Das Prinzip des Rechtsstaates fordert, daß der Einzelne wissen muß, inwieweit die Verwaltung in seinen Rechtskreis eingreifen darf; es fordert aber weder, daß der Gesetzgeber die Verwaltung bindet, den möglichen Eingriff immer zu vollziehen, noch daß der Gesetzgeber tatbestandsmäßig genau umreißt, wann die Verwaltung von einem zulässigen, nach Tatbestand und Folge eindeutig geregelte Eingriff Abstand nehmen darf.
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Beschluß | |
des Zweiten Senats vom 3. Februar 1959
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-- 2 BvL 10/56 -- | |
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung, ob § 1 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 des Gesetzes gegen unbegründete Nichtausnutzung von Einfuhrgenehmigungen vom 27. Dezember 1951 (BGBl. I S. 1005) mit dem Grundgesetz vereinbar sind, - Vorlage des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main - 2. Kammer - vom 9. April 1954 (II/1 - 514/52) -.
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Entscheidungsformel:
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§ 1 Absatz 1 und § 4 Absatz 2 des Gesetzes gegen unbegründete Nichtausnutzung von Einfuhrgenehmigungen vom 27. Dezember 1951 (BGBl. I S. 1005) sind mit dem Grundgesetz vereinbar.
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Gründe: | |
I.
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Bei dem ersten Versuch einer Liberalisierung des Außenhandels der Bundesrepublik, der mit dem Liberalisierungsstopp im Frühjahr 1951 endete, hatte sich gezeigt, daß Einfuhrgenehmigungen oft mißbräuchlich in mehrfacher Höhe des Bedarfs und der wirklich vollzogenen Einfuhren beantragt wurden. Importeure beantragten Genehmigungen, auch wenn sie sich noch nicht zu einer Einfuhr entschlossen hatten, sondern zunächst die Marktentwicklung abwarten wollten. Anscheinend wurden sogar Einfuhrgenehmigungen in der Absicht erwirkt, keine Einfuhr vorzunehmen, sondern eine solche durch Konkurrenten zu verhindern. Die übersetzte Antragstellung blockierte den Bestand verfügbarer Devisen und machte es den verantwortlichen Stellen unmöglich, den Devisenbedarf richtig abzuschätzen.
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Diese Mißstände, deren Beseitigung auch von den beteiligten Wirtschaftskreisen gefordert worden war, wurden vor der am 1. Januar 1952 wieder eingeführten Liberalisierung im Außenhandelsausschuß des Bundestags erörtert mit dem Ergebnis, daß gesetzgeberische Maßnahmen für notwendig erachtet wurden. Es wurde erwogen, eine Gebühr für Einfuhranträge oder ein Reugeld für beantragte und genehmigte, aber nicht vollzogene Einfuhren zu erheben. Man entschied sich schließlich fuhr das Reugeld, da eine Antragsgebühr mit Art. VIII Nr. 1 der Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT, BGBl. II 1951 Anlagenband I S. 15) unvereinbar erschien. Das daraufhin erlassene, sogenannte Reugeldgesetz (BGBl. I 1951 S. 1005) hat folgenden Wortlaut:
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"§ 1
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(1) Wird eine im Einfuhrverfahren erteilte Genehmigung nicht oder nicht vollständig ausgenutzt, so kann die zuständige Verwaltungsbehörde gegen denjenigen, dem die Genehmigung erteilt worden ist, ein Reugeld festsetzen.
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(2) Genehmigungen im Sinne dieses Gesetzes sind: Einkaufsermächtigungen, Einfuhrbewilligungen und Zahlungsbewilligungen.
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(3) Zuständige Verwaltungsbehörden im Sinne dieses Gesetzes sind: die Bundesstelle für den Warenverkehr der gewerblichen Wirtschaft und die Außenhandelsstelle für Erzeugnisse der Ernährung und Landwirtschaft.
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(4) Werden bei der Einfuhr der gleichen Ware mehrere Genehmigungen erteilt, so darf das Reugeld nur einmal erhoben werden."
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"§ 2
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(1) Das Reugeld wird nach einem Vom-Hundert-Satz des Gegenwerts des nicht ausgenutzten Teiles der Genehmigung in Deutscher Mark (Fehlbetrag) festgesetzt; der Berechnung wird der in der Genehmigung angegebene Einfuhrwert in Deutscher Mark (Einfuhr- wert) zugrunde gelegt. Das Reugeld beträgt 5 vom Hundert des Fehlbetrags, wenn dieser 50 vom Hundert des Einfuhrwertes übersteigt, 4 vom Hundert des Fehlbetrags, wenn dieser 40 vom Hundert des Einfuhrwertes übersteigt, 3 vom Hundert des Fehlbetrags, wenn dieser 30 vom Hundert des Einfuhrwertes übersteigt, 2 vom Hundert des Fehlbetrags, wenn dieser 20 vom Hundert des Einfuhrwertes übersteigt, 1 vom Hundert des Fehlbetrags, wenn dieser 10 vom Hundert des Einfuhrwertes übersteigt.
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(2) Macht der Fehlbetrag 10 vom Hundert oder weniger des Einfuhrwertes aus, so wird ein Reugeld nicht erhoben."
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Vor der Erteilung einer Genehmigung ist ein Betrag von 5 vom Hundert des in der Genehmigung angegebenen Einfuhrwertes in Deutscher Mark (Deckungsbetrag) bei der Stelle, welche die Genehmigung erteilt, zugunsten der nach § 1 Abs. 3 zuständigen Verwaltungsbehörde zur Sicherung eines festzusetzenden Reugeldes zu hinterlegen. Der Deckungsbeitrag ist freizugeben; wenn nachgewiesen wird, daß ein Reugeld nicht festgesetzt werden kann."
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"§ 4
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(1) Das Reugeld wird nach Ablauf der Geltungsdauer der Genehmigung, spätestens zwei Monate nach dem Tage des Ablaufs dieser Geltungsdauer, durch schriftlichen Bescheid der zuständigen Verwaltungsbehörde festgesetzt.
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(2) Von der Festsetzung eines Reugeldes kann in sinngemäßer Anwendung der für den Erlaß von Steuern geltenden Vorschriften des § 131 der Reichsabgabenordnung abgesehen werden, wenn dar Reugeldpflichtige die Nichtausnutzung oder nicht vollständige Ausnutzung der Genehmigung nicht zu vertreten hat.
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(3) Das Reugeld fließt dem Bunde zu."
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"§ 5
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Das Reugeld ist als Betriebsausgabe bei der steuerlichen Gewinnermittlung nicht abzugsfähig."
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"§ 6
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Dieses Gesetz gilt in Berlin, sobald das Land Berlin die Einführung des Gesetzes gemäß Artikel 87 Absatz 2 seiner Verfassung beschließt."
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"§ 7
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Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft."
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Alsbald nach Inkrafttreten des Gesetzes erließ der auf Grund der JEIA-Anweisung Nr. 29 Ziff. 5 (ÖffAnz. für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet Nr. 13/49 vom 16. Februar 1949 S. 1) gebildete Einfuhrausschuß nähere Vorschriften für die Erhebung des Reugeldes. Er bestand aus je einem Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums, des Bundesernährungsministeriums und der Bank deutscher Länder (Runderlaß Außenwirtschaft Nr. 56/51 vom 15. Dezember 1951, BAnz. Nr. 244 vom 18. Dezember 1951).
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In der Anordnung 1/52 des Einfuhrausschusses vom 7. Januar 1952 (BAnz. Nr. 5/52 vom 9. Januar 1952 S. 5) wurde bereits einschränkend vorgeschrieben:
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"Ein Reugeld ... ist ... festzusetzen bei Nichtausnutzung von Einfuhrgenehmigungen
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1. für alle Waren, die ohne mengenmäßige Beschränkungen eingeführt werden können,
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2. für Waren, die auf Grund anderer Einfuhrmöglichkeiten eingeführt werden, soweit dies bei der Bekanntgabe angeordnet wird."
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Die Anordnung des Einfuhrausschusses 4/52 vom 31. Januar 1952 (BAnz. Nr. 27/52 vom 8. Februar 1952 S. 1). brachte eine weitere Einschränkung:
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"1. Ein Reugeld ... ist nicht festzusetzen, wenn der Betrag der Einfuhrgenehmigung einen Gegenwert von DM 500.- nicht übersteigt."
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Die Anordnung 6/52 vom 26. Mai 1952 (BAnz. Nr. 102/52 vom 29. Mai 1952 S. 3) hob die vorhergehenden Anordnungen auf und ersetzte sie durch eine Neuregelung, die den Anwendungsbereich des Reugeldgesetzes abermals erheblich verengte:
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"1. Ein Reugeld ... ist ... nur in den Fällen festzusetzen, in denen es für die betreffenden Einfuhrmöglichkeiten besonders angeordnet worden ist.
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2. Ein Reugeld ist nicht festzusetzen, wenn der Betrag der Einfuhrgenehmigung einen Gegenwert von DM 2000.- nicht übersteigt oder wenn bei nicht vollständiger Ausnutzung der Genehmigung das festzusetzende Reugeld den Betrag von DM 50.- nicht erreicht."
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Durch die Anordnung 1/53 vom 5. Mai 1953 (BAnz. Nr. 88/53 vom 9. Mai 1953 S. 2) wurde schließlich bestimmt:
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"Bei Nichtausnutzung von Einfuhrgenehmigungen für Waren, die ohne mengenmäßige" Beschränkung eingeführt werden können (Waren der Freiliste), ist ein Reugeld ... ab 10. Mai 1953 nicht mehr festzusetzen, sofern nicht nach diesem Zeitpunkt etwas anderes angeordnet wird."
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Für eine Anwendung des Gesetzes blieben demnach nur noch die Fälle übrig, in denen bei der Bekanntgabe von Einfuhrmöglichkeiten für nicht liberalisierte Waren angekündigt wurde, daß gegebenenfalls ein Reugeld festgesetzt werde. Auch hiervon wurde aber in der Folgezeit kein Gebrauch mehr gemacht, so daß das Reugeldgesetz seit Anfang Mai 1953 nicht mehr angewendet wurde. Seine praktische Bedeutung War, was die Höhe der endgültig verhängten Reugelder angeht, auch in der Zeit seiner Anwendung gering. Nach Mitteilung des Bundesernährungsministeriums betrug die Gesamtsumme der auf dem Ernährungssektor endgültig verhängten Reugelder nur etwa 60 000.- DM; auf dem gewerblichen Sektor war sie noch geringer.
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Formell aufgehoben worden ist das Gesetz nicht.
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II.
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1. Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main hat dem Bundesverfassungsgericht durch Beschluß vom 9. April 1954 die Verwaltungsstreitsache v. H. ./. Außenhandelsstelle (11/1 - 514/52) zur Entscheidung der Frage vorgelegt,
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ob § 1 Abs. i und § 4 Abs. 2 des Gesetzes gegen unbegründete Nichtausnutzung von Einfuhrgenehmigungen vom 27. Dezember 1951 (BGBl. I S. 1005) - sog. Reugeldgesetz - mit Art. 20 Abs. 2 und 3 GG vereinbar sind.
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Das Ausgangsverfahren betrifft eine Anfechtungsklage der Firma v. H., K., gegen einen Bescheid der Außenhandelsstelle für Erzeugnisse der Ernährung und Landwirtschaft, Frankfurt/Main, vom 25. Juni 1952, durch den die Firma zur Zahlung eines Reugeldes von 397.60 DM verpflichtet worden ist. Die Klägerin hatte im Frühjahr 1952 von ihrer Muttergesellschaft, der Firma v. H., W. / Holland, 45000 kg Kartoffelstärkemehl gekauft und hierfür eine Einkaufsermächtigung sowie eine Einfuhr- und Zahlungsbewilligung erhalten. Tatsächlich eingeführt wurden von ihr aber nur 39 250 kg, da nach ihren Angaben die Muttergesellschaft nur diese Menge liefern konnte. Für den nicht ausgenutzten Teil der Einfuhr- und Zahlungsbewilligung setzte die Außenhandelsstelle das genannte Reugeld fest. Nach erfolglosem Einspruch gegen diese Festsetzung erhob die Firma v. H., K., Anfechtungsklage, mit der sie geltend machte, daß die Auslegung des Reugeldgesetzes durch die Außenhandelsstelle unzutreffend sei und die Anwendung des Gesetzes im vorliegenden Falle einen Ermessensmißbrauch darstelle. Weiter berief sie sich darauf, daß das Reugeldgesetz verfassungswidrig sei, weil es gegen Grundrechtsbestimmungen verstoße.
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Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Vorlage ausgeführt, daß es § 1 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 des Gesetzes für verfassungswidrig halte und daß seine Entscheidung von der Gültigkeit dieser Vorschriften abhänge.
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Verfassungswidrig sei das Reugeldgesetz, weil es gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und der Dreiteilung der Gewalten verstoße (Art. 20 Abs. 2 und Abs. 3 GG). § 1 Abs. 1 erteile eine unbestimmte Ermächtigung. Er überlasse es dem freien Belieben der Behörde, ob ein Reugeld festgesetzt werden solle, unter der einzigen Voraussetzung, daß eine im Einfuhrverfahren erteilte Genehmigung nicht oder nicht vollständig ausgenutzt sei. Damit habe der Gesetzgeber seine Befugnisse überschritten. Das gleiche gelte für § 4 Abs. 2. Der Rahmen der Ermessensentscheidung sei auch hier völlig unbestimmt. Selbst wenn feststehe, daß der Reugeldpflichtige die Nichtausnutzung der Genehmigung nicht zu vertreten hat, bleibe es dem freien Belieben der Verwaltungsbehörde überlassen, ob sie von der Festsetzung des Reugeldes absehen wolle oder nicht.
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Entscheidungserheblich seien die §§ 1 Abs. 1 und 4 Abs. 2 des Reugeldgesetzes, weil die Anfechtungsklage, wenn beide Vorschriften verfassungswidrig seien, ohne weiteres Erfolg haben müsse. Im Falle der Gültigkeit der beiden Vorschriften dagegen müsse eine sachliche Prüfung daraufhin erfolgen, ob die Außenhandelsstelle das Reugeldgesetz im vorliegenden Falle richtig angewendet habe. Diese Prüfung setze aber voraus, daß das Reugeldgesetz rechtsgültig, also für seine Anwendung überhaupt Raum sei.
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2. Mit diesen Erwägungen des vorlegenden Gerichts ist den Grundsätzen genügt, die das Bundesverfassungsgericht zur Frage der Entscheidungserheblichkeit im Sinne des § 80 Abs. 2 BVerfGG entwickelt hat (vgl. BVerfGE 2, 266 [271]).
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Beigetreten ist dem Verfahren niemand.
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Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten namens der Bundesregierung und der I. Senat des Bundesverwaltungsgerichts haben Äußerungen eingereicht, in denen der Standpunkt eingenommen wird, daß das Reugeldgesetz gültig sei.
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Die Klägerin des Ausgangsverfahrens dagegen vertritt in ihrer Äußerung die Ansicht des vorlegenden Gerichts, daß das Reugeldgesetz den Verwaltungsbehörden einen unzulässig weiten Ermessensspielraum gebe. Weiter macht sie geltend, das Gesetz sei, wie die Vorschrift des § 5 über die steuerliche Nichtabzugsfähigkeit des Reugeldes erweise, als strafrechtliche Regelung anzusehen, verletze als solche aber den Grundsatz in dubio pro reo, weil es dem Betroffenen einen Entlastungsbeweis aufbürde. Durch § 3 (Deckungsbetrag) werde sogar die Vorauszahlung der Strafe vor der Tat angeordnet. Außerdem verstoße das Gesetz gegen die Bestimmungen der Art. 2, 3, 19 GG.
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Das Reugeldgesetz ist gültig.
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1. Ein Verstoß gegen Prinzipien, die für das Gebiet des Strafrechts gelten, liegt schon deshalb nicht vor, weil das Reugeldgesetz keine strafrechtliche Regelung enthält. Als Strafe kann nur ein Übel betrachtet werden, dar wegen eines rechtswidrigen Verhaltens verhängt wird. Das gilt für Kriminalstrafen und für Verwaltungsstrafen (Geldbußen) in gleicher Weise. Bei der Pflicht zur Reugeldzahlung fehlt diese Voraussetzung. Die Nichtausnutzung einer Einfuhrgenehmigung ist durch das Reugeldgesetz nicht für rechtswidrig erklärt worden. Gerade die Wahl des Ausdrucks "Reugeld" für den Nachteil, den der Gesetzgeber an die Nichtausnutzung der Genehmigung geknüpft hat, macht das deutlich. Offensichtlich sollte hier eine Rechtslage geschaffen werden, die etwa ein Gegenstück zur privatrechtlichen Verknüpfung eines Rücktrittsrechts mit einer Reugeldpflicht darstellt. Die Nichtausnutzung der Einfuhrgenehmigung und der Rücktritt auf Grund des vertraglichen Vorbehalts sind gleichermaßen rechtmäßig (vertragsgemäß), obwohl sie zu einer nachteiligen Rechts- folge führen. Zwischen einem Reugeld nach dem hier behandelten Gesetz und einer Strafe besteht Übereinstimmung insofern, als beides einen Rechtsnachteil darstellt, den der Gesetzgeber an einen von ihm mißbilligten Sachverhalt angeknüpft hat, um damit general- und spezialpräventiv zu wirken. Wesensverschieden sind Reugeld und Strafe aber, weil beim Reugeld das spezifische Unwerturteil fehlt, das vom Standpunkt der Rechtsordnung aus mit der Strafe über Tat und Täter ausgesprochen wird. Daß das Reugeld in steuerlicher Hinsicht wie eine Strafe behandelt wird (§ 5 des Gesetzes), ändert an dieser Wesensverschiedenheit nichts. Der Gesetzgeber ist auch durch das Verfassungsrecht nicht gehindert, zur Bekämpfung eines von ihm mißbilligten Sachverhalts ein Reugeld einzuführen, statt das zugrunde liegende Verhalten für rechtswidrig zu erklären und mit einer Verwaltungsstrafe zu belegen. Das Reugeld ist nicht seiner Natur nach rechtsstaatswidrig, sondern gehört zu den Rechtseinrichtungen, die der Gesetzgeber grundsätzlich nach seinem Ermessen verwenden kann.
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Die von der Klägerin des Ausgangsverfahrens vertretene Auffassung, das Reugeldgesetz sei verfassungswidrig, weil es die strafrechtliche Vermutung der Schuldlosigkeit nicht berücksichtige, kann also schon wegen des fehlenden strafrechtlichen Charakters der Reugeldvorschriften nicht als richtig anerkannt werden. Es erübrigt sich daher eine Untersuchung der Frage, inwieweit diese Vermutung ein binden der Verfassungssatz ist und innerhalb welcher Grenzen sie zur Disposition des Gesetzgebers steht (vgl. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 1959 - 1 BvR 197/53 S. 5 ff. 1-).
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Ein Verstoß gegen Art. 3 GG kann nicht, wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens meint, darin gesehen werden, daß kapitalschwache Unternehmen durch die Reugeldvorschriften verhältnismäßig schwerer getroffen werden als kapitalstarke Unternehmen. Es ist weithin Sache des gesetzgeberischen Ermessens, zu entscheiden, in welchem Umfang den vorgegebenen natürlichen Verschiedenheiten in der Gesetzgebung Rechnung getragen wer den soll. Nur wenn die Verschiedenheit der durch den Gesetzgeber gleich geregelten Fälle so bedeutsam ist, daß ihre Gleichbehandlung mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise unverträglich erscheint, kann ein Willkürakt und damit ein Verstoß gegen Art. 3 GG vorliegen (BVerfGE 1, 264 [276]). Davon kann hier nicht gesprochen werden. Daß eine öffentlich-rechtliche Geldleistungspflicht (wie jede andere Zahlungspflicht auch) ein kapitalstarkes Unternehmen weniger belastet als ein kapitalschwaches, ist eine Ungleichheit, die in einer das freie Unternehmertum bejahenden Wirtschaft als sachgerecht hingenommen werden muß.
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Art. 2 GG könnte nur dann verletzt sein, wenn das Reugeldgesetz in den Kernbereich der persönlichen Freiheit eingriffe - das ist offensichtlich nicht der Fall -, oder wenn es eine freiheitsbeschränkende Regelung enthielte, die aus anderen (also außerhalb des Art. 2 liegenden) Gründen der verfassungsmäßigen Ordnung widerspricht (vgl. BVerfGE 6, 32 [41]). Auch dies letztere trifft nicht zu, wie im folgenden näher auszuführen ist. Da die §§ 1 Abs. 1 und 4 Abs. 2 des Reugeldgesetzes in Grundrechte nicht eingreifen, kann auch Art. 19 GG nicht verletzt sein.
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3. Das Hauptbedenken, das gegen das Reugeldgesetz erhoben worden ist, richtet sich gegen die Ausgestaltung, die der Gesetzgeber seiner Regelung gegeben hat, gegen die "Weite des Ermessensspielraums", den er durch Verwendung des Wortes "kann" in § 1 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 der Verwaltung eingeräumt habe.
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In § 1 ist nicht Art und Ausmaß des Eingriffs (Auferlegung einer Verpflichtung) in das Ermessen der Verwaltungsbehörde gestellt, sondern nur die Entscheidung darüber, ob von der gesetzlich eindeutig umrissenen Eingriffsmöglichkeit Gebrauch gemacht werden soll. § 4 Abs. 2 enthält nicht eine Eingriffsermächtigung, sondern räumt der Verwaltung die den Einzelnen begünstigende Befugnis ein, von einem gesetzlich zulässigen Eingriff im Einzelfall abzusehen. Soweit der Verwaltung Ermessen eingeräumt ist, hat sie nach pflichtmäßigem Ermessen zu handeln und von den ihr gegebenen Möglichkeiten im Sinne des Gesetzes Gebrauch zu machen. Diese Rechtsanwendung steht unter den zwingenden Geboten des Rechtsstaates, insbesondere des Gleichheitssatzes. Die fehlerhafte Ermessensausübung unterliegt der Kontrolle der Verwaltungsgerichte, zu deren Aufgabe es auch gehört, den unbestimmten Rechtsbegriff des "Nicht-zu-vertreten-habens" in § 4 Abs. 2 im Streitfall zu interpretieren.
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a) Das Prinzip des Rechtsstaates fordert, daß die Verwaltung in den Rechtskreis des Einzelnen nur eingreifen darf, wenn sie dazu in einem Gesetz ermächtigt wird, und daß diese Ermächtigung nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so daß die Eingriffe meßbar und in gewissem Umfange für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar werden (BVerfGE 8, 276 [325]). Die Verwendung des Wortes "kann" in gesetzlichen Bestimmungen, die die Verwaltung zu Eingriffen in den Rechtskreis der Einzelnen ermächtigen, entspricht also dem grundsätzlichen Verhältnis von Legislative und Exekutive im Rechtsstaat: Die der Exekutive zukommende Macht wird durch die Ermächtigung erweitert; sie "kann" nunmehr etwas tun, was sie zuvor nicht tun durfte. In zahllosen Eingriffsermächtigungen findet sich darum die Formulierung, daß die Verwaltung bestimmte Maßnahmen treffen "kann". Unter rechtsstaatlichem Aspekt entscheidend ist, ob das, wozu die Verwaltung ermächtigt wird, hinreichend klar umschrieben ist. Insofern aber bestehen gegen § 1 des Reugeldgesetzes keinerlei Bedenken. Die Verwaltung wird nicht zu "Eingriffen nach ihrem Ermessen" ermächtigt, sondern sie wird ermächtigt, nach ihrem Ermessen von gesetzlich genau umgrenzten Eingriffen Gebrauch zu machen. Zulässig ist die Festsetzung eines Reugeldes nur, wenn "eine im Einfuhrverfahren erteilte Genehmigung nicht ... ausgenutzt" wird. Der Begriff der Einfuhrgenehmigung ist in § 1 Abs. 2 des Gesetzes definiert, so daß darüber keine Zweifel entstehen können. Auch das Tatbestandsmerkmal des "Nicht-ausgenutzt-werdens" einer Genehmigung ist klar umrissen, läßt der Verwaltungsbehörde keinen Beurteilungsspielraum und kann im Streitfall von den Verwaltungsgerichten nachgeprüft werden. Ebenso eindeutig wie die Abgrenzung des Tatbestandes, bei dessen Vorliegen Reugeld festgesetzt werden kann, ist die Rechtsfolge geregelt. Die Höhe des Reugeldes ist in § 2 des Gesetzes tabellenmäßig festgelegt, so daß der Verwaltung auch in diesem Punkt keinerlei Entscheidungsfreiheit bleibt.
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Der Gesetzgeber kann, wenn er die Verwaltung zu solchen Eingriffen in den Rechtskreis des Einzelnen ermächtigt, auch vorschreiben, daß die Verwaltung in jedem Falle der Tatbestandsverwirklichung eingreifen muß. Aber vom Rechtsstaatsprinzip wird eine derartige Gestaltung der Eingriffsermächtigung nicht generell gefordert. Die vom vorlegenden Gericht vertretene Rechtsauffassung würde zu der Konsequenz führen, daß § 1 des Reugeldgesetzes nur dann verfassungsrechtlich einwandfrei wäre, wenn er der Verwaltung vorschreiben würde, in allen Fällen, in denen der Tatbestand verwirklicht ist, Reugeld festzusetzen. Die Eingriffsverpflichtung wäre also dem Rechtsstaatsprinzip mehr gemäß als die Ermächtigung, nur dann einzugreifen, wenn es nach pflichtmäßigem Ermessen der Verwaltung zur Erreichung der Verwaltungsziele erforderlich ist. Das Rechtsstaatsprinzip soll aber gerade den Einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt möglichst schützen. Wenn der Gesetzgeber die Eingriffsermächtigung in die Form einer " Kann" -Vorschrift faßt, so stellt er damit der Verwaltung diesen Eingriff als ein Mittel zur Verfügung, mittels dessen sie die ihr gestellten Aufgaben verwirklichen kann. Er zwingt aber die Verwaltung nicht, in allen tatbestandsmäßigen Fällen davon Gebrauch zu machen, da gerade nach Ansicht des Gesetzgebers die Verwaltung dieses den Einzelnen belastenden Mittels nicht in allen Fällen bedarf. Er begrenzt also den Eingriff und verweist auf das pflichtmäßige Ermessen der Verwaltung, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Beachtung des jede Rechtsanwendung beherrschenden Gleichheitssatzes entscheiden soll, ob sie von diesem Mittel Gebrauch machen will oder nicht. Die Einräumung einer solchen Entscheidungsfreiheit an die Verwaltung, ob sie von den ihr vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten und klar umrissenen Eingriffsmöglichkeiten Gebrauch machen will, ist durchaus rechtsstaatsgemäß. Sie entspricht dem Verhältnis von Legislative und Exekutive und wird in besonderem Maße der vom Rechtsstaat intendierten Freiheit des Einzelnen von unnötigen Eingriffen der öffentlichen Gewalt gerecht. Eine solche Regelung entspricht dem Grundsatz der Opportunität, der das praktische Wirken der Verwaltung beherrscht. Das Prinzip des Rechtsstaates fordert nur, daß der Einzelne wissen muß, inwieweit die Verwaltung in seinen Rechtskreis eingreifen darf, fordert aber weder, daß der Gesetzgeber die Verwaltung bindet, den möglichen Eingriff immer zu vollziehen, noch daß der Gesetzgeber tatbestandsmäßig genau umreißt, wann die Verwaltung von einem zulässigen, nach Tatbestand und Folge eindeutig geregelten Eingriff Abstand nehmen darf. § 1 des Reugeldgesetzes ist nicht eine "vage Generalklausel", die es dem Ermessen der Exekutive überläßt, die Grenzen der Freiheit im einzelnen zu bestimmen (vgl. BVerfGE 6, 32 [42]); diese Grenzen sind vielmehr im voraus durch das Gesetz genau festgelegt. Die Rechtslage ist nicht anders als bei der Entscheidung, vor der die Verwaltung steht, ob sie von der Möglichkeit Gebrauch machen will, Geldbuße wegen einer Ordnungswidrigkeit zu verhängen. § 7 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten drückt ein allgemeines geltendes Prinzip für den Einsatz der der Verwaltung zur Erreichung ihrer Ziele vom Gesetzgeber bereitgestellten Mittel aus, das mutatis mutandis auch für die Festsetzung des Reuegeldes gilt, wenn er sagt:
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"(1) Die Festsetzung einer Geldbuße steht im pflichtmäßigen Ermessen der Verwaltungsbehörde.
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(2) Eine Geldbuße ist festzusetzen, wenn ein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht.
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(3) Ist eine Ordnungswidrigkeit unter Berücksichtigung aller Umstände ohne Bedeutung, so ist von einer Geldbuße abzusehen."
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Dem entspricht auch die oben dargestellte Praxis bei der Festsetzung des Reugeldes, die durch allgemeine Verwaltungsvorschriften des Einfuhrausschusses gesteuert wurde. Der Einfuhrausschuß hat jeweils die Fälle fixiert, in denen das öffentliche Interesse überhaupt die Festsetzung des Reugeldes erforderte, um Störungen der Außenhandels- und Devisenpolitik zu verhindern.
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Ob die Verwaltung im einzelnen Falle bei der Festsetzung eines Reugeldes gegen das pflichtgemäße Ermessen verstoßen hat, beispielsweise entgegen dem Sinn des Gesetzes das öffentliche Interesse bejaht oder unter Verletzung des Gleichheitssatzes bei völlig gleicher Sachlage in einem Falle Reugeld festgesetzt hat, im anderen jedoch nicht, unterliegt der Nachprüfung der Verwaltungsgerichte. Insofern ist allen rechtsstaatlichen Erfordernissen Rechnung getragen. Hier ist die rechtsstaatliche Korrektur jedes willkürlichen Handelns der öffentlichen Gewalt gegeben. § 1 Abs. 1 des Reugeldgesetzes ist also rechtsgültig.
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b) Auch gegen § 4 Abs. 2 können verfassungsrechtliche Bedenken nicht geltend gemacht werden. § 1 gibt die Möglichkeit, die Anwendung des Gesetzes den allgemeinen Gegebenheiten der Außenhandels- und Devisenpolitik anzupassen, begründet aber zugleich die Pflicht der Verwaltung, Reugeld festzusetzen, wenn das öffentliche Interesse es erfordert. Aus dem Zusammenhang, in dem das Reugeld im Rahmen anderer wirtschaftsrechtlicher Gesetze und Verwaltungsvorschriften steht, ist das mit diesem Gesetz verfolgte Ziel klar erkennbar. Das Reugeld soll verhindern, daß ein Importeur Devisen blockiert und damit in volkswirtschaftlich schädlicher Weise notwendige Einfuhren verhindert. § 4 räumt nun seinem Wortlaut nach der Verwaltung die Befugnis ein, von der Festsetzung des Reugeldes im Einzelfalle aus Billigkeitsgründen abzusehen, auch wenn die allgemeinen Voraussetzungen gegeben wären. Indem darauf abgestellt wird, ob der Reugeldpflichtige die Nichtausnutzung oder nicht vollständige Ausnutzung der Genehmigung zu vertreten hat, wird aber zugleich der Bestimmung des Gesetzes Rechnung getragen, die in seiner Überschrift zum Ausdruck kommt: das Gesetz richtet sich "gegen unbegründete Nichtausnutzung von Einfuhrgenehmigungen". Unbegründet ist die Nichtausnutzung dann nicht, wenn der Einfuhrhändler sie nicht zu vertreten hat. § 4 räumt der Verwaltung also nicht "freies Ermessen" oder gar Belieben ein, sondern in Fällen, in denen die Nichtausnutzung nicht zu vertreten ist, kann die Verwaltung kein Reugeld festsetzen. Das "Nicht-zu-vertreten-haben" ist ein Rechtsbegriff. Auf Anrufung des Betroffenen haben die Verwaltungsgerichte darüber zu entscheiden, ob diese Voraussetzung des § 4 Abs. 2 gegeben ist. Angesichts der Vielgestaltigkeit der Verhältnisse ist der Gesetzgeber gar nicht in der Lage, durch generelle Umschreibung oder gar durch Einzelaufzählung aller möglichen Fälle genau zu bestimmen, wann eine Nichtausnutzung "nicht zu vertreten" ist. Aus dem Zweck des Gesetzes vermögen aber die Verwaltungsgerichte durchaus hinreichende Anhaltspunkte zu gewinnen, um im Einzelfall zu bestimmen, ob ein Einfuhrhändler die Nichtausnutzung zu vertreten hat oder nicht. In diesem Sinne hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg in der Entscheidung vom 16. Dezember 1953 (OVG Bf. III 10/53) eingehend geprüft, ob der Anfechtungskläger die Nichtausnutzung zu vertreten hatte. Wäre es zum Ergebnis gekommen, daß der Kläger die Nichtausnutzung nicht zu vertreten hatte, so hätte es den Reugeldbescheid wegen Ermessensmißbrauchs aufheben müssen.
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Die rechtstechnische Gestaltung des § 4 Abs. 2 mag nicht allen Anforderungen, die man an die Gesetzestechnik stellen könnte, entsprechen. Wie gezeigt, läßt er aber durchaus eine rechtsstaatlich" einwandfreie Deutung zu. Insbesondere kann kein Einwand daraus hergeleitet werden, daß nicht die Verwaltung dem Reugeldpflichtigen nachweisen muß, daß er die Nichtausnutzung zu vertreten hat, sondern daß dem Reugeldpflichtigen der Gegenbeweis auferlegt ist (vgl. auch Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 1959 - 1 BvR 197/53 1) Man könnte zwar unter rechtsstaatlichem Aspekt Bedenken dagegen erheben, wenn der vermögensrechtliche Nachteil des Reugeldes wegen eines vom Gesetzgeber mißbilligten Verhaltens verhängt werden könnte, ohne Rücksicht darauf, ob der Betroffene das generell mißbilligte Verhalten zu vertreten hat. Aber § 4 Abs. 2 trägt gerade diesem rechtsstaatlichen Postulat Rechnung und verweist die Verwaltung im Rahmen der ihr belassenen Entscheidungsfreiheit darauf, auch schon von Amts wegen die Frage des "Vertreten-müssens" zu prüfen. Daß dann der Betroffene u. U. gegen die zunächst von der Verwaltung unterstellte Verantwortung den Gegenbeweis führen muß, ist in der Besonderheit der Materie begründet. Die Verwaltung vermag die Frage des Vertreten-müssens nur insoweit zu beurteilen, als allgemein überschaubare Verhältnisse hineinspielen; dagegen kann sie nicht über den internen Geschäftsbetrieb des Betroffenen und seine geschäftlichen Verbindungen mit dem Ausland im Bilde sein; insofern muß der Betroffene das Material selbst beibringen, um darzutun, daß ihm nicht zuzumuten war, die Einfuhrgenehmigung auszunutzen. Die vom Gesetzgeber gewählte Fassung, bei der man die Kompliziertheit der wirtschaftspolitischen und devisenpolitischen Lage im Übergang von der gebundenen zur freien Wirtschaft berücksichtigen muß, ist nicht von der Art, daß sie wegen Verstoßes gegen die Grundsätze des Rechtsstaates für ungültig erklärt werden müßte.
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