Beschluss | |
des Zweiten Senats vom 29. März 2017
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– 2 BvL 6/11 – | |
in dem Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung, ob § 8c Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (Bundesgesetzblatt I S. 1912) mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes insoweit vereinbar ist, als bei der unmittelbaren Übertragung innerhalb von fünf Jahren von mehr als 25 Prozent (im Streitfall 48 Prozent) des gezeichneten Kapitals an einer Körperschaft an einen Erwerber (schädlicher Beteiligungserwerb) insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar sind, – Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Finanzgerichts Hamburg vom 4. April 2011 – 2 K 33/10 –.
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Entscheidungsformel: | |
1. § 8c Satz 1 Körperschaftsteuergesetz in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (Bundesgesetzblatt I Seite 1912) sowie § 8c Absatz 1 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen vom 12. August 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 1672) und den nachfolgenden Fassungen bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften vom 20. Dezember 2016 (Bundesgesetzblatt I Seite 2998) sind mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit bei der unmittelbaren Übertragung innerhalb von fünf Jahren von mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals an einer Kapitalgesellschaft an einen Erwerber (schädlicher Beteiligungserwerb) insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar sind.
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2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2018 rückwirkend zum 1. Januar 2008 eine Neuregelung zu treffen. ![]() | |
Gründe: | |
A. | |
Das Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob § 8c Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Die Vorschrift schränkt die Verlustverrechnung bei Körperschaften ein, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 Prozent und bis zu 50 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft auf einen Erwerber oder diesem nahestehende Personen übertragen werden (schädlicher Beteiligungserwerb); die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzten Verluste) sind dann nicht mehr abziehbar, soweit sie auf die übertragenen Anteile oder Rechte entfallen sind.
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I.
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1. a) Durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl I S. 1093) wurde erstmals im Körperschaftsteuergesetz in § 8 Abs. 4 eine Regelung über den Verlustabzug getroffen. § 8 Abs. 4 KStG war von der gesetzgeberischen Konzeption her als Ergänzung zu § 10d EStG zu verstehen, indem er für Körperschaften die wirtschaftliche Identität als Voraussetzung der Verlustnutzung bestimmte.
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§ 8 Abs. 4 Satz 2 KStG definierte den Verlust der wirtschaftlichen Identität für den Hauptanwendungsfall des Verlustabzugs bei Kapitalgesellschaften anhand eines Regelbeispiels. Danach erfolgte der Ausschluss des verbleibenden Verlustabzugs "insbesondere", wenn mehr als 75 Prozent der Geschäftsanteile übertra ![]() ![]() | |
b) Die Vorschrift des § 8 Abs. 4 KStG erfuhr im Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I S. 2590) eine Verschärfung, weil die bisherige Regelung als nicht ausreichend angesehen wurde, um den missbräuchlichen Handel mit Verlustmänteln zu unterbinden. Da sie nur bei Wiederaufnahme eines vorher vollständig eingestellten Geschäftsbetriebs eingriff, konnte ihre Anwendbarkeit dadurch umgangen werden, dass der Geschäftsbetrieb bis zur Anteilsübertragung in einem minimalen Umfang fortgeführt wurde, so dass das Merkmal der "Einstellung" nicht erfüllt war.
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§ 8 Abs. 4 KStG in der Fassung des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform lautete nunmehr:
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Voraussetzung für den Verlustabzug nach § 10d des Einkommensteuergesetzes ist bei einer Körperschaft, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Wirtschaftliche Identität liegt insbesondere dann nicht vor, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufnimmt. Die Zuführung neuen Betriebsvermögens ist unschädlich, wenn sie allein der Sanierung des Geschäftsbetriebs dient, der den verbleibenden Verlustabzug im Sinne des § 10d Abs. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes verursacht hat, und die Körperschaft den Geschäftsbetrieb in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortführt. Entsprechendes gilt für den Ausgleich des Verlustes vom Beginn des Wirtschaftsjahres bis zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung.
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Nach der Neuregelung lag die für den Verlustabzug erforderliche wirtschaftliche Identität insbesondere dann nicht vor, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen wurde und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführte oder wie ![]() ![]() | |
2. Die Vorschrift des § 8 Abs. 4 KStG erwies sich in der Folgezeit als in hohem Maße auslegungsbedürftig und streitanfällig, einerseits aus der Sicht der Steuerpflichtigen wegen der Unsicherheiten darüber, welche Betriebsvermögenszuführungen als schädlich angesehen werden würden, andererseits auch aus der Sicht der Finanzverwaltung wegen der Beschränkung des § 8 Abs. 4 KStG auf unmittelbare Anteilsübertragungen. Der Gesetzgeber entschied sich deshalb im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I S. 1912, im Folgenden: UntStReformG 2008) für eine grundlegende Neuregelung der Verlustnutzung durch Körperschaften und ersetzte § 8 Abs. 4 KStG durch die Nachfolgevorschrift des § 8c KStG.
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§ 8c KStG (i.d.F. des UntStReformG 2008) lautet:
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Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor (schädlicher Beteiligungserwerb), sind insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar. Unabhängig von Satz 1 sind bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste vollständig nicht mehr abziehbar, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt. Als ein Erwerber im Sinne der Sätze 1 und 2 gilt auch eine Gruppe von ![]() ![]() | |
Die Neuregelung des § 8c KStG war vom Gesetzgeber als "einfachere und zielgenauere Verlustabzugsbeschränkung" (vgl. BRDrucks 220/07, S. 123) konzipiert und bezweckte eine Vereinfachung der Rechtsanwendung. § 8c KStG stellte fortan auf den Anteilseignerwechsel als maßgebliches Kriterium für das Eingreifen der Verlustabzugsbeschränkung ab; auf eine damit verbundene Zuführung von Betriebsvermögen sollte es nicht mehr ankommen. Die Vorschrift ist gemäß § 34 Abs. 7b KStG (i.d.F. des UntStReformG 2008) erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 und auf Anteilsübertragungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2007 vollzogen werden.
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3. Durch das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) vom 12. August 2008 (BGBl I S. 1672) sollte § 8c KStG um einen seinen Anwendungsbereich einschränkenden Absatz 2 ergänzt werden. § 8c KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 wurde dadurch zu Absatz 1. Absatz 2 stand jedoch nach Art. 8 Abs. 2 MoRaKG unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Europäischen Kommission, die aus beihilferechtlichen Gründen versagt wurde (vgl. Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/09/1449 vom 1. Oktober 2009), so dass § 8c Abs. 2 KStG (i.d.F. des MoRaKG) keine Wirksamkeit erlangt hat.
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4. Im Rahmen des Gesetzes zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) vom 16. Juli 2009 (BGBl I S. 1959) wurde § 8c KStG um eine Sanierungsklausel erweitert (Abs. 1a). Danach werden Anteilserwerbe im Rahmen einer Sanierung unter bestimmten Voraussetzungen von der Anwendung des Absatzes 1 ausgenommen. Die Vorschrift wurde durch Beschluss der Europäischen Kommission vom 26. Januar 2011 (K[2011] 275, ABl L Nr. 235 vom 10. September 2011, S. 26) als verbotene staatliche Beihilfe eingestuft. ![]() | |
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5. a) Durch das Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22. Dezember 2009 (BGBl I S. 3950) ergänzte der Gesetzgeber § 8c KStG um zwei weitere Ausnahmen von der Verlustabzugsbeschränkung.
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Mit § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG fügte er eine Konzernklausel ein, die wie folgt lautet:
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Darüber hinaus regelte der Gesetzgeber in § 8c Abs. 1 Sätze 6 bis 8 KStG eine Ausnahme von der Verlustabzugsbeschränkung für den Fall, dass in der betreffenden Körperschaft stille Reserven vorhanden sind:
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Ein nicht abziehbarer nicht genutzter Verlust kann abweichend von Satz 1 und Satz 2 abgezogen werden, soweit er bei einem schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne des Satzes 1 die anteiligen und bei einem schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne des Satzes 2 die gesamten, zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs vorhandenen stillen Reserven des inländischen Betriebsvermögens der Körperschaft nicht übersteigt. Stille Reserven im Sinne des Satzes 6 sind der Unterschiedsbetrag zwischen dem anteiligen oder bei einem schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne des Satzes 2 dem gesamten in der ![]() ![]() | |
Nach § 34 Abs. 7b Satz 2 KStG in der Fassung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes finden die Konzernklausel und die Stille-Reserven-Klausel erstmalig auf Beteiligungserwerbe Anwendung, die nach dem 31. Dezember 2009 vollzogen werden.
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b) Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (BGBl I S. 1768) wurde die Regelung zum Verlusterhalt in Höhe der vorhandenen stillen Reserven der Verlustkörperschaft hinsichtlich des zu berücksichtigenden Betriebsvermögens angepasst. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist nunmehr die inländische Steuerpflicht des Betriebsvermögens.
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§ 8c Abs. 1 Satz 6 KStG (i.d.F. des JStG 2010) lautet:
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Ein nicht abziehbarer nicht genutzter Verlust kann abweichend von den Sätzen 1 und 2 abgezogen werden, soweit er bei einem schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne des Satzes 1 die anteiligen und bei einem schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne des Satzes 2 die gesamten zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs vorhandenen im Inland steuerpflichtigen stillen Reserven des Betriebsvermögens der Körperschaft nicht übersteigt.
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Darüber hinaus führte der Gesetzgeber eine Sonderregelung zur Bestimmung der stillen Reserven in den Fällen des Vorhandenseins eines negativen Eigenkapitals bei der Verlustkörperschaft neu in das KStG ein (Abs. 1 Satz 8). Der bisherige Absatz 1 Satz 8 wurde dadurch zu Absatz 1 Satz 9.
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§ 8c Abs. 1 Satz 8 KStG (i.d.F. des JStG 2010) lautet:
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Ist das Eigenkapital der Körperschaft negativ, sind stille Reserven im Sinne des Satzes 6 der Unterschiedsbetrag zwischen dem anteiligen oder bei einem schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne des Satzes 2 dem gesamten in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesenen Eigenkapital und dem diesem Anteil entsprechenden gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Körperschaft. ![]() | |
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Anzuwenden sind diese Änderungen gemäß § 34 Abs. 1 KStG (i.d.F. des JStG 2010) ab dem Veranlagungszeitraum 2010.
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c) Durch das Steueränderungsgesetz 2015 vom 2. November 2015 (BGBl I S. 1834) wurde die Konzernklausel (§ 8c Abs. 1 Satz 5 KStG) auf Fallkonstellationen erweitert, in denen die Konzernspitze Erwerber oder Veräußerer ist. Es wurde zudem generell neben einer natürlichen oder juristischen Person auch eine Personenhandelsgesellschaft als Konzernspitze zugelassen. Dabei müssen sich die Anteile am Veräußerer oder am Erwerber oder am übertragenden und übernehmenden Rechtsträger jeweils zu 100 Prozent im Gesamthandsvermögen der Personenhandelsgesellschaft befinden (BTDrucks 18/4902, S. 47).
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§ 8c Abs. 1 Satz 5 KStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2015 lautet:
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Ein schädlicher Beteiligungserwerb liegt nicht vor, wenn 1. an dem übertragenden Rechtsträger der Erwerber zu 100 Prozent mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist und der Erwerber eine natürliche oder juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft ist, 2. an dem übernehmenden Rechtsträger der Veräußerer zu 100 Prozent mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist und der Veräußerer eine natürliche oder juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft ist oder 3. an dem übertragenden und an dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe natürliche oder juristische Person oder dieselbe Personenhandelsgesellschaft zu jeweils 100 Prozent mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist. | |
§ 8c Abs. 1 Satz 5 KStG ist in dieser Fassung erstmals auf Beteiligungserwerbe anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2009 erfolgen (§ 34 Abs. 6 Satz 5 KStG). ![]() | |
§ 8d KStG lautet:
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(1) § 8c ist nach einem schädlichen Beteiligungserwerb auf Antrag nicht anzuwenden, wenn die Körperschaft seit ihrer Gründung oder zumindest seit dem Beginn des dritten Veranlagungszeitraums, der dem Veranlagungszeitraum nach Satz 5 vorausgeht, ausschließlich denselben Geschäftsbetrieb unterhält und in diesem Zeitraum bis zum Schluss des Veranlagungszeitraums des schädlichen Beteiligungserwerbs kein Ereignis im Sinne von Absatz 2 stattgefunden hat. Satz 1 gilt nicht: 1. für Verluste aus der Zeit vor einer Einstellung oder Ruhendstellung des Geschäftsbetriebs oder 2. wenn die Körperschaft zu Beginn des dritten Veranlagungszeitraums, der dem Veranlagungszeitraum nach Satz 5 vorausgeht, Organträger oder an einer Mitunternehmerschaft beteiligt ist. Ein Geschäftsbetrieb umfasst die von einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragenen, nachhaltigen, sich gegenseitig ergänzenden und fördernden Betätigungen der Körperschaft und bestimmt sich nach qualitativen Merkmalen in einer Gesamtbetrachtung. Qualitative Merkmale sind insbesondere die angebotenen Dienstleistungen oder Produkte, der Kunden- und Lieferantenkreis, die bedienten Märkte und die Qualifikation der Arbeitnehmer. Der Antrag ist in der Steuererklärung für die Veranlagung des Veranlagungszeitraums zu stellen, in den der schädliche Beteiligungserwerb fällt. Der Verlustvortrag, der zum Schluss des Veranlagungszeitraums verbleibt, in den der schädliche Beteiligungserwerb fällt, wird zum fortführungsgebundenen Verlust (fortführungsgebundener Verlustvortrag). Dieser ist gesondert auszuweisen und festzustellen; § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend. Der fortführungsgebundene Verlustvortrag ist vor dem nach § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes festgestellten Verlustvortrag abzuziehen. (2) Wird der Geschäftsbetrieb im Sinne des Absatzes 1 eingestellt, geht der nach Absatz 1 zuletzt festgestellte fortführungsgebundene Verlustvortrag unter; § 8c Absatz 1 Satz 6 bis 9 gilt bezogen auf die zum Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorhandenen stillen Reserven entsprechend. Gleiches gilt, wenn 1. der Geschäftsbetrieb ruhend gestellt wird, ![]() ![]() 3. die Körperschaft einen zusätzlichen Geschäftsbetrieb aufnimmt, 4. die Körperschaft sich an einer Mitunternehmerschaft beteiligt, 5. die Körperschaft die Stellung eines Organträgers im Sinne des § 14 Absatz 1 einnimmt oder 6. auf die Körperschaft Wirtschaftsgüter übertragen werden, die sie zu einem geringeren als dem gemeinen Wert ansetzt. | |
Mit der Einführung von § 8d KStG hat der Gesetzgeber die steuerliche Verlustverrechnung bei Körperschaften neu ausgerichtet. § 8d KStG eröffnet einer Körperschaft nunmehr die Option, die Verluste unabhängig von einem schädlichen Anteilseignerwechsel nutzen zu können, solange sie den (näher bestimmten) Geschäftsbetrieb fortführt. Die bisherige Besteuerungspraxis zu § 8c KStG habe gezeigt, dass auch nach Einführung der Stille-Reserven-Klausel und der Konzernklausel Fälle aufgetreten seien, in denen ein Verlustuntergang aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht gerechtfertigt und steuersystematisch nicht erforderlich scheine (BTDrucks 18/9986, S. 12). Ziel der Neuregelung sei die Beseitigung steuerlicher Hemmnisse bei der Unternehmensfinanzierung, wobei insbesondere auf die Stärkung junger, innovativer Wachstumsunternehmen abgezielt werde (BTDrucks 18/10495, S. 11).
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§ 8d KStG ist gemäß § 34 Abs. 6a KStG erstmals auf schädliche Beteiligungserwerbe im Sinne des § 8c KStG anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015 erfolgen, wenn der Geschäftsbetrieb der Körperschaft vor dem 1. Januar 2016 weder eingestellt noch ruhend gestellt war.
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II.
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1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine im Jahr 2006 gegründete Kapitalgesellschaft. Gründungsgesellschafter waren zwei Gesellschafter mit einem Stammkapital von 13.000 € beziehungsweise 12.000 €. Nach Maßgabe ihres Gesellschaftszwecks veranstaltete die Klägerin Pauschalreisen, deren Vertrieb über einen Kooperationspartner, eine Zeitschrift, erfolgte. ![]() | |
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Ende 2007 kündigte der Kooperationspartner die Zusammenarbeit mit der Klägerin auf. Im Veranlagungszeitraum 2008, dem Streitjahr, kaufte die Klägerin daher keine neuen Reisen ein und setzte nur noch die bereits erworbenen Pauschalreisen ab. Hierdurch erzielte sie Umsatzerlöse von 1.953.056,30 € und erwirtschaftete einen Gewinn von 595.044,53 €. Nachdem die Klägerin keinen neuen Kooperationspartner gefunden hatte, beschloss sie Ende 2008 die Liquidation. In der Totalperiode ihrer Tätigkeit zwischen 2006 und 2008 hatte sie einen Gesamtverlust von 588,24 € erlitten.
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Bereits Anfang 2008 hatte einer der beiden Gesellschafter, der auf Schadensersatz in Millionenhöhe in Anspruch genommen wurde, wegen der Befürchtung, dass seine Gläubiger in seinen Gesellschaftsanteil an der Klägerin vollstrecken könnten, seinen Geschäftsanteil im Nennwert von 12.000 € an einen Dritten übertragen. Deshalb kürzte das Finanzamt bei der Körperschaftsteuerveranlagung der Gesellschaft für 2008 unter Anwendung von § 8c Satz 1 KStG (i.d.F. des UntStReformG 2008) die zum 31. Dezember 2007 verbleibenden Verluste in Höhe von 594.769 € um den prozentual auf diesen Gesellschafter entfallenden Anteil von 48 Prozent, das heißt um 285.489 €. Die Körperschaftsteuer für das Jahr 2008 setzte das Finanzamt in Höhe von 43.085 € fest. Den zum 31. Dezember 2007 festgestellten Gewerbeverlust der GmbH in Höhe von 590.333 € kürzte das Finanzamt unter Anwendung von § 10a Satz 8 Gewerbesteuergesetz (GewStG) in Verbindung mit § 8c Satz 1 KStG (i.d.F. des UntStReformG 2008) ![]() ![]() | |
2. Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren beim Finanzgericht Hamburg erhobenen Klage berief sich die Klägerin auf die Verfassungswidrigkeit von § 8c KStG. Die Anteilsübertragung auf den neuen Gesellschafter sei unzweifelhaft nicht in rechtsmissbräuchlicher Absicht erfolgt, führe aber gleichwohl zum quotalen Verlustabzug. Die Vorschrift verletze das objektive Nettoprinzip als Ausprägung des in Art. 3 Abs. 1 GG normierten Grundsatzes der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus verstoße sie gegen das Trennungsprinzip, wonach die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Kapitalgesellschaft unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ihrer Anteilseigner zu beurteilen sei.
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Das beklagte Finanzamt hielt demgegenüber die Vorschrift des § 8c KStG für verfassungsrechtlich unbedenklich. Der hinter der Körperschaft stehende Anteilseigner sei der eigentliche Nutznießer der Verluste, und dies rechtfertige es, ihn in die Überlegungen zur Regelung einzubeziehen. Zweck der Regelung sei es, die Monetarisierung von Verlusten durch Einbeziehung in den Kaufpreis der Beteiligung zu verhindern. Aus diesem Grund könnten Verlustkörperschaften mit Anteilseignerwechsel nicht mit solchen ohne Anteilseignerwechsel verglichen werden, da sich beide Gruppen nicht in der gleichen Lage befänden. Hieran knüpfe § 8c KStG an, der darauf abstelle, ob ein neuer Anteilseigner maßgebend auf die Geschicke der Kapitalgesellschaft einwirken könne und es so in der Hand habe, die Verwertung der Verluste zu steuern. Die gesetzliche Neuregelung sei auch folgerichtig umgesetzt und verstoße nicht gegen das Trennungsprinzip. Das Anknüpfen an die persönliche und sachliche Struktur der Körperschaft sei durchaus zulässig, wie das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 512/66) zur früheren Mantelkaufregelung entschieden habe.
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3. Mit Beschluss vom 4. April 2011 (2 K 33/10) setzte das Finanzgericht Hamburg das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG aus und legte es dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über die Frage vor, ob § 8c Satz 1 KStG in der Fassung des Unter ![]() ![]() | |
a) § 8c Satz 1 KStG schränke den Verlustabzug nach § 10d EStG bei Körperschaften, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (schädlicher Beteiligungserwerb), dahingehend ein, dass insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar seien. Folge man dieser gesetzlichen Vorgabe, habe der Beklagte zu Recht die auf den 31. Dezember 2007 festgestellten Verluste der Klägerin, soweit sie prozentual auf den ausgeschiedenen Gesellschafter entfielen (48 Prozent), bei der Steuerfestsetzung für das Streitjahr unberücksichtigt gelassen. Die Klage wäre daher abzuweisen. Erweise sich § 8c Satz 1 KStG dagegen als verfassungswidrig, stehe der Klägerin der volle Verlustabzug zu und wäre der Klage stattzugeben.
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Die Vorschrift regele den Verlustabzug nach § 10d EStG bei Körperschaften. Vor der Neuregelung sei die Verlustabzugsbeschränkung bei Körperschaften in dem mit Steuerreformgesetz 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl I S. 1093) eingefügten § 8 Abs. 4 KStG geregelt gewesen. Damit sei die Verlustabzugsbeschränkung bei Körperschaften erstmals kodifiziert worden zur Bekämpfung der sogenannten Mantelkaufgestaltungen. Unter einem Mantelkauf werde im steuerlichen Kontext der Erwerb einer Kapitalgesellschaft verstanden, die über keinen Geschäftsbetrieb und kein nennenswertes Betriebsvermögen mehr verfüge, aber ![]() ![]() | |
b) Der von der Klägerin begehrte volle Verlustabzug könnte zum Tragen kommen, wenn § 8c Satz 1 KStG dahin ausgelegt werden könnte, dass die Vorschrift nur auf Fälle missbräuchlicher Gestaltungen anzuwenden wäre. Eine derartige Auslegung sei jedoch auf einfachgesetzlicher Ebene nicht möglich. Nach dem Wortlaut des § 8c Satz 1 KStG komme es im Falle eines schädlichen Beteiligungserwerbs zu einem quotalen Verlustuntergang. Einzige Tatbestandsvoraussetzung sei die Anteilsübertragung in einer bestimmten Höhe und innerhalb eines bestimmten Zeitraums an einen Erwerber oder Erwerberkreis. Weitere Voraussetzungen, etwa das Vorliegen einer Missbrauchsabsicht bei der Anteilsübertragung, verlange die Vorschrift nicht. Eine von diesem Wortlaut abweichende, einengende Anwendung der Vorschrift auf missbräuchliche Gestaltungen setze voraus, dass die Vorschrift eine planwidrige, mit dem Gesetzeszweck nicht zu verein ![]() ![]() | |
c) Das vorlegende Gericht ist davon überzeugt, dass § 8c Satz 1 KStG mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und daher verfassungswidrig ist. Die Regelung genüge nicht den – vom Gericht im Einzelnen dargelegten – verfassungsrechtlichen Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes.
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aa) Sie werde den verfassungsrechtlichen Vorgaben an eine folgerichtige Umsetzung der steuerlichen Belastungsentscheidungen nicht gerecht und verletze damit den Grundsatz des abschnittsübergreifenden Nettoprinzips, das dem Steuerpflichtigen die periodenübergreifende Verlustverrechnung erlaube. Zwar sei der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehalten, die Verlustverrechnung uneingeschränkt zuzulassen. Er müsse sich bei einer Beschränkung aber an der folgerichtigen Umsetzung der gesetzlichen Belastungsentscheidung orientieren. Hieran fehle es im Streitfall. Der Gesetzgeber habe insbesondere gegen das sogenannte Trennungsprinzip verstoßen und benachteilige damit Kapitalgesellschaften mit Anteilseignerwechsel gegenüber solchen ohne Anteilseignerwechsel.
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Das Körperschaftsteuerrecht basiere auf dem Grundgedanken des Trennungsprinzips: Wer Beteiligter der Kapitalgesellschaft sei, habe keinen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit. Die Kapital ![]() ![]() | |
bb) Sachliche Rechtfertigungsgründe hierfür seien nicht erkennbar.
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(1) Missbrauchsbekämpfung komme als sachliche Rechtfertigung nicht in Betracht. Dies verdeutliche die Definition des schädlichen Beteiligungserwerbs, der bereits bei Anteilsübertragungen ab 25 Prozent ansetze. Die Übertragung von Beteiligungen ab einem Viertel des Kapitals sei ein üblicher wirtschaftlicher beziehungsweise gesellschaftsrechtlicher Vorgang, der mit Missbrauch im Regelfall nichts zu tun habe. Der Gesetzgeber habe sich in der Gesetzesbegründung auch nicht auf Missbrauchsbekämpfung berufen. Dort heiße es lediglich, dass "künftig nur noch darauf abgestellt wird, ob ein neuer Anteilseigner maßgebend auf die Geschicke der Kapitalgesellschaft einwirken kann und es prinzipiell in der Hand hat, die Verwertung der Verluste zu steuern" (BT ![]() ![]() | |
(2) Der Gesetzgeber habe sich vielmehr darauf berufen, die Neuregelung diene der Vereinfachung der Rechtsanwendung, da insbesondere das Tatbestandsmerkmal der Zuführung neuen Betriebsvermögens im Zusammenhang mit einer Anteilsveräußerung aufgegeben worden sei. Den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine vereinfachende, typisierende Regelung sei indes nicht hinreichend Genüge getan. Die Vorschrift sei weder nach der gesetzgeberischen Zielsetzung noch nach ihrem Regelungsgehalt das Ergebnis eines Typisierungsvorgangs. Denn § 8c Satz 1 KStG diene gerade nicht der Missbrauchsbekämpfung, sondern erfasse vielmehr jegliche Anteilsübertragungen jenseits der 25 Prozent-Grenze. Der niedrige "Einstiegsprozentsatz" von 25 Prozent der Anteile bilde auch nicht realitätsgerecht einen Missbrauchsfall der Anteilsübertragung ab.
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(3) Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung in § 8c Satz 1 KStG auch nicht eine grundlegend neue steuerliche Belastungsentscheidung getroffen, die ihn von den Anforderungen an eine hinreichende Folgerichtigkeit der Ausgestaltung einer am Maßstab finanzieller Leistungsfähigkeit ausgerichteten Besteuerung befreie. Die in der Gesetzesbegründung dargelegte Erläuterung, der Vorschrift liege der Gedanke zugrunde, dass sich die wirtschaftliche Identität der Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners ändere und daher die in früherer Zeit erwirtschafteten Verluste unberücksichtigt blieben, soweit sie auf dieses neue wirtschaftliche Engagement entfielen, weise zwar auf einen derartigen Systemwechsel hin, weg von der Zielsetzung der reinen Missbrauchsvermeidung hin zu einem wertneutral verstandenen Gedanken der für eine Verlustnutzung erforderlichen Unternehmeridentität. Damit würde die für Kapitalgesellschaften entwickelte Besteuerungssystematik an das für Personengesellschaften geltende steuerliche Transparenzprinzip angenähert.
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Allerdings sei dieser Prinzipienwechsel nicht konsistent und konsequent vollzogen worden. Zum einen trage bereits die ![]() ![]() | |
Schließlich könne ein folgerichtiger Systemwechsel auch nicht mit Blick auf den Verlustuntergang bei Verschmelzungsvorgängen angenommen werden. Im Rahmen der Neuregelungen durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (SEStEG) vom 7. Dezember 2006 (BGBl I S. 2782) sei die in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG a.F. geregelte Übernahme des verbleibenden Verlustvortrags im Sinne von § 10d EStG durch die übernehmende Körperschaft bei Verschmelzung gestrichen worden. Bei dieser Vorschrift habe es sich um eine wirtschaftlich sinnvolle, aber nicht zwingend gebotene Steuererleichterung für Umstrukturierungen gehandelt. Ihre Streichung werde folglich als steuersystematisch vertretbar hingenommen, weil sich der Gesetzgeber hierbei auf seine Gestaltungsfreiheit im Rahmen der Gewährung von Steuervergünstigungen habe berufen können. Die Streichung dieser Steuervergünstigung könne aber nicht als ein Baustein eines neuen Systems angesehen werden, dessen nächster Schritt die Einführung von § 8c KStG wäre.
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Insgesamt zeige § 8c Satz 1 KStG danach nicht jenes Mindest ![]() ![]() | |
d) Wegen der dargelegten Unvereinbarkeit der Vorschrift mit Art. 3 Abs. 1 GG könne offen bleiben, ob und inwieweit § 8c KStG auch unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen Art. 14 GG verfassungswidrig sei.
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III.
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Zu dem Vorlagebeschluss haben sich das Bundesministerium der Finanzen namens der Bundesregierung, der I. Senat des Bundesfinanzhofs, die Bundesrechtsanwaltskammer, die Bundessteuerberaterkammer, das Institut der Wirtschaftsprüfer und der Bundesverband der deutschen Industrie geäußert. Ferner ist eine Stellungnahme des Biotechnologie-Industrie-Organisation Deutschland e.V. eingegangen.
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1. Das Bundesministerium der Finanzen hält § 8c Satz 1 KStG für verfassungsgemäß und die Vorlage des Finanzgerichts Hamburg für unbegründet. ![]() | |
aa) Einleitend weist es auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 8. Januar 1958 (– I 131/57 U –, juris = BFHE 66, 250) hin, der zufolge die Gewährung des Verlustabzugs nicht allein davon abhänge, ob bürgerlich-rechtliche Personengleichheit bestehe. Vielmehr habe der Bundesfinanzhof allgemein darauf abgestellt, dass steuerliche Vorschriften und Erwägungen, insbesondere die wirtschaftliche Bedeutung und der Sinn und Zweck des steuerlichen Verlustabzugs oder die Feststellung eines Missbrauchs von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts, in Ausnahmefällen eine vom bürgerlichen Recht abweichende Beurteilung erfordern könnten. Angesichts dessen sei festzustellen, dass die Vermeidung von Missbräuchen schon in den historischen Ursprüngen des heutigen § 8c KStG nicht das einzige Kriterium sei, auf das es beim steuerlichen Verlustabzug ankomme. Insofern gingen Einwendungen gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 8c Satz 1 KStG, die sich darauf stützten, dass diese Norm anders als die Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. nicht mehr der Missbrauchsbekämpfung beim Mantelkauf diene, bereits im Ansatz fehl.
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Wie der Bundesfinanzhof in der vorgenannten Entscheidung ausgeführt habe, sei die Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen die wirtschaftliche Betrachtung zu einer Verneinung der Personengleichheit bei Anwendung der Vorschrift des Verlustabzugs führen könne und wie die Grenze zu ziehen sei gegenüber einer wirtschaftlich gebotenen und zweckmäßigen Änderung der Satzung und des Gegenstandes des Unternehmens und einem wirtschaftlich berechtigten Wechsel der Gesellschafter, die zu keiner Unterbrechung der Rechtsgleichheit führten, schwierig und zweifelhaft. Die damaligen Feststellungen des Bundesfinanzhofs könnten rückblickend als Bestätigung angesehen werden, dass mit § 8c KStG eine Vorschrift geschaffen worden sei, die diese über Jahre streitige Abgrenzung klar und eindeutig geregelt sowie vereinfacht habe. Dazu sei der Gesetzgeber aufgrund der ihm im System der Gewaltenteilung zukommen ![]() ![]() | |
Dass nach derselben Entscheidung des Bundesfinanzhofs "die steuerliche Personengleichheit unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Betrachtung nur mit größter Zurückhaltung und nur in besonderen Ausnahmefällen abweichend vom bürgerlichen Recht verneint werden" dürfe, sei auf den Gesichtspunkt der "wirtschaftlichen Betrachtung" bei der Auslegung des einfachen Rechts bezogen, das heißt auf die Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise als ein spezifisch steuerliches Rechtsprinzip im Rahmen der damals geltenden Vorschrift zum Verlustabzug im Einzelfall. Eine generelle Einschränkung für den Gesetzgeber ergebe sich daraus nicht. Soweit im Einzelfall auch nach der neuen Rechtslage tatsächlich verfassungsrechtlich unhaltbare Ergebnisse auftreten würden, könnten und müssten die Fachgerichte dem in besonderen Ausnahmefällen durch eine verfassungskonforme und als solche auch anerkannte teleologische Auslegung Rechnung tragen.
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Das Bundesverfassungsgericht habe die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Erfordernis der wirtschaftlichen Identität der Körperschaft beim Verlustabzug in einer Entscheidung aus dem Jahr 1969 (BVerfGE 25, 309) gebilligt und es damit im Ergebnis für verfassungskonform befunden, sich im Steuerrecht und speziell im Rahmen des steuerlichen Verlustabzugs bei Körperschaften von der bürgerlich-rechtlichen Sichtweise zu lösen und maßgeblich auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen.
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Nachdem der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung zum Kri ![]() ![]() | |
In der Folgezeit habe sich die Regelung des § 8 Abs. 4 KStG a.F., auch in der Fassung der nachfolgenden Änderungen, in ihrer Handhabung als schwierig und kompliziert erwiesen. Der Bundesrechnungshof habe bereits 1997 festgestellt, dass die Finanzämter mit der Überwachung der Fälle zum Teil überfordert gewesen seien. Zudem hätten in wichtigen Einzelfragen bei der Auslegung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. grundlegende Diskrepanzen zwischen der Finanzverwaltung und der Fachliteratur sowie der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und der Finanzgerichte – insbesondere hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens" – bestanden. Die Rechtsprechung habe zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten zur Umgehung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. eröffnet.
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Vor diesem Hintergrund habe sich der Gesetzgeber im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 entschlossen, die Regelung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. zu streichen und durch eine einfachere und zielgenauere Verlustabzugsbeschränkung zu ersetzen. Die Vorschrift des § 8c KStG sei nach ihrem Inkrafttreten mehrfach geändert worden. Die Änderungen seien zum Großteil vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise erfolgt, wie etwa die Einfügung von Sanierungsklausel, Konzernklausel und Stille-Reserven-Klausel. Darüber hinaus habe es sich um die Umsetzung neuer beziehungsweise geänderter politischer ![]() ![]() | |
bb) In der Gesetzesbegründung zur Einführung von § 8c KStG (BTDrucks 16/4841, S. 34 f., 75 f.) würden die praktischen Schwierigkeiten mit der Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 KStG betont. Weiterhin führe die Gesetzesbegründung aus, maßgebliches Kriterium für die Verlustabzugsbeschränkung sei künftig der Anteilseignerwechsel. Der Neuregelung liege der Gedanke zugrunde, dass sich die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners (oder Anteilseignerkreises) ändere. Die in früherer Zeit erwirtschafteten Verluste blieben unberücksichtigt, soweit sie auf dieses neue Engagement entfielen. Es solle künftig nur noch darauf abgestellt werden, ob ein neuer Anteilseigner maßgebend auf die Geschicke der Kapitalgesellschaft einwirken könne und es so prinzipiell in der Hand habe, die Verwertung der Verluste zu steuern.
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Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP aus dem Jahr 2009 habe die Prüfung einer Neustrukturierung der Regelungen zur Verlustverrechnung vorgesehen. Vor diesem Hintergrund sei am 14. Januar 2011 eine Facharbeitsgruppe ("Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung") eingesetzt worden, der Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen und der Finanzministerien von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sowie ein Vertreter der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände angehört hätten. Nach einem internationalen Vergleich der Verlustabzugsbeschränkungen für Körperschaften und nach Prüfung verschiedener Handlungsoptionen habe die Arbeitsgruppe empfohlen, die Regelung des § 8c KStG in der im Jahr 2011 geltenden Fassung ohne Änderungen beizubehalten.
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Zwar habe die Arbeitsgruppe im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit der Regelung insbesondere auf die in der Ausgangsfas ![]() ![]() | |
Maßgeblich für die Verfassungsmäßigkeit von § 8c KStG erscheine indes, dass der Bericht der Arbeitsgruppe den Gesetzgeber im Ergebnis darin bestätigt habe, dass es richtig gewesen sei, mit § 8c KStG diejenigen Kriterien der "wirtschaftlichen Identität" aufzugeben, die noch bei § 8 Abs. 4 KStG a.F. in Gestalt des Tatbestandsmerkmals "Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens" mitentscheidend gewesen seien. Nach dem Bericht der Arbeitsgruppe hätten die Erfahrungen mit der Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. gezeigt, dass eine Regelung, die auf die wirtschaftliche Identität der Verlustgesellschaft abstelle, gestaltungsanfällig und kompliziert sei und dass diese Problematik auch in anderen Ländern bestehe, die eine vergleichbare Regelung hätten.
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b) Nach Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen beruht § 8c KStG auf einer nachvollziehbaren und schlüssigen Konzeption, die von der Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers gedeckt sei. Die Vorschrift stehe daher mit Art. 3 Abs. 1 GG und mit Art. 14 GG im Einklang.
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aa) Die Neuregelung ziele darauf ab, den Verlust einer Kapitalgesellschaft mit Blick auf die Anteilseigner in einen "Verlustnut ![]() ![]() | |
Die Veränderung des Verlustnutzungszusammenhangs werde nach der Konzeption des Gesetzgebers durch die hinter der Gesellschaft stehenden Anteilseigner regelmäßig bei einem Wechsel von in "maßgeblicher" Gesellschafterstellung befindlichen Anteilseignern veranlasst. Nach § 8c KStG sei nicht jeder Anteilseignerwechsel schädlich; vielmehr bedürfe es nach § 8c Satz 1 KStG eines Erwerbs von mehr als 25 Prozent beziehungsweise nach § 8c Satz 2 KStG von mehr als 50 Prozent der Anteile. Ein in diesem Sinne maßgeblicher Anteilseignerwechsel verändere wirtschaftlich gesehen den Verlustnutzungszusammenhang und rechtfertige insofern einen quotalen beziehungsweise vollständigen Verlustuntergang.
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Im Wirtschaftsleben werde – wie Beispiele aus zahlreichen Gesetzen zeigten – allgemein davon ausgegangen, dass bei einer Beteiligung an einer Gesellschaft jedenfalls ab einer Größenordnung von mehr als 25 Prozent der Einfluss auf diese Gesellschaft maßgeblich zunehme. So sei das Halten einer solchen Beteiligung im Gesellschaftsrecht der Kapitalgesellschaften beispielsweise von Bedeutung, wenn bei Gesellschafterversammlungen über Satzungsänderungen, bestimmte Kapitalmaßnahmen oder besondere Strukturmaßnahmen ein Beschluss gefasst werden solle, weil es hierzu einer (Kapital-)Mehrheit von mindestens 75 Prozent der Stimmen bedürfe. Weitere Beispiele dafür, dass eine Beteiligung von mehr als 25 Prozent eine maßgebliche wirtschaftliche Relevanz besitze, fänden sich in §§ 52, 129, 186, 193, 221, 222, 262, ![]() ![]() | |
Im Bereich des Steuerrechts werde in weiten Teilen bereits eine Beteiligung von 10 Prozent als so wesentlich angesehen, dass eine unterschiedliche Behandlung von Beteiligungen von weniger als 10 Prozent und solchen ab 10 Prozent vorgenommen werde. Daneben fänden sich auch Vorschriften, die bei einer Beteiligung von mehr als 25 Prozent besondere Regelungen vorsähen. So gelte etwa nach § 2a Abs. 2 EStG das Halten einer Beteiligung bis zu einer Beteiligungshöhe von 25 Prozent als passive Tätigkeit. Weiterhin sei die Beteiligungshöhe von 25 Prozent als Grenze für die Beurteilung wirtschaftlichen Engagements im Ausland nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 Außensteuergesetz, zur Bestimmung des wirtschaftlich Berechtigten nach § 1 Abs. 6 Geldwäschegesetz oder im Hinblick auf Mitteilungspflichten des Steuerpflichtigen nach § 138 Abs. 2 Nr. 3 AO relevant. Darüber hinaus handele es sich um eine maßgebliche Beteiligungsschwelle etwa in Doppelbesteuerungsabkommen.
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Dem Umstand, dass ein Gesellschafter, der nicht die Mehrheit der Stimmrechte besitze, weniger weitgehend als ein Mehrheitsgesellschafter, aber doch in relevanter Weise auf die Geschicke der Kapitalgesellschaft einwirken könne, trage § 8c KStG dadurch sachgemäß und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Rechnung, dass bei einem Anteilserwerb von mehr als 25 Prozent bis zu 50 Prozent nur eine anteilige Kürzung der bis dahin nicht genutzten Verluste eintrete und dass erst bei einem Anteilserwerb von mehr als 50 Prozent die nicht genutzten Verluste vollständig entfielen. Aufgrund der erheblichen Einwirkungsmöglichkeiten eines Mehrheitsgesellschafters auf die Geschicke der Gesellschaft werde in diesem Fall vom Gesetzgeber eine grundlegend geänderte wirtschaftliche Identität der Gesellschaft angenommen.
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Wie die historische Herleitung und die dargelegten sachlichen Erwägungen des Gesetzgebers zeigten, handele es sich bei § 8c ![]() ![]() | |
bb) Das Bundesministerium der Finanzen referiert – in Übereinstimmung mit dem Finanzgericht – die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG, insbesondere für den Bereich des Steuerrechts. Das Bundesverfassungsgericht habe aus der im Steuerrecht gebräuchlichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise in mehreren Entscheidungen einen hinreichenden Grund hergeleitet, um verfassungsrechtlich zu rechtfertigen, dass die Besteuerung nach wirtschaftlichen Kriterien und damit gegebenenfalls abweichend von den zugrunde liegenden bürgerlich-rechtlichen Gegebenheiten ausgestaltet werde, obschon letztere nach der getroffenen Belastungsentscheidung des Steuergesetzgebers an sich hätten maßgeblich sein sollen (BVerfGE 13, 318 [326]; 18, 224 [233]). Es habe gerade in seiner grundlegenden Entscheidung zum Verlustabzug nach § 10d EStG (BVerfGE 25, 309 [313]) die Befugnis des Gesetzgebers bestätigt, sich im Steuerrecht maßgeblich an der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu orientieren. In BVerfGE 99, 88 (97) habe es erkennen lassen, dass sogar die vollständige Nichtberücksichtigung von Verlusten im Hinblick auf das Nettoprinzip durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein könne, selbst wenn es um den Ausgleich innerhalb derselben Einkunftsart und desselben Veranlagungszeitraums gehe.
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Das objektive Nettoprinzip sei darüber hinaus von Verfassungs wegen nicht ohne weiteres auch im Sinne eines "abschnittsübergreifenden" beziehungsweise "periodenübergreifenden" Nettoprinzips zu verstehen, wonach Verluste, die nicht in einer Be ![]() ![]() | |
Diese Rechtsprechung sei im vorliegenden Fall von Bedeutung, weil es sich bei den nach § 8c Satz 1 KStG nicht abzugsfähigen Verlusten um vorgetragene Verluste aus den Jahren 2006 und 2007 handele. Betroffen sei daher ausschließlich das abschnittsübergreifende Nettoprinzip in Form des Verlustabzugs. Ein Ausschluss des Abzugs von ausgleichsfähigen Verlusten aus demselben Veranlagungszeitraum (Verlustausgleich) durch § 8c Satz 1 KStG komme vorliegend nicht zum Tragen.
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Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des § 8c Satz 1 KStG habe sich allein am Maßstab der Willkürkontrolle zu orientieren. Eine solchermaßen willkürliche Regelung liege mit der Vorschrift ![]() ![]() | |
So habe er zum einen einer ungerechtfertigten Nutzung von (Alt-)Verlusten durch eine Gesellschaft mit anderer wirtschaftlicher Identität entgegenwirken wollen. Mit der Betrachtung der "hinter der Gesellschaft" stehenden Anteilseigner habe der Gesetzgeber kein willkürliches, sondern ein – wirtschaftlich gesehen – sachgerechtes Kriterium für die Identität der Gesellschaft übernommen. Denn die Anteilseigner bestimmten maßgeblich über die gesamte wirtschaftliche Ausrichtung der Gesellschaft. Sie steuerten damit letztlich auch die Verwertung der Verluste. Die Maßgeblichkeit der Anteilseigner, das heißt des "persönlichen Substrats" der Gesellschaft, als Kriterium für die Bestimmung der wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft lasse sich bis zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in den 1950er Jahren zurückverfolgen. Zudem habe der Gesetzgeber – ohne willkürlich zu handeln – bei einem maßgeblichen Anteilseignerwechsel von mehr als 25 Prozent für den Regelfall von einer signifikant veränderten (wirtschaftlichen) Identität der Gesellschaft ausgehen dürfen, die auch die Verlustnutzung berühre.
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Zum anderen habe der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung zur Vereinfachung der Rechtsanwendung gehandelt, indem er das frühere Tatbestandsmerkmal "Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens" aufgegeben habe. Das Anknüpfen an das Vorliegen eines maßgeblichen Anteilseignerwechsels von mehr als 25 Prozent führe zu einer deutlich einfacheren und dadurch auch vorhersehbareren Rechtsanwendung. Auf der Basis der Vereinfachungsbefugnis des Gesetzgebers erscheine es gerechtfertigt, dass er die wirtschaftliche Identität beim Verlustabzug allein am Kriterium des maßgeblichen Anteilseignerwechsels von mehr als 25 Prozent festgemacht habe. Insofern basiere § 8c KStG im Vergleich mit der Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. auf einer vereinfachten, mehr typisierenden und pauschalierenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise, bei der mit dem Anknüpfungskriterium der Beteiligung ein einfacher feststellbares, gleichwohl aber realitätsnahes tatsächliches Merkmal für die wirt ![]() ![]() | |
Bei der Vermeidung von Gestaltungen zur Steuerumgehung handele es sich um ein legitimes gesetzgeberisches Ziel, so dass insoweit auch ein eigenständiger sachlicher Grund vorliege, der eine Abweichung vom objektiven Nettoprinzip beziehungsweise dem Prinzip der Folgerichtigkeit rechtfertige. So greife § 8c KStG aufgrund der Ausgestaltung seines Tatbestandes zwangsläufig auch in Fällen missbräuchlicher Gestaltungen ein und diene damit der wirksamen Bekämpfung solcher in der Praxis ausufernder Gestaltungen, auch wenn die Vorschrift nicht rein auf die Missbrauchsbekämpfung hin konzipiert sei. Aus diesem Grund wäre auch die vom Vorlagegericht angeführte Durchbrechung des Trennungsprinzips durch die Regelung des § 8c Satz 1 KStG sachlich gerechtfertigt, sofern überhaupt von einer solchen Durchbrechung auszugehen sei.
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Selbst wenn die Vorschrift des § 8c Satz 1 KStG nicht allein am Maßstab des abschnittsübergreifenden Nettoprinzips zu messen wäre, weil grundsätzlich auch die Beschränkungen der Vorschrift bei der Verrechnung von Verlusten desselben Veranlagungszeitraums (d.h. beim Verlustausgleich) in die Betrachtung einzubeziehen wären, sei die Vorschrift gleichwohl im Rahmen des dann als Maßstab fungierenden "allgemeinen" objektiven Nettoprinzips verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Denn die Vermeidung einer Verlustnutzung durch eine Gesellschaft mit anderer wirtschaftlicher Identität, das Erfordernis der Vereinfachung der Rechtsanwendung und eine wirksame Vermeidung von Gestaltungen zur Steuerumgehung seien hinreichend gewichtige sachliche Gründe des Gesetzgebers, die eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips rechtfertigten. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege nach alledem nicht vor. ![]() | |
2. Der I. Senat des Bundesfinanzhofs verweist in seiner Stellungnahme auf mehrere Revisionsverfahren, bei denen sich die Frage einer Vereinbarkeit von § 8c Satz 1 KStG mit dem Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und dem Gebot der Folgerichtigkeit gestellt habe. In dem Revisionsverfahren I R 14/11 habe sie allerdings nicht beantwortet werden müssen, weil § 8c Satz 1 KStG schon aus einfach-rechtlichen Gründen unanwendbar geblieben sei. Die Revisionsverfahren I R 75/12, I R 31/11 und I R 79/11 seien jeweils bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im vorliegenden Verfahren ausgesetzt worden. In den beiden zuletzt genannten Revisionsverfahren gehe es zwar um die Vorschrift des § 8c Satz 2 KStG, die erst bei einer Übertragung von mehr als 50 Prozent der Anteile eine Verlustabzugsbeschränkung anordne. Gleichwohl habe der Senat das Vorlageverfahren des Finanzgerichts Hamburg als vorgreiflich erachtet.
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3. Nach Auffassung der Bundesrechtsanwaltskammer verstößt § 8c Satz 1 KStG gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
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a) Der Gesetzgeber habe mit § 8c Satz 1 KStG den Rahmen verfassungsrechtlich zulässiger Typisierung überschritten. Mit § 8c Satz 1 KStG habe sich der Gesetzgeber von der Konzeption der wirtschaftlichen Identität, wie sie noch der Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. zugrunde gelegen habe, vollständig gelöst. Denn die im Rahmen des § 8 Abs. 4 KStG a.F. maßgeblichen Tatbestandsmerkmale der Zuführung von Betriebsvermögen und Fortführung beziehungsweise Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs spielten im Rahmen von § 8c Satz 1 KStG keine Rolle mehr. Die Veränderung im Betriebsvermögen sei jedoch neben der Höhe des Stammkapitals der zentrale Bezugspunkt für die Bewertung einer Kapitalgesellschaft als wirtschaftliche Einheit. Eine Typisierung, die ohne diesen Bezugspunkt erfolge, verfehle ihren Zweck und beschreibe auch keinen Missbrauchsfall. Insoweit handele es sich hier um einen sachwidrigen Typisierungsansatz des Gesetzgebers. Der Typisierungsansatz möge bei Anteilsübertra ![]() ![]() | |
b) Zudem sei das Prinzip der Belastungsgleichheit nicht gewahrt. Für die vor 2008 geltenden Regelungen sei das Merkmal der wirtschaftlichen Einheit maßgeblich gewesen; darauf komme es jetzt jedoch nicht mehr an. Gegen die Annahme einer sachwidrigen Differenzierung auf der Ebene der Belastungsgerechtigkeit lasse sich auch nicht einwenden, dass der Gesetzgeber einen aus verfassungsrechtlicher Sicht rechtmäßigen Systemwechsel eingeleitet habe. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich schon kein Anhaltspunkt für einen solchen Systemwechsel. Außerdem wäre damit systematisch ein erheblicher Bruch mit weiteren Grundlagen des Besteuerungssystems verbunden, der wiederum nur auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise hinauslaufe, innerhalb derer die rechtlich selbstständige juristische Person nur ein Instrumentarium des handelnden natürlichen Grundrechtsträgers sei. Damit bestünde jedoch gerade die Maßgeblichkeit einer wirtschaftlichen Einheit. Es wäre ein Widerspruch in sich, wenn gerade die wirtschaftliche Einheit der Grund für die Aufhebung der wirtschaftlichen Identität im Hinblick auf die frühere Rechtslage wäre. Aus Art. 19 Abs. 3 GG folge, dass die juristische Person mehr sei als die natürliche Person, von der sie rein faktisch wirtschaftlich geschaffen werde.
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Die Schlussfolgerung, dass die Aktivität des Gesellschafters mit der der Gesellschaft wirtschaftlich identisch sei, werde zudem durch die Fassung des § 8c KStG widerlegt, weil die Beschrän ![]() ![]() | |
Zudem sei die Regelung auch deshalb nicht konsistent, weil die Begrenzung des Verlustabzugs sich nicht auf den seine Gesellschaftsanteile veräußernden Gesellschafter beschränke, sondern sich auf die Gesellschaft selbst auswirke. Damit seien auch die Altgesellschafter wirtschaftlich von der Begrenzung des Verlustabzugs betroffen. Ginge es dem Gesetzgeber mit der Schaffung des § 8c KStG tatsächlich nur um eine wertneutrale Zuordnung der Steuerungsmöglichkeit, wäre diese Schlechterstellung der Altgesellschafter über die Schlechterstellung der Gesellschaft weder folgerichtig noch systemgerecht.
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c) Bei typisierenden Normen sei insbesondere das Leistungsfähigkeitsprinzip zu beachten. Das Einkommensteuerrecht sei auf die Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen hin angelegt. Dies gelte hier umso mehr, als der Gesetzgeber das Trennungsprinzip, also die Trennung zwischen der natürlichen Person als Gesellschafter und der juristischen Person selbst (Gesellschaft) und damit der originären Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft als solcher, als einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umsetzen müsse. Er dürfe hiervon nur aufgrund sachlicher Gründe abweichen. Derartige sachliche Gründe lägen jedoch nicht vor. Es bestehe kein sachlicher Zusammenhang zwischen den Erwägungen des Gesetzgebers und der Typisierung.
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4. Auch die Bundessteuerberaterkammer, das Institut der Wirtschaftsprüfer, der Bundesverband der deutschen Industrie und der Biotechnologie-Industrie-Organisation Deutschland e.V. halten § 8c Satz 1 KStG für nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Sie führen dafür über die bereits genannten Argumente hinaus insbesondere Folgendes an:
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a) Die Bundessteuerberaterkammer betont insbesondere die Wechselwirkung zwischen der Vorschrift des § 8c Satz 1 KStG mit der in § 10d Abs. 2 EStG geregelten Mindestbesteuerung. ![]() ![]() | |
b) Das Institut der Wirtschaftsprüfer hebt eine von § 8c Satz 1 KStG ausgehende Benachteiligung für Start-up-Unternehmen hervor. Deren innovative Geschäftsideen könnten häufig nur mit Hilfe eines intensiven Kapitaleinsatzes umgesetzt werden. Neue Kapitalgeber würden sich allerdings nicht mit einer bloßen Verzinsung ihres Kapitals zufrieden geben, sondern wollten am Unternehmen beteiligt werden. Aufgrund solcher Anteilseignerwechsel könnten Verluste aus der Anfangsphase selbst dann nicht geltend gemacht werden, wenn die Umsetzung der Geschäftsidee später zu Gewinnen führe.
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c) Der Bundesverband der Deutschen Industrie zweifelt insbesondere an der Erforderlichkeit der Regelung. § 8c KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 könne von mehreren gleich geeigneten und möglichen Regelungen nicht als die am wenigsten belastende Regelung angesehen werden. Dass auch weniger belastende Regelungen möglich gewesen wären, zeige bereits die Existenz der Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 KStG a.F., ergebe sich aber auch aus der Hinzufügung der Konzernklausel sowie der Stille-Reserven-Klausel des § 8c KStG. In beiden Fällen liege keine Änderung der wirtschaftlichen Identität vor, so dass diese bereits in der Ausgangsfassung des § 8c KStG aus dessen Anwendungsbereich hätten ausgenommen werden müssen.
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Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie weist auf die Wechselwirkung zwischen § 8c KStG und der Mindestbesteuerung des § 10d EStG hin. Nach einer Verlustphase müsste wegen § 10d EStG circa das 1,6-fache an Gewinn erzielt werden, um aufgelaufene Verlustvorträge abzubauen. Die damit verbundene zeitliche Streckung der Verlustvorträge erhöhe die Gefahr, dass diese Verlustvorträge wegen eines "schädlichen" Anteilseignerwechsels untergingen. ![]() | |
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Die Vorlage ist zulässig.
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I.
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Sie bedarf allerdings der Präzisierung. Das Bundesverfassungsgericht prüft im Rahmen der konkreten Normenkontrolle eine Regelung nur insoweit am Maßstab der Grundrechte, als die Beteiligten des Ausgangsverfahrens hiervon betroffen sind und eine Grundrechtsverletzung in Betracht kommt (vgl. BVerfGE 116, 96 [120]; 117, 272 [291 f.]; 122, 151 [180]; 126, 369 [387]). Da es sich bei der Klägerin im vorliegenden Fall um eine GmbH handelt, ist die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit von § 8c Satz 1 KStG nur für die (unmittelbare) Übertragung von Anteilsrechten an ![]() ![]() | |
II.
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Mit dieser Einschränkung wird der Vorlagebeschluss den sich aus Art. 100 Abs. 1 GG und § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG ergebenden Anforderungen gerecht. Das Finanzgericht hat den Regelungsinhalt sowie die Entscheidungserheblichkeit der Norm unter Berücksichtigung der Historie herausgearbeitet und seine Auffassung von der Verfassungswidrigkeit der Norm in Auseinandersetzung mit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nachvollziehbar begründet. § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG verpflichtet das vorlegende Gericht nicht, auf jede denkbare Rechtsauffassung einzugehen (BVerfGE 141, 1 [11 Rn. 22]).
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§ 8c Satz 1 KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 ist mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit bei der unmittelbaren Übertragung innerhalb von fünf Jahren von mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals an einer Kapitalgesellschaft an einen Erwerber (schädlicher Beteiligungserwerb) insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar sind.
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I.
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Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 116, 164 [180]; 122, 210 [230]; 126, 268 [277]; 133, 377 [407 Rn. 73]; stRspr). Er gilt ![]() ![]() | |
1. Art. 3 Abs. 1 GG bindet den Steuergesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit (BVerfGE 6, 55 [70]), der gebietet, die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten. Das gilt insbesondere im Einkommensteuerrecht, das auf die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Steuerpflichtigen hin angelegt ist (BVerfGE 43, 108 [120]; 61, 319 [343 f.]; 66, 214 [223]; 82, 60 [86]; 89, 346 [352]; 127, 224 [248]). Im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit muss darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leis ![]() ![]() | |
2. Abweichungen vom Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit im Einkommensteuerrecht bedürfen nach Art. 3 Abs. 1 GG der Rechtfertigung.
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a) Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. BVerfGE 1, 14 [52]; 89, 132 [141]; 105, 73 [110]; 107, 27 [45 f.]; 110, 412 [431 f.]; 113, 167 [214]; stRspr). Willkür des Gesetzgebers kann nicht schon dann bejaht werden, wenn er unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat, vielmehr nur dann, wenn sich ein sachgerechter Grund für eine gesetzliche Bestimmung nicht finden lässt (BVerfGE 55, 72 [90]; 89, 132 [141 f.]). Dabei genügt Willkür im objektiven Sinn, das heißt die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit der Regelung in Bezug auf den zu ordnenden Gesetzgebungsgegenstand (BVerfGE 4, 144 [155]; 36, 174 [187]; 55, 72 [90]). Der Spielraum des Gesetzgebers endet dort, wo die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt (BVerfGE 9, 334 [337]; 55, 72 [90]; 76, 256 [329]; 85, 176 [187]; 101, 275 [291]; 115, 381 [389]; 141, 1 [39 Rn. 94]). Willkür in diesem Sinne kann erst festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (BVerfGE 12, 326 [333]; 23, 135 [143]; 55, 72 [90]; 89, 15 [23]; 89, 132 [142]; 99, 367 [389]).
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b) Bei der Auswahl des Steuergegenstandes belässt der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber ebenso wie bei der Bestimmung des ![]() ![]() | |
c) Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten (vgl. BVerfGE 120, 1 [44]; 123, 1 [19]) verlangt eine Umsetzung der Steuerwürdigkeitsentscheidung, das heißt eine gesetzliche Ausgestaltung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt (vgl. BVerfGE 123, 1 [19]; 127, 224 [248]).
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aa) Unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung der betroffenen Steuerpflichtigen muss die Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestandes folgerichtig im Sinne von belastungsgleich erfolgen (vgl. BVerfGE 84, 239 [271]; 93, 121 [136]; 99, 88 [95]; 99, 280 [290]). Die Bemessungsgrundlage muss – in Einnahmen und Aufwand – den wirtschaftlichen Vorgang sachgerecht aufnehmen und realitätsgerecht abbilden (BVerfGE 99, 280 [290]). Ausnahmen von einer belastungsgleichen Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstandes getroffenen gesetzgeberischen Entscheidung (folgerichtigen Umsetzung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestandes) bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung nach Art und Ausmaß zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfGE 105, 73 [125]; 107, 27 [46 f.]; 110, 412 [433]; 116, 164 [180f.]; 122, 210 [231]; 123, 111 [120f.]; 124, 282 [294 f.]; 126, 268 [277 f.]; 126, 400 [417]; 127, 1 [27 f.]; 132, 179 [189 Rn. 32]; 137, 350 [366 Rn. 41]; 138, 136 [181 Rn. 123]; 139, 1 [13 Rn. 40]; 139, 285 [309 f. Rn. 72]; 141, 1 [40 Rn. 96]). Der rein fiskalische Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht als besonderer sachlicher Grund ![]() ![]() | |
bb) Unabhängig von der Frage, ob sich allein aus dem Erfordernis eines "besonderen sachlichen Grundes" für Abweichungen von einem steuerrechtlichen Ausgangstatbestand erhöhte Begründungsanforderungen gegenüber einem bloßen "sachlich einleuchtenden Grund" für die Differenzierung im Sinne des Willkürverbots ergeben (vgl. Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 142; Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 3 Rn. 125; Kempny, JöR 64, S. 477 [484 ff.]; Schön, JöR 64, S. 515 [535]; Thiemann, in: Emmenegger/Wiedmann, Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Bd. 2, 2011, S. 180 [189 f., 203 f.]; ferner Schmehl, in: Demokratie-Perspektiven, Festschrift für Brun-Otto Bryde zum 70. Geburtstag, 2013, S. 457 [473]), steigen allgemein die Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen in dem Maße, in dem sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann (BVerfGE 122, 210 [230]; 126, 268 [277]; 138, 136 [181 Rn. 122]; 139, 285 [309 Rn. 71]; 141, 1 [39 Rn. 94]). Das gilt grundsätzlich auch für juristische Personen (BVerfGE 99, 367 [388 f.]). Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den rechtfertigenden Sachgrund, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 [96]; 129, 49 [69]; 138, 136 [181 Rn. 122]) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 88, 87 [96]; 124, 199 [220]; 131, 239 [256 f.]; 133, 377 [408 Rn. 77]; 138, 136 [181 Rn. 122]; 141, 1 [39 Rn. 94]).
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cc) Der Gesetzgeber darf allerdings bei der Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstandes getroffenen Belastungsentscheidung generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfGE 84, 348 [359]; 113, 167 [236]; 126, 268 [278 f.]; 133, 377 [412 Rn. 86]; stRspr). Bei der Ordnung ![]() ![]() | |
Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 82, 159 [185 f.]; 122, 210 [232]; 126, 268 [279]; 133, 377 [412 Rn. 87]). Begünstigungen oder Belastungen können in einer gewissen Bandbreite zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung nach oben und unten pauschalierend bestimmt werden (BVerfGE 111, 115 [137]). Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen (BVerfGE 122, 210 [232 f.]; 126, 268 [279]; 132, 39 [49 Rn. 29]; 133, 377 [412 Rn. 87]). Insbesondere darf der Gesetzgeber keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (vgl. BVerfGE 116, 164 [182 f.]; 122, 210 [232 f.]; 126, 268 [279]; 132, 39 [49 Rn. 29]; 133, 377 [412 Rn. 87]; 137, 350 [375 Rn. 66]). Zudem dürfen die tatsächlichen Anknüpfungspunkte für die Typisierung den Normzweck nicht verfehlen (vgl. BVerfGE 111, 115 [137]; 132, 39 [56 f. Rn. 49]; 133, 377 [412 Rn. 87]).
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Die Vorteile der Typisierung müssen im rechten Verhältnis zu der mit ihr notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (vgl. BVerfGE 110, 274 [292]; 117, 1 [31]; 120, 1 [30]; 123, 1 [19]; 133, 377 [413 Rn. 88]; 137, 350 [375 Rn. 66]). Typisierung setzt voraus, dass die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen be ![]() ![]() | |
II.
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Nach diesen Maßstäben ist § 8c Satz 1 KStG mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Der Gesetzgeber unterwirft mit dem Körperschaftsteuergesetz das Einkommen von Körperschaften einer eigenen, von derjenigen der dahinter stehenden Personen getrennten Besteuerung, die als solche verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (1.). § 8c Satz 1 KStG in der streitgegenständlichen Fassung behandelt Kapitalgesellschaften bei der Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte unterschiedlich, je nachdem, ob innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an der Kapitalgesellschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen worden sind (schädlicher Beteiligungserwerb) oder nicht (2.). Für diese Ungleichbehandlung fehlt ein rechtfertigender Grund (3.).
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1. Der Gesetzgeber erkennt Körperschaften im Sinne von § 1 KStG, insbesondere Kapitalgesellschaften, eine eigenständige und objektive Leistungsfähigkeit zu, die von der individuellen und subjektiven Leistungsfähigkeit der hinter der Kapitalgesellschaft stehenden Personen getrennt ist und unabhängig von dieser besteuert wird (BVerfGE 116, 164 [199]). Er misst die Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft nach deren Einkommen (§§ 7 f. KStG) und damit nach der Ertragskraft des Unternehmens (vgl. BVerfGE 127, 224 [248]).
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a) Damit behandelt der Gesetzgeber unternehmerische Tätigkeiten steuerlich unterschiedlich je nachdem, ob sie in Gestalt von Personen- oder Kapitalgesellschaften ausgeübt werden. Während Gewinne aus einer unternehmerischen Tätigkeit in Form einer Personengesellschaft den Gesellschaftern zugerechnet werden, folgt der Gesetzgeber bei der Kapitalgesellschaft einer formellen Betrachtungsweise, die die rechtliche Selbständigkeit der Kapital ![]() ![]() | |
b) Art. 3 Abs. 1 GG zwingt nicht zu einer materiellen (wirtschaftlichen) Betrachtung, nach der wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unabhängig von der jeweiligen Rechtsform entsteht, die als Instrument zur Erzielung der Einkünfte eingesetzt wird (BVerfGE 116, 164 [198 ff.]). Von Verfassungs wegen ist entscheidend, ob es einen hinreichenden sachlichen Grund für die unterschiedliche steuerliche Behandlung von unternehmerischen Tätigkeiten gibt. Einen solchen liefert die Abschirmung der Vermögenssphäre einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern.
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Mit dem eigenständigen steuerlichen Zugriff auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft nimmt das Steuerrecht die zivilrechtliche Grundentscheidung auf, die das Gesellschaftsvermögen einer Kapitalgesellschaft von dem Vermögen ihrer Gesellschafter trennt und zugleich die Haftung der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt (§ 1 AktG, § 13 Abs. 1 und 2 GmbHG). Bei der Personengesellschaft ordnet dagegen das Zivilrecht – ungeachtet der rechtlichen Selbständigkeit der Gesellschaft (§§ 124, 161 Abs. 2 HGB) – das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern als gemeinschaftliches Vermögen zu (§ 718 Abs. 1 BGB i.V.m. § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB); die Gesellschafter haften für Verbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich persönlich auch mit ihrem sonstigen Vermögen (§ 128, § 161 Abs. 2, § 171 Abs. 1 HGB).
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Die auf diese Weise bewirkte stärkere Abschirmung der Vermögenssphäre einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern hat zur Folge, dass in der abgeschirmten Vermögenssphäre eine eigenständige Leistungsfähigkeit entsteht, die getrennt von der individuellen Leistungsfähigkeit der hinter der Kapitalgesellschaft stehenden Personen besteuert werden darf (vgl. BVerfGE 116, 164 [198 f.]; 127, 224 [250]; Drüen, GmbHR 2008, S. 393 [398]). Das gilt unabhängig davon, ob eine dadurch drohende Doppelbelastung der auf der Ebene der Körperschaft erwirtschafteten Gewinne durch die Erhebung der Körperschaftsteuer einer ![]() ![]() | |
2. § 8c Satz 1 KStG behandelt Kapitalgesellschaften hinsichtlich der Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte unterschiedlich je nachdem, ob ein schädlicher Beteiligungserwerb im Sinne dieser Vorschrift vorliegt oder nicht.
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a) Was als Einkommen der Kapitalgesellschaft gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, richtet sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, soweit nicht das Körperschaftsteuergesetz abweichende oder ergänzende Regelungen trifft (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG). Kapitalgesellschaften sind danach wie natürliche Personen grundsätzlich zum Verlustabzug nach § 10d EStG berechtigt. Sie können negative Einkünfte, die im Veranlagungsjahr (§ 2 Abs. 7 EStG) bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, in bestimmten Grenzen vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums (Verlustrücktrag gemäß § 10d Abs. 1 EStG) und der folgenden Veranlagungszeiträume (Verlustvortrag gemäß § 10d Abs. 2 EStG) abziehen.
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b) Davon macht § 8c Satz 1 KStG in der streitgegenständlichen Fassung eine Ausnahme. Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals an einer Kapitalgesellschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor (schädlicher Beteiligungserwerb), kann die Kapitalgesellschaft die bis dahin nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte insoweit nicht mehr abziehen. Die nicht genutzten Verluste gehen unter, soweit sie rechnerisch auf den übertragenen Anteil entfallen, obwohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft als solcher, an die die Kör ![]() ![]() | |
3. Für diese Ungleichbehandlung fehlt es an einem rechtfertigenden Grund.
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a) Dabei kann offenbleiben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nach dem Grundsatz der Ausrichtung der Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit generell die Möglichkeit eines den Veranlagungszeitraum übergreifenden Verlustabzugs im Sinne von § 10d EStG erfordert.
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Offenbleiben kann ferner, ob hier Gründe für eine eher strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung der gesetzgeberischen Differenzierung zwischen Kapitalgesellschaften mit schädlichem Beteiligungserwerb und ohne einen solchen vorliegen (s. oben Rn. 105). Dafür könnte der Gesichtspunkt der mangelnden Verfügbarkeit des Unterscheidungskriteriums auf der Ebene der Kapitalgesellschaften sprechen, die nach einem schädlichen Beteiligungserwerb ihre bis dahin entstandenen Verluste nur noch eingeschränkt abziehen können. Die Kapitalgesellschaften als solche können nur unter besonderen Voraussetzungen darauf einwirken, ob innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an ihnen an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (vgl. Thiel, in: Festschrift für Harald Schaumburg, 2009, S. 515 [532]). Zwar kann die Rechtsfolge des Verlustuntergangs nach § 8c Satz 1 KStG durch entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelungen vermieden werden. In Betracht kommt etwa die Vereinbarung einer Vinkulierungsklausel, die die Wirksamkeit einer Anteilsübertragung an die Zustimmung der Kapitalgesellschaft knüpft (vgl. z.B. § 15 Abs. 5 GmbHG, § 68 Abs. 2 Satz 1 AktG). Die – auch nachträglich mögliche – Einfügung einer Vinkulierungsklausel in die Satzung der Gesellschaft bedarf allerdings der Zustimmung aller betroffenen Gesellschafter (§ 180 Abs. 2 AktG; für die GmbH vgl. Zöller/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 53 Rn. 34; ![]() ![]() | |
b) § 8c Satz 1 KStG hält nämlich schon einer Prüfung am Maßstab des Willkürverbots nicht stand. Es fehlt ein sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung. Er ergibt sich weder aus der Anknüpfung an die Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 KStG (aa) und dem dieser zugrundeliegenden Zweck der Missbrauchsbekämpfung (bb) noch aus der vom Gesetzgeber angestrebten Beschränkung von Verlustabzügen beim Verlust der wirtschaftlichen Identität einer Gesellschaft (cc) oder dem Gedanken der Unternehmeridentität als Voraussetzung für den Verlustabzug (dd). Der rein fiskalische Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung kommt als Rechtfertigungsgrund nicht in Betracht (ee).
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aa) Nach den Gesetzesmaterialien war § 8c KStG als gegenüber dem bis zu seiner Einführung geltenden § 8 Abs. 4 KStG einfachere und zielgenauere Verlustabzugsbeschränkung für Körperschaften konzipiert (BTDrucks 16/4841, S. 74). Sie geht jedoch über den Regelungsgehalt von § 8 Abs. 4 KStG deutlich hinaus.
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(1) Die sogenannte Mantelkaufregelung des § 8 Abs. 4 KStG sollte missbräuchlichen Gestaltungen entgegenwirken, bei denen die Veräußerung der Anteile im wirtschaftlichen Ergebnis ausschließlich oder nahezu ausschließlich der Monetarisierung von ![]() ![]() | |
Da der Verlustvortrag eines Einzelunternehmers nicht übertragbar ist, sollte durch § 8 Abs. 4 KStG sichergestellt werden, dass auch eine Körperschaft einen nicht ausgeglichenen Verlust nur dann mit steuerlicher Wirkung vortragen kann, wenn sie wirtschaftlich mit derjenigen identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Die Regelung ging zunächst davon aus, dass wirtschaftliche Identität insbesondere dann nicht mehr vorliegt, wenn mehr als drei Viertel der Anteile an einer Kapitalgesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen und die Gesellschaft danach ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen wieder aufnimmt (vgl. BTDrucks 11/2157, S. 171). Aus dem Missbrauchsverhinderungszweck der Vorschrift leitete die fachgerichtliche Rechtsprechung zudem die Notwendigkeit eines engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Anteilsübertragung und der Betriebsvermögenszuführung ab (vgl. BFH, Urteil vom 1. Juli 2009 – I R 101/08 –, juris, Rn. 14; Urteil vom 12. Oktober 2010 – I R 64/09 –, juris, Rn. 11 = BFHE 231, 522 [525]). Nach mehrfachen Änderungen setzte § 8 Abs. 4 KStG im Zeitpunkt seines Außerkrafttretens für einen Verlust der wirtschaftlichen Identität noch einen Anteilseignerwechsel von mehr als 50 Prozent und die Fortführung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs unter Zuführung von überwiegend neuem Betriebsvermögen voraus.
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(2) Diese Regelung hatte sich nach Auffassung des Gesetzgebers als kompliziert und gestaltungsanfällig erwiesen (BTDrucks 16/4841, S. 34). Sie sei schwierig zu handhaben, zahlreiche Zweifelsfragen zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen und deren Zusammenhang seien Gegenstand von Gerichtsverfahren (BT ![]() ![]() | |
bb) § 8c KStG dient danach jedenfalls auch der Vermeidung von Gestaltungen zur Steuerumgehung, deren Eindämmung beim Verlustabzug sich in der Zeit vor Schaffung des § 8c KStG als notwendig, aber nach dem vormaligen Konzept nicht praktikabel erwiesen hatte (so auch die Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen, S. 22). Das Ziel der Bekämpfung von legalen, jedoch unerwünschten, dem Gesetzeszweck von § 10d EStG zuwiderlaufenden Steuergestaltungen, insbesondere des Handels mit vortragsfähigen Verlusten, ist ein legitimer Zweck, der grundsätzlich Ungleichbehandlungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen kann (vgl. BVerfGE 13, 290 [316]; 26, 321 [326]; 99, 88 [97]).
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Allerdings sind die Grenzen zulässiger Typisierung überschritten, wenn zur Erfassung solcher Gestaltungen allein an die Übertragung eines Anteils von mehr als 25 Prozent angeknüpft wird. Eine gesetzliche Typisierung darf keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (vgl. BVerfGE 116, 164 [182 f.]; 122, 210 [232 f.]; 126, 268 [279]; 132, 39 [49 Rn. 29]; 133, 377 [412 Rn. 87]; 137, 350 [375 Rn. 66]). Daran fehlt es, soweit § 8c Satz 1 KStG eine Missbrauchsverhinderung bezweckt (ebenso Suchanek, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 21. Aufl. 2006, § 8c KStG Rn. 5 [Stand: Januar 2017]; Drüen, StuW 2008, S. 3 [13]; ders., Ubg 2009, S. 23 [28]; Ernst, Neuordnung der Verlustnutzung nach Anteilseignerwechsel – Reformbedarf und haushaltspolitische Bedeutung des § 8c KStG, IFSt-Schrift Nr. 470 [2011], S. 63; Hey, BB 2007, S. 1303 [1305]; dies., StuW 2008, S. 167 [171]; Thiel, in: Festschrift für Harald Schaumburg, 2009, S. 515 [536 f.]; Wiese, DStR 2007, S. 741 [744]).
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Der typische Missbrauchsfall "Mantelkauf" ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Kapitalgesellschaft, die zwar noch über ![]() ![]() | |
cc) Bei der Regelung des § 8c KStG ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass sich die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners (oder Anteilseignerkreises) ändert und die in früherer Zeit erwirtschafteten Verluste unberücksichtigt bleiben sollen, soweit sie auf dieses neue wirtschaftliche Engagement entfallen (BTDrucks 16/4841, S. 76; vgl. auch BFH, Urteil vom 30. November 2011 – I R 14/11 –, juris, Rn. 15 = BFHE 236, 82 [85]). Auch dieses Ziel vermag einen anteiligen Wegfall des Verlustabzugs, der an die bloße Übertragung von mehr als 25 Prozent der Anteile geknüpft ist, nicht zu rechtfertigen.
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(1) Dem gesetzgeberischen Ziel liegt der im Steuerrecht aner ![]() ![]() | |
Bei der Beurteilung der für den Verlustabzug erforderlichen steuerrechtlichen Personengleichheit von Körperschaften kommt es nach der fachgerichtlichen Rechtsprechung (BFH, Urteile vom 8. Januar 1958 – I 131/57 U –, juris, Rn. 11 = BFHE 66, 250 [253 f.]; vom 15. Februar 1966 – I 112/63 –, juris, Rn. 26 ff. = BFHE 85, 217 [222 f.]; vom 17. Mai 1966 – I 141/63 –, juris, Rn. 7 = BFHE 86, 369 [370]; vom 19. Dezember 1973 – I R 137/71 –, juris, Rn. 8 = BFHE 111, 155 [156 f.]) seit jeher nicht allein auf die bürgerlich-rechtlichen Gegebenheiten an. Ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang vielmehr eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Sie berücksichtigt die Besonderheiten der tatsächlichen Gestaltung und den Zweck der Steuernorm und ist vom Bundesverfassungsgericht vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 GG ausdrücklich gebilligt worden (BVerfGE 25, 309 [312 ff.]). Sie lag auch § 8 Abs. 4 KStG, der Vorgängerregelung zu § 8c KStG, zugrunde, die erlassen wurde, nachdem der Bundesfinanzhof das Erfordernis "wirtschaftlicher Identität" einer Gesellschaft für den Verlustabzug aufgegeben hatte, weil dieses Tatbestandsmerkmal in der Rechtsprechung inhaltlich nicht näher konkretisiert worden sei und es auch weder dem Wortlaut noch dem Zweck des § 10d EStG entnommen werden könne (BFH, Urteil vom 29. Oktober 1986 – I R 318/83, I R 319/83, I R 318–319/83 –, juris, Rn. 21 ff. = BFHE 148, 158 [161 f.]). Der Gesetzgeber wollte mit § 8 Abs. 4 KStG insbesondere vermeiden, dass die Verlustvorträge von Körperschaften – vor allem von Kapitalgesellschaften – veräußerbar sind, der Verlustvortrag eines Einzelunternehmers dagegen nicht übertragbar ist (vgl. BTDrucks 11/2157, S. 171).
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(2) Der Begriff der "wirtschaftlichen Identität" ist allerdings nicht eindeutig. Der Bundesfinanzhof stellte schon in seinem Ur ![]() ![]() | |
(a) Die fachgerichtliche Rechtsprechung hat vor der Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 29. Oktober 1986 – I R 318/83, I R 319/83, I R 318–319/83 –, juris, Rn. 21 ff. = BFHE 148, 158 [161 f.]), die zum Erlass von § 8 Abs. 4 KStG geführt hat, auf die Identität des persönlichen und des sachlichen Substrats der Kapitalgesellschaft im Jahre des Entstehens und des Abzugs des Verlustes abgestellt (vgl. BVerfGE 25, 309 [313]). Die wirtschaftliche Identität einer Kapitalgesellschaft wird nicht allein durch die Personen der Anteilseigner, sondern jedenfalls auch, wenn nicht sogar nur (vgl. BFH, Urteil vom 20. August 2003 – I R 61/01 –, juris, Rn. 27 = BFHE 203, 135 [139 f.]) durch den Unternehmensgegenstand und das Betriebsvermögen geprägt (vgl. BFH, Urteile vom 28. Mai 2008 – I R 87/07 –, juris, Rn. 13 ff. = BFHE 222, 245 [249 f.]; vom 12. Oktober 2010 – I R 64/09 –, juris, Rn. 10 = BFHE 231, 522 [524 f.]).
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(b) § 8 Abs. 4 KStG definierte die wirtschaftliche Identität einer Körperschaft nicht, sondern bestimmte in Satz 2 lediglich beispielhaft ("insbesondere"), wann eine wirtschaftliche Identität nicht mehr gegeben ist. Nach Satz 2 des § 8 Abs. 4 KStG (i.d.F. vom 29. Oktober 1997) fehlte einer Kapitalgesellschaft die wirtschaftliche Identität, wenn – erstens – bezogen auf das gezeichnete Kapital mehr als die Hälfte der Geschäftsanteile übertragen werden, – zweitens – überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt und – drittens – der Geschäftsbetrieb mit diesem neuen Betriebsvermögen fortgeführt oder wieder aufgenommen wird. Der Gesetzgeber hat also für einen Verlust der wirtschaftlichen Iden ![]() ![]() | |
(c) Die im Jahr 2011 – nach Erlass von § 8c KStG – zur Prüfung der Möglichkeit einer Neustrukturierung der Regelungen zur Verlustverrechnung sowie der Einführung eines modernen Gruppenbesteuerungssystems eingesetzte Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung", der Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen, des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg, des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, des Hessischen Ministeriums der Finanzen, des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen und des Ministeriums der Finanzen Rheinland-Pfalz sowie ein Vertreter der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände angehörten, hat unter anderem Regelungen zur Verlustverrechnung sowie zur Gruppenbesteuerung in anderen Staaten verglichen. Nach ihrem vom Bundesministerium der Finanzen in seiner Stellungnahme (S. 19) angeführten Bericht vom 15. September 2011 (http://www.beck.de/rsw/upload/FDDStR/Arbeitsgruppe_Verlustverrechnung_Gruppenbesteuerung_2011_Bericht.pdf, S. 78–80) fanden sich im Jahr der Untersuchung im internationalen Vergleich unterschiedliche Modelle einer Ausgestaltung des Verlustabzugs bei Körperschaften, die für eine Beschränkung an Änderungen des personellen Substrats der Gesellschaft, an solche des sachlichen Substrats oder an Änderungen beider anknüpften (vgl. auch BTDrucks 17/5752, S. 2).
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Soweit danach überhaupt spezialgesetzlich geregelte Beschränkungen des Verlustabzugs in diesen Fällen existierten, setzten diese in einigen Ländern (Italien, Japan, Kanada, den Niederlanden, Österreich, Slowenien, Spanien, Tschechien, dem Vereinigten Königreich und Zypern) voraus, dass die Verlustgesellschaft innerhalb eines bestimmten Zeitraums (in der Regel zwischen zwei und fünf Jahren) nach einem wesentlichen Anteilseignerwechsel (schädlich war häufig die Übertragung von mehr als 50 Prozent der Anteile beziehungsweise Stimmrechte) ihre Ge ![]() ![]() | |
(3) Demgegenüber setzt § 8c Satz 1 KStG für einen (anteiligen) Wegfall des Verlustabzugs nur voraus, dass innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an der Kapitalgesellschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen werden. Soweit der Gesetzgeber mit dieser Regelung eine Änderung der wirtschaftlichen Identität der Kapitalgesellschaft definieren und normativ erfassen wollte (vgl. BTDrucks 16/4841, S. 76), hat er damit die Grenzen seiner Typisierungsbefugnis überschritten.
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(a) Zwar begründet der Erwerb einer Beteiligung von mehr als 25 Prozent der Anteile an einer Kapitalgesellschaft gesellschaftsrechtlich eine Sperrminorität, weil bestimmte grundlegende Maßnahmen wie beispielsweise Satzungsänderungen (vgl. § 53 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. GmbHG, § 179 Abs. 2 Satz 1 AktG) einschließlich Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen (vgl. für die GmbH Zie ![]() ![]() | |
Allein die Begründung einer solchen Beteiligung erlaubt angesichts des Mehrheitsprinzips in § 47 Abs. 1 GmbHG, § 133 Abs. 1 AktG aber allenfalls mittelbar ein aktives Gestalten der Entscheidungen auf Ebene der Gesellschaft durch den Minderheitsgesellschafter. Nur eine Mehrheitsbeteiligung ermöglicht es dem Anteilserwerber, auf die Kapitalgesellschaft unmittelbar maßgebend Einfluss zu nehmen und die Verluste durch entsprechende unternehmerische Entscheidungen zu eigenen Zwecken zu nutzen (vgl. Schwedhelm, GmbHR 2008, S. 404 [406]). Bei börsennotierten Unternehmen, deren Anteile sich regelmäßig in gewissem Umfang im Streubesitz befinden, mag eine andere Beurteilung gelten; jedoch geht auch das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) in § 29 Abs. 2 von einem Kontrollerwerb erst bei Erwerb von 30 Prozent der Anteile an der Zielgesellschaft aus, weil hiermit regelmäßig die Mehrheit der Stimmen in der Hauptversammlung verbunden sei (vgl. Wackerbarth, in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2011, § 29 WpÜG Rn. 43).
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Zudem gibt der Erwerb eines Anteils dem Anteilseigner lediglich die Möglichkeit, auf die unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft Einfluss zu nehmen. Ob er davon in dem Sinne Gebrauch macht, dass die Gesellschaft unter seiner Beteiligung wirtschaftlich als "eine andere" erscheint, kann erst anhand der Maßnahmen beurteilt werden, die die Anteilseigner (mehrheitlich) tatsächlich treffen (vgl. Thiel, in: Festschrift für Harald ![]() ![]() | |
(b) Jedenfalls reichen sie bei einem gleichzeitigen Verzicht auf jegliche weitere Voraussetzung, die an das Sachsubstrat der Gesellschaft wie deren Betriebsvermögen und/oder Unternehmensgegenstand anknüpft, zur realitätsgerechten Erfassung des Falls einer Änderung der wirtschaftlichen Identität nicht aus (a.A. Jochum, FR 2011, S. 497 [502 f.]). Weder aus der Gesetzesbegründung noch aus sonstigen Gründen ist ersichtlich, warum sich eine Kapitalgesellschaft bei einer bloßen Übertragung von mehr als 25 Prozent bis zu 50 Prozent der Anteile, also einer bloßen Sperrminoriät, nicht nur zu einer – wirtschaftlich betrachtet – "anderen" Kapitalgesellschaft entwickeln kann als vor der Anteilsübertragung, sondern im Regelfall von einer solchen Identitätsänderung auszugehen ist. Ob dies für den Fall der Übertragung von mehr als 50 Prozent der Anteile (§ 8c Satz 2 KStG) anders zu beurteilen ist (so Sächsisches FG, Urteil vom 16. März 2011 – 2 K 1869/10 –, juris; Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 8c KStG Rn. 11d [Stand: Januar 2014]), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.
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Auch die Arbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" hat § 8c Satz 1 KStG nicht als Fall der Änderung der ![]() ![]() | |
Die größere Offenheit des Gleichheitssatzes für gesetzgeberische Gestaltungen, je mehr allgemeine, für rechtliche Gestaltungen zugängliche Lebensverhältnisse geregelt werden (BVerfGE 96, 1 [5 f.]; 99, 88 [94]), und die grundsätzliche Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung und Vereinfachung rechtfertigen es nicht, auf komplizierte und streitanfällige Tatbestandsvoraussetzungen in einer Weise zu verzichten, dass die verbleibenden Tatbestandsvoraussetzungen den typischen Fall nicht mehr realitätsgerecht abbilden. Mit dem Merkmal einer Übertragung von mehr als 25 Prozent und bis zu 50 Prozent der Anteile werden – wie der Ausgangsrechtsstreit zeigt – auch und nicht nur in einem Randbereich Fälle erfasst, in denen Betriebsvermögen, Unternehmensgegenstand und Geschäftsbetrieb von der Anteilsübertragung nicht berührt werden und nicht verändert werden sollen. Es verfehlt in diesen Fällen den Normzweck der Erfassung von Änderungen der ![]() ![]() | |
dd) Ein sachlicher Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Gedanken der Unternehmeridentität als Voraussetzung für den Verlustabzug.
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(1) Die Kapitalgesellschaft dient ungeachtet ihrer rechtlichen Eigenständigkeit wirtschaftlich den Erwerbszwecken der Gesellschafter. Sie ist das Instrument der Anteilseigner zur Erzielung von Einkünften. Die gesetzgeberische Entscheidung für eine Körperschaftsteuer lässt sich einerseits als Auswahl eines eigenen Steuergegenstandes (Einkommen der Körperschaft), andererseits als bloße technische Ausgestaltung der Besteuerung der Erfolge des unternehmerischen Handelns der hinter ihr stehenden Anteilseigner begreifen, die letztlich die Steuerlast tragen sollen. § 8c Satz 1 KStG kann objektiv dahin ausgelegt werden, dass die Norm die letztgenannte Perspektive einnimmt und für die Verlustzurechnung auf die Verhältnisse der Gesellschafter abstellt (vgl. Möhlenbrock, Ubg 2010, S. 256 [257]; ders., in: Hüttemann [Hrsg.], Gestaltungsfreiheit und Gestaltungsmissbrauch im Steuerrecht, 2010, S. 339 [345 ff.]; van Lishaut, FR 2008, S. 789 [789 f.]; Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 8c KStG Rn. 11c [Stand: Januar 2014]; Ernst, Neuordnung der Verlustnutzung nach Anteilseignerwechsel – Reformbedarf und haushaltspolitische Bedeutung des § 8c KStG, IFSt-Schrift Nr. 470 [2011], S. 59 f.; a.A. Jochum, FR 2011, S. 497 [503]; Lang, GmbHR 2012, S. 57 [60f.]). Sie führt bei diesem Verständnis teleologisch zu einer Verschiebung im Zusammenspiel von Körperschaft- und Einkommensteuer (Schmehl, in: Demokratie-Perspektiven, Festschrift für Brun-Otto Bryde zum 70. Geburtstag, 2013, S. 457 [468]; vgl. auch Möhlenbrock, in: Hüttemann [Hrsg.], Gestaltungsfreiheit und Gestaltungsmissbrauch im Steuerrecht, 2010, S. 339 [346 ff.]). Die Besteuerung von Kapitalgesellschaften wird gesetzestechnisch derjenigen von Personengesellschaften angenähert, die grundsätzlich nach dem Transparenzprinzip, das heißt als eine solche der Gesellschafter, erfolgt. ![]() | |
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(a) Eine Annäherung an die transparente Besteuerung von Personengesellschaftern war vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Nach der Gesetzesbegründung kam es für ihn – in Übereinstimmung mit seiner grundlegenden Entscheidung für die Besteuerung der Körperschaft als solcher – auf die Identität der Gesellschaft, nicht auf diejenige der Gesellschafter an; der Wechsel der Anteilseigner war danach nur der Maßstab für eine Änderung der (wirtschaftlichen) Identität der Gesellschaft (s. oben Rn. 129; vgl. auch Jochum, FR 2011, S. 497 [503]; Lang, GmbHR 2012, S. 57 [60f.]).
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(b) In ihrer Wirkung trifft die Regelung des § 8c Satz 1 KStG nicht nur den ausscheidenden, sondern – anders als beim Anteilseignerwechsel in der Personengesellschaft – auch die verbleibenden Altgesellschafter, weil die quotale Kürzung des Verlustabzugs wegen der eigenen Steuerpflicht der Körperschaft ebenso auf ihrem Gewinnanteil lastet (vgl. Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 8c KStG Rn. 11g und 11l [Stand: Januar 2014]; Suchanek, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 21. Aufl. 2006, § 8c KStG Rn. 5 [Stand: Januar 2017]; Schwedhelm, GmbHR 2008, S. 404 [406 f.]; Thiel, in: Festschrift für Harald Schaumburg, 2009, S. 515 [534]; Wiese, DStR 2007, S. 741 [744]). Das lässt sich nicht allein mit der Befugnis des Ge ![]() ![]() | |
Allerdings kann es ohne die Regelung von § 8c Satz 1 KStG bei Kapitalgesellschaften anders als bei Personengesellschaften und Einzelunternehmern im Falle der Anteils- oder Unternehmensveräußerung – auch jenseits von Missbrauchsfällen wie bloßen Mantelkäufen – zu einer Monetarisierung von Verlusten kommen, weil die Möglichkeit des Verlustabzugs den Wert des Anteils erhöht und mit dem Kaufpreis vergütet wird (vgl. Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 8c KStG Rn. 11c [Stand: Januar 2014]). Der ausscheidende Gesellschafter kann dadurch den Wert des Verlustabzugs sofort realisieren, ohne dass es in seiner Person auf zukünftige Einkünfte oder Einschränkungen durch eine Mindestbesteuerung ankommt. Die Ungewissheit der späteren Nutzung des Verlustabzugs durch den Erwerber wird sich allerdings in der Bewertung des Verlustes und damit wiederum im Kaufpreis niederschlagen. Deshalb stellt die Möglichkeit der Monetarisierung von Verlusten in diesen Fällen letztlich nur eine Kompensation dafür dar, dass der ausscheidende Gesellschafter selbst – anders als Personengesellschafter – die Nutzungsmöglichkeit für die Zukunft verliert (vgl. Thiel, in: Festschrift für Harald Schaumburg, 2009, S. 515 [534]). Solange die ![]() ![]() | |
ee) Der rein fiskalische Zweck der Gegenfinanzierung der Unternehmensteuerreform 2008 (vgl. BTDrucks 16/4841, S. 33 ff., 43) reicht für sich genommen als rechtfertigender Grund für eine Abweichung von dem das Körperschaftsteuerrecht beherrschenden Trennungsprinzip nicht aus (vgl. BVerfGE 105, 17 [45]; 116, 164 [182]; 122, 210 [233]; 141, 1 [41 Rn. 96]).
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III.
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Da die durch § 8c Satz 1 KStG bewirkte Ungleichbehandlung zwischen Kapitalgesellschaften mit einem schädlichen Anteilseignerwechsel und solchen ohne einen schädlichen Anteilseignerwechsel danach unter keinem in Betracht kommenden Gesichtspunkt zu rechtfertigen und folglich mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Regelung auch gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG und/oder die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verstößt. ![]() | |
1. Der Verstoß einer Norm gegen das Grundgesetz, die – wie hier – wegen ihres eindeutigen Wortlauts und des klar erkennbaren entgegenstehenden Willens des Gesetzgebers einer verfassungskonformen Auslegung nicht zugänglich ist (vgl. BVerfGE 18, 97 [111]; 54, 277 [299]; 71, 81 [105]; 98, 17 [45]; 130, 372 [398]), kann entweder zur Nichtigerklärung (§ 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 Satz 1, § 95 Abs. 3 BVerfGG) oder dazu führen, dass das Bundesverfassungsgericht die mit der Verfassungswidrigkeit gegebene Unvereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz feststellt (vgl. § 31 Abs. 2, § 79 Abs. 1 BVerfGG). Eine Erklärung nur der Unvereinbarkeit ist insbesondere geboten, wenn der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten hat, den Verfassungsverstoß zu beseitigen. Das ist regelmäßig bei der Verletzung des Gleichheitssatzes der Fall (vgl. BVerfGE 99, 280 [298]; 105, 73 [133]; 117, 1 [69]; 122, 210 [244 f.]; 126, 268 [284 f.]; 133, 377 [422 Rn. 104]; stRspr).
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Gemessen hieran kommt vorliegend nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht. Wie insbesondere die Gesetzeshistorie (s. oben Rn. 2 ff.) und der internationale Vergleich (s. oben Rn. 135 f.) zeigen, hat der Gesetzgeber unterschiedliche Möglichkeiten, den Verfassungsverstoß zu beseitigen.
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2. Die Gründe, die zur Verfassungswidrigkeit von § 8c Satz 1 KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 führen, treffen auf die damit wortlautidentischen nachfolgenden Fassungen von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG bis zum Inkrafttreten des mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften vom 20. Dezember 2016 (BGBl I S. 2998) eingefügten § 8d KStG ebenso zu. Gemäß § 78 Satz 2 BVerfGG (i.V.m. § 82 Abs. 1 BVerfGG) sind diese Fassungen daher im Interesse der Rechtsklarheit ebenfalls für mit dem Grundgesetz unvereinbar zu erklären.
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a) An der Unvereinbarkeit von § 8c Satz 1 KStG (jetzt § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG) mit Art. 3 Abs. 1 GG hat sich durch die Ergänzung der Vorschrift um eine Sanierungsklausel (§ 8c Abs. 1a KStG) sowie um eine Konzernklausel (§ 8c Abs. 1 Satz 5 KStG) und eine Stille-Reserven-Klausel (§ 8c Abs. 1 Sätze 6 bis 9 KStG) nichts geändert. ![]() | |
bb) Die Konzernklausel (§ 8c Abs. 1 Satz 5 KStG) und die Stille-Reserven-Klausel (§ 8c Abs. 1 Sätze 6 bis 9 KStG) schränken zwar den Regelungsbereich von § 8c Satz 1 KStG (jetzt § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG) erheblich ein, soweit dieser ohne diese Ergänzungen auch eindeutig nicht missbräuchliche Gestaltungen umfasste wie betriebswirtschaftlich notwendige oder sinnvolle konzerninterne Umstrukturierungen und Anteilsübertragungen, bei denen die rechnerisch auf den Anteil entfallenden Verluste durch stille Reserven im Betriebsvermögen der Verlustgesellschaft gedeckt sind.
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Über den klassischen Fall des Mantelkaufs hinaus, in dem eine funktionslose gesellschaftsrechtliche Hülle, die (nur) noch über Verlustvorträge verfügt, mit einer neuen Aktivität gefüllt wird, erfasst § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG aber nach wie vor Konstellationen, die nicht als missbräuchlicher Verlusthandel qualifiziert werden können, weil es, wie auch der Ausgangsfall zeigt, für die Übertragung einer Beteiligung von mehr als 25 Prozent bis zu 50 Prozent an einer Verlustgesellschaft vielfältige Gründe geben kann, die nicht regelmäßig darin bestehen, die Verluste für ein anderes Unternehmen nutzbar zu machen. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG ist auch durch die Konzernklausel und die Stille-Reserven-Klausel nicht zu einer zielgenauen, den typischen Missbrauchsfall realitätsgerecht erfassenden Missbrauchsverhinderungsvorschrift geworden (vgl. Ernst, Neuordnung der Verlustnutzung nach Anteilseignerwechsel – Reformbedarf und haushaltspolitische Bedeutung des § 8c KStG, IFSt-Schrift Nr. 470 [2011], S. 65 f.; Lang, GmbHR 2012, S. 57 [59 f.]; Röder, StuW 2012, S. 18 [29 ff.]; a.A. Suchanek, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 21. Aufl. 2006, § 8c KStG Rn. 6 [Stand: Januar 2017]; Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom 15. September 2011, http://www.beck.de/rsw/upload/FDDStR/Arbeitsgruppe_Verlustverrechnung_Gruppenbesteuerung_2011_Bericht.pdf, S. 91; Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 8c KStG Rn. 11 f und 11l [Stand: Januar 2014]). ![]() | |
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Der Gesetzgeber selbst hat der Einführung von § 8d KStG durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften vom 20. Dezember 2016 die Erwägung zugrunde gelegt, dass auch nach Einführung der Stille-Reserven-Klausel und der Konzernklausel Fälle aufgetreten seien, in denen ein Untergang der Verluste bei Anteilseignerwechsel aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht gerechtfertigt und aus steuersystematischer Sicht nicht erforderlich erscheine (vgl. BTDrucks 18/9986, S. 12).
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b) Ob durch Einführung von § 8d KStG mit Wirkung vom 1. Januar 2016 der Anwendungsbereich von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG in einer Weise reduziert worden ist, dass die Norm nunmehr den Anforderungen von Art. 3 Abs. 1 GG genügt, bedarf gesonderter Betrachtung, weil der Gesetzgeber damit für den Verlustabzug nicht mehr ausschließlich auf einen Anteilseignerwechsel abstellt, sondern daneben der Fortführung desselben Geschäftsbetriebs maßgebliche Bedeutung beimisst. Sie ist deshalb nicht mehr ohne Weiteres aus denselben Gründen mit dem Grundgesetz unvereinbar wie vor dem Inkrafttreten von § 8d KStG, so dass eine Erstreckung der Unvereinbarkeitserklärung über diesen Zeitpunkt hinaus nach § 78 Satz 2 BVerfGG (i.V.m. § 82 Abs. 1 BVerfGG) nicht in Betracht kommt.
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II.
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Der Gesetzgeber ist verpflichtet, den festgestellten Verfassungsverstoß bis zum 31. Dezember 2018 rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung von § 8c Satz 1 KStG zu beseitigen. Kommt ![]() ![]() | |
1. Grundsätzlich erstreckt sich die Verpflichtung des Gesetzgebers, eine der Verfassung entsprechende Rechtslage herzustellen, rückwirkend auf den gesamten von der Unvereinbarkeitserklärung betroffenen Zeitraum und erfasst zumindest alle noch nicht bestandskräftigen Entscheidungen, die auf der für verfassungswidrig erklärten Regelung beruhen (vgl. BVerfGE 87, 153 [178]; 99, 280 [298]; 107, 27 [58]; 133, 377 [423 Rn. 108]). Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die Norm im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden, laufende Verfahren sind auszusetzen (BVerfGE 73, 40 [101]; 105, 73 [134]; 122, 210 [246]).
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Vom Grundsatz der Rückwirkung können allerdings insbesondere im Interesse verlässlicher Finanz- und Haushaltsplanung bei haushaltswirtschaftlich bedeutsamen Normen Ausnahmen zugelassen werden (vgl. BVerfGE 93, 121 [148]; 105, 73 [134]; 117, 1 [70]; 125, 175 [258]; 133, 377 [423 Rn. 109]). Gleiches gilt, wenn die Verfassungsrechtslage bisher nicht hinreichend geklärt gewesen und dem Gesetzgeber aus diesem Grund eine angemessene Frist zur Schaffung einer Neuregelung zu gewähren ist (vgl. BVerfGE 125, 175 [258]; 133, 377 [423 Rn. 109]). Demgegenüber kann der Umstand, dass die Verfassungsmäßigkeit einer Regelung stets umstritten war, gegen eine Ausnahme vom Grundsatz der rückwirkenden Heilung von Verfassungsverstößen sprechen (vgl. BVerfGE 122, 210 [246 f.]; 126, 268 [285 f.]; 133, 377 [423 Rn. 109]).
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2. Danach hat der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2018 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2008 den Verlustabzug für Kapitalgesellschaften bei einer Anteilsübertragung von mehr als 25 Prozent bis zu 50 Prozent neu zu regeln.
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Eine Einschränkung der Rückwirkung aus haushaltswirtschaftlichen Gründen ist nicht geboten. Die anhörungsberechtigten öffentlichen Stellen haben solche Gründe im vorliegenden Verfah ![]() ![]() | |
Auch unter dem Gesichtspunkt einer bisher nicht hinreichend geklärten Verfassungsrechtslage kommt eine Ausnahme von der grundsätzlichen Rückwirkung einer Unvereinbarkeitserklärung nicht in Betracht, weil die Verfassungsmäßigkeit von § 8c Satz 1 KStG von Anfang an erheblichen Zweifeln ausgesetzt war.
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