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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Marcel Schröer, A. Tschentscher | |||
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Voraussetzung der "wesentlichen" Änderung eines Flugplatzes ist, daß die bisherige Konzeption des Unternehmens zwar im Kern beibehalten, jedoch in einem nicht nur peripheren, sondern den Charakter des Unternehmens kennzeichnenden Bereich zumindest teilweise erheblich anders ausgestaltet wird. Dabei kommt es auch darauf an, wieweit das Vorhaben rechtlich geschützte nachbarliche Interessen beeinträchtigt. |
Den Gemeinden steht nicht nur ein formelles Recht auf Beteiligung am luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren zu. Sofern eine Genehmigungspflicht nicht wegen des Geheimhaltungsbedürfnisses im Einzelfall entfällt, können die Gemeinden auch verlangen, daß das Genehmigungsverfahren durchgeführt und mit einer Sachenentscheidung abgeschlossen wird, wenn und soweit dies zur Koordinierung der örtlichen und der militärischen Planung erforderlich ist. |
Dem Bundesminister der Verteidigung ist es aufgrund des NATO-Truppenstatuts und des dazu bestehenden Zusatzabkommens verwehrt, Streitkräften der Vertragspartner den nicht genehmigten Flugbetrieb durch eine hoheitliche Anordnung (Verwaltungsakt) zu untersagen. |
LuftVG §§ 6, 30 Abs. 1 und 3; Art. 28 Abs. 2 GG; VwVfG § 35; NATO-Truppenstatut Art. II und XVI, Zusatzabkommen Art. 53 Abs. 4 |
Urteil |
des 4. Senats vom 16. Dezember 1988 |
- BVerwG 4 C 40. 86 - |
I. Verwaltungsgericht Minden II. Oberverwaltungsgericht Münster | |
Die britischen Streitkräfte benutzen ein im Gebiet der klagenden Stadt M. gelegenes, im Eigentum der beklagten Bundesrepublik stehendes ![]() ![]() | 1 |
Aus den Gründen: | |
Gemäß § 6 Abs. 1 LuftVG dürfen Flugplätze nur mit Genehmigung angelegt und betrieben werden. Nach Absatz 4 Satz 2 dieser Vorschrift ist eine Änderung der Genehmigung erforderlich, wenn die Anlage oder der Betrieb des Flugplatzes wesentlich erweitert oder geändert werden soll. Wenn militärische Flugplätze angelegt oder geändert werden sollen, entfällt zwar stets das in § 8 LuftVG vorgesehene Planfeststellungsverfahren (§ 30 Abs. 1 Satz 2 LuftVG), nicht jedoch das Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG. Abweichungen kommen insofern nur in Betracht, soweit dies zur Erfüllung der besonderen Aufgaben u.a. der Bundeswehr oder der aufgrund völkerrechtlicher Verträge in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist (§ 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG).
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Der Senat hat bereits durch sein Urteil vom 3. Mai 1988 - BVerwG 4 C 11 und 12.85 - (Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 18 = NVwZ 1988, 1122 = UPR 1988, 440) entschieden, daß auch militärische Flugplätze grundsätzlich genehmigungspflichtig sind. Daran wird festgehalten. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in den Gründen seines Beschlusses vom 7. Oktober 1980 (BVerfGE 56, 298 [316]) ausgeführt, die militärischen Flugplätze unterlägen gemäß § 30 Abs. 1 LuftVG weder einer externen Genehmigungspflicht nach § 6 LuftVG noch der Planfeststellung nach § 8 LuftVG. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Rechtsansicht jedoch nicht aus verfassungsrechtlichen Erwägungen hergeleitet, sondern ist von einer einfachgesetzlichen Rechtslage ausgegangen, um die Notwendigkeit der Interessenabwägung zwischen den widerstreitenden Belangen bei dem Erlaß einer Lärmschutzverordnung zu bekräftigen. Da schon nach dem Wortlaut des § 30 ![]() ![]() | 3 |
Da diese Frage nicht generell zu beantworten ist, kommt es auf eine sachgerechte Würdigung aller Umstände des Einzelfalls an. Vorgänge, die ohnehin der Öffentlichkeit nicht verborgen bleiben, verschließen sich nicht einem förmlichen Genehmigungsverfahren, auch wenn sie militärischen Charakter haben. Wird ein Hubschrauberlandeplatz z.B. aus Lärmschutzgründen im Interesse der Bewohner verlegt und ist die Erfüllung des Vertei ![]() ![]() | 4 |
Soweit die Offenlegung des Vorhabens oder jedenfalls einzelner Merkmale desselben nicht im Einzelfall aus einleuchtenden Gründen militärischer Geheimhaltung von vornherein auszuschließen ist, ist abwägend zu berücksichtigen, daß die durch das gesetzliche Genehmigungserfordernis gemäß §§ 6 Abs. 2, 30 Abs. 3 LuftVG geschützten Rechtsgüter (Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung, des Naturschutzes, der Landschaftspflege, des Städtebaus, der zivilen Luftfahrt und des Schutzes vor Fluglärm) ebenfalls einen vom Gesetzgeber als schutzwürdig erachteten hohen Rang besitzen. Die Möglichkeit der Abweichung von dem Genehmigungserfordernis ist zudem gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz LuftVG dadurch begrenzt, daß die Abweichung zur Erfüllung der besonderen Aufgaben "unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" erfor ![]() ![]() | 5 |
Der Senat folgt jedoch nicht der Auffassung der Klägerin, daß § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG Abweichungen von den Vorschriften des Ersten Abschnitts des Luftverkehrsgesetzes - und damit auch des § 6 LuftVG - ausschließlich hinsichtlich des Verfahrens, nicht jedoch auch hinsichtlich der Sachentscheidung (hier: Ablehnung oder Erteilung der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung) erlaube. Eine solche einschränkende Auslegung ist weder durch den Wortlaut noch durch den Sinn und Zweck des Gesetzes gerechtfertigt. Insbesondere stützt Satz 2 des § 30 Abs. 1 LuftVG nicht die Auffassung der Klägerin. Daß das Planfeststellungsverfahren entfällt, ![]() ![]() | 6 |
Die Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung, gemäß § 30 Abs. 1 LuftVG von dem generell vorgeschriebenen luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren abzuweichen, insbesondere eine förmliche Sachentscheidung nicht zu verlautbaren, ist einzelfallbezogen und plausibel zu begründen, ohne daß dabei Einzelheiten vertieft werden müssen. Wenn das Bedürfnis der Geheimhaltung gerade auch dieses erfordert, sind an die Begründung der Entscheidung unter Umständen nur sehr geringe Anforderungen zu stellen. Es genügt aber nicht der pauschale Hinweis, daß militärische Vorhaben stets geheimhaltungsbedürftig seien. Auch insofern sind außer dem Geheimhaltungsinteresse - worauf vorab bereits hingewiesen wurde - ebenso die rechtlich geschützten Interessen der betroffenen Bürger und Gemeinden sowie die Belange der öffentlichen Sicherheit (§ 30 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz LuftVG) zu beachten und eine den widerstreitenden Interessen angemessene - möglichst ausgleichende - Lösung zu suchen. Beispielsweise ist der Plan über den Umfang eines militärischen Schutzbereichs nach § 2 Abs. 1 Satz 4 Schutzbereichsgesetz den Beteiligten nur bekanntzugeben, soweit sie betroffen sind, so daß ein vollständiges Bild über die Grenzen des Schutzbereichs nicht bekanntgemacht wird. Diese Beschränkung ist durch gewichtige öffentliche Belange des militärischen Geheimschutzes gerechtfertigt (vgl. Urteil vom 7. September 1984 - BVerwGE 70, 77 [83]). Ferner ist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorlage geheimzuhaltender Behördenakten gemäß ![]() ![]() | 7 |
Die dort angegebenen Maßstäbe dafür, ob glaubhaft gemacht worden ist, daß das Bekanntwerden bestimmter Vorgänge u.a. dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten würde oder daß sie ihrem Wesen nach geheimgehalten werden müssen, gelten hier sinngemäß. Es genügt, wenn die zuständige Behörde ihre Wertung der Umstände, die die Geheimhaltungsbedürftigkeit begründen, so einleuchtend darlegt, daß diese Wertung unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Belange als triftig anzuerkennen ist. Da eine konkrete Eröffnung der Gründe von der Natur der Sache her nicht möglich ist, kann die Darlegung der Behörde in bezug auf die geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen nur allgemeiner Natur sein. Sie muß jedoch mehr enthalten als die bloße Wiedergabe oder eine nur andere Umschreibung der gesetzlichen Gründe (BVerwGE 66, 233 [236]). In aller Regel muß erkennbar sein, daß der Bundesminister der Verteidigung die nach den konkreten Umständen naheliegenden Interessen der Betroffenen erkannt und auch gewürdigt hat.
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Der Senat verkennt nicht, daß auch im Verfahren der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung militärischer Flugplätze die Sachentscheidung ein im Verwaltungsstreitverfahren anfechtbarer Verwaltungsakt ist (§ 42 VwGO in Verbindung mit § 35 VwVfG) und daß Widerspruch und Anfechtungsklage hiergegen generell aufschiebende Wirkung haben (§ 80 Abs. 1 VwGO). Die aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes dadurch bei vielen Planungsvorhaben (z.B. auch zivilen Flughäfen, Autobahnen, Wasser-versorgungs- oder Abfallbeseitigungsanlagen) eintretenden Verzögerungen mögen - worauf die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nachdrücklich hingewiesen hat - bei militärischen Vorhaben besonders nachteilig und angesichts des spezifischen Charakters der Verteidigungsaufgaben möglichst generell zu vermeiden sein. Dieses Interesse der Beklagten kann jedoch bei der Auslegung des geltenden Rechts, hier des § 30 Abs. 1 LuftVG, nicht ausschlaggebend sein. Zudem sind im öffentlichen Interesse zu vermeidende Verzögerungen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs nach § 80 Abs. 2 VwGO anderweitig zu beheben: Nach Nummer 3 dieses Absatzes kann der Bundesgesetzgeber für bestimmte hoheitliche Maßnahmen vorschreiben, daß die aufschiebende Wirkung des Rechtsbe ![]() ![]() | 9 |
Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts vermag der Senat nicht zu erkennen, daß im Falle des hier umstrittenen Vorhabens die genannten Voraussetzungen gegeben sind, die gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG das Abweichen von der Genehmigungspflicht nach § 6 LuftVG ganz oder teilweise (hier insbesondere die Beschränkung auf ein isoliertes Anhörungsverfahren nach § 30 Abs. 3 LuftVG) rechtfertigen. Zwar trifft es zu, daß nicht die britischen Streitkräfte, sondern der Bundesminister der Verteidigung darüber zu befinden hat, ob und wieweit von der gesetzlichen Möglichkeit des Abweichens Gebrauch zu machen ist. Wenn jedoch die britischen Streitkräfte offenbar auf Veranlassung des Ministers einen Genehmigungsantrag nach § 6 LuftVG gestellt haben, ist dies zumindest ein Indiz dafür, daß das Bedürfnis der Geheimhaltung hier jedenfalls nicht besonders ins Gewicht fällt. Es ist auch nicht ersichtlich, daß das zwischenzeitlich durchgeführte Anhörungsverfahren geheimhaltungsbedürftige Umstände zum Schaden der Verteidigung offenkundig gemacht hat. Ebensowenig bestehen Anhaltspunkte dafür, daß ein solcher Schaden eintreten könnte, wenn das im wesentlichen durchgeführte Genehmigungsverfahren nunmehr durch eine förmliche Sachentscheidung abgeschlossen würde. Die Beklagte hat ihre spätere Rechtsauffassung, daß das Genehmigungsverfahren an sich von vornherein nicht geboten gewesen sei, auch nicht mit einzelfallbezogenen Gesichtspunkten der Geheimhaltung, sondern im wesentlichen damit begründet, daß für militärische Flugplätze ein Genehmigungsverfahren generell nicht erforderlich sei. Damit kann sie jedoch - wie ausgeführt wurde - ebensowenig durchdringen wie mit dem - zwar verständlichen, aber ![]() ![]() | 10 |
Nach den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 LuftVG ist die Genehmigungspflicht im einzelnen nur gegeben, wenn ein Flugplatz angelegt wird (Abs. 1) oder wenn die Anlage oder der Betrieb des Flugplatzes wesentlich erweitert wird (Abs. 4 Satz 2). Damit hat sich das Berufungsgericht nicht näher befaßt, weil es die Klage schon für unzulässig hält. Seine sonstigen Feststellungen reichen auch insoweit nicht aus, um dem Senat eine abschließende Sachentscheidung im Revisionsverfahren zu ermöglichen. Für die Beurteilung der Rechtslage in diesem Zusammenhang gibt der Senat folgende Hinweise:
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Ob der Flugplatz mit den vorgesehenen Maßnahmen im Sinne des § 6 Abs. 1 LuftVG neu angelegt werden soll, erscheint zweifelhaft. Dazu bedarf es genauer Feststellungen über die tatsächliche Entwicklung des Flugbetriebs auf dem Gelände und der dazu etwa unter früherem Recht erteilten Genehmigungen. Ob der Parteivortrag der Beklagten hierzu richtig und vollständig ist, vermag der Senat nicht zu beurteilen. Bedeutsam könnte ferner sein, ob näher zu ermittelnde Nutzungen kraft früheren Besatzungsrechts in den Geltungsbereich des Luftverkehrsgesetzes übergeleitet oder aufgrund vertraglicher Abmachungen beibehalten sind. Dafür könnte - auch wenn schriftliche Abmachungen nicht vorliegen - das näher zu ermittelnde (konkludente) Verhalten der Beteiligten von rechtlicher Bedeutung sein. Da die britischen Streitkräfte den Flugbetrieb nach mehrjähriger Unterbrechung jedenfalls ab 1963 anscheinend ohne weiteres und insbesondere ohne rechtsgeschäftliche Maßnahmen haben fortführen können, mag darin ein Indiz gesehen werden, daß die alten - zunächst wohl nur besatzungsrechtlich begründeten - Nutzungsrechte nicht erloschen sind und daß der Flugplatz trotz der Unterbrechungen im Grunde fortbestanden hat. ![]() ![]() | 12 |
Ob die Erweiterung oder die Änderung der Anlage oder des Betriebs eines Flugplatzes "wesentlich" im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG ist, kann nicht generell beurteilt werden, sondern setzt die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls voraus. Zu vergleichen ist der bisherige mit dem geplanten Zustand hinsichtlich quantitativer und qualitativer Veränderungen erstens des Unternehmens selbst und zweitens seiner künftigen Auswirkungen auf die in seiner Nachbarschaft vorhandenen rechtlich geschützten Interessen (vgl. insbesondere § 6 Abs. 2 LuftVG). Dazu ist zu sagen:
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Wesentliche Änderungen des Flugplatzes rangieren hinsichtlich ihrer sachlichen Bedeutung für das Unternehmen zwischen der (Neu- )Anlegung einerseits und schlichten Einzelmaßnahmen des laufenden Flugbetriebs einschließlich dessen sachlicher Ausstattung andererseits. Voraussetzung ist, daß die bisherige Konzeption des Unternehmens zwar im Kern beibehalten, jedoch in einem nicht nur peripheren, sondern den Charakter des Unternehmens kennzeichnenden Bereich zumindest teilweise erheblich anders ausgestaltet wird. Die zusätzliche Stationierung einer Anzahl weiterer Fluggeräte kann ein wichtiger Anhaltspunkt für die wesentliche Änderung oder Erweiterung des Betriebs des Flugplatzes sein. Die rein zahlenmäßigen Unterschiede sind jedoch nicht ausschlaggebend. Es kommt vielmehr insofern darauf an, welche Kapazität der Flugplatz sowohl hinsichtlich seines Betriebes als auch hinsichtlich seiner Anlagen bisher hatte und ob er mit der weiteren Stationierung "sein Gesicht ändert". Die etwa aus Übungsgründen, taktischen Erwägungen wechselnder Art oder wegen der erforderlichen Flexibilität der Truppe (zeitweise) verstärkte Nutzung der Anlage macht aus einem Landeplatz oder Flugplatz kleinerer Größenordnung keinen insgesamt "wesentlich geänderten" größeren Flugplatz. Ebensowenig kann allein die Stationierung oder gar nur vorsorgliche Lagerung von Material und Fluggeräten ausschlaggebend sein, wenn der Umfang des Flugbetriebs trotzdem nahezu gleichbleibend ist. Voraussetzung ist vielmehr, daß die quantitative Steigerung des Flugbetriebs in eine geänderte Qualität des Unternehmens umschlägt. Ein Indiz dafür ist die nicht nur unbedeutende bauliche Umgestaltung des Flugplatzes und seiner Anlagen. Werden z.B. ein (neuer) Kon ![]() ![]() | 14 |
Die "Wesentlichkeit" der Änderung oder Erweiterung eines Flugplatzes ist ferner auch danach zu bemessen, ob und wieweit das Vorhaben verstärkt rechtlich geschützte nachbarliche Interessen beeinträchtigt. § 6 Abs. 2 LuftVG macht - wie bereits ausgeführt - deutlich, daß der Gesetzgeber bei der Anlage und dem Betrieb von Flugplätzen auch gewisse nachbarliche Interessen berücksichtigt wissen will. Dem ist nicht nur im Genehmigungsverfahren, sondern auch dadurch Rechnung zu tragen, daß schon das gesetzliche Genehmigungserfordernis "Wesentlichkeit der Änderung" im Lichte dieser gesetzlichen Regelung beurteilt wird. Dazu gehören insbesondere die Belange des Städtebaus. Ferner ist auch in diesem Zusammenhang "wesentlich", was für den verfassungsrechtlichen Grundrechtsschutz (Art. 2 Abs. 2, 14 GG) von erheblicher Bedeutung ist, zumal wenn dieser Schutz unter den gegebenen Umständen schwerpunktmäßig in das Genehmigungsverfahren verlagert ist. Bei der umfassenden Würdigung aller für und gegen die "Wesentlichkeit" der Änderung sprechenden Umstände sind daher auch die Auswirkungen des Vorhabens auf seine Umgebung mitzuberücksichtigen.
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Daß im vorliegenden Fall die Zahl der Hubschrauber vor 1963 bis 1969 von drei auf zwölf erhöht worden ist, daß bauliche Änderungen vorgenommen sind und daß der Start- und Landepunkt verlegt worden ist, reicht allein nicht aus, um eine wesentliche Änderung oder Erweiterung im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG festzustellen. Die gebotene umfassende Würdigung setzt dazu weitere tatsächliche Feststellungen voraus, insbesondere zur Bedeutung dieser Maßnahme für die Gesamtkonzeption der Anlage und ihrer Auswirkungen auf die Umgebung.
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Ergeben die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts, daß eine Genehmigungspflicht besteht, kann die Klägerin einen Anspruch auf Durchführung des Genehmigungsverfahrens, einschließlich des Abschlusses durch ![]() ![]() | 17 |
Das den Gemeinden in einem luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren zustehende formelle Recht auf Beteiligung räumt ihnen in spezifischer Weise und unabhängig vom materiellen Recht eine eigene, selbständig durchsetzbare verfahrensrechtliche Rechtsposition ein, sei es im Sinne eines Anspruchs auf Durchführung eines Verwaltungsverfahrens überhaupt, sei es im Sinne eines Anspruchs auf ordnungsgemäße Beteiligung an einem anderweitig eingeleiteten Verwaltungsverfahren (Urteil des Senats vom 22. Juni 1979 - BVerwG 4 C 40.75 - Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 11, S. 21 [27] = NJW 1980, 718; vgl. ferner Scherg, Beteiligungsrechte der Gemeinden nach dem Luftverkehrsgesetz, München 1982, S. 58 ff.). Diese formelle Rechtsposition der Gemeinde erfaßt indes nur ihr Interesse an einer angemessenen Beteiligung im Verwaltungsverfahren und kann daher schon dadurch erfüllt sein, daß der Gemeinde Gelegenheit zur Stellungnahme in dem Verfahren gegeben worden ist (so auch Urteil vom 3. Mai 1988 -BVerwG 4 C 11 und 12.85 - Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 18 S. 6 [9]). Das ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall.
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In materieller Hinsicht umfaßt die Planungshoheit der Gemeinde nach ständiger Rechtsprechung des Senats das ihr als Selbstverwaltungskörperschaft zustehende Recht auf Planung und Regelung der Bodennutzung in ihrem Gebiet (vgl. BVerwGE 74, 124 [132]). Die Gemeinden können in ihrer Planungshoheit beeinträchtigt werden, wenn das Vorhaben eine hinreichend bestimmte Planung nachhaltig stört, wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung entzieht oder wenn kommunale Einrichtungen durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt werden (vgl. Urteil vom 11. April 1986 a.a.O.; ferner BVerwGE 69, 256 [261]). Ist dieses materielle Recht der Gemeinde durch ein genehmigungspflichtiges Vorhaben beeinträchtigt, kann sie unter den nachfolgend bezeichneten Voraussetzungen verlangen, daß das luftverkehrsrechtliche Genehmigungsverfahren durchgeführt und mit einer Sachentscheidung abgeschlossen wird. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen: ![]() | 19 |
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Die aus ihrem Selbstverwaltungsrecht herzuleitenden Rechte der Gemeinde richten sich nicht allein auf die Abwehr beeinträchtigender Maßnahmen, sondern können unter besonderen Voraussetzungen auch einen Anspruch auf Fortsetzung des luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahrens und dessen Abschluß durch eine Sachentscheidung umfassen. Zwar hat der durch ein nicht genehmigtes Vorhaben der öffentlichen Hand betroffene Dritte im allgemeinen keinen Rechtsanspruch auf Durchführung des Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahrens, sondern ist in der Regel durch Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche hinreichend geschützt (vgl. Urteil des Senats vom 22. Februar 1980 - BVerwG 4 C 24.77 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 33; kritisch hierzu: Willi Blümel, Grundrechtsschutz durch Verfahrensgestaltung, in: "Frühzeitige Bürgerbeteiligung ![]() ![]() ![]() ![]() | 21 |
Darüber, ob im Fall der Klägerin diese rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind und ein Anspruch auf Sachentscheidung gegeben ist, kann nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entschieden werden. Wenn - wie es den Anschein hat - in unmittelbarer Nachbarschaft des Flugplatzes konkret geplante Wohngebiete liegen, dürfte eine Beeinträchtigung der Planungshoheit etwa durch erheblich vermehrten Fluglärm hier in Betracht zu ziehen sein (vgl. ähnlich BVerwGE 74, 124 [132] und vom 3. Mai 1988 - BVerwG 4 C 11 und 12.85 -NVwZ 1988, 1142 [1124] = UPR 1988, 440 [442]).
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Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen auch nicht dessen Annahme, daß die Klägerin die umstrittenen Maßnahmen hingenommen und sich mit den Beeinträchtigungen abgefunden habe. Seit Beginn des Flugverkehrs mit Hubschraubern im Jahre 1963 ist verschiedentlich über die Benutzung des Geländes verhandelt worden. Wenn die Klägerin von den Belästigungen Kenntnis hatte und bis zum Anhörungsverfahren 1977 die Frage nach der grundsätzlichen Zulässigkeit und dem zulässigen Umfang des Flugverkehrs nicht ausdrücklich gestellt hat, bedeutet dies nicht, daß sie bei ihren Planungen bereits die Unvermeidlichkeit der Beeinträchtigungen in Rechnung gestellt hat (wird ausgeführt).
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Sollte die Klage mit dem Begehren, das Genehmigungsverfahren fortzusetzen und mit einer Sachentscheidung abzuschließen, nach weiteren ![]() ![]() | 24 |
Der von der Klägerin unter Hinweis auf den Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Januar 1984 - 9 TG 198/83 - (NJW 1984, 2055) und Ronellenfitsch, Zum Rechtsschutz bei Baumaßnahmen der Stationierungsstreitkräfte (VerwArch. 1985, 317 [334]), geltend gemachte Anspruch, die Beklagte zu verpflichten, bis zum Abschluß eines luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahrens den Betrieb des Hubschrauberlandeplatzes zu untersagen, ist nicht begründet. Zwar kann die Klägerin, wenn das Vorhaben ohne die etwa erforderliche Genehmigung betrieben wird, von der Beklagten verlangen, daß diese sich bei den britischen Streitkräften im Verhandlungswege dafür einsetzt, die gesetzwidrigen Maßnahmen wegen der Pflicht zur Achtung des Rechts der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen (vgl. Art. II und XVI NATO-Truppenstatut und Art. 53 Abs. 4 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut). Darum geht es hier jedoch nicht. Die Klägerin will vielmehr, daß die Beklagte gegenüber den britischen Streitkräften eine Untersagungsverfügung mit der Qualität eines Verwaltungsaktes erläßt. Damit kann sie jedoch nicht durchdringen. Die völkerrechtlichen Beziehungen zwischen der beklagten Bundesrepublik Deutschland und den anderen Vertragspartnern des NATO-Truppenstatuts sind in diesem Zusammenhang wesentlich dadurch geprägt, daß Meinungsverschiedenheiten nicht im Wege einseitiger Anordnungen, sondern durch Zusammenarbeit beseitigt werden. Der Erlaß einer einseitigen hoheitlichen Anordnung stünde damit nicht in Einklang. ![]() ![]() ![]() | 25 |
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