BVerfGE 44, 1 - Nichtehelichen-Erbrecht
Es ist mit Art. 6 Abs. 5 GG und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, daß sich in Erbfällen nach Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes vom 1. Juli 1970 die erbrechtlichen Verhältnisse eines vor dem 1. Juli 1949 geborenen nichtehelichen Kindes zu seinem Vater und zur väterlichen Familie weiter nach dem alten, vor der Reform geltenden Recht richten (Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 des Nichtehelichengesetzes vom 19. August 1969 - BGBl. I S. 1243).
 
Beschluß
des Ersten Senats vom 8. Dezember 1976
- 1 BvR 810/70, 57/73 und 147/76 -
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. des Herrn K.. - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Rudolf Hövelmann, Werth 4, Wuppertal-Barmen - gegen Art. 12 § 10 Abs. 2 des Gesetzes über die rechtlichen Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1243) - 1 BvR 810/70 -; 2. der Frau R... - Bevollmächtigte: Rechtsanwälte W. Schumitz, P. O. Wilke, I. Frieling, H. G. Wettengel, Markt 1, Hamm - gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Celle vom 8. Dezember 1972 - 10 Wx 15/72 -, mittelbar gegen die zu 1. genannte Gesetzesvorschrift - 1 BvR 57/73 -; 3. des Herrn W... gegen a) den Beschluß des Bayrischen Obersten Landesgerichts vom 20. Februar 1976 - BReg 1 Z 96/75-, b) den Beschluß des Landgerichts München I vom 23. September 1975 - 16 T 16765/75 -, c) den Beschluß des Amtsgerichts München vom 15. Juli 1975 - VI 2707/75 -, mittelbar gegen die zu 1. genannte Gesetzesvorschrift - 1 BvR 147/76 -.
Entscheidungsformel:
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
 
Gründe:
 
A.
Gegenstand der drei Verfassungsbeschwerdeverfahren ist eine Übergangsregelung zu den bei der Reform des Nichtehelichenrechts 1970 neu eingeführten Erbrechtsvorschriften. Nach Art. 12 § 10 des Gesetzes über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1243 - Nichtehelichengesetz, im folgenden: NEG) bleiben für die erbrechtlichen Verhältnisse eines nichtehelichen Kindes und seiner Abkömmlinge zu seinem Vater und dessen Verwandten die bisher geltenden Vorschriften maßgebend
    a) für Erbfälle bis zum Inkrafttreten des Gesetzes schlechthin,
    b) für Erbfälle nach Inkrafttreten des Gesetzes, wenn das nichteheliche Kind vor dem 1. Juli 1949 geboren ist.
Die Beschwerdeführer wenden sich dagegen, daß ihnen danach kein Erbrecht an dem Nachlaß ihrer nichtehelichen Väter zusteht, weil sie vor dem zu b) bezeichneten Stichtag geboren sind.
I.
1. Nach der ursprünglichen Fassung des Bürgerlichen Gesetzbuchs war das nichteheliche Kind nur mit der Mutter und ihren Verwandten verwandt (§ 1705). Dagegen schloß die gesetzliche Fiktion des § 1589 Abs. 2 BGB: "Ein uneheliches Kind und dessen Vater gelten nicht als verwandt" eine Verwandtschaft zwischen dem Kinde und seinem Vater sowie dessen Familie aus. Demgemäß stand dem Kinde ein gesetzliches Erbrecht und Pflichtteilsrecht nur gegenüber der Mutter und den mütterlichen Verwandten zu.
2. Bei der Reform des Nichtehelichenrechts, die dem Gesetzgeber durch Art. 6 Abs. 5 GG bindend aufgegeben war (vgl. BVerfGE 25, 167 m. weit. Nachw.), bestand im wesentlichen Einigkeit darüber, daß die gebotene Angleichung an die Stellung der ehelichen Kinder auch eine Verbesserung der erbrechtlichen Position der nichtehelichen Kinder im Verhältnis zur väterlichen Familie erforderte; jedoch waren Art und Umfang der zu gewährenden Erbansprüche oder an deren Stelle tretender Ausgleichsforderungen sehr umstritten. Diese Meinungsverschiedenheiten setzten sich nach Einbringung eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung Ende 1967 in den Gesetzesberatungen im Bundestag fort und bezogen sich auch auf die notwendige Übergangsregelung. Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 29. Januar 1969 entschieden hatte, die dem Gesetzgeber zuzubilligende Frist zur Erfüllung des Verfassungsauftrags laufe mit den Ende der Legislaturperiode (Ende September 1969) aus, und zugleich zum Ausdruck gebracht hatte, die Verwirklichung des Art. 6 Abs. 5 GG fordere auch eine angemessene Beteiligung des unehelichen Kindes am väterlichen Nachlaß (BVerfGE 25, 167 [188, 174]), wurde das eingangs bezeichnete Nichtehelichengesetz im Sommer 1969 verabschiedet.
3. Der Grundgedanke der Neuregelung des gesetzlichen Erbrechts im Verhältnis des nichtehelichen Kindes zu seinem Vater geht dahin, das Kind wirtschaftlich im gleichen Umfang am väterlichen Nachlaß zu beteiligen wie ein eheliches Kind; jedoch soll zur Vermeidung von Konflikten das nichteheliche Kind nicht in die Erbengemeinschaft der engeren ehelichen Familie aufgenommen werden. Da das Nichtehelichengesetz die Fiktion des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. beseitigt hat, ist das nichteheliche Kind mit seinem Vater und dessen Verwandten ebenso verwandt wie schon bisher mit der Mutter und deren Verwandten (§ 1589 BGB); es gehört damit grundsätzlich zu den Erben erster Ordnung nach seinem Vater (§ 1924 BGB). Hinterläßt der Vater bei seinem Tode weder eheliche Kinder noch eine Ehefrau, so beerbt das nichteheliche Kind den Vater allein. Trifft das nichteheliche Kind - wie in der Mehrzahl der Fälle - mit ehelichen Kindern und/oder der überlebenden Ehefrau zusammen, so tritt an die Stelle einer gesamthänderischen Beteiligung am väterlichen Nachlaß als Miterbe ein Erbersatzanspruch gegen die Erben (§ 1934a Abs. 1 BGB). Dieser Anspruch ist ähnlich dem Pflichtteilsanspruch ein schuldrechtlicher Anspruch, der in drei Jahren verjährt, jedoch geht er auf den vollen Wert des Erbteils eines ehelichen Kindes (§§ 1934a Abs. 1, 1934b BGB).
Werden der gesetzliche Erbteil oder der Erbersatzanspruch dem nichtehelichen Kinde durch letztwillige Verfügung entzogen, so erhält es den Pflichtteil ([ 2303, 2338a BGB]. Erbersatzanspruch und Pflichtteilsanspruch müssen auf Verlangen des Erben unter bestimmten Voraussetzungen gestundet werden, sofern die Stundung dem Berechtigten bei Abwägung der Interessen beider Teile zumutbar ist (§§ 1934b Abs. 2, 2331a BGB).
Das nichteheliche Kind ist berechtigt, zwischen dem 21. und dem 27. Lebensjahr unter Aufgabe seiner erbrechtlichen Position (Erbrecht, Erbersatzanspruch, Pflichtteil) vom Vater schon zu dessen Lebzeiten einen vorzeitigen Erbausgleich zu verlangen, der sich regelmäßig auf ein Mehrfaches des jährlichen Unterhaltsanspruchs beläuft (§§ 1934d und e BGB). Die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung ist bestritten; ein Zivilgericht hat sie gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit vorgelegt, weil nach seiner Meinung hierdurch die nichtehelichen Kinder in sachlich nicht gerechtfertigter Weise gegenüber den ehelichen Kindern begünstigt würden (LG Osnabrück vom 27. März 1974 - FamRZ 1974, S 262).
II.
1. Das Nichtehelichengesetz ist am 1. Juli 1970 in Kraft getreten (Art. 12 § 27 NEG).
Nach der allgemeinen Übergangsregelung in Art. 12 § 1 NEG bestimmt sich die rechtliche Stellung eines vor dem Inkrafttreten des Gesetzes geborenen Kindes für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Gesetzes nach den neuen Vorschriften, soweit sich nicht aus Art. 12 §§ 2-23 NEG etwas anderes ergibt. Zur Begründung wird im Entwurf der Bundesregierung ausgeführt (BTDrucks. V 3719 S 64):
    "Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz, daß langdauernde familienrechtliche Verhältnisse vom Zeitpunkt einer Gesetzesänderung an, von gewissen Ausnahmen abgesehen, dem neuen Recht auch dann unterstehen, wenn das Rechtsverhältnis bereits unter der Herrschaft des früheren Rechts entstanden ist (vgl. Artikel 199, 203, 208,210 EGBGB; Artikel 8 I Nr. 1, Nr. 8 des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18. Juni 1957 - BGBl. I S 609 -; auch R. Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 1. Halbbd., 15. Aufl., 1959, § 62 I 2, II 2; für Unterhaltsansprüche RGZ 49, 157). Dies soll auch für die Überleitung der rechtlichen Stellung der unehelichen Kinder gelten (vgl. jedoch besonders § 10 Abs. 1 Satz 2, § 11). Dadurch kommt die neue Regelung bereits den früher geborenen unehelichen Kindern zugute, und die Mißhelligkeiten, die sich aus dem bisherigen Recht ergeben, werden alsbald beseitigt. Zugleich wird vermieden, daß für die vor und für die nach Inkrafttreten des Gesetzes geborenen Kinder allzu lange unterschiedliche Vorschriften gelten. Insofern besteht auch Übereinstimmung mit dem mitteldeutschen Recht (§ 2 des Einführungsgesetzes zum Familiengesetzbuch vom 20. Dezember 1965)".
Demgemäß galten namentlich die neuen, die Rechtsstellung des nichtehelichen Kindes wesentlich verbessernden Vorschriften über die allgemeine familienrechtliche Stellung zum Vater, über die erweiterte Unterhaltspflicht des Vaters, die Einbenennung durch den Vater und die Erleichterung der Ehelichkeitserklärung (vgl. bes §§ 1600a ff., 1615a ff., 1618, 1723 ff. BGB) bereits ab Inkrafttreten des Gesetzes für alle in diesem Zeitpunkt bereits lebenden nichtehelichen Kinder und deren Abkömmlinge, und zwar auch dann, wenn das Kind schon volljährig war.
2. Der Grundsatz des Art. 12 § 1 NEG wird jedoch für die erbrechtlichen Verhältnisse durch Art. 12 § 10 eingeschränkt. Die Vorschrift lautet im Zusammenhang:
    Art. 12 § 10
    (1) Für die erbrechtlichen Verhältnisse bleiben, wenn der Erblasser vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gestorben ist, die bisher geltenden Vorschriften maßgebend ... .
    (2) Für die erbrechtlichen Verhältnisse eines vor dem 1. Juli 1949 geborenen nichtehelichen Kindes und seiner Abkömmlinge zu dem Vater und dessen Verwandten bleiben die bisher geltenden Vorschriften auch dann maßgebend, wenn der Erblasser nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes stirbt ... .
Während Absatz 1 die Regel festlegt, daß die Neuregelung erst für die nach Inkrafttreten des Gesetzes eintretenden Erbfälle gilt, schränkt Absatz 2 dies weiter dahin ein, daß auch bei solchen Erbfällen für eine bestimmte Gruppe nichtehelicher Kinder die alten Vorschriften weiter gelten sollen. Wie sich auch aus der Entstehungsgeschichte ergibt, bildete die letztere Vorschrift eine wesentliche Voraussetzung des Kompromisses zwischen den recht kontroversen Auffassungen, ohne den das Gesetz nicht zustande gekommen wäre.
a) Die angegriffene Norm war im Entwurf der Bundesregierung nicht enthalten. Vielmehr sollten danach für Erbfälle seit dem Inkrafttreten des Gesetzes die neuen Vorschriften gelten (BTDrucks. V/3719 S 20, Art. 13 § 10 Abs. 1). Dies wurde unter Hinweis auf Art. 213 EGBGB damit begründet, daß sich die erbrechtlichen Verhältnisse allgemein nach dem Recht bestimmten, das im Zeitpunkt des Todes des Erblassers in Kraft war (a.a.O., S 69).
b) Nach einer Absprache der CDU/CSU und der SPD einigte sich der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages darauf, daß die erbrechtliche Regelung nur für Erbfälle nach Inkrafttreten des Gesetzes und nur für die nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes geborenen Kinder gelten sollte (Kurzprot. der 112. Sitzung vom 26. März 1969, S 18). Der Unterausschuß "Unehelichenrecht" des Rechtsausschusses diskutierte eingehend, ob die Überleitungsregelung an den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Grundgesetzes oder eine Altersgrenze, nämlich das 21. Lebensjahr des Kindes, anknüpfen sollte, und entschied sich für das letztere (Kurzprot der 32. Sitzung vom 22. April 1969, S 6 und Anlage 3, der 34. Sitzung vom 24. April 1969, S 4, und der 35. Sitzung vom 7. Mai 1969, S 6 ff.). Der Rechtsausschuß nahm die vom Unterausschuß vorgeschlagene Regelung, die bereits dem Wortlaut des späteren Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEG entsprach, mit Mehrheit bei fünf Enthaltungen an (Kurzprot. der 116. Sitzung vom 8. Mai 1969, S 32).
Im Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf der Bundesregierung ist ausgeführt (zu BTDrucks. V/4179, S 9):
    "Der Grundsatz des Absatzes 1 Satz 1 der Regierungsvorlage, daß auf Erbfälle aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes das bisher geltende Erbrecht anzuwenden ist, entspricht dem für Übergangsfälle Üblichen und ist zu billigen ... . Der Rechtsausschuß ist darüber hinaus der Auffassung, daß für Erbfälle, die nach Inkrafttreten des Gesetzes eintreten, die Neuregelung der erbrechtlichen Beziehungen zwischen dem nichtehelichen Kind und seinen Abkömmlingen einerseits und dem Vater und seinen Verwandten andererseits dann nicht gelten soll, wenn das Kind vor dem 1. Juli 1949 geboren ist. Er geht dabei von dem Regelfall aus, daß unter dem geltenden Recht die ohnehin schwachen Beziehungen zwischen einem solchen Kind und seinem Vater sowie der väterlichen Familie mit dem Eintritt des Kindes in das Berufsleben schwinden und dann in wenigen Jahren enden und in Vergessenheit geraten. Dieser Regelfall ist, abgesehen von verhältnismäßig wenigen Ausnahmen, bei den Nichtehelichen gegeben, die das 21. Lebensjahr bereits lange oder kürzere Zeit überschritten haben, wenn das Gesetz in Kraft tritt, sowie ausnahmslos dann, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Vater oder das vor dem 1. Juli 1949 geborene Kind gestorben ist. Dazu kommt, daß das Recht des Kindes, den vorgezogenen Erbausgleich vom 21. Lebensjahr ab geltend zu machen, ein wesentlicher Bestandteil des Erbrechts der nichtehelichen Kinder ist und für ihre gleichberechtigte Eingliederung in die Gesellschaft oft wichtiger sein wird als der nach Jahren wirksam werdende Erbersatzanspruch. Deshalb schien es dem Ausschuß sachgerecht, diejenigen vor Inkrafttreten des Gesetzes geborenen Kinder an dem neu eingeführten Erbrecht zu beteiligen, die in einem Alter sind, in dem sie normalerweise diesen vorgezogenen Anspruch geltend machen und in dem die Beziehungen zu dem Vater noch nicht erloschen sind. Als Absatz 2 Satz 1 wird daher eine Regelung vorgeschlagen, wonach für die erbrechtlichen Verhältnisse des nichtehelichen Kindes und seiner Abkömmlinge zu dem Vater und dessen Verwandten die bisher geltenden Vorschriften auch bei Erbfällen nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes maßgebend bleiben, falls das Kind beim Inkrafttreten des Gesetzes das 21. Lebensjahr bereits vollendet hatte, wenn es also vor dem 1. Juli 1949 geboren ist. Der gewählte Zeitpunkt erscheint auch deshalb sachgerecht, weil er sich annähernd mit dem Zeitpunkt deckt, in dem nach Erlaß des Grundgesetzes das in Artikel 6 Abs. 5 enthaltene Verfassungsgebot der Öffentlichkeit bekannt wurde ... ".
c) In der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs im Bundestag führte der Berichterstatter - Abgeordneter Dr. St. (SPD) - ergänzend aus, der Rechtsausschuß wolle im Gegensatz zum Regierungsentwurf das neue Erbrecht nicht grundsätzlich ab Inkrafttreten des Gesetzes gelten lassen, so daß etwa auch heute noch ein 60jähriges nichteheliches Kind den 80jährigen Vater beerben könnte, mit dem es bisher unter ganz anderen rechtlichen Voraussetzungen zusammengelebt habe - wenn man das überhaupt als Zusammenleben bezeichnen könne. Eine Minderheit des Ausschusses halte allerdings nicht das 21. Lebensjahr, sondern aus verschiedenen Gründen - wegen der steuerrechtlichen, versorgungsrechtlichen und anderen Parallelen - das 27. Lebensjahr für die richtige Grenze (StenBer der 235. Sitzung vom 14. Mai 1969, S 12 997 [B]). Der Bundestag nahm sowohl in der zweiten wie in der dritten Beratung die Vorlage in der Fassung des Ausschußvorschlages an (a.a.O., S. 13 012 [D], 13 017 [D]).
d) In den Beratungen des Bundesrates schlug der Vertreter des Landes Hessen vor, den Vermittlungsausschuß anzurufen mit dem Ziel, die Sondervorschrift des Art. 13 § 10 Abs. 2 (jetzt Art. 12 § 10 Abs. 2) zu streichen. Die Erfüllung des Verfassungsauftrags fordere die Einbeziehung aller nichtehelichen Kinder ohne Altersbegrenzung. Der hessische Antrag wurde jedoch im Unterausschuß des Rechtsausschusses ebenso wie im Rechtsausschuß des Bundesrates abgelehnt; das gleiche Schicksal hatte ein Antrag des Vertreters des Landes Nordrhein-Westfalen, das 27. Lebensjahr als Altersgrenze zu nehmen (Prot. Nr. R 51/69 der Sitzung des Unterausschusses vom 28./29. Mai 1969, S 20 ff., sowie Prot. der 345. Sitzung des Rechtsausschusses vom 11. Juni 1969, S 23 f.).
In der 340. Sitzung des Bundesrates vom 20. Juni 1969 erwähnte der Berichterstatter die im Rechtsausschuß erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Übergangsregelung. Der Ausschuß habe von einer Anrufung des Vermittlungsausschusses unter anderem abgesehen, um den im Bundestag gefundenen, im Erbrecht besonders schwierigen Kompromiß nicht zu gefährden (StenBer. S. 148 [C]).
Nachdem wegen anderer Punkte der Vermittlungsausschuß angerufen worden war, wurde der Gesetzentwurf vom Bundestag am 2. Juli 1969 (StenBer. der 246. Sitzung, S. 13 724 [D]) endgültig verabschiedet und erhielt am 11. Juli 1969 die Zustimmung des Bundesrates (StenBer. der 343. Sitzung, S. 209 [C]).
III.
1. Die Verfassungsbeschwerde zu 1) - 1BvR 810/70 -
Der Beschwerdeführer zu 1) wurde am 24. November 1944 als nichteheliches Kind geboren. Im Oktober 1950 erkannte der Fabrikant S. zu Protokoll des Amtsgerichts seine Vaterschaft an. Der Vater starb am 8. Dezember 1970, ohne eine Verfügung von Todes wegen zu hinterlassen. 1971 stellte das Amtsgericht Bielefeld einen zur Berichtigung der in Betracht kommenden Grundbücher bestimmten Erbschein für die zuständigen Grundbuchämter aus, wonach Alleinerbin des Verstorbenen seine eheliche Tochter ist.
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEG und trägt vor, diese Übergangsregelung verletze ihn in seinen Grundrechten aus Art. 2, Art. 3 und Art. 6 Abs. 5 GG.
Der Zeitpunkt des 1. Juli 1949 sei willkürlich gewählt und bewirke eine krasse Benachteiligung der früheren geborenen nichtehelichen Kinder, die mit Art. 6 Abs. 5 GG unvereinbar sei. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Verfassungsnorm seien die nichtehelichen Kinder allgemein - ohne Rücksicht darauf, ob sie vor oder nach dem Inkrafttreten des Gesetzes geboren seien - den ehelichen Kindern gleichzustellen; eine Übergangsregelung sei nicht vorgesehen. Die Stellung eines Menschen in der Gesellschaft werde entscheidend mit dadurch beeinflußt, aus welchem Hause er komme und welche persönlichen und finanziellen Möglichkeiten ihm für seine Entwicklung zur Verfügung P10 stünden. Hierzu gehöre auch sein Erbrecht, wie gerade der vorliegende Fall deutlich zeige; sein Vater habe zu den hundert reichsten Leuten in Deutschland gehört. Die Regelung widerspreche ferner der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Januar 1969 (BVerfGE 25, 167); darin sei an keiner Stelle die Rede davon, daß für bestimmte Altersgruppen von unehelichen Kindern eine Übergangslösung zulässig oder geboten sei.
Der gewählte Stichtag lasse sich auch nicht mit dem angeblichen Bewußtseinsstand der Bevölkerung rechtfertigen. Es sei kaum anzunehmen, am 1. Juli 1949 seien der Text und die Auswirkungen der völlig neuen verfassungsrechtlichen Regelung schon breiten Bevölkerungsschichten bekannt gewesen. Mit dieser Begründung hätte der Gesetzgeber auch einen wesentlich späteren Zeitpunkt wählen können, womit die Willkürlichkeit nur noch stärker hervorgetreten sein würde.
2. Die Verfassungsbeschwerde zu 2) - 1 BvR 57/73 -
a) Die Beschwerdeführerin zu 2) wurde am 20. Juli 1923 als nichteheliches Kind geboren. Im Februar 1942 erkannte der Maurer K. notariell seine Vaterschaft an. Er starb am 27. November 1971, ohne eine Ehefrau oder eheliche Abkömmlinge zu hinterlassen. Eine Verfügung von Todes wegen liegt nicht vor.
Den Antrag der Beschwerdeführerin, ihr als alleiniger gesetzlicher Erbin einen Erbschein zu erteilen, lehnte das Amtsgericht Celle aufgrund des Art. 12 § 10 Abs. 2 NEG ab; die Beschwerde hiergegen zum Landgericht Lüneburg blieb erfolglos.
b) Auch die weitere Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht Celle durch den angefochtenen Beschluß vom 8. Dezember 1973 zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hält die Übergangsregelung, welche die Beschwerdeführerin von einer Beteiligung am Nachlaß ausschließe, für rechtswirksam und führt zur Begründung aus:
Die Erbregelung der §§ 1934, 1589 BGB, wonach nichteheliche Kinder bei Fehlen einer Witwe oder ehelicher Abkömmlinge über eine gleichwertige Beteiligung am Nachlaß hinaus mit den ehelichen Abkömmlingen auch formell rechtlich gleichgestellt würden, genüge dem Verfassungsauftrag des Art. 6 Abs. 5 GG. Es verstoße auch weder gegen Art. 6 Abs. 5 GG noch gegen Art. 3 GG, wenn diese Regelung die vor dem 1. Juli 1949 geborenen Kinder ausschließe.
Der Gesetzgeber habe davon ausgehen dürfen, daß die Rechtsverhältnisse und Lebensverhältnisse bereits erwachsener nichtehelicher Kinder in aller Regel nicht die gleichen seien wie bei damals noch nicht erwachsenen nichtehelichen Kindern und daß der Verfassungsauftrag eine Ausdehnung der neuen Erbrechtsregelung auf die erste Gruppe nicht erfordere. Die Übergangsregelung beruhe nicht auf sachfremden Erwägungen, wie sich aus den Ausführungen des Berichterstatters des Rechtsausschusses des Bundestages über das Schwinden der nach früherem Recht ohnehin schwachen Beziehungen zwischen einem nichtehelichen Kind und dessen Vater ergebe. Alle Beteiligten hätten schon mit dem 18. Lebensjahr des Kindes mit dem Ende dieser Beziehungen rechnen müssen und in aller Regel auch gerechnet. Besonders habe weder das Kind noch der Vater mit einem gesetzlichen Erbrecht des Kindes zu rechnen brauchen. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet gewesen, bereits beendete Rechtsbeziehungen wieder zum Leben zu erwecken.
Die Feststellung eines bestimmten Stichtags sei im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit erforderlich gewesen. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob der Gesetzgeber im Hinblick auf das frühere Ende der Unterhaltspflicht auch das 18. Lebensjahr hätte wählen können; jedenfalls sei die Altersgrenze bei der Vollendung des 21. Lebensjahres verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil in diesem Lebensalter die Beziehungen zwischen Kind und Vater in aller Regel bereits erloschen seien.
Der Stichtag des 1. Juli 1949 lasse sich auch damit rechtfertigen, daß erst von diesem Zeitpunkt an der Verfassungsauftrag an den Gesetzgeber bekannt geworden sei.
c) Mit der Verfassungsbeschwerde gegen diesen Beschluß rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 6 Abs. 5 und Art. 3 GG. Nach den im Grundrechtskatalog enthaltenen vorgegebenen Rechten dürften die von demselben Vater mit verschiedenen Frauen gezeugten Kinder nicht ungleich behandelt werden. Es verstoße gegen den Verfassungsbefehl des Art. 6 Abs. 5 GG, in der ausführenden Gesetzgebung erneut eine temporäre Sperre vorzusehen. Zumindest in allen Fällen, in denen eine Erbschaft erst unter der Herrschaft des Grundgesetzes oder - wie hier - sogar erst unter der Geltung des Nichtehelichengesetzes angefallen sei, sei das nichteheliche Kind aus der Natur der Sache Erbe oder Miterbe des Vaters geworden.
3. Die Verfassungsbeschwerde zu 3) - 1 BvR 147/76 -
a) Der Beschwerdeführer zu 3) ist am 21. Mai 1930 als nichteheliches Kind geboren. S., der 1930 zu Protokoll des Amtsgerichts die Vaterschaft anerkannt hatte, starb 1943, ohne eheliche Abkömmlinge zu hinterlassen. Eine verwitwete und kinderlose Schwester des Vaters starb am 14. März 1975; eine Verfügung von Todes wegen liegt nicht vor.
Der Beschwerdeführer zu 3) beantragt einen Teilerbschein dahin, daß er die Verstorbene zu einem Viertel beerbt habe. Der Rechtspfleger des Nachlaßgerichts München lehnte diesen Antrag durch den angefochtenen Beschluß vom 15. Juli 1975 unter Berufung auf Art. 12 § 10 Abs. 2 NEG ab.
b) Die hiergegen eingelegte Beschwerde zum Landgericht München blieb erfolglos. Die weitere Beschwerde wies das Bayerische Oberste Landesgericht durch den angefochtenen Beschluß vom 20. Februar 1976 (vgl. NJW 1976, S. 1947 f.) im wesentlichen mit folgender Begründung zurück:
Der Beschwerdeführer sei zwar gemäß §§ 1925 Abs. 1, 1930 BGB an sich als Erbe zweiter Ordnung in Betracht zu ziehen, werde jedoch durch Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEG von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Wenn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 25, 167 der bis zum Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes bestehende Zustand als verfassungsgemäß hingenommen werden müsse, dann sei der Gesetzgeber grundsätzlich nur verpflichtet gewesen, den Verfassungsauftrag des Art. 6 Abs. 5 GG erst für die Zukunft zu erfüllen. Die Rechtssicherheit erfordere einen Schutz des Vertrauens darauf, daß ein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln des Staatsbürgers von der Rechtsordnung mit allen Rechtsfolgen anerkannt bleibe und der Gesetzgeber nicht an abgeschlossene Tatbestände ungünstigere Folgen knüpfe als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen habe ausgehen dürfen. Eine Ausnahme davon sei nur zulässig, wenn nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen werde, mit der Neuregelung habe gerechnet werden müssen. Dies sei hier frühestens ab Inkrafttreten des Art. 6 Abs. 5 GG der Fall.
Ein neues Gesetz wirke in aller Regel nur für die Zukunft; dies gelte grundsätzlich auch für das Nichtehelichengesetz, soweit nicht die einzelnen Bestimmungen des Art. 12 NEG dem neuen Recht, insbesondere den Grundvorschriften über die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Kinde und der väterlichen Familie sowie der Statuswirkung der nichtehelichen Vaterschaft (§ 1589 n.F. und und § 1600a BGB) unbeschränkte rückwirkende Kraft verliehen. Die dem Beschwerdeführer nachteilige Übergangsbestimmung müsse im Gesamtrahmen der Neuordnung des Nichtehelichenrechts unter Berücksichtigung des Prinzips der Nichtrückwirkung von Gesetzen und im Vergleich mit den genannten Grundvorschriften gewertet werden. Dabei sei die Interessenlage zu berücksichtigen, die unter Beachtung der vom Landgericht erörterten Gesichtspunkte im Ergebnis auf die Abwägung zwischen dem Gleichheitssatz und der Rechtssicherheit hinauslaufe. Danach sei die Bestimmung sachlich gerechtfertigt; im Einzelfall eintretende Härten müßten hingenommen werden. Auch die Auffassung des Landgerichts, daß eine dem eindeutigen Wortlaut widersprechende Auslegung unzulässig sei, treffe zu.
c) Mit der Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, er werde durch die Entscheidungen des Ausgangsverfahrens in seinen Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 5 GG verletzt.
Nach allgemeinen Grundsätzen sei bei Änderung erbrechtlicher Vorschriften für die Frage, welches Gesetz gelten solle, der Zeitpunkt des Todes des Erblassers, nicht der der Entstehung der Verwandtschaft maßgebend. Demgegenüber schließe Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEG eine Personengruppe, die nach allgemeinen Regeln und auch nach Art. 12 § 1 NEG in den Genuß des Erbrechts kommen müßte, allein wegen ihres Alters unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vom Erbrecht aus. Bei Annahme eines durchschnittlichen Erbanfallalters von 50 Jahren sei dieser diskriminierte Personenkreis sogar größer als derjenige, für den die neue Regelung gelte.
Sachliche Gründe für diese Ausnahmeregelung seien nicht gegeben. Auch wenn nach der Interessenlage des in Betracht kommenden Personenkreises ein Bedürfnis für eine gewisse zeitliche oder materielle Begrenzung der Rückwirkung des Gesetzes vorhanden sein möge - etwa, weil Erblasser, die vor dem Stichtag ein Kind gezeugt hätten, im Vertrauen auf die frühere Regelung oder weil sie ihre "Jugendsünde" völlig vergessen hätten, nicht testiert hätten - sei dieses Interesse nicht schutzwürdig.
Jedenfalls hätte ein etwaiger Vertrauensschutz keine so harte, unflexible Regelung erfordert. Wenigstens hätte man den vor dem 1. Juli 1949 Geborenen ein Pflichtteilsrecht belassen oder danach differenzieren müssen, ob neben dem nichtehelichen Kinde andere Abkömmlinge des Erblassers, ein Ehegatte, Eltern oder nur entfernte Verwandte erbberechtigt seien. Im Falle des Beschwerdeführers könne es dazu kommen, daß statt des durch die Übergangsregelung ausgeschlossenen leiblichen Neffen der Fiskus erbe.
Die Übergangsregelung sei auch mit Art. 6 Abs. 5 GG und der hierzu entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 8, 210; 25, 167) nicht vereinbar. Auch wenn ein Erbrecht sich regelmäßig erst zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr zugunsten der nichtehelich Geborenen auswirke, lasse sich sein Einfluß auf die leibliche und seelische Entwicklung sowie auf die gesellschaftliche Stellung nicht bezweifeln. Die Diskriminierung durch Versagen eines gleichen oder wenigstens gleichwertigen Erbrechts wirke sich gleichbleibend negativ auf die Stellung des Kindes in der Gesellschaft aus, möge der Erbfall in der Jugend oder im Alter des Kindes eintreten. Die mit dem Alter wachsende Festigkeit oder Gleichgültigkeit gegenüber solchen Diskriminierungen sei schon deswegen kein Gegenargument, weil die Zulässigkeit einer Diskriminierung durch den Gesetzgeber schwerlich von der persönlichen Einstellung des Betroffenen zu dieser Maßnahme abhängen könne.
Da Art. 6 Abs. 5 GG von Beginn an einen integralen Bestandteil des Grundgesetzes gebildet habe, sei das Vertrauen in das Weiterbestehen des bisherigen diskriminierenden Zustandes von der Geltung des Grundgesetzes ab nicht schutzwürdig gewesen. Zudem bedürfe es eines solchen Vertrauensschutzes von seiten des Gesetzgebers nicht, weil der bisherige - die nichtehelich Geborenen diskriminierende - Zustand ohne weiteres durch eine Verfügung von Todes wegen aufrechterhalten werden könne.
IV.
1. Der Bundesminister der Justiz hat sich namens der Bundesregierung zu den Verfassungsbeschwerden zu 1) und 2) geäußert. Er hat ausführlich die Entstehungsgeschichte der angegriffenen Rechtsnorm dargestellt und weiter ausgeführt:
Die allgemeine erbrechtliche Regelung im Nichtehelichengesetz (Erbrecht, Erbersatzanspruch, vorzeitiger Erbausgleich) sei mit Art. 6 Abs. 5 GG vereinbar und enthalte keine unzulässige Beschränkung der erbrechtlichen Stellung nichtehelicher Kinder durch eine bestimmte Lebensaltersgrenze. Das Gesetz gehe nicht von der Auffassung aus, der nichteheliche Abkömmling scheide aus dem Schutzbereich des Art. 6 Abs. 5 GG aus, sobald er dem Kindesalter oder Jugendalter entwachsen sei; dagegen spreche auch die Entstehungsgeschichte der Verfassungsnorm und der Hinweis in BVerfGE 25, 167 (174).
Bei der hier allein zur Prüfung stehenden Übergangsvorschrift sei der Gesetzgeber nach der Entstehungsgeschichte davon ausgegangen, daß bei generalisierender Betrachtung nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die vor dem 1. Juli 1949 geborenen Kinder wegen ihres verhältnismäßig fortgeschrittenen Alters und der daraus folgenden familiären und wirtschaftlichen Selbständigkeit des gesetzlichen Erbrechts nicht bedürften. Darüber hinaus sei der Gesichtspunkt maßgebend gewesen, daß das gewählte Datum annähernd den Zeitpunkt bezeichne, in dem der Verfassungsauftrag des Art. 6 Abs. 5 GG in der Öffentlichkeit bekanntgeworden sei.
Die Vorschrift beruhe also nicht auf einer generellen unzulässigen Differenzierung nach dem Lebensalter, sondern treffe eine speziell übergangsrechtliche Regelung für Kinder, die unter ganz anderen Rechtsverhältnissen aufgewachsen seien.
2. Die eheliche Tochter und Erbin des Vaters des Beschwerdeführers zu 1) und die im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu 2) als gesetzliche Erbin in Betracht kommende Schwester des Erblassers halten die Verfassungsbeschwerden für unbegründet.
3. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mitgeteilt, er habe die Vorschrift des Art. 12 § 10 Abs. 2 NEG bisher nicht angewandt. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift habe der Senat nicht.
4. Im Schrifttum wird die angegriffene Übergangsbestimmung überwiegend als verfassungsgemäß erachtet.
    Vgl. Bosch, FamRZ 1969, S. 505 (509 f.); Lutter, Das Erbrecht des nichtehelichen Kindes, 2. Aufl., 1972, S. 118 (119 f.) m. weit. Nachw.; Odersky, Nichtehelichengesetz, 3. Aufl., 1973, Art. 12 § 10 Anm. 1 2; Kipp-Coing, Erbrecht, Ergänzung zur 12. Bearbeitung, 1971, S. 2, 6f.; Bartholomeyczik-Schlüter in Erman, BGB, 6. Aufl., 2. Bd., 1975, § 1924 Anm. 9; Kregel in BGB-RGRK, 12. Aufl., Bd. V/1, 1974, § 1924 Anm. 15; Schippel in Soergel-Siebert, BGB, 10. Aufl., Band 6, 1974, § 1934a Rdnr. 12.
Demgegenüber halten Flessner, JuS 1969, S 558 (560), Schultz, MDR 1969, S 985 (986), und Storr, Der Verfassungsauftrag an den Gesetzgeber unter besonderer Berücksichtigung der rechtlichen Stellung des nichtehelichen Kindes, Diss. Würzburg, 1970, S. 135f., 159f., die Übergangsvorschrift für verfassungswidrig oder jedenfalls verfassungsrechtlich bedenklich.
 
B.
Die Verfassungsbeschwerden sind unbegründet.
I.
1. Gegenstand der Entscheidung in den vorliegenden Verfahren ist nicht die Frage, ob die Regelung zur Reform des Nichtehelichenrechts, besonders die neuen Erbrechtsvorschriften in jeder Hinsicht der Verfassung entsprechen. Vielmehr beschränkt sich die Prüfung allein darauf, ob der Gesetzgeber in den Übergangsvorschriften die zeitliche Geltung der alten und der neuen Erbrechtsvorschriften verfassungsgemäß gegeneinander abgegrenzt hat. Daher bedarf es hier keiner Stellungnahme zu der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen über den vorzeitigen Erbausgleich (§§ 1934d, 1934e BGB).
2. Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung ist zunächst von Art. 14 Abs. 1 GG auszugehen. Diese Verfassungsnorm gewährleistet in Satz 1 das Erbrecht sowohl als Rechtsinstitut wie als Individualrecht (vgl. BVerfGE 19, 202 [206]) und überläßt es in Satz 2 dem Gesetzgeber, ebenso wie beim Eigentum, Inhalt und Schranken des Erbrechts zu bestimmen. Um eine solche Bestimmung des Gesetzgebers handelt es sich bei den Erbrechtsvorschriften des Nichtehelichengesetzes einschließlich der beanstandeten Übergangsvorschrift. Die zu prüfende Regelung betrifft die Begründung einer neuen gesetzlichen Erbrechtsbeziehung innerhalb der Familie, nämlich im Verhältnis des nichtehelichen Kindes zu seinem Vater und der väterlichen Familie; sie bildet einen Teil der vom Verfassungsgeber selbst in Art. 6 Abs. 5 GG gebotenen Reform des Nichtehelichenrechts. Wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, war es einerseits mit dieser Verfassungsnorm vereinbar, daß bis zu dieser Reform nach dem alten Recht keinerlei erbrechtliche Ansprüche zwischen dem nichtehelichen Kinde und dem Vater bestanden; andererseits war der Gesetzgeber verpflichtet, in die Reform auch eine angemessene Beteiligung am väterlichen Nachlaß einzuschließen (vgl. BVerfGE 25, 167 [188, 174]). Demnach ist in erster Linie der Spezialnorm des Art. 6 Abs. 5 GG der Prüfungsmaßstab dafür zu entnehmen, ob der Gesetzgeber den Kreis der nichtehelichen Kinder, die in den Genuß der neuen Erbrechtsregelung kommen, verfassungsgemäß abgegrenzt hat:
Darüber hinaus ist bei jeder Reform zu prüfen, ob die Abgrenzung der zeitlichen Herrschaft des alten und des neuen Rechts und damit die Bestimmung des Personenkreises, der durch die Reform begünstigt oder benachteiligt wird, mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, d.h. entsprechend den dazu in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen sachgerecht vorgenommen wurde. Zudem behandelt die angegriffene Übergangsbestimmung nicht nur nichteheliche und eheliche Kinder ungleich, sondern differenziert innerhalb des Kreises der nichtehelichen Kinder zwischen den vor und den seit dem 1. Juli 1949 Geborenen (vgl. BVerfGE 13, 290 [295 ff.]; s.a. BVerfGE 31, 101 [112]). Jedoch ist das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 5 GG als eine besondere Ausprägung des Art. 3 Abs. 1 GG anzusehen; es enthält nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Wertentscheidung, die der Gesetzgeber im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes zu beachten hat (vgl. BVerfGE 8, 210 [221]; 17, 280 [283]; 25, 167 [173]). Diese Wertentscheidung kann verfehlt werden, wenn die gesetzliche Regelung einzelne Gruppen nichtehelicher Kinder im Verhältnis zu anderen Gruppen schlechter stellt (vgl. BVerfGE 22, 163 [172 m. weit. Nachw.]). Demgemäß ist auch bei der Prüfung der genannten Differenzierung zur Ausfüllung und Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes auf Art. 6 Abs. 5 GG und dessen Gebot, das nichteheliche Kind angemessen am väterlichen Nachlaß zu beteiligen, zurückzugreifen.
Gegenüber Art. 6 Abs. 5 und Art. 3 Abs. 1 GG scheidet der weiter als verletzt gerügte Art. 2 Abs. 1 GG hier als Prüfungsmaßstab aus (vgl. BVerfGE 13, 290 [296]).
II.
Eine Verletzung von Art. 6 Abs. 5 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG wäre von vornherein zu verneinen, wenn Art. 6 Abs. 5 GG sich nur auf Abkömmlinge nichtehelicher Abstammung bezöge, die noch nicht volljährig sind. Eine solche Beschränkung läßt sich jedoch aus der Verwendung des Wortes "Kinder" nicht herleiten (ebenso unter anderem Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts, 1964, S. 41, Anm. 1 m. weit. Nachw.; Lutter, FamRZ 1967, S. 65 [67]; Jochem, Das Erbrecht des nichtehelichen Kindes nach deutschem Recht bei Sachverhalten mit Auslandsberührung, 1972, S. 171 f.); sie findet auch in der Entstehungsgeschichte der Norm keine Stütze (vgl. JöR NF 1, 93 ff.).
1. Art. 6 Abs. 5 GG fordert zunächst, daß den unehelichen Kindern durch die Gesetzgebung "die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung" geschaffen werden sollen. Die Volljährigkeitsgrenze fällt aber nicht notwendig mit dem Abschluß der leiblichen und seelischen Entwicklung zum Erwachsenen zusammen. Dies galt schon für die Zeit der Entstehung des Grundgesetzes, erst recht aber für die Verhältnisse bei dem Erlaß des Nichtehelichengesetzes, auf die es maßgebend ankommt, d.h. für die damals geltende Volljährigkeitsgrenze von 21 Jahren. Bei den ehelichen Kindern, deren Stellung das Richtmaß für die Verbesserung der Lage der nichtehelichen Kinder abgeben soll, ist schon die berufliche Ausbildung in zahlreichen Fällen mit dem Alter von 21 Jahren noch nicht abgeschlossen, zumindest stehen die Jugendlichen in diesem Alter häufig noch nicht auf eigenen Füßen (s. hierzu auch BVerfGE 40, 121 [135]; 28, 324 [355 ff.]). Entsprechend dauert die Unterhaltspflicht der Eltern fort, und zwar oft weit über den genannten Zeitpunkt hinaus. Eine schematische Zäsur bei den nichtehelichen Kindern im Verhältnis zu der auf den Einzelfall abgestellten Regelung für eheliche Kinder hätte daher gerade das Ziel der Verfassungsnorm verfehlt. Es läßt sich auch abgesehen von der wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht begründen, daß ein Jugendlicher mit 21 Jahren normalerweise seine Entwicklung abgeschlossen hätte.
Zudem widerspricht eine schematisch festgelegte Altersgrenze klar der zweiten Forderung des Art. 6 Abs. 5 GG, den unehelichen Kindern gleiche Bedingungen "für ihre Stellung in der Gesellschaft" zu schaffen. Die Stellung eines Menschen in der Gesellschaft hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, bei denen sich die Ehelichkeit oder Nichtehelichkeit in mehr oder minder großem Umfang auswirken kann. Dabei spielt eine wesentliche Rolle die Position innerhalb der mütterlichen und der väterlichen Familie, die nicht allein in der Unterhaltspflicht zum Ausdruck kommt, sondern in der vielfältigen materiellen und immateriellen Förderung, die einem ehelichen Kinde während seines ganzen Lebens seitens der Familie zuteil wird, einschließlich der Zuwendungen von Todes wegen.
2. Aus den gleichen Erwägungen läßt sich der nach Art. 6 Abs. 5 GG zu begünstigende Personenkreis auch nicht auf Kinder unter 25 Jahren (so Hildegard Krüger, Die Rechtsstellung des unehelichen Kindes nach dem Grundgesetz, 1960, S. 5f.; zustimmend Brinkmann, Grundrechtskommentar zum Grundgesetz, Anm I 6a zu Art. 6) oder - ohne präzise Begrenzung - auf Kinder im entwicklungsfähigen Alter (so Grasnick, JJb, 7. Bd., 1966/67, S. 47 [62 f.]; Knur, FamRZ 1967, S. 245 [255]) beschränken.
III.
Die nähere Prüfung der beanstandeten Vorschrift an den genannten Verfassungsnormen hat davon auszugehen, daß dem Gesetzgeber für die Regelung des Übergangs von einer älteren zu einer neueren, den Zielen der Verfassung und den rechtspolitischen Vorstellungen der Gegenwart besser entsprechenden Regelung notwendig ein gewisser Spielraum einzuräumen ist (vgl. auch BVerfGE 31, 275 [284 f.] - Anneliese Rothenberger). Dies gilt besonders, wenn - wie hier - ein ganzes Rechtsgebiet einer Neuordnung unterzogen wird. Da es in solchen Fällen unmöglich ist, die unter dem alten Recht entstandenen und womöglich schon abgewickelten Rechtsverhältnisse vollständig dem neuen Recht zu unterstellen, und der Grundsatz der Rechtssicherheit klare schematische Entscheidungen über die zeitliche Abgrenzung zwischen dem alten und dem neuen Recht verlangt, ist es unvermeidlich, daß sich in der Rechtsstellung der Betroffenen, je nachdem, ob sie dem alten oder dem neuen Recht zu entnehmen ist, Unterschiede ergeben, die dem Ideal der Rechtsgleichheit widersprechen. Insbesondere kann die der Rechtssicherheit dienende Einführung von Stichtagen zu unter Umständen erheblichen Härten führen, wenn die tatsächliche Situation derjenigen Personen, die durch Erfüllung der Stichtagsvoraussetzung gerade noch in den Genuß der Neuregelung kommen, sich nur geringfügig von der Lage derjenigen unterscheidet, bei denen diese Voraussetzung fehlt. Solche allgemeinen Friktionen und Härten in Einzelfällen führen jedoch nicht zur Verfassungswidrigkeit einer im ganzen der Verfassung entsprechenden Neuregelung; denn in aller Regel lassen sich den Verfassungsnormen keine sicheren Anhaltspunkte für die Einzelheiten der zeitlichen Geltung des neuen Rechts entnehmen, und das Verfassungsgericht würde die Grenzen seiner Prüfungsbefugnis überschreiten, wenn es die vom Gesetzgeber gewählte Übergangsregelung durch eine nach seiner Ansicht bessere ersetzte.
Die verfassungsrechtliche Prüfung von Stichtagsvorschriften und anderen Übergangsvorschriften muß sich daher in Erkenntnis des aufgezeigten Dilemmas darauf beschränken, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und die gefundene Lösung sich im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen läßt oder als willkürlich erscheint (vgl. BVerfGE 13, 31 [38]; 29, 283 [299 f.] m. weit. Nachw.; BVerfG vom 8. Februar 1977 - 1 BvR 79/70 unter anderem - Hamb. Universitätsgesetz, C III 3 1). Dabei kann der Gesetzgeber nicht nur die praktischen Schwierigkeiten einer Umstellung für die zuständigen Behörden und Gerichte berücksichtigen, sondern bei wesentlichen, die Allgemeinheit betreffenden Rechtsänderungen dem Wandel der Einstellung in der Bevölkerung Rechnung tragen.
Nach diesen Maßstäben kann die angegriffene Übergangsbestimmung als noch verfassungsgemäß angesehen werden.
1. Die allgemeine Bestimmung des Zeitpunktes für das Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes hielt sich in dem unmittelbar aus Art. 6 Abs. 5 GG zu entnehmenden zeitlichen Rahmen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Januar 1969 waren die Regelungen, die das nichteheliche Kind von jedem Erbrecht und Pflichtteilsrecht nach seinem Vater ausschlossen, mit Art. 6 Abs. 5 GG unvereinbar; das aus dieser Verfassungsnorm erwachsende Gebot, dem nichtehelichen Kinde eine angemessene Beteiligung am väterlichen Nachlaß in Form eines Erbrechts oder eines Geldanspruchs zuzuerkennen, hätte am Ende der Legislaturperiode des fünften Bundestages unmittelbar derogierende Kraft erlangt, falls der Gesetzgeber den Verfassungsauftrag zur Reform des Nichtehelichenrechts auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts nicht bis zu diesem Zeitpunkt verwirklicht hätte (BVerfGE 25, 167 [Leitsatz 1; 174, 184 ff.]).
Das Reformgesetz ist zwar vor Ablauf der fünften Legislaturperiode, nämlich im Juli 1969, von den gesetzgebenden Körperschaften verabschiedet (BT 2. Juli 1969 - StenBer. S. 13 724 [D]; BR 11. Juli 1969 - StenBer. S. 209 [C]) und ebenso vor diesem Zeitpunkt, nämlich am 19. August 1969 (BGBl. I S. 1243), verkündet worden, jedoch gemäß seinem Art. 12 § 27 erst danach, nämlich am 1. Juli 1970, in Kraft getreten. Gleichwohl hat der Gesetzgeber den Verfassungsauftrag noch rechtzeitig erfüllt. erfüllt. Die in der genannten Entscheidung gesetzte Frist bezieht sich ausdrücklich auf das "Verabschieden" des Reformgesetzes (BVerfGE, a.a.O. [180, 187 f.]; vgl. weiter BVerfGE 26, 44 [62 f.]). Insoweit besteht hier ein wesentlicher Unterschied zur Verwirklichung der Gleichberechtigung, wofür die Verfassung selbst in Art. 117 Abs. 1 GG einen - äußersten - Stichtag bestimmt hatte. Im übrigen war im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bereits der Entwurf eines Reformgesetzes im Bundestag eingebracht, nach dessen Art. 3 das Gesetz an einem noch zu bestimmenden Datum, d.h. erst nach Ablauf einer Übergangsfrist, in Kraft treten sollte.
Schließlich ist bei Reformgesetzen von der Bedeutung des Nichtehelichengesetzes eine Übergangsfrist sachlich geboten; sie war von vornherein zu erwarten. Freilich durfte nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen der ohnehin säumige Gesetzgeber das Inkrafttreten der Neuregelung nicht beliebig lange verschieben; die Übergangsfrist war vielmehr auf den zur Einführung des neuen Rechts erforderlichen Zeitraum zu beschränken. Insoweit war nach den Ausführungen des Berichterstatters bei der zweiten Gesetzesberatung im Bundestag von seiten der Landesjustizverwaltungen erklärt worden, daß etwa ein Jahr notwendig sein werde, um die Verwaltungen und vor allem die Gerichte auf die Anwendung des neuen Rechts vorzubereiten und die vorgesehenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften zu erlassen (StenBer. der 235. Sitzung vom 14. Mai 1969, S. 12 997 [C]). Mit den gleichen Gründen verteidigte der Vertreter des Bundesjustizministeriums im Rechtsausschuß des Bundesrates die Bemessung der Übergangsfrist bis zum 1. Juli 1970 und hob hervor, daß im besonderen die gebotene Anpassung der Dienstanweisung für die Standesbeamten eine gewisse Zeit erfordere. Er führte zutreffend aus, das neue Nichtehelichenrecht bedeute einen so weitgehenden Eingriff in das geltende Recht, daß sich alle Gerichte, Behörden, Organisationen und Verbände sowie die Bevölkerung erst mit dem neuen Rechtszustand vertraut machen müßten, und wies weiter darauf hin, daß die vom Reformgesetz noch ausgeklammerte Änderung des Jugendwohlfahrtsgesetzes in der sechsten Legislaturperiode alsbald beschlossen und ebenfalls zum 1. Juli 1970 in Kraft gesetzt werden sollte (Prot. der 345. Sitzung des Rechtsausschusses des Bundesrates vom 11. Juni 1969, S 26).
Insgesamt hielt sich danach die allgemeine Übergangsfrist von weniger als einem Jahr nach der Verabschiedung und von gut zehn Monaten nach der Verkündung in den verfassungsrechtlich zulässigen Grenzen.
2. Ebenso war die Differenzierung zwischen den Erbfällen vor und nach Inkrafttreten des Gesetzes (Art. 12 § 10 Abs. 1 NEG) verfassungsrechtlich unbedenklich. Wenn der Gesetzgeber nur gehalten war, die Neuregelung insgesamt erst bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu verabschieden und mit einer angemessenen Übergangsfrist wirksam werden zu lassen, so konnte er nicht verpflichtet sein, sie auch auf Erbfälle vor ihrem Inkrafttreten zu erstrecken. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine solche Rückwirkung überhaupt zulässig gewesen wäre. Denn es leuchtet ohne weiteres ein, daß beim Übergang zu einem geänderten Erbrecht die bereits nach dem alten Recht abgewickelten Fälle unberührt bleiben sollen, weil ein Wiederaufgreifen eine Fülle rechtlicher und praktischer Schwierigkeiten bereiten würde. Zudem entspricht die genannte Übergangsvorschrift dem in vergleichbaren Regelungen des deutschen Zivilrechts verfolgten Grundsatz, daß sich die erbrechtlichen Verhältnisse nach dem Recht bestimmen, das im Zeitpunkt des Todes des Erblassers in Kraft war (vgl. Art. 213 EGBGB und § 51 Abs. 1 des Gesetzes über die Errichtung von Testamenten und Erbverträgen vom 31. Juli 1938 [RGBl. I S. 973]).
3. Es bleibt aber zu entscheiden, ob der Gesetzgeber diesen Grundsatz dadurch beschränken durfte, daß er innerhalb der grundsätzlich in den Genuß der Gesamtregelung kommenden bei Inkrafttreten des Gesetzes lebenden nichtehelichen Kinder eine weitere Differenzierung nach einer Altersgrenze vornahm. Dies ist bei Abwägung der dafür und dagegen sprechenden Umstände grundsätzlich zu bejahen.
a) Zwar bewirkt jede derartige Altersgrenze, wo man sie auch ziehen mag, daß die vom Verfassungsgeber gewollte Aktualisierung der Gleichstellung aller nichtehelichen Kinder, die infolge der Säumnis des Gesetzgebers ohnehin schon zwanzig Jahre auf sich warten ließ, in diesem Punkt nochmals für eine vom Eintritt der jeweiligen Erbfälle abhängige unbestimmte Zeitdauer hinausgeschoben wird und dementsprechend für eine bestimmte Gruppe Betroffener die bisherige Benachteiligung fortdauert. Dem kann kaum entgegengehalten werden, daß die wirtschaftliche Bedeutung des neuen Erbrechts für die nichtehelichen Kinder oft gering sei, weil in den überwiegend in Betracht kommenden sozialen Schichten in der Regel keine großen Nachlässe zur Verteilung kämen und zudem die effektive Begünstigung der nichtehelichen Abkömmlinge vielfach durch die Testierfreiheit des Erblassers oder Vermögensdispositionen zu dessen Lebzeiten beeinträchtigt sein werde. Selbst wenn dies zuträfe, darf die soziale Bedeutung des Erbrechts für die von der Verfassung geforderte Gleichstellung der nichtehelichen Kinder nicht unterschätzt werden. Dies hat bereits Fallmann auf dem 32. Deutschen Juristentag hervorgehoben (Verhandlungen des 32. DJT, 1921, S. 170):
    " ... Erst das Erbrecht ... nimmt von dem Kinde den traurigen Vorwurf einer im Grunde mißbilligten Existenz und bringt auch dem Vater den hohen Ernst und die sittliche Verantwortlichkeit seiner Stellung zum vollen Bewußtsein. Mit der Einräumung des Erbrechtes an das Kind wird der Standpunkt verlassen, daß die außereheliche Geburt nur unter dem Gesichtspunkt eines sozial mißbilligten Tatbestandes angesehen werden dürfe, dessen Folgen mit der Erwerbsbefähigung des Kindes hinlänglich ausgeglichen seien".
Auf der gleichen Linie liegt es, wenn die amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum Nichtehelichengesetz die in den Reformvorschlägen zum Teil befürwortete generelle Beschränkung der Nachlaßbeteiligung auf minderjährige oder unterhaltsbedürftige nichteheliche Kinder grundsätzlich ablehnt und denVerfassungsauftrag insoweit wie folgt erläutert (BTDrucks. V/2370 S. 89 f.):
    " ... Es bedarf keiner Erörterung, daß ein auf erbrechtlicher Grundlage erzielter Vermögenszuwachs nicht nur die Entwicklung eines jungen Menschen fördern, sondern auch nach Abschluß der eigentlichen Entwicklungszeit seine Stellung in der Gesellschaft und sein weiteres Fortkommen maßgebend beeinflussen kann.
    ... Für die Frage der Stellung des unehelichen Kindes in der Gesellschaft kommt es im übrigen nicht entscheidend darauf an, ob das Kind im Einzelfall beim Tode seines Vaters einen Vermögenszuwachs zu erwarten hat. Würde unehelichen Kindern gesetzlich weiterhin eine im Vergleich zu ehelichen Kindern verminderte Rechtsstellung eingeräumt, so könnte schon dieser Umstand als solcher eine Minderung ihres Ansehens und ihrer gesellschaftlichen Stellung zur Folge haben, da die schlechtere Rechtsstellung in der Öffentlichkeit als Erscheinungsform eines vom Gesetzgeber anerkannten Makels des unehelichen Kindes betrachtet werden könnte. Gerade im Erbrecht kann die Gesetzgebung dazu beitragen, noch bestehende Vorurteile zu beseitigen und die gesellschaftliche Stellung des unehelichen Kindes zu verbessern".
    Vgl. auch Dieckmann, FamRZ 1966, S. 72 (77); Lutter, FamRZ 1967, S. 65 (68), sowie Jochem, Das Erbrecht des nichtehelichen Kindes nach deutschem Recht bei Sachverhalten mit Auslandsberührung, 1972, S. 170 ff.
Trotz dieser wesentlichen Bedeutung des Erbrechts läßt sich andererseits nicht übersehen, daß bei einer Gesamtbetrachtung der Reform des Erbrechts nicht der gleiche Rang zukommt wie den unmittelbaren Verbesserungen der Lebensbedingungen für das heranwachsende Kind. Diese betreffen vor allem die materielle Besserstellung im Unterhaltsrecht und die Beseitigung der rechtlichen Diskriminierung durch verstärkte Rechte der Mutter sowie durch die Begründung einer familienrechtlichen Beziehung zum Vater. Abgesehen davon, daß in der Mehrzahl der Fälle ein das Kind begünstigender Erbfall in der väterlichen Familie erst eintreten wird, wenn es bereits voll erwachsen ist und sich selbst eine berufliche und soziale Stellung geschaffen hat, fällt die Erbberechtigung für die Entwicklung des Kindes nicht ebenso stark ins Gewicht wie die Neugestaltung des Verhältnisses Kind-Mutter-Jugendamt sowie die Veränderungen des Unterhaltsrechts, im Statusrecht, im Namensrecht oder bei der Ehelicherklärung. Deswegen war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die allgemeine Übergangsregelung des Art. 12 § 1 NEG, wonach das neue Recht grundsätzlich auf die bei Inkrafttreten des Gesetzes lebenden nichtehelichen Kinder voll Anwendung findet, schematisch auch für das Erbrecht gelten zu lassen.
b) Die in der Bestimmung einer Altersgrenze enthaltene Sonderregelung kann allerdings nicht mit der Erwägung begründet werden, die Beziehungen zwischen Vater und Kind seien unter dem alten Rechtszustand so schwach ausgebildet gewesen, daß sie jedenfalls mit der Volljährigkeit des Kindes tatsächlich erloschen gewesen wären.
Das gesetzliche Erbrecht setzt allgemein nicht voraus, daß zwischen Erblasser und Erben eine nähere persönliche Beziehung besteht. Auch rechtstatsächlich kann nicht stets vom Bestehen solcher Beziehungen ausgegangen werden. Das geltende Recht knüpft neben der Ehe allein an die Verwandtschaft an und stellt damit nicht auf eine tatsächlich vorhandene Familienbindung, sondern allein auf die Blutsverbindung ab. Der Grundsatz der unbegrenzten Verwandtenerbfolge (vgl. § 1929 BGB) kann sogar dazu führen, daß der Erblasser von jemandem beerbt wird, von dessen Existenz er nicht einmal wußte und der ihm jedenfalls viel ferner steht als sein vor dem 1. Juli 1949 geborenes nichteheliches Kind.
Zudem bestanden auch bei den nach dem 1. Juli 1949, aber vor dem 1. Juli 1970 geborenen nichtehelichen Kindern bei Inkrafttreten der Neuregelung vielfach keine persönlichen Beziehungen zu den Vätern. Vielmehr bildete ganz überwiegend die Unterhaltszahlung - in der Regel an das Jugendamt als Amtsvormund (vgl. § 1707 BGB a.F., § 40 JWG a.F.) - die einzige "Verbindung". Selbst wenn man den nicht seltenen Fall, daß der Vater seiner Unterhaltspflicht nicht oder nicht regelmäßig nachkam, oder die Möglichkeit, anstelle einer laufenden Unterhaltsrente die Zahlung einer einmaligen Abfindung zu vereinbaren (§ 1714 BGB a.F.), außer acht läßt, kann einer solchen "Zahlvaterbeziehung" nicht eine erbrechtlich relevante Bedeutung in dem umschriebenen Sinne beigelegt werden.
Auch das Nichtehelichengesetz hat die Stellung des Vaters nicht so ausgebaut, daß künftig generell vom Bestehen engerer persönlicher Beziehungen zwischen Vater und Kind ausgegangen werden kann. Die Beseitigung der Fiktion des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. spielt für die tatsächlichen Verhältnisse eine untergeordnete Rolle. Wesentlicher ist, daß die Doppelspurigkeit zwischen der nur inter partes wirkenden Feststellung der "Zahlvaterschaft" (oder Giltvaterschaft) im Unterhaltsprozeß und der Feststellung der "Istvaterschaft" im Statusprozeß weggefallen ist; nunmehr muß in jedem Fall die Vaterschaft mit Wirkung für und gegen alle festgestellt werden - entweder durch freiwillige Anerkennung, die anders als im früheren Recht zu einem Statusakt geworden ist, oder durch gerichtliche Entscheidung im Statusprozeß (§§ 1600a ff. BGB). Der Vater ist aber wie bisher von der elterlichen Gewalt grundsätzlich ausgeschlossen (§ 1705 BGB); vorgesehen ist nur unter bestimmten Voraussetzungen seine Anhörung durch das Vormundschaftsgericht im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Adoption oder soweit das Gericht sonst noch zu Entscheidungen über die Personensorge und Vermögenssorge zuständig ist, d.h. regelmäßig nur bei Minderjährigkeit, Ausfall oder Versagen der Mutter (vgl. §§ 1747b BGB in der Fassung bis zum 31. Dezember 1976, 1712 BGB). Ein Recht auf persönlichen Verkehr mit dem Kinde hat der nichteheliche Vater nicht, vielmehr hängt es in erster Linie von der Entscheidung der Mutter oder des sonst Sorgeberechtigten ab, ob sie einen solchen Kontakt zulassen wollen. Wenn trotz ihrer Weigerung der persönliche Umgang mit dem Vater dem Wohle des Kindes dient, kann das Vormundschaftsgericht eine entsprechende Entscheidung treffen (§ 1711 BGB). Weiter gehende Rechte kann der nichteheliche Vater - abgesehen von der Annahme an Kindes Statt - nur erlangen, wenn er zum Vormund des Kindes bestellt wird, was im Ermessen des Vormundschaftsgerichts liegt (§ 1779 Abs. 2 Satz 3 BGB), oder das Kind - mit Einwilligung der Mutter - für ehelich erklären läßt, was im Verhältnis zum früheren Rechtszustand wesentlich erleichtert worden ist (§§ 1723 ff. BGB). Schließlich kann der nichteheliche Vater dem Kinde mit dessen Einwilligung und mit Einwilligung der Mutter durch einfache Erklärung gegenüber dem Standesamt seinen Namen erteilen (§ 1618 BGB).
Insgesamt liegt der Neuregelung gewiß die Tendenz zugrunde, den nichtehelichen Vater nicht nur in finanzieller Hinsicht stärker zur Verantwortung für das Kind heranzuziehen. Entsprechend können die persönlichen Beziehungen intensiviert werden, soweit dies der Entwicklung des Kindes förderlich ist, also etwa geeignet ist, die aus dem Erlebnis der Vaterlosigkeit resultierenden seelischen Schäden zu mildern. Jedoch hängt es maßgebend von der subjektiven Einstellung der Beteiligten ab, die ihrerseits von den allgemeinen gesellschaftlichen Anschauungen beeinflußt wird, ob und wieweit diese Möglichkeiten im Interesse des Kindes genutzt werden können und tatsächlich genutzt werden. In dem hier wesentlichen Zusammenhang reicht der sich daraus ergebende Unterschied zum früheren Recht nicht aus, um die umstrittene Zäsur einer Altersgrenze für die erbrechtlichen Verhältnisse zu rechtfertigen. Dabei geben die vorliegenden Fälle keinen Anlaß zur Entscheidung der Streitfrage, ob die geltende Regelung gerade in der Frage des persönlichen Verkehrs dem nichtehelichen Vater genügende Rechte einräumt oder ihn im Verhältnis zu einem nicht sorgeberechtigten ehelichen Vater unzulässig benachteiligt (vgl. Zweigert, JuS 1967, S. 241 [245]; Simitis, StAZ 1970, S. 255 [263 f.]; Herrmann Lange, NJW 1970, S. 297 [303]; Hahnzog, FamRZ 1971, S. 334 [337 f.]). Denn die hier zu treffende Entscheidung richtet sich danach, ob der Gesetzgeber von seinem Standpunkt aus sachgerecht handelte, als er bei der Überleitung die Erbberechtigung von einer Altersgrenze abhängig machte. Wenn die den Gesetzesberatungen zugrunde gelegte Annahme zutrifft, daß nach früherem Recht die ohnehin schwachen Vater-Kind-Beziehungen mit dem Eintritt des Kindes in das Berufsleben schwanden und in wenigen Jahren in Vergessenheit gerieten, so hat für die Masse der Fälle das Nichtehelichengesetz insoweit jedenfalls nicht alsbald einen entscheidenden Wandel geschaffen, auch nicht für die nichtehelichen Kinder unter 21 Jahren.
c) Es kann auch nicht überzeugen, wenn die Altersgrenze mit dem Argument gestützt werden soll, der Stichtag des 1. Juli 1949 decke sich annähernd mit dem Zeitpunkt, in dem nach Erlaß des Grundgesetzes das Verfassungsgebot des Art. 6 Abs. 5 GG in der Öffentlichkeit bekannt geworden sei; vorher habe nach der damals geltenden Anschauung kein Mann, der ein nichteheliches Kind gezeugt habe, damit rechnen müssen, dieses werde einmal erbberechtigt sein. Dem kann zwar nicht entgegengesetzt werden, bereits die Weimarer Verfassung habe in Gestalt des Art. 121 einen mit Art. 6 Abs. 5 GG übereinstimmenden Auftrag an den Gesetzgeber enthalten; denn damals handelte es sich nach herrschender Auffassung nur um einen Programmsatz, nicht aber einen verbindlichen Verfassungsbefehl (vgl. Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs, 14. Aufl., 1933, S. 563). Es wäre jedoch lebensfern, der möglichen Erbberechtigung eines nichtehelichen Kindes aufgrund einer künftigen Gesetzgebung einen maßgebenden Einfluß auf das Verhalten der Eltern im Zeitpunkt der Zeugung einzuräumen. Ähnliches gilt für die Unterstellung, der Öffentlichkeit sei in dem genannten Zeitpunkt bereits der Inhalt des Grundgesetzes in allen einzelnen Bestimmungen und in deren ganzer Tragweite zum Bewußtsein gekommen. Vor der Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Grundrechten im allgemeinen und zu Art. 6 Abs. 5 GG im besonderen bestand erhebliche Unklarheit über die rechtliche Bedeutung der Norm und darüber, wie weit die geforderte Gleichstellung mit den ehelichen Kindern gehen müsse. Die Auffassung, sie schließe notwendig auch eine angemessene Beteiligung am väterlichen Nachlaß ein, hat sich erst im Laufe der Reformdiskussion durchgesetzt.
d) Jedoch konnte der Gesetzgeber maßgebend die praktischen und prozessualen Schwierigkeiten berücksichtigen, die sich daraus ergeben, daß sich für die vor dem 1. Juli 1949 geborenen nichtehelichen Kinder die Vaterschaft nicht in allen Fällen mit der Sicherheit feststellen läßt, die als Grundlage einer Erbberechtigung geboten ist (vgl. Lutter, StAZ 1971, S. 6 [18]).
Nach dem Nichtehelichengesetz steht dem nichtehelichen Kinde ein gesetzliches Erbrecht oder ein Erbersatzanspruch nur zu, wenn der Erblasser als Vater festgestellt worden ist (§§ 1600a, 1934c BGB). Ist vor Inkrafttreten des Gesetzes in einem Statusprozeß die Vaterschaft festgestellt worden, so hat dies die gleiche Wirkung wie die Vaterschaftsfeststellung nach Inkrafttreten des Gesetzes (Art. 12 § 2 NEG; vgl. dazu Odersky, Nichtehelichengesetz, 3. Aufl., 1973, Art. 12 § 3 Anm. II 3a). Hat der Erblasser vor Inkrafttreten des Gesetzes die Vaterschaft anerkannt, sich zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet oder ist er dazu rechtskräftig verurteilt worden, so ist er nach Art. 12 § 3 NEG ebenfalls als Vater im Sinne des Nichtehelichengesetzes anzusehen. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß sich aus den zuletzt genannten Rechtsakten die Vaterschaft nicht stets mit der gleichen Zuverlässigkeit ergibt wie aus einem rechtskräftigen Statusurteil nach altem Recht oder aus einer Vaterschaftsfeststellung nach neuem Recht (vgl. §§ 1600a ff. BGB, 640 ff. ZPO). Dies betrifft nicht allein die materiellrechtlichen und prozessualen Voraussetzungen, sondern auch die Gewähr für die tatsächliche Richtigkeit, wenn man bedenkt, welche großen Fortschritte die Wissenschaft in bezug auf die Entwicklung der Blutgruppenuntersuchung und der erbbiologischen Untersuchung gemacht hat. Je länger diese Rechtsakte zurückliegen, um so eher werden Zweifel an der Zuverlässigkeit der Vaterschaftsfeststellung jedenfalls dann in Betracht kommen, wenn die Zahlvaterschaft seinerzeit bestritten war. Vgl. hierzu auch BVerfGE 8, 210 (219):
    "Als § 644 ZPO geschaffen wurde, war weder die Blutgruppenuntersuchung noch die erbbiologische Untersuchung als Beweismittel bekannt; die wirkliche uneheliche Vaterschaft war daher, wenn sie bestritten wurde, kaum mit Sicherheit beweisbar, und die Gerichte waren aus diesem praktischen Grunde auf die von erleichterten Beweisbedingungen abhängige Feststellung der Zahlvaterschaft beschränkt".
Dem trägt die Übergangsregelung dadurch Rechnung, daß sie die unbefristete Möglichkeit zur Anfechtung der vorgenannten Rechtsakte eröffnet mit dem Ziel der Feststellung, daß der betreffende Mann nicht der Vater des Kindes ist. Das Anfechtungsrecht steht unter anderem dem Mann, nach seinem Tode seinen Eltern, der überlebenden Ehefrau und seinen Abkömmlingen zu. Dabei wird vermutet, daß der Mann der Mutter in der Empfängniszeit beigewohnt hat; im übrigen gilt § 1600 o Abs. 2 S. 2 BGB, d.h. die Vermutung, daß das Kind von ihm gezeugt ist, greift nicht ein, wenn nach der Würdigung Umstände schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft verbleiben.
Je weiter nun der Kreis der bei Erbfällen nach Inkrafttreten des Gesetzes erbberechtigten Kinder gezogen wird, um so mehr würde in den Fällen des Art. 12 § 3 NEG die Erhebung von Anfechtungsklagen in Betracht kommen. Zugleich muß sich die Durchführung und Entscheidung der Verfahren um so schwieriger gestalten, je länger die Geburt des betroffenen Kindes zurückliegt. Man denke etwa an die Erschwerung der Beweisfindung in Fällen, in denen das nichteheliche Kind bereits 40 bis 50 Jahre alt ist. Das gilt verstärkt dann, wenn die Anfechtung erst nach dem Tode des Vaters erhoben wird, besonders aber, wenn es sich um die Erbberechtigung nach Verwandten des vorverstorbenen Vaters handelt, sofern hier überhaupt eine Anfechtungsmöglichkeit besteht.
Allerdings wäre es falsch, davon auszugehen, daß in der Mehrzahl der Fälle, in denen einer der in Art. 12 § 3 NEG aufgeführten Rechtstitel vorliegt, der dadurch festgestellte "Zahlvater" nicht der wirkliche Vater ist. Die Lebenserfahrung spricht dagegen, namentlich wenn man den relativ hohen Anteil der freiwilligen Vaterschaftsanerkenntnisse berücksichtigt. Eine Gesamtbetrachtung spricht eher dafür, daß in den Fällen, in denen vor Inkrafttreten des Gesetzes eine Statusklage oder Unterhaltsklage des Kindes abgewiesen wurde, nicht selten eine vom heutigen Standpunkt falsche Entscheidung getroffen sein mag - und zwar um so häufiger, je länger diese Verfahren zurückliegen. Denn je weniger die heutigen wissenschaftlichen Methoden entwickelt waren, um so eher mußte eine Vaterschaftsfeststellung an der exceptio plurium scheitern. Eine Einbeziehung der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes geborenen nichtehelichen Kinder enthält damit auch umgekehrt ein Element der Ungleichheit, insofern die Begünstigung praktisch davon abhängt, ob nach der aus heutiger Sicht unzulänglichen rechtlichen Regelung und unvollkommenen Beweisermittlung eine Vaterschaftsfeststellung durchsetzbar war und durchgesetzt worden ist. Diese Ungleichheit nimmt ebenfalls zwangsläufig zu, je mehr man in die Vergangenheit zurückgeht, d.h. je älter die Gruppe der einbezogenen Kinder bei Inkrafttreten des Gesetzes war.
Die Berücksichtigung dieser auf verschiedene Wurzeln zurückgehenden Rechtsunsicherheit und Ungleichheit konnte die Einführung einer Altersgrenze rechtfertigen. Jedenfalls hat der Gesetzgeber damit noch nicht den ihm für die Übergangsregelung zustehenden Spielraum überschritten.
e) Im Zusammenhang damit kann es auch nicht als geradezu sachwidrig beurteilt werden, wenn der Gesetzgeber bei der Überleitung in gewissem Maße berücksichtigte, daß im Bereich des Erbrechts erhebliche Unklarheiten und auch Widerstände gegen die Reform hervorgetreten waren. Wie die Reformdiskussion und die Gesetzesberatungen gezeigt haben, war eine Beteiligung des nichtehelichen Kindes am väterlichen Nachlaß in Form eines gesetzlichen Erbrechts oder Pflichtteilsrechts, aber auch in Form von Erbersatzrechten oder Vermächtnisrechten lange Zeit sehr kontrovers; statt dessen wurden etwa verstärkte Unterhaltsansprüche oder Abfindungsansprüche gegen die Erben oder variierende Forderungen auf Ausstattung oder auf einen Fortkommensbeitrag zu Lebzeiten des Vaters vorgeschlagen. Entsprechend konnte vor Erlaß des Gesetzes nicht ohne weiteres damit gerechnet werden, daß die erbrechtlichen Verhältnisse der vorhandenen nichtehelichen Kinder sich in absehbarer Zeit ändern würden, so daß im Vertrauen darauf entsprechende Vermögensdispositionen getroffen oder andere Vermögensdispositionen unter Lebenden oder von Todes wegen unterlassen worden sind, die bei Kenntnis der künftigen Regelung getroffen worden wären. Es war damit zu rechnen, daß es auch nach Inkrafttreten des Gesetzes geraume Zeit dauern würde, bis die neue Regelung den Betroffenen bewußt wurde, und daß jedenfalls die generelle Übergangsfrist hierfür nicht ausreichte. Insoweit ist namentlich zu bedenken, daß die Gleichstellung des nichtehelichen Kindes nicht nur im Verhältnis zum Vater, sondern auch zur übrigen väterlichen Familie gilt, die von der Existenz des nichtehelichen Kindes vielfach nichts wußte und deswegen mögliche Erbansprüche nicht durch eine entsprechende Testierung ausschließen konnte.
Das Vertrauen auf die Weitergeltung des alten Rechtszustandes erschien um so eher verständlich, je älter die nichtehelichen Kinder und demgemäß die Väter und andere präsumtive Erblasser aus der väterlichen Familie bei Inkrafttreten des Gesetzes waren. Je länger die Beendigung der nach dem früheren Recht allein relevanten Unterhaltsbeziehung zurücklag, um so weniger waren die Betroffenen darauf gefaßt, daß dieses abgewickelte Rechtsverhältnis nunmehr erbrechtliche Konsequenzen haben konnte. Man denke etwa an Fälle, in denen beim Tode eines 70jährigen Vaters oder Seitenverwandten die eheliche Familie durch das Auftauchen eines 45jährigen - bis 50jährigen nichtehelichen Kindes oder von dessen Abkömmlingen als Erbprätendenten überrascht worden wäre. In diesem Zusammenhang mag auch darauf hingewiesen werden, daß entsprechend dem allgemeinen Schema des geltenden Erbrechts die Regelung der Erbansprüche des nichtehelichen Kindes am väterlichen Nachlaß spiegelbildlich auch für die Erbansprüche des nichtehelichen Vaters in den freilich selteneren Fällen eines Vorversterbens des Kindes gilt: Ohne die beanstandete Regelung wäre z.B. unmittelbar nach Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes beim Erbfall nach einem 45jährigen - bis 50jährigen nichtehelichen Kinde der 70jährige nichteheliche Vater oder ein anderer väterlicher Verwandter erbberechtigt gewesen.
Gewiß war der Gesetzgeber nicht gezwungen, diesen Vorstellungen der Beteiligten zu entsprechen; andernfalls könnten Änderungen des Erbrechts stets nur auf Personen angewandt werden, die nach deren Inkrafttreten geboren sind. Dies widerspräche dem bereits erwähnten Grundsatz des Art. 213 EGBGB und würde erbrechtliche Reformen weitgehend illusorisch machen. Andererseits kann es dem Gesetzgeber aber noch nicht als eine Überschreitung des ihm zustehenden Spielraumes zur Last gelegt werden, wenn er bei der Überleitung zu einer relativ einschneidenden Änderung des Erbrechts die genannten Umstände einschließlich des Zeitablaufs seit Erlaß des Grundgesetzes durch die Bestimmung einer Altersgrenze berücksichtigte. Im Vergleich etwa zur Regelung des Unterhaltsrechts läßt sich die weiter gehende Übergangsbestimmung auch deswegen vertreten, weil sich für die Anwendung der unterhaltsrechtlichen Neuregelung auf die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits geborenen nichtehelichen Kinder eine ähnliche zeitliche Beschränkung aus der Natur der Sache ergibt: Die Erweiterung der Unterhaltspflicht wurde im Regelfall nur für die Altersgruppe der damals noch in der Ausbildung befindlichen Kinder praktisch.
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, die Erbberechtigung hätte gerade bei den älteren Kindern, die in der Zeit ihrer Unterhaltsbedürftigkeit gegenüber den ehelichen Kindern benachteiligt gewesen wären, wirtschaftlich einen gewissen Ausgleich bieten können. Angesichts der Gestaltung des gegenwärtigen Erbrechts ist es ungewiß, ob ein potentiell erbberechtigter Abkömmling tatsächlich einen Vermögenszuwachs erlangt und wie hoch dieser ist; hierfür spielen von Fall zu Fall wechselnde Umstände eine Rolle: die Lebenszeit des potentiell Erbberechtigten und des potentiellen Erblassers, das Vorhandensein vorrangiger oder gleichrangiger gesetzlicher Erben, der Vermögensstand des Erblassers zur Zeit des Erbfalls, dessen persönliche Einstellung zum Erbprätendenten und die deswegen oder aus anderen Gründen vorgenommenen Vermögensdispositionen unter Lebenden und von Todes wegen. Die Zufälligkeit des Ergebnisses im Einzelfall wäre bei unbeschränkter Geltung des neuen Erbrechts nach Inkrafttreten des Reformgesetzes noch durch den ebenfalls mehr oder weniger zufälligen Umstand verstärkt worden, ob der Erblasser bereits Kenntnis von der Neuregelung hatte oder nicht. Solche Erwägungen lassen sich auch nicht mit der Begründung widerlegen, es sei mit der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 5 GG nicht vereinbar, für eine Übergangszeit das Vertrauen auf eine Dispositionsfreiheit zum Nachteil der nichtehelichen Kinder zu schützen. Nach dem System des geltenden Erbrechts muß das nichteheliche Kind Dispositionen, die seine potentiellen Erbansprüche bei Eintritt des Erbfalls mindern, in den gleichen Grenzen gegen sich gelten lassen wie ein ehelicher Abkömmling. Dies betrifft nicht die hier offenzulassende Frage des vorzeitigen Erbausgleichs.
4. Nach alledem war es mit Art. 6 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, daß der Gesetzgeber durch das Setzen einer Altersgrenze eine bestimmte Gruppe der bei Inkrafttreten des Gesetzes lebenden nichtehelichen Kinder (oder deren Abkömmlinge) von der Verbesserung der erbrechtlichen Rechtsstellung ausschloß; ob diese Lösung rechtspolitischen Bedenken begegnet, hat das Bundesverfassungsgericht nicht zu entscheiden. Erst recht lag die nähere Bestimmung dieser Grenze im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit (vgl. auch BVerfGE 3, 288 [340]); aus den einschlägigen Verfassungsnormen läßt sich insoweit weder für die gewählte noch für eine andere Altersfestsetzung etwas herleiten. Freilich bewirkt der gewählte Stichtag, daß die neue erbrechtliche Regelung in der Masse der Erbfälle für eine relativ lange Zeitdauer nach Inkrafttreten der Reform noch nicht zum Zuge kommt. Wenn man von der durchschnittlichen Lebenserwartung ausgeht, wird die Begünstigung durch das neue Erbrecht sich überwiegend erst auswirken, wenn die bei Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht 21jährigen Kinder das 40. bis 60. Lebensjahr erreicht haben. Dennoch läßt sich nicht sagen, der Gesetzgeber habe die mögliche Grenze willkürlich niedrig angesetzt. Für die Fixierung auf das 21. Lebensjahr war unter anderem maßgebend, daß der Anspruch auf den vorzeitigen Erbausgleich an diesen Zeitpunkt anknüpft: d.h. nur Kinder, die nach ihrem Alter überhaupt noch einen solchen Anspruch erheben konnten und die ganze für die Geltendmachung des Anspruchs vorgesehene Zeitspanne vom 21. bis zum 27. Jahr noch vor sich hatten, sollten in den Genuß der erbrechtlichen Regelung kommen. Jedenfalls war die Willkürgrenze noch nicht überschritten, wenn der Gesetzgeber aus seiner Sicht die Verbesserung der Rechtsstellung bei Erbfällen in der väterlichen Familie und den vorzeitigen Ausgleich im Zusammenhang sah und auch die erstere nur in denjenigen Fällen gewähren wollte, in denen noch die Möglichkeit bestand, eine Beteiligung des Kindes an den entsprechenden Nachlässen durch eine Vereinbarung auszuschließen, die in erster Linie im Interesse des Kindes lag, zugleich aber auch den Interessen der väterlichen Familie dienen konnte.
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