BGE 127 I 60 - Griechische Botschaft | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: A. Tschentscher | |||
8. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Juni 2001 i.S. A. gegen Einwohnergemeinde Muri bei Bern, Regierungsstatthalter II von Bern und Verwaltungsgericht des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 5 Abs. 1, Art. 9, 26, 49 Abs. 1 und Art. 127 Abs. 1 BV; Art. 69 Abs. 4 und Art. 112 f. KV/BE; Art. 106 SVG; Art. 61 Polizeigesetz/BE; Art. 25 und 27 Abs. 1 Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen; Kostenersatz für verkehrspolizeiliche Einsätze einer Gemeinde; Störer- und Verursacherprinzip. |
Bedeutung des Gesetzmässigkeitsprinzips nach neuer Bundesverfassung (E. 3a); Tragweite der Eigentumsgarantie im Abgaberecht (E. 3b). |
Derogatorische Kraft des Bundesrechts: Vereinbarkeit einer kantonalen (bzw. kommunalen) Kostentragungsregelung für polizeiliche Verkehrsregelungseinsätze mit dem Strassenverkehrsrecht des Bundes (E. 4). |
Es ist nicht willkürlich, den Eigentümer, der seine Liegenschaft durch Mietvertrag für eine nicht zonenkonforme Nutzung zur Verfügung stellt, nach Massgabe des Störer- bzw. Verursacherprinzips zum teilweisen Kostenersatz für die dadurch nötigen Verkehrsregelungseinsätze zu verpflichten (E. 5). |
Tragweite des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, wenn es sich bei der nicht zonenkonformen Nutzung um den Betrieb einer Botschaft handelt (E. 6). | |
Sachverhalt | |
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Ende Mai 1998 ersuchten zahlreiche Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien bei der griechischen Botschaft um Transitvisa, was in der Umgebung des in einem Wohnquartier gelegenen Botschaftsgebäudes infolge der beschränkten Anzahl Parkplätze zu Verkehrsproblemen führte. So wurden Fahrzeuge unter anderem vor den Ausfahrten von Nachbarliegenschaften und auf privaten Parkplätzen abgestellt.
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Anlässlich einer Besprechung am 26. Mai 1998, an der neben dem Gemeindepräsidenten von Muri eine Vertreterin der griechischen Botschaft und ein Vertreter der Kantonspolizei teilnahmen, wurde der Einsatz von zwei Securitas-Wächtern zur Regelung des Verkehrs im Quartier bzw. bei der Botschaft selbst vereinbart. Die Kostengutsprache seitens des griechischen Aussenministeriums liess indessen, was die Verkehrsregelung im Quartier betraf, auf sich warten. Mit Schreiben vom 22. Juni 1998 orientierte die Einwohnergemeinde Muri A. über die Verkehrsprobleme sowie die Einsetzung des Securitas-Personals und lud ihn ein, das Nötige zur Beendigung der Zustände zu veranlassen.
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Nachdem sich die Situation um die Botschaft nicht gebessert hatte, forderte die Einwohnergemeinde Muri (Baukommission) A. mit Verfügung vom 15. September 1998 auf, die Nutzung seiner Liegenschaft, welche den kommunalen und kantonalen Bauvorschriften widerspreche, einzustellen. Hiegegen erhob A. Beschwerde bei der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE), welche ihm Gelegenheit zur Einreichung eines nachträglichen Baugesuchs zur Umnutzung der Liegenschaft gab.
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Mit Verfügung vom 23. Oktober 1998 verlangte die Einwohnergemeinde Muri (Gemeinderat) von A. die Rückerstattung der von ihr "vorschussweise" bezahlten Rechnung der Securitas AG von insgesamt Fr. 12'557.30 für die Parkplatzbewirtschaftung von Mitte Juni bis Mitte September 1998. Die Einwohnergemeinde Muri vertrat die Meinung, A. habe als Eigentümer der zonenwidrig genutzten Liegenschaft für die Kosten aufzukommen.
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In Gutheissung einer von A. eingereichten Beschwerde hob der Regierungsstatthalter II von Bern mit Entscheid vom 25. Februar 1999 die Verfügung der Einwohnergemeinde Muri vom 23. Oktober 1998 auf. Er erwog, zwar sei der Einsatz von Personal der Securitas AG rechtmässig und geboten gewesen und es fehle auch nicht an einer gesetzlichen Grundlage für die Überwälzung der Kosten, doch komme eine solche bei A. nicht in Frage, da er nicht als Störer bzw. Verursacher gelten könne.
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Im nachträglichen Baubewilligungsverfahren erkannte die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE) mit Entscheid vom 3. November 1999, die Nutzung der Liegenschaft als Botschaft sei in der Wohnzone nicht zonenkonform und eine Ausnahmebewilligung sei nicht zu erteilen. Dieser Entscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
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Eine gegen den Entscheid des Regierungsstatthalters II von Bern vom 25. Februar 1999 eingereichte Beschwerde der Einwohnergemeinde Muri hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 14. August 2000 teilweise gut. Es verurteilte A. zur Bezahlung eines Anteils der Kosten, ermessensweise festgesetzt auf Fr. 3'000.-, an die Einwohnergemeinde Muri. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht an, indem A. sein Grundstück für eine zonenwidrige Nutzung zur Verfügung gestellt habe, habe er die Störungen durch die Botschaft und deren Besucher in Kauf genommen, weshalb er als Zustandsstörer oder zumindest als Zweckveranlasser die entstandenen Kosten mitzutragen habe. In erster Linie habe jedoch die Botschaft selber die Störung zu verantworten, weshalb sie auch für den grösseren Teil der streitigen Kosten aufzukommen habe.
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Mit Eingabe vom 27. September 2000 hat A. beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde eingereicht, mit der er die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 14. August 2000 beantragt.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Seit jeher hat das Bundesgericht das sämtlichen Kantonsverfassungen zugrunde liegende - und in Art. 51 Abs. 1 BV (vormals Art. 6 Abs. 2 aBV; vgl. BBl 1997 I 218sowie ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 5. Aufl., Zürich 2001, N. 1410) vorausgesetzte - Prinzip der Gewaltentrennung als Individualrecht des Bürgers anerkannt (BGE 126 I 180 E. 2a/aa S. 182; BGE 124 I 216 E. 3b S. 219; BGE 121 I 22 E. 3a S. 25, mit Hinweisen; zur Rechtslage unter der neuen Bundesverfassung: HÄFELIN/HALLER, a.a.O., N. 1970). Der Beschwerdeführer wird durch die Anwendung der von ihm als kompetenzwidrig erachteten Vorschrift in geschützten Rechten getroffen und ist legitimiert, eine Verletzung dieses Grundsatzes zu rügen (BGE 123 I 41 E. 5b S. 43; vgl. auch BGE 126 I 81 E. 5a S. 91). Der Inhalt des Prinzips der Gewaltentrennung ergibt sich aus dem kantonalen Recht, wobei das Bundesgericht die Auslegung der einschlägigen Verfassungsbestimmungen frei, jene des Gesetzesrechts dagegen lediglich auf Willkür hin prüft (BGE 126 I 180 E. 2a/aa S. 182 mit Hinweisen).
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b) Art. 61 des Polizeigesetzes (des Kantons Bern) vom 8. Juni 1997 (PolG) sieht unter dem Randtitel "Kostenersatz" vor:
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"1 Ersatz der Kosten für polizeilich erbrachte Leistungen kann verlangt werden, wenn es die Gesetzgebung vorsieht.
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2 Für Aufwendungen der Polizei bei Grossveranstaltungen wie grossen Konzerten und Sportveranstaltungen, welche einen aufwendigen Ordnungsdienst oder Polizeischutz erfordern, kann von den Veranstaltern eine Gebühr erhoben werden. (...)"
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In seinem Urteil kam das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass es sich beim Ausstellen von Visa durch eine Botschaft nicht um eine Grossveranstaltung im Sinne von Art. 61 Abs. 2 PolG handle und folglich für den Kostenersatz im Sinne von Abs. 1 dieser Bestimmung eine andere gesetzliche Grundlage erforderlich sei; eine solche erblickte es im Ortspolizeireglement (OPR) der Einwohnergemeinde Muri vom 22. Oktober 1985. Dieses bestimmt in Art. 11 Abs. 3:
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"3 Die Kosten für den Erlass ortspolizeilicher Massnahmen trägt, wer zu deren Anordnung Anlass gibt."
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c) Der Beschwerdeführer bringt vor, aus Art. 61 PolG ergebe sich für den Kanton Bern der Grundsatz, dass die Kosten polizeilicher Tätigkeiten zu Lasten des Staates gingen; Einschränkungen dieses Prinzips seien demzufolge wiederum nur auf kantonaler Ebene zulässig. Zur Delegation entsprechender Rechtsetzungsbefugnisse an die Gemeinde fehle es hingegen an einer klar gefassten Delegationsnorm in einem formellen kantonalen Gesetz, welche gemäss ständiger bundesgerichtlicher Praxis (BGE 125 I 182 E. 4a S. 193; BGE 124 I 247 E. 3 S. 249) Angaben über die Abgabepflichtigen, den Gegenstand der Abgabe und deren Bemessungsgrundlagen enthalten müsse. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung von Art. 61 Abs. 1 PolG, wonach der Begriff "Gesetzgebung" auch (formellgesetzliche) kommunale Erlasse einschliesse, verstosse gegen das Prinzip der Gewaltentrennung, da Art. 74 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Bern vom 6. Juni 1993 (KV/BE; SR 131.212) bestimme, dass formelle Gesetze nur vom Grossen Rat beschlossen werden könnten.
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d) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts bedürfen öffentliche Abgaben grundsätzlich einer Grundlage in einem formellen Gesetz, d.h. normalerweise in einem dem Referendum unterstehenden Erlass (zuletzt: BGE 126 I 180 E. 2a/aa S. 182; vgl. zum Legalitätsprinzip im Abgaberecht nunmehr auch Art. 127 Abs. 1 BV und dazu BBl 1997 I 346). Die Berner Kantonsverfassung versteht gemäss Art. 69 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 62 Abs. 1 lit. a unter Gesetzen im formellen Sinne Erlasse des Grossen Rates, welche Rechtssätze verankern und dem fakultativen Referendum unterstehen. Im Weiteren sieht Art. 69 Abs. 4 lit. b KV/BE vor, dass Bestimmungen über den Gegenstand von Abgaben, die Grundsätze ihrer Bemessung und den Kreis der Abgabepflichtigen, mit Ausnahme von Gebühren in geringer Höhe, in der Form des (formellen) Gesetzes erlassen werden müssen, womit eine Delegation dieser Rechtsetzungsbefugnisse an den Grossen Rat (zur Regelung in einem dem fakultativen Referendum entzogenen Dekret) bzw. an den Regierungsrat ausgeschlossen bleibt (vgl. BGE 124 I 216 E. 4a/b S. 219). Vorliegend geht es indessen nicht um eine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen des Gesetzgebers an den Verordnungsgeber innerhalb des gleichen Gemeinwesens, sondern vielmehr um die Frage der Abgrenzung von Kompetenzen zwischen Kanton und Gemeinden. Eine Delegation an den kommunalen Gesetzgeber braucht, da hierin kein Einbruch in den Grundsatz der Gewaltentrennung und der Referendumsdemokratie liegt, nicht ebenso eng begrenzt zu sein wie eine solche an die kantonale oder kommunale Exekutive; Voraussetzung ist indessen, dass die kantonale Verfassung die vorgesehene Kompetenzaufteilung zulässt (BGE 122 I 305 E. 5a S. 312; BGE 118 Ia 245 E. 3e S. 252; BGE 104 Ia 336 E. 4b S. 340; BGE 102 Ia 7 E. 3b S. 10; BGE 97 I 792 E. 7 S. 804 f.). Dies ist im Kanton Bern der Fall: Die den Gemeinden eingeräumte Selbständigkeit umfasst auch die Kompetenz zum Erlass eigener Reglemente (sog. Recht zur Selbstgesetzgebung; vgl. JÜRG WICHTERMANN, in: Kommentar zum Bernischen Gemeindegesetz, Bern 1999, Art. 50 N. 1 f. sowie ULRICH ZIMMERLI, in: Walter Kälin/Urs Bolz [Hrsg.], Handbuch des Bernischen Verfassungsrechts, Bern 1995, S. 204 ff.); einer (speziellen) Ermächtigung durch den kantonalen Gesetzgeber bedarf es dabei nicht (WICHTERMANN, a.a.O., Vorbem. zu Art. 50-60 N. 5). Im Rahmen des übergeordneten Rechts können die Gemeinden in ihrem Aufgabenbereich, zu dem gemäss Art. 9 Abs. 1 PolG (in Verbindung mit Art. 112 Abs. 1 KV/BE) insbesondere die Besorgung verkehrspolizeilicher Aufgaben auf dem Gemeindegebiet gehört, auch die Erhebung von Kausalabgaben vorsehen, wobei hiefür - im Unterschied zur Statuierung ausserordentlicher Gemeindesteuern (Art. 113 Abs. 2 KV/BE) - nicht notwendigerweise eine spezielle formellgesetzliche Delegations- bzw. Ermächtigungsnorm des Kantons vorliegen muss (vgl. KÄLIN/BOLZ, a.a.O., Art. 113 N. 4, S. 542). Nach dem Gesagten steht somit einer Regelung der streitigen Abgabe in einem Gemeindeerlass aus der Sicht des Grundsatzes der Gewaltentrennung verfassungsrechtlich nichts entgegen, zumal sich die erwähnte Bestimmung von Art 69 Abs. 4 lit. b KV/BE lediglich auf die kantonale Ebene bezieht (vgl. WICHTERMANN, a.a.O., Vorbem. zu Art. 50-60 N. 10).
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e) Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung zum Legalitätsprinzip im Abgaberecht kann ein kommunaler Erlass einem eigentlichen formellen Gesetz gleichgestellt werden, wenn er von der nach dem kantonalen Recht ermächtigten Gemeindelegislative (Gemeindeversammlung oder -parlament) beschlossen wurde oder aber dem (obligatorischen oder fakultativen) Referendum unterstand (BGE 120 Ia 265 E. 2a S. 266 f.; BGE 118 Ia 320 E. 3 S. 323 f.; vgl. auch BGE 122 I 279 E. 6b S. 289; ferner: RENÉ A. RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel 1990, Nr. 12 B VIII, S. 34; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. Aufl., Zürich 1998, Rz. 2097). Das vorliegend in Frage stehende Ortspolizeireglement ist vom Grossen Gemeinderat (Gemeindeparlament) der Einwohnergemeinde Muri beschlossen worden und damit im (demokratisch legitimierten) Verfahren der Gesetzgebung zustande gekommen. Es erfüllt folglich das bundesrechtliche Erfordernis der gesetzlichen Grundlage von Abgaben.
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f) Zu prüfen bleibt, ob die fragliche kommunale Regelung mit Art. 61 PolG vereinbar ist. Da es dabei nicht mehr um die Auslegung oder Handhabung von Verfassungsrecht geht, prüft dies das Bundesgericht unter dem Gesichtswinkel der Willkür (oben E. 2a). Nach Art. 61 Abs. 1 PolG darf Kostenersatz für "polizeilich erbrachte Leistungen" nur nach Massgabe der "Gesetzgebung" verlangt werden. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, unter den vorliegend verwendeten Begriff der Gesetzgebung könnten ausser formellen Gesetzen des Kantons ebenfalls (kompetenzkonform ergangene) Normen des Gemeinderechts fallen, ist keineswegs willkürlich. Die Regelung von Art. 61 PolG lässt den Gemeinden, wie das Verwaltungsgericht zulässigerweise annehmen durfte, die Möglichkeit, eigene Normen darüber aufzustellen, unter welchen Voraussetzungen für Leistungen des kommunalen Polizeidienstes Kostenersatz verlangt werden kann.
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g) Die Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung erweist sich damit als unbegründet.
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3. Der Beschwerdeführer macht geltend, durch die ihm auferlegte Verpflichtung zum Kostenersatz würden die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) sowie der Anspruch auf Gesetzmässigkeit der Verwaltung (Art. 5 Abs. 1 BV) verletzt, da es an einer gesetzlichen Grundlage fehle; derartige Eingriffe ins Eigentum bedürften zumindest einer Normierung in einem vom kantonalen Gesetzgeber erlassenen formellen Gesetz.
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a) Das vormals ungeschriebene und nunmehr von Art. 5 Abs. 1 BV mitumfasste Legalitätsprinzip (RENÉ RHINOW, Die Bundesverfassung 2000, Basel 2000, S. 36 sowie S. 172 f.) ist ein Verfassungsgrundsatz, aber - von seiner spezifischen Bedeutung im Abgaberecht abgesehen (BGE 126 I 180 E. 2a/aa S. 182) - kein verfassungsmässiges Individualrecht, dessen Verletzung selbständig mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden kann (eingehend: BGE 123 I 1 E. 2b S. 4 mit Hinweisen; HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., Rz. 295); daran hat sich auch unter dem Geltungsbereich der neuen Bundesverfassung nichts geändert (vgl. BBl 1997 I 133; ferner: ANDREAS AUER/ GIORGIO MALINVERNI/MICHEL HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, Vol. I, Bern 2000, Rz. 1740, S. 612 f.). Die Verletzung des Legalitätsprinzips kann hingegen im Zusammenhang mit der Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung (BGE 121 I 22 E. 3a S. 25) oder eines speziellen Grundrechts geltend gemacht werden, was nunmehr in Art. 36 Abs. 1 BV zum Ausdruck kommt. Im Übrigen kann mit staatsrechtlicher Beschwerde eine Verletzung des Legalitätsprinzips nur im Rahmen der Verletzung des Willkürverbots und der Rechtsgleichheit gerügt werden (BGE 123 I 1 E. 2b S. 4). Die Rüge, das Legalitätsprinzip - verstanden als Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung - sei verletzt, hat damit keine selbständige Bedeutung.
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b) Soweit der Beschwerdeführer eine fehlende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in die Eigentumsgarantie geltend macht, kann auf das im Zusammenhang mit dem Gewaltentrennungsgrundsatz Ausgeführte verwiesen werden: Das in Frage stehende Ortspolizeireglement kommt einem Gesetz im formellen Sinne gleich, und die in Art. 11 Abs. 3 OPR geregelte Materie fällt in die verfassungsmässige Rechtsetzungskompetenz der Gemeinde (oben E. 2d und e), womit sich diese Bestimmung ohne weiteres als taugliche gesetzliche Grundlage für einen allfälligen Eingriff in die Eigentumsgarantie erweist; einer besonderen Grundlage im kantonalen Recht bedarf es auch in diesem Zusammenhang - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht (BGE 97 I 792 E. 3b S. 796; MAX IMBODEN/RENÉ A. RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd. II, 5. Aufl., Basel 1976, Nr. 123 B III a, S. 871). Im Übrigen ist ohnehin zweifelhaft, ob sich der Beschwerdeführer auf die Eigentumsgarantie berufen könnte, belastet doch der verfügte Kostenersatz lediglich dessen Vermögen und nicht einzelne Eigentumsbefugnisse an sich (vgl. GEORG MÜLLER, in: Kommentar BV, Art. 22ter N. 7 f.). Die Erhebung von Abgaben misst das Bundesgericht an der Institutsgarantie von Art. 26 BV (bzw. Art. 22ter aBV), welche hier nicht tangiert ist, kann doch bei der vorliegenden Abgabe von einer konfiskatorischen Wirkung im Sinne der Rechtsprechung (vgl. BGE 105 Ia 134 E. 3a S. 140 f.; BGE 106 Ia 342 E. 6a S. 348 f.; ferner: BGE 114 Ib 17 E. 5a S. 23) nicht die Rede sein. Darüber hinaus kommt aber der Eigentumsgarantie - neben den allgemeinen Prinzipien des Abgaberechts (vgl. dazu oben E. 2) - keine weitergehende Bedeutung zu (BGE 112 Ia 240 E. 6 S. 247; unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 2. Dezember 1996 i.S. S., E. 2a).
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a) Der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV bzw. Art. 2 ÜbBest. aBV) schliesst in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend geregelt hat, eine Rechtsetzung durch die Kantone aus. In Sachgebieten, die das Bundesrecht nicht abschliessend ordnet, dürfen die Kantone nur solche Vorschriften erlassen, die nicht gegen den Sinn und Geist des Bundesrechts verstossen und dessen Zweck nicht beeinträchtigen oder vereiteln (BGE 126 I 76 E. 1 S. 78; BGE 123 I 313 E. 2b S. 316 f., je mit Hinweisen). Der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts kann auch unter der Herrschaft der neuen Bundesverfassung als verfassungsmässiges Individualrecht angerufen werden (BBl 1997 I 216; HÄFELIN/HALLER, a.a.O., N. 1176 sowie N. 1970; AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, a.a.O., Rz. 1024, S. 361). Der Beschwerdeführer ist gestützt auf die von ihm als bundesrechtswidrig erachtete Bestimmung von Art. 11 Abs. 3 OPR zu einer Geldzahlung verpflichtet worden und damit in rechtlich geschützten Interessen betroffen, weshalb er zur Erhebung dieser Rüge legitimiert ist (vgl. BGE 126 I 81 E. 5a S. 91 mit Hinweis).
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b) Gemäss Art. 82 Abs. 1 BV (vormals Art. 37bis Abs. 1 aBV) erlässt der Bund Vorschriften über den Strassenverkehr. Es steht ihm damit die umfassende Gesetzgebungskompetenz im Bereich der polizeilichen Verkehrsregelung zu. Der Vollzug der Strassenverkehrsgesetzgebung, namentlich die Überwachung der verkehrspolizeilichen Bestimmungen, obliegt den Kantonen (MARTIN LENDI, in: Kommentar BV, Art. 37bis Rz. 5, insbesondere Fn. 2), welche ebenfalls zuständig sind zum Erlass ergänzender Vorschriften (Art. 106 Abs. 2 und 3 SVG; vgl. betreffend ergänzende strafprozessuale Bestimmungen BGE 107 IV 146). Auch wenn es um den Vollzug von Bundesrecht geht, bleibt somit Raum für eigenständiges kantonales Recht, soweit die einschlägigen Bundesnormen nicht eine Regelung enthalten. Dies ist vorliegend nicht der Fall: Wer die Kosten von besonderen Polizeieinsätzen zur Verkehrsregelung bzw. zur Sicherstellung einer geordneten Parkierung zu tragen hat, die durch die besondere Nutzung eines einzelnen Grundstückes notwendig werden, wird durch das eidgenössische Strassenverkehrsrecht nicht geregelt. Auch bedeutet das Fehlen entsprechender eidgenössischer Vorschriften nicht, dass die Regelung nicht zum Gegenstand des kantonalen Rechts gemacht werden dürfte. So hat das Bundesgericht etwa im Zusammenhang mit dem Abschleppen eines verkehrswidrig abgestellten Fahrzeugs entschieden, die Kantone könnten konkretisierende Normen über die Kostenersatzpflicht der Beteiligten erlassen (unveröffentlichtes Urteil vom 8. September 1992 i.S. R., E. 2e). Dies muss umso mehr gelten, wenn für die Kostenauferlegung - wie hier - nicht an ein regelwidriges Verhalten im Verkehr sondern an eine der kantonalen (bzw. kommunalen) Baugesetzgebung zuwiderlaufende Nutzung einer Liegenschaft angeknüpft wird, welche die entsprechenden verkehrspolizeilichen Einsätze erforderlich machte. Die in Frage stehende kommunale Vorschrift und deren Anwendung im vorliegenden Fall ist daher unter dem Gesichtspunkt der derogatorischen Kraft des Bundesrechts nicht zu beanstanden. Dass die von der Gemeindebehörde angeordneten Massnahmen, um deren finanzielle Abgeltung es hier geht, untauglich gewesen seien oder Vorschriften des eidgenössischen Strassenverkehrsrechts verletzt hätten, wird nicht behauptet.
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a) Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 125 II 129 E. 5b S. 134; BGE 123 I 1 E. 4a S. 5; BGE 122 I 61 E. 3a S. 66 f.).
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b) Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Anwendung von Art. 11 OPR. Er behauptet, diese Bestimmung ziele auf rechtswidrige Zustände und Vorrichtungen ab, welche auf entsprechende behördliche Verfügung hin durch die Adressaten beseitigt werden könnten. Weder der Beschwerdeführer noch die Botschaft Griechenlands hätten indessen die Möglichkeit gehabt, den Verkehr selbst zu regeln, weshalb eine Anwendung von Art. 11 OPR auf den vorliegenden Sachverhalt sinnlos und zweckwidrig sei.
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Art. 11 Abs. 1 OPR spricht von der Beseitigung von "rechtswidrigen Zuständen und Vorrichtungen", welche allenfalls auf dem Wege des Verwaltungszwanges oder der Ersatzvornahme erfolgt, wobei die Ortspolizeibehörde vorgängig eine entsprechende Androhung verfügen kann (Abs. 4). Die Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes hätte vorliegend vorab darin bestanden, dass die - als zonenwidrig erkannte - Nutzung des Grundstückes, welche die Verkehrs- und Parkierungsprobleme verursachte, eingestellt wird. Da eine solche (baupolizeiliche) Massnahme aus naheliegenden Gründen nicht bzw. nicht sofort durchgesetzt werden konnte, durfte sich die örtliche Behörde vernünftigerweise zunächst darauf beschränken, durch entsprechende Verkehrsregelung und Anweisungen an die Besucher der Botschaft die Behinderungen des Anwohnerverkehrs und weitere negative Auswirkungen auf die Nachbarschaft in Grenzen zu halten. Wenn die Kostenregelung von Art. 11 Abs. 3 OPR auch für solche indirekte Abwehrmassnahmen als anwendbar betrachtet wurde, liegt hierin kein Verstoss gegen das Willkürverbot, sondern eine zulässige, dem Zweck der Vorschrift entsprechende Auslegung. Dass die in Betracht fallenden Adressaten keine Möglichkeit hatten, das entstandene Verkehrsproblem selber zu lösen, steht dem nicht entgegen. Die kostenpflichtige Ersatzvornahme durch den Staat kann auch dann stattfinden, wenn der primär Pflichtige selber gar nicht in der Lage ist, die gebotenen Massnahmen zu ergreifen (vgl. BGE 122 II 65 E. 6a S. 70; BGE 114 Ib 44 E. 2a S. 47 f. mit Hinweisen).
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c) Der Beschwerdeführer macht geltend, indem das Verwaltungsgericht ihn als Zustandsstörer bezeichnet habe, sei es in Willkür verfallen. Es sei ihm bei Vertragsabschluss unmöglich gewesen, die durch die Ereignisse im ehemaligen Jugoslawien ausgelöste grosse Nachfrage nach Visa vorauszusehen, welche zu den Verkehrsproblemen im Bereich der Botschaft geführt habe; gebunden durch einen Mietvertrag habe er als Grundeigentümer Dritte nicht am Aufsuchen der Botschaft hindern können. Sodann fehle es an einer Beziehung zwischen dem Zustand der fraglichen Liegenschaft und der Störung des Strassenverkehrs, wobei die zonenwidrige Nutzung nicht als ordnungswidriger und für die Ereignisse kausaler Zustand bezeichnet werden könne.
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Was die Bestimmung der gemäss Art. 11 Abs. 3 OPR zahlungspflichtigen Verursacher (Veranlasser) sowie der Höhe der Kostenersatzpflicht anbelangt, so durfte sich das Verwaltungsgericht zulässigerweise an die im Störerrecht entwickelten Grundsätze halten und den Beschwerdeführer als Eigentümer der Liegenschaft für einen Teil der Kosten als Zustandsstörer mitbelangen (vgl. BGE 114 Ib 44 E. 2c/aa S. 50 f.; BGE 101 Ib 410 E. 5c S. 416; Urteil des Bundesgerichts vom 15. Juni 1994, in: URP 1994 S. 501 ff., E. 5a/b; vgl. ferner HANS REINHARD, Allgemeines Polizeirecht, Diss. Bern 1993, S. 185 ff., insbesondere S. 187). Dass er die Entwicklung der Dinge nicht voraussehen und gegen die später eingetretenen Verkehrsprobleme selber zunächst nichts unternehmen konnte, ändert nichts. Es genügt, dass er seine Liegenschaft durch einen Mietvertrag für eine Nutzung zur Verfügung gestellt hat, welche sich in der Folge als zonenwidrig erwiesen hat, um als Zustandsstörer ins Recht gefasst werden zu können. Durch die Reduktion seiner Kostenersatzpflicht auf Fr. 3'000.- hat das Verwaltungsgericht den besonderen Umständen des Falles in vertretbarer Weise Rechnung getragen, womit sein Entscheid auch in diesem Punkt vor dem Willkürverbot standhält (vgl. BGE 107 Ia 19 E. 2b S. 24 f.).
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Eine Beschwerde wegen Verletzung von Staatsvertragsrecht im Sinne von Art. 84 Abs. 1 lit. c OG ist nur zulässig, wenn die staatsvertragliche Bestimmung, deren Verletzung gerügt wird, direkt anwendbar ist. Das ist dann der Fall, wenn die Norm inhaltlich hinreichend bestimmt und klar ist, um im Einzelfall Grundlage eines Entscheids zu bilden (BGE 125 I 182 E. 3a S. 190 mit Hinweisen); die Staatsvertragsbeschwerde dient lediglich der Durchsetzung solcher Völkerrechtsnormen, welche die Rechtsstellung des Einzelnen direkt regeln (BGE 126 I 240 E. 2b S. 242; BGE 120 Ia 1 E. 5b S. 11 mit Hinweisen; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl., Bern 1994, S. 90 f.).
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Das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen umschreibt die Vorrechte und Immunitäten der Diplomaten und statuiert namentlich das Prinzip der Unverletzlichkeit der Person von Diplomaten und der Räumlichkeiten diplomatischer Missionen (vgl. die Hinweise bei JÖRG PAUL MÜLLER/LUZIUS WILDHABER, Praxis des Völkerrechts, 3. Aufl., Bern 2001, S. 266-270). Art. 25 des Übereinkommens bestimmt, dass der Empfangsstaat der Mission jede Erleichterung zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben gewährt; gemäss Art. 27 Abs. 1 Satz 1 des Übereinkommens gestattet und schützt der Empfangsstaat den freien Verkehr der Mission für alle amtlichen Zwecke. Die in diesen Bestimmungen verankerten Garantien richten sich an die beteiligten Staaten selbst; allfällige sich daraus ergebende Rechte stehen der diplomatischen Mission bzw. dem diplomatischen Personal zu. Als bloss indirekt interessierter Dritter kann sich der Beschwerdeführer nicht auf diese Bestimmungen berufen. Im Übrigen würde es diesen Normen ohnehin an der nötigen Bestimmtheit fehlen. Art. 25 des Übereinkommens ist zu allgemein gefasst, als dass sich eine Mission allein auf diese Klausel berufen könnte (MICHAEL RICHTSTEIG, Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen, Baden-Baden 1994, Ziff. 2 zu Art. 25, S. 53). Auch kann weder aus Art. 25 noch aus Art. 27 des Übereinkommens ein Recht des Entsendestaates auf reservierte Parkplätze auf öffentlichem Grund für seine diplomatische Mission abgeleitet werden (Gutachten des Eidgenössischen politischen Departements vom 11. April 1972, in: VPB 36/1972 Nr. 27 S. 63 ff.). Insofern kann auch nicht behauptet werden, die Überwälzung von Kosten für die Verkehrsregelung, welche aufgrund des Fehlens ebensolcher Parkierungsmöglichkeiten im Umkreis der Botschaft nötig wurde, stehe im Widerspruch zu den vom Beschwerdeführer angerufenen Bestimmungen. Auf die Rüge der Verletzung der Art. 25 und 27 Abs. 1 Satz 1 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen ist nach dem Gesagten nicht einzutreten.
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