Urteil | |
des Zweiten Senats vom 10. April 1997 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. November 1996
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-- 2 BvF 1/95 -- | |
in dem Verfahren über den Antrag festzustellen, daß § 6 Abs. 5 Satz 2 und § 7 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 5 Satz 2 des Bundeswahlgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juli 1993 (BGBl. I S. 1288, ber. BGBl. I S. 1594) nichtig seien; Antragstellerin: Niedersächsische Landesregierung, vertreten durch den Ministerpräsidenten, Planckstr. 2, Hannover - Bevollmächtigter: Prof. Dr. Dr. Hans Meyer, Georg-Speyer-Str. 28, Frankfurt -; Beteiligt: Die Bundesregierung, vertreten durch das Bundesministerium des Innern, - Bevollmächtigt: Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, Mitterfeld 5a, Tutzing -.
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Entscheidungsformel:
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§ 6 Abs. 5 Satz 2 und § 7 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 5 Satz 2 des Bundeswahlgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juli 1993 (BGBl. I S. 1288, ber. BGBl. I S. 1594) sind mit dem Grundgesetz vereinbar.
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A. | |
Die Regierung des Landes Niedersachsen beantragt, die Regelungen der §§ 7 Abs. 3 Satz 2, 6 Abs. 5 Satz 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG) zu überprüfen. Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die Frage, ob Überhangmandate ohne Ausgleich oder Verrechnung mit dem durch Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Grundsatz der gleichen Wahl vereinbar sind.
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I.
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1. Die Regelungen der §§ 6 und 7 BWG lauten auszugsweise:
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"§ 6 Wahl nach Landeslisten
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(1) Für die Verteilung der nach Landeslisten zu besetzenden Sitze werden die für jede Landesliste abgegebenen Zweitstimmen zusammengezählt. Nicht berücksichtigt werden dabei die Zweitstimmen derjenigen Wähler, die ihre Erststimme für einen im Wahlkreis erfolgreichen Bewerber abgegeben haben, der gemäß § 20 Abs. 3 oder von einer Partei, für die in dem betreffenden Lande keine Landesliste zugelassen ist, vorgeschlagen ist. Von der Gesamtzahl der Abgeordneten (§ 1 Abs. 1) wird die Zahl der erfolgreichen Wahlkreisbewerber abgezogen, die in Satz 2 genannt oder von einer nach Absatz 6 nicht zu berücksichtigenden Partei vorgeschlagen sind.
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(2) Die nach Absatz 1 Satz 3 verbleibenden Sitze werden auf die Landeslisten auf der Grundlage der nach Absatz 1 Sätze 1 und 2 zu berücksichtigenden Zweitstimmen wie folgt verteilt. Die Gesamtzahl der verbleibenden Sitze, vervielfacht mit der Zahl der Zweitstimmen, die eine Landesliste im Wahlgebiet erhalten hat, wird durch die Gesamtzahl der Zweitstimmen aller zu berücksichtigenden Landeslisten geteilt. Jede Landesliste erhält zunächst so viele Sitze, wie ganze Zahlen auf sie entfallen. Danach zu vergebende Sitze sind den Landeslisten in der Reihenfolge der höchsten Zahlenbruchteile, die sich bei der Berechnung nach Satz 2 ergeben, zuzuteilen. Bei gleichen Zahlenbruchteilen entscheidet das vom Bundeswahlleiter zu ziehende Los.
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(3) ...
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(4) Von der für jede Landesliste so ermittelten Abgeordnetenzahl wird die Zahl der von der Partei in den Wahlkreisen des Landes errungenen Sitze abgerechnet. Die restlichen Sitze werden aus der Landesliste in der dort festgelegten Reihenfolge besetzt. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Entfallen auf eine Landesliste mehr Sitze als Bewerber benannt sind, so bleiben diese Sitze unbesetzt.
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(5) In den Wahlkreisen errungene Sitze verbleiben einer Partei auch dann, wenn sie die nach den Absätzen 2 und 3 ermittelte Zahl übersteigen. In einem solchen Falle erhöht sich die Gesamtzahl der Sitze (§ 1 Abs. 1) um die Unterschiedszahl; eine erneute Berechnung nach den Absätzen 2 und 3 findet nicht statt.
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(6) ...
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§ 7 Listenverbindung
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(1) Landeslisten derselben Partei gelten als verbunden, soweit nicht erklärt wird, daß eine oder mehrere beteiligte Landeslisten von der Listenverbindung ausgeschlossen sein sollen.
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(2) Verbundene Listen gelten bei der Sitzverteilung im Verhältnis zu den übrigen Listen als eine Liste.
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(3) Die auf eine Listenverbindung entfallenden Sitze werden auf die beteiligten Landeslisten entsprechend § 6 Abs. 2 verteilt. § 6 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend."
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2. Von Beginn der Wahlgesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland an wurden Bundestagswahlen auf der Grundlage eines Wahlsystems durchgeführt, das die Verhältniswahl mit einer Personenwahl verbindet. Sämtliche Wahlgesetze sehen einen Verhältnisausgleich vor, nach dem die in den Wahlkreisen mit relativer Mehrheit gewonnenen Mandate auf die nach dem Verhältnis der Zweitstimmen ermittelten Landeslistensitze einer Partei angerechnet werden; ist deren Zahl geringer als diejenige der von der Partei gewonnenen Direktmandate, so fallen in Höhe dieser Differenz Überhangmandate an.
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a) Die Beratungen des Parlamentarischen Rats, der nach Art. 137 Abs. 2 GG das Gesetz für die erste Wahl zum Deutschen Bundestag zu erlassen hatte, waren von Grundsatzdiskussionen über das Wahlsystem geprägt. Im Laufe der Beratungen wurde eine Vielzahl von Entwürfen diskutiert, wobei die CDU ein reines Mehrheitswahlrecht befürwortete, während die SPD an ihrer traditionellen Forderung nach Einführung eines Verhältniswahlrechts festhielt (zu Einzelheiten des Gesetzgebungsverfahrens vgl.: Der Parlamentarische Rat 1948 - 1949, Akten und Protokolle, Bd. 6, Ausschuß für Wahlrechtsfragen, bearbeitet von H. Rosenbach; im folgenden: Parlamentarischer Rat Bd. 6). Mehrheitlich sprach man sich schließlich für das System der mit einer Personenwahl verbundenen Verhältniswahl aus, wobei eine Reststimmenverwertung über eine Bundesliste vorgesehen war. Die Einführung einer Bundesliste scheiterte jedoch an der Intervention der Alliierten (vgl. Parlamentarischer Rat Bd. 6, S. XXXV). Die Mitglieder des Wahlrechtsausschusses waren sich darüber im klaren, daß ein reines Landeslistensystem das Entstehen von Überhangmandaten begünstige; allerdings ging man nur von einem Anfall von sehr wenigen Überhangmandaten aus (vgl. Parlamentarischer Rat Bd. 6, S. 790 f., 797 und 799). Nach erneuten Beratungen im Hauptausschuß wurde in das schließlich am 15. Juni 1949 verkündete Bundeswahlgesetz (BGBl. S. 21) eine Regelung zum Ausgleich von Überhangmandaten auf Landesebene aufgenommen. Der diesbezügliche § 10 Abs. 3 lautete:
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"In den Wahlkreisen errungene Mandate verbleiben der Partei auch dann, wenn sie die nach Absatz 1 ermittelte Zahl (sc.: die Zahl der der Partei nach der d'Hondt'schen Rechnung zustehenden Mandate) übersteigen. In einem solchen Fall erhöht sich die Gesamtzahl der für das Land vorgesehenen Abgeordnetensitze um die gleiche Zahl; die so erhöhte Gesamtzahl ist der Berechnung nach Absatz 1 zugrundezulegen."
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Hiernach wäre auch die Partei, die Überhangmandate erzielt hat, bei der (erneuten) Verteilung der erhöhten Gesamtsitzzahl zu beteiligen gewesen. Nachdem die Folgerichtigkeit dieser Ausgleichsregelung angezweifelt worden war, wurde der letzte Halbsatz des Absatzes 3 noch vor der Durchführung der ersten Bundestagswahl geändert (vgl. dazu BGBl. S. 25). Die Bestimmung lautete nun:
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"In den Wahlkreisen errungene Mandate verbleiben der Partei auch dann, wenn sie die nach Absatz 1 ermittelte Zahl übersteigen. In einem solchen Fall erhöht sich die Gesamtzahl der für das Land vorgesehenen Abgeordnetensitze um die gleiche Zahl; eine erneute Berechnung nach Absatz 1 findet nicht statt."
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b) Während das Gesetz für die erste Wahl zum Deutschen Bundestag noch ein Verhältnis der Wahlkreis- und Listenmandate von 60 : 40 vorsah, legte das Wahlgesetz zum zweiten Bundestag und zur Bundesversammlung vom 8. Juli 1953 (BGBl. I S. 470) ein Verhältnis von 50 : 50 fest. Die Frage der Überhangmandate spielte bei den Beratungen nur am Rande eine Rolle (vgl. dazu BTStenBer I/13459).
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c) Im Zuge der Beratungen zum Bundeswahlgesetz vom 7. Mai 1956 (BGBl. I S. 383) setzte der zweite Deutsche Bundestag einen Wahlrechtsausschuß ein, in dem u.a. die Varianten "Bundesliste", "Landeslisten" und "Listenverbindungen" eingehend diskutiert wurden. Dabei betonte der Abgeordnete Mattick (SPD), in einem wirklichen Proporzsystem müßten die Überhangmandate auf die Bundesliste angerechnet werden (vgl. die Stenographischen Berichte des Wahlrechtsausschusses, 6. Sitzung, S. 13). Im folgenden scheiterte die Bundesliste im Ausschuß knapp mit 10 zu 11 Stimmen; statt dessen verständigte man sich auf die Möglichkeit einer parteiinternen Verbindung der Landeslisten, wie sie später auch vom Plenum beschlossen wurde (vgl. § 7 Abs. 1 und 2 BWG 1956). Für die Listenverbindungen wurde in § 7 Abs. 3 BWG 1956 die Unterverteilung auf die Landeslisten geregelt. Die bisherige Regelung zu den Überhangmandaten wurde - auch für die Listenverbindungen - übernommen (vgl. § 7 Abs. 3 i.V.m. § 6 Abs. 3 BWG 1956).
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d) Von der Möglichkeit der Listenverbindung haben in der Folgezeit sämtliche Parteien, die sich nicht lediglich in einem Bundesland zur Wahl gestellt haben, Gebrauch gemacht. Dieser Entwicklung trug der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 24. Juni 1975 (BGBl. I S. 1593) Rechnung. Nach der seither geltenden Fassung des § 7 Abs. 1 BWG ist von einer Listenverbindung auszugehen, wenn eine Partei nichts Gegenteiliges erklärt.
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3. Nach dem Wahlrecht der Bundesländer können Überhangmandate in allen Ländern außer in Bremen, Hamburg und dem Saarland entstehen. Für diesen Fall sehen die Wahlgesetze der jeweiligen Bundesländer zumindest einen beschränkten Ausgleich angefallener Überhangmandate vor
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(vgl. hierzu: Bayern: Art. 38 Abs. 1, 43 Abs. 2 Satz 2; Baden-Württemberg: §§ 2 Abs. 3 Satz 1, 2 Abs. 4 Satz 1; Berlin: §§ 15 Abs. 1, 19 Abs. 2; Brandenburg: §§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 7; Hessen: §§ 8, 10 Abs. 5 Satz 2; Mecklenburg- Vorpommern: §§ 1 Abs. 2, 4 Abs. 6 Sätze 2 bis 4; Niedersachsen: §§ 1 Abs. 3, 33 Abs. 7 Sätze 2 und 3; Nordrhein-Westfalen: §§ 26 Abs. 1 Satz 1, 33 Abs. 4 Sätze 2 bis 6; Rheinland- Pfalz: §§ 27, 30 Abs. 2; Sachsen: §§ 4, 6 Abs. 6; Sachsen- Anhalt: §§ 1 Abs. 1, 27 Abs. 1, 35 Abs. 8; Schleswig-Holstein: §§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 4 Sätze 2 bis 4; Thüringen: §§ 3, 5 Abs. 6).
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4. Überhangmandate fielen bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag wie folgt an:
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Wahljahr; ÜM gesamt; begünstigte Partei; begünstigte Landesliste
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1949; 2; SPD (1) CDU (1); Bremen Baden-Württemberg
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1953; 3; CDU (2) DP (1); Schleswig-Holstein Hamburg
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1957; 3; CDU (3); Schleswig-Holstein
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1961; 5; CDU (5); Schleswig-Holstein
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1980; 1; SPD (1); Schleswig-Holstein
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1983; 2; SPD (2); Bremen (1) Hamburg (1)
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1987; 1; CDU (1); Baden-Württemberg
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1990; 6; CDU (6); Mecklenburg-Vorpommern (2) Sachsen-Anhalt (3) Thüringen (1)
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1994; 16; CDU (12); Baden-Württemberg (2) Mecklenburg-Vorpommern (2) Sachsen-Anhalt (2) Sachsen (3) Thüringen (3)
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SPD (4); Bremen (1) Brandenburg (3)
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II.
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Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Regelungen der §§ 7 Abs. 3 Satz 2, 6 Abs. 5 Satz 2 BWG seien unvereinbar mit der von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Wahlgleichheit.
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1. Der im Demokratiegebot wurzelnde Grundsatz der gleichen Wahl sei in einem strikteren Sinne als der allgemeine Gleichheitssatz zu verstehen. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG lege die notwendigen Bedingungen für eine demokratische Wahl fest und weise dem Gesetzgeber lediglich die Ausgestaltung des Wahlrechts im einzelnen zu. Dem Gesetzgeber komme daher bei der Ausgestaltung des Wahlrechts nur ein enger Ermessensspielraum zu.
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Welche Anforderungen aus dem Grundsatz der gleichen Wahl im einzelnen abzuleiten seien, hänge davon ab, für welches Wahlsystem sich der Gesetzgeber entschieden habe. Bei der Verhältniswahl werde durch Art. 38 Abs. 1 GG nicht nur Zählwertgleichheit, sondern auch strikte Erfolgswertgleichheit aller Wählerstimmen gefordert. Abweichungen von der Gleichheit des Erfolgswerts seien nur zum Schutz fundamentaler Verfassungswerte zulässig.
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Das geltende Wahlrecht sei nicht als ein Mischsystem, sondern als Verhältniswahl zu qualifizieren. Durch die dem Verhältnisausgleich vorgeschaltete Mehrheitswahl werde dies nicht in Frage gestellt. Wenn § 5 Satz 2 BWG bestimme, daß die Abgeordneten in den Wahlkreisen mit relativer Mehrheit zu wählen seien, werde allein die Technik der Mehrheitswahl übernommen, nicht aber deren mehrheitsbildende Funktion. Mit der Erststimme solle der Wähler lediglich Einfluß auf die personelle Zusammensetzung des Bundestages erhalten.
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2. Den für die Verhältniswahl geltenden verfassungsrechtlichen Vorgaben würden die §§ 7 Abs. 3 Satz 2, 6 Abs. 5 Satz 2 BWG nicht gerecht. Wie die im Jahr 1994 durchgeführte Bundestagswahl zeige, führe die Zulassung von Überhangmandaten ohne Kompensation zu erheblichen Erfolgswertdifferenzierungen. Bundesweit habe die CDU für die ihr zugeteilten Mandate etwa 830.000 und die SPD etwa 277.000 Zweitstimmen weniger als bei einer proporzgerechten Mandatsverteilung aufbringen müssen. Ein rechtfertigender Grund für diesen gravierenden Eingriff in die Wahlgleichheit sei nicht gegeben.
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Das besondere Anliegen der personalisierten Verhältniswahl, das in einer engeren Bindung eines Teils der Abgeordneten an die Wähler im Wahlkreis zu sehen sei, sei auch dann zu erreichen, wenn eine dem Zweitstimmenergebnis entsprechende Sitzverteilung durch Kompensationsmaßnahmen wiederhergestellt werde. Dies könne mit Blick auf § 5 BWG zwar nicht dadurch geschehen, daß den Wahlkreiskandidaten ihr Mandat vorenthalten werde. Doch könnten Überhangmandate in der Weise verrechnet werden, daß bei der durch sie begünstigten Partei eine entsprechende Zahl von Listenmandaten, die sie in anderen Bundesländern errungen habe, entfalle. Eine mit der Verrechnung verbundene Störung des Verhältnisses der Repräsentanz einzelner Länder im Bundestag sei unerheblich, weil es sich beim Bundestag nicht um ein föderales, sondern ein unitarisches Staatsorgan handele. Im übrigen sei die Störung des Länderproporzes weitgehend eine Folge der Überhangmandate und nicht erst ihrer Verrechnung. Ohnehin könne die Verrechnung so durchgeführt werden, daß sich dabei die durch die Überhangmandate hervorgerufenen Ungleichgewichte im Verhältnis der Landeslisten zueinander praktisch nicht mehr verstärkten; dies sei dadurch zu erreichen, daß die Länder, in denen Überhangmandate angefallen seien, bei der Zuweisung der Listenmandate nicht berücksichtigt würden. Davon abgesehen bestehe die Möglichkeit, den nicht von Überhangmandaten begünstigten Parteien bis zur Wiederherstellung des Proporzes Ausgleichsmandate zuzuweisen. Nicht die Zuweisung von Ausgleichsmandaten führe zu Verzerrungen bei der Repräsentation der einzelnen Länder im Bundestag; diese Verschiebungen beruhten vielmehr auf dem Anfall der Überhangmandate.
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3. § 7 Abs. 3 Satz 2 BWG sei von Verfassungs wegen auch darum zu beanstanden, weil er gravierende Systembrüche enthalte. Seit der Neufassung des § 7 Abs. 1 BWG im Jahr 1975 hätten sich die bundesweit tätigen Parteien faktisch mit einer in Landeslisten gegliederten Bundesliste an den Bundestagswahlen beteiligt. Nach dieser Novellierung des Bundeswahlgesetzes hätte es dem Gebot der Folgerichtigkeit entsprochen, das Verfahren der Verrechnung von Erst- und Zweitstimmen an die neue Rechtslage anzupassen. Konsequent wäre es gewesen, die Zahl der im Wahlgebiet von der Listenverbindung gewonnenen Direktmandate von der Zahl der jeder Listenverbindung nach § 6 Abs. 2 BWG zustehenden Sitze abzurechnen. Der erste Systembruch sei darin zu erblicken, daß der Gesetzgeber dies unterlassen und den Verhältnisausgleich in § 7 Abs. 3 BWG geregelt habe, der allein die Unterverteilung der Sitze auf die Landeslisten betreffe. Damit löse er das durch den Anfall von Überhangmandaten entstandene Binnenverteilungsproblem innerhalb einer Partei systemwidrig auf Kosten der übrigen Parteien. Eine weitere Ungereimtheit bestehe darin, daß die kraft Gesetzes verbundenen Landeslisten allen Parteien den Vorteil einer bundesweiten Verwertung von Reststimmen eröffneten, der Nachteil einer Verrechnung angefallener Überhangmandate den Parteien aber nicht zugemutet werde.
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4. Die inkonsequente Ausgestaltung des geltenden Rechts führe zu unsinnigen Ergebnissen bei der Sitzzuteilung. Sie ermögliche etwa, daß eine Partei um so mehr Mandate gewinne, je weniger Stimmen sie erhalte. So würde beispielsweise die CDU bei der Bundestagswahl von 1994 noch zwei Mandate mehr gewonnen haben, wenn sie in Thüringen 4.000 und in Sachsen 41.000 Zweitstimmen weniger erhalten hätte. In diesem Fall wäre bei der Zuweisung von Mandaten nach Bruchteilen ganzer Zahlen je ein (Listen- )Mandat nach Hessen und Niedersachsen gefallen statt - wie tatsächlich geschehen - nach Thüringen und Sachsen; wegen des dort bestehenden Überhangs von Direktmandaten wäre dies auf die Zahl der dort insgesamt von der CDU errungenen Mandate jedoch ohne Einfluß geblieben.
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III.
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Das Bundesverfassungsgericht hat dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, den Regierungen der Länder und den im Bundestag vertretenen politischen Parteien Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
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Im Namen der Bundesregierung hat das Bundesministerium des Innern Stellung genommen. Es hält den Normenkontrollantrag für unbegründet. Wenngleich Differenzierungen der Wahlrechtsgleichheit zu ihrer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung stets eines zwingenden Grundes bedürften, so stehe doch dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Wahlrechts ein weiter Spielraum zu. Art. 38 Abs. 3 GG überlasse dem Gesetzgeber die Bestimmung des Wahlsystems. Das geltende Wahlrecht sehe kein reines Verhältniswahlrecht vor. Der Gesetzgeber habe sich vielmehr für eine "mit der Personenwahl verbundene Verhältniswahl" entschieden und damit die Verhältniswahl mit Elementen der Mehrheitswahl verbunden.
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Würden Überhangmandate ausgeglichen oder verrechnet, so würde dem Anliegen der personalisierten Verhältniswahl nicht mehr in vollem Umfang entsprochen. Denn dieses Anliegen bestehe auch darin, den Parteien einen Anreiz für die Aufstellung besonders attraktiver Wahlkreisbewerber zu geben; auf diese Weise sollten die Parteien verstärkt zu einer "Politik vor Ort" und damit zum Streben nach Bürgernähe bewogen werden. Entfalle infolge einer Kompensation von Überhangmandaten die "Anreizwirkung" für eine solche bürgernahe Politik, so sei damit zu rechnen, daß die Parteien in ihrem Bemühen um die Aufstellung zugkräftiger Bewerber im Wahlkreis nachließen.
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Durch eine bundesweite Verrechnung würden die durch Überhangmandate eingetretenen Ungleichgewichte bei der Repräsentation der Länder im Bundestag erheblich verstärkt; der Erfolgswert der Zweitstimmen in den Ländern, in denen Listenmandate durch Verrechnung entfielen, sei geringer als der Erfolgswert der Zweitstimmen in den Ländern mit Überhangmandaten. Dies verletze nicht nur den Gleichheitssatz, sondern vernachlässige auch die föderale Komponente, die das Bundeswahlgesetz zu einem systembestimmenden Merkmal des geltenden Wahlrechts gemacht habe. Die Wahl mit Landeslisten solle eine verhältnismäßige Repräsentation der Länder im Bundestag gewährleisten. Daher verbiete es sich, das Festhalten am System der Landeslisten als einen Systembruch zu werten.
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Auch Ausgleichsmodelle seien mit Nachteilen verbunden. Ein vollständiger Ausgleich, der auch im Verhältnis der einzelnen Landeslisten zueinander eine proportionale Sitzverteilung gewährleiste, hätte im Fall der Bundestagswahl von 1994 zu einer staatspolitisch nicht mehr tragbaren Zahl von 891 Abgeordneten geführt. Es sei legitim, wenn der Gesetzgeber die damit verbundene Schwächung der Effektivität der parlamentarischen Arbeit vermeiden wolle. Als Alternative komme daher allein ein teilweiser Ausgleich der angefallenen Überhangmandate in Betracht, bei dem jedoch das Problem der ungleichgewichtigen Repräsentation der Länder im Bundestag bestehen bleibe. Weise man Ausgleichsmandate nur den Landeslisten der Bundesländer zu, in denen keine Überhangmandate entstanden seien, könne hierdurch zwar das Kräfteverhältnis der Landeslisten einer Partei in gewisser Weise ausgeglichen werden. Allerdings könne nicht danach differenziert werden, wieviele Überhangmandate in einem Land entstanden seien; Länder mit einem Überhangmandat würden ebenso behandelt wie Länder mit mehreren Überhangmandaten.
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Die exakten Wirkungszusammenhänge bei der Entstehung von Überhangmandaten seien angesichts ihrer "multifaktoriellen Ursachen" nicht im einzelnen vorhersehbar. Das gelte auch für den Faktor Wahlkreiseinteilung. Zwar seien die derzeit zulässigen Abweichungen vom Bevölkerungsdurchschnitt je Wahlkreis (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2 BWG) zu weit gezogen. Die gesetzlichen Grenzen seien aber bei der letzten Bundestagswahl eingehalten worden; schon deshalb könne von einer evident unkorrekten Wahlkreiseinteilung nicht die Rede sein.
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IV.
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Der Bundeswahlleiter hat zu den Ursachen für das Entstehen von Überhangmandaten Untersuchungen angestellt, deren Ergebnisse von der Bundesregierung in das Verfahren eingeführt und vom Bundeswahlleiter in der mündlichen Verhandlung erläutert und vertieft worden sind. Hierbei wurden insbesondere die Umstände ermittelt, die dazu führen, daß eine Partei in einem Bundesland weniger Sitze nach Zweitstimmenergebnissen erzielt als sie Wahlkreise gewinnt.
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Die für die Wahlkreiseinteilung maßgeblichen Spielräume des § 3 Abs. 2 BWG seien so großzügig, daß auch bei Einhaltung dieser Vorgaben ein Potential für Überhangmandate entstehen könne. Das gelte insbesondere, wenn sich in den Wahlkreisen eines Bundeslandes Abweichungen nach unten häuften, wie dies bei einigen der neuen Bundesländer der Fall sei. Aber selbst bei einem idealen Zuschnitt der Wahlkreise wären bei der letzten Bundestagswahl wahrscheinlich zehn Überhangmandate angefallen. Zudem basiere die Wahlkreiseinteilung auf den amtlichen Bevölkerungszahlen für die deutsche Bevölkerung, die nicht zwischen wahlberechtigten und nicht wahlberechtigten Personen differenziere. Daher begünstige ein überdurchschnittlicher Anteil von Kindern und Jugendlichen im jeweiligen Bundesland das Entstehen von Überhangmandaten.
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Weitere Faktoren seien eine unterdurchschnittliche Wahlbeteiligung und ein überdurchschnittlicher Anteil von ungültigen Zweitstimmen in einem Bundesland. Ferner erhöhe die Anzahl der in den Bundestag einziehenden Parteien die Wahrscheinlichkeit von Überhangmandaten; jede weitere Partei binde Zweitstimmen, die den großen Parteien zur proportionalen Absicherung der - oft nur mit knapper relativer Mehrheit - errungenen Wahlkreismandate fehlten. Unabhängig von diesen Faktoren würden Überhangmandate beim "individuellen Stimmensplitting" wahrscheinlicher. So dürften die bei der Bundestagswahl 1994 zugunsten der CDU in Baden-Württemberg angefallenen zwei Überhangmandate auf ein gezieltes Stimmensplitting zurückzuführen sein. Ferner hat es der Bundeswahlleiter in der mündlichen Verhandlung für möglich gehalten, daß einer Partei auf der Grundlage des geltenden Rechts gerade deshalb mehr Sitze zuzuteilen seien, weil sie in bestimmten Bundesländern weniger Stimmen erhalten habe.
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Darüber hinaus lasse sich jedoch nicht feststellen, welche der Ursachen im einzelnen zu einem Überhangmandat geführt habe. Die für das Entstehen von Überhangmandaten in Betracht kommenden Faktoren könnten sich gegenseitig verstärken, aber auch neutralisieren. Mit Blick auf die Bundestagswahl 1994 dürfte etwa die hohe Wahlbeteiligung im Saarland dort das Entstehen eines Überhangmandats verhindert haben. Baden-Württemberg habe zu große Wahlkreise gehabt; bei einer am Bevölkerungsdurchschnitt besser orientierten Wahlkreiseinteilung wäre dort aber mit großer Wahrscheinlichkeit ein weiteres Überhangmandat entstanden.
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Überhangmandate lassen sich nach Einschätzung des Bundeswahlleiters bei der personalisierten Verhältniswahl nicht durch eine Ausschaltung des Stimmensplittings vermeiden. Das wird auch durch die Mitteilungen der Landeswahlleiter von Baden-Württemberg, Nordrhein- Westfalen und Schleswig-Holstein bestätigt. In diesen Ländern sind bei den letzten Landtagswahlen Überhangmandate angefallen, obwohl die Landeswahlgesetze dieser Bundesländer den Wählern lediglich eine Stimme geben (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 LWG Baden-Württemberg, § 26 Abs. 1 Satz 1 LWG Nordrhein-Westfalen, § 1 Abs. 2 LWG Schleswig-Holstein).
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V.
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In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten das schriftsätzliche Vorbringen bekräftigt und vertieft. Für die Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag hat der Abgeordnete Schmidt (Salzgitter), für die Gruppe der PDS der Abgeordnete Dr. Gysi Stellung genommen.
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VI.
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Der Senat hat ein rechtsvergleichendes Gutachten zu der Frage eingeholt, welche Vorgaben in den westlichen europäischen Demokratien, in den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada für die Anpassung der Wahlkreise bei Bevölkerungsverschiebungen gelten. Wegen der Ergebnisse der Untersuchung wird auf das Gutachten des Max-Planck- Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Heidelberg vom 29. Januar 1997 Bezug genommen.
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Der zulässige Normenkontrollantrag der Regierung des Landes Niedersachsen stützt sich auf eine zutreffende Auslegung des § 7 Abs. 3 BWG. Entgegen einer Auffassung in der Literatur (vgl. Nicolaus, Demokratie, Verhältniswahl und Überhangmandate, 1995, S. 100 ff.; ders. NJW 1995, S. 1001 [1002 f.]; Hobe, JA 1996, S. 391 [395]) trifft nicht schon § 7 Abs. 2 BWG die Regelung, welche die Antragstellerin von Verfassungs wegen fordert.
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Die herrschende Auffassung und ständige Rechtspraxis verstehen die Verweisungen des § 7 Abs. 3 BWG auf § 6 BWG so, daß die Anrechnung von Direktmandaten auf den nach dem Zweitstimmenergebnis ermittelten Sitzanteil der jeweiligen Partei (Verhältnisausgleich) erst stattfinden soll, nachdem die Sitzzahl, die bei der Oberverteilung für die verbundene Liste ermittelt wurde, auf die einzelnen Landeslisten unterverteilt wurde. Die abweichende Auffassung entnimmt dem Sinn und Zweck des § 7 Abs. 2 BWG die Anordnung, angefallene Überhangmandate seien mit dem Sitzanteil der Listenverbindung zu verrechnen. Hiergegen sprechen der Wortlaut dieser Norm sowie historische und systematische Gründe.
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§ 7 Abs. 2 BWG stellt seinem Wortlaut nach klar, daß verbundene Listen in einer Oberverteilung der Sitze nach dem in § 6 Abs. 2 BWG festgelegten Verfahren so zu behandeln sind, als gäbe es eine einheitliche Bundesliste. Zum Schicksal etwaiger Überhangmandate verhält sich die Formulierung des § 7 Abs. 2 BWG nicht einmal andeutungsweise.
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Der Gesetzgeber des Bundeswahlgesetzes 1956 ging davon aus, daß nach seiner Regelung Überhangmandate der begünstigten Partei ohne Verrechnung verblieben (vgl. BTStenBer II/5322). Vor allem aber hat der Deutsche Bundestag als das nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 GG zur Wahlprüfung berufene Staatsorgan in 40jähriger Spruchpraxis die §§ 6 und 7 BWG stets im Sinne der herrschenden Auffassung angewandt. Er hat damit die von ihm selbst geschaffenen Regelungen authentisch im Sinne des herrschenden Verständnisses interpretiert.
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Systematisch vermag die Ableitung der Gegenauffassung aus § 7 Abs. 2 BWG nicht zu überzeugen, weil die Verweisung des § 7 Abs. 3 Satz 2 BWG auf § 6 Abs. 4 und 5 BWG bei diesem Verständnis weitgehend funktionslos wäre. Insbesondere wäre es geradezu irreführend, wenn § 7 Abs. 3 Satz 2 BWG durch Verweisung auf § 6 Abs. 5 Satz 2 1. Halbsatz BWG vorsähe, daß sich die Zahl der Sitze im Bundestag dadurch erhöht, daß die in dem Wahlkreis errungenen Sitze der Partei verbleiben. Bei einer bundesweiten Verrechnung würde es zu einer solchen Erhöhung praktisch nicht mehr kommen.
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§ 6 Abs. 5 Satz 2 und § 7 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 5 Satz 2 BWG sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz kann nach § 15 Abs. 3 Satz 3 BVerfGG wegen Stimmengleichheit im Senat nicht festgestellt werden.
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Nach der Auffassung der Richter Kruis, Kirchhof, Winter und Jentsch, welche die Entscheidung trägt, entsprechen die zur Prüfung gestellten Vorschriften der Verfassung (vgl. unten I. bis III.). Allerdings hat der Gesetzgeber darauf zu achten, daß sich die Zahl der Überhangmandate in Grenzen hält (vgl. unten IV.).
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I.
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1. Nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG werden die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz (Art. 38 Abs. 3 GG).
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Die dem Bundesgesetzgeber anvertraute Aufgabe zur Gestaltung des Wahlrechts erschöpft sich nicht in der Regelung technischer Einzelheiten, sondern erfordert schon im Hinblick auf die Auswahl des Wahlsystems und dessen Durchführung im einzelnen vielfältige Entscheidungen von großer Tragweite. Dem Bundesgesetzgeber ist hier ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt (vgl. BVerfGE 3, 19 [24]; 59, 119 [124]). Der Verfassunggeber hat bewußt darauf verzichtet, ein Wahlsystem und dessen Durchführung verfassungsrechtlich vorzuschreiben (vgl. JöR NF 1 [1951], S. 349 f. m.w.N.). Er hat damit ein Stück materiellen Verfassungsrechts offengelassen, das vom Wahlgesetzgeber auszufüllen ist.
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a) aa) Der Gesetzgeber darf in Ausführung dieses Regelungsauftrags das Verfahren der Wahl zum Deutschen Bundestag als Mehrheitswahl oder als Verhältniswahl gestalten; er darf auch beide Wahlsysteme miteinander verbinden (vgl. BVerfGE 6, 84 [90]; 6, 104 [111]). Doch verlangt Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG stets, daß "die Abgeordneten" gewählt werden. Damit schließt die Verfassung eine bloße Parteienwahl aus. In dem besonderen Spannungsverhältnis zwischen Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG, der die Personenwahl im Parteienstaat garantiert (vgl. BVerfGE 7, 63 [68]) und die Konsequenzen des Parteienstaates durch ein Bekenntnis zum repräsentativen Status des Abgeordneten mäßigt (vgl. BVerfGE 11, 266 [273]), und Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG, der die Mitwirkung der Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes anerkennt (vgl. BVerfGE, a.a.O.) und damit den Parteien eine herausragende Stellung im Wahlrecht zuweist (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG; vgl. auch BVerfGE 85, 264 [284]), hat der Gesetzgeber bei der Regelung des Wahlverfahrens einen Entscheidungsspielraum zwischen dem Modell der Mehrheitswahl (Wahlkreisbewerber) und dem der Verhältniswahl (Listenbewerber).
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bb) Der Gesetzgeber darf sich auch auf den gliedstaatlichen Aufbau der Bundesrepublik Deutschland stützen. Auf dieser Grundlage findet das politische Leben bereits in den Ländern eine staatliche Gliederung vor, in der sich die Parteien als Landesparteien oder als Verbände von Bundesparteien formieren (vgl. § 2 PartG). Die Rücksichtnahme auf die bundesstaatliche Gliederung und auf den daraus folgenden Aufbau der Parteien auch im Wahlrecht ist damit verfassungsrechtlich legitimiert.
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cc) Die Vorgabe der Verfassung, daß die Abgeordneten in unmittelbarer, freier und gleicher Wahl zu wählen seien, verlangt allerdings vom Gesetzgeber ein Wahlverfahren, das eine selbstbestimmte und rationale Entscheidung des Wählers ermöglicht. Das Verfahren muß mit hinreichender Zuverlässigkeit zu Wahlergebnissen führen, in denen die Gewichtung der gesetzlichen Vorgaben deutlich zum Ausdruck kommt. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl verbietet nicht nur die indirekte Wahl; er fordert auch ein Wahlverfahren, in dem der Wähler vor dem Wahlakt erkennen kann, welche Personen sich um ein Abgeordnetenmandat bewerben und wie sich die eigene Stimmabgabe auf Erfolg oder Mißerfolg der Wahlbewerber auswirken kann (vgl. dazu auch BVerfGE 47, 253 [279 ff.]). In diesem Gewährleistungsinhalt berührt sich die Unmittelbarkeit der Wahl mit dem Grundsatz der Wahlfreiheit, der nicht nur eine Ausübung des Wahlrechts ohne Zwang oder sonstige unzulässige Beeinflussung von außen sichert (vgl. BVerfGE 7, 63 [69]; 47, 253 [282]), sondern auch eine Gestaltung des Wahlverfahrens verbietet, das die Entschließungsfreiheit des Wählers in einer innerhalb des gewählten Wahlsystems vermeidbaren Weise verengt (vgl. BVerfGE 47, 253 [283]).
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b) Der Offenheit des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG war sich auch der historische Gesetzgeber stets bewußt. Dies belegt die Entstehungsgeschichte des Bundeswahlgesetzes:
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aa) Mit dem Wahlgesetz 1949 (Wahlgesetz zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Juni 1949 [BGBl. S. 21]), geändert durch Gesetz vom 5. August 1949 (BGBl. S. 25) und dem Wahlgesetz 1953 (Wahlgesetz zum zweiten Bundestag und zur Bundesversammlung vom 8. Juli 1953 [BGBl. I S. 470]) waren erste Versuche unternommen worden, zwischen gegenläufigen Wahlmodellen zu vermitteln.
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(1) Das Wahlgesetz 1949 für die Wahl zum ersten Deutschen Bundestag hatte gemäß Art. 137 Abs. 2 GG der Parlamentarische Rat zu erlassen, der für diese Aufgabe einen Ausschuß für Wahlrechtsfragen bildete. Die erste Verhandlungsphase des Ausschusses für Wahlrechtsfragen war geprägt von Grundsatzdiskussionen über das Wahlsystem, wobei sowohl das Mehrheitswahlrecht in verschiedenen Ausformungen wie auch das reine Verhältniswahlsystem in Erwägung gezogen wurden. Im Ausschuß fand jedoch keines dieser Modelle eine Mehrheit (vgl. Protokolle der 8. Sitzung des Ausschusses für Wahlrechtsfragen vom 14. Oktober 1948, Parlamentarischer Rat Bd. 6, S. 209, 213).
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Im Laufe der Beratungen einigte sich der Wahlrechtsausschuß auf der Grundlage des Entwurfs des Ausschußmitglieds Diederichs (SPD) auf eine Bundesliste und darauf, daß die in den Wahlkreisen erworbenen Mandate mit den sich aus der Listenwahl ergebenden Mandaten verrechnet werden sollten (vgl. dazu Ziff. 1 bis 8 der Anlage zur PRDrucks Nr. 554/II). Nachdem die Alliierten ein stärkeres Gewicht des Mehrheitswahlrechts gefordert hatten (vgl. Parlamentarischer Rat Bd. 6, S. XXXIX), entfiel die Bundesliste. Auf Einwendungen der Ministerpräsidenten wurde schließlich das Verhältnis von Wahlkreis- und Listenkandidaten von 50 : 50 zugunsten der Wahlkreiskandidaten auf 60 : 40 festgelegt. Den Mitgliedern des Wahlrechtsausschusses war von Anfang an bewußt, daß sich bei dem gewählten Wahlsystem Überhangmandate ergeben können (vgl. Parlamentarischer Rat Bd. 6, S. 791).
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(2) Im zweiten Wahlgesetz 1953, das entgegen der ursprünglichen Absicht wiederum nur ein Provisorium bildete (vgl. zur Entstehung des ersten und zweiten Wahlgesetzes, Badura in: Bonner Kommentar, Stand: September 1987, Anhang zu Art. 38 Rn. 39 f. m.w.N.), wurde das Verhältnis von Direkt- und Listenmandaten auf 50 : 50 festgelegt. Im übrigen verblieb es bei der bisherigen Regelung.
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bb) Erst das Wahlgesetz 1956 hat der Wahl des Deutschen Bundestages eine kontinuierliche Grundlage gegeben. Auch in diesem Gesetzgebungsverfahren hatten die Abgeordneten der verschiedenen Parteien gegensätzliche Vorstellungen über das Wahlsystem. In dem während der Beratungen gebildeten Sonderausschuß fand schließlich der Vorschlag der F.D.P. eine Mehrheit, der sich vom Wahlgesetz 1953 im wesentlichen nur dadurch unterschied, daß die Zahl der den einzelnen Ländern zugewiesenen Sitze nicht mehr festgeschrieben war. Damit wurde an dem in den ersten beiden Wahlgesetzen gefundenen Kompromiß festgehalten und das bereits praktizierte Wahlsystem festgeschrieben.
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2. Verhältnis- und Mehrheitswahl verschaffen den Abgeordneten und damit dem Parlament demokratische Legitimation in je eigener, voneinander ganz verschiedener Weise, ohne daß dem einen oder anderen Wahlsystem unter dem Gesichtspunkt der repräsentativen Demokratie (Art. 20 Abs. 2 Satz 2, 38 Abs. 1 Satz 2 GG) ein Vorrang zuerkannt werden könnte.
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Das Verhältniswahlrecht bewirkt die Repräsentation dadurch, daß die Parteien ihre Kandidaten und Programme den Wahlberechtigten vorstellen und die Wähler in der Wahl einer Liste die Entscheidung für eine parteipolitische Richtung treffen. Die Verhältniswahl in strikter Ausprägung macht das Parlament zum getreuen Spiegelbild der parteipolitischen Gruppierung der Wählerschaft, in dem jede politische Richtung in der Stärke vertreten ist, die dem Gesamtanteil der für sie im Staat abgegebenen Stimmen entspricht (vgl. BVerfGE 1, 208 [244]).
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Demgegenüber bestimmt bei der Mehrheitswahl die Mehrheit der gültigen Stimmen den erfolgreichen Kandidaten; die übrigen Stimmen bleiben ohne Auswirkung auf die Zusammensetzung des Parlaments. Die Mehrheitswahl sichert eine engere persönliche Beziehung des Abgeordneten zu dem Wahlkreis, in dem er gewählt worden ist (BVerfGE 7, 63 [74]; 16, 130 [140]; 41, 399 [423]). Die Wahl des Abgeordneten als Person - und nicht als Exponent einer Partei - stärkt den repräsentativen Status des Abgeordneten als Vertreter des ganzen Volkes (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG; vgl. BVerfGE 11, 266 [273]), stützt die nach Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG gebotene innerparteiliche Demokratie und gibt dem Vertrauen des Wählers zu seinem Repräsentanten eine persönlichkeitsbestimmte Grundlage.
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3. Aus dem Grundsatz der Wahlgleichheit (Art. 38 Abs. 1 GG) folgt für das Wahlgesetz, daß die Stimme eines jeden Wahlberechtigten den gleichen Zählwert und die gleiche rechtliche Erfolgschance haben muß. Maßgeblich ist hierbei eine Betrachtung ex ante. Dieses Gleichheitserfordernis wendet sich historisch gegen eine unterschiedliche Gewichtung der Stimmen nach der Person des Wählers, seiner Zugehörigkeit zu einer Klasse oder seinen Vermögensverhältnissen (vgl. BVerfGE 6, 84 [91]); es wahrt heute eine Chancengleichheit im strengen und formalen Sinne (vgl. zuletzt BVerfGE 82, 322 [337]; stRspr).
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Die in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich vorgegebene Wahlgleichheit wirkt sich in der Mehrheitswahl und in der Verhältniswahl jeweils unterschiedlich aus:
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Dem Zweck der Mehrheitswahl entspricht es, daß nur die für den Mehrheitskandidaten abgegebenen Stimmen mit gleichem Zählwert zur Mandatszuteilung führen. Die auf den Minderheitskandidaten entfallenden Stimmen bleiben hingegen bei der Vergabe der Parlamentssitze unberücksichtigt. Die Wahlgleichheit fordert hier, daß bei der Wahl von Abgeordneten in sogenannten Ein-Personen- Wahlkreisen (Personenwahl) alle Wähler auf der Grundlage möglichst gleichgroßer Wahlkreise, bemessen nach der Zahl der in ihnen zusammengefaßten deutschen Bevölkerung, und damit mit annähernd gleichem Stimmgewicht am Kreationsvorgang teilnehmen können.
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Hingegen bedeutet Wahlgleichheit bei der Verhältniswahl, daß jeder Wähler mit seiner Stimme den gleichen Einfluß auf die parteipolitische Zusammensetzung des Parlaments haben kann (vgl. BVerfGE 1, 208 [246 f.]; 16, 130 [139]; stRspr). Daraus ergeben sich Anforderungen einer spezifischen Erfolgswertgleichheit der Verhältniswahl für das Sitzzuteilungsverfahren nach der Stimmabgabe, in welchem die Zahlen der für die Listen abgegebenen Stimmen zueinander ins Verhältnis gesetzt und danach die in der Listenwahl zu vergebenden Sitze zugeteilt werden.
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4. Die Entscheidung für ein bestimmtes Wahlsystem, entweder für die Verhältnis- oder für die Mehrheitswahl oder für eine Kombination beider Systeme, bedeutet zugleich, daß der Gesetzgeber die im Rahmen des jeweiligen Systems geltenden Maßstäbe der Wahlgleichheit zu beachten hat. Der Gesetzgeber gibt dem Wähler jeweils die Wege vor, auf denen sich für sie die Wahlgleichheit verwirklicht (vgl. BVerfGE 1, 208 [246]). Wie bereits dargelegt, ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, alle Sitze im Deutschen Bundestag letztlich nach dem Verhältnis der für die Parteien abgegebenen Stimmen zu verteilen (vgl. oben 1. a). Vielmehr eröffnet Art. 38 Abs. 3 GG dem Gesetzgeber einen breiten Entscheidungsspielraum, der etwa eine Wahl des Deutschen Bundestages hälftig nach dem Mehrheits- und hälftig nach dem Verhältniswahlprinzip zuließe (Grabensystem), eine Erstreckung des Verhältniswahlprinzips auf die gesamte Sitzverteilung unter Vorbehalt angemessener Gewichtung der Direktmandate gestattete (wie das geltende Wahlrecht dies vorsieht), aber auch andere Kombinationen erlaubte, wenn dabei die Gleichheit der Wahl im jeweiligen Teilwahlsystem gewahrt wird, die Systeme sachgerecht zusammenwirken und Unmittelbarkeit und Freiheit der Wahl nicht gefährdet werden. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber innerhalb seines ihm verfassungsrechtlich vorgegebenen Spielraums für die Gestaltung des Wahlsystems eine zweckmäßige oder rechtspolitisch vorzugswürdige Lösung gefunden hat (vgl. BVerfGE 3, 19 [24 f.]; 3, 383 [394]).
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II.
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Das geltende Bundestagswahlgesetz charakterisiert das von ihm gestaltete Wahlrecht als eine mit der Personenwahl verbundene Verhältniswahl (§ 1 Abs. 1 Satz 2 BWG). Im einzelnen gilt folgendes:
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1. Von 656 Abgeordneten, aus denen der Deutsche Bundestag vorbehaltlich der sich aus dem Gesetz ergebenden Abweichungen besteht, wird je die Hälfte nach Kreiswahlvorschlägen in den Wahlkreisen (Wahlkreismandate) und nach Landeswahlvorschlägen (Landeslistenmandate) gewählt (§ 1 Abs. 2 BWG). Jeder Wähler hat zwei Stimmen, eine Erststimme für die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten und eine Zweitstimme für die Wahl einer Landesliste (§ 4 BWG). Die Landeslisten sind den Parteien vorbehalten (§ 27 Abs. 1 Satz 1 BWG). Mehrere Landeslisten einer Partei gelten als verbunden, solange nicht die Partei ihre Trennung verlangt (§ 7 Abs. 1 BWG).
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2. Die Wahl der 328 Wahlkreisabgeordneten beurteilt sich nach den Maßstäben der Mehrheitswahl. § 5 Satz 1 BWG sieht vor, daß in jedem Wahlkreis ein Abgeordneter gewählt wird. Dazu wird das Wahlgebiet in Wahlkreise eingeteilt (§ 2 Abs. 2 BWG). Gewählt ist der Bewerber, der die meisten Stimmen auf sich vereinigt (§ 5 Satz 2 BWG). Bei der Wahl der übrigen Abgeordneten nach Landeslisten handelt es sich dagegen um eine Verhältniswahl. Außerdem findet zugleich - gewissermaßen auf einer zweiten Stufe - ein Verhältnisausgleich auf der Grundlage der im Land von der Partei errungenen Listenmandate statt.
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a) Für die Verteilung der nach den Landeslisten zu vergebenden Sitze werden zunächst die für jede Landesliste oder Listenverbindung abgegebenen Zweitstimmen zusammengezählt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BWG). Die in § 1 Abs. 1 BWG vorgesehene Gesamtzahl von 656 Abgeordneten des Bundestages - abzüglich der in § 6 Abs. 1 Satz 3 BWG genannten Mandate - wird auf die Listen oder Listenverbindungen im Verhältnis der Summen der Zweitstimmen im Verfahren Hare-Niemeyer verteilt (§ 6 Abs. 2 Satz 2 bis 5 BWG). Dabei bleiben die Parteien unberücksichtigt, die nicht wenigstens 5 v.H. der im Wahlgebiet abgegebenen Zweitstimmen erhalten oder nicht in mindestens drei Wahlkreisen einen Sitz errungen haben (§ 6 Abs. 6 BWG). Die auf eine Listenverbindung entfallenden Sitze werden anschließend auf die beteiligten Listen ebenfalls im Verhältnis der Summen ihrer Zweitstimmen im Verfahren Hare-Niemeyer verteilt (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BWG).
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b) Von der so für jede Landesliste ermittelten Abgeordnetenzahl wird die Zahl der von der Partei in den Wahlkreisen des betreffenden Landes errungenen Wahlkreismandate abgerechnet (§ 6 Abs. 4 Satz 1 BWG). Die restlichen Sitze werden aus der Landesliste in der dort festgelegten Reihenfolge besetzt; Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt (§ 6 Abs. 4 Satz 2 und 3 BWG). Durch die in § 6 Abs. 4 BWG vorgeschriebene Verrechnung der Wahlkreismandate mit den Sitzen, die jeder Partei aufgrund der Zweitstimmen in einem Land zustehen, wird die Gesamtzahl der Sitze - unbeschadet der vorgeschalteten Personenwahl - so auf die Parteien verteilt, wie es dem Verhältnis der Summen ihrer Zweitstimmen entspricht.
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3. Die Verbindung der Verhältniswahl mit Elementen der Mehrheitswahl führt dazu, daß die Abrechnung der unmittelbar errungenen Mandate nicht stets einen vollen Ausgleich der Sitzverteilung im Sinne des Proporzes bewirken kann und soll. Der Gesetzgeber hat in § 6 Abs. 5 Satz 1 BWG klargestellt, daß die im jeweiligen Land in den Wahlkreisen errungenen Sitze einer Partei verbleiben. Dadurch erhöht sich die Gesamtzahl der Mitglieder des Bundestages entsprechend (§ 6 Abs. 5 Satz 2 BWG). Dieses Ergebnis hält der Gesetzgeber auch bei den Listenverbindungen aufrecht; die Verteilungsgrundsätze gelten dort gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 BWG entsprechend. Überhangmandate entstehen mithin als Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, daß Wahlkreismandate auf die Sitze der Landesliste verrechnet werden sollen, die unterschiedlichen Wahlerfolge der Direktwahl und der Listenwahl im Land jedoch eine solche Verrechnung nicht stets (voll) zulassen.
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Damit hat der Gesetzgeber den Proporz nach Zweitstimmen nicht zum ausschließlichen Verteilungssystem erhoben. Das Wahlsystem ist darauf angelegt, daß die Ergebnisse der vorgeschalteten Mehrheitswahl erhalten bleiben. Der in § 6 Abs. 4 BWG angeordnete Verhältnisausgleich geht nur soweit, als er die durch die Mehrheitswahl errungenen Mandate aufnehmen kann. Der Gesetzgeber hat die Verhältniswahl von vornherein mit Elementen der Mehrheitswahl verbunden, die nicht nur für die personelle Auswahl unter den Wahlkreiskandidaten von Bedeutung sind, sondern auch infolge der systembedingten Möglichkeit des Anfalls von Überhangmandaten die parteipolitische Zusammensetzung des Bundestages beeinflussen können. Tatsächlich sind bei neun der insgesamt dreizehn Wahlen zum Deutschen Bundestag, nämlich 1949, 1953, 1957, 1961, 1980, 1983, 1987, 1990 und 1994, Überhangmandate angefallen. Der Gesetzgeber hat sich gleichwohl nicht veranlaßt gesehen, das Entstehen von Überhangmandaten durch eine andere Regelung zu vermeiden oder in irgendeiner Weise deren Wirkung (voll) zu neutralisieren. Er hat mithin den Anfall von Überhangmandaten als Teilelement des von ihm im Bundeswahlgesetz normierten personalisierten Verhältniswahlsystems anerkannt. Demgemäß findet jeder Wähler in der Wahl das Angebot vor, mit seinen Stimmen über die Vergabe eines Wahlkreismandates unter den Bedingungen einer relativen Mehrheitswahl und die Unterstützung einer Liste unter den Bedingungen der Verhältniswahl zu bestimmen. Während jedoch für jeden der 328 Wahlkreise ein Abgeordneter direkt gewählt wird, der als solcher schon aufgrund der Auszählung der Stimmen als Mitglied des Bundestages legitimiert ist, werden die Listenmandate erst im Wege des oben beschriebenen mathematischen Sitzzuteilungsverfahrens zugeteilt, freilich mit der Maßgabe, daß die von Parteikandidaten errungenen Direktmandate soweit möglich von den derselben Partei innerhalb des Landes zugeteilten Listenmandaten abgerechnet werden. Übersteigt die Anzahl der Wahlkreismandate die Zahl der zugeteilten Sitze, ergeben sich Überhangmandate. Überhangmandate sind danach keine den Parteien außerhalb des Proporzes zugeteilten Landeslistenmandate sondern Direktmandate (vgl. auch Art. 43 Abs. 2 Satz 1 BayLWG).
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III.
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Die Regelung in §§ 6 Abs. 5, 7 Abs. 3 Satz 2 BWG, wonach die in den Wahlkreisen errungenen Sitze auch dann einer Partei verbleiben, wenn sie die Zahl ihrer Landeslistenmandate übersteigen, ohne daß andere Parteien Ausgleichsmandate erhalten, genügt den Anforderungen der Wahlgleichheit nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG und wahrt die Chancengleichheit der Parteien.
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1. a) Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, daß die Bundestagswahl - infolge des auf der zweiten Stufe der Wahl durchzuführenden und in § 6 Abs. 4 BWG normierten Verhältnisausgleichs und unbeschadet der vorgeschalteten Direktwahl der Wahlkreiskandidaten nach den Prinzipien der Mehrheitswahl - den Grundcharakter einer Verhältniswahl trägt (vgl. BVerfGE 6, 84 [90]; 13, 127 [129]; 16, 130 [139]; 66, 291 [304]): Überhangmandate differenzierten - je nach der Anzahl der entstandenen Überhangmandate in unterschiedlichem Grade - den verhältniswahlrechtlich verstandenen Erfolgswert der Wählerstimmen. Eine solche Differenzierung sei aber als die notwendige Folge des besonderen Charakters der personalisierten Verhältniswahl mit der Wahlgleichheit nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar, solange die Wahlkreise im Rahmen des Möglichen annähernd gleich groß seien (vgl. BVerfGE 7, 63 [74 f.]; 16, 130 [140]; 79, 169 [171]). Das Bundesverfassungsgericht hat damit das Überhangmandat verfassungsrechtlich anerkannt, auch wenn sich darauf eine Mehrheit im Bundestag und die Wahl einer Bundesregierung gründen sollte.
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An dieser Rechtsprechung ist im Ergebnis festzuhalten. Im Rahmen des festgelegten Wahlsystems erschöpfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen der verhältniswahlrechtlichen Erfolgswertgleichheit in der gebotenen Abrechnung. Dieser Abrechnung liegt der Gewinn der Wahlkreismandate in der relativen Mehrheitswahl ebenso voraus wie die Sitzzuteilung nach den für die Listen abgegebenen Zweitstimmen, die als solche der spezifischen Erfolgswertgleichheit der Verhältniswahl unterliegt (vgl. oben I. 3. a.E.). Mit der Entscheidung des Gesetzgebers, die Hälfte der Abgeordneten in den Wahlkreisen, die andere Hälfte über Parteilisten - und zwar vorgeschaltet vor den Verhältnisausgleich - wählen zu lassen, kommt der verhältniswahlrechtlichen Erfolgswertgleichheit aller Stimmen nur eine von vornherein begrenzte Tragweite zu. Die Rechtfertigung dieser differenzierenden Regelung ergibt sich aus der Entscheidung des Gesetzgebers für eine personalisierte Verhältniswahl mit ihrem besonderen Anliegen, durch die Wahl der Wahlkreiskandidaten eine engere persönliche Beziehung zumindest der Hälfte der Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu ihrem Wahlkreis zu gewährleisten.
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b) Der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts läßt sich nicht entnehmen, daß Überhangmandate den Grundcharakter der Bundestagswahl als Verhältniswahl nur insofern modifizieren dürften, als sich die Verstärkung des Gewichts der für eine Partei abgegebenen Wählerstimmen, die durch die der Partei zugefallenen Überhangmandate eingetreten ist, im Rahmen der durch das mathematische Sitzverteilungsverfahren ohnehin vorgegebenen und unvermeidlichen Differenzierung hält.
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aa) Eine deutlich stärkere Differenzierung des Stimmgewichts durch Überhangmandate billigte der Senat bereits mit Beschluß vom 22. Mai 1963 (BVerfGE 16, 130 ff.), nachdem mit einer Wahlprüfungsbeschwerde gegen die Bundestagswahl vom 17. September 1961 die ungleiche Größe der Wahlkreise beanstandet worden war. Ungeachtet des damaligen Angriffsgegenstandes hatte der Senat über die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Überhangmandaten inzidenter zu entscheiden, weil die Ungleichheit der Wahlkreiseinteilung mit dem Hinweis auf die dadurch entstandenen Überhangmandate angegriffen worden und deren Verfassungsmäßigkeit mithin vorab festzustellen war. Bei jener Bundestagswahl waren - bezogen auf 494 Abgeordnetensitze des Bundestages (ohne Berlin-West) - fünf Überhangmandate zugunsten der CDU (davon vier in Schleswig-Holstein und eines im Saarland) angefallen. Im Durchschnitt benötigten die Parteien damals für die Erlangung eines Mandats - wenn man die Überhangmandate ausklammert - folgende Stimmenzahlen (errechnet auf der Grundlage der 5. Bekanntmachung des Bundeswahlleiters zur Bundestagswahl am 17. September 1961, Bundesanzeiger Nr. 195 vom 10. Oktober 1961, S. 3):
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CDU: 60.341 Stimmen
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SPD: 60.143 Stimmen
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CSU: 60.289 Stimmen
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F.D.P.: 60.130 Stimmen
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Bezieht man aber die von der CDU errungenen fünf Überhangmandate in die Berechnung mit ein, benötigte sie im Durchschnitt nur noch 58.770 Stimmen pro Mandat. Damit hatte die CDU bei der Bundestagswahl 1961 infolge ihrer Überhangmandate die durch das Sitzzuteilungsverfahren sich ergebenden unausweichlichen Grenzen der verhältniswahlrechtlichen Erfolgswertgleichheit bei weitem überschritten. Der Senat hat gleichwohl diese Differenzierung des Stimmgewichts der für die Parteien abgegebenen Wählerstimmen aus dem besonderen Charakter der personalisierten Verhältniswahl heraus als mit der Wahlgleichheit nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG für vereinbar angesehen (vgl. BVerfGE 16, 130 [139 f.]). Er führte zur Verfassungsmäßigkeit von Überhangmandaten aus, daß die mit der Zulassung von Überhangmandaten verbundene Differenzierung des Stimmgewichts von Wählern, deren Partei keine Überhangmandate erzielen, und Wählern solcher Parteien, denen dies gelinge, in Anbetracht der Formalisierung, die die Wahlrechtsgleichheit unter dem Verhältniswahlsystem erfahren habe, nicht unbeschränkt zulässig sei. Sie sei vielmehr nur insoweit mit dem Grundsatz der gleichen Wahl vereinbar, als sie die notwendige Folge des besonderen Charakters der personalisierten Verhältniswahl sei. Das Bundeswahlgesetz habe vor den Verhältnisausgleich eine Personenwahl nach relativer Mehrheit in den Wahlkreisen gesetzt. Durch die Vorschaltung der Mehrheitswahl solle eine engere persönliche Beziehung der Wahlkreisabgeordneten zu dem Wahlkreis, in dem sie gewählt worden sind, geknüpft werden. In diesem besonderen Anliegen der personalisierten Verhältniswahl finde die aus der Zulassung von Überhangmandaten sich ergebende Modifizierung der Erfolgswertgleichheit ihre Rechtfertigung.
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Mit diesen Ausführungen knüpfte der Senat an seine Entscheidung vom 3. Juli 1957 (BVerfGE 7, 63 ff.) an, in der er eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen Vorschriften des Bundeswahlgesetzes 1956 u.a. mit der Erwägung zurückgewiesen hatte, die mit der Zulassung von Überhangmandaten notwendig verbundene Differenzierung des Stimmgewichts finde bereits in dem besonderen Anliegen der personalisierten Verhältniswahl ihre Rechtfertigung (vgl. BVerfGE 7, 63 [74 f.]).
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Zwar geht das Bundesverfassungsgericht in beiden Entscheidungen davon aus, daß die durch den Anfall von Überhangmandaten bedingte Differenzierung des Parteienproporzes in Anbetracht der Formalisierung der Wahlrechtsgleichheit im System der personalisierten Verhältniswahl nicht unbeschränkt (vgl. BVerfGE 16, 130 [139 f.]) oder sogar nur in engen Grenzen zulässig sei (vgl. BVerfGE 7, 63 [74 f.]). Es fehlt aber an jedem Anhaltspunkt dafür, daß es damit bereits alle Differenzierungen habe ausschließen wollen, die über die unvermeidbaren Ungleichheiten des Sitzzuteilungsverfahrens nach dem Parteienproporz hinausgehen. Das Gericht hatte keinerlei Anlaß, die Grenzen der Zulässigkeit von Überhangmandaten näher zu bestimmen. Allenfalls kann aus den Entscheidungen gefolgert werden, daß die Zahl der Überhangmandate sich in einem Rahmen halten muß, der den Grundcharakter der Bundestagswahl als einer am Ergebnis der für die Parteien abgegebenen Stimmen orientierten Verhältniswahl nicht aufhebt.
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bb) Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus der Entscheidung des Senats vom 24. November 1988 (BVerfGE 79, 169 ff.). Der Senat brauchte dort nicht näher auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Überhangmandate einzugehen. Denn die für die Erringung eines Mandats erforderliche Stimmenzahl - bezogen auf die Bundestagswahl 1987 - habe auch bei der durch das Überhangmandat begünstigten CDU nach wie vor im Rahmen dessen gelegen, was ohnehin an Ungleichheiten durch das notwendige Sitzzuteilungsverfahren im Verhältniswahlrecht vorgegeben gewesen sei (vgl. BVerfGE 79, 169 [171 f.]). Auf der Grundlage dieser Erwägungen wurde die Wahlprüfungsbeschwerde gemäß § 24 BVerfGG als offensichtlich unbegründet verworfen.
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c) Die Annahme, daß Überhangmandate nur im Rahmen der durch das mathematische Sitzzuteilungsverfahren ohnehin unvermeidbaren Ungleichheiten verfassungsrechtlich zulässig seien, setzte sich im übrigen dem Einwand aus, daß die Differenzierung des Stimmgewichts im Sitzzuteilungsverfahren aus der Notwendigkeit eines solchen mathematischen Verfahrens folgt, das nur für die Verhältniswahl gilt. Überhangmandate sind indes unmittelbar errungene Wahlkreismandate. Sie werden nicht aufgrund einer Proportionalrechnung zugeteilt, können mithin von vornherein nicht mit der Unschärfe eines solchen Rechenverfahrens gerechtfertigt werden.
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2. Die Verbindung der Verhältniswahl mit Elementen der Personenwahl verstößt auch als solche nicht gegen den allen Wahlsystemen übergeordneten allgemeinen Grundsatz der Wahlgleichheit, wonach allen Stimmen die gleiche Erfolgschance einzuräumen ist (vgl. oben I. 3.). Das geltende Bundeswahlgesetz gewährleistet, daß jeder Wähler mit seiner Erst- und seiner Zweitstimme und in deren Zusammenwirken die gleiche rechtliche Möglichkeit hat, auf das Wahlergebnis Einfluß zu nehmen (vgl. BVerfGE 11, 351 [360]). Auch die Möglichkeit von Überhangmandaten führt nicht dazu, daß einzelnen Wählern eine im voraus berechenbare Chance eröffnet wird, mit ihren Stimmen einen "doppelten" Erfolg in bezug auf die Besetzung des Bundestages zu erzielen, der sie in gleichheitswidriger Weise gegenüber anderen Wählern begünstigte.
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a) Das Wahlrecht bietet jedem Wähler die gleiche Möglichkeit, auf die Sitzzuteilung und damit auf die Person des jeweiligen Mandatsträgers wie auf das parteipolitische Kräfteverhältnis im Parlament Einfluß zu nehmen. Die Erzielung von Überhangmandaten ist nicht Gegenstand dieses Wahlentscheids und auch nicht Folge unterschiedlicher Stimmengewichtung, sondern allein Ergebnis des Wahlverhaltens aller Wahlberechtigten in dem betreffenden Lande. Zum Entstehen nichtabrechenbarer Direktmandate tragen jene Wähler, die ihre Stimme splitten, ebenso bei wie jene, die ihre Stimme einheitlich für den siegreichen Direktkandidaten in einem Wahlkreis und die parteipolitisch entsprechende Liste abgeben, wie schließlich auch jene Wähler, die einheitlich andere Wahlvorschläge unterstützen.
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b) Auf das erfahrungsgemäß zu erwartende Wahlverhalten der Wähler und auf die tatsächlichen Erfolgsaussichten der Wahlbewerber und Parteien hat der Einzelne keinen Einfluß. Das Wahlverhalten bestimmt sich allein nach der verfassungsrechtlich in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Wahlfreiheit. Auch wenn aufgrund von Erfahrungen unter bestimmten Umständen das Entstehen von Überhangmandaten wahrscheinlich wird, ergibt sich doch das einzelne Überhangmandat aus dem Gesamtverhalten der Wähler. Welches einzelne Mandat einen "Überhang" bildet und welchem Wähler ein nicht abrechenbares Direktmandat zuzurechnen ist, läßt sich nicht feststellen. Daß sich aus der freien Wahlentscheidung aller in dieser Freiheit gleichen Wähler im System einer Verhältniswahl mit vorgeschalteter Mehrheitswahl ein nicht anrechenbares Direktmandat ergeben kann, ist Folge dieses vom Gesetzgeber vorgezeichneten Weges zur Ausübung des Wahlrechts, nicht Widerspruch zur Wahlgleichheit.
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c) Anders ist dies, soweit die Erststimme für einen nicht von einer Partei vorgeschlagenen Wahlkreisbewerber oder für einen von einer Partei vorgeschlagenen Wahlkreisbewerber, die nicht mit einer Landesliste im betreffenden Land kandidiert, abgegeben wird. Die Erfolgschance dieser Wähler, nicht nur über ihre Zweitstimme, sondern auch über ihre Erststimme Einfluß auf die Zusammensetzung des Bundestages nehmen zu können, ist hier - ex ante betrachtet - höher im Vergleich zu den übrigen Wählern. Denn bei einem derart beschriebenen Wahlverhalten steht vorher fest, daß die Stimmen dieser Wähler schon deshalb doppeltes Gewicht für die Zusammensetzung des Bundestages gewinnen können, weil die Abrechnung eines Wahlkreismandates mangels Landesliste von vornherein unmöglich ist. Wenn der Gesetzgeber unter der Voraussetzung, daß sich ein solcher Wahlkreisbewerber im Wahlkreis durchsetzt, die von diesen Wählern abgegebenen Zweitstimmen nicht wertet (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BWG), stößt dies auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Es wahrt gerade die Gleichheit der Erfolgschancen aller Stimmen.
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3. a) Entscheidet sich der Gesetzgeber dafür, daß nicht alle errungenen Wahlkreismandate nach dem Proporz der für die Parteien abgegebenen Zweitstimmen verrechnet werden, sondern daß nicht ausgleichsfähige Wahlkreismandate die Gesamtzahl des Bundestages erhöhen und damit die Frage von Mehrheit oder Minderheit beeinflussen können, muß er zugleich auch die besonderen Anforderungen der Wahlgleichheit in ihrer Ausprägung für die Mehrheitswahl beachten. Deshalb wird die gleiche Größe der Wahlkreise sowohl für den einzelnen Wahlkreis als auch berechnet auf die Bevölkerungsdichte jedes Landes zu einer Bedingung der Wahlgleichheit (Ergänzung zu BVerfGE 16, 130 [139 f.]).
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Was die gleiche Größe der Wahlkreise betrifft, so bieten die Verfassungsordnungen anderer Staaten Anhaltspunkte; sie sind freilich für das deutsche Verfassungsrecht eigens zu gewichten. Aus dem vom Gericht eingeholten Gutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht geht hervor, daß auch in einer Reihe anderer demokratischer Staaten die Gleichheit der Repräsentation des Staatsvolks oder der Wahlberechtigten in den Wahlbezirken ein verfassungsrechtliches Anliegen ist. Aus ihm leiten sich Pflichten ab, zeitgerecht die Untergliederung des Staatsgebietes in Wahlkreise oder die Zahl der dort zu wählenden Abgeordneten an demographische Verschiebungen anzupassen. So hält der Supreme Court von Irland Abweichungen von der Wahlkreisgröße in Höhe von 17 v.H. für verfassungswidrig. In Frankreich sind innerhalb eines Departements Abweichungen von dem Postulat gleichgroßer Wahlkreise nur bis zu 20 v.H. gestattet. In Kanada sollen lokal, historisch oder geographisch bedingte Abweichungen von der auf die Wahlbevölkerung bezogenen Durchschnittsgröße der Wahlkreise innerhalb einer Provinz die Marge von 25 v.H. nicht übersteigen. Der Supreme Court der USA verlangt für die Wahl zum Repräsentantenhaus die strikte Gleichheit der Wahlkreise innerhalb eines Bundesstaates in bezug auf die Zahl der Wahlberechtigten mit der Konsequenz, daß jede Abweichung, sei sie auch noch so gering, durch konkrete Gründe gerechtfertigt werden muß.
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Für den Bundesgesetzgeber wird die Strenge der Gleichheitsanforderung allerdings schon dadurch gemildert, daß die Wahlkreise im Verhältnis der Bevölkerungsanteile auf die einzelnen Länder zu verteilen sind. Es kommt hinzu, daß jeder Wahlkreis nach dem Gedanken einer territorialen Verankerung des im Wahlkreis gewählten Abgeordneten zugleich ein zusammengehörendes und abgerundetes Ganzes bilden soll, und die historisch verwurzelten Verwaltungsgrenzen sich nach Möglichkeit mit den Wahlkreisgrenzen decken sollen. Die durch die Erststimme geknüpfte engere persönliche Beziehung der Wahlkreisabgeordneten zu dem Wahlkreis, in dem sie gewählt worden sind, bedarf einer gewissen Kontinuität der räumlichen Gestalt des Wahlkreises. Es liefe den Prinzipien der demokratischen Repräsentation zuwider, wenn ständig Wahlkreise einer Änderung unterzogen würden. Dem Gesetzgeber kommt mithin bei der Einteilung des Wahlgebietes in gleich große Wahlkreise ein gewisser Beurteilungsspielraum zu.
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b) Die Größe der gegenwärtigen Wahlkreise ist deutlich ungleich; ihre Zahl in den einzelnen Ländern entspricht nicht mehr hinreichend deren Bevölkerungsanteil. Dabei ist davon auszugehen, daß es unter Gesichtspunkten der Wahlgleichheit künftig nicht genügt, die vom Bundesverfassungsgericht bisher zugelassene Abweichungsgrenze von 33 1/3 v.H., bezogen auf die durchschnittliche Bevölkerungszahl der Wahlkreise, einzuhalten.
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Gleichwohl besteht keine Veranlassung, die gegenwärtige Einteilung und Verteilung der Wahlkreise verfassungsgerichtlich zu beanstanden. Die Neueinteilung des Bundesgebiets in möglichst gleich große Wahlkreise und deren Zuteilung auf die Länder ist bereits in Angriff genommen. Da zugleich das Ziel verfolgt wird, die Gesamtzahl der Abgeordneten des Deutschen Bundestages und - damit verbunden - die Zahl der Wahlkreise zu verringern, ist es einleuchtend, daß die derzeitigen Größenunterschiede und die Verteilung der Wahlkreise auf die Länder nicht kurzfristig zur nächsten Bundestagswahl korrigiert werden. Es ist vielmehr im Blick auf die oben a) dargestellten Belange einer kontinuierlichen Repräsentation der Bevölkerung in den Wahlkreisen durch ihre Abgeordneten gerechtfertigt und naheliegend, den gebotenen Ausgleich der Wahlkreisgrößen und der Wahlkreisverteilung auf die Länder erst im Zusammenhang mit der genannten Gesamtreform des Bundestages vorzunehmen.
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IV.
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1. Der Grundcharakter der Wahl als Verhältniswahl läßt eine Differenzierung des Gewichts der für die Parteien abgegebenen Stimmen nicht unbeschränkt zu (vgl. oben III. 1. a). Der für den Regelfall gesetzlich bestimmten Gesamtzahl der Abgeordneten des Deutschen Bundestages (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BWG) und der gesetzlichen Vorgabe, daß für diesen Regelfall der Legitimationsvorgang hälftig persönlichkeitsbezogen, hälftig parteibezogen stattfinden soll (§ 1 Abs. 2 BWG), entspricht es ebenfalls, daß sich die Zahl der Überhangmandate in Grenzen hält. Werden diese Grenzen überschritten, weil sich Verhältnisse einstellen, unter denen Überhangmandate von Wahl zu Wahl regelmäßig in größerer Zahl anfallen, entfernt sich das Wahlverfahren von den Grundentscheidungen des Gesetzes. Aus diesen Anforderungen an das Wahlverfahren kann sich einerseits eine Schranke für den Gestaltungsraum des Gesetzgebers wie andererseits aufgrund der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse auch ein Handlungsauftrag ergeben.
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2. Zu befinden, ob Anlaß für eine Änderung des Wahlrechts besteht, ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers gemäß dem ihm durch Art. 38 Abs. 3 GG erteilten Gesetzgebungsauftrag. Er hat zu bestimmen, in welchem Ausmaß eine Erhöhung der Sitzzahl nach der in § 6 Abs. 5 BWG getroffenen Regelung hinzunehmen ist. Dafür mag der Zahlenwert einen Orientierungspunkt bieten, den der Gesetzgeber bestimmt hat, um das Prinzip der Verhältniswahl mit verfassungslegitimen Gegenprinzipien auszugleichen und insoweit den Erfolgswert der Stimmen unterschiedlich zu gewichten: Das dem Verhältniswahlsystem eigene Prinzip, den politischen Willen der Wählerschaft für die Wahl bestimmter Parteien im Deutschen Bundestag möglichst wirklichkeitsnah abzubilden, kann zur Sicherung der Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit des Parlaments durch eine Sperrklausel (§ 6 Abs. 6 Satz 1 BWG) durchbrochen werden (vgl. BVerfGE 82, 322 [338]; stRspr). Das Fünfprozentquorum, das dort den rechtlichen Rahmen für einen schonenden Ausgleich zwischen parteibezogener Wahlgleichheit und Funktionsfähigkeit des Parlaments bietet, mag auch hier - bezogen auf die reguläre Gesamtzahl der Parlamentssitze - als Anhalt dienen, nach dem der Abweichung von den Prinzipien der hälftigen Zusammensetzung des Bundestages nach Wahlkreis- und nach Listenmandaten und der proportionalen Verteilung der Sitze nach dem Ergebnis der für die Parteien abgegebenen (Zweit)Stimmen eine Grenze gesetzt ist.
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3. a) Nach diesem Maßstab ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber in Würdigung der bisherigen Entwicklung keinen Anlaß gesehen hat, von dem geltenden Wahlsystem abzugehen, das die Abrechnung der Direktmandate von den Landeslisten und bei Erschöpfung der Abrechnungsmöglichkeit eine Erhöhung der Sitzzahl vorsieht. Die gegenwärtige Erhöhung der Sitzzahl ist verfassungsrechtlich hinnehmbar; sie erreicht noch nicht die oben (vgl. III. 1. b) angedeutete Grenze. Es ist auch nicht abzusehen, daß die Zahl der Abgeordnetensitze bei künftigen Wahlen gemäß § 6 Abs. 5 BWG weiter erheblich ansteigen werde. Die Faktoren, die das Entstehen von Überhangmandaten begünstigen, ihm aber auch entgegenwirken können, sind vielfältiger Art. Zu ihnen zählen ein überdurchschnittlich hoher Anteil von nicht wahlberechtigten Personen im Wahlkreis, eine geringe Wahlbeteiligung, eine hohe Zahl ungültiger Zweitstimmen, eine größere Anzahl erfolgreicher Parteien sowie - vom Gesetzgeber beeinflußbar - die ungleiche Einteilung der Wahlkreise in Verbindung mit deren Verteilung auf die Länder, die Wahl nach Landeslisten und die Zuteilung zweier - voneinander unabhängig abzugebender - Stimmen für einen Wahlkreiskandidaten und eine Liste.
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b) Regelungen des Wahlrechts, mit denen verfassungsrechtlich zulässige Anliegen verfolgt werden, sind nicht schon deshalb zu beanstanden, weil sie auch das Entstehen von Überhangmandaten begünstigen: So ist die Verteilung der Sitze des Bundestages nach Landeslisten von vornherein durch den gliedstaatlichen Aufbau der Bundesrepublik Deutschland legitimiert (vgl. oben I. 1. a) bb). Die gesetzliche Zulassung des Stimmensplittings rechtfertigt sich durch den im Demokratieprinzip wurzelnden Repräsentationsgedanken (vgl. oben I. 2.). Was die der Wahlrechtsgleichheit zuwiderlaufende unterschiedliche Größe der Wahlkreise und deren ungleiche Verteilung auf die Länder betrifft, welche gleichfalls das Entstehen von Überhangmandaten begünstigt, hat der Bundestag einen Korrekturbedarf erkannt und vorgesehen, daß im Rahmen der für die übernächste Bundestagswahl bereits beschlossenen Verringerung der Abgeordnetenzahl auch die Wahlkreise neu zugeschnitten werden. Diese Korrekturfrist ist auf der Grundlage des eindeutig erklärten gesetzgeberischen Willens verfassungsrechtlich hinzunehmen (vgl. oben III. 3. b).
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D. | |
Die anderen vier Richter sind der Auffassung, daß die angegriffenen Regelungen seit der Beschlußfassung zum 13. Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 15. November 1996 insoweit gegen Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verstoßen, als sie Überhangmandate auch dann ohne Verrechnung oder Ausgleich zulassen, wenn diese in einem Umfang anfallen, der eine Verschiebung des Gewichts der Wählerstimmen bewirkt, die in ihrem Ausmaß über Unschärfen hinausgeht, welche mit jeder Sitzzuteilung im Proportionalverfahren unausweichlich verbunden sind (vgl. unten I. und II.).
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I.
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1. Die Wahl ist im demokratischen Verfassungsstaat des Grundgesetzes der Vorgang, in dem das Volk die Staatsgewalt selbst ausübt (Art. 20 Abs. 2 GG) und die Legitimation für die weitere Ausübung durch die gewählten Organe in seinem Namen schafft. Alle Staatsbürger sind - unbeschadet der zwischen ihnen bestehenden Unterschiede - zu gleichen Teilen an der Staatsgewalt beteiligt. Für die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes ist die Gleichbehandlung aller Staatsbürger bei der Ausübung des Wahlrechts daher eine der wesentlichen Grundlagen der Staatsordnung (vgl. BVerfGE 6, 84 [91]; 69, 92 [106]; vgl. auch BVerfGE 11, 351 [360]; 82, 322 [337]; 85, 264 [297]). Dieses egalitäre demokratische Prinzip bestimmt den Gehalt des durch Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Grundsatzes der gleichen Wahl. Dieser ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wegen seines Zusammenhangs mit dem Demokratieprinzip im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit zu verstehen (stRspr; vgl. insbesondere BVerfGE 51, 222 [234] m.w.N.; 78, 350 [357 f.]; 82, 322 [337]).
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2. Die Wahl bündelt den politischen Willen der Wähler und setzt ihn mit der Kreation von Mandatsträgern um. Die Bedingungen hierfür legen das Wahlsystem und seine nähere Ausgestaltung fest, indem bestimmt wird, durch wie viele Mandatsträger das Volk repräsentiert werden soll und wie die Mandate aufgrund von Wählerstimmen zuzuteilen sind. Das Grundgesetz überläßt diese Regelung mit Art. 38 Abs. 3 GG dem Gesetzgeber. Dessen Gestaltungsfreiheit sind freilich durch die - vom Demokratieprinzip geprägten - Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtliche Schranken gesetzt, die für die Festlegung des konkreten Wahlsystems allgemein und seine Ausgestaltung im einzelnen gelten (vgl. BVerfGE 3, 19 [24]; Herzog, Rechtsgutachten über die Verfassungsmäßigkeit eines Verhältniswahlsystems in [kleinen] Mehrmandatswahlkreisen, 1968, S. 40 f.).
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3. Für die Festlegung eines Wahlsystems sind mehrere Gesichtspunkte verfassungsrechtlich relevant: Die Zusammensetzung des Parlaments muß die wesentlichen politischen Strömungen im Volk berücksichtigen; die Wahl muß eine legitimierende Wirkung haben, sie muß eine autonome und rationale Entscheidung des Wählers in der Wahl ermöglichen; das Parlament muß funktionsfähig für Regierungsbildung und Gesetzgebung sein. Der Gesetzgeber kann den ihm von der Verfassung erteilten Auftrag zur Schaffung eines Wahlsystems, das diesen - teils gegenläufigen - staatspolitischen Zielen genügt, nur mit einem weiten Gestaltungsspielraum erfüllen, der ihn nicht in dem Sinne starr an die Wahlrechtsgrundsätze bindet, daß er verpflichtet wäre, jeden einzelnen von ihnen bis in dessen letzte Folgerungen durchzuführen. Allerdings darf der Gesetzgeber Abweichungen von den Wahlgrundsätzen nur zulassen, wenn der Verfassung hierfür eine ausreichende Ermächtigung zu entnehmen ist (BVerfGE 48, 64 [82]; 57, 43 [57]; 58, 177 [191]), wenn die Abweichungen zur Sicherung der mit einer demokratischen Wahl verfolgten staatspolitischen Ziele geboten sind (vgl. BVerfGE 6, 84 [92 f.]; 51, 222 [236]; vgl. ferner BVerfGE 13, 243 [247]; 51, 222 [238]; 71, 81 [97]) oder wenn es nötig ist, einen der Wahlrechtsgrundsätze im Interesse der Durchführung der übrigen einzuengen (vgl. BVerfGE 3, 19 [24]; 59, 119 [124]).
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4. In diesem Rahmen stellt der vom egalitären demokratischen Prinzip geprägte Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit Grundanforderungen an alle Wahlsysteme. Diese legen zwar unterschiedliche Verfahren fest, durch welche die einzelnen Stimmen der Wähler in Sitze der Mandatsträger umgesetzt werden. Jedes dieser Verfahren muß aber bei der von ihm vorgesehenen Art und Weise der Mandatszuteilung alle Wähler strikt gleich behandeln (vgl. BVerfGE 11, 351 [360]; vgl. auch den Bericht der vom Bundesminister des Innern eingesetzten Wahlrechtskommission, 1955, S. 44). Ein Wahlsystem muß daher so gestaltet werden, daß jeder Wahlberechtigte seine Stimme wie jeder andere abgeben kann und daß die gültig abgegebene Stimme ebenso mitbewertet wird wie die von einem anderen Wahlberechtigten abgegebene Stimme
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Nur so erhält jede Wählerstimme im Rahmen des jeweiligen Wahlsystems die gleiche rechtliche Möglichkeit, auf das Wahlergebnis so wie jede andere Wählerstimme Einfluß zu nehmen (vgl. BVerfGE 11, 351 [360]); in diesem Sinne gilt "vollständige Erfolgschancengleichheit" (vgl. Herzog, a.a.O., S. 54).
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a) Damit verlangt die in der demokratischen Grundordnung verankerte unbedingte Gleichheit aller Staatsbürger bei der Teilnahme an der Staatswillensbildung aber nicht ein Wahlsystem, das möglichst jeder Stimme im Ergebnis Einfluß auf die Sitzverteilung gibt. So kann etwa ein Wahlsystem der oben dargestellten Aufgabe der Wahl, die Funktionsfähigkeit des Parlaments für Regierungsbildung und Gesetzgebung zu gewährleisten, in der Weise den Vorrang einräumen, daß es ein Mehrheitswahlrecht vorsieht, das nur denjenigen Stimmen einen Erfolg ermöglicht, die zu der Mehrheit beigetragen haben. Auch dieses Wahlsystem gewährleistet vollständige Erfolgschancengleichheit, wenn die Wahlkreise annähernd gleich groß sind (vgl. BVerfGE 13, 127 [128]), jede Wählerstimme gleich gezählt und dabei den jeweiligen Kandidaten gutgeschrieben wird. Bei diesem Sitzzuteilungsverfahren steht schon mit Auszählung aller für die jeweiligen Kandidaten abgegebenen Stimmen fest, wer gewählt ist. Jeder Wähler kann auf die Mandatsvergabe allein durch Abgabe seiner gleich zu zählenden Stimme Einfluß nehmen.
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b) Das System eines Verhältniswahlrechts legt demgegenüber den Schwerpunkt auf die Aufgabe der Wahl, ein Repräsentationsorgan zu schaffen, das die wesentlichen politischen Strömungen im Volk abbildet. Das Sitzzuteilungsverfahren eines Verhältniswahlsystems ist daher nicht schon mit dem Auszählen, Gutschreiben und Addieren der Wählerstimmen beendet. Hieran schließt sich noch ein Rechenverfahren an, welches das Verhältnis der Stimmen für die Parteilisten zu den Gesamtstimmen feststellt und dementsprechend die Sitzzuteilung regelt. Das Verhältniswahlrecht eröffnet damit von seiner Zielsetzung her - anders als das Mehrheitswahlrecht - jedem Wähler die Möglichkeit, mit seiner Stimme entsprechend dem Anteil der Stimmen "seiner" Partei auf die Sitzzuteilung Einfluß zu nehmen. Dann gebietet es die vom Demokratieprinzip geprägte Wahlrechtsgleichheit aber, daß der Einfluß eines jeden Wählers auf die Besetzung des Repräsentationsorgans gleich groß ist. Die gesetzliche Ausgestaltung des Mandatsverteilungsverfahrens muß sich an dieser egalitären demokratischen Anforderung ausrichten; die Regelung der Sitzvergabe darf nicht einigen Wählern für ihre Stimmen mehr Gewicht geben als anderen Wählern. Die wahlrechtliche Erfolgschancengleichheit verlangt daher ein Sitzzuteilungsverfahren, das in allen seinen Schritten seine Regeln auf jede Wählerstimme gleich anwendet und dabei auch die Folgen so ausgestaltet, daß jeder Wähler den gleichen Einfluß erhält. Anderenfalls würde - ex ante - jedem Wähler nur die Möglichkeit verschafft, mit seiner Stimme die Sitzzuteilung intensiver als die meisten anderen Wähler zu beeinflussen, nicht aber die Möglichkeit, sie mit allen anderen Wählern zusammen gleich intensiv zu beeinflussen. Nur das letztere kann der Wahlrechtsgleichheit genügen. Dem ersteren entspräche selbst eine Sperrklauselregelung, und zwar unabhängig von der Höhe des Quorums: Ex ante hätte auch hier jeder Wähler die rechtliche Chance, daß "seine" Partei die Sperrklausel überwindet (zur Rechtfertigungsbedürftigkeit einer Sperrklauselregelung vgl. nur BVerfGE 82, 322 ff.).
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c) Vor diesem Hintergrund ist es zu sehen, daß das Bundesverfassungsgericht bei der Verhältniswahl in ständiger Rechtsprechung die Erfolgswertgleichheit der Wählerstimmen verlangt (vgl. BVerfGE 1, 208 [246]; 6, 104 [111]; 7, 63 [70]; 11, 351 [362]; 13, 243 [246]; 16, 130 [139]; 34, 81 [99]; 51, 222 [236]; 79, 169 [170]; 82, 322 [337]; 85, 148 [157]). Dieses Erfordernis folgt unmittelbar aus dem Gebot der Wahlrechtsgleichheit, jedem Wähler die gleiche rechtliche Möglichkeit der Einflußnahme auf die Sitzzuteilung zu geben. Dies verkennt Lenz (AöR 121 [1996] S. 337 [345 und 353 ff.]), der bei der Verhältniswahl Erfolgschancengleichheit aber nicht Erfolgswertgleichheit fordert.
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Die Erfolgswertgleichheit der Wählerstimmen bei der Verhältniswahl verlangt allerdings nicht, daß sich - bei einer ex post-Betrachtung - für jeden Wähler der ihm gleich gewährleistete "verhältnismäßige" Stimmerfolg auch realisiert haben muß. Die Ermittlung des Anteils, den eine Stimme an den Gesamtstimmen hat, und die verhältnismäßige Verteilung der zur Verfügung stehenden Sitze erfordern ein mathematisches Verfahren, das in keinem Fall zu dem Ergebnis führen kann, daß die vorhandenen Sitze genau dem ermittelten verhältnismäßigen Anteil entsprechend verteilt sind. Soweit dieser Anteil sich nur als Bruchteil einer ganzen Zahl darstellt, kann er schon deshalb nicht auf die Sitzvergabe übertragen werden, weil es Bruchteile von Sitzen nicht gibt. Wählerstimmen, die im Rechenverfahren beim Entstehen dieses Bruchteils als "Reststimmen" mitgewirkt haben, können daher dann keinen Erfolg erzielen, wenn der Bruchteil seiner Höhe nach nicht mehr zur Zuteilung eines Sitzes ausreicht (vgl. hierzu auch BVerfGE 79, 169 [171 f.]). Kann hingegen auf den Bruchteil noch ein Sitz zugeteilt werden, so erreichen die Wähler, die hierzu beigetragen haben, für ihre Stimmen eine vergleichsweise größere Erfolgskraft. In beiden Fällen führt also das Sitzzuteilungsverfahren nach Verhältnismäßigkeit - selbst bei gleicher Behandlung jeder Wählerstimme - zu tatsächlich ungleichen Ergebnissen. Diese sind die mathematisch unausweichliche Folge eines jeglichen Verteilungsverfahrens.
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5. Aus dem bisher Dargelegten wird deutlich, daß sich die Frage, ob eine wahlrechtlich relevante Ungleichheit vorliegt, nicht unabhängig von dem jeweiligen Wahlsystem entscheiden läßt (vgl. BVerfGE 1, 208 [244]; 13, 127 [128]). Aus diesem Grund lehnt das Bundesverfassungsgericht es in ständiger Rechtsprechung ab, im Wege eines Erst-recht-Schlusses Ungleichheiten bei der Verhältniswahl zuzulassen, nur weil die Mehrheitswahl viel größere - verfassungsrechtlich aber unbedenkliche - Nachteile für die Realisierbarkeit des Stimmerfolgs von Wählern hat (BVerfGE 1, 208 [246]; 6, 84 [90]; 11, 351 [362]; vgl. auch Rinck, DVBl. 1958, S. 221 [223]; Herzog, a.a.O., S. 58). Hieran wird auch angesichts der neuerlichen Befürwortung dieses Erst-recht-Schlusses festgehalten (vgl. etwa Kautz, NJW 1995, S. 1871 [1873]; Poschmann, BayVBl. 1995, S. 299 [300]).
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6. Bei seiner Entscheidung für ein Wahlsystem darf der Gesetzgeber sich - wie dargelegt - von den verschiedenen staatspolitischen Funktionen einer Wahl leiten lassen. Dabei kann er das System der Verhältniswahl mit Elementen der Mehrheitswahl verknüpfen.
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a) In einem Mischwahlsystem werden die mehrheitsbildende Funktion der Mehrheitswahl und die repräsentationsfördernde Funktion einer Verhältniswahl nebeneinander zur Geltung gebracht, indem die Gesamtzahl der Parlamentssitze nicht einheitlich nach einem der beiden Verfahren verteilt wird. Die weitere Funktion der Mehrheitswahl, dem Wähler eine personenbestimmte Wahlentscheidung zu ermöglichen, um so eine stärkere Bindung zwischen Wählern und Abgeordneten zu erreichen, kann hingegen auch in einem Wahlsystem verwirklicht werden, das die Gesamtzahl der Parlamentssitze entsprechend dem Verhältnis der Parteistimmen verteilt und daher kein Mischwahlsystem ist (vgl. Grundlagen eines deutschen Wahlrechts, a.a.O., S. 21). Ein so gestaltetes Wahlsystem ermittelt die Sitzzahl einheitlich nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, verteilt sie aber nicht ausschließlich auf Kandidaten der Parteilisten. Es sieht vor, daß ein Teil der Mandatsträger durch Mehrheitswahl in Wahlkreisen bestimmt wird, der dann aber auf die der Partei nach dem Verhältnis zustehende Sitzzahl angerechnet wird. Eine solche personalisierte Verhältniswahl läßt es zu, "trotz Verhältniswahl dem Wähler die Möglichkeit zu geben, Persönlichkeiten zu wählen" (Walter Jellinek, zitiert in: Parlamentarischer Rat Bd. 6, S. 71 und Fußnote 50; vgl. auch schon Geyerhahn, Das Problem der verhältnismäßigen Vertretung, 1902, S. 12 ff.; Walter Jellinek, AöR 50 [1926], S. 74 ff.; ders., SJZ 1946, S. 11 ff.).
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b) Die personalisierte Verhältniswahl schaltet der Sitzverteilung nur zur Auswahl der Abgeordneten Elemente der Mehrheitswahl vor, ohne daß diese die parteipolitische Zusammensetzung des Parlaments beeinflußten. Das wäre nur anders, wenn dieses Wahlsystem neben der nach Verhältnis zu verteilenden Sitzzahl den Wählern - ex ante - auch Sitze zur Verfügung stellte, die sie unter den Bedingungen der Mehrheitswahl vergeben können und bei denen daher allein die Mehrheit die Zuteilung des Sitzes rechtfertigt. Um solche Sitze handelt es sich aber nicht bei den zusätzlichen Mandaten, die sich bei einer personalisierten Verhältniswahl erst dann ergeben, wenn nicht alle errungenen Wahlkreismandate mit Listenmandaten verrechnet werden können. Diese Sitze, die auch nur aus den Parteilisten besetzt werden können, stehen nicht unter den Bedingungen der Mehrheitswahl zur Verfügung und werden auch nicht unter den Bedingungen der Mehrheitswahl vergeben.
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c) Die Gefahr eines Anfallens solcher zusätzlicher Sitze durch nicht vollständig durchführbare Verrechnung von Wahlkreismandaten mit den nach dem Verhältnis der Zweitstimmen verteilten Sitzen ist zwar notwendig mit einer personalisierten Verhältniswahl verbunden. Gleichwohl kann dieses Wahlsystem - entsprechend der ihm als Verhältniswahl eigenen Zielsetzung - die Gesamtzahl der Parlamentssitze entsprechend dem Verhältnis der Parteistimmen verteilen. Dafür sind mehrere Wege denkbar: Einfachster Weg wäre das Ausscheiden der direkt gewählten Kandidaten, die die wenigsten Stimmen erhalten haben (so bereits Jellinek in § 6 seines Formulierungsvorschlags, AöR 50 [1926], S. 74 ff.). Hiermit wäre allerdings ein Verzicht auf die konsequente Verfolgung der weiteren Zielsetzung verbunden, jedem Wähler zur Förderung einer engeren Bindung an "seinen" Abgeordneten eine Personenwahl zu ermöglichen. Auf diesen Verzicht ist der Gesetzgeber aber nicht angewiesen, da es Verteilungsverfahren gibt, die sowohl eine Sitzverteilung entsprechend dem Verhältnis der hierfür zu berücksichtigenden Stimmen als auch die Möglichkeit der Personenwahl für jeden Wähler gewährleisten.
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d) Die Grundanforderungen, welche die Wahlrechtsgleichheit an jedes Wahlsystem stellt, werden bei der personalisierten Verhältniswahl gewahrt, wenn jeder Wähler unter den Bedingungen der Mehrheitswahl an der Auswahl eines Kandidaten teilnehmen kann und wenn die Stimme jedes Wählers in dem Verfahren, das über die zahlenmäßige Verteilung der Parlamentssitze entscheidet, mit gleichem Gewicht berücksichtigt wird und daher die gleichen rechtlichen Möglichkeiten hat, auf die Sitzzuteilung so Einfluß zu nehmen wie jede andere Wählerstimme auch.
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Dies gewährleistet das Sitzzuteilungsverfahren der personalisierten Verhältniswahl prinzipiell durch die von den anderen vier Richtern unter C. II. 2. dargestellten zwei Verfahrensschritte. Dabei stellt der Verhältnisausgleich sicher, daß jeder Wähler nur einmal - verhältnisgemäßen - Einfluß auf die zahlenmäßige Zusammensetzung des Parlaments nehmen kann: Indem die Wahlkreissitze mit dem Sitzanteil der jeweiligen Partei verrechnet werden, wird auch der Erfolgswert, den eine Stimme des Wählers für die Zuteilung des Wahlkreismandats hatte, wieder aufgezehrt; nur die im Proportionalverfahren berücksichtigte Stimme behält ihre Kraft, Einfluß auf die zahlenmäßige Sitzvergabe nehmen zu können. Der Erfolgswert der für den Wahlkreisgewinner abgegebenen Stimme reduziert sich - entsprechend der Zielsetzung der personalisierten Verhältniswahl - darauf, daß diese Stimme an der Personenauswahl eines Kandidaten mitgewirkt hat.
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e) Diese Aufgabe, das Gewicht jeder Stimme so zu reduzieren, daß sie nur einmal auf die Entscheidung über die politische Zusammensetzung des Parlaments Einfluß nehmen kann, erfüllt der Verhältnisausgleich bei solchen in den Wahlkreisen erfolgreichen Wählerstimmen nicht mehr, die zum Gewinn von Direktmandaten beigetragen haben, welche mit den Listenmandaten nicht mehr verrechnet werden können. Sieht der Wahlgesetzgeber vor, daß dabei entstehende zusätzliche Mandate ohne Ausgleichsmandate zugeteilt werden, so können diese Wählerstimmen mit der im Verhältnisausgleich nicht neutralisierten Kraft ihrer Wahlkreisstimme ihrer Partei zu einem zusätzlichen Mandat verhelfen, das außerhalb des Proporzes steht. Dies ermöglicht dem Wähler sowie "seiner" Partei eine stärkere politische Einflußnahme im Vergleich mit der Vielzahl der Wähler, die mit ihren Wahlkreisstimmen andere erfolgreiche Parteikandidaten gewählt haben, ohne hiermit aber zusätzliche Erfolgskraft erzielen zu können, weil das Direktmandat verrechnet wird.
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Eine solche Regelung des Sitzzuteilungsverfahrens gibt daher nicht mehr jedem Wähler - ex ante - die gleiche rechtliche Möglichkeit, auf die Sitzzuteilung - und damit auf das politische Kräfteverhältnis im Parlament - in der gleichen Weise Einfluß zu nehmen wie jeder andere Wähler auch. Zwar mag jede Wahlkreisstimme ex ante die gleiche rechtliche Möglichkeit haben, im Zusammenwirken mit dem Wahlverhalten aller anderen Wahlberechtigten ein Überhangmandat mitzutragen. Das bedeutet aber nur, daß dann jedem Wähler die gleiche rechtliche Möglichkeit eröffnet ist, an einer Regelung teilzuhaben, die zu einem ungleichen Ergebnis führt: Er hat nur die gleiche rechtliche Chance, zu der Gruppe der Wähler zu gehören, deren Stimmen stärker als die anderer Wähler Einfluß auf die politische Zusammensetzung des Parlaments nehmen können. Damit ist aber gerade nicht gewährleistet, daß alle Wähler durch ihre Stimmabgabe gleichen Einfluß nehmen können. Eine solche Regelung genügt daher den Anforderungen des Art. 38 Abs. 1 GG nicht.
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7. Aus alledem wird zum einen der weite Gestaltungsspielraum deutlich, den der Gesetzgeber bei der Regelung eines Wahlsystems hat, das die staatspolitischen Ziele der Wahl angemessen verwirklichen soll. Zum anderen zeigt sich, daß dieser Spielraum zu einem eng bemessenen wird, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen bei der Behandlung von Wählerstimmen im jeweiligen Verfahren der Sitzzuteilung vornehmen will. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts läßt die vom egalitären Demokratieprinzip geprägte formale Wahlrechtsgleichheit solche Differenzierungen nur bei Rechtfertigung durch zwingende Gründe zu
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(vgl. BVerfGE 1, 208 [248 f.], dort ist der Begriff des "zwingenden Grundes" aus der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 18. März 1952, BayVGHE n.F. Bd. 5 Teil II, S. 66 [75] übernommen worden; vgl. weiter BVerfGE 14, 121 [133]; 24, 300 [341]; 28, 220 [225]; 34, 160 [163]; 36, 139 [141]; 41, 1 [12]; 44, 125 [146]; 71, 81 [95, 96]; 78, 350 [358]; 82, 322 [338]; 82, 353 [364]; 89, 266 [270]; 93, 373 [377]).
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a) "Zwingend" sind dabei nicht nur die Gründe, die zu unausweichlichen Unschärfen führen. "Zwingend" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können auch Gründe für eine Differenzierung sein, deren Zweck daran ausgerichtet ist, die staatspolitischen Ziele einer Parlamentswahl zu verfolgen oder Störungen des Staatslebens entgegenzuwirken. Durch die Verfolgung eines solchen Zwecks kann die Beeinträchtigung der formalen Wahlrechtsgleichheit aber nur insoweit gerechtfertigt werden, als die Differenzierung zur Erreichung des Zwecks erforderlich ist
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Ein zwingender Grund für eine Ungleichbehandlung von Wählerstimmen liegt daher nicht schon dann vor, wenn der Gesetzgeber seinen Zweck auch durch Maßnahmen verfolgen kann, die eine Differenzierung ohne Beeinträchtigung anderer von der Verfassung geschützter Belange vermeiden (verfassungsfreundliche Maßnahme).
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b) Ist eine differenzierende gesetzliche Regelung an einem verfassungsrechtlich legitimen Zweck orientiert und überschreitet sie das Maß des zur Erreichung dieses Zieles Erforderlichen nicht, so sind die Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens gewahrt. Das Bundesverfassungsgericht hat nur die Einhaltung dieser Grenzen zu überprüfen und nicht, ob die vom Gesetzgeber gefundene Lösung ihm zweckmäßig oder rechtspolitisch erwünscht erscheint (vgl. BVerfGE 6, 84 [94]; 51, 222 [238]).
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8. Gleiche Schranken wie die dem Wähler gewährleistete Wahlrechtsgleichheit setzt im übrigen auch der Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien dem Gesetzgeber für Differenzierungen bei der Berücksichtigung von Wählerstimmen (vgl. hierzu im einzelnen BVerfGE 82, 322 [337 f.]).
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II.
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Soweit das Bundeswahlgesetz mit der Regelung der §§ 6 Abs. 5 Satz 2, 7 Abs. 3 Satz 2 vorsieht, daß beim Verhältnisausgleich anfallende weitere Sitze den hiervon begünstigten Landeslisten ohne Gewährung von Ausgleichsmandaten zugeteilt werden, gibt es nicht jedem Wähler die gleiche rechtliche Möglichkeit, auf die politische Zusammensetzung des Bundestages in gleicher Weise Einfluß zu nehmen; zugleich beeinträchtigt es die Chancengleichheit der Parteien (1). Diese Ungleichbehandlung ist insoweit nicht durch zwingende Gründe gerechtfertigt, als sie zu einer Verschiebung des Stimmgewichts der Wähler und der Chancengleichheit der Parteien führt, die in ihrem Ausmaß über Unschärfen hinausgeht, welche mit jeder Sitzzuteilung im Proportionalverfahren unausweichlich verbunden sind (2). Derart schwerwiegende Ungleichheiten entstehen aufgrund eines geänderten Wählerverhaltens im Zusammenwirken mit einer Wahlkreiseinteilung, die den Bevölkerungsanteil der Bundesländer an der Gesamtbevölkerungszahl zu ungenau berücksichtigt, erst seit Durchführung gesamtdeutscher Wahlen. Dies und die Ursachen hierfür standen erst nach Durchführung der Wahl zum 13. Deutschen Bundestag hinreichend deutlich fest, so daß der Gesetzgeber, der mit den §§ 6 Abs. 5 Satz 2, 7 Abs. 3 Satz 2 BWG zunächst eine wegen ihrer begrenzten Auswirkungen verfassungsrechtlich hinnehmbare Regelung getroffen hatte, nunmehr von Verfassungs wegen zu einer Anpassung des Gesetzes an die veränderten Verhältnisse verpflichtet ist (3).
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1. a) Der Gesetzgeber des Bundeswahlgesetzes kennzeichnet das von ihm geschaffene Wahlsystem als eine mit der Personenwahl verbundene Verhältniswahl (§ 1 Abs. 1 Satz 2 BWG). Der Deutsche Bundestag charakterisiert die Auswirkungen dieses Wahlsystems anläßlich einer Wahlprüfungsentscheidung aus jüngster Zeit wie folgt (Beschluß vom 1. Februar 1996 - WP 1033/94 -, BTDrucks 13/3531, Anlage 33):
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"Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland beruht das Wahlsystem auf dem Gedanken, daß die Sitzverteilung im Parlament nach den Prinzipien der Verhältniswahl erfolgen soll, daß aber dem Wähler hinsichtlich eines Teils der Abgeordneten die Möglichkeit gegeben sein soll, auf die personelle Zusammensetzung des Bundestages direkt Einfluß zu nehmen ..."
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Dem entspricht es, daß der amtliche Stimmzettel die Wähler über die Bedeutung von Erst- und Zweitstimme in dem System der mit einer Personenwahl verbundenen Verhältniswahl wie folgt belehrt (vgl. Anlage 26 zur Bundeswahlordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 8. März 1994 [BGBl. I S. 495], Anlagenband S. 42):
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"Sie haben 2 Stimmen, hier 1 Stimme für die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten - Erststimme; hier 1 Stimme für die Wahl einer Landesliste (Partei) - maßgebende Stimme für die Verteilung der Sitze insgesamt auf die einzelnen Parteien - Zweitstimme".
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Das Bundesverfassungsgericht bezeichnet das Bundestagswahlrecht in ständiger Rechtsprechung als personalisierte Verhältniswahl (BVerfGE 7, 63 [74]; 41, 399 [423]; 79, 161 [166]; 79, 169 [171]) und als ein Wahlsystem, dessen Grundcharakter als Verhältniswahl nicht durch die vorgeschaltete Mehrheitswahl der Wahlkreiskandidaten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfGE 6, 84 [90]; 13, 127 [129]; 16, 130 [139]; 66, 291 [304]).
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b) Nach Meinung der vier Richter, deren Auffassung die Entscheidung trägt, hat das Bundeswahlgesetz die personalisierte Verhältniswahl von vornherein mit Elementen der Mehrheitswahl derart verbunden, daß diese wegen der systembedingten Möglichkeit des Anfalls von Überhangmandaten auch die parteipolitische Zusammensetzung des Bundestages beeinflussen können. Damit hätten die Direktmandate eine "angemessene Gewichtung" erhalten. Überhangmandate seien keine den Parteien außerhalb des Proporzes zugeteilten Listenmandate, sondern Direktmandate. Dieses Wahlsystem belasse der verhältniswahlrechtlichen Erfolgswertgleichheit aller Stimmen daher nur eine von vornherein begrenzte Tragweite. Die Rechtfertigung dieser differenzierenden Regelung ergebe sich daraus, daß der Gesetzgeber den Anfall von Überhangmandaten als Teilelement des von ihm normierten personalisierten Verhältniswahlsystems anerkannt habe. Hieraus folge die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit von Überhangmandaten bis zu einer Grenze, die bisher noch nicht überschritten sei. Dies entspreche im Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
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Dem kann nicht zugestimmt werden.
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Überhangmandate sind keine Direktmandate. Sie erhöhen die reguläre Sitzzahl des Bundestages und werden aus den Parteilisten besetzt (aa). Elemente der Mehrheitswahl tragen diese zusätzlichen Sitze nicht (bb). Die Zuteilung von Überhangmandaten außerhalb der proportionalen Verteilung der regulären Sitze wird in ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit bewertet (cc). Hieran wird festgehalten. Die Zuteilung von Überhangmandaten ohne Ausgleich und Verrechnung behandelt Wählerstimmen im Sitzzuteilungsverfahren ungleich (dd) und greift in die Chancengleichheit der Parteien ein (ee). Diese Differenzierung rechtfertigt sich nicht daraus, daß sie als "Teilelement des vom Bundeswahlgesetz normierten personalisierten Verhältniswahlsystems anerkannt" sei (ff). Die Erwägungen, welche die vier anderen Richter zu einer verfassungsrechtlichen Begrenzung der Zahl von Überhangmandaten anstellen (vgl. C. I. 1. a) cc) i.V.m. C. IV.), werden nicht geteilt (gg).
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aa) Schlägt der Verhältnisausgleich fehl, weil die Sitze, die einer Partei nach dem Verhältnis der Summen der Zweitstimmen zustehen, nicht ausreichen, um alle von ihr gewonnenen Direktmandate abzuziehen, so erhöht sich die Gesamtzahl der Sitze des Bundestages um die Unterschiedszahl, ohne daß der Proporz wieder hergestellt wird (§ 6 Abs. 5 Satz 2 BWG).
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Art. 43 Abs. 2 Satz 1 BayLWG, auf den die anderen vier Richter sich beziehen, besagt nichts anderes, soweit es um die Erhöhung der Sitzzahl geht. Satz 2 der Regelung stellt dann allerdings durch Ausgleichssitze den alten Proporz wieder her und läßt daher die verfassungsrechtliche Beanstandung, welche dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegt, gerade entfallen.
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Entgegen der Auffassung der vier anderen Richter läßt sich für die Lösung der verfassungsrechtlichen Problematik nichts aus der Bezeichnung der Überhangmandate als "nicht abrechenbare Wahlkreismandate" gewinnen. Überhangmandate haben ihre Ursache zwar in einem "Überhang" an direkt in den Wahlkreisen gewonnenen Mandaten; sie sind deshalb aber nicht selbst Direktmandate. Sie bezeichnen lediglich einen Zahlenwert für die Anzahl derjenigen Mandate, die einer Partei außerhalb des Proporzes zugeteilt werden (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 2 BWG: "Unterschiedszahl"). Da es bei der Zuteilung der festen Zahl von 328 Wahlkreismandaten verbleibt, kann das Fehlschlagen des Verhältnisausgleichs nur die Erhöhung der Zahl der regulären 328 Listenmandate zur Folge haben. Die entstehenden zusätzlichen Mandate können nur aus den Landeslisten besetzt werden; dies entspricht auch der Formulierung des § 1 Abs. 2 BWG.
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bb) (1) Die Vergabe dieser die reguläre Sitzzahl überschreitenden zusätzlichen Bundestagsmandate erfolgt nicht nach den Regeln der Mehrheitswahl und unterliegt daher auch nicht den für diese geltenden Anforderungen der Wahlrechtsgleichheit (vgl. dazu oben I. 4. a). Wie dargelegt (I. 6. b), kann die Mehrheit der Stimmen nur ein Mandat rechtfertigen, das den Wählern bei der Wahl als ein nach Stimmenmehrheit zu vergebendes Mandat "angeboten" wurde. Dies ist nur bei den Mandaten der Fall, die - wie etwa gemäß § 6 Abs. 1 BWG - ohne Berücksichtigung der Zweitstimmen aufgrund der Wahlkreisstimme neben dem Proporz vergeben werden; sie werden von der Zahl der 656 regulären Sitze vor Durchführung des Proportionalverfahrens abgezogen. Demgegenüber stellt sich die Existenz der zusätzlichen Bundestagssitze erst nach der Ermittlung des verhältnismäßigen Anteils aller Parteien an den 656 Sitzen heraus. Kein Wähler kann allein durch die Abgabe seiner Erststimme im Zusammenhang mit dem Wahlverhalten der anderen Wähler durch Mehrheitswahl den Kandidaten eines Überhangsitzes "wählen". Alle 328 von den Wählern unter den Bedingungen der Mehrheitswahl gewählten Wahlkreisgewinner haben ihr Mandat gemäß § 5 BWG schon vor der Durchführung des Verhältnisausgleichs - und damit unabhängig vom Anfall von Überhangmandaten - erhalten. Die zusätzlichen Bundestagssitze, die über die 656 regulären Mandate hinaus zugeteilt werden, werden daher weder nach den Regeln der Mehrheitswahl noch nach Proporz vergeben.
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(2) Überdies hängt die Möglichkeit des Anfallens von Überhangmandaten von mannigfachen Zufällen ab. Der Wähler kann bei seiner Stimmabgabe nicht überblicken, ob und gegebenenfalls mit welcher Wahrscheinlichkeit sein Stimmverhalten zu Überhangmandaten beitragen wird. Die Ursachen für ihr Entstehen sind vielfältig, nicht steuerbar und in ihrem Zusammenwirken in den einzelnen Ländern nicht vorhersehbar (vgl. oben A. IV.). Bei dieser Sachlage kann der Wähler seine Erststimme nicht mit dem Kalkül einsetzen, daß diese auch für die parteipolitische Zusammensetzung des Bundestages wirksam werden oder - umgekehrt - sich in ihrer Wirkung auf eine Personenauswahl beschränken möge. Seine Wahlentscheidung erfolgt insoweit notwendig "ins Blaue hinein".
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cc) Die Zuteilung von Überhangmandaten außerhalb der proportionalen Verteilung der regulären Sitze wird in ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit bewertet.
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(1) Wenn auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der ausgleichslosen Zuteilung einer größeren Zahl von Überhangmandaten, wie sie sich etwa bei der Wahl zum 13. Deutschen Bundestag ergeben hat, bisher noch nicht entschieden ist, so gehen doch sämtliche die Überhangmandate betreffenden Entscheidungen zunächst davon aus, daß der Gedanke der Gleichheit der Wahl "nicht restlos verwirklicht wird", wenn das Bundeswahlgesetz ausgleichslose Überhangmandate zuläßt (vgl. BVerfGE 7, 63 [74]); hierdurch trete eine Differenzierung des Stimmgewichts zwischen Wählern ein, deren Parteien keine Überhangmandate erzielt haben, und Wählern solcher Parteien, denen dies gelungen ist. Diese Ungleichheit könne nur hingenommen werden, soweit sie notwendig sei, um das Anliegen der personalisierten Verhältniswahl zu verwirklichen; diese wolle zumindest für die Hälfte der Abgeordneten eine enge persönliche Bindung zu ihrem Wahlkreis gewährleisten (vgl. BVerfGE 7, 63 [74]; 16, 130 [139 f.]; 79, 169 [171]). Keine dieser Entscheidungen hat aber über die Notwendigkeit der Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 BWG generell und abstrakt für jeden Fall der Zuteilung von Überhangmandaten entschieden. Jede Entscheidung prüft vielmehr nur, ob das jeweilige Ausmaß der Differenzierung des Erfolgswerts in der zugrundeliegenden konkreten Situation gerechtfertigt ist. Ausnahmslos wird dies nur innerhalb enger Grenzen zugelassen, die der Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit ziehe. Es wird davon ausgegangen, der Anfall von Überhangmandaten sei auf ein "verfassungsrechtlich zulässiges Mindestmaß beschränkt" (BVerfGE 16, 130 [140]).
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Die Entscheidungen aus den Jahren 1957 (BVerfGE 7, 63 [75]) und 1988 (BVerfGE 79, 169 [172]) sahen für eine genauere verfassungsrechtliche Grenzziehung keine Veranlassung. Im Jahre 1957 hat das Bundesverfassungsgericht sich ausdrücklich auf die Erfahrungen mit dem Wahlgesetz zum 2. Deutschen Bundestag (BGBl. 1953 I S. 470) berufen (vgl. BVerfGE 7, 63 [75]), das bei der Bundestagswahl 1953 nur zu drei Überhangmandaten geführt hatte. Die Wahlprüfungsbeschwerde anläßlich der Bundestagswahl 1987 hatte sich lediglich mit einem für die CDU angefallenen Überhangmandat zu befassen. Dieses habe schon darum keine ungerechtfertigte Differenzierung herbeigeführt, weil es eine Verstärkung des Gewichts der für die CDU abgegebenen Wählerstimmen bewirkt habe, die sich im Rahmen der durch das Sitzverteilungsverfahren ohnehin vorgegebenen und unvermeidlichen Differenzierung des Stimmgewichts der für die verschiedenen Parteien abgegebenen Wählerstimmen gehalten habe.
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In dem Ausgangsverfahren der 1963 entschiedenen Wahlprüfungsbeschwerde (vgl. BVerfGE 16, 130 ff.) hatte der Beschwerdeführer mit seinem Wahleinspruch zum Bundestag allein die Wahlkreiseinteilung angegriffen. Hierauf hatte der Bundestag seine Prüfung - zu Recht - auch beschränkt. Der Gegenstand der Rechtskontrolle im Rahmen einer Wahlprüfungsbeschwerde durch das Bundesverfassungsgericht ist auf den im Einspruchsverfahren abgesteckten Rahmen begrenzt (vgl. BVerfGE 16, 130 [144]; 66, 369 [380]; 79, 161 [165]). Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der fünf bei der Bundestagswahl 1961 für die CDU angefallenen Überhangmandate (vier Mandate in Schleswig-Holstein, ein Mandat im Saarland) war daher weder unmittelbarer noch vorgreiflicher Prüfungsgegenstand des Bundesverfassungsgerichts. Schon gar nicht wurde die durch diese Überhangmandate bewirkte Differenzierung des Stimmgewichts vom Senat gebilligt und als vereinbar mit der Wahlrechtsgleichheit angesehen.
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Die Entscheidung geht in Anknüpfung an den früheren Senatsbeschluß (BVerfGE 7, 63 ff.) davon aus, daß der Anfall ausgleichsloser Überhangmandate auf ein verfassungsrechtlich zulässiges Mindestmaß beschränkt werden müsse. Dieses könne nicht mehr gewährleistet werden, wenn ein Bundesland mehr Wahlkreise habe als es seiner Bevölkerungszahl entspreche. Hiervon ausgehend stellte das Bundesverfassungsgericht fest, daß die CDU in Schleswig-Holstein bei den Bundestagswahlen 1957 zwei und 1961 drei Überhangmandate nur darum habe erzielen können, weil das Land zu viele Wahlkreise gehabt habe. Für den Zeitpunkt der Durchführung der Bundestagswahl 1961 sieht das Gericht diese Wahlkreiseinteilung nur darum nicht als verfassungswidrig an, weil die Abweichung vom Bevölkerungsdurchschnitt im Jahre 1961 noch nicht so eindeutig erkennbar gewesen sei wie im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, zu dem die Wahlkreiseinteilung verfassungswidrig geworden sei. Das Gericht führt aber ausdrücklich aus, daß "sich diese Ungleichheiten bei der letzten Bundestagswahl in Schleswig-Holstein erneut in einer Differenzierung des Stimmgewichts ausgewirkt haben, die nicht mehr ignoriert werden kann" (a.a.O., S. 141).
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Das bei der Bundestagswahl 1961 für die CDU im Saarland angefallene weitere (fünfte) Überhangmandat war ebenfalls nicht Gegenstand der verfassungsrechtlichen Beanstandung des Beschwerdeführers und ist folglich vom Bundesverfassungsgericht auch nicht gebilligt worden.
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Das Bundesverfassungsgericht hat daher nicht - wie die anderen vier Richter meinen - in seiner bisherigen Rechtsprechung eine Differenzierung des Erfolgswerts gerechtfertigt, die durch das Anfallen von fünf Überhangmandaten bei einer Bundestagswahl entstanden ist.
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(2) Auch geben die bisherigen Entscheidungen keine Anhaltspunkte dafür, daß das Bundesverfassungsgericht sich in bezug auf die Grenze, innerhalb derer es ausgleichslose Überhangmandate trotz Differenzierung des Erfolgswerts zuläßt, an einem Rahmen orientiert habe, "der den Grundcharakter der Bundestagswahl als einer am Ergebnis der für die Parteien abgegebenen Stimmen orientierten Verhältniswahl nicht aufhebt". Aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt nicht, daß Überhangmandate "den Grundcharakter der Bundestagswahl als Verhältniswahl" solange modifizieren dürften, als dies nicht zur Aufhebung dieses Grundcharakters führe. Das Bundesverfassungsgericht verwendet den von ihm gebrauchten Begriff des "Grundcharakters der Bundestagswahl als einer Verhältniswahl" nur zur Abgrenzung gegenüber der zur Personenauswahl vorgeschalteten Mehrheitswahl in den Wahlkreisen (vgl. BVerfGE 13, 127 [129]; 16, 130 [139]; 66, 291 [304]). Es versteht ihn aber nicht in der Weise, daß es dem Begriff "Grundcharakter" immanent sei, gewisse - systembedingte - Abweichungen vom Proporz zuzulassen, solange dies nicht zu einer Aufhebung des Grundcharakters der Verhältniswahl führt. Daß dies nicht Inhalt der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist, wird aus der Bewertung ausgleichsloser Überhangmandate als Differenzierung des Erfolgswerts deutlich. Folgerichtig muß sich diese Differenzierung nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts vor der strikten Wahlrechtsgleichheit rechtfertigen lassen. Nur diese Rechtfertigung - nicht aber der "Grundcharakter" der Wahl als Verhältniswahl - läßt Raum für Modifizierungen bei der Sitzvergabe nach Proporz.
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(3) In der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, an der die vier anderen Richter nur im Ergebnis festhalten wollen, findet sich auch kein Anhaltspunkt für die Auffassung, bei der personalisierten Verhältniswahl des Bundeswahlgesetzes erschöpften sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen der Erfolgswertgleichheit in der "gebotenen Abrechnung". Der "spezifischen" Erfolgswertgleichheit unterliege das Sitzzuteilungsverfahren "nach der Stimmabgabe, in welchem die Zahlen der für die Listen abgegebenen Stimmen zueinander ins Verhältnis gesetzt und danach die in der Listenwahl zu vergebenden Sitze zugeteilt werden". Diese Ermittlung des dem Verhältnis der Summen der Zweitstimmen entsprechenden Sitzanteils liege ebenso wie der Gewinn der Wahlkreismandate in der relativen Mehrheitswahl dem Verhältnisausgleich voraus.
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Diese Ausführungen können nur dahin verstanden werden, daß die vier Richter unter dem von ihnen erst eingeführten Begriff der "spezifischen" Erfolgswertgleichheit verstehen, diese müsse nur soweit gelten, wie der Verhältnisausgleich durchführbar sei (gebotene Abrechnung). Für die Folgen des fehlgeschlagenen Verhältnisausgleichs soll Erfolgswertgleichheit dann nicht mehr gelten. Diese Auffassung läßt außer acht, daß die zur Personenauswahl vorgeschaltete Mehrheitswahl gerade über den Verhältnisausgleich mit der Verhältniswahl zusammengeführt wird. Die Mehrheitswahl bestimmt die Kandidaten von 328 Bundestagssitzen, die Verhältniswahl verteilt alle 656 Bundestagssitze nach Proporz, der Verhältnisausgleich führt das Gewicht von Wahlkreis- und Listenstimme zu einem Stimmerfolg zusammen und will so die gleiche Behandlung aller Wählerstimmen in diesem Verfahren der Sitzzuteilung gewährleisten. Die Wahlrechtsgleichheit läßt keinen Raum dafür, die Erfolgswertgleichheit nur für einen Teil dieses einheitlichen Gesamtkonzeptes der Sitzzuteilung herzustellen. Die Sicht der anderen vier Richter führt dazu, daß zwischen der Vergabe der Wahlkreise nach Mehrheitsgrundsätzen und der Zuteilung der "in der Listenwahl zu vergebenden Sitze" noch eine gewisse - dem Grabensystem angenäherte - Trennlinie verläuft. Eine solche zieht die personalisierte Verhältniswahl des Bundeswahlgesetzes aber gerade nicht, weil sie alle regulären Bundestagssitze - und damit auch die 328 Direktmandate - nach Proporz verteilt.
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Die Auffassung der vier anderen Richter findet auch in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine Stütze; sie unterwirft den Verhältnisausgleich - unbeschränkt - den Regeln der Erfolgswertgleichheit (vgl. BVerfGE 1, 208 [246]; 6, 84 [90]) und sieht eine Verschiebung des Stimmgewichts durch die bei Fehlschlagen des Verhältnisausgleichs anfallenden Überhangmandate als Eingriff in den Gewährleistungsgehalt der Wahlrechtsgleichheit an (vgl. BVerfGE 7, 63 [74]; 16, 130 [139 f.]; 79, 169 [171]).
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(4) Das Bundesverfassungsgericht ist in sämtlichen die Überhangmandate betreffenden Entscheidungen davon ausgegangen, die Durchbrechung der wahlrechtlichen Erfolgswertgleichheit durch die ausgleichslose Zuteilung von Überhangmandaten bedürfe einer Rechtfertigung durch zwingende Gründe in dem oben (I. 7. a) beschriebenen Sinn. In den von ihm behandelten Fällen sieht das Gericht die - seinerzeit nur zu wenigen Überhangmandaten führende - Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 BWG als notwendig an. Mit dem Hinweis darauf, daß die Differenzierung des Erfolgswerts notwendige Folge des besonderen Charakters der personalisierten Verhältniswahl sei, hat das Gericht das dem "zwingenden Grund" immanente Gebot der Erforderlichkeit in Bezug genommen. Auch durch die Verfolgung eines an sich legitimen Zwecks kann - wie oben I. 7. a) dargelegt - die Beeinträchtigung der formalen Wahlrechtsgleichheit nur insoweit gerechtfertigt werden, als die Differenzierung zur Erreichung des Zwecks erforderlich ist. Von näheren Darlegungen hierzu hat das Gericht allerdings angesichts der ganz geringen Zahl von angefallenen Überhangmandaten abgesehen (vgl. BVerfGE 7, 63 [75]; 79, 169 [172]). Wird dieses "Mindestmaß" überschritten, so verlangt das Gericht gesetzgeberische Maßnahmen zur Begrenzung des Anfalls von Überhangmandaten. Hierfür reichte es unter den Bedingungen des Wahlverhaltens der Wahlberechtigten im Jahre 1961 noch aus, daß die Bevölkerung annähernd gleich auf die Wahlkreise verteilt ist (vgl. BVerfGE 16, 130 [140]).
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dd) Die vier Richter, deren Auffassung die Entscheidung nicht trägt, halten an dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in vollem Umfang fest. Nach den oben zu I. 4. und 6. c) dargelegten Maßstäben greift die Zuteilung von Überhangmandaten ohne Ausgleich und Verrechnung in den Gewährleistungsinhalt der Wahlrechtsgleichheit ein. An der Vergabe der zusätzlichen Bundestagssitze, die außerhalb des Proporzes zugeteilt werden, kann nicht jeder Wähler mit gleichen Erfolgschancen mitwirken. Während Wähler, die zum Entstehen von Überhangmandaten beitragen, mit Erst- und Zweitstimme Einfluß auf die politische Zusammensetzung des Bundestages nehmen können, kann dies die Vielzahl der Wähler nicht, deren Erststimmen diese Erfolgskraft durch die Verrechnung der Wahlkreismandate genommen wird. Entgegen der Auffassung der vier anderen Richter können daher nicht alle Wähler durch ihr Wahlverhalten im Verhältnis zum Wahlverhalten aller anderen Wahlberechtigten gleiche Erfolgschancen verwirklichen.
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Die Bewertung, ob Wählerstimmen auf die Sitzzuteilung mit ungleichem Gewicht Einfluß nehmen, setzt auch nicht - wie die anderen Richter meinen - voraus, daß die Möglichkeit zu intensiverer Einflußnahme auf das Wahlergebnis den einzelnen Wählern im voraus berechenbar ist. Richtig ist, daß eine solche Konstellation - wie sie etwa in § 6 Abs. 1 BWG (erfolgreicher unabhängiger Wahlkreisbewerber) enthalten ist - Maßnahmen zur Beseitigung des verstärkten Stimmgewichts nach sich zieht, um "dem Gedanken der Gleichheit der Wahl erst zum vollen Durchbruch zu verhelfen" (BVerfGE 7, 63 [74]). Hierin erschöpfen sich jedoch die Fälle nicht, in denen Wähler ein verstärktes Stimmgewicht erzielen können. Das Verfahren der Sitzzuteilung nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Verrechnung von Direktmandaten kann einem Teil der Wähler stärkeres Gewicht geben, auch wenn sie dies nicht gezielt mit ihrer Stimmabgabe herbeiführen können. Bei einem solchen Sitzzuteilungsverfahren ergibt sich erst bei Fehlschlagen der Verrechnung aller im jeweiligen Land gewonnenen Direktmandate mit dem Sitzkontingent der Partei, daß nicht allen für diese Direktmandate abgegebenen Erststimmen die Erfolgskraft durch Verrechnung genommen werden kann; diese bleibt vielmehr insoweit erhalten, als der nicht mehr verrechenbare "Überhang" zur Zuteilung von zusätzlichen Mandaten führt. Dieser "Überhang" schlägt sich aber nicht in einem bestimmten, individualisierbaren Direktmandat nieder. Folglich sind auch die Wähler, die hierzu mit ihren - nicht durch Verrechnung aufgezehrten - Erststimmen beigetragen haben, nicht individualisierbar. Daher haben auch nicht nur sie durch die Nichtverrechnung ihrer Erststimmen ein verstärktes Stimmgewicht erzielt, sondern alle Wähler von Direktmandaten, die in ihrer Summe zu dem "Überhang" geführt haben. Alle diese Wähler haben "ihrer" Partei mit ihren Erststimmen zu einem oder mehreren zusätzlichen Sitzen verholfen. Dies bewirkt eine - in Zahlen meßbare (vgl. unten ee) - Ungleichbehandlung der Wähler von Parteien mit und ohne Überhangmandaten. Auch das Bundesverfassungsgericht sieht das so (vgl. BVerfGE 7, 63 [74]). In dieser Entscheidung heißt es daher auch, daß das "Bundeswahlgesetz durch die Zulassung von Überhangmandaten ausnahmsweise das Stimmgewicht einzelner Wähler erfolgreicher Parteikandidaten verdoppelt" (BVerfGE 7, 63 [75]).
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ee) Jede Differenzierung bei der Berücksichtigung von Wählerstimmen beeinträchtigt auch die Chancengleichheit der Parteien (vgl. oben I. 8.). Das Ausmaß der Beeinträchtigung dieses Verfassungsgebots durch die Zuteilung von Überhangmandaten außerhalb eines Proporzes wird in besonderer Weise deutlich, wenn man gegenüberstellt, wieviele Stimmen jede der bei der Sitzzuteilung berücksichtigten Parteien für die Zuteilung eines Bundestagssitzes ohne die Zuteilung zusätzlicher Mandate außerhalb des Proporzes benötigte und wieviele Zweitstimmen sie nur darum weniger brauchte, weil sie mit den Überhangmandaten aufgrund eines Überschusses von Wahlkreismandaten, die mit Erststimmen gewonnen wurden, zusätzliche Sitze zugeteilt erhielt.
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Am Beispiel der Wahl zum 13. Deutschen Bundestag ergibt sich hierfür folgendes:
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Partei: Zweitstimmen der Parteien; Sitze der Parteien ohne ÜM; Sitze der Parteien mit ÜM; Stimmen je Mandat (ohne ÜM); Stimmen je Mandat (mit ÜM)
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CDU: 16.089.960; 232; 244; 69.353; 65.942
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SPD: 17.140.354; 248; 252; 69.114; 68.017
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F.D.P.: 3.258.407; 47; -; 69.328; -
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CSU: 3.427.196; 50; -; 68.544; -
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GRÜNE: 3.424.315; -; 49; 69.884; -
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PDS: 2.066.176; 30; -; 68.873; -
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Diese Vergleichsberechnungen zeigen, daß der Anfall der zwölf Überhangmandate für die CDU und der vier Überhangmandate für die SPD nicht unerhebliche Unterschiede in den Chancen der Parteien bewirkt hat: Die SPD verbesserte sich durch den Anfall von Überhangmandaten von 69.114 Stimmen pro Mandat um 1.097 Stimmen pro Mandat auf 68.017 Stimmen. Die CDU hat durch die von ihr erworbenen Überhangmandate statt mit 69.353 Stimmen schon mit 65.942 Stimmen ein Mandat erhalten. Sie benötigte damit 3.942 Stimmen pro Mandat weniger als das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die mit 69.884 Stimmen pro Mandat den schlechtesten - regulären - Erfolgswert erzielt hatten. Ohne Anfall von Überhangmandaten hätte diese - bei jeder Zuteilung von Sitzen nach Bruchteilen eintretende - unterschiedliche Erfolgswertmarge zwischen der für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ermittelten Sitzzahl und dem besten Erfolgswert der CSU mit 68.544 Stimmen nur 1.340 Stimmen ausgemacht.
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ff) Die Rechtfertigung der durch Überhangmandate bewirkten Differenzierungen ergibt sich nicht - wie die anderen vier Richter meinen - aus einer Entscheidung des Gesetzgebers, den Anfall von Überhangmandaten ohne Ausgleich oder Verrechnung als Teilelement des Wahlsystems der personalisierten Verhältniswahl anzuerkennen und den Direktmandaten so eine "angemessene Gewichtung" zu geben.
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Aus den maßstäblichen Darlegungen zu I. 2., 3., 4. wird deutlich, daß der Gesetzgeber schon bei seiner Entscheidung für ein bestimmtes Wahlsystem - und nicht erst bei dessen Ausgestaltung - den Grundanforderungen der Wahlrechtsgleichheit genügen muß. Sie gebieten Beachtung, wenn er sich für ein System entscheidet, das Wählerstimmen - wenn auch nur in bestimmten Fällen seiner Anwendung - ungleich behandelt.
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Selbst wenn der Gesetzgeber es - systembedingt - für notwendig erachtet, in bestimmten Konstellationen des von ihm geregelten Sitzzuteilungsverfahrens die Stimmen einer Gruppe von Wählern anders zu behandeln als die Stimmen anderer Wähler, so muß er die damit verbundene Differenzierung vor der strikten Wahlrechtsgleichheit rechtfertigen (vgl. auch oben I. 3.). Notwendigkeit allein begründet noch keine Berechtigung. Motive und Regelungsziele des Gesetzgebers sind nicht hinreichend, um die Beachtung der Wahlrechtsgleichheit zu belegen; sie können zu dieser auch in Widerspruch stehen. Läßt sich daher eine - wenn auch systembedingte - Ungleichbehandlung nicht durch zwingende Gründe (vgl. dazu oben I. 7. a) rechtfertigen, so ist die Entscheidung für dieses System korrekturbedürftig.
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gg) Unter C. IV. in Verbindung mit den hierfür maßgeblichen Erwägungen zu C. I. 1. a) cc) gehen die Richter, deren Auffassung die Entscheidung trägt, davon aus, der Grundcharakter der Wahl als Verhältniswahl werde aufgehoben, wenn sich das Wahlverfahren von den Grundentscheidungen des Gesetzes entferne. Ein solcher Fall trete ein, wenn Überhangmandate "von Wahl zu Wahl regelmäßig in größerer Zahl anfallen". Orientierungspunkt hierfür sei der für die Sperrklauselregelung maßgebliche Zahlenwert. Werde diese Grenze überschritten, so führe das Verfahren nicht mehr mit hinreichender Zuverlässigkeit zu Wahlergebnissen, in denen die Gewichtung der gesetzlichen Vorgaben deutlich zum Ausdruck komme. Dies berühre die Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG. Insbesondere sei die Unmittelbarkeit der Wahl nur gewährleistet, wenn der Wähler erkennen könne, "wie sich die eigene Stimmabgabe auf Erfolg oder Mißerfolg der Wahlbewerber auswirken kann".
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Dieser Begründung kann nicht gefolgt werden.
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(1) Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl verlangt, daß die Mitglieder einer Volksvertretung direkt - ohne Einschaltung von Wahlmännern - gewählt werden. Er schließt jedes Wahlverfahren aus, bei dem zwischen Wähler und Wahlbewerber nach der Wahlhandlung eine Instanz eingeschaltet ist, die den Abgeordneten nach ihrem Ermessen auswählt. Für die Vergabe eines Abgeordnetensitzes muß der Wähler das letzte und damit entscheidende Wort haben. Ihm darf daher nicht die Möglichkeit genommen werden, die Mitglieder der Volksvertretung durch die Stimmabgabe selbst zu bestimmen (vgl. BVerfGE 3, 45 [49 f.]; 7, 63 [68 f.]; 21, 355 f.; 47, 253 [279 ff.]). Dieser Maßstab setzt zwar voraus, daß der Wähler erkennen kann, welche Personen sich um ein Abgeordnetenmandat bewerben (vgl. BVerfGE 47, 253 [280]). Er fordert aber nicht, daß der Wähler erkennen kann, wieviele Abgeordnetensitze vergeben werden. Legt das Wahlgesetz die Zahl der Parlamentssitze nicht genau fest, sondern läßt es Abweichungen zu, so ist dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl genügt, wenn zusätzliche Sitze nach gesetzlich geregelten Voraussetzungen ausschließlich aufgrund des Wahlverhaltens der Wähler anfallen und die Wähler auch die Mandatsträger dieser zusätzlichen Sitze durch ihre Stimmabgabe selbst bestimmen. Das ist bei Überhangmandaten der Fall; dabei kommt es insbesondere nicht darauf an, ob ihre Zahl gering oder hoch ist.
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Die Gegenauffassung, wonach der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl darüber hinaus auch gewährleiste, daß der Wähler erkennen könne, wie sich die Stimmabgabe auf Erfolg oder Mißerfolg der Wahlbewerber auswirken könne, findet in der hierfür herangezogenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 47, 253 [279 ff.]) keinen Anhalt. Inhaltlich wird mit dieser Anforderung nur verlangt, der Wähler müsse das Verfahren der Sitzzuteilung erkennen können. Dem ist allein schon genügt, wenn der Wähler erkennen kann, daß bei Fehlschlagen eines Verhältnisausgleichs zusätzliche Sitze ohne Ausgleich oder Verrechnung anfallen, die mit den unmittelbar gewählten Listenkandidaten besetzt werden. Die Notwendigkeit einer Begrenzung dieser zusätzlichen Sitzzahl läßt sich aus dem Erfordernis der Erkennbarkeit des Wahlsystems nicht ableiten. Im übrigen wird nicht dargelegt, warum diese Erkennbarkeit beim Anfall von 16 Überhangmandaten noch gewährleistet sein soll, nicht aber, wenn von Wahl zu Wahl Überhangmandate regelmäßig in "größerer Zahl" anfallen.
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(2) Der sich aus der Sperrklausel des § 6 Abs. 6 Satz 1 BWG ergebende "Zahlenwert" kann keinen "Orientierungspunkt" dafür bieten, bis zu welcher Grenze Überhangmandate mit der Wahlgleichheit vereinbar sind. Bei der Sperrklauselregelung geht es um die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Parlaments. Die Entscheidung, welche Erfolgswertdifferenzierungen dafür erforderlich sind, besagt nichts dazu, inwieweit Eingriffe in die Wahlrechtsgleichheit zur Gewährleistung anderer Verfassungsprinzipien (etwa die Bindung des Abgeordneten an seinen Wahlkreis) hinnehmbar sind. Dies gilt um so mehr, als die Vereinbarkeit einer Sperrklausel mit dem Grundgesetz nicht ein für allemal abstrakt beurteilt werden kann (BVerfGE 82, 322 [338 ff.]), sondern je nach den konkreten Verhältnissen gerechtfertigt sein muß.
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2. Die durch die ausgleichslose Zuteilung von Überhangmandaten bewirkte ungleiche Gewichtung der Wählerstimmen ist nur gerechtfertigt, soweit sich das Ausmaß der Differenzierung noch im Rahmen von Unschärfen hält, die ohnehin zwingend auftreten, wenn Parlamentssitze in einem Proportionalverfahren zugeteilt werden; im übrigen scheidet eine Rechtfertigung durch zwingende Gründe aus.
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a) Von den beiden Gründen, die im vorliegenden Verfahren zur Rechtfertigung der Differenzierung angeführt werden, kommt von vornherein nur derjenige in Betracht, auf den auch das Bundesverfassungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung abgestellt hat (vgl. zuletzt BVerfGE 79, 169 [172]).
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aa) Der von der Bundesregierung angeführte Zweck, Parteien einen Anreiz zu geben, attraktive und überzeugungskräftige Wahlkreisarbeit zu leisten und hierfür geeignete Bewerber aufzustellen, mag zwar ein vor der Verfassung legitimiertes Anliegen sein. Eine Maßnahme, die dieses Ziel durch Zuteilung zusätzlicher Sitze außerhalb des Proporzes verfolgt, ist hierfür aber weder rechtlich noch tatsächlich geeignet. Der Anreiz soll für die Parteien gerade dadurch herbeigeführt werden, daß ihnen durch eine kompensationslose Zuteilung von Überhangmandaten in Aussicht gestellt wird, im Bundestag mehr politisches Gewicht erzielen zu können als es ihrem Proporzanteil entspricht. Solche "Belohnungen" erfolgreicher Parteiarbeit mit zusätzlichen Sitzen widersprechen indes der vom demokratischen Prinzip geprägten strikten Wahlrechtsgleichheit
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(vgl. auch BVerfGE 6, 84 [91]; Bericht der Wahlrechtskommission, a.a.O., S. 43; Maunz in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art. 38 Rn. 50; demgegenüber kann der beiläufigen und unbegründeten Qualifizierung von Überhangmandaten als bloße "zusätzliche Prämie aus der Mehrheitswahl" durch das BVerfG in: BVerfGE 1, 208 [247] in Anbetracht späterer differenzierterer rechtlicher Beurteilungen Ävgl. etwa BVerfGE 7, 63, [74]Ü keine rechtliche Aussagekraft zukommen).
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Davon abgesehen ist die ausgleichslose Zuteilung von Überhangmandaten nicht geeignet, die Parteien zu effektiver Wahlkreisarbeit und in ihrem Bemühen um überzeugungskräftige Wahlkreiskandidaten anzuspornen, weil selbst die überzeugendste Wahlkreisarbeit mit besonders attraktiven Kandidaten das Anfallen zusätzlicher Sitze nicht wahrscheinlicher macht. Überhangmandate entstehen nur, wenn die Landesliste einer Partei ein Defizit an Zweitstimmen gegenüber der Zahl der erzielten Direktmandate aufweist. Damit bleiben Überhangmandate von vornherein den besonders erfolgreichen Landesverbänden vorenthalten, die Wahlkreise mit deutlichen Mehrheiten erringen und die - wie etwa die CSU in Bayern - ihre Attraktivität für die Wähler auch und vor allem dadurch bestätigt finden, daß sie in besonderem Maße die für das Kräfteverhältnis im Bundestag maßgeblichen Zweitstimmen auf sich ziehen. Solchen Parteien kommt die Überhangmandateregelung trotz besonders überzeugungskräftiger Kandidaten nicht zugute. Umgekehrt fallen gerade solchen Landesverbänden einer Partei Überhangmandate zu, die besonders wenige Zweitstimmen erreicht haben und die mithin den Wählern als Partei nicht besonders attraktiv erschienen sind. Zudem begünstigen Wahlkreisgewinne mit nur knapper relativer Mehrheit die Entstehung von Überhangmandaten. Stellt man ferner in Rechnung, daß das Anfallen von Überhangmandaten durch eine geringe Wahlbeteiligung oder auch durch eine hohe Zahl ungültiger Stimmen in dem betreffenden Bundesland begünstigt wird, unterstreicht dies, daß das Konzept des Anreizes nicht trägt.
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bb) Demgegenüber ist es eine von der Verfassung legitimierte Zielsetzung der personalisierten Verhältniswahl, dem Wähler die Möglichkeit zu geben, Persönlichkeiten im Rahmen einer Verhältniswahl zu wählen. Mit diesem Anliegen verfolgt der Gesetzgeber das staatspolitische Ziel der Parlamentswahl, die Verbindung zwischen Wählern und Abgeordneten, die das Volk repräsentieren, zu stärken; aus diesem Grund erhält jeder Wähler die Möglichkeit, einem der in "seinem" Wahlkreis kandidierenden Bewerber ein Bundestagsmandat zu verschaffen (vgl. BVerfGE 7, 63 [74]; 16, 130 [140]; 41, 399 [423]). Dieses Ziel kann nur verwirklicht werden, wenn der erfolgreiche Kandidat sein Wahlkreismandat auch dann erhält, wenn das nach dem Proporz ermittelte Sitzkontingent seiner Partei zur Verrechnung nicht ausreicht.
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b) Werden die in einem solchen Fall entstehenden zusätzlichen Sitze ohne Ausgleichsmandate zugeteilt, so rechtfertigt sich die hierdurch bewirkte Differenzierung des Stimmgewichts nicht schon als zwangsläufige Konsequenz. Die engere persönliche Beziehung zumindest der Hälfte der Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu ihrem Wahlkreis ist und bleibt gewährleistet, weil alle 328 Wahlkreisbewerber ihr errungenes Mandat behalten. Der Anfall ausgleichsloser Überhangmandate aus den Listen der Parteien, ohne daß dafür hierauf zielende Wahlentscheidungen ursächlich wären, stärkt dieses besondere Anliegen der personalisierten Verhältniswahl nicht. Hat eine Partei mehr Direktmandate als proportional ermittelte Sitze erworben, so fordert die Verwirklichung des Zwecks der personalisierten Verhältniswahl zwar unausweichlich eine Erhöhung der Sitzzahl des Bundestages. Hierdurch entsteht eine Differenzierung des Erfolgswerts der Wählerstimmen allerdings nur dann, wenn die zusätzlichen Sitze außerhalb des Proporzes zugeteilt werden. Bei einer Gewährung von Ausgleichsmandaten könnte die personalisierte Verhältniswahl - wie dies auch im Wahlrecht der Bundesländer durchweg der Fall ist - ohne Ungleichgewichtung von Wählerstimmen durchgeführt werden.
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c) Gleichwohl kann in eng umrissenen Grenzen ein zwingender Grund anerkannt werden.
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aa) Der Gesetzgeber darf - wie dargelegt (I. 3. und 7.) - auch dann in eng bemessenem Rahmen Differenzierungen bei der Wahlrechtsgleichheit vornehmen, wenn der von ihm verfolgte, von der Verfassung legitimierte Zweck die Ungleichbehandlung nicht unausweichlich zur Folge hat. Hierzu hat der Gesetzgeber das Gebot der strikten Einhaltung der Wahlrechtsgleichheit gegen die anderen von der Verfassung geschützten Belange abzuwägen. Was in diesem Zusammenhang von Verfassungs wegen als zwingender Grund für eine begrenzte Differenzierung der Wahlgleichheit anzuerkennen ist, kann nicht ein für allemal abstrakt beurteilt werden (vgl. BVerfGE 82, 322 [338]) und kann auch von Bereich zu Bereich sowie je nach dem Ausmaß der Betroffenheit der jeweiligen Verfassungsprinzipien variieren (vgl. BVerfGE 51, 222 [236 f.]; 71, 81 [96]). Dabei darf für das Ausmaß zulässiger Differenzierungen auch auf die Wertungen Bedacht genommen werden, die im Rechtsbewußtsein der Bevölkerung lebendig sind (vgl. BVerfGE 1, 208 [249]; 6, 84, [94]; 93, 373 [379]).
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bb) Für die Rechtfertigung ausgleichsloser Überhangmandate muß die Rechtsentwicklung seit 1949 ebenso berücksichtigt werden wie der Umfang, in welchem seit 1949 Differenzierungen durch Überhandmandate aufgetreten sind.
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(1) Die Entstehungsgeschichte der Wahlgesetze von 1949, 1953 und 1956 zeigt, daß der Wahlgesetzgeber Überhangmandate als "gewissen Schönheitsfehler" ansah (Parlamentarischer Rat Bd. 6, S. 791, 797) und lediglich vor einem als zu kompliziert beurteilten Ausgleichsverfahren zurückgeschreckt und bereit war, ausgleichslose Überhangmandate hinzunehmen, weil er davon ausging, diese könnten ohnehin nur in äußerst geringer Zahl anfallen.
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So war die gesetzliche Zurücknahme der schon durch Gesetz eingeführten Ausgleichsregelung für die Wahl des 1. Deutschen Bundestages darauf zurückzuführen, daß Jellinek (DÖV 1949, S. 287 [288]) darauf hingewiesen hatte, die vorgesehene Ausgleichsregelung sei nicht folgerichtig, weil nach ihr auch die Partei, die Überhangmandate erzielt habe, bei der (erneuten) Verteilung der erhöhten Gesamtsitzzahl zu berücksichtigen gewesen wäre. - Bei den Beratungen zum Wahlgesetz für den 2. Deutschen Bundestag gründete etwa der Abgeordnete Scharnberg (CDU) auf das nunmehr eingeführte Verhältnis von Wahlkreis- und Listenmandaten von 50 zu 50 seine Einschätzung, daß der Anfall von Überhangmandaten deswegen nunmehr "praktisch unmöglich" werde (vgl. BTStenBer I/13459). - Auch im Zuge der Beratungen zum nunmehr maßgeblichen Wahlgesetz vom 7. Mai 1956 sprach sich derselbe Abgeordnete gegen eine - Überhangmandate vermeidende - Bundesliste u.a. auch mit den Erwägungen aus, daß Überhangmandate nur in so geringer Zahl entstünden, daß man deshalb eine weitere Komplizierung der Bestimmungen nicht vorzunehmen brauche; im Höchstfall seien vielleicht ein oder zwei Überhangmandate denkbar (vgl. StenBer des Wahlrechtsausschusses, 6. Sitzung, S. 13).
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(2) Diesen im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Einschätzungen ist das Bundesverfassungsgericht gefolgt, indem es nach den Erfahrungen der bis 1953 durchgeführten Bundestagswahlen davon ausging, Überhangmandate fielen "nur in engen Grenzen" (BVerfGE 7, 63 [75]) an und blieben "auf das verfassungsrechtlich zulässige Mindestmaß beschränkt" (BVerfGE 16, 130 [140]), wenn nur die Wahlkreise angemessen auf die Bundesländer verteilt seien; solange dies der Fall sei, könne die Differenzierung des Stimmgewichts "ignoriert werden" (BVerfGE 16, 130 [141]). Diese Wertungen finden sich auch schon in dem 1955 veröffentlichten Bericht der vom Bundesminister des Innern eingesetzten Wahlrechtskommission (vgl. S. 33 und S. 52).
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(3) In der Folgezeit bestätigten die Ergebnisse der Bundestagswahlen diese Einschätzungen: In den sieben zwischen 1965 und 1987 abgehaltenen Bundestagswahlen gab es insgesamt nur vier Überhangmandate. Dieser Umstand sowie die dargelegten Wertungen von Gesetzgeber und Bundesverfassungsgericht dürften auch das Rechtsbewußtsein von Wählern und Parteien in der Weise geprägt haben, daß sie bereit waren, ausgleichslose Überhangmandate, die nur in sehr geringer Zahl anfallen, zu tolerieren (vgl. hierzu auch den Wahlrechtsbericht, a.a.O., S. 51 f.). So gab es in dieser Zeit mit Ausnahme einer "offensichtlich unbegründeten" Wahlprüfungsbeschwerde aus dem Jahr 1988 (BVerfGE 79, 169) zu dieser Problematik weder Wahlprüfungsbeschwerden noch Normenkontrollverfahren.
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cc) Die Beurteilung, ob und inwieweit die Verfolgung des Ziels der personalisierten Verhältniswahl ohne weitere Komplizierung des Wahlrechts ein zwingender Grund dafür ist, anfallende Überhangmandate auch ohne eine an sich mögliche Ausgleichsregelung zuzuteilen, gründet sich allerdings maßgeblich auf die Erwägung, daß eine Verhältniswahl die Sitzzuteilung in keinem Fall ohne gewisse Differenzierungen im Erfolgswert der Wählerstimmen vornehmen kann; sie verwirklicht die Erfolgswertgleichheit nur in dem Rahmen, der durch die mit jeder Sitzzuteilung verbundenen rechnerischen Unschärfen zwingend vorgegeben ist (vgl. dazu oben I. 4. c). So belegt etwa das oben zu II. 1. b) ee) dargestellte Schaubild, in dem die Zahlen der Wählerstimmen gegenübergestellt sind, die jede Partei bei der Bundestagswahl 1994 für den Erwerb eines Mandats benötigte, daß auch ohne Anfall von Überhangmandaten eine unvermeidbare Marge von 1.340 Stimmen je Mandat im Zuge der Sitzverteilung aufgetreten wäre
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(zwischen der CSU als der Partei mit dem besten [68.544] und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als der Partei mit dem schlechtesten Erfolgswert [69.884]).
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Entstehen nur sehr wenige ausgleichslose Überhangmandate, so verursacht dies nur so geringe Differenzierungen, daß sie entweder noch innerhalb dieser Marge liegen (vgl. hierzu BVerfGE 79, 169 [172]) oder nicht zu größeren Abweichungen vom Erfolgswert der begünstigten Wählerstimmen führen, als sie durch die Marge ohnehin auftreten. So wäre etwa bei der Wahl zum 13. Deutschen Bundestag diese Marge von 1.340 Stimmen bei vier Überhangmandaten für die CDU und vier Überhangmandaten für die SPD noch nicht überschritten gewesen. Dies ergibt sich aus den folgenden beiden Schaubildern:
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Veränderung des Erfolgswerts der Wählerstimmen für die CDU durch jedes der angefallenen Überhangmandate anläßlich der BT-Wahl 1994
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Partei: Mandate; Überhangmandate; Stimmen; Stimmen je Mandat; Differenz
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CDU: 232; 0; 16.089.960; 69.353; 0
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CDU: 233; 1; 16.089.960; 69.055; 298
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CDU: 234; 2; 16.089.960; 68.760; 593
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CDU: 235; 3; 16.089.960; 68.467; 886
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CDU: 236; 4; 16.089.960; 68.177; 1.176
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CDU: 237; 5; 16.089.960; 67.890; 1.463
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....
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CDU: 244; 12; 16.089.960; 65.942; 3.411
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Veränderung des Erfolgswerts der Wählerstimmen für die SPD durch jedes der angefallenen Überhangmandate anläßlich der BT-Wahl 1994
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Partei: Mandate; Überhangmandate; Stimmen; Stimmen je Mandat; Differenz
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SPD: 248; 0; 17.140.354; 69.114; 0
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SPD: 249; 1; 17.140.354; 69.836; 278
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SPD: 250; 2; 17.140.354; 68.561; 553
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SPD: 251; 3; 17.140.354; 68.288; 826
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SPD: 252; 4; 17.140.354; 68.017; 1.097
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SPD: 253; 5; 17.140.354; 67.748; 1.366
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dd) Bewegen sich die mit dem Anfall von wenigen Überhangmandaten verbundenen Differenzierungen im Bereich der oben beschriebenen Marge, so entsteht im Vergleich zu der durch das Proportionalverfahren ohnehin unvermeidbar bewirkten Erfolgswertverschiebung keine als erheblich anzusehende zusätzliche Ungleichheit. In diesem Rahmen darf die Ungleichgewichtung von Wählerstimmen durch Überhangmandate "ignoriert" (BVerfGE 16, 130 [141]) werden. Insoweit ist daher auch deren ausgleichslose Zuteilung und die hierdurch entstehende Differenzierung gerechtfertigt.
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d) Soweit durch die ausgleichslose Zuteilung von Überhangmandaten eine Differenzierung des Erfolgswerts der Wählerstimmen eintritt, welche die dargelegte Marge überschreitet, gibt es hierfür keinen zwingenden Grund in dem oben (I. 7. a) dargelegten Sinn. Dieses Ausmaß wahlrechtlicher Ungleichheit kann nicht zugunsten bloßer Vereinfachung des Wahlrechts vernachlässigt werden. Der erheblichen Differenzierung des Stimmgewichts bedarf es weder zur Verwirklichung der Ziele der personalisierten Verhältniswahl noch zum Schutz anderer Wahlrechtsgrundsätze oder sonstiger von der Verfassung geschützter Belange.
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Die Ungleichgewichtung von Wählerstimmen kann durch unterschiedliche im Auswahlermessen des Gesetzgebers stehende verfassungsfreundliche Maßnahmen vermieden werden. Bei der Beurteilung der Wirksamkeit solcher Maßnahmen hat der Gesetzgeber sich an der gegenwärtigen politischen Wirklichkeit und nicht an abstrakt konstruierbaren Fällen zu orientieren (vgl. BVerfGE 1, 208 [259]; 7, 63 [65]; 82, 322 [344]).
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Es kommen zum einen gesetzgeberische Maßnahmen in Betracht, die verhindern, daß Überhangmandate in einer Zahl anfallen, die das gerechtfertigte "Mindestmaß" überschreitet (aa) und bb). Zum anderen kann der Gesetzgeber verschiedene Varianten von Ausgleichsregelungen vorsehen (cc) oder die Maßnahmen miteinander kombinieren (dd).
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aa) Anders als zur Zeit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1963 (BVerfGE 16, 130) ist es bei dem heutigen Wahlverhalten der Bevölkerung allerdings nicht mehr möglich, durch gesetzgeberische Maßnahmen zu bewirken, daß für eine Partei ein "Überhang" von Direktmandaten nur in eng begrenzten Fällen entstehen kann.
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Im Jahr 1963 war die Wahlbeteiligung der Wähler in den Bundesländern noch weitgehend homogen, vom Stimmensplitting wurde weniger gezielt als heute Gebrauch gemacht, und vor allem waren die Sitze noch auf weniger Parteien zu verteilen. Dies alles konnte seinerzeit dem Entstehen eines Defizits von Zweitstimmen entgegenwirken, so daß damals die entscheidende Ursache hierfür die ungleiche Wahlkreiseinteilung war. Hierauf konnte das Bundesverfassungsgericht die Ursache von drei der vier in Schleswig-Holstein angefallenen Überhangmandate eindeutig zurückführen (vgl. BVerfGE 16, 130 [138]). Die damals von ihm schon für die nächste Bundestagswahl verlangte Änderung der Wahlkreiseinteilung führte dann auch dazu, daß in den folgenden sieben Bundestagswahlen nur noch insgesamt vier Überhangmandate entstanden sind.
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Demgegenüber sind bei dem heutigen Wahlverhalten und der derzeitigen Parteienlandschaft die Ursachen für einen "Überschuß" an Direktmandaten vielfältig; sie sind zudem teils gegenläufig, teils verstärken sie einander und sind daher insgesamt einer Beeinflussung auch durch den Gesetzgeber weitgehend entzogen. Diese Einschätzung beruht auf der Erörterung mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung und der hierzu durchgeführten Anhörung des Bundeswahlleiters. Dieser hat anhand von Berechnungsbeispielen dargelegt, daß bei der Bundestagswahl 1994 wahrscheinlich auch dann noch zehn Überhangmandate angefallen wären, wenn die Gesamtbevölkerungszahl auf jeden Wahlkreis gleich aufgeteilt worden wäre. Auch beim Entfallen der Möglichkeit, beide Stimmen splitten zu können, hätte es noch zwischen zehn und siebzehn Überhangmandate gegeben. Andere gesetzgeberische Maßnahmen zum Ausschluß der in Rede stehenden Konstellationen sind nicht ersichtlich.
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bb) Nach den derzeitigen und für die nähere Zukunft absehbaren politischen Verhältnissen könnte der Gesetzgeber die Zuteilung von Überhangmandaten aber vermeiden, indem er etwa anordnet, daß die in einem Bundesland zusätzlich entstandenen Sitze im Wege des vom Bundesminister des Innern entwickelten sogenannten "repräsentanzfördernden Kompensationsmodells I" mit den für die verbundenen Landeslisten der jeweiligen Partei angefallenen Sitzen verrechnet werden (vgl. zum Verfahren dieses Modells im einzelnen Art. 1 des Entwurfs des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu einem Gesetz zur Kompensation von Überhangmandaten vom 19. September 1996, BTDrucks 13/5575).
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(1) Bei einem solchen Verrechnungsmodell könnten in dem Regelfall, daß Parteien mit verbundenen Landeslisten zur Wahl antreten, Überhangmandate für diese Parteien nur noch anfallen, wenn sie bundesweit mehr Direktmandate erzielen als den verbundenen Landeslisten nach Proporz zustehen. Dies ist bei Berücksichtigung der heutigen politischen Wirklichkeit ganz unwahrscheinlich. Der Gesetzgeber muß dieser Konstellation daher nicht Rechnung tragen.
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(2) Gleiches gilt für den Ausnahmefall, daß eine Partei nur in einem Bundesland zur Wahl antritt und dort mehr Direktmandate erringt als ihr nach dem Verhältnis der Zweitstimmen zuzuteilen sind. Lediglich die CSU nimmt derzeit ausschließlich in einem Bundesland an der Wahl teil. Sie hat bisher jedoch noch nie ein Überhangmandat erworben, weil sie stets eine für einen vollständigen Verhältnisausgleich ausreichende Zahl von Zweitstimmen erzielt hat. Selbst wenn der Gesetzgeber eine Veränderung dieser Verhältnisse nicht ausschließen dürfte, kann er jedenfalls davon ausgehen, daß Überhangmandate, die eventuell insoweit künftig gleichwohl anfallen, sich noch innerhalb des Bereichs der Unschärfen bewegen werden, die mit jeder Sitzzuteilung im Proportionalverfahren unausweichlich verbunden sind.
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(3) Das erwähnte Verrechnungsmodell kann verhindern, daß zusätzliche Sitze im Bundestag anfallen. Es kann die reguläre Sitzzahl entsprechend dem Verhältnis der Zweitstimmen der Parteien auf ihre verbundenen Landeslisten verteilen und damit das politische Kräfteverhältnis im Bundestag proporzgerecht gewährleisten.
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(4) Dieses Modell kann allerdings nicht sicherstellen, daß auch die einzelnen Landesverbände der Parteien im Bundestag in der Stärke vertreten sind, wie dies dem Anteil der auf sie entfallenden Zweitstimmen entspricht. Eine solche "Proporzstörung" wird allerdings auch vom geltenden Wahlrecht hingenommen. Wenn Überhangmandate ohne Verrechnung oder Ausgleich gewährt werden, erzielt jede hiervon begünstigte Landesliste eine Überrepräsentation gegenüber anderen Landeslisten. Das hier erwähnte Verrechnungsmodell kann die bei seiner Anwendung demgegenüber entstehende Unterrepräsentation einiger - größerer - Landesverbände auf einen geringen Umfang beschränken, der in seinem Ausmaß nur unwesentlich über die durch das geltende Recht ohnehin bewirkte Überrepräsentation der Landesverbände mit Überhangmandaten hinausgeht. Dies wurde nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vom Bundeswahlleiter auch eingeräumt.
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Schon aus diesen Erwägungen folgt, daß der Gesetzgeber die Differenzierung bei der Wahlrechtsgleichheit nicht darum hinnehmen darf, weil er auf die verfassungsrechtlich geschützte bundesstaatliche Gliederung und den daraus folgenden Aufbau der Parteien Rücksicht nehmen will. Eine solche Abwägung wäre vom Grundgesetz nicht legitimiert. Die nicht unerhebliche Ungleichgewichtung der Wählerstimmen und die damit verbundene Überrepräsentation gewisser Landesverbände durch ausgleichslose Überhangmandate wiegen wesentlich schwerer als eine Verrechnung, welche die Ungleichheit beseitigt und die ohnehin schon bestehende Proporzstörung nicht wesentlich verstärkt.
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Davon abgesehen kann das Erfordernis eines föderalen Proporzes der Landeslisten untereinander dem Grundgesetz nicht entnommen werden. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, föderale Belange bei der Gestaltung des Wahlrechts zum Bundestag als dem unitarischen Vertretungsorgan zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 6, 84 [99]; 16, 130 [143]). Zwar darf dem bundesstaatlichen Aufbau der Bundesrepublik bei der Gestaltung des Wahlverfahrens Rechnung getragen werden. Jedoch ist das geltende Wahlrecht nicht so konzipiert, daß der Gesichtspunkt des föderalen Proporzes maßgebliches Gewicht bei seiner Ausgestaltung erhalten hat. Das zeigt sich etwa daran, daß den Ländern keine festen Sitzkontingente zugewiesen sind. Die Repräsentanz der Länder im Bundestag hängt vom Zweitstimmenergebnis und damit vor allem von der teilweise sehr unterschiedlichen Wahlbeteiligung ab. Ferner belegt der gesetzliche Regelfall einer landeslistenübergreifenden - und damit in aller Regel bundesweiten - Reststimmenverwertung (§ 7 Abs. 1 BWG), daß einer gleichmäßigen Repräsentanz der Bundesländer im Bundestag ein nur schwaches Gewicht zukommt, das dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit als maßgeblichem Fundament demokratischer Wahlen nicht die Waage halten kann.
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cc) Der Gesetzgeber kann sich auch für ein Modell entscheiden, das Ausgleichssitze zuteilt, um das politische Kräfteverhältnis der im Bundestag vertretenen Parteien wieder am Maßstab des Verhältnisses der errungenen Zweitstimmen auszurichten. Dabei steht es in seinem Ermessen, ob er auch die durch das Anfallen von Überhangmandaten entstandene Störung des föderalen Proporzes bei der Unterverteilung ausgleicht oder nicht. Der Verfassung sind hierfür keine Vorgaben zu entnehmen (vgl. dazu oben bb) (4).
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(1) Will der Gesetzgeber die Zahl der Ausgleichsmandate möglichst gering halten, bieten sich Modelle an, welche die nach § 6 Abs. 2 BWG zu verteilende Gesamtsitzzahl nur um so viele Sitze erhöhen, wie erforderlich sind, damit sämtliche im Bundestag vertretenen Parteien eine proporzgerechte Anzahl von Mandaten zugeteilt erhalten. Nach einer von der Bundesregierung in das Verfahren eingeführten Modellrechnung wären bei der Bundestagswahl 1994 hierzu lediglich 15 zusätzliche Mandate erforderlich gewesen. Bei Zuteilung dieser Zahl von Sitzen wäre der nach dem Verhältnis der Zweitstimmen zu bestimmende Proporz zwischen allen im Bundestag vertretenen Parteien wieder hergestellt; Differenzierungen des Stimmgewichts wären vermieden worden.
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(2) Mit diesem Ausgleichsmodell läßt sich naturgemäß eine völlige Herstellung auch des durch den Anfall von Überhangmandaten gestörten föderalen Proporzes nicht erreichen. Allerdings führt diese Ausgleichsregelung sogar dazu, daß die durch Überhangmandate bewirkte Überrepräsentanz der "Überhangländer" ein Stück weit zurückgeführt wird. Auch dies ist mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert worden.
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(3) Einer Ausgleichsregelung steht nicht das Erfordernis entgegen, praktische Konkordanz zwischen den Wahlrechtsgrundsätzen herzustellen (vgl. dazu BVerfGE 3, 19 [24]; 59, 119 [124]). Die Zuweisung von Ausgleichsmandaten zur Wahrung der Wahlgleichheit berührt die anderen Wahlrechtsgrundsätze nicht. Insbesondere werden die in diesem Zusammenhang allenfalls in Betracht kommenden Grundsätze der Unmittelbarkeit und der Freiheit der Wahl dadurch gewahrt, daß die gesetzlich festzulegenden Ausgleichssitze ohne Zwischenschaltung einer anderen Instanz aus den Landeslisten besetzt werden, für deren Kandidaten die Wähler sich in einem Prozeß freier Willensbildung bei der Stimmabgabe entscheiden konnten (vgl. oben II. 1. b) gg).
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(4) Grenzen des Ausgleichs können sich allerdings unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments ergeben. Hierbei handelt es sich um einen verfassungsrechtlichen Belang von höchstem Rang (vgl. BVerfGE 62, 1 [44]; 82, 353 [369]). Wäre damit zu rechnen, daß Überhangmandate in einer Größenordnung anfallen, die zusammen mit der erforderlich werdenden Anzahl von Ausgleichssitzen zu einer beträchtlichen Erhöhung der Gesamtsitzzahl und damit zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der parlamentarischen Arbeit führte, dürfte der Gesetzgeber einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen den kollidierenden Prinzipien herbeiführen. Dem Gesetzgeber wäre insoweit ein Gestaltungsspielraum eröffnet, den er nicht überschreitet, wenn er die Prinzipien mit sachgerechten Erwägungen gewichtet (vgl. dazu BVerfGE 59, 119 [125]; sowie Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Oktober 1994 - 2 BvR 347/93 -, Umdruck S. 10 f. und vom 30. April 1996 - 2 BvL 20/94 -, Umdruck S. 8; ferner Nds. StGH, DVBl. 1978, S. 139 [144 f.]). Allerdings wäre der Gesetzgeber zunächst gehalten, das mildere Mittel einer landeslistenübergreifenden Verrechnung auszuschöpfen.
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dd) Zu einer Kombination des Verrechnungsmodells mit einer Ausgleichsregelung kann auch dann Veranlassung bestehen, wenn der Gesetzgeber bei angeordneter Kompensation die Regelung des § 7 Abs. 1 BWG beibehält, wonach Landeslisten derselben Partei nur dann als verbunden gelten, wenn die Partei nichts Gegenteiliges erklärt. Dies könnte Parteien Veranlassung geben, von der Verbindung ihrer Landeslisten und damit auch von der Möglichkeit einer Reststimmenverwertung Abstand zu nehmen, um sich die Aussicht auf ausgleichslose Überhangmandate zu erhalten. Dem könnte durch eine Anordnung der hilfsweisen Zuteilung von Ausgleichsmandaten vorgebeugt werden.
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3. Die angegriffene Regelung der §§ 6 Abs. 5 Satz 2, 7 Abs. 3 Satz 2 BWG führt derzeit und voraussichtlich auch in absehbarer Zukunft dazu, daß durch den Anfall von Überhangmandaten nicht gerechtfertigte Erfolgswertdifferenzierungen eintreten. Dies und die Ursachen hierfür stehen erst seit der Durchführung der Wahl zum 13. Deutschen Bundestag hinreichend deutlich fest, so daß der Gesetzgeber, der mit den angegriffenen Regelungen zunächst verfassungsrechtlich unbedenkliche Vorschriften geschaffen hatte, nach Meinung der vier Richter, deren Auffassung die Entscheidung nicht trägt, das Gesetz an die veränderten Verhältnisse anzupassen hat.
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a) Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung von Wahlrechtsnormen sind die jeweiligen politischen Verhältnisse zu berücksichtigen, unter denen die Regelungen ihre Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 1, 208 [259]; 7, 63 [75]; 51, 222 [236 f.]; 82, 322 [338]). Eine zunächst verfassungsrechtlich unbedenkliche Vorschrift kann daher infolge einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse verfassungswidrig werden (vgl. BVerfGE 16, 130 [141 f.]; StGH für das Land Baden-Würtemberg ESVGH 40, 161 [169 f.]). Da aber übereilte gesetzliche Neuregelungen im Interesse der Rechtssicherheit vermieden werden müssen, ist der Gesetzgeber erst dann von Verfassungs wegen zum Handeln verpflichtet, wenn die gewandelte Sachlage für ihn hinreichend deutlich erkennbar hervortritt (vgl. BVerfGE 16, 130 [142 f.]) und eine angemessene Zeit zur Prüfung und Anpassung verstrichen ist.
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b) Hieran gemessen sind die angegriffenen Regelungen bis zum Erlaß des 13. Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 15. November 1996 (BGBl. I S. 1712) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Danach sind sie allerdings - teilweise - verfassungswidrig geworden.
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aa) Bis zur Durchführung gesamtdeutscher Wahlen ließen die politischen Verhältnisse regelmäßig Überhangmandate lediglich in einem Ausmaß anfallen, das den Erfolgswert der Wählerstimmen nur im Rahmen der im Proportionalverfahren unvermeidbaren Unschärfen differenzierte. Dem 1961 hervorgetretenen Ausnahmefall (vgl. BVerfGE 16, 130 ff.) kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu, weil der Gesetzgeber ihn gerade zum Anlaß genommen hat, die Wahlkreiseinteilung zu berichtigen; hierdurch wurde die Zahl der angefallenen Überhangmandate bei späteren Bundestagswahlen drastisch zurückgeführt.
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bb) Erstmals bei der ersten gesamtdeutschen Wahl im Jahre 1990 fiel die beachtliche Zahl von sechs Überhangmandaten an, deren Ursachen zudem nicht vorwiegend auf Ungleichheiten der Wahlkreiseinteilung beruhten. Alle diese Mandate entstanden in den neuen Ländern (vgl. dazu oben A. I. 4.). Dort war die Wahlbeteiligung besonders niedrig
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(Mecklenburg-Vorpommern 70,9v.H., Sachsen-Anhalt 72,2v.H. gegenüber dem Bundesdurchschnitt von 77,8v.H.).
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Zudem hatten kleinere Parteien in Sachsen-Anhalt und Thüringen besonders hohe Anteile von Zweitstimmen erhalten
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(die F.D.P. in Thüringen 14,6v.H., in Sachsen-Anhalt 19,7v.H., die PDS in Mecklenburg-Vorpommern 14,2v.H.).
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Dies minderte die Zweitstimmenanteile der großen Parteien, die gleichwohl - mit Ausnahme von zwei Wahlkreisen - sämtliche Direktmandate mit relativer Mehrheit gewinnen konnten.
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Diese neu aufgetretenen, das Anfallen von Überhangmandaten begünstigenden Konstellationen mußten dem Gesetzgeber aber noch keinen Anlaß geben, die angegriffenen Regelungen vor der nächsten Wahl zu ändern. Die Besonderheit der ersten gesamtdeutschen Wahl hatte eine Situation geschaffen, die es erlaubte, abzuwarten und zu beobachten, wie sich die Verhältnisse entwickeln würden.
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cc) Die weitere erhebliche Steigerung der Zahl der Überhangmandate bei der zweiten gesamtdeutschen Wahl ließ dann allerdings deutlich hervortreten, daß eine nachhaltige Veränderung der politischen Verhältnisse eingeleitet worden war. Nunmehr ist zu erwarten, daß Überhangmandate auch künftig - sogar mit steigender Tendenz - in einer Größenordnung anfallen werden, deren kompensationslose Zuteilung eine verfassungsrechtlich nicht mehr zu rechtfertigende Differenzierung des Gewichts der Wählerstimmen bewirkt. Anders als noch 1963 kann die Zahl der Überhangmandate nun nicht mehr allein durch eine Wahlkreiseinteilung, welche die durchschnittlichen Bevölkerungszahlen besser berücksichtigt, entscheidend zurückgeführt werden. In den neuen Bundesländern lag die Wahlbeteiligung weiterhin erheblich unter dem Bundesdurchschnitt. Die PDS konnte sich zu Lasten des Zweitstimmenanteils der großen Parteien behaupten. Andererseits verfestigte sich in den alten Bundesländern die zunehmende Tendenz zum Stimmensplitting, was auch dort zum Anfall von Überhangmandaten führte. Für die Zukunft muß damit gerechnet werden, daß auch die Bevölkerung in den neuen Bundesländern vom Stimmensplitting zunehmend Gebrauch macht.
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Der Gesetzgeber ist seiner Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung auch alsbald nach der Bundestagswahl 1994 nachgekommen. Mit dem Bericht des Bundeswahlleiters vom 22. Dezember 1994 über die Ursachen für die starke Zunahme der Überhangmandate lag eine zuverlässige Untersuchung vor. Dem Gesetzgeber gaben diese Ermittlungen allerdings erst ein Jahr später Anlaß zu der Prüfung, wie weit sie eine Änderung des Wahlgesetzes nahelegen könnten. Am 30. November 1995 beschloß der Deutsche Bundestag, die von ihm im Juni 1995 eingesetzte Reformkommission zur Größe des Deutschen Bundestages zu beauftragen, unter anderem die hier angegriffenen Regelungen zu überprüfen und gegebenenfalls Vorschläge zur Änderung vorzulegen. Nach Einholung von Sachverständigengutachten und Anhörung weiterer Sachverständiger sprach die Kommission mehrheitlich die Empfehlung aus, von einer Änderung der fraglichen Vorschriften Abstand zu nehmen (vgl. hierzu BTDrucks 13/4560, S. 19 ff.). Diesem Vorschlag ist der Bundestag dann anläßlich der Beschlußfassung zum 13. Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 15. November 1996 (BGBl. I S. 1712) mehrheitlich gefolgt.
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Damit ist der Gesetzgeber der dargestellten Verfassungsrechtslage und der deutlich zutage getretenen Veränderung der politischen Verhältnisse nicht gerecht geworden. Die Anpassungsfrist für den Gesetzgeber ist somit seit dem 15. November 1996 abgelaufen.
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