu bestimmen, welche Wege sie zur Erreichung eines sozial verträglichen Ausgleichs unterschiedlicher Interessen im Sinne von Art. 41 Abs. 1 des Einigungsvertrages in Verbindung mit Satz 2 der Präambel der Gemeinsamen Erklärung als zweckmäßig und politisch vertretbar erachten. |
Beschluß |
des Zweiten Senats vom 29. April 1996 gemäß § 24 BVerfGG |
-- 2 BvG 1/93 -- |
Entscheidungsformel: |
Der Antrag wird verworfen. |
Gründe: | |
A. | |
In dem Bund-Länder-Streit geht es um die Frage, ob der Bund mit der Änderung der Richtlinie der Treuhandanstalt über die Verpachtung ehemals volkseigener landwirtschaftlicher Flächen den Einigungsvertrag verletzt hat.
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I. | |
1. In der von der Bundesregierung und der Regierung der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik abgegebenen Gemeinsamen Erklärung vom 15. Juni 1990 zur Regelung offener Vermögensfragen heißt es:
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Die Teilung Deutschlands, die damit verbundene Bevölkerungswanderung von Ost nach West und die unterschiedlichen Rechtsordnungen in beiden deutschen Staaten haben zu zahlreichen vermögensrechtlichen Problemen geführt, die viele Bürger in der Deutschen Demokratischen Republik und in der Bundesrepublik Deutschland betreffen. Bei der Lösung der anstehenden Vermögensfragen gehen beide Regierungen davon aus, daß ein sozial verträglicher Ausgleich unterschiedlicher Interessen zu schaffen ist. Rechtssicherheit und Rechtseindeutigkeit sowie das Recht auf Eigentum sind Grundsätze, von denen sich die Regierungen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland bei der Lösung der anstehenden Vermögensfragen leiten lassen. Nur so kann der Rechtsfriede in einem künftigen Deutschland dauerhaft gesichert werden.
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Die beiden deutschen Regierungen sind sich über folgende Eckwerte einig:
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1. Die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949) sind nicht mehr rückgängig zu machen. Die Regierungen der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik sehen keine Möglichkeit, die damals getroffenen Maßnahmen zu revidieren. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland nimmt dies im Hinblick auf die historische Entwicklung zur Kenntnis. Sie ist der Auffassung, daß einem künftigen gesamtdeutschen Parlament eine abschließende Entscheidung über etwaige staatliche Ausgleichsleistungen vorbehalten bleiben muß.
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2. bis 14. ...
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Die Gemeinsame Erklärung ist gemäß Art. 41 Abs. 1 des Einigungsvertrages (EV) dessen Bestandteil als Anlage III geworden. Art. 41 Abs. 3 EV bestimmt, daß die Bundesrepublik Deutschland -- ungeachtet der Regelung in Art. 41 Abs. 2 EV -- keine Rechtsvorschriften erlassen wird, die der Gemeinsamen Erklärung widersprechen.
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Die Eigentumsrechte an den volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik gingen auf der Grundlage des Treuhandgesetzes vom 17.Juni 1990 (GBl. I Nr. 33 S. 300) und nach Maßgabe der Dritten Durchführungsverordnung zum Treuhandgesetz vom 29. August 1990 (GBl. I Nr. 57 S. 1333) auf die Treuhandanstalt über. Auch nach dem Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 führte die Treuhandanstalt ihren gesetzlichen Auftrag fort, die früheren volkseigenen Betriebe wettbewerblich zu strukturieren und zu privatisieren (Art. 25 Abs. 1 Satz 1 EV), nunmehr als bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts (Art. 25 Abs. 1 Satz 2 EV); seit dem 1. Januar 1995 heißt sie Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (§ 1 der Treuhandanstaltumbenennungsverordnung vom 20. September 1994 [BGBl. I S. 3913]).
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Die Treuhandanstalt beauftragte mit Vertrag vom 23. April 1992 die Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH (BVVG) mit der Verwertung und Verwaltung der ihr übertragenen Flächen. Die BVVG wird im Namen und für Rechnung der Treuhandanstalt tätig. Nach dem Vertrag entscheidet sie über die Verwertung und Verwaltung der Flächen in eigenem Ermessen. Die Treuhandanstalt kann jedoch Richtlinien erlassen und Einzelweisungen erteilen.
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2. Die von der Treuhandanstalt am 26. Juni 1992 erlassene "Richtlinie für die Durchführung der Verwertung und Verwaltung volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Flächen" -- im folgenden: Treuhandrichtlinie (abgedruckt in: VIZ 1993, S. 345 [348]) -- bestimmt hinsichtlich des Verkaufs und der Verpachtung von Grundstücken für landwirtschaftliche Zwecke u.a. folgendes:
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4.1 ... 4.3 ...
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4.4 Kauf- und Pachtanträge müssen ein Konzept enthalten, aus dem zumindest die beabsichtigte Wirtschaftsweise, die geplanten Investitionen und die Zahl der betrieblichen Arbeitskräfte zu entnehmen sind und das die Beurteilung der voraussichtlichen wirtschaftlichen Entwicklung in den nächsten 4 Jahren zuläßt. Der Betriebsentwicklungsplan nach den Förderungsbestimmungen des Bundes und der Länder reicht als Betriebskonzept aus. Die Vorlage des Betriebskonzeptes ersetzt nicht die Prüfung der Bonität des Pacht- oder Kaufinteressenten.
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4.5 Liegen mehrere Kauf- oder Pachtanträge für dieselben Flächen vor, so sind für den Zuschlag der gebotene Kauf- oder Pachtpreis sowie das vorgelegte Betriebskonzept entscheidend. Zu beurteilen sind dabei auch:
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-- die Qualifikation des Betriebsleiters,
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-- die bereits bestehende betriebliche Grundlage sowie die erbrachten Vorleistungen für eine Betriebsneugründung oder -fortführung, wie von Dritten gekaufte oder gepachtete landwirtschaftliche Nutzflächen,
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-- die Auswirkungen des landwirtschaftlichen Vorhabens des Interessenten auf die wirtschaftliche, ökologische und soziale Entwicklung in der Region,
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-- die Auswirkungen des Vorhabens auf die Betriebskonzepte benachbarter landwirtschaftlicher Unternehmen und
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-- die Verwertungsmöglichkeiten der im Treuhandvermögen verbleibenden Flächen im Umfeld des Vorhabens.
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a) Wiedereinrichter, das sind Personen, die ortsansässig sind oder im Zusammenhang mit der Wiedereinrichtung ortsansässig werden, ihren ursprünglichen landwirtschaftlichen Betrieb wieder einrichten und selbst bewirtschaften wollen, und zwar auch solche, bei denen die Rückgabe ihres ursprünglichen Betriebes aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausgeschlossen ist, sowie natürliche Personen, denen Vermögenswerte durch Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden ist oder deren Erben, die ihren ehemaligen Betrieb wiedereinrichten und selbst bewirtschaften; nur für eine Übergangszeit kann im Einzelfall aus triftigen persönlichen Gründen eine Verpachtung an Dritte zugelassen werden.
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b) Neueinrichter, die am 3. 10. 1990 ortsansässig waren.
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c) Eingetragene Genossenschaften, Personen- und Kapitalgesellschaften, die auf der Basis des LandAnpG aus der Umstrukturierung ehemaliger LPG hervorgegangen sind oder die mit mindestens 50% Anteilen von ehemaligen Mitgliedern dieser LPG neu gegründet wurden, soweit der Landerwerb oder die Pacht zur Durchführung eines von den zuständigen Behörden der Länder bestätigten Betriebsentwicklungs- und -sanierungsplanes unabweisbar ist.
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d) Neueinrichter, die ortsansässig werden und einen landwirtschaftlichen Betrieb selbst oder in Betriebsgemeinschaften mit ortsansässigen Landwirten bewirtschaften wollen.
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4.6 Die Gesellschaft oder von ihr beauftragte Dritte (insbesondere gemeinnützige Landgesellschaften) nehmen eine Eingangsbewertung der konkurrierenden Anträge nach den in 4.5 genannten fachlichen Kriterien vor. Die für die fachliche Beurteilung der Anträge notwendigen Unterlagen einschließlich Eingangsbewertung werden rechtzeitig vor Beginn der jeweiligen Bewirtschaftungsperiode bei Verkäufen mindestens 1 Monat vor Vertragsabschluß den zuständigen Behörden der Länder oder von diesen beauftragten Dritten übergeben, damit diese eine fachliche Stellungnahme sowie einen Entscheidungsvorschlag für die jeweilige Region abgeben können. Die fachliche Stellungnahme ist nach den in Nr. 4. 5 genannten sowie ggf. ergänzenden fachlichen Kriterien zu erarbeiten. Die Gesellschaft legt ihren Entscheidungen die nach dem o.g. Verfahren entwickelten Vorschläge der Länder zugrunde. Will die Gesellschaft von dem Vorschlag der zuständigen Landesbehörde abweichen, teilt sie dies dem Landwirtschaftsministerium des betreffenden Landes mit; die Gesellschaft soll die Angelegenheit mit dem Landwirtschaftsministerium erörtern, wenn dieses das innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Mitteilung verlangt. Sie teilt ihre Entscheidung den Ländern mit.
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4.7 ...
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3. Am 16. November 1992 einigten sich unter der Leitung des Chefs des Bundeskanzleramtes Vertreter der zuständigen Bundesministerien und der Landwirtschaftsminister der neuen Bundesländer unter Beteiligung von Mitgliedern der Kommission Vermögensfragen SBZ/DDR der Koalitionsfraktionen -- teilweise gegen den Widerstand des Vertreters des Landes Brandenburg -- auf ein Konzept mit dem Titel "Verwertung ehemals volkseigener landwirtschaftlicher Flächen". Dieses sogenannte Bohl-Papier (abgedruckt in: BTDrucks 12/7588, S. 15 ff.) sah im Hinblick auf Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen für Personen, die im Rahmen der sogenannten demokratischen Bodenreform zwischen 1945 und 1949 im Bereich der Landwirtschaft entschädigungslos enteignet worden sind (Bodenreformopfer) folgendes vor: In einer ersten Phase ("I. Verpachtung") werden landwirtschaftliche Flächen nach den Kriterien der Treuhandrichtlinie vom 26. Juni 1992 langfristig verpachtet. Bei mehreren konkurrierenden Pachtanträgen für dieselbe Fläche richtet sich die Vergabe grundsätzlich nach dem besseren Betriebskonzept einschließlich der beruflichen Qualifikation des Antragstellers. Liegen nach Prüfung dieser Kriterien mehrere gleichwertige Angebote vor, so ist den Wiedereinrichtern mit und ohne Restitutionsanspruch im Sinne der Nr. 4.5 Buchstabe a) der Treuhandrichtlinie sowie Neueinrichtern, die am 3. Oktober 1990 ortsansässig waren oder zum Zeitpunkt der Antragstellung landwirtschaftliche Flächen bereits bewirtschafteten, der Zuschlag bei der Verpachtung zu erteilen. Beteiligt sich dabei ein Bodenreformopfer oder dessen Erbe am Bietverfahren, so ist er im Sinne eines Interessenausgleichs zu berücksichtigen, wenn sein Betriebskonzept mit dem anderer Bieter der Gruppe gleichwertig ist. In der weiteren Rangfolge der Vergabe folgen LPG-Nachfolgeunternehmen und zuletzt die am 3. Oktober 1990 nicht ortsansässigen Neueinrichter. Die Verpachtung darf jedoch nicht dazu führen, daß die wirtschaftliche Existenz bestehender Betriebe durch den Entzug bisher bewirtschafteter Flächen ernsthaft gefährdet wird. Für eine anschließende zweite Phase sieht ein "Landerwerbs- und Siedlungsprogramm" die Veräußerung der ehemals volkseigenen, von der Treuhandanstalt zu privatisierenden landwirtschaftlichen Flächen an Bodenreformopfer und Pächter zu vergünstigten Konditionen vor. In einer dritten Phase sind schließlich die nach den ersten beiden Entwicklungsphasen noch zum Verkauf verbliebenen Flächen zu privatisieren.
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Der Bundesminister der Finanzen forderte mit Schreiben vom 2. Dezember 1992 die Treuhandanstalt auf, die Umsetzung der Phase "I. Verpachtung" des Bohl-Papiers einzuleiten und mit dem Bundesministerium der Finanzen abzustimmen. Am 22. Juni 1993 beschloß der Vorstand der Treuhandanstalt die "Richtlinie zur Anpassung der Treuhandrichtlinie vom 26. Juni 1992 an die Verpachtungsgrundsätze des unter Leitung des Bundeskanzleramtes am 16. November 1992 beschlossenen Privatisierungskonzeptes (Phase 1 des sogenannten 'Bohl-Papiers')" -- im folgenden: Anpassungsrichtlinie. Die Anpassungsrichtlinie sieht unter Nr. 1 vor, daß die Treuhandrichtlinie vom 26. Juni 1992 unverändert angewendet wird, soweit durch die BVVG Bewirtschaftungsbenachrichtigungen erteilt worden sind. Unter Nr. 2 der Anpassungsrichtlinie heißt es weiter:
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In allen anderen Fällen werden die nachstehenden Abschnitte der Richtlinie in folgender Fassung angewandt:
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4.3 Abweichend von Nr. 2.3 Satz 1 werden landwirtschaftliche Flächen bis zum Verkaufsbeginn auf der Grundlage besonderer Landerwerbs- oder Siedlungsprogramme grundsätzlich langfristig (in der Regel für zwölf Jahre) verpachtet. Ein Verkauf zu landwirtschaftlichen Zwecken ist nur in Ausnahmefällen mit Zustimmung der THA zulässig. Nach Ablauf eines längerfristigen Pachtvertrages ist der bisherige Pächter bei Fortsetzung der Verpachtung bevorzugt zu berücksichtigen, wenn der bisherige Pachtvertrag ordnungsgemäß erfüllt wurde und die Nutzungsdauer von Investitionen, die zu Beginn des bisherigen Pachtverhältnisses mit Zustimmung des Verpächters vorgenommen wurden, die Laufzeit des Pachtvertrages wesentlich überschreitet.
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4.5 Liegen mehrere Pachtanträge für dieselben Flächen vor, so ist für den Zuschlag das vorgelegte Betriebskonzept und die berufliche Qualifikation des Betriebsleiters entscheidend, sofern der ortsübliche Pachtzins geboten wird; im Falle mehrerer Kaufanträge ist neben dem Betriebskonzept und der beruflichen Qualifikation der gebotene Kaufpreis gleichwertig zu berücksichtigen.
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Liegen nach dieser Prüfung für dieselben Flächen mehrere annähernd gleichwertige Angebote vor, ist der Zuschlag nach folgender Reihenfolge zu erteilen:
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a) Wiedereinrichter, das sind Personen die ortsansässig sind oder im Zusammenhang mit der Wiedereinrichtung ortsansässig werden, ihren ursprünglichen landwirtschaftlichen Betrieb wiedereinrichten und selbst bewirtschaften wollen, und zwar auch solche, bei denen die Rückgabe ihres ursprünglichen Betriebs aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausgeschlossen ist, sowie natürliche Personen, denen Vermögenswerte durch Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden sind, oder deren Erben, die ihren ehemaligen Betrieb wiedereinrichten und selbst bewirtschaften wollen. Den Wiedereinrichtern gleichgestellt sind Neueinrichter, die am 3. Oktober 1990 ortsansässig waren, und solche Neueinrichter, die nach diesem Zeitpunkt ortsansässig wurden und die weitere Pacht von Flächen beantragten, die sie zum Zeitpunkt der Antragstellung auf der Grundlage von Pachtverträgen selbst bewirtschaften. Nur für eine Übergangszeit kann im Einzelfall aus triftigen persönlichen Gründen eine (Unter-)Verpachtung an Dritte zugelassen werden.
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Liegen Pachtanträge natürlicher Personen, denen Vermögenswerte durch Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden sind oder ihrer Erben vor, so sind sie im Sinne eines Interessenausgleichs zu berücksichtigen, wenn ihr Betriebskonzept mit dem anderer Bieter der Gruppe gleichwertig ist.
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b) Eingetragene Genossenschaften, Personen- und Kapitalgesellschaften, die auf der Basis des LandAnpG aus der Umstrukturierung ehemaliger LPG hervorgegangen sind oder die mit mindestens 50% Anteilen von ehemaligen Mitgliedern dieser LPG neu gegründet wurden, soweit der Landerwerb oder die Pacht zur Durchführung eines von den zuständigen Behörden der Länder bestätigten Betriebsentwicklungs- und -sanierungsplanes unabweisbar ist.
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c) Neueinrichter, die am 3. Oktober 1990 nicht ortsansässig waren, einen landwirtschaftlichen Betrieb selbst oder in Betriebsgemeinschaften mit ortsansässigen Landwirten bewirtschaften wollen und Flächen pachten wollen, die sie bei Antragstellung noch nicht bewirtschaftet haben.
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Führt die Verpachtung nach den o.g. Kriterien dazu, daß die Existenz anderer Betriebe durch den Entzug bisher bewirtschafteter Flächen ernsthaft gefährdet ist, so sind die Betriebe so zu berücksichtigen, daß ihre wirtschaftliche Existenz weiterhin gesichert ist.
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Natürlichen Personen, die zu dem in Buchstabe a) genannten Personenkreis gehören, wird in den Pachtverträgen eine Kaufoption eingeräumt.
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38 | |
4. § 3 des Ausgleichleistungsgesetzes vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2624, 2628) regelt den vergünstigten Eigentumserwerb von ehemals volkseigenen, von der Treuhandanstalt zu privatisierenden landwirtschaftlichen Flächen und Waldflächen durch Pächter und Bodenreformopfer. § 4 Abs. 1 des Gesetzes sieht vor, daß bei der für die Privatisierung zuständigen Stelle "Beiräte" eingerichtet werden, die bei widerstreitenden Interessen im Zusammenhang mit der Durchführung der Erwerbsmöglichkeit nach § 3 AusglLeistG angerufen werden können. Ein Land kann den Beirat auch in Verpachtungsfällen anrufen, wenn die für die Privatisierung zuständige Stelle im Rahmen des für die Verpachtung vorgesehenen Verfahrens von einem Entscheidungsvorschlag des Landes abweichen will. Weitere Einzelheiten der Erwerbsmöglichkeit nach § 3 AusglLeistG, des Verfahrens sowie des Beirats regelt die Flächenerwerbsverordnung der Bundesregierung vom 20. Dezember 1995 (BGBl. I S. 2072).
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5. Die BVVG Brandenburg/Berlin hatte nach ihren statistischen Angaben am 31. Dezember 1994 mit Wiedereinrichtern ohne Restitutionsanspruch 68 Pachtverträge (58 langfristig und 10 kurzfristig) über eine Fläche von insgesamt 7.621 ha abgeschlossen. Dies entsprach einem Anteil von 2,39% der im Bereich der Niederlassung Brandenburg/Berlin von der BVVG geschlossenen 2.841 Pachtverträge und von 2,63% der insgesamt verpachteten Fläche von 289.634 ha.
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II. | |
1. Mit Schriftsatz vom 30. September 1993, eingegangen am 1. Oktober 1993, beantragt die Landesregierung Brandenburg festzustellen, daß die vom Vorstand der Treuhandanstalt "im Auftrag und auf Aufforderung" der Antragsgegnerin am 22. Juni 1993 beschlossene Anpassungsrichtlinie unzulässig ist, soweit sie folgende Regelungen enthält:
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a) ... Liegen Pachtanträge natürlicher Personen, denen Vermögenswerte durch Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden sind, oder ihrer Erben vor, so sind sie im Sinne eines Interessenausgleichs zu berücksichtigen, wenn ihr Betriebskonzept mit dem anderer Bieter der Gruppe gleichwertig ist.
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Natürlichen Personen, die zu dem unter a) genannten Personenkreis gehören, wird in den Pachtverträgen eine Kaufoption eingeräumt.
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Dazu trägt sie vor:
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a) Das Bundesverfassungsgericht sei zur Entscheidung über den Bund-Länder-Streit nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG zuständig. Zwischen den Beteiligten bestehe ein Streit über Rechte und Pflichten aus dem Einigungsvertrag, der in seiner Gesamtheit dem Verfassungsrecht zugehöre.
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b) Die Antragsbefugnis ergebe sich aus Art. 44 EV. Rechte der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik aus dem Einigungsvertrag seien verletzt, weil die Anpassungsrichtlinie in Nr. 2. 4. 5 eine generelle Bevorzugung der Bodenreformopfer bei der Verpachtung ehemals volkseigener landwirtschaftlicher Flächen vorsehe und zudem durch die Einräumung einer Kaufoption in den Pachtverträgen mit Bodenreformopfern den umfassenden Rückerwerb ihres Alteigentums ermögliche. Dies stehe im Widerspruch zu der Zusicherung der Antragsgegnerin gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik gemäß Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Satz 2 der Präambel der Gemeinsamen Erklärung, bei der Lösung der anstehenden Vermögensfragen einen sozial verträglichen Ausgleich unterschiedlicher Interessen zu schaffen. Das Land Brandenburg sei aber auch in eigenen Rechten verletzt, da die angegriffenen Verwaltungsvorschriften entgegen dem in Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Nr. 1 Satz 4 der Gemeinsamen Erklärung angeordneten Gesetzesvorbehalt für staatliche Ausgleichsleistungen zugunsten von Bodenreformopfern ohne gesetzliche Grundlage ergangen seien. Die verfassungsrechtlich gewährleistete Mitwirkung der Länder an der Gesetzgebung des Bundes sichere dem Land Brandenburg ein eigenes Recht zu, dessen Verletzung die Antragstellerin im Bund-Länder-Streit gerichtlich geltend machen könne, wenn der Gesetzesvorbehalt -- wie im vorliegenden Fall -- gerade die Beteiligung der Länder am Gesetzgebungsverfahren zu schützen bezwecke.
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c) Der Antrag sei innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 71 Abs. 2 in Verbindung mit § 64 Abs. 3 BVerfGG gestellt worden. Die Frist habe am 20. Juli 1993 mit dem Zugang des Schreibens der BVVG vom 9. Juli 1993, durch das die Antragstellerin Kenntnis von dem Beschluß des Vorstands der Treuhandanstalt vom 22. Juni 1993 erhalten habe, zu laufen begonnen. Alle dem Erlaß der Anpassungsrichtlinie vorausgegangenen Verfahrensschritte seien nur vorbereitend und rechtlich unverbindlich gewesen. Dies gelte insbesondere für das Bohl-Papier.
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d) Die Regelungen seien mit dem Einigungsvertrag unvereinbar:
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aa) Gemäß Nr. 2.4.5 Buchstabe a) der Anpassungsrichtlinie habe die für die Vergabe der Pachtflächen zuständige Stelle die Pachtanträge der Bodenreformopfer oder ihrer Erben gegenüber den übrigen in Nr. 2.4.5 Buchstabe a) der Anpassungsrichtlinie genannten Bewerbern im Sinne eines Interessenausgleichs zu berücksichtigen, wenn mehrere annähernd gleichwertige Pachtanträge vorlägen. Dies führe zwangsläufig zu einer generellen Bevorzugung der Bodenreformopfer. Wenn sie beim Zuschlag leer ausgingen, sei dies mit der Pflicht, ihre Interessen zu berücksichtigen, unvereinbar. Fänden aber nur die Interessen der Bodenreformopfer Beachtung, werde das in Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Satz 2 der Präambel der Gemeinsamen Erklärung enthaltene Gebot verletzt, bei der Lösung der offenen Vermögensfragen einen sozial verträglichen Ausgleich unterschiedlicher Interessen zu schaffen. Da den Bodenreformopfern gemäß Nr. 2.4.5 der Anpassungsrichtlinie zudem eine Kaufoption in den Pachtanträgen gewährt werde, gestatte ihnen ihre generelle Bevorzugung einen umfassenden und staatlich begünstigten Rückerwerb ihres Alteigentums. Nr. 2.4.5 der Anpassungsrichtlinie verstoße mithin auch gegen Art. 41 Abs. 3 EV, wonach sich die Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik verpflichtet habe, keine der Gemeinsamen Erklärung widersprechenden Rechtsvorschriften zu erlassen.
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bb) Die generelle Bevorzugung der Bodenreformopfer bei der Vergabe der Pachtflächen in Verbindung mit der Einräumung einer Kaufoption für die gepachteten Flächen habe den Charakter einer staatlichen Ausgleichsleistung, die gemäß Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Nr. 1 Satz 4 der Gemeinsamen Erklärung einem Gesetzesvorbehalt unterfalle. Der Erlaß der Anpassungsrichtlinie ohne gesetzliche Grundlage verletze mithin die Mitwirkungsrechte des Landes Brandenburg als Mitglied des Bundesrates beim Zustandekommen des eigentlich notwendigen Gesetzes.
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2. Nach Ansicht der Antragsgegnerin sind die Anträge unzulässig und unbegründet.
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a) Das Bundesverfassungsgericht sei nicht nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG zuständig, da es sich nicht um eine verfassungsrechtliche, sondern um eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit handele. Streitigkeiten aus dem Einigungsvertrag besäßen nur insoweit verfassungsrechtlichen Charakter, als einzelne Normen des Einigungsvertrages Zusicherungen oder Besitzstandsgarantien gegenüber der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik oder dem beigetretenen Land enthielten. Hierauf berufe sich die Antragstellerin aber gerade nicht.
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b) Der Antragstellerin fehle es zudem an einer Antragsbefugnis gemäß Art. 44 EV. Das Recht auf Beteiligung an einem Gesetzgebungsverfahren, das die Entscheidung über staatliche Ausgleichsleistungen für Bodenreformopfer zum Gegenstand habe, komme nicht einem einzelnen Bundesland, sondern nur dem Bundesrat in seiner Gesamtheit zu. Verletzungen von Rechten des Bundesrates könnten aber nicht im Verfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG, sondern lediglich im Organstreitverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG geltend gemacht werden.
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c) Der beim Bundesverfassungsgericht erst am 1. Oktober 1993 eingegangene Antrag sei darüber hinaus verspätet. Die im Antrag bezeichneten Bestimmungen der Anpassungsrichtlinie seien identisch mit Regelungen, die bereits im Bohl-Papier vom 16. November 1992 als einer Verwaltungsvorschrift des Bundes getroffen worden seien. Diese habe mit dem Eingang des Schreibens des Bundesministers der Finanzen vom 2. Dezember 1992 bei der Treuhandanstalt Rechtsverbindlichkeit erlangt. Dem Erlaß der Anpassungsrichtlinie komme demgegenüber nur deklaratorische Bedeutung zu.
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d) Der Antrag sei auch in der Sache unbegründet. Die Treuhandrichtlinie vom 26. Juni 1992 in der Fassung der Anpassungsrichtlinie vom 22. Juni 1993 enthalte eine Fülle verschiedener Auswahlgesichtspunkte, die bei der Ermessensentscheidung über die Vergabe der Pachtflächen zu beachten seien. Die Pflicht, die Interessen der Bodenreformopfer oder ihrer Erben im Sinne eines Interessenausgleichs zu berücksichtigen, bilde nur einen Aspekt. Bodenreformopfer seien gegenüber den im Regelfall ortsansässigen übrigen Wiedereinrichtern und diesen gleichgestellten Neueinrichtern situativ benachteiligt. Von ihrer Bevorzugung könne keine Rede sein. Dies erweise sich auch darin, daß die BVVG mit Bodenreformopfern nur in wenigen Fällen Pachtverträge abgeschlossen habe. Da es mithin bereits an einer Bevorzugung der Bodenreformopfer fehle, könnten auch die in den Pachtverträgen eingeräumten Kaufoptionen nicht gegen Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Satz 2 der Präambel der Gemeinsamen Erklärung verstoßen. Aus dem gleichen Grund handele es sich auch nicht um staatliche Ausgleichsleistungen zugunsten von Bodenreformopfern. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten wäre es allerdings sogar durchaus sachgerecht, den Bodenreformopfern Rückerwerbsrechte für ihr Alteigentum zu vergünstigten Konditionen zuzubilligen. Das von der Antragstellerin geforderte Gesetz sei in Gestalt des Ausgleichsleistungsgesetzes, insbesondere durch die Regelung des Flächenerwerbs gemäß § 3 AusglLeistG ergangen.
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B. | |
Der Antrag ist insoweit unzulässig, als die Antragstellerin die Verletzung eines Rechts auf Mitwirkung an der Gesetzgebung des Bundes geltend macht. Im übrigen ist er jedenfalls offensichtlich unbegründet, so daß der Senat nach § 24 BVerfGG entscheiden kann, ohne die Zulässigkeit des Antrags abschließend zu klären (vgl. BVerfGE 53, 100 [106]; 79, 223 [231]; 82, 316 [319 f.]).
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I. | |
1. Das Bundesverfassungsgericht ist gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG (§ 71 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG) zur Entscheidung des zwischen dem Land Brandenburg und dem Bund anhängigen, aus dem Einigungsvertrag erwachsenen Streites zuständig. Art. 44 EV gestattet nach dem Wirksamwerden des Beitritts jedem der in Art. 1 des Einigungsvertrages genannten Länder Rechte geltend zu machen, die zugunsten der Deutschen Demokratischen Republik oder zu ihren eigenen Gunsten unmittelbar in dem Vertrag begründet worden sind. Erwachsen zwischen solchen Ländern und dem Bund Streitigkeiten über diese Rechte, so können sie gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG (§ 71 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG) beim Bundesverfassungsgericht anhängig gemacht werden.
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Ein anderer Rechtsweg, etwa der zum Bundesverwaltungsgericht gemäß §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, ist für einen solchen Rechtsstreit nicht gegeben, weil es sich um materielles Verfassungsrecht handelt. Der Einigungsvertrag regelt den Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland und dessen Rechtsfolgen. Insbesondere setzt er das Grundgesetz im Beitrittsgebiet in Kraft und trifft die Regelungen zur Überleitung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland im Zuge der Herstellung der deutschen Einheit. Die Deutsche Demokratische Republik hört mit dem Wirksamwerden des Beitritts auf zu bestehen, die Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland wird auf das Beitrittsgebiet erstreckt. Insoweit ist der Einigungsvertrag dem Verfassungsrecht zuzuordnen. Was an Rechten, Garantien und sonstigen Rechtspositionen unmittelbar durch den Vertrag begründet wird, was also unmittelbar dem Vertrag entspringt, teilt die Rechtsnatur des Vertrags und kann deshalb ebenfalls nur verfassungsrechtlichen Charakter haben (vgl. BVerfGE 22, 221 [229]; 34, 216 [226]; 38, 231 [237]; 42, 345 [355]; 62, 295 [314 ff.]). Der Fall gibt keinen Anlaß, der Frage nachzugehen, ob dies für alle Regelungen des Einigungsvertrages anzunehmen ist.
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2. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG (§ 71 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG) begrenzt den Bund-Länder-Streit im Anwendungsbereich des Art. 44 EV auf Rechte aus dem Einigungsvertrag. Das Antragsrecht der Landesregierung umfaßt neben eigenen Vertragsrechten des Landes Brandenburg die Befugnis geltend zu machen, daß der Bund seine in Art. 41 Abs. 1 und Abs. 3 EV zugunsten der Deutschen Demokratischen Republik begründete Verpflichtung, rechtsverbindliche Bestandteile der Gemeinsamen Erklärung einzuhalten, verletzt habe.
| 59 |
Danach kann die Antragstellerin die Verletzung von Satz 2 der Präambel der Gemeinsamen Erklärung rügen, wonach bei der Lösung der im Zuge der Wiedervereinigung anstehenden Vermögensfragen ein "sozial verträglicher Ausgleich unterschiedlicher Interessen zu schaffen" ist. Hingegen ist der Antrag mit der Rüge, daß der Erlaß der Anpassungsrichtlinie einen in Nr. 1 Satz 4 der Gemeinsamen Erklärung in Verbindung mit Art. 41 Abs. 1 EV angeordneten Gesetzesvorbehalt für staatliche Ausgleichsleistungen zugunsten von Bodenreformopfern und damit Mitwirkungsrechte des Landes an der Bundesgesetzgebung mißachte, unzulässig. Die Mitwirkung der Länder an der Gesetzgebung des Bundes ist vom Grundgesetz allein durch die Beteiligung des Bundesrates (Art. 50 GG) gewährleistet und kann nicht von einem Land als eigenes Recht geltend gemacht werden. Aus dem Einigungsvertrag kann sich das von der Antragstellerin behauptete Recht, an der Gesetzgebung des Bundes beteiligt zu werden, von vornherein nicht ergeben.
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Das Bundesverfassungsgericht hat bereits geklärt, daß Nr. 1 Satz 4 der Gemeinsamen Erklärung die Auffassung allein der Bundesregierung im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen mit der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik wiedergibt. Soweit ihr darüber hinaus ein unmittelbarer normativer Inhalt zukommt, kann dieser nur in der Klarstellung bestehen, daß die Regelung in Nr. 1 Satz 1 der Gemeinsamen Erklärung, wonach Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949) nicht mehr rückgängig zu machen sind, nicht zugleich auch die Einführung von Ausgleichsleistungen verbietet (BVerfGE 84, 90 [129 f.]).
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II. | |
Eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik aus Art. 41 Abs. 1 und 3 EV in Verbindung mit Satz 2 der Präambel der Gemeinsamen Erklärung, bei der Regelung offener Vermögensfragen einen sozial verträglichen Ausgleich unterschiedlicher Interessen zu schaffen und keine Rechtsvorschriften zu erlassen, die der Gemeinsamen Erklärung widersprechen, wird durch die Bestimmungen der Anpassungsrichtlinie offensichtlich nicht verletzt.
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1. Die Erklärung, einen sozial verträglichen Ausgleich unterschiedlicher Interessen zu schaffen, ist nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung in der Präambel der Gemeinsamen Erklärung in erster Linie eine politische Absichtserklärung; die Funktion, konkrete Rechte, Garantien oder Rechtspositionen zugunsten der Deutschen Demokratischen Republik zu begründen, kommt demgegenüber den Eckwerten unter Nrn. 1 bis 14 der Gemeinsamen Erklärung zu. Diese Auslegung wird durch die Materialien zum Einigungsvertrag gestützt: Die Gemeinsame Erklärung gewinnt danach als Bestandteil des Einigungsvertrages gemäß Art. 41 Abs. 1 EV insofern rechtsverbindlichen Charakter, als Rechtsvorschriften, die zur Regelung offener Vermögensfragen erlassen werden, "den Eckwerten entsprechen müssen, die sich aus der Gemeinsamen Erklärung ergeben" (vgl. Denkschrift zum Einigungsvertrag, BTDrucks 11/7760, S. 355 [377]).
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Über Art. 41 Abs. 1 und Abs. 3 EV kann Satz 2 der Präambel der Gemeinsamen Erklärung rechtlicher Gehalt allenfalls insofern zukommen, als ihm die Rechtspflicht der Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland zu entnehmen ist, die Regelung der offenen Vermögensfragen auf das Ziel eines sozial verträglichen Ausgleichs unterschiedlicher Interessen hin auszurichten und diesen Grundsatz als rechtlichen Maßstab des politischen Handelns gegen sich gelten zu lassen. Hierbei bleibt es jedoch den zuständigen Staatsorganen der Bundesrepublik Deutschland überlassen zu bestimmen, welche Wege sie zur Erreichung dieses Ziels als zweckmäßig und politisch vertretbar erachten. Sie können im Rahmen des Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Satz 2 der Präambel der Gemeinsamen Erklärung einen weiten Gestaltungsspielraum für sich in Anspruch nehmen. Seine Einhaltung kann gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob die Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland das Ziel, bei der Lösung der offenen Vermögensfragen einen sozial verträglichen Ausgleich unterschiedlicher Interessen zu schaffen, klar verfehlt haben. Dabei kann die Zielverfehlung in einer ausdrücklichen Abweichung oder in dem Erlaß von offensichtlich dem Satz 2 der Präambel der Gemeinsamen Erklärung zuwiderlaufenden Rechtsvorschriften erkennbar werden.
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2. Diesem Rechtsgehalt der Präambel der Gemeinsamen Erklärung werden die Bestimmungen der Nr. 2.4.5 der Treuhandrichtlinie in der Fassung der Anpassungsrichtlinie vom 22. Juni 1993 gerecht.
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a) Nach Nr. 2.4.5 der Anpassungsrichtlinie ist bei mehreren Pachtanträgen für dieselben Flächen zunächst das vorgelegte Betriebskonzept und die berufliche Qualifikation des Betriebsleiters für den Zuschlag entscheidend, sofern der ortsübliche Pachtzins geboten wird. Erst wenn nach dieser Prüfung für dieselben Flächen mehrere annähernd gleichwertige Angebote verbleiben, soll der Zuschlag vorrangig einem Pachtinteressenten erteilt werden, der der Gruppe der Wiedereinrichter (mit und ohne Restitutionsansprüchen) oder der am 3. Oktober 1990 ortsansässigen Neueinrichter oder derjenigen Neueinrichter angehört, die nach diesem Zeitpunkt ortsansässig wurden und die weitere Pacht von Flächen beantragen, die sie zum Zeitpunkt der Antragstellung auf der Grundlage von Pachtverträgen selbst bewirtschaften (Buchstabe a). In der Rangstufe folgen die Pachtanträge von LPG-Nachfolgeunternehmen (Buchstabe b) vor denjenigen aus der Gruppe der am 3. Oktober 1990 nicht ansässigen sonstigen Neueinrichter (Buchstabe c). Nur innerhalb der Gruppe der Wiedereinrichter und der diesen gemäß Nr. 2.4.5 Buchstabe a) der Anpassungsrichtlinie gleichgestellten Neueinrichter sind die Pachtanträge von Bodenreformopfern oder ihrer Erben "im Sinne eines Interessenausgleichs zu berücksichtigen, wenn ihr Betriebskonzept mit dem anderer Bieter der Gruppe gleichwertig ist". Diese "Berücksichtigungspflicht" begründet jedoch weder einen Anspruch auf bestimmte landwirtschaftliche Flächen noch Flächengrößen. Die Bestimmung ist vielmehr dahin zu verstehen, daß den Interessen der Bodenreformopfer oder ihrer Erben bei der Auswahl unter mehreren gleichrangigen Bewerbern ein besonderes Gewicht beizumessen ist. Dies bedeutet nicht, daß den Pachtanträgen der Bodenreformopfer oder ihrer Erben gegenüber gleichwertigen Pachtanträgen aus der in Nr. 2.4.5 Buchstabe a) der Anpassungsrichtlinie genannten Bewerbergruppe stets der Zuschlag zu erteilen wäre.
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b) Ferner darf gemäß Nr. 2.4.5 der Anpassungsrichtlinie eine Verpachtung nach den genannten sachlichen und persönlichen Kriterien nicht dazu führen, daß die Existenz anderer Betriebe durch den Entzug bisher bewirtschafteter Flächen ernsthaft gefährdet wird. Besteht eine solche Gefahr, so sind die bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe bei der Vergabe der Pachtflächen so zu berücksichtigen, daß ihre wirtschaftliche Existenz weiterhin gesichert bleibt. Die Existenzsicherung hat mithin Vorrang vor jeder Neuverpachtung.
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c) Schließlich trägt auch das in Nr. 4.6 der Treuhandrichtlinie vom 26. Juni 1992 vorgesehene Verfahren der Abstimmung zwischen der für die Vergabe der Pachtflächen zuständigen Stelle und den von einer Verpachtungsentscheidung betroffenen Ländern dazu bei, eine sozial unausgewogene Vergabe der Pachtflächen gegen die Interessen der betroffenen Länder zu verhindern. Die Einrichtung von Beiräten nach § 4 Abs. 1 AusglLeistG und der Flächenerwerbsverordnung der Bundesregierung vom 20. Dezember 1995, die bei Streitigkeiten über die Vergabe von Pachtflächen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AusglLeistG angerufen werden können, hat diese verfahrensrechtliche Stellung der betroffenen Länder weiter verstärkt.
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d) Danach kann von einer generellen und offensichtlich sozial unverträglichen Bevorzugung der Bodenreformopfer oder ihrer Erben bei der Verpachtung von ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Flächen nicht die Rede sein. Dies belegen die oben wiedergegebenen statistischen Angaben über den Stand der Verpachtung durch die BVVG. Der Anteil der mit Bodenreformopfern geschlossenen Pachtverträge und der an diese Gruppe verpachteten Flächen ist sehr niedrig.
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e) Es verstößt auch offensichtlich nicht gegen Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Satz 2 der Präambel der Gemeinsamen Erklärung, daß gemäß Nr. 2.4.5 der Anpassungsrichtlinie natürlichen Personen, die unter Buchstabe a) dieser Nummer fallen, in den Pachtverträgen eine Kaufoption eingeräumt wird. Die Kaufoption wird nicht nur den Bodenreformopfern und ihren Erben, sondern sämtlichen unter Nr. 2.4.5 Buchstabe a) der Anpassungsrichtlinie genannten natürlichen Personen, also auch den sonstigen Wiedereinrichtern und den ihnen gleichgestellten Neueinrichtern gewährt. In dieser Hinsicht fehlt es an jeglichem Hinweis auf eine Bevorzugung der Bodenreformopfer und darauf, daß der Bund in irgendeiner Beziehung das Regelungsziel des sozial verträglichen Ausgleichs verfehlt haben könnte.
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