BGHZ 10, 266 - Eheliches Güterrecht. Gleichberechtigung | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Jens Krüger, A. Tschentscher | |||
GrundG Art. 3 Abs 2, 117 Abs 1; ZPO § 739 |
V. Zivilsenat |
Urteil |
vom 14. Juli 1953 |
i. S. M. (Kl.) w. Eheleute D. (Bekl.) |
- V ZR 97/52 - |
I. Landgericht Osnabrück |
II. Oberlandesgericht Oldenburg | |
Die Klägerinnen verlangen von der Erstbeklagten die Rückauflassung eines Grundstücks, hilfsweise ihre Eintragung als Eigentümer im Wege der Grundbuchberichtigung; den Zweitbeklagten ihren Ehemann, nehmen sie auf Zustimmung zu den von der Erstbeklagten geforderten Erklärungen und auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut in Anspruch. Das Landgericht gab der Klage statt; auf die Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht die Klage ab. Die Revision der Klägerinnen führte hinsichtlich der Erstbeklagten zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, hinsichtlich des Zweitbeklagten blieb sie erfolglos.
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Aus den Gründen: | |
(Es wird zunächst ausgeführt, daß das Berufungsurteil im Verhältnis zu der Erstbeklagten wegen Mängeln des Verfahrens aufgehoben werden müsse, und dann fortgefahren:)
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1. Einer besonderen Prüfung bedarf noch der gegen den Zweitbeklagten erhobene Anspruch auf Zustimmung zu den von der Erstbeklagten geforderten Erklärungen und auf Duldung der Zwangsvollstreckung in deren eingebrachtes Gut. Der erste Richter hat diesem Antrag auf Grund von § 1395 BGB, § 739 ZPO entsprochen. Im Berufungsverfahren haben die beiden Beklagten eingewandt, aus diesen Bestimmungen ergebe sich eine Pflicht des Zweitbeklagten, seine Zustimmung zu erteilen, nicht.
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Daß die beklagten Eheleute im gesetzlichen Güterstande des Bürgerlichen Gesetzbuches leben, haben die Vorinstanzen nicht ausdrücklich festgestellt. Die Klägerinnen haben dies aber behauptet, und die Beklagten haben es nach der Art ihrer Verteidigung offenbar nicht in Abrede stellen wollen; abgesehen davon wird bei jeder Ehe das Bestehen des gesetzlichen Güterstandes angenommen, solange nicht ein anderer Güterstand behauptet ist (RGZ 127, 110 [114]). Daher ist mit dem ersten Richter davon auszugehen, daß die Beklagten im gesetzlichen Güterstande des Bürgerlichen Gesetzbuches, der Verwaltung und Nutznießung des Ehemannes am eingebrachten Gut der Ehefrau, lebten. Nach diesem Güterstand würde der der Erstbeklagten zustehende Anteil an dem Hof zu ihrem eingebrachten Gut gehört haben; daß er etwa Vorbehaltsgut geworden wäre, ist nicht geltend gemacht, ein Grund dafür auch nicht erkennbar. Ungeachtet des Rechtes des Ehemannes auf Verwaltung und Nutznießung könnten jedoch die Gläubiger der Erstbeklagten Befriedigung aus dem eingebrachten Gut verlangen; einer der Ausnahmetatbestände der §§ 1412 bis 1414 BGB kommt nicht in Betracht, da der Zweitbeklagte dem Auseinandersetzungsvertrag vom 13. April 1950 zugestimmt hat. Um ihren Anspruch in das eingebrachte Gut zu vollstrecken, könnten die Klägerinnen den Zweitbeklagten auf Duldung der Zwangsvollstreckung - nicht allerdings, wie die Vorinstanzen angenommen haben, auch auf Zustimmung zu den von der Erstbeklagten geforderten Erklärungen - in Anspruch nehmen. Da der Erfolg des Duldungsantrags gegen den Zweitbeklagten davon abhing, ob die in das eingebrachte Gut zu vollstreckenden Ansprüche gegen die Erstbeklagte bestanden, hätte nach dem bisher geltenden Recht die Sache auch insoweit an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden müssen.
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2. Mit Ablauf des 31. März 1953, also während des Revisionsverfahrens, hat das gesetzliche Güterrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches einschneidende Änderungen erfahren. Nach Art. 3 Abs 2 GrundG sind Männer und Frauen gleichberechtigt. Entgegen stehendes Recht blieb nach der Übergangsvorschrift des Art. 117 Abs 1 GrundG einstweilen in Kraft, aber nicht länger als bis zum 31. März 1953. Eine Anpassung des dem Grundsatz der rechtlichen Gleichstellung der Geschlechter widersprechenden Rechts durch Gesetz ist nicht zustande gekommen; der Bundestag hat den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf nicht mehr verabschiedet, aber auch eine Verlängerung der in Art. 117 Abs 1 GrundG für die Fortgeltung entgegenstehenden Rechts gesetzten Frist abgelehnt. Infolgedessen ist das bisher geltende Recht, soweit es dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau, wie er in Art. 3 Abs 2 GrundG niedergelegt ist, widerspricht, seit dem 1. April 1953 außer Kraft. Daß diese Rechtsfolge eingetreten ist, ist die überwiegende Ansicht des Schrifttums: Wernicke, Bonner Kom Art. 3 Anm I 2 b; Mangoldt, Bonner GrundG Art. 3 Anm 4; Maßfeller, Das neue Familienrecht Einf S 7; derselbe in Betrieb 1953, 268 und 290; Hagemeyer, Finke, Breetzke NJW 1953, 601; Breetzke NJW 1953, 734; Reinicke NJW 1953, 681; Arnold, Krüger, Scheffler DRZ 1953, 81 ff; Finke BB 1953, 271; Patschke BB 1953, 402 und 490; Dölle JZ 1953, 353; Zweigert JZ 1953, 248; Arnold, Anwaltsblatt, Sonderbeilage zu 10, 1953, Knur, DNotZ 1953, 345; Redemann JR 1953, 197; Hoffmann ebenda 199 mit Angabe weiterer Fundstellen aus dem Schrifttum; Denkschrift des Bundesjustizministeriums über die zur Anpassung des geltenden Familienrechts an den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau erforderlichen Gesetzesbestimmungen, Teil I S 4/5; amtliche Begründung des Regierungsentwurfs, Bundestagsdrucksache Nr 3802, Vorbem S 40; Bedenken äußern Canter NJw 1953, 850; Stroetzel NJW 1953, 891; ablehnend Schneider NJW 1953, 889; Innerlohner DNotZ 1953, 308. Audi die Rechtsprechung hat sich überwiegend diesem Standpunkt angeschlossen (vgl. vor allem die in NJW 1953, 903/910 veröffentlichten Entscheidungen). Gesetzeslücken, die infolge des ersatzlosen Außerkrafttretens der Bestimmungen, die dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen, entstehen, müssen, wie ebenfalls im Schrifttum so gut wie ausnahmslos angenommen wird, durch die Rechtsprechung ausgefüllt werden, solange der Gesetzgeber noch nicht eingegriffen hat. Es muß daher im vorliegenden Falle geprüft werden, wieweit die bisher geltenden Vorschriften, auf denen der Duldungsanspruch gegen den Zweitbeklagten beruhte, mit Art. 3 Abs 2 GrundG noch vereinbar sind, und gegebenenfalls weiter, welcher Rechtszustand jetzt besteht.
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Die Auffassung, daß mit Ablauf des 31. März 1953 das eheliche Güterrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs außer Kraft getreten ist, soweit es mit dem Gleichheitssatz in Widerspruch steht, ist im Schrifttum, vor allem aber in der Rechtsprechung auf Widerspruch gestoßen.
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Als erstes hat das Landgericht Gießen in einem Beschluß vom 18. April 1953 (NJW 1953, 666) ausgesprochen, die Gleichberechtigung von Mann und Frau nach Art. 3 Abs 2 GrundG sei ein politischer und kein Rechtsbegriff. Rechtsbegriff könnte nur eine vom Gesetzgeber durch Gesetz inhaltlich normierte Gleichberechtigung von Mann und Frau im Familienrecht sein. Diese Eigenschaft habe der Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 Abs 2 des GrundG nicht. Mit einem nur politischen Begriff könne ein Rechtssatz nicht in Widerspruch stehen; infolgedessen gebe es der Gleichberechtigung \'bbentgegenstehendes\'ab Recht im Sinne des Art. 117 Abs 1 GrundG überhaupt nicht und habe diese Bestimmung nur politische, nicht aber rechtliche Bedeutung. Diesen Ausführungen vermag der Senat nicht zu folgen. Sie verkennen, daß politische Begriffe zu Rechtsbegriffen werden können, und daß sie, um wirkliche Bedeutung im Leben des Volkes zu gewinnen, zu Rechtsbegriffen werden müssen; politischer Begriff und Rechtsbegriff schließen sich nicht gegenseitig aus. Der Beschluß des Landgerichts Gießen verkennt aber auch die Bedeutung der erwähnten Bestimmungen des Grundgesetzes. Mag der Wortlaut des Art. 3 Abs 2 GrundG, für sich allein betrachtet, vielleicht die Auslegung zulassen, daß es sich um eine nur an den Gesetzgeber gerichtete politische Forderung, bis zu seinem Eingreifen also nur um einen Programmsatz ohne unmittelbare Rechtsgeltung handle, so stehen dem doch sowohl die Entstehungsgeschichte und Art. 1 Satz 3 GrundG wie vor allem Art. 117 Abs 1 GrundG entgegen (so Reinicke NJW 1953, 681; OLG Bamberg NJW 1953, 904). Wenn Art. 117 Abs 1 GrundG bestimmt, daß dem Gleichheitsgrundsatz entgegenstehendes Recht für eine Übergangszeit, jedoch nicht länger als bis zum Ablauf des 31. März 1953 in Kraft bleibt, so wird damit zugleich ausgesprochen, daß solches Recht mit diesem Zeitpunkt außer Kraft treten soll; das Grundgesetz ordnet also eine Rechtsänderung für einen bestimmten Zeitpunkt an und setzt eine das in diesem Zeitpunkt geltende Recht abändernde Verfassungsnorm, der nicht nur politische, sondern rechtliche Bedeutung zukommt.
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Daß der Wille des Grundgesetzes dahin ging, seinem Art. 117 Abs 1 nicht nur politische, sondern rechtliche Wirksamkeit zu verleihen, bestätigt die Entstehungsgeschichte der genannten Bestimmungen (vgl. Jahrbuch des öffentlichen Rechts Neue Folge Bd 1 S 47 ff, S 827 f). Richtig ist, daß bei der Beratung dieser Bestimmungen im Parlamentarischen Rat die Erwartung bestand, die in Art. 117 Abs 1 gesetzte Frist von annähernd 4 Jahren werde ausreichen, die notwendigen Gesetzesänderungen zu beschließen, und daß diese Fristbestimmung in erster Linie ein Druckmittel auf den Gesetzgeber sein sollte, sich rechtzeitig mit der Reform des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf dem Gebiet des Familienrechts zu befassen (Abgeordneter Zinn, Verhandlungen des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates 1948/49 S 487 ff; Jahrbuch des öffentlichen Rechts aaO S 828). Denn, wie das Oberlandesgericht Frankfurt in dem sogleich zu besprechenden Beschluß vom 22. April 1953 (NJW 746 f) zutreffend ausführt, der in der Fristsetzung liegende Druck auf den Gesetzgeber war ernstlich gewollt, da, wie in den Verhandlungen des Hauptausschusses aaO geltend gemacht wurde, Gefahr bestand, daß andernfalls eine Anweisung an den Gesetzgeber \'bbgraue Theorie\'ab bleibe, und der Zweck der Frist war gerade der, für den Fall, daß die gesetzgeberischen Arbeiten nicht rechtzeitig zu einem Ergebnis führen sollten, die Rechtsgleichheit von Mann und Frau auf alle Fälle zu gewährleisten.
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Art. 117 Abs 1 GrundG sollte daher für den Fall, daß eine Abänderung des geltenden Rechts durch Gesetz nicht bis zu dem festgesetzten Zeitpunkt zustande kommen sollte, unmittelbar anzuwendendes Recht sein. Eine nur politische, nicht auch rechtliche Wirkung der genannten Bestimmung hätte den von den Verfassern des Grundgesetzes beabsichtigten Erfolg, die für notwendig gehaltenen gesetzgeberischen Maßnahmen zu erzwingen, nicht haben können. Umgekehrt wollten die Verfasser des Grundgesetzes sicherstellen, daß spätestens am 1. April 1953 die für dringend notwendig gehaltene Gleichberechtigung der Geschlechter tatsächlich durchgeführt werde. Dabei wurde die Gefahr bewußt in Kauf genommen, daß beim Scheitern der notwendigen Gesetzesänderungen bis zur Klärung der Zweifelsfragen durch den Gesetzgeber oder die Rechtsprechung der Gerichte eine weitgehende Rechtsunsicherheit eintreten könne.
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D a s O b e r l a n d e s g e r i c h t F r a n k f u r t hat dies in dem erwähnten Beschlusse richtig erkannt, aber daraus den Schluß gezogen, Art. 117 Abs 1 GrundG sei wegen Verstoßes gegen Verfassungsrecht höherer Ordnung nichtig, soweit mit Ablauf der darin gesetzten Frist Teile des geltenden Rechts auf dem Gebiet von Ehe und Familie außer Kraft gesetzt werden sollten. Das Oberlandesgericht Frankfurt, dem Schneider NJW 1953, 889 weithin folgt, sieht einen solchen Verstoß in doppelter Hinsicht.
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Einmal wird geltend gemacht, der ersatzlose Wegfall eines großen Teiles der familienrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs müsse zu einer tiefgreifenden Rechtsunsicherheit führen, die durch die Rechtsprechung nur nach längerer Zeit und nur unvollkommen beseitigt werden könne. Die Rechtssicherheit gehöre zu den obersten Zielsetzungen des Rechtsstaates; ihre Erhaltung sei ein ungeschriebenes Gebot des Grundgesetzes, und zwar ein solches von höchstem Rang. Diesem Gebote könne der Richter nur dadurch gerecht werden, daß er den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs bis zu ihrer Anpassung an Art. 3 Abs 2 GrundG durch den Gesetzgeber unveränderte Weitergeltung zubillige und der in Art. 117 Abs 1 GrundG gesetzten Frist ihre rechtsändernde Kraft abspreche.
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Zum andern wird ausgeführt, die angeführten Bestimmungen des Grundgesetzes verletzten den Grundsatz der Gewaltenteilung. Die Durchführung des Gleichheitsgrundsatzes im Bereiche des Familienrechts sei nicht eine richterliche, sondern eine gesetzgeberische Aufgabe. Es handle sich nicht um die Abwägung der Rechte des Ehemannes gegen die der Ehefrau, der Rechte des Vaters gegen die der Mutter, vielmehr müsse die Entwicklung auch den Notwendigkeiten von Ehe und Familie Rechnung wagen, die Art. 6 GrundG ausdrücklich unter den Schutz des Staates stelle. Ehe und Familie seien aber gegenwärtig kein objektiver, richterlicher Erkenntnis zugänglicher Maßstab; ihre Auffassung sei vom Politisch-Weltanschaulichen her grundsätzlich umstritten; die notwendige Neugestaltung der familienrechtlichen Beziehungen zwischen Mann und Frau sei ureigene Aufgabe des Gesetzgebers, nicht des Richters. Nur der Gesetzgeber könne entscheiden, ob und wieweit der Schutz der Ehe und Familie eine Einschränkung der Gleichberechtigung der Geschlechter in der Ehe erfordere und erlaube. Der Grundsatz der Gewaltenteilung verlange, daß der , Richter von einer in Wahrheit rechtsgestaltenden Tätigkeit Abstand nehme, die dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben müsse. Dieser doppelte Verstoß gegen Verfassungsrecht höherer Ordnung führe zur Nichtigkeit des Art. 117 Abs 1 GrundG; auch der Verfassung seien Grenzen gesetzt, und diese Grenzen überschreite Art. 117 Abs 1 GrundG. Zur Entscheidung über die Nichtigkeit dieser Bestimmung hat das Oberlandesgericht Frankfurt in sinngemäßer Anwendung von Art. 100 Abs 1 Satz 1 GrundG ausschließlich das Bundesverfassungsgericht für zuständig gehalten, dem es daher die Frage zur Entscheidung vorgelegt hat.
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Dem Oberlandesgericht Frankfurt hat sich das L a n d g e r i c h t F l e n s b u r g mit einem anscheinend nicht veröffentlichten Beschluß vom 2. Juni 1953 - 6 T 231/53 -, der die Fortgeltung des § 1697 BGB nach dem 31. März 1953 betrifft, und mit eingehenden Ausführungen das L a n d g e r i c h t Duisburg mit einem Beschluß vom 15. Juni 1953 (DRpfl 1953, 359) angeschlossen; beide Gerichte haben in diesen Beschlüssen die Frage der Geltung des Art. 117 Abs 1 GrundG dem Bundesverfassungsgericht unterbreitet.
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Das Landgericht Lübeck hat in einem Beschluß vom 18. Juni 1953 (NJW 1953, 906) diesen Erwägungen noch eine weitere angefügt. Der kontinentaleuropäische Rechtsstaat sei durch die Vorherrschaft des Gesetzesrechts gekennzeichnet, als solches reiche Art. 3 Abs 2 GrundG, wenn er als einzige gesetzliche Vorschrift an Stelle der eingehenden und sorgfältig durchdachten Vorschriften des bisherigen Rechts treten solle, nicht aus. Art. 3 Abs 2 GrundG besage bestenfalls - und auch das nur in einer dem fast willkürlichen Ermessen des Einzelnen weiten Spielraum lassenden Weise - was nicht mehr gelte, nicht aber was gelten solle. Die Bestimmung bringe den Gehalt des Gleichheitssatzes nicht zum Ausdruck; sie sei mißverständlich und in sich widerspruchsvoll und verstoße auch deshalb gegen die Grundsätze des Rechtsstaates. Zwar seien die Gerichte im Rahmen der ihnen obliegenden Gesetzesanwendung auch zur Ausfüllung von Gesetzeslücken verpflichtet. Hier werde aber der Rechtsprechung nicht eine Gesetzes- und Rechtsauslegung übertragen, sondern in Wahrheit eine rechtssetzende, also gesetzgeberische Tätigkeit, und das sei mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung nicht vereinbar. Etwas zurückhaltender äußert sich S c h n e i d e r (aaO), der sich vor allem gegen eine positivistische Auslegung des Art. 117 Abs 1 GrundG wendet, ihn nicht für nichtig hält, aber so ausgelegt wissen will, daß er sich im Rahmen der allgemeinen Verfassungsordnung hält. Das führe dazu, ihn so auszulegen, daß ein automatisches Außerkrafttreten des alten Rechtes nicht stattfindet und nur der Gesetzgeber verpflichtet bleibt, ein Anpassungsgesetz zur näheren Regelung zu beschließen.
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Diese Bedenken gegen die Gültigkeit des Art. 117 Abs 1 GrundG erachtet der Senat nicht für begründet. Es mag dahinstehen, ob und in welchem Umfang überkonstitutionelles Verfassungsrecht anzuerkennen ist und wieweit es die Nichtigkeit entgegenstehender Verfassungsbestimmungen zur Folge haben kann. Der II. Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in dem Leitsatze Nr 27 zu seinem Urteil vom 23. Oktober 1951 (BVerfGE 1, 14; Leitsatz Nr 11 in der Fassung der Beilage zu Nr 218 des Bundesanzeigers vom 9. September 1951 und JZ 1951, 728) die Geltung überpositiven, auch den Verfassungsgesetzgeber bindenden Rechtes anerkannt und sich für zuständig erklärt, das gesetzte Recht auch an solchen überkonstitutionellen Rechtssätzen zu messen. In der Begründung dieses Urteils hat sich das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich den dahin gehenden, von ihm zitierten Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs NF Bd II 1949, Teil II, S 45; Bd III 1950, Teil II, S 28) angeschlossen. Bemerkt sei jedoch, daß das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 1951 auf diesen Ausführungen nicht beruht (Klein in seiner Besprechung dieser Entscheidung Archiv für öffentliches Recht 77, 452 [454]), vielmehr in dem Standpunkt des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs nur eine Bestätigung der Ansicht sieht, daß aus dem Gesamtinhalt der V e r f a s s u n g s e l b s t gewisse verfassungsrechtliche Grundsätze und Grundentscheidungen sich ergeben, denen die einzelnen Verfassungsbestimmungen untergeordnet sind und die dazu führen, sie so auszulegen, daß sie mit diesen Grundsätzen und Grundentscheidungen des Verfassungsgesetzgebers vereinbar sind (S 32ff aaO; ebenso BVerfGL 1, 208 [227]; 1,299 [3141). Als solche Grundentscheidungen der Verfassung nennt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 1951 den Grundsatz der Demokratie als Grundlage des staatlichen Aufbaus, das bundesstaatliche Prinzip und das Prinzip des Rechtsstaates (S 33 f, 45, 60 f). Der Gedanke der Gewaltenteilung wird in diesem Zusammenhang nicht als Grundentscheidung aufgeführt, wenn auch darauf hingewiesen wird, daß das Grundgesetz in Abweichung von der Praxis des Weimarer Staates sich für eine strengere Durchführung der Gewaltenteilung entschieden habe (S 60 aaO). Weitergehend hat der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 23. Oktober 1952 (BVerfGE 2, 1) den Grundsatz der Gewaltenteilung zu den Grundlagen der im Grundgesetz festgelegten freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerechnet (S 13 aaO). Der Senat würde jedoch Bedenken tragen, in dem Grundsatz der Gewaltenteilung einen so grundlegenden Gedanken des Verfassungsrechts der Bundesrepublik zu sehen, daß einer Durchbrechung dieses Grundsatzes auf einem einzelnen Rechtsgebiet durch das Grundgesetz selbst die rechtliche Anerkennung versagt werden müßte. Die praktische Durchführung des Grundsatzes der Gewaltenteilung in den modernen Verfassungen ist im einzelnen außerordentlich verschieden, die Ausprägung, die dieser Gedanke in den verschiedenen Staaten erfahren hat, ist wechselnd; es sei nur auf die von dem Grundsatz der Gewaltentrennung beherrschte Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika einerseits, auf die Durchbrechung dieses Grundsatzes durch die Einführung des parlamentarischen Systems in der Mehrzahl der Verfassungen der europäischen Staaten andererseits hingewiesen. Daher läßt sich nicht sagen, daß Verfassungsbestimmungen, die dem Grundsatz der Gewaltenteilungslehre nicht entsprechen, in so hohem Maße gegen die im Grundgesetz zum Ausdruck gelangten Anschauungen und gegen die Grundsätze des Rechtsstaates verstoßen, daß eine Durchbrechung dieses Grundsatzes auch nur auf einem einzelnen Rechtsgebiet rechtlich mißbilligt und dahingehende Vorschriften des Grundgesetzes als nichtig behandelt werden müßten. Das gilt jedenfalls für das Verhältnis der gesetzgebenden zur vollziehenden Gewalt: Auf die Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung durch das parlamentarische System (Art. 3, 67 GrundG) wurde bereits hingewiesen, es mag hier noch weiter auf das den Grundsatz der Gewaltenteilung durchbrechende Rechtsetzungsrecht der vollziehenden Gewalt (Art. 80 Abs 1, 129 GrundG) hingewiesen werden; das Bundesverfassungsgericht selbst hat ausgesprochen, daß Art. 59 Abs 2 GrundG eine Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung ist, ohne die Rechtsgültigkeit dieser Bestimmung deswegen in Zweifel zu ziehen (BVerfGE 1, 351 [369] und 1, 372 [394]). Für das Verhältnis der gesetzgebenden zur rechtsprechenden Gewalt gilt nichts anderes. So ist es eine Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung, wenn richterliche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts unter Umständen Gesetzeskraft haben (Art. 94 Abs 2 GrundG; § 31 Abs 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951, BGBl I, 243). Derartige Durchbrechungen der Gewaltenteilung stellen die Grundsätze des Rechtsstaates, auf denen die Bundesrepublik und die in ihr vereinigten Länder aufgebaut sind (Art. 20, 28 Abs 1 Satz 1 GrundG), nicht in einer Weise in Frage, daß solchen und ähnlichen Durchbrechungen die rechtliche Anerkennung versagt werden müßte. In der geschichtlichen Wirklichkeit wird es keine konstitutionelle Verfassung geben können, die nicht mehr oder weniger Ausnahmen von dem Grundsatz der Gewaltenteilung anerkennen muß.
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Es kann im übrigen dahingestellt bleiben, ob Art. 117 Abs 1 GrundG dann für unwirksam gehalten werden könnte, wenn er in Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung den Gerichten Aufgaben der Rechtssetzung übertragen würde. Denn der Senat kann sich nicht davon überzeugen, daß dies der Fall ist. Dem Oberlandesgericht Frankfurt kann nicht zugegeben werden, daß Art. 117 Abs 1 GrundG den Richter vor Aufgaben stelle, deren Erfüllung völlig außerhalb des Bereichs der ihm in Art. 92 GrundG zugewiesenen rechtsprechenden Gewalt liegt.
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Die ihm gestellte Aufgabe ist nicht, das ganze Eherecht neu zu ordnen, Art. 117 Abs 1 verlangt von ihm lediglich die Prüfung und Entscheidung, wie weit das geltende Recht mit dem Grundsatz der rechtlichen Gleichheit von Mann und Frau vereinbar ist. Daß die Neuschaffung eines dem Art. 3 Abs 2 GrundG entsprechenden Familienrechts eine gesetzgeberische Aufgabe ist, schließt nicht aus, daß die Überprüfung des bisherigen Rechtes auf seine Übereinstimmung mit dem Gleichheitssatz den Gerichten übertragen wird. Gewiß ist diese Aufgabe in Anbetracht der dem Gleichheitsgrundsatz anhaftenden Unbestimmtheit in der praktischen Anwendung außerordentlich schwierig und im Hinblick darauf, daß ein großer Teil der Bevölkerung von ihr betroffen wird, im höchsten Maße verantwortungsvoll. Es darf jedoch darauf hingewiesen werden, daß den Gerichten in der Zeit nach dem ersten Weltkriege durch die Geldentwertung (Inflation) und die daraus sich ergebende Aufwertung eine ähnliche Aufgabe gestellt wurde, der sie sich ebenfalls unterziehen mußten, weil der Gesetzgeber nicht rechtzeitig eingriff, und die sie in allen Instanzen durch, wenn auch zunächst sehr unterschiedliche, Entscheidungen gelöst haben, bis der Gesetzgeber eine eigene, beim ersten Ansatz noch nicht endgültige Lösung brachte (Dritte Steuernotverordnung vom 14. Februar 1924, RGBl I, 74 und Aufwertungsgesetz vom 16. Juli 1925, RGBI I, 117).
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Es ist zuzugeben, daß die Schwierigkeiten, vor die die Inflation und die Währungsreform des Jahres 1923 die Gerichte stellten, mehr auf wirtschaftlichem Gebiete lagen, während die durch Art. 3 Abs 2 GrundG geforderte Überprüfung der eherechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches vor allem die sittlichen und damit auch die weltanschaulichen Grundlagen der Ehe berührt. Die daraus sich ergebenden Probleme sind aber im Grundsätzlichen nicht schwieriger als die Aufgaben, die nach Beendigung des zweiten Weltkrieges sich durch die Ausschaltung des nationalsozialistischen Gedankengutes aus dem deutschen Recht ergaben. Ist auch zuzugeben, daß es dringend erwünscht gewesen wäre, wenn die nähere Ausgestaltung des Gleichheitsgrundsatzes im Eherecht durch den Gesetzgeber vorgenommen worden wäre, so fällt doch die beschränktere Aufgabe der Gerichte nicht aus dem Bereich der ihnen auch sonst gestellten Aufgaben heraus, so daß die Folgerung nicht gezogen werden kann, Art. 117 Abs 1 enthalte wegen Verstoßes gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz unwirksames Verfassungsrecht.
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Berücksichtigt man diese Beschränkungen in der Aufgabe der Gerichte, so kann auch nicht ihre Erfüllung als unmöglich angesehen werden. Gewiß ergibt die grundsätzliche rechtliche Gleichstellung der Geschlechter, wie sie Art. 3 Abs 2 GrundG anordnet, in ihrer Anwendung auf das geltende Recht eine Fülle von Zweifelsfragen. Bei ihrer Entscheidung werden die Gerichte sich davon leiten lassen müssen, daß nicht jede Rechtsungleichheit durch Art. 3 Abs 2 GrundG ausgeschlossen wird, daß insbesondere nicht aus doktrinären Gedankengängen heraus eine formale Gleichstellung von Mann und Frau auch da herbeigeführt werden darf, wo der in Art. 6 Abs 1 GrundG besonders anerkannte Schutz der Ehe und Familie oder die in Art. 6 Abs 2 ebenda hervorgehobenen Interessen der Kinder einer völligen Gleichstellung beider Geschlechter in der Ehe Schranken setzen. In diesem Rahmen aber können und müssen die Gerichte dem Willen des Grundgesetzes zur Anerkennung verhelfen.
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Von größerem Gewicht ist der Hinweis des Oberlandesgerichts Frankfurt auf die große Rechtsunsicherheit, zu welcher der hier vertretene Standpunkt mindestens für eine gewisse Übergangszeit führen muß (vgl. hierzu Knur, DNotZ 1953, 345). Aber diese Folge kann gegenüber dem eindeutigen Wortlaut und der Geschichte des Art. 117 Abs 1 GrundG nicht dadurch umgangen werden, daß dieser Bestimmung die Rechtswirksamkeit aberkannt wird. Die Ausführungen des Oberlandesgerichts Frankfurt messen in dem ständigen Widerstreit zwischen Rechtssicherheit und Rechtsrichtigkeit dem letzteren Gesichtspunkt zu geringe Bedeutung bei. Gewiß haben die Verfasser des Grundgesetzes nicht erwartet und nicht gewollt, daß mit Ablauf des 31. März 1953 ein \'bbRechtschaos\'ab entstehe. Sie haben diese Gefahr aber auf sich genommen und sie gegenüber dem vordringlichen Interesse, unter allen Umständen spätestens am 31. März 1953 die Gleichberechtigung von Mann und Frau gerade auch im Eherecht zu verwirklichen, hintangesetzt. Andiese im Grundgesetz klar zum Ausdruck gelangte Interessenabwägung ist der Richter gebunden. Das Oberlandesgericht Frankfurt übersieht übrigens, daß die von ihm angenommene Nichtigkeit des Art. 117 Abs 1 GrundG nicht zur Folge haben würde, dem Gleichheitsgrundsatz widersprechendes Recht bestehen zu lassen, sondern daß nur die dort gesetzte Überleitungsfrist wegfallen würde. Die Folge wäre, daß Art. 3 Abs 2 GrundG nicht erst am 31. März 1953, sondern schon mit Inkrafttreten des Grundgesetzes seine volle Wirksamkeit entfaltethätte. Was der Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt in Zweifel stellt, ist in Wahrheit die unmittelbare Geltung des Art. 3 Abs 2 GrundG. Dieser Bestimmung ihre unmittelbare Wirksamkeit abzusprechen und sie auf die Bedeutung eines Programmsatzes zu beschränken, ist aber mit dem Wortlaut und dem Sinn des Art. 1 Abs 3 GrundG nicht vereinbar. Wollten die Gerichte dem Art. 3 Abs 2 GrundG die Anerkennung wegen mangelnder inhaltlicher Bestimmtheit versagen, so könnten gegen eine Reihe von Grundrechten, insbesondere gegen den in Art. 3 Abs 1 niedergelegten allgemeinen Gleichheitssatz ähnliche Bedenken erhoben werden. Damit wäre in Widerspruch zu dem in Art. 1 Abs 3 GrundG ausgesprochenen Willen des Verfassungsgesetzgebers die Anwendbarkeit einer Reihe von für die politische Ordnung in der Bundesrepublik wesentlichen Bestimmungen des Grundgesetzes in Frage gestellt; Patschke (BB 1953, 490) hat dafür die Formulierung gebraucht, es werde einer , Sabotage der Grundrechte Tür und Tor geöffnet\'ab. Die auf dem Gebiete des Familienrechts gewonnene Rechtssicherheit würde durch die politisch überaus bedenkliche Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Geltung der Grundrechte erkauft. Daher kann der Gedanke der Rechtssicherheit, dem das Oberlandesgericht im übrigen mit Recht große Bedeutung beilegt, doch nicht dazu führen, Art. 117 Abs 1 GrundG als überkonstitutionellem Verfassungsrecht oder Grundentscheidungen des Grundgesetzes widersprechend für nichtig zu erachten, soweit er die Übergangsfrist für dem Gleichheitsgrundsatz widersprechendes Recht bis zum 31. März 1953 begrenzt.
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3. Zu den Rechtssätzen, die mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar sind, gehören im Bereich des ehelichen Güterrechts die Bestimmungen, die beim Güterstande der Verwaltung und Nutznießung das eingebrachte Gut der Frau kraft Gesetzes der Verwaltung und Nutznießung des Mannes unterstellen. Mögen diese Bestimmungen auch nicht nur den Interessen des Mannes dienen, sondern auch den Schutz der Frau bezwecken und in der Pflicht des Mannes, den ehelichen Aufwand zu tragen, ihr Äquivalent und ihre innere Rechtfertigung finden, so sind sie doch Ausfluß einer Auffassung von der Ehe, bei der der Mann das Haupt und der Herr der Familie ist und seine Stellung gegenüber der der Frau überwiegt. Dem Recht des Mannes, das eingebrachte Gut in Besitz zu nehmen, zu verwalten und zu nutzen, entspricht eine Beschränkung der Rechte der Frau an ihrem eingebrachten Vermögen; sie hat kein eigenes Recht, es zu verwalten und zu nutzen und kann ohne Zustimmung des Mannes nur beschränkt darüber verfügen. Dieser Minderung der Rechte an ihrem Eingebrachten steht eine entsprechende Minderung der Rechte des Mannes hinsichtlich seines Vermögens nicht gegenüber. Eine solche Schlechterstellung der Ehefrau wird durch den Schutz der Ehe und Familie nicht gefordert; sie widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz. Daher muß angenommen werden, daß die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die die Ehefrau bei der Ver™Ufügung über das eingebrachte Gut an die Zustimmung des Mannes binden und von ihr getroffene Verfügungen ohne solche Zustimmung dem Ehemann gegenüber unwirksam machen, seit dem 1. April 1953 außer Kraft sind. Welche Folgerungen sich für das eheliche Güterrecht im übrigen aus Art. 3 Abs 2, Art. 117 Abs I GrundG ergeben, ob als gesetzlicher Güterstand nunmehr der Güterstand der Gütertrennung nach den §§ 1425 ff BGB anzusehen ist oder ob der gesetzliche Güterstand jetzt wenigstens in Anlehnung an diese Bestimmung zu finden ist, bedarf hier nicht der Entscheidung.
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Die Durchführung des Gleichheitsgedankens würde allerdings auch die Möglichkeit offen lassen, daß nunmehr der Mann im Verhältnis zur Frau denselben Beschränkungen hinsichtlich seines eingebrachten Vermögens unterliegt wie diese bisher. Es könnte die bei dem gesetzlichen Güterstande des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Ungleichheit der Geschlechter dadurch ausgeglichen werden, daß beide Ehegatten gemeinsam die Verwaltung und Nutznießung am eingebrachten Gut beider Ehegatten ausüben. In diese Richtung geht die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle NJW 1953, 986 ff, die wegen der mit der Einführung der Gütertrennung für die Frau verbundenen Nachteile ausspricht, daß anstelle der Verwaltung und Nutznießung des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Errungenschaftsgemeinschaft in Anlehnung an die diesbezüglichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs trete (so auch Jung, DRiZ 1953, 97). Der Senat hält bei aller Würdigung der in dieser Entscheidung ausgesprochenen Bedenken gegen die Annahme, daß ab 1. April 1953 die Gütertrennung der gesetzliche Güterstand im Bereich der Bundesrepublik geworden sei, diesen Weg nicht für gangbar. Der allgemeinen Entwicklung entspricht nicht nur eine Gleichstellung der Frau, sondern eine stärkere Betonung ihrer Selbständigkeit ungeachtet der durch die Ehe begründeten umfassenden gegenseitigen Bindungen der Ehegatten. Entspricht die vermögensrechtliche Beschränkung der Ehefrau durch die Verwaltung und Nutznießung des Ehemannes am eingebrachten Gut zeitgemäßen Anschauungen nicht mehr, so nicht nur im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter, sondern auch abgesehen davon, weil sie der von der Frau errungenen Stellung im Leben nicht gerecht wird. Es würde auch der Lebensanschauung nicht entsprechen, die Gleichheit von Mann und Frau darin zu suchen, daß nunmehr der Mann in der Verfügung über sein eingebrachtes Vermögen an die Zustimmung der Frau gebunden wird. Daher kommt nur in Betracht, den Gleichheitsgrundsatz in der Weise durchzuführen, daß die Beschränkungen der Frau hinsichtlich des eingebrachten Gutes beseitigt werden. Welche Folgen sich daraus für das gegenseitige Verhältnis der Ehegatten zueinander hinsichtlich ihres Vermögens ergeben, insbesondere ob und in welcher Weise etwa die Frau an einem während der Ehe durch die Arbeit des Mannes erzielten Zugewinn zu beteiligen ist, steht hier, wo es sich nur um die Stellung der Frau Dritten gegenüber handelt, nicht zur Entscheidung.
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Bedarf die Ehefrau der Zustimmung des Ehemannes zu Verfügungen über das eingebrachte Gut seit dem 1. April 1953 nicht mehr, so gilt das auch für die Verfügung über Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte. Auch insoweit kann die Frau jetzt ohne Zustimmung ihres Mannes verfügen; eine etwaige Zustimmung des Ehemannes ist - sofern nicht ein vertraglicher Güterstand vorliegt, worauf hier nicht eingegangen zu werden braucht - ohne Belang. Für den vorliegenden Fall hat dies zur Folge, daß die Klägerinnen zur Vollstreckung ihres Anspruchs auf Auflassung oder Grundbuchberichtigung gegen die Erstbeklagte nunmehr der Zustimmung des Zweitbeklagten nicht mehr bedürfen. Damit entfällt die Notwendigkeit eines Duldungstitels gegen den Zweitbeklagten; § 739 ZPO ist insoweit nicht mehr in Kraft. Falls die Klägerinnen in dem fortgesetzten Berufungsverfahren ein obsiegendes Urteil erwirken, können sie auch ohne Duldungstitel gegen den Zweitbeklagten wegen ihres Anspruchs auf Auflassung oder Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 ZPO vollstrecken und ihre Eintragung als Eigentümer erwirken. Insoweit besteht für den Duldungsanspruch kein Rechtsschutzinteresse mehr.
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4. Es fragt sich, ob diese erst während des Revisionsverfahrens eingetretene Rechtsänderung im gegenwärtigen Verfahren zu beachten ist. Hierfür kann es keinen Unterschied machen, ob eine solche Rechtsänderung durch ein neu erlassenes Gesetz ausdrücklich vorgenommen wird, oder ob sie wie im vorliegenden Falle dadurch eintritt, daß bereits vor Erlaß des Berufungsurteils bestehende, aber in diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft befindliche Vorschriften während des Revisionsverfahrens durch Ablauf der Übergangsfrist in Kraft treten. Die Frage ist also nicht anders zu beurteilen als die nach der Anwendung von Gesetzen, die erst während des Revisionsverfahrens erlassen werden.
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Hinsichtlich neuer verfahrensrechtlicher Bestimmungen ist nach allgemein, auch von dem erkennenden Senat für Landwirtschaftssachen (BGHZ 7,161, [167]) vertretener Auffassung für die Entscheidung des Revisionsgerichts das neue Recht anzuwenden. Schon dieser Gesichtspunkt könnte im vorliegenden Fall dazu Anlaß geben, die Anwendbarkeit des neuen Rechts zu bejahen, da § 739 ZPO eine Vorschrift, wenn auch nicht des Erkenntnis-, so doch des Vollstreckungsverfahrens ist. § 739 ZPO soll aber nach dem Regierungsentwurf im Zusammenhang mit der Reform des ehelichen Güterrechts beseitigt werden, und es ist kein Zweifel, daß diese Bestimmung in so engem Zusammenhang mit der Verwaltung und Nutznießung des Mannes am eingebrachten Gut steht, daß die Beseitigung dieses Rechtes auch die genannte Bestimmung insoweit gegenstandslos macht. Was die Anwendbarkeit neuer sachlich-rechtlicher Vorschriften anlangt, so ist anerkannt, daß neues Recht jedenfalls dann im Revisionsverfahren anzuwenden ist, wenn seine Anwendung dazu führt, das Berufungsurteil mit anderer Begründung aufrecht zu erhalten (BGHZ 2,324). In letzter Zeit hat der III. Zivilsenat die Frage hinsichtlich des sachlichen Rechts darüber hinaus allgemein bejaht, sofern der Wille des Gesetzgebers das verlangt (Urteil vom 23. Februar 1953, BGHZ 9,101, betreffend die Anwendbarkeit des Lastenausgleichsgesetzes auf schwebende Revisionsverfahren). Ob diesem Urteil in allem gefolgt werden kann, mag dahinstehen (vgl. auch BGHZ 7,161), da bereits der Gedanke der Aufrechterhaltung des Berufungsurteils bei Anwendung des neuen Rechts dazu führen muß, anstelle der aus der Verneinung eines Anspruchs gegen die Erstbeklagte vom Berufungsgericht abgeleiteten Klagabweisung hinsichtlich des Zweitbeklagten nunmehr dieselbe Entscheidung unter anderen Gesichtspunkten zu treffen. Im übrigen handelt es sich hier um die Beachtung eines Rechtssatzes, dem der Verfassungsgesetzgeber als einem Grundrechte vom 1. April 1953 ab unbedingte Geltung verschaffen wollte und der daher dem Willen des Gesetzgebers entsprechend von diesem Zeitpunkt ab von allen Gerichten, auch von dem Revisionsgericht, schlechthin beachtet werden muß.
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5. Die Ablehnung des Duldungsanspruchs gegen den Zweitbeklagten führt dazu, ihm gegenüber die Revision zurückzuweisen. Der Senat hat erwogen, ob nicht wenigstens bezüglich der Kosten des Verfahrens ein Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen den Zweitbeklagten anerkannt werden müßte. Für die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten des Verfahrens, deren Erstattung die Klägerinnen im Falle ihres endgültigen Obsiegens gegenüber der Erstbeklagten fordern können, würde in erster Linie eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen der Erstbeklagten in Betracht kommen. Wenn auch seit dem 1. April 1953 ein Recht des Zweitbeklagten, Teile des Vermögens der Erstbeklagten als , eingebrachtes Gut\'ab in Besitz zu nehmen (§ 1373 BGB), nicht mehr begründet ist, so schließt das doch nicht aus, daß ein vor diesem Zeitpunkt erworbener unmittelbarer Besitz des Zweitbeklagten an den bisher zum eingebrachten Gut gehörenden beweglichen Sachen noch fortbesteht oder daß die Erstbeklagte dem Zweitbeklagten den unmittelbaren Besitz ihr gehörender beweglicher Sachen überläßt. Einer Zwangsvollstreckung in das in seinem Besitz befindliche Vermögen der Erstbeklagten auf Grund eines auf ihren Namen lautenden Titels könnte der Zweitbeklagte auf Grund vollstreckungsrechtlichen Gewahrsams (§ 809 ZPO) Schwierigkeiten bereiten. Die Lage ist in dieser Hinsicht nicht anders als nach bisherigem Rechte im Falle der Gütertrennung oder bei der Zwangsvollstreckung in das Vorbehaltsgut oder in das Vermögen einer Ehefrau, die mit Zustimmung ihres Ehemanns ein Erwerbsgeschäft betreibt (§ 1405 BGB).
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Rechtsprechung und Schrifttum haben in diesen Fällen nach bisherigem Recht eine Duldungsklage gegen den Ehemann teilweise für zulässig, wenn auch nicht für notwendig gehalten, um die Schwierigkeiten auszuräumen, die sich bei der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen der Frau ergeben können, falls der Ehemann zur Herausgabe des in seinem Gewahrsam befindlichen Frauenvermögens nicht bereit ist (§ 809 ZPO), während die Gegenmeinung den Gläubiger darauf verweisen muß, den Herausgabeanspruch der Frau gegen den Mann zu pfänden und sich zur Einziehung überweisen zu lassen. Stein-Jonas-Schönke § 739 Note 3 und § 741 Note 11 und ebenso Baumbach-Lauterbach Einf zu §§ 749-745 Anm 1 Anhang zu § 52 ZPO Anm 2 A, die sich dieser Ansicht angeschlossen haben, haben sie als beherrschend bezeichnet; sie wird geteilt u. a. von Palandt Vorbem 2 zu § 1426; ErmanGerstberger Vorbem vor § 1426 Anm 2a E (vgl. auch § 1405 Anm 5); RGRK § 1428 Anm 2; Müller JW 1920, 695; a A Staudinger § 1426 Vorbem Anm 6; Kipp-Wolff, Familienrecht (7. Aufl) § 59 Anm 17 und die dort angeführten Stellen aus der Rechtsprechung und dem Schrifttum; vgl. auch Lupprian ZZP 62, 332 und Bettermann aaO 210, insbesondere 228.
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Die angeführten Erwägungen geben keine Möglichkeit, einen Duldungsanspruch gegen den Zweitbeklagten im vorliegenden Falle zuzubilligen. Der allein gestellte Antrag, die Zwangsvollstreckung i n d a s e i n g e b r a c h t e G u t zu dulden, ist gegenstandslos, nachdem es beim gesetzlichen Güterstande seit Ablauf des 31. März 1953 ein \'bbeingebrachtes Gut\'ab im Sinne des § 739 ZPO nicht mehr gibt. Es könnte sich nur darum handeln, ob etwa in Fortbildung des dieser Bestimmung zu entnehmenden Grundgedankens der Zweitbeklagte jetzt verurteilt werden könnte, die Zwangsvollstreckung in das in seinem Gewahrsam befindliche Vermögen der Erstbeklagten zu dulden. Ein solcher Antrag ist nicht gestellt. Er hätte auch im Revisionsverfahren nicht nachgebracht werden können, da ihm ein anderer Sachverhalt hätte zugrunde gelegt werden müssen als dem Duldungsanspruch aus § 739 ZPO. Dieser Duldungsanspruch gründet sich nicht auf den Gewahrsam oder den vermuteten Gewahrsam des Ehemanns an dem Frauenvermögen, sondern auf das nach dem gesetzlichen Güterstand des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Ehemann zustehende Recht der Verwaltung und Nutznießung; er ist unabhängig davon, ob zu dem eingebrachten Gut Gegenstände gehören, die einer Inbesitznahme nach § 1373 BGB zugänglich sind, und ob eine solche Inbesitznahme stattgefunden hat oder nicht. § 739 ZPO ist ein Ausfluß des Güterstandes und nicht des Besitzverhältnisses; das zeigt schon seine Stellung im ersten Abschnitt des 8. Buches der Zivilprozeßordnung (\'bbAllgemeine Bestimmungen\'ab der Zwangsvollstreckung), wogegen § 809 ZPO in den Ersten Titel des Zweiten Abschnitts dieses Buches (Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen) eingeordnet ist. Der Regierungsentwurf eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Ehe, der als gesetzlichen Güterstand die Gütertrennung vorgesehen hat, hat demzufolge vorgeschlagen, den § 739 ZPO ersatzlos aufzuheben, allerdings unter Ausdehnung der bisher zugunsten der Gläubiger des Mannes geltenden Eigentumsvermutung des § 1362 Abs 1 BGB auf die Gläubiger beider Ehegatten (Maßfeller, Das Neue Familienrecht S 90). Der innere Zusammenhang der Vorschrift des § 739 ZPO mit den darin angeführten Güterständen schließt es aus, diese Bestimmung noch anzuwenden, soweit es sich um den bisherigen gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung handelt. Dahinstehen kann, ob etwaigen Einwendungen eines Ehegatten gegen die Vollstreckung in das in seinem Gewahrsam befindliche Vermögen des anderen Ehegatten etwa dadurch von vornherein begegnet werden könnte, daß er auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das in seinem Gewahrsam befindliche Vermögen des letzteren in Anspruch genommen wird. Für einen solchen Anspruch würde der bisherige Vortrag der Klägerinnen keine ausreichende Grundlage geben.
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