BVerfGE 56, 1 - Kriegsopferversorgung
1. Bei Regelungen der Kriegsopferversorgung, die für die Betroffenen existentielle Bedeutung haben können, ist der Gesetzgeber nach dem Rechtsstaatsprinzip grundsätzlich gehalten, die Ausnahmefälle einer von ihm festgelegten Leistungsgewährung und das Ausmaß der Kürzung einer solchen Leistung im wesentlichen selbst zu bestimmen.
2. Hängt die Auswirkung einer Regelung von Umständen ab, die dem Einfluß der deutschen Staatsgewalt weithin entzogen sind, können an die Bestimmtheit der Normierung nicht dieselben Anforderungen gestellt werden, wie sie bei Sachverhalten mit innerstaatlicher Anknüpfung möglicherweise zu fordern wären.
3. Die Regelung des § 64e Abs. 1 BVG, soweit danach Kriegsopfern außerhalb des Geltungsbereichs des Bundsversorgungsgesetzes abweichend von der Inlandsversorgung aus besonderen Gründen eine Teil-Versorgung nach Maßgabe von § 64 Abs. 2 Satz 2 bis 4 BVG gewährt werden kann, ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
 
Beschluß
des Zweiten Senats vom 8. Januar 1981
-- 2 BvL 3, 9/77 --
in den Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung der §§ 64, 64 e des Bundesversorgungsgesetzes - Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. April 1977 - S 17 V 204/ 76 - und vom 27. September 1977 - S 17 V 3490/76 -.
 
Entscheidungsformel:
§ 64e Absatz 1 des Bundesversorgungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juni 1976 (Bundesgesetzbl. I S. 1633) ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit danach Kriegsopfern aus besonderen Gründen Teil-Versorgung nach Maßgabe von § 64 Absatz 2 Satz 2 bis 4 Bundesversorgungsgesetz gewährt werden kann.
 
Gründe:
 
A.
Die zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Vorlagen betreffen die Frage, ob die in § 64e des Bundesversorgungsgesetzes getroffene Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wonach Kriegsopfer, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Staaten haben, mit denen die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen unterhält, unter bestimmten Voraussetzungen lediglich eine "Teil-Versorgung" erhalten können, die von der Versorgung abweicht, die Berechtigten mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich des Bundesversorgungsgesetzes gewährt wird.
I.
1. Das Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz - BVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juni 1976 (BGBl. I S. 1633) räumt den Personen, die durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder gleichgestellte Sachverhalte einen gesundheitlichen Schaden erlitten haben, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung einen Anspruch auf Versorgung ein (§ 1 BVG). Der Anspruch umfaßt u. a. Heilbehandlung, Leistungen der Kriegsopferfürsorge und Beschädigtenrente (§ 9 BVG). Die Beschädigtenrente bemißt sich grundsätzlich nach dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit und ist im Gesetz der Höhe nach festgelegt (§ 31 BVG). Wenn der Beschädigte durch die Art der Schädigung in seinem Beruf besonders betroffen ist, wird dies dadurch berücksichtigt, daß die Minderung der Erwerbsfähigkeit höher zu bewerten ist (§ 30 Abs. 2 BVG).
Das Bundesversorgungsgesetz wird angewendet auf Deutsche und deutsche Volkszugehörige, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Bundesversorgungsgesetzes, in den zum Staatsgebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 gehörenden Gebieten
östlich der Oder-Neiße-Linie oder im Ausland haben. Andere Kriegsopfer haben -- unter weiteren Voraussetzungen -- einen Versorgungsanspruch nur insoweit, als sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Bundesversorgungsgesetzes haben (§ 7 BVG). In besonders begründeten Fällen kann mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auch über diesen Personenkreis hinaus Versorgung gewährt werden (§ 8 BVG).
2. In den §§ 64 bis 64f enthält das Bundesversorgungsgesetz in einem besonderen Abschnitt Vorschriften für Berechtigte außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Gesetzes. Das Gesetz trifft hinsichtlich des berechtigten Personenkreises folgende Unterscheidung: Deutsche und deutsche Volkszugehörige, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Staaten haben, mit denen die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen unterhält, erhalten grundsätzlich Versorgung wie Berechtigte im Geltungsbereich des Bundesversorgungsgesetzes (§ 64 Abs. 1 BVG). Nach näherer Maßgabe von § 64e BVG kann indessen diesem Personenkreis auch nur eine -- geringere -- Teil-Versorgung gewährt werden. Der Versorgungsanspruch anderer Berechtigter außerhalb des Geltungsbereichs des Bundesversorgungsgesetzes ruht (§ 64 Abs. 2 BVG).
Die §§ 64, 64e BVG haben folgenden Wortlaut:
    Besondere Vorschriften für Berechtigte außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes
    § 64
    (1) Deutsche und deutsche Volkszugehörige, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Staaten haben, mit denen die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen unterhält, erhalten Versorgung wie Berechtigte im Geltungsbereich dieses Gesetzes, soweit die §§ 64 a bis 64 f nichts Abweichendes bestimmen.
    (2) Der Anspruch auf Versorgung von Kriegsopfern, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben und nicht unter Absatz 1 fallen, ruht. Ihnen kann mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung Versorgung in angemessenem Umfang gewährt werden.
    Wird Versorgung gewährt, so ist sie nach Art, Höhe und Dauer festzulegen. Die Versorgung kann aus besonderen Gründen wieder eingeschränkt oder entzogen werden. § 64 c Abs. 5, §§ 64 d, 64 e Abs. 2 und § 64 f Abs. 1 und 2 gelten entsprechend.
    § 64e
    (1) Stehen einer Versorgung in dem in § 64 Abs. 1 bezeichneten Umfang besondere Gründe entgegen, kann mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung Teil-Versorgung nach Maßgabe des § 64 Abs. 2 Satz 2 bis 4 gewährt werden. Bei der Gestaltung der Versorgung sind die gegebenen Besonderheiten, zu denen auch die Möglichkeiten der Aufklärung des Sachverhalts gehören, zu berücksichtigen. § 64 d Abs. 2 Satz 2 ist anzuwenden. Besondere Gründe im Sinne des Satzes 1 sind im allgemeinen gegeben, wenn
    a) die Leistungen des fremden Staates für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene oder entsprechende Sozialleistungen die Leistungen nach diesem Gesetz oder das Durchschnittseinkommen der gewerblichen Arbeitnehmer des Aufenthaltsstaates das Durchschnittseinkommen der gewerblichen Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei Inkrafttreten des Dritten Anpassungsgesetzes-KOV nicht unerheblich unterschreiten oder
    b) der fremde Staat Renten nach diesem Gesetz ganz oder teilweise auf eigene Renten anrechnet oder
    c) zu besorgen ist, daß den Kriegsopfern oder Gruppen von Kriegsopfern in einem Staat aus Gründen, die die Kriegsopfer nicht zu vertreten haben, auf Dauer keine Versorgung in dem in § 64 Abs. 1 bezeichneten Umfang gewährt werden kann.
    (2) Die Versorgungsbezüge können mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf Zeit ganz oder teilweise versagt oder entzogen werden, wenn in der Person des Berechtigten ein wichtiger, von dem Berechtigten zu vertretender Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund ist vor allem eine Handlung, die gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist oder die geeignet ist, ihr Ansehen zu schädigen.
Die §§ 64a, 64b BVG befassen sich mit Abweichungen bei der Heilbehandlung und Leistungen der Kriegsopferfürsorge, §§ 64c und 64d BVG regeln im wesentlichen die Berücksichtigung und Berechnung ausländischer Einkommen und die Zahlung ins Ausland, § 64f BVG enthält Verfahrensvorschriften.
3. Die Einzelausgestaltung der Versorgung von Kriegsopfern mit Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereichs des Bundesversorgungsgesetzes, die an Berechtigte in über 80 Staaten der Welt geleistet wird, wird zum größten Teil anhand ministerieller Richtlinien vorgenommen. Für die beiden Ausgangsverfahren maßgebend waren insoweit die "Regelungen für die Versorgung von Kriegsopfern in den zum Staatsgebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 gehörenden Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie und in den ost- und südosteuropäischen Staaten (Richtlinien Ost - RlO)" vom 1. Januar 1971, die unter Beteiligung der obersten Bundes- und Landesbehörden erlassen worden waren. Die Richtlinien, die inzwischen geändert worden sind und eine andere Bezeichnung tragen (Richtlinien Ost 1980), sind nicht zur allgemeinen Bekanntgabe bestimmt und dementsprechend nicht veröffentlicht worden. Ihrem Inhalt nach regeln sie auch Einzelheiten der Teil-Versorgung gemäß § 64e BVG. Einzelne dieser Vorschriften trafen hinsichtlich der Voraussetzungen und der Modalitäten der Versorgungsleistungen Bestimmungen, die von den entsprechenden Regelungen für Berechtigte im Geltungsbereich des Bundesversorgungsgesetzes zum Nachteil im Ausland lebender Kriegsopfer abwichen.
II.
1. Der Kläger des Ausgangsverfahrens zum Vorlageverfahren 2 BvL 3/77, der zu dem in § 64 Abs. 1 BVG genannten Personenkreis der Deutschen und deutschen Volkszugehörigen zählt, wohnte bis 1980 in Bielsko-Biala (Polen); seitdem lebt er in der Bundesrepublik Deutschland. Während des Zweiten Weltkriegs leistete der Kläger, der von Beruf Autoschlosser war, Dienst in der deutschen Wehrmacht. Im Jahr 1942 trug er eine Granatsplitterverletzung des Rückens davon. Auf Antrag des Klägers wurde ein Rückgratleiden als Schädigungsfolge anerkannt, die schädigungsbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit rückwirkend ab 1. September 1973 auf 30 v. H. festgesetzt und ihm Teil-Versorgung in Höhe von 45,- DM monatlich gewährt. Nach erfolglosem Widerspruch begehrte der Kläger mit seiner Klage vor allem die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen und die Bewilligung einer höheren Rente. Das Sozialgericht gelangte zu der Überzeugung, daß die Anerkennung einer besonderen beruflichen Betroffenheit im Sinne von § 30 Abs. 2 BVG begründet sei. Es beabsichtigt, die Minderung der Erwerbsfähigkeit höher zu bewerten (auf 40 v. H.) und das beklagte Land zu verpflichten, eine höhere Versorgungsrente zu bewilligen. An dem Erlaß einer entsprechenden Entscheidung sieht sich das Gericht indessen gehindert, weil es an einer wirksamen gesetzlichen Anspruchsgrundlage fehle. Es beschloß, den Rechtsstreit auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die Ermächtigung des § 64e Abs. 1 Satz 1 BVG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 BVG, derzufolge Kriegsopfern mit Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes eine von der Versorgung im Geltungsbereich des Bundesversorgungsgesetzes abweichende Teil-Versorgung gewährt werden kann, von Art. 80 Abs. 1 GG gedeckt wird.
Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Die Regelung der §§ 64 Abs. 1, 64e Abs. 1 Satz 1 BVG entspreche nicht den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung seien im Gesetz nicht bestimmt. § 64 Abs. 1 BVG gewähre einen Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen. Im Widerspruch dazu werde der Anspruch durch § 64e BVG zu einer "Kann"-Leistung. Nach § 64e Abs. 1 Satz 1 BVG könne bei Vorliegen besonderer Gründe Teil-Versorgung nach Maßgabe des § 64 Abs. 2 Satz 2 bis 4 BVG gewährt werden, der der Versorgungsverwaltung ein nahezu uneingeschränktes Ermessen eröffne, sich bei der Versorgung von Personen mit Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereichs des Bundesversorgungsgesetzes über die detaillierten Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes hinwegzusetzen. Die Grenzen dieses Ermessens ließen sich für den Versorgungsberechtigten aus der gesetzlichen Ermächtigung nicht bestimmen und vorhersehen. Für den betroffenen Versorgungsberechtigten sei die ihn berührende Verwaltungsentscheidung nicht nachvollziehbar und nicht nachprüfbar. Dies widerspreche Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach dem Verordnungsgeber jedenfalls ein Minimum an materieller Regelung vorzugeben sei. Dieser Mindestrahmen müsse so beschaffen sein, daß es nicht in der Macht des Adressaten der Ermächtigung liege, willkürlich und für den Einzelnen unvorhersehbar Versorgungsleistungen zu gewähren oder abzulehnen.
Die Ermächtigungsgrundlage stehe auch im Widerspruch zum Rechtsstaatsprinzip, das verlange, daß für den Bürger hinreichend berechenbar sei, welchen Inhalt eine auf eine gesetzliche Ermächtigung gestützte Verordnung haben könne. Angesichts dieser Erwägungen könne dahingestellt bleiben, ob das Gesetz nicht auch zugleich gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz verstoße.
Das vorlegende Gericht setzt sich darüber hinaus mit den Richtlinien Ost auseinander. Diese seien ermessensfehlerhaft und rechtswidrig.
2. Der in Polen lebende Kläger des zweiten Ausgangsverfahrens (2 BvL 9/77), der ebenfalls zum Kreis der in § 64 Abs. 1 BVG genannten Personen gehört, war im Zweiten Weltkrieg in den Diensten der Wehrmacht verwundet worden. Er erhielt eine Versorgungsrente von 45,- DM monatlich. Mit der Klage begehrt er nach erfolglosem Widerspruch u. a. eine Erhöhung seiner Rente. Das Sozialgericht Stuttgart will das beklagte Land verurteilen, dem Kläger eine höhere Versorgungsrente zu bewilligen, sieht sich aber auch insoweit an der beabsichtigten Entscheidung gehindert, weil es die Bestimmungen der §§ 64e, 64 Abs. 1 BVG für unwirksam hält. Es hat das Verfahren mit im wesentlichen gleicher Vorlagefrage und Begründung wie in der Sache 2 BvL 3/77 dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.
III.
1. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, der sich für die Bundesregierung geäußert hat, hält die beanstandete Regelung für verfassungsgemäß.
Ein Verstoß gegen den zum Rechtsstaatsprinzip gehörenden Grundsatz des Gesetzesvorbehalts sei nicht gegeben. Der Gesetzgeber habe die grundsätzliche Entscheidung über die Gewährung von Auslandsversorgung selbst getroffen. Wegen der vielfältigen Besonderheiten der zu berücksichtigenden Sachzusammenhänge sei es nicht sachgerecht gewesen, darüber hinaus weiter gehende Einzelregelungen durch förmliches Gesetz oder durch Rechtsverordnung zu treffen. Auch eine Verletzung des Gewaltenteilungsgrundsatzes liege nicht vor. Es sei nicht zu erkennen, daß durch die der Verwaltung zugewiesene Ermessensentscheidung der Kernbereich der gesetzgeberischen Aufgaben betroffen sei.
Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Dem Gesetzgeber stehe bei der Bestimmung des Personenkreises, für den eine gesetzliche Regelung Anwendung finden solle, ein weiter Spielraum zur Verfügung. Der Gesetzgeber sei durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht gehindert, Sonderregelungen für bestimmte Sachbereiche zu erlassen, wenn deren besondere Verhältnisse es erforderten oder rechtfertigten. Besondere Verhältnisse in diesem Sinne lägen bei Kriegsopfern mit Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereichs des Bundesversorgungsgesetzes in beträchtlichem Umfang vor. Sie ergäben sich nicht nur aus den mannigfaltigen Personenkreisen, sondern auch aus den teilweise sehr unterschiedlichen Rechts- und Lebensverhältnissen in den verschiedenen Staaten der Erde, in denen Kriegsopfer lebten. Wegen der bei der Kriegsopferversorgung insoweit zu berücksichtigenden besonderen Gesichtspunkte träten immer wieder Probleme auf, die es notwendig machten, Sonderregelungen zu treffen und flexibel auf neue Gegebenheiten zu reagieren. Hierzu würden insbesondere die Lebens- und Kaufkraftverhältnisse in anderen Staaten im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland, die Schwierigkeiten bei der Beschaffung notwendiger statistischer Unterlagen für den Aufenthaltsstaat, die Auswirkungen deutscher Leistungen auf Einheimische in Staaten, deren wirtschaftliches und soziales Niveau erheblich unter dem der Bundesrepublik Deutschland liege, die ausländische Gesetzgebung für Kriegsopfer, die ausländischen Anrechnungs- und Kürzungsvorschriften sowie die Probleme der Zuführung der Leistungen und Zahlungen gehören. Diese Besonderheiten, die teilweise auch vertraulichen Charakter hätten, seien durch die Entwicklung seit Kriegsende nicht entfallen, sondern bestünden grundsätzlich auch heute noch fort. Das jetzige Regelungssystem für diese Bereiche stelle unter den gegebenen Verhältnissen ein notwendiges Instrument dar, um die Versorgungsregelung mittels eines flexiblen Rahmens anpassungsfähig zu halten. Es dürfe auch nicht unbeachtet bleiben, daß die Möglichkeit der Leistungsbegrenzung vielfach überhaupt erst die Voraussetzung für die Gewährung und Weiterführung deutscher Leistungen gewesen sei.
2. Es haben sich zwei Senate des Bundessozialgerichts geäußert:
a) Der 9. Senat hält die beanstandete Regelung für mit der Verfassung vereinbar. Die Grenzen des Eingriffs in die Rechtspositionen von Kriegsopfern im Ausland seien durch das Gesetz selbst abgesteckt. Mit den üblichen Auslegungsmethoden seien Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß in meß- und berechenbarer Weise zu bestimmen. Die Rechtsbegriffe, deren sich das Gesetz bediene, seien zwar unbestimmt, aber keineswegs inhaltsleer. Das Verwaltungshandeln sei von dem Vorliegen "besonderer Gründe" abhängig, die in § 64e Abs. 1 BVG beispielhaft aufgeführt seien. Aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergebe sich zudem, daß dem Gesetzgeber die bisherige Praxis der Kriegsopferversorgung vor Augen gestanden habe. Daraus ließen sich substantielle Hinweise herleiten, in welche Richtung das Verwaltungsermessen zu lenken sei. Die Elastizität des Verwaltungsermessens habe sich als das geeignete Mittel aufdrängen müssen, weil die besonderen Umstände der Einzelfälle sich einer generellen und einheitlichen Regelung entzögen. Es bedürfe eines beweglichen Instruments, um auf den in stetem Fluß befindlichen ökonomischen und rechtlichen Wandel in einer großen Zahl von Staaten und auf individuelle Belange angemessen reagieren zu können.
Auch der Gleichheitssatz sei nicht verletzt. Die in § 64e Abs. 1 Satz 1 BVG erwähnten besonderen Gründe bezweckten im Gegenteil, eine gleiche Behandlung der im Ausland lebenden Kriegsopfer zu erreichen.
b) Der 10. Senat des Bundessozialgerichts teilt im Ergebnis die Bedenken des vorlegenden Gerichts gegen die Rechtsstaatlichkeit der Regelung. § 64e Abs. 1 BVG entziehe einen unbestimmbaren Personenkreis den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften und überlasse dessen Ansprüche einem freien Verwaltungsermessen, dessen Umfang nicht näher bestimmt sei. Es fehle jede Aussage darüber, nach welchen konkreten Maßstäben die Versorgung abweichend von der Inlandsversorgung zu gestalten sei. Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten erscheine es bedenklich, daß der Gesetzgeber die Grenzen des Ermessens, das einen gesetzlich verbürgten Rechtsanspruch einschränke, nicht selbst abgesteckt und auch nicht zu einer Rechtsverordnung (Art. 80 GG) ermächtigt habe. Der Freiraum der Verwaltung sei geeignet, zu einer Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte zu führen.
3. Der Kläger im Ausgangsverfahren 2 BvL 3/77 hat ausgeführt:
Das Rechtsstaatsprinzip fordere, daß die Ausnahmen von der im Geltungsbereich des Bundesversorgungsgesetzes gewährten Versorgung durch Rechtsverordnung zu regeln seien. Der Gesetzgeber könne den Besonderheiten der Auslandsversorgung durch gesetzliche Regelungen Rechnung tragen. Sachliche Gründe, dies der Verwaltung zu überlassen, seien nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber habe sich damit in diesem Bereich seiner originären Aufgabe entzogen. Das Recht der §§ 64 ff. BVG und der dazu ergangenen Richtlinien Ost sei ein "Geheimrecht", das für den Versorgungsberechtigten in keiner Weise durchschaubar sei.
 
B.
Die Vorlagen sind zulässig.
Von der Verfassungsmäßigkeit der zur Prüfung gestellten Regelung hängt die Entscheidung des vorlegenden Gerichts in beiden Ausgangsverfahren ab: Wäre die Regelung verfassungsgemäß, wären Bescheidungsurteile zu erlassen; anderenfalls könnte das Gericht eine solche Entscheidung nicht treffen. Es müßte die Verfahren aussetzen, bis der Gesetzgeber gesprochen hat; das wäre jedenfalls eine andere Entscheidung als im Fall der Gültigkeit des Gesetzes (vgl. BVerfGE 23, 135 [142 f.]). Die von dem vorlegenden Gericht dargelegte Rechtsauffassung ist auch nicht offensichtlich unhaltbar (vgl. BVerfGE 2, 181 [190 ff.]; 48, 210 [220 f.]).
Die Vorlagefrage bedarf allerdings der Eingrenzung und Präzisierung. Sie ist insofern zu weit gefaßt, als sie sich auch auf § 64 Abs. 1 BVG erstreckt. Für die Entscheidung im Ausgangsrechtsstreit kommt es nur auf die Gültigkeit von § 64e Abs. 1 BVG an, soweit danach Kriegsopfern aus besonderen Gründen Teil-Versorgung nach Maßgabe von § 64 Abs. 2 Satz 2 bis 4 BVG gewährt werden kann.
Die Frage, ob die Richtlinien Ost als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift in fehlerhafter Ausübung des gesetzlich eingeräumten Ermessens erstellt worden sind, ist in dem vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Prüfungsgegenstand im Verfahren der konkreten Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG können nur Gesetze im formellen Sinn sein (BVerfGE 1, 184 [201]; st. Rspr.).
Der Zulässigkeit der Vorlage steht auch nicht entgegen, daß das Sozialgericht mit Art. 80 Abs. 1 GG einen unzutreffenden Prüfungsmaßstab genannt hat. § 64e Abs. 1 BVG ermächtigt nicht zum Erlaß einer Rechtsverordnung. Nach dem Gesamtzusammenhang sind die Vorlagebeschlüsse jedoch weiter dahin zu verstehen, daß das vorlegende Gericht die gesetzliche Regelung auch als unvereinbar mit dem Rechtsstaatsprinzip erachtet. Insoweit bestehen gegen die Zulässigkeit keine Bedenken.
 
C.
§ 64e Abs. 1 in Verbindung mit § 64 Abs. 2 Satz 2 bis 4 BVG ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
I.
Die Vorschrift, die eine Einschränkung des grundsätzlich gewährten Anspruchs der in § 64 Abs. 1 BVG genannten Kriegsopfer auf Voll-Versorgung bei Vorliegen "besonderer Gründe" und in "angemessenem Umfang" ermöglicht, verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip; der Gesetzgeber hat weder das Bestimmtheitsgebot noch den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes verletzt.
1. a) Der Bestimmtheitsgrundsatz gebietet, daß eine gesetzliche Ermächtigung der Exekutive zur Vornahme von Verwaltungsakten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so daß das Handeln der Verwaltung meßbar und in gewissem Ausmaß für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar wird (BVerfGE 8, 274 [325]; 9, 137 [147]). Dieser Grundsatz verbietet es dem Gesetzgeber indessen nicht, Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden. Die Vielfalt der Verwaltungsaufgaben läßt sich nicht immer in klar umrissene Begriffe einfangen. Der Gesetzgeber muß sich abstrakter und unbestimmter Formulierungen bedienen können, um die Verwaltungsbehörden in die Lage zu versetzen, ihren Aufgaben, den besonderen Umständen des einzelnen Falles und den schnell wechselnden Situationen des Lebens gerecht zu werden (vgl. BVerfGE 8, 274 [326]; 13, 153 [161]). Zwar darf der Gesetzgeber die Grenzziehung im einzelnen nicht mittels einer vagen Generalklausel dem Ermessen der Verwaltung überlassen (vgl. BVerfGE 6, 32 [42]). An die tatbestandliche Fixierung dürfen aber auch keine nach der konkreten Sachlage unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden.
Welche Anforderungen an das Ausmaß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelfall zu stellen sind, läßt sich danach nicht allgemein festlegen. Der Grad der jeweils zu fordernden Bestimmtheit einer Regelung hängt vielmehr von der Eigenart des geregelten Sachverhalts ab, insbesondere auch davon, in welchem Umfang der zu regelnde Sachbereich einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist. Darüber hinaus ist auch auf die Intensität der Auswirkungen der Regelung für den Betroffenen Bedacht zu nehmen (BVerfGE 48, 210 [222]). Je schwerwiegender die Auswirkungen sind, desto höhere Anforderungen werden an die Bestimmtheit der Ermächtigung zu stellen sein. Insoweit berührt sich das Bestimmtheitsgebot mit dem Verfassungsgrundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, der fordert, daß der Gesetzgeber die entscheidenden Grundlagen des zu regelnden Rechtsbereichs, die den Freiheits- und Gleichheitsbereich des Bürgers wesentlich betreffen, selbst festlegt und dies nicht dem Handeln der Verwaltung überläßt.
b) Bei einer Regelung wie der vorliegenden, die für die Betroffenen existentielle Bedeutung haben kann, ist der Gesetzgeber grundsätzlich gehalten, die Ausnahmefälle einer von ihm festgelegten Leistungsgewährung und das Ausmaß der Kürzung einer solchen Leistung im wesentlichen selbst zu bestimmen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß Grundtatbestand der gesetzlichen Regelung im vorliegenden Falle eine Leistungsgewährung ist, bei der die Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen und der Leistungshöhe deshalb auf besondere Schwierigkeiten trifft, weil zum einen die Sachverhalte, an die das Gesetz anknüpfen muß, vor allem im Ausland liegen und ihre Feststellung mithin entsprechenden Schwierigkeiten begegnet, was insbesondere dadurch deutlich wird, daß sich der Kreis der Berechtigten auf über 80 Staaten verteilt. Zum anderen soll die tatsächliche Wirkung, die eine Versorgungsleistung für den Betroffenen herbeiführen soll, regelmäßig in fremden Staaten eintreten und ist damit deren Einwirkung und den dortigen Verhältnissen sowie ihrem Wandel ausgesetzt. Der Gesetzgeber trifft in Fällen dieser Art auf Fallgestaltungen, bei denen die Auswirkung seiner Regelung von Umständen abhängig ist, die dem Einfluß der deutschen Staatsgewalt weithin entzogen sind. Wenn er angesichts dessen -- gerade auch im Interesse der Begünstigten -- in der Regelung unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet, so können an die Bestimmtheit der Normierung nicht dieselben Anforderungen gestellt werden, wie sie bei Sachverhalten mit innerstaatlicher Anknüpfung möglicherweise zu fordern wären, wenn anders der Gesetzgeber nicht zur Untätigkeit verurteilt sein soll.
2. Bei Anlegung dieses Maßstabs sind die vom Gesetz verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe nicht zu beanstanden.
a) Der Begriff der "besonderen Gründe", die dem Grundsatz einer Versorgung wie bei Berechtigten im Geltungsbereich des Bundesversorgungsgesetzes (§ 64 Abs. 1 BVG) entgegenstehen und es erlauben, dem von § 64 Abs. 1 BVG erfaßten Personenkreis der Deutschen und deutschen Volkszugehörigen eine geringere Versorgung (Teil-Versorgung) zukommen zu lassen, ist hinreichend bestimmt.
aa) Das Gesetz selbst nennt in § 64e Abs. 1 Satz 4 BVG Beispiele, in denen "besondere Gründe" gegeben sind. Eine Kürzung des grundsätzlich gewährten Anspruchs auf Voll-Versorgung wie im Geltungsbereich des Bundesversorgungsgesetzes kommt demzufolge im allgemeinen in Betracht, wenn die Leistungen des fremden Staates für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene oder entsprechende Sozialleistungen die Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder das Durchschnittseinkommen der gewerblichen Arbeitnehmer des Aufenthaltsstaates das Durchschnittseinkommen der gewerblichen Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei Inkrafttreten des Dritten Anpassungsgesetzes-KOV nicht unerheblich unterschreiten (Buchst. a) oder der fremde Staat Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz ganz oder teilweise auf eigene Renten anrechnet (Buchst. b) oder zu besorgen ist, daß den Kriegsopfern oder Gruppen von Kriegsopfern in einem Staat aus Gründen, die die Kriegsopfer nicht zu vertreten haben, auf Dauer keine Versorgung in dem in § 64 Abs. 1 bezeichneten Umfang gewährt werden kann (Buchst. c).
Diese Regelbeispiele, die für sich betrachtet hinreichend bestimmt sind, lassen sich als Sachverhaltsgruppen kennzeichnen, in denen zum einen auf die konkreten Verhältnisse der Berechtigten im Aufenthaltsstaat im Vergleich zu denen im räumlichen Geltungsbereich des Bundesversorgungsgesetzes abgestellt wird (Buchst. a), zum anderen das Fehlgehen der Versorgungsleistung (Buchst. b) und die drohende vollständige oder teilweise Unmöglichkeit einer Versorgungsleistung in den Aufenthaltsstaat berücksichtigt werden (Buchst. c). Als gemeinsames Merkmal ist ihnen eigen -- wie das Gesetz ausdrücklich hervorhebt --, daß sie der grundsätzlich zu gewährenden Voll-Versorgung in dem in § 64 Abs. 1 BVG bezeichneten Umfang "entgegenstehen", d. h. daß der Gesetzeszweck nur über eine Teil-Versorgung erreicht werden kann.
Dies wird ohne weiteres deutlich, wenn der fremde Staat deutsche Versorgungsrenten ganz oder teilweise auf eigene Renten anrechnet (§ 64e Abs. 1 Satz 4 Buchst. b). In diesem Fall verfehlt die deutsche Versorgungsleistung ganz oder teilweise ihren Zweck; sie geht am Berechtigten vorbei und kommt im Ergebnis dem fremden Staat zugute. Eine Versorgung des Berechtigten im Aufenthaltsstaat kann hier sinnvoll nur als Teil-Versorgung gewährt werden, wenn nicht die Leistung wegen einer vollständigen Anrechnung überhaupt entfallen muß.
Nichts anderes gilt für den in § 64e Abs. 1 Satz 4 Buchst. c geregelten Fall, in dem zu besorgen ist, daß den Berechtigten aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen auf Dauer keine Voll-Versorgung gewährt werden kann. Die konkrete Befürchtung, der fremde Staat werde eine volle Versorgung unterbinden, steht einer Versorgung in dem in § 64 Abs. 1 BVG bezeichneten Umfang entgegen. Der Zweck der Kriegsopferversorgung, als Schadensausgleich eine dauernde Rente zu gewähren, läßt sich unter diesen Umständen nicht oder nur unvollkommen erreichen.
Das in § 64e Abs. 1 Satz 4 Buchst. a BVG aufgeführte Beispiel eines besonderen Grundes berücksichtigt demgegenüber die zum Teil erheblichen Unterschiede im Lebensstandard einer Vielzahl von Staaten, in denen die Auszahlung der Versorgungsleistungen nach deutschen Sätzen zu einer Überversorgung und damit zu einer ungerechtfertigten Besserstellung der Berechtigten führen würde. Die Vorschrift dient daher dem Zweck, unter Berücksichtigung unterschiedlichster Verhältnisse eine möglichst gleichmäßige Versorgungsleistung der Kriegsopfer in den verschiedenen Staaten zu ermöglichen, und somit der Verwirklichung materieller Gerechtigkeit im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes. In Verfolgung dieses Ziels bezweckt die Vorschrift darüber hinaus, eine Störung des ausländischen Sozialgefüges zu vermeiden. Daß der Gesetzgeber als Voraussetzung für ein Abgehen von der Voll-Versorgung sowohl Sozialleistungen des fremden Staates als auch das Durchschnittseinkommen der gewerblichen Arbeitnehmer im Aufenthaltsstaat als Vergleichsgrößen bereitgestellt hat, ist angesichts der nicht immer greifbaren jeweiligen Daten nicht zu beanstanden. Eine nähere Bestimmung der jeweils anzuwendenden Vergleichsmaßstäbe wäre bei der Vielgestaltigkeit des maßgeblichen Sachverhalts, der die fortdauernde Ermittlung unterschiedlichster, oft nur schwer feststellbarer, häufigem Wandel unterworfener Verhältnisse in über 80 Staaten der Welt voraussetzte, kaum möglich und schon deshalb verfassungsrechtlich nicht geboten.
bb) Im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnte "besondere Gründe", die einer Voll-Versorgung entgegenstehen, müssen den benannten Beispielen an Gewicht gleichkommen und vergleichbaren Zwecken dienen. Von daher gewinnt der Begriff der "besonderen Gründe" feste Konturen und eine insgesamt hinreichende Bestimmtheit. Liegen derartige Gründe nicht vor, ist es der Verwaltung untersagt, den Anspruch auf Versorgung wie im Geltungsbereich des Bundesversorgungsgesetzes zu kürzen und statt einer Versorgung in dem in § 64 Abs. 1 BVG bezeichneten Umfang Teil-Versorgung zu gewähren.
Welche Fallgruppen im einzelnen den im Gesetz hervorgehobenen Beispielen gleichzustellen sind, entzieht sich wegen der vielfältigen Bezüge, in welche die Regelung hineingestellt ist, einer abschließenden Beurteilung und bedarf hier keiner Entscheidung. Aus der Macht des fremden Staates, unerwünschte Leistungen abzuwehren, ergibt sich jedoch, daß auch politische Rücksichten Bedeutung erlangen können. Erklärt der fremde Staat, daß er Leistungen an Kriegsopfer nur bis zu einer bestimmten Höhe wünsche, so wird dies möglicherweise -- auch im Interesse der Vermeidung außenpolitischen Schadens für die Bundesrepublik Deutschland -- einer Voll-Versorgung entgegenstehen und als besonderer Grund für eine Leistungskürzung in Betracht kommen. Daß politische Rücksichten Beachtung erfordern und den benannten Beispielen an Gewicht gleichkommen können, wird durch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes und die Gesetzesbegründung gestützt (vgl. die Begründung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts -- Drittes Neuordnungsgesetz --, BTDrucks. V/1012 S. 29).
b) Eine mit der Verfassung unvereinbare Unbestimmtheit der Regelung ergibt sich auch nicht aus der Verweisung auf § 64 Abs. 2 Satz 2 BVG, weil offen sei, was unter dem "angemessenen Umfang" zu verstehen ist, in dem Teil-Versorgung gewährt wird. Entgegen der Auffassung der Vorlagebeschlüsse und des 10. Senats des Bundessozialgerichts läßt es der Begriff des "angemessenen Umfangs" grundsätzlich nicht an konkreten Maßstäben dafür fehlen, in welchem Maße die Teil-Versorgung von der Inlandsversorgung abweichen darf. Das Gesetz enthält vielmehr selbst ausreichende Anhaltspunkte dafür, wie die Teil-Versorgung zu berechnen ist, so daß es nicht der Verwaltung überlassen bleibt, die Höhe der Versorgung nach Belieben festzusetzen.
Der Begriff des "angemessenen Umfangs" darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist im Zusammenhang mit dem Sinn der gesetzlichen Regelung auszulegen. Sein Inhalt erschließt sich nur dann, wenn man das Regelungswerk der Kriegsopferversorgung im Ausland als Ganzes im Blick behält. Ausgangspunkt der Auslegung hat die Vorschrift des § 64 Abs. 1 BVG zu sein, wonach den in ihr genannten Berechtigten grundsätzlich ein Anspruch auf Versorgung wie im Geltungsbereich des Bundesversorgungsgesetzes eingeräumt wird. Dieser Grundsatz, der an die Spitze des Abschnitts "Besondere Vorschriften für Berechtigte außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes" gestellt ist, bildet gleichsam das Programm der Regelung, das durch die §§ 64a bis f BVG nicht in Frage gestellt wird und von dem grundsätzlich nur bei Vorliegen "besonderer Gründe" (§ 64e BVG) abgewichen werden darf. Die durch "besondere Gründe" gekennzeichneten Ausnahmen führen andererseits nicht dazu, daß in diesem Bereich das "Programm" jede Wirkungskraft einbüßte. Die "besonderen Gründe" stehen lediglich der Verwirklichung des Grundsatzes der Voll-Versorgung entgegen (§ 64e Abs. 1 Satz 1 BVG). Das bedeutet, daß auch bei Vorliegen solcher Gründe die Verwirklichung des in § 64 Abs. 1 BVG angesprochenen Grundsatzes soweit wie möglich anzustreben und Versorgung jedenfalls in dem Umfang zu gewähren ist, wie sie ohne Hinderung durch entgegenstehende "besondere Gründe" geleistet werden kann. Nur diese Auslegung wird dem Ziel der möglichst weitgehenden Verwirklichung des gesetzgeberischen Programms gerecht.
Der auf diese Weise allgemein bestimmte Leistungsumfang gewinnt im Hinblick auf die jeweiligen Fallgruppen der "besonderen Gründe" im Einzelfall Gestalt. Der Umfang der Leistung und damit auch das Ausmaß der Leistungskürzung ergibt sich aus dem Zweck des jeweils vorliegenden Ausnahmetatbestands:
In den Fällen, in denen der fremde Staat Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz ganz oder von einer bestimmten Höhe an auf eigene Renten anrechnet oder in denen zu besorgen ist, daß Kriegsopfern in einem Staat aus vom Berechtigten nicht zu vertretenden Gründen auf Dauer keine Versorgung in vollem Umfang gewährt werden kann (§ 64e Abs. 1 Satz 4 Buchst. b und c BVG), kann die Leistung insoweit gekürzt werden, als der fremde Staat die Leistung anrechnet oder eine Versorgung nicht möglich erscheint. Für den Fall wesentlicher Unterschiede im Lebensstandard stellt das Gesetz selbst die Leistungen des fremden Staates für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene oder entsprechende Sozialleistungen im Vergleich zu den Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder das Durchschnittseinkommen der gewerblichen Arbeitnehmer des Aufenthaltsstaats im Vergleich zum Durchschnittseinkommen der gewerblichen Arbeitnehmer im Bundesgebiet als Vergleichsmaßstäbe zur Verfügung (§ 64e Abs. 1 Satz 4 Buchst. a BVG). Mittels der so gewonnenen Verhältniszahl läßt sich die Höhe einer der Inlandsversorgung vergleichbaren angemessenen Teil-Versorgung zahlenmäßig errechnen.
Für die im Gesetz aufgeführten Gruppen der "besonderen Gründe" kann daher schon dem Gesetz selbst entnommen werden, in welcher Größenordnung Teil-Versorgung zu gewähren ist. Auf andere "besondere Gründe", die den benannten Beispielen an Gewicht und Zweckrichtung gleichkommen müssen, lassen sich die angegebenen Maßstäbe grundsätzlich übertragen. Dies gilt auch für die bereits genannten Beispiele, etwa wenn der fremde Staat erklärt, er wünsche nur Zahlungen bis zu einer bestimmten Höhe, oder wenn aus anderen Gründen bei einer Voll-Versorgung außenpolitische Nachteile für die Bundesrepublik Deutschland drohen. Die Versorgungsleistungen sind in einem solchen Fall in dem Umfang zu gewähren, den der fremde Staat noch hinzunehmen bereit ist. Aus der Eigenart des Sachverhalts kann es sich ergeben, daß an die Stelle errechenbarer Zahlen Einschätzungen treten müssen, die die Größenordnung der jeweils möglichen Leistungen bestimmen. Angesichts der Unmöglichkeit, die insoweit bedeutsamen Entwicklungen im einzelnen vorauszusehen, kann die Angabe exakterer Berechnungsmethoden vom Gesetzgeber nicht verlangt werden. Allerdings ist trotz dieser Besonderheiten daran festzuhalten, daß das Gesetz selbst jedenfalls die Eckdaten bereitstellt, nach denen die Höhe der Teil-Versorgung zu errechnen ist. Immer aber hat sich die Verwaltung bei der Konkretisierung der Leistungen von dem Grundsatz einer bestmöglichen Annäherung an eine vergleichbare Voll-Versorgung leiten zu lassen.
Soweit von einer Versorgung ganz abgesehen werden kann, ist klargestellt, daß dies nur in den vom Gesetz mit der Formel der "besonderen Gründe" umschriebenen Ausnahmefällen und nur zur Erfüllung bestimmter Gesetzeszwecke, wie zum Beispiel zur Vermeidung einer Zweckverfehlung deutscher Versorgungsleistungen, möglich ist. Ein derartiger Fall kann dann gegeben sein, wenn der fremde Staat entsprechende eigene Sozialleistungen jeweils bis zu einem bestimmten Grundbetrag der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz kürzt und somit die Versorgung durch deutsche Stellen im Ergebnis zwangsläufig zum Teil auch dem Aufenthaltsstaat zugute kommt, der eigene Aufwendungen erspart. Die entsprechende Kürzung der deutschen Versorgungsleistung versagt insofern als Mittel, eine Zweckverfehlung der deutschen Leistungen zu vermeiden, so daß von einer Versorgung unter Umständen ganz abgesehen werden kann. Müßten in solchen Fällen dennoch Leistungen gewährt werden, würden der deutschen Regierung zudem von vornherein die Möglichkeiten beschnitten, im Wege von Verhandlungen eine Änderung der ausländischen Anrechnungsvorschriften durchzusetzen. Wieweit es in solchen Fällen angebracht erscheint, die Begünstigung des fremden Staates in Kauf zu nehmen, um die Lage der betroffenen Kriegsopfer im Ergebnis wenigstens teilweise zu verbessern, entzieht sich schon im Hinblick auf die jeweils zu berücksichtigenden außenpolitischen Gesichtspunkte und jeweiligen Lebensverhältnisse im Aufenthaltsstaat einer genaueren gesetzlichen Normierung.
Insgesamt hat der Gesetzgeber eine durch die Mannigfaltigkeit der zu berücksichtigenden Umstände bedingte differenzierende Regelung geschaffen, die bei einer vom Gesetzeszweck geleiteten verständigen Auslegung der verwendeten Rechtsbegriffe den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots gerecht wird.
3. Nach alledem ist der Gesetzgeber zugleich seiner Verpflichtung, im wesentlichen selbst festzulegen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Versorgung der Kriegsopfer außerhalb des Geltungsbereichs des Bundesversorgungsgesetzes im Vergleich zur Inlandsversorgung gekürzt werden oder gänzlich entfallen kann, im Rahmen des Möglichen nachkommen. Ein Mehr an gesetzgeberischer Regelung fordert auch der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes nicht. Vor diesem Hintergrund entbehren die Bedenken des vorlegenden Gerichts, ob der Gewaltenteilungsgrundsatz gewahrt sei, einer tragfähigen Grundlage.
II.
1. Die zur Überprüfung gestellte Regelung steht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in Einklang. Die Vorschriften über die Kriegsopferversorgung Deutscher und deutscher Volkszugehöriger außerhalb des Geltungsbereichs des Bundesversorgungsgesetzes sind von dem Bestreben getragen, diesem Personenkreis nach Möglichkeit eine im wesentlichen gleiche Versorgung wie Berechtigten im Geltungsbereich des Gesetzes zu gewähren, und dienen somit gerade der Verwirklichung des Gleichheitssatzes. Soweit dem von § 64e BVG erfaßten Personenkreis geringere Leistungen als den sich im Bundesgebiet aufhaltenden Geschädigten zugebilligt werden, ist die getroffene Regelung ersichtlich sachgerecht; sie hält sich innerhalb der dem Gesetzgeber zur Verfügung stehenden Gestaltungsfreiheit.
2. Ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip, dessen Verwirklichung in weitem Umfang dem Gesetzgeber anheimgegeben ist, kommt ersichtlich ebenfalls nicht in Betracht.
(gez.) Zeidler Rinck Wand Hirsch Dr. Dr. h. c. Niebler Steinberger Träger