BVerfGE 166, 1 - Kinderehe
Kinderehe
1. Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG ist eine rechtlich verbindliche, im Grundsatz auf Dauer angelegte, auf freiem Entschluss beruhende, in besonderer Weise mit gegenseitigen Einstandspflichten einhergehende, gleichberechtigte und autonom ausgestaltete Lebensgemeinschaft, die durch einen formalisierten, nach außen erkennbaren Akt begründet wird.
Nach ausländischem Recht eingegangene Lebensgemeinschaften ehelicher Art unterfallen dann nicht ohne Weiteres dem Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG, wenn diese verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien zuwiderlaufen.
2. Die Freiheit der Ehe erfordert und gestattet gesetzliche Regeln, die die als Ehe verfassungsrechtlich geschützte Lebensgemeinschaft rechtlich definieren und abgrenzen.
Solche Regelungen müssen mit den Strukturprinzipien vereinbar sein und den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügen.
3. Der Gesetzgeber darf Ehehindernisse schaffen, um die das Institut der Ehe im Sinne der Verfassung bestimmenden Strukturprinzipien zu gewährleisten. Dazu können die autonome Entscheidung beider Eheschließenden sichernde Anforderungen an die Ehefähigkeit etwa in Gestalt von Mindestaltersgrenzen für die Eheschließung gehören.
 
Beschluss
des Ersten Senats vom 1. Februar 2023
– 1 BvL 7/18 –
In dem Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung, ob Artikel 13 Absatz 3 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17. Juli 2017 (Bundesgesetzblatt I Seite 2429) mit Artikel 1, 2 Absatz 1, 3 Absatz 1 und 6 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar ist, soweit eine unter Beteiligung eines nach ausländischem Recht ehemündigen Minderjährigen geschlossene Ehe nach deutschem Recht – vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Artikels 229 § 44 Absatz 4 EGBGB – ohne einzelfallbezogene Prüfung als Nichtehe qualifiziert wird, wenn der Minderjährige im Zeitpunkt der Eheschließung das sechzehnte Lebensjahr nicht vollendet hatte – Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs
vom 14. November 2018 (XII ZB 292/16) –
 
Entscheidungsformel:
Artikel 13 Absatz 3 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17. Juli 2017 (Bundesgesetzblatt I Seite 2429) ist – vorbehaltlich der Ausnahmen nach Artikel 229 § 44 Absatz 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche – mit Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.
Artikel 13 Absatz 3 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche gilt nach Maßgabe der Gründe zu D II 2 bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2024, fort.
 
Gründe:
 
A.
Das Vorlageverfahren betrifft Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17. Juli 2017 (BGBl I S. 2429). Die seit dem 22. Juli 2017 geltende Vorschrift bestimmt durch unmittelbare gesetzliche Anordnung, dass unter Beteiligung nach ausländischem Recht ehemündiger Minderjähriger geschlossene Ehen nach deutschem Recht – vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB – unwirksam sind, wenn zumindest einer der Eheschließenden im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr nicht vollendet hatte. Das gilt grundsätzlich auch für vor dem Inkrafttreten der Regelung im Ausland wirksam geschlossene Ehen mit einer Person, die zum Zeitpunkt der Heirat dieses Alter noch nicht erreicht hatte.
I.
Art. 13 EGBGB ist eine der zentralen Normen der inländischen Regelungen zum internationalen Eherecht. Dessen Absatz 1 legt vor allem fest, welches Recht für die Beurteilung des Zustandekommens einer Ehe als Statustatbestand anzuwenden ist (Eheschließungsstatut). Danach bestimmen sich die Voraussetzungen für die Eheschließung ausländischer Staatsangehöriger auch bei einer Heirat in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Recht des Staates, dem die oder der jeweilige Verlobte angehört. Entsprechendes gilt für die Rechtsfolgen eines Mangels bei der Eheschließung. Art. 13 Abs. 3 EGBGB regelt in nach dem Alter der Eheleute unterscheidender Weise die inländische Wirksamkeit auf der Grundlage ausländischen Rechts wirksam geschlossener Ehen, bei denen wenigstens eine Person bei Eheschließung unter 18 Jahren war.
1. Da Art. 13 Abs. 1 EGBGB als Eheschließungsstatut auf das Recht des Staates verweist, dem die Verlobten angehören, müssen ausländische Staatsangehörige bei Eingehen einer Ehe in Deutschland die Eheschließungsvoraussetzungen ihres Heimatstaates erfüllen. Das erfasst auch ein für eine wirksame Eheschließung gegebenenfalls erforderliches Mindestalter (Ehemündigkeit). Eine Grenze findet die Anwendung der ausländischen Eheschließungsvoraussetzungen bei Heirat in Deutschland lediglich in den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere den Grundrechten (ordre public, Art. 6 EGBGB). Wollen ausländische Staatsangehörige im Inland heiraten, muss der Nachweis über das Vorliegen der Eheschließungsvoraussetzungen nach dem Recht des Staates, dem sie angehören, durch ein Ehefähigkeitszeugnis (§ 1309 BGB) geführt werden.
Das über Art. 13 Abs. 1 EGBGB berufene Recht des Staates, dem die Eheschließenden angehören, entscheidet grundsätzlich auch über die Folgen eines Eheschließungsmangels (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2002 – XII ZR 58/00 –, BGHZ 149, 357 [358]), beispielsweise eines Verstoßes gegen ein Ehehindernis (Ehebeseitigungsstatut) einschließlich der Voraussetzungen der gerichtlichen Geltendmachung dieses Mangels. Dementsprechend bestimmt im Grundsatz auch das anwendbare ausländische Recht, welche Folgen es hat, wenn eine Ehe von oder mit einer Person geschlossen wurde, die das für eine Ehe erforderliche Alter bei Eheschließung noch nicht erreicht hatte, die Ehemündigkeit also fehlte.
Handelt es sich bei ausländischen Staatsangehörigen um Flüchtlinge im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), gilt nach Art. 12 Abs. 1 GFK abweichend von Art. 13 Abs. 1 EGBGB anstelle des Rechts der Staatsangehörigkeit das Recht ihres Wohnsitzes beziehungsweise Aufenthaltslandes. Nach § 2 Abs. 1 des Asylgesetzes (AsylG) gilt die Genfer Flüchtlingskonvention für alle Asylberechtigten in Deutschland; ihr Eheschließungsstatut ist daher das deutsche Recht.
2. Art. 13 Abs. 1 EGBGB regelt nicht nur das Eheschließungsstatut, sondern auch die Voraussetzungen der inländischen Anerkennung im Ausland geschlossener Ehen. Sie werden in Deutschland grundsätzlich als wirksam angesehen, wenn sie nach dem Recht des Ortes der Eheschließung formal wirksam zustande gekommen sind und die Eheschließungsvoraussetzungen nach dem jeweiligen Recht des Staates vorlagen, dem die Verlobten zum Zeitpunkt der Eheschließung angehörten (vgl. Coester, StAZ 2016, S. 257 [259]). Eine Grenze inländischer Anerkennung nach ausländischem Recht geschlossener Ehen bildet ebenfalls nach Art. 6 EGBGB der ordre public (dazu Rn. 3), wobei der Gesetzgeber von vornherein davon ausgeht, dass ein ordre public-Verstoß regelmäßig vorliegt, wenn unter 14-Jährige an der Ehe beteiligt sind (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 14). Das geltende Recht hat mit Art. 13 Abs. 3 EGBGB weitere Grenzen der Anerkennungsfähigkeit solcher Ehen gezogen (Rn. 8 ff.). Zu Gunsten von Flüchtlingen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, deren Eheschließungsstatut sich nach Art. 12 Abs. 1 GFK durch die Flucht wandelt, sieht Art. 12 Abs. 2 GFK vor, dass ihre vor der Flucht erworbenen und sich aus dem Personalstatut ergebenden Rechte, insbesondere die aus der Eheschließung, wirksam bleiben sollen.
Das deutsche Recht enthält kein förmliches gerichtliches Anerkennungsverfahren für im Ausland geschlossene Ehen. Jede mit der Gültigkeit der ausländischen Ehe als Vorfrage für andere Rechtsverhältnisse befasste Stelle oder Person in Deutschland muss die Voraussetzungen der kollisionsrechtlichen Anerkennung eigenständig prüfen. Die (vermeintlichen) Ehegatten können zwar nach § 121 Abs. 3 FamFG beantragen, das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe festzustellen. Die gerichtliche Entscheidung darüber entfaltet nach wohl allgemeiner Ansicht aber nur für die betroffenen Ehepartner Bindungswirkung. Eine ausdrückliche Antragsbefugnis Dritter, etwa des Jugendamts oder der Ausländerbehörde, sieht das Gesetz nicht vor und wird deswegen nach ganz überwiegend vertretener Auffassung verneint (vgl. Dutta, FamRZ 2018, S. 1149 [1151]; Lugani, in: MünchKomm FamFG, 3. Aufl. 2018, § 121 Rn. 12; Markwardt, in: Johannsen/Henrich, Familienrecht, 7. Aufl. 2020, § 121 FamFG Rn. 10; a.A. AG Kassel, Beschluss vom 7. März 2018 – 524 F 3451/17 E1 –, Rn. 10).
3. Der hier vorgelegte Art. 13 Abs. 3 EGBGB zieht für nach ausländischem Recht geschlossene Ehen, bei denen wenigstens ein Partner oder eine Partnerin – nach den Maßgaben des deutschen Rechts – minderjährig war, die Grenzen der inländischen Anerkennungsfähigkeit enger als das vormalige Recht. Bei Eheschließung mit einer zu diesem Zeitpunkt unter 16-jährigen Person ist die Ehe – vorbehaltlich der Ausnahmeregelung in Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB – unmittelbar aufgrund der gesetzlichen Anordnung in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unwirksam. Eine ausländische Ehe mit (wenigstens) einer oder einem bei Eheschließung 16- oder 17-Jährigen ist dagegen inländisch anerkennungsfähig, kann aber nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB durch gerichtliche Entscheidung aufgehoben werden.
a) Nach der bis zum 21. Juli 2017 geltenden Rechtslage bestimmte sich die Wirksamkeit im Ausland zwischen ausländischen Staatsangehörigen geschlossener Ehen nach dem dort maßgeblichen Eheschließungsstatut einschließlich der jeweiligen Anforderungen an die Ehemündigkeit. Erlaubte dieses die Eheschließung von unter 16-Jährigen, war die Ehe in Deutschland grundsätzlich ebenfalls als wirksam anzusehen. Auch für die Anerkennungsfähigkeit einer nach ausländischem Eheschließungsstatut geschlossenen Ehe bildete nach bisherigem Recht Art. 6 EGBGB (dazu Rn. 3) die Grenze. Danach konnte im Einzelfall einer im Ausland wirksam geschlossenen Ehe mit wenigstens einem oder einer Minderjährigen die (volle) Wirksamkeit im Inland versagt werden, wenn die Annahme der Ehewirksamkeit mit grundlegenden Prinzipien der deutschen Rechtsordnung, insbesondere den Grundrechten (vgl. Art. 6 Satz 2 EGBGB), nicht vereinbar war. Um hinkende Rechtsverhältnisse, also eine nach ausländischem Recht wirksame, nach deutschem Recht aber unwirksame Ehe, zu vermeiden, wurde die ordre public-Schwelle bei der Beurteilung der kollisionsrechtlichen Anerkennung eines nach ausländischem Recht wirksamen Statusverhältnisses nach überwiegendem Verständnis hoch angesetzt (vgl. Coester, StAZ 2016, S. 257 [259]; Frank, StAZ 2012, S. 129 [130]). Bei der Anwendung des ordre public-Vorbehalts im Einzelfall waren allerdings zahlreiche Fragen in der fachgerichtlichen Rechtsprechung offengeblieben, was unter anderem die Bedeutung des Alters der Eheschließenden und die Rechtsfolgen bei Annahme der ordre public-Widrigkeit einer nach ausländischem Recht wirksam geschlossenen Ehe betraf. Die Uneinheitlichkeit der Rechtsanwendung wurde vom Gesetzgeber als unbefriedigend empfunden (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 1, 15).
b) Um Rechtsklarheit bei der inländischen Wirksamkeit von nach ausländischem Recht unter Beteiligung von minderjährigen Partnern geschlossenen Ehen zu schaffen und um die betroffenen Minderjährigen zu schützen (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 1), legten die die Bundesregierung in der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages tragenden Fraktionen im April 2017 den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen vor. Dieser enthielt bereits die nunmehr nach Art. 13 Abs. 3 EGBGB geltenden Rechtsfolgen, dass Ehen, die vor Vollendung des 16. Lebensjahres zumindest eines oder einer Beteiligten geschlossen wurden, ausnahmslos nichtig und die von 16- und 17-Jährigen geschlossenen Ehen grundsätzlich aufhebbar sein sollen.
Die Mehrzahl der Fachverbände, die bereits zu dem im Februar 2017 vorgelegten Referentenentwurf des damaligen Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Stellung genommen hatten, und der im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages angehörten Sachverständigen (näher dazu Wortprotokoll der 148. Sitzung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 17. Mai 2017, Protokoll-Nr. 18/148) beurteilte vor allem die vorgeschlagene Regelung zur inländischen Unwirksamkeit nach ausländischem Recht wirksam geschlossener Ehen mit zumindest einem oder einer bei Eheschließung unter 16-Jährigen kritisch. Die Kritik richtete sich insbesondere gegen die grundsätzliche Unwirksamkeit solcher Ehen im Inland ohne eine Einzelfallprüfung. Die generelle Nichtanerkennung könne dem Wohl der betroffenen Minderjährigen genauso erheblich widersprechen wie der weitere Bestand der Ehe. Eine pauschale und abrupte Kappung der bisherigen ehelichen Verbindung schütze die Minderjährigen häufig nicht und könne ihnen sogar nachhaltig schaden.
Kritisiert wurde zudem der durch die Nichtigkeit eintretende Verlust beziehungsweise das Nichtbestehen von Renten-, Unterhalts- und Erbansprüchen, die Nichtehelichkeit aus der Beziehung hervorgegangener Kinder und der Wegfall des Sorgerechts des Ehemanns für die gemeinsamen Kinder. Die Rechtsfolge der Nichtigkeit und das Fehlen von Folgeansprüchen wurden zumindest bei über längere Zeit bestehenden und von den Betroffenen gutgläubig gelebten, nach ausländischem Recht geschlossenen Ehen in einigen Stellungnahmen als für sie unerträglich eingeordnet. Die Nichtigkeitsregelung stelle die unter 16-Jährigen in Bezug auf Folgeansprüche schlechter als ältere Jugendliche, deren Ehen aufgehoben würden. Hingewiesen wurde auch auf die Gefahr für etwaige Kinder der Betroffenen, dass die Rechtsstellung der Kinder im Verhältnis zum Vater erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung sichergestellt werde.
Die in den Entwürfen vorgeschlagene Unwirksamkeit der betroffenen Ehen fand aber auch in einigen Stellungnahmen und bei einigen Sachverständigen Zustimmung. So wurde der damit einhergehende Verzicht auf eine gerichtliche Einzelfallprüfung als vorteilhaft bewertet. Es werde dadurch Rechtsklarheit geschaffen und die Schwierigkeiten gerichtlicher Eheaufhebungsverfahren würden vermieden. Gerichten sei es oftmals ohnehin kaum möglich, die Motivation und die Umstände der Eheschließung zu erfassen. Gerichtliche Verfahren seien zudem mit dem Risiko verbunden, dass die Betroffenen von ihrem Umfeld für die getroffene gerichtliche Entscheidung verantwortlich gemacht würden. Die Unwirksamkeitslösung wurde als konsequente Umsetzung des Schutzes des Kindeswohls erachtet und die Unterscheidung zwischen Altersgruppen unter und über 16 Jahren als angemessen bewertet. Das Fehlen von Regelungen etwa über vermögensrechtliche Ansprüche aus der inländisch unwirksamen Ehe habe nicht zwangsläufig die Mittellosigkeit der meist betroffenen Mädchen zur Folge. Unterhaltsansprüche könnten ohnehin häufig wegen der oft dürftigen Vermögensverhältnisse der Betroffenen nicht durchgesetzt werden.
Am 1. Juni 2017 beschloss der Deutsche Bundestag auf der Grundlage der Entwurfsfassung das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen (vgl. BT-Plenarprotokoll 18/237, S. 24182D), das am 22. Juli 2017 in Kraft trat.
c) Nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB ist jede im Ausland vor Vollendung des 16. Lebensjahres eines Ehegatten geschlossene Ehe im Inland unwirksam. Zwischen Vollendung des 16. und des 18. Lebensjahres geschlossene Ehen sind nach deutschem Recht aufhebbar (Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB). Die Ehe darf nicht schon nach ausländischem Recht unwirksam sein. Die Unwirksamkeit oder Aufhebbarkeit ausländischer Ehen mit wenigstens einem oder einer bei Eheschließung Minderjährigen gilt nicht, wenn Ausnahmeregelungen nach Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB eingreifen.
Art. 13 EGBGB in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17. Juli 2017 (BGBl I S. 2429) lautet auszugsweise wie folgt:
Art. 229 § 44 EGBGB lautet wie folgt:
aa) Nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB ist jede im Ausland vor Vollendung des 16. Lebensjahres eines Ehegatten geschlossene Ehe in Deutschland unwirksam. Die nach ausländischem Recht wirksame Ehe entfaltet im Inland keinerlei Rechtswirkungen. Die Betroffenen gelten im Inland statusrechtlich als nicht verheiratet und können sich – auch Dritten gegenüber – nicht auf das wirksame Bestehen der Ehe berufen. Die vorgelegte Regelung führt wegen der unterschiedlichen Wirksamkeit nach ausländischem Eheschließungsrecht einerseits und dem inländischen Kollisionsrecht andererseits eine hinkende Ehe herbei.
bb) Jenseits der statusrechtlichen Unwirksamkeit einer von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB erfassten ausländischen Ehe regelt das Gesetz deren Auswirkungen auf Ehefolgen selbst nicht. Mangels besonderer Regelungen dafür ist etwa nicht abschließend geklärt, was gilt, wenn einer der hinkend verheirateten Eheleute beabsichtigt, eine Dritte oder einen Dritten zu heiraten. Bei beabsichtigter Eheschließung in Deutschland dürfte Art. 13 Abs. 2 EGBGB anzuwenden sein. Ein eventuelles Verbot der Doppelehe nach dem Recht des Staates, dem der oder die Heiratswillige angehört, gelangte dann nicht zur Anwendung. Da der Herkunftsstaat nach seinem Recht von einer wirksamen Ehe ausgeht, würde allerdings kein für eine (zweite) Ehe in Deutschland nach § 1309 Abs. 1 BGB erforderliches Ehefähigkeitszeugnis ausgestellt werden. Die heiratswillige Person benötigte dann gemäß § 1309 Abs. 2 BGB eine Befreiung hiervon.
cc) Auch zu weiteren Rechtswirkungen der durch Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB angeordneten inländischen Unwirksamkeit enthält das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen (Rn. 16), mit dem die vorgelegte Vorschrift eingeführt worden ist, keine eigenständigen Regelungen. Die kollisionsrechtliche Unwirksamkeit des Statusverhältnisses der Ehe gilt allerdings nicht automatisch für sämtliche aus der Ehe resultierenden Rechtswirkungen. Für diese sieht das internationale Privatrecht vielmehr je eigene Kollisionsregelungen vor.
(1) So bestimmt Art. 13 EGBGB lediglich das Eheschließungsstatut. Die Regelung ist maßgeblich, wenn das Bestehen des Statusverhältnisses Ehe als solches die unmittelbar zu klärende Rechtsfrage (Hauptfrage) ist. Geht es dagegen um Rechtsfragen, für deren Beantwortung eine wirksame Eheschließung lediglich eine von mehreren Voraussetzungen ist, handelt es sich bei dieser nur um eine Vorfrage (dazu näher v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht, Band I, 2. Aufl. 2003, § 7 Rn. 182 ff. m.w.N.). So verhält es sich etwa dann, wenn es für die Feststellung der Vaterschaft nach dem maßgeblichen Recht darauf ankommt, dass der Mann mit der Mutter des Kindes wirksam verheiratet ist (vgl. Henrich, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2022, EGBGB, Art. 19 Rn. 33). Es wird unterschiedlich beurteilt, nach welchem Kollisionsrecht das auf eine Vorfrage anwendbare Recht zu bestimmen ist. Dies hängt davon ab, ob das anwendbare Recht als selbständige Anknüpfung nach dem Internationalen Privatrecht des Staates bestimmt wird, in dem Anspruchsberechtigte ein Recht geltend machen (lex fori), oder als unselbständige Anknüpfung nach dem für die Hauptfrage maßgeblichen Kollisionsrecht (vgl. v. Bar/Mankowski, ebenda, Rn. 192 ff.; v. Hein, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2020, Einleitung zum internationalen Privatrecht, Rn. 162; Lorenz, in: BeckOK BGB, EGBGB Einleitung zum internationalen Privatrecht, [Nov. 2022] Rn. 70 f. jeweils m.w.N.). Allgemeine Regeln bestehen insoweit nicht. Ob die Anknüpfung einer Vorfrage selbständig oder unselbständig vorzunehmen ist, wird für jede Konstellation gesondert entschieden und häufig kontrovers beurteilt. Das führt zu Unsicherheit über das für die Rechtswirkungen nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unwirksamen Ehe maßgebliche Recht.
Im deutschen internationalen Privatrecht wird die Vorfrage einer wirksamen Ehe überwiegend grundsätzlich selbständig angeknüpft (vgl. Coester-Waltjen, in: BeckOGK BGB, [Nov. 2022] § 1564 Rn. 90; zu Art. 19 EGBGB vgl. Helms, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2020, Art. 19 EGBGB Rn. 49; Heiderhoff, in: BeckOK BGB, [Aug. 2022] Art. 19 EGBGB Rn. 40; Köhler, in: Heilmann, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, Art. 19 EGBGB Rn. 8). Danach wäre die Ehe nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB auch als Voraussetzung der jeweiligen Ehefolge unwirksam. Für eine selbständige Anknüpfung dürfte die ausdrücklich geäußerte Vorstellung des Gesetzgebers sprechen, die unter die Regelung fallende Ehe solle keine Rechtswirkungen entfalten (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 15).
(2) Dies kann allerdings zu Härten führen, wie sie bereits in der Begründung des Gesetzentwurfs für die Auswirkungen auf die asyl- und aufenthaltsrechtliche Stellung der Betroffenen angesprochen wurden (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 18). Dementsprechend bestimmt § 26 Abs. 1 Satz 2 AsylG für das Familienasyl, dass der Ehegatte eines oder einer bei Eheschließung Minderjährigen auch dann Familienasyl erhalten kann, wenn die Ehe nach deutschem Recht unwirksam ist.
(3) Von weiteren gesetzlichen Bestimmungen für andere Rechtsverhältnisse der – nach ausländischem Recht – Eheleute als dem Ehestatut und der asyl- beziehungsweise aufenthaltsrechtlichen Stellung hat der Gesetzgeber aber abgesehen. Maßgeblich sind insoweit die Kollisionsregeln des internationalen Privatrechts. Welche Rechtswirkungen mit der inländischen Unwirksamkeit der Ehe im statusrechtlichen Sinn verbunden sind, hängt damit von der selbständigen oder unselbständigen Anknüpfung der jeweiligen Vorfrage ab.
(a) Das gilt etwa für die Frage des Ehegattenunterhalts. Das Unterhaltsstatut für den Ehegattenunterhalt ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1, Art. 5 des Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 (ABl. 2009 Nr. L 331 S. 19 – Haager Unterhaltsprotokoll – HUP 2007). Nach Art. 1 Abs. 2 HUP 2007 regelt das Protokoll nicht die Frage der Wirksamkeit der Eheschließung, so dass das maßgebliche Statut wiederum von der kontrovers beurteilten selbständigen (so etwa Heiderhoff, in: BeckOK BGB, [Aug. 2022] Art. 1 HUP 2007 Rn. 52) oder unselbständigen Anknüpfung (so etwa Staudinger, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2020, HUP 2007 Art. 11 Rn. 27) der Vorfrage einer wirksamen Ehe abhängt. Bei ausländischem Unterhaltsstatut kommt über eine unselbständige Anknüpfung die Gewährung von Ehegattenunterhalt für die hier als unwirksam angesehene Ehe in Betracht. Bei selbständiger Anknüpfung ist das Unterhaltsstatut nach Art. 3 Abs. 1 HUP 2007 das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt der Unterhaltsberechtigten, in der Regel also deutsches Recht. Unterhaltsansprüche gegen den vermeintlichen Ehegatten wären dann lediglich nach § 1615l BGB bei Betreuung eines gemeinsamen Kindes gegeben und wenn die rechtliche Vaterschaft des (nach ausländischem Recht) Ehemannes besteht (siehe aber dazu Rn. 37 ff.). Familienunterhalt nach § 1360 BGB, Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB oder nacheheliche Unterhaltsansprüche gemäß § 1318 BGB in Verbindung mit §§ 1569 ff. BGB schieden hingegen aus.
Damit wären bei ausländischer Eheschließung unter 16-jährige Ehegatten gegenüber den bei Eheschließung 16- und 17-Jährigen schlechter gestellt, weil die Folgenregelung in § 1318 BGB unmittelbar nur auf letztgenannte Ehen anwendbar ist. Um diese Konsequenz abzumildern, wird zum Fachrecht von einigen eine analoge Anwendung von § 1318 BGB auch bei nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unwirksamen Ehen vorgeschlagen. Wie bei Aufhebung der Ehe bestünden dann über § 1318 Abs. 2 BGB Ansprüche aus dem Scheidungsfolgenrecht (vgl. Majer, NZFam 2019, S. 659 [660]; Weller/Thomale/Hategan/Werner, FamRZ 2018, S. 1289 [1295 f.]). Ob jenseits des Unterhalts weitere Ehefolgen bestehen, insbesondere ein nach eventueller Scheidung der Ehe bestehender Anspruch auf Versorgungsausgleich, richtet sich ebenfalls nach Kollisionsrecht und hängt wesentlich davon ab, ob eine nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB inländisch unwirksame Ehe geschieden werden kann (dazu Rn. 31 f.).
Auch fehlen eigenständige gesetzliche Regelungen zur Rückabwicklung von Leistungen, die für die nunmehr inländisch unwirksame Ehe erbracht worden sind. Als allgemeine Regeln könnten zwar §§ 812 ff. BGB greifen, die jedoch bei anderen fehlerhaft begründeten, aber vollzogenen Dauerschuldverhältnissen (z.B. im Gesellschaftsrecht oder Arbeitsrecht) vielfach als unzureichend beurteilt werden (vgl. Wendtland, in: BeckOK BGB, [Dez. 2022] § 138 Rn. 29.1; Rehberg, in: BeckOGK BGB, [Dez. 2022] § 119 Rn. 66). Ob wie in Fällen nichtehelicher Lebensgemeinschaften gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche oder Ansprüche nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht zu ziehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2008 – XII ZR 179/05 –, BGHZ 177, 193 ff.), scheint fachrechtlich bislang nicht geklärt zu sein.
(b) Für weitere Folgen und Wirkungen der Ehe, sowohl im Verhältnis der – nach ausländischem Recht – Eheleute untereinander (aa bis dd) als auch in ihrem Verhältnis zu Dritten (ee bis gg), insbesondere zu aus der Beziehung hervorgegangenen Kindern, enthält das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen ebenfalls keine gesonderten Regelungen. Es bewendet beim allgemeinen Kollisionsrecht, das allerdings nicht für sämtliche betroffenen Ehefolgen beziehungsweise -wirkungen eine eindeutige Beurteilung der Rechtslage ermöglichen dürfte.
Die allgemeinen Ehewirkungen regelt vor allem Art. 14 EGBGB. Das Ehewirkungsstatut umfasst das für das Rechtsverhältnis Ehe – also beide Ehegatten betreffende – geltende Recht. Nach im Fachrecht ganz überwiegend vertretener Ansicht ist die Wirksamkeit der Eheschließung eine selbständig anzuknüpfende Frage (vgl. Looschelders, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2020, Art. 14 EGBGB Rn. 24). Die nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB unwirksame Ehe hat demnach keine allgemeinen Ehewirkungen.
(aa) Die Auswirkungen der inländischen Nichtigkeit der Ehe auf eine nach dem ausländischen Eheschließungsrecht durch die Heirat begründete Geschäftsfähigkeit beziehungsweise Volljährigkeit sind nicht eindeutig geregelt. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EGBGB sieht eine Ausnahme vom Ehewirkungsstatut vor, soweit eine Rechtsordnung an die Eheschließung die Erweiterung der Geschäftsfähigkeit knüpft ("Ehe macht mündig"). Insoweit bleibt es für eine aus Anlass der Eheschließung eintretende Erweiterung der Geschäftsfähigkeit bei der Maßgeblichkeit des Personalstatuts jedes Ehegatten (vgl. Dürbeck, FamRZ 2018, S. 553 [556]). Wegen Art. 12 Abs. 1 GFK kommt die Erweiterung der Geschäftsfähigkeit durch Eheschließung daher grundsätzlich nur für die ausländischen Ehegatten in Betracht, die keine Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sind. Auch insoweit hängt das Fortbestehen oder der Entfall der mit der Heirat eingetretenen vollen Geschäftsfähigkeit oder Volljährigkeit wiederum davon ab, ob die Vorfrage der Wirksamkeit der Ehe selbständig oder unselbständig angeknüpft wird. Eine selbständige Anknüpfung kann in den Fällen, in denen die Volljährigkeit ihrerseits (selbständig anzuknüpfende) Vorfrage ist, etwa für das Tatbestandsmerkmal des "Führens der Ehe bis zur Volljährigkeit" (vgl. Art. 229 § 44 Abs. 4 Nr. 2 EGBGB) oder der "Bestätigung durch den volljährig gewordenen Ehegatten" (vgl. § 1315 BGB), zu einem schwer auflösbaren Zirkelschluss führen, eine unselbständige Anknüpfung hingegen zu Ergebnissen, die dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel widersprechen dürften, die von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB erfassten ausländischen Ehen möglichst keine Rechtswirkungen entfalten zu lassen (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 15).
(bb) Da Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unmittelbar allein die statusrechtliche inländische Eheunwirksamkeit regelt, bestimmt sich selbst die Frage, ob eine solche Ehe geschieden werden kann, nach Kollisionsrecht. Gleiches gilt für Scheidungsfolgen wie vor allem den Versorgungsausgleich. Das Scheidungsstatut regelt die Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts (ABl. Nr. L 343 S. 10 – Rom III-Verordnung). Sie gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 2 Buchstabe b und dem Erwägungsgrund 10 Abs. 3 nicht für die Frage der wirksamen Eheschließung, über die nach nationalem Kollisionsrecht zu entscheiden ist. Die im Fachrecht überwiegend vertretene Ansicht knüpft insoweit die Frage der wirksamen Eheschließung als "Erstfrage" selbständig an. Danach ist die von einem unter 16-jährigen Partner beziehungsweise Partnerin nach ausländischem Recht geschlossene Ehe nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unwirksam und kann nicht geschieden werden. Eine abweichende Auffassung befürwortet jedoch eine unselbständige Anknüpfung und beurteilt damit die Wirksamkeit der Eheschließung nach dem sich aus der Rom III-VO ergebenden Scheidungsstatut (zum entsprechenden Streitstand siehe Winkler von Mohrenfels, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2020, Rom III-VO Art. 1 Rn. 22 ff. m.w.N.). Auf dieser Grundlage kann sich ergeben, dass eine nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unwirksame Ehe geschieden werden kann oder muss, weil sie nach dem maßgeblichen Scheidungsstatut wirksam ist. Bei Aufenthalt beider (nach ausländischem Eheschließungsrecht) Ehegatten im Inland dürfte die Rom III-VO jedoch regelmäßig zur Anwendung der lex fori (vgl. Art. 5 bis 8 Rom III-VO) und damit des deutschen Rechts führen.
Von der Frage, ob eine Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unterfallende, nach ausländischem Recht geschlossene Ehe geschieden werden kann, hängt auch der Versorgungsausgleich ab. Er unterliegt gemäß Art. 17 Abs. 4 EGBGB dem nach der Rom III-VO auf die Scheidung anzuwendenden Recht und ist daher nur durchzuführen, wenn nach diesem Recht auch eine Scheidung auszusprechen ist.
(cc) Die erbrechtlichen Folgen der statusrechtlichen Unwirksamkeit der von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB erfassten, nach ausländischem Recht geschlossenen Ehen für die betroffenen Ehegatten bestimmen sich ebenfalls nach kollisionsrechtlichen Bestimmungen und sind nicht für sämtliche Konstellationen eindeutig. Das Erbstatut regelt die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (ABl. Nr. L 201 S. 107 – EuErbVO). Nach Art. 21 EuErbVO ist grundsätzlich das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers zum Todeszeitpunkt anzuwenden. Leben die Ehegatten in Deutschland, ist somit deutsches Recht anzuwenden und die Ehe unabhängig von der selbständigen oder unselbständigen Anknüpfung unwirksam. Keiner der Ehegatten wird dann gesetzlicher Erbe des anderen Ehegatten. Lebte der verstorbene Ehegatte allerdings zum Todeszeitpunkt (mittlerweile) im Ausland, ist das Recht dieses Landes anzuwenden. Das gilt auch dann, wenn es sich nicht um das Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union handelt (Art. 20 EuErbVO). Ermöglicht dieses Recht das Erbrecht eines Ehegatten, kommt es für diese Ehen auf die selbständige oder unselbständige Anknüpfung der Wirksamkeit der Ehe als Vorfrage an. Art. 1 Abs. 2 Buchstabe a EuErbVO bestimmt insoweit, dass die Verordnung nur das Erbstatut, nicht aber das Statut des Personenstands und der Familienverhältnisse regelt.
Damit wird aber nicht geklärt, ob das auf die Wirksamkeit der Eheschließung anzuwendende Recht selbständig oder unselbständig anzuknüpfen ist. Fachrechtlich werden beide Auffassungen vertreten (zum Diskussionsstand siehe Dutta, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2020, EuErbVO Vorbem. zu Art. 20 Rn. 50 ff. m.w.N.). Wird unselbständig angeknüpft, kommt anders als bei selbständiger Anknüpfung ein gesetzliches Erbrecht des Ehegatten der nach inländischem Statusrecht unwirksamen Ehe in Betracht. Das würde allerdings wiederum der Zielsetzung des Gesetzgebers widersprechen, die nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB inländisch unwirksamen Ehen möglichst keine Rechtswirkungen entfalten zu lassen (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 15).
(dd) Das anwendbare Güterrechtsstatut bestimmt sich für die von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB betroffenen Ehen mangels gesonderter gesetzlicher Regelungen ebenfalls nach dem internationalen Privatrecht. Das Güterrechtsstatut regelt die Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates vom 24. Juni 2016 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands (ABl. 2016 Nr. L 183 S. 1, 2017 Nr. L 113 S. 62 und 2018 Nr. L 167 S. 36 – Europäische Güterrechtsverordnung – EuGüVO). Der eheliche Güterstand nach dieser Verordnung umfasst dabei sämtliche vermögensrechtlichen Regelungen, die zwischen den Ehegatten und in ihren Beziehungen zu Dritten aufgrund der Ehe oder der Auflösung der Ehe gelten (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a EuGüVO).
Die Verordnung ist nach ihrem Art. 1 Abs. 2 Buchstabe b sowie ihren Erwägungsgründen 21 und 38 nicht auf die Frage der Wirksamkeit der Eheschließung anzuwenden. Mangels Rechtswahl der Parteien unterliegt der eheliche Güterstand nach Art. 26 Abs. 1 Buchstabe a EuGüVO dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Damit stellt sich ebenfalls die Frage der selbständigen oder unselbständigen Anknüpfung der Ehewirksamkeit als Vorfrage. Lediglich bei unselbständiger Anknüpfung und ausländischem Güterrechtsstatut käme eine Anwendung ausländischen Güterrechts auf die nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unwirksame Ehe in Betracht. Fachrechtlich wird aber wohl überwiegend eine selbständige Anknüpfung befürwortet (vgl. Mayer, in: MünchKomm FamFG, 3. Aufl. 2019, Art. 1 EheGüVO Rn. 14; Wiedemann, in: BeckOK BGB, [Nov. 2022] Art. 1 EuGüVO Rn. 24 f. jeweils m.w.N.). Die nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unwirksame Ehe entfaltet dann keine güterrechtlichen Wirkungen (zum Versorgungsausgleich Rn. 33). Ein anderes Ergebnis ließe sich außer bei unselbständiger Anknüpfung auch erzielen, wenn – wie gelegentlich vorgeschlagen (Weller/Thomale/Hategan/Werner, FamRZ 2018, S. 1289 [1295 f.]) – § 1318 BGB entsprechend für die Fälle des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB herangezogen würde, um dann über § 1318 Abs. 3 BGB analog doch zu einer Anwendung der §§ 1363 bis 1390 BGB zu gelangen.
(ee) Für die Rechtsbeziehungen der von der Unwirksamkeitsanordnung des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB Betroffenen zu Dritten fehlen ebenfalls spezifische Regelungen. Maßgeblich ist daher insoweit das internationale Privatrecht; das gilt auch für die Frage der Abstammung von aus der nach ausländischem Recht geschlossenen Ehe hervorgegangenen Kindern. Für das Abstammungsstatut bestimmt Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes als anwendbar. Das wird bei den von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB erfassten Konstellationen regelmäßig das deutsche Recht sein. Wegen der unwirksamen Ehe besteht dann die Vaterschaft des (nach ausländischem Eheschließungsrecht) Ehemanns nach § 1592 Nr. 1 BGB nicht. Seine rechtliche Vaterschaft müsste durch Anerkennung (§ 1592 Nr. 2 BGB) oder gerichtliche Feststellung (§ 1592 Nr. 3 BGB) erst begründet werden.
Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB ermöglicht allerdings, die Vaterschaft abweichend von Satz 1 nach dem Recht des Staates zu bestimmen, dem der Vater angehört. Begründet dieses Recht die rechtliche Vaterschaft aufgrund bestehender Ehe mit der Mutter, stellt sich wiederum die im Fachrecht unterschiedlich beantwortete Frage, ob die Wirksamkeit der Ehe selbständig oder unselbständig anzuknüpfen ist. Bei unselbständiger Anknüpfung (für diese etwa Andrae, Internationales Familienrecht, 4. Aufl. 2019, § 1 Rn. 126 [Beispiel 15]; Heiderhoff, in: BeckOK BGB, [Aug. 2022] Art. 19 EGBGB Rn. 41; Helms, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2020, Art. 19 EGBGB Rn. 51; letztere jeweils m.w.N.) kommt die rechtliche Vaterschaft trotz Unwirksamkeit der Ehe nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB in Betracht, sofern das Recht des Herkunftsstaates des Ehemanns sie als wirksam ansieht (vgl. Lohse/Meysen, JAmt 2017, S. 345 [346]; Wall, StAZ 2018, S. 194 [196 f.]). Bei selbständiger Anknüpfung (für diese etwa Frank, StAZ 2018, S. 1 [4]; Hüßtege, FamRZ 2017, S. 1374 [1378] m.w.N.) scheidet dagegen die rechtliche Vaterschaft auf der Grundlage von § 1592 Nr. 1 BGB aus. Gleiches gilt, wenn der Ehemann in den Anwendungsbereich von Art. 12 Abs. 1 GFK (i.V.m. § 2 AsylG) fällt. Dann ist deutsches Recht anzuwenden, so dass er nicht aufgrund der – inländisch unwirksamen – Ehe rechtlicher Vater des Kindes sein kann (vgl. Andrae, Internationales Familienrecht, 4. Aufl. 2019, § 1 Rn. 126).
Der auch für die Vergangenheit eintretende Wegfall der Rechtswirkungen einer vor der hier zu beurteilenden Rechtsänderung von der deutschen Rechtsordnung kollisionsrechtlich als wirksam anerkannten Ehe führt nach wohl überwiegender Ansicht dazu, dass diese Ehe keine Grundlage für weitere Rechtsverhältnisse mehr sein kann (vgl. Hepting/Dutta, Familie und Personenstand, 3. Aufl. 2019, Rn. III-275; Frank, StAZ 2019, S. 129 [132]). Da mit der nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB auch für die Vergangenheit geltenden Unwirksamkeit der Ehe gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in Verbindung mit § 1592 Nr. 1 BGB die Voraussetzungen für die Begründung der rechtlichen Vaterschaft entfallen, bestehen zugleich die über die Ehe begründeten Eltern-Kind-Verhältnisse nicht.
(ff) Mangels gesonderter Bestimmungen im Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen ist für die elterliche Sorge ebenfalls das einschlägige Kollisionsrecht heranzuziehen, hier das Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996 (Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern – KSÜ; BGBl. II 2009 S. 602 f.). Gemäß Art. 16 Abs. 1 KSÜ richtet sich das maßgebliche Recht nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes. Ist das Kind im Ausland geboren und beispielsweise der Vater kraft Ehe mit der Mutter mitsorgeberechtigt, soll nach zum Fachrecht vertretener Auffassung diese Sorge nach Art. 16 Abs. 3 KSÜ auch in Deutschland bestehen bleiben können, selbst wenn die Ehe im Inland nicht als wirksam anerkannt wird (so etwa Hüßtege, FamRZ 2017, S. 1374 [1378 f.]; Lohse/Meysen, JAmt 2017, S. 345 [346]). Das dürfte allerdings nicht in Frage kommen, wenn bereits die Abstammung des Kindes vom Vater aufgrund der Unwirksamkeit der Ehe entfällt (dazu Rn. 37 ff.). Fachrechtlich ist bislang zudem nicht geklärt, ob die Wirksamkeit der Ehe selbständig oder unselbständig anzuknüpfen ist. Der Zweck von Art. 16 Abs. 3 KSÜ, einmal erworbene sorgerechtliche Positionen aufrechtzuerhalten, dürfte zwar für eine unselbständige Anknüpfung sprechen. Der vom Gesetzgeber mit Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB verfolgte Zweck, inländisch unwirksamen Ehen möglichst keine Rechtswirkungen zukommen zu lassen (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 15), spräche aber auch hier für eine selbständige Anknüpfung. Diese führte bei im Ausland unwirksamen Ehen und solchen, die mit der Einreise nach Deutschland bei noch minderjährigem Ehegatten unwirksam geworden sind, somit zu keinem Zeitpunkt bestanden, zu dem Ergebnis, dass auch nach dem Recht des früheren gewöhnlichen Aufenthalts keine gemeinsame elterliche Sorge entstand.
(gg) Das Bestehen von Unterhaltsansprüchen von aus der inländisch unwirksamen Ehe hervorgegangenen Kindern gegen den Vater regelt das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen nicht. Das hierauf anwendbare Recht bestimmt sich nach Art. 4 HUP 2007. Werden deutsche Gerichte zur Geltendmachung solcher Ansprüche angerufen, haben sie in der Regel deutsches Recht anzuwenden (Art. 4 Abs. 2, 3 HUP 2007). Abweichendes kommt im Falle von Art. 4 Abs. 3 Satz 2 HUP 2007 in Betracht, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat oder die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 4 HUP2007 vorliegen. Die für das Bestehen eines Anspruchs auf Kindesunterhalt maßgebliche Vorfrage der Abstammung des Kindes wird regelmäßig sowohl bei selbständiger als auch bei unselbständiger Anknüpfung dahingehend zu beantworten sein, dass aufgrund der inländisch unwirksamen Ehe keine Vaterschaft besteht (dazu Rn. 37 ff.). Ohne vorherige Vaterschaftsanerkennung oder gerichtliche Vaterschaftsfeststellung bestünde dann an sich kein Anspruch auf Kindesunterhalt. Gelangt ausnahmsweise ausländisches Recht zur Anwendung, stellt sich ebenfalls die kontrovers beantwortete Frage nach selbständiger oder unselbständiger Anknüpfung (vgl. zum Streitstand Heiderhoff, in: BeckOK BGB, [Aug. 2022] Art. 1 HUP 2007 Rn. 48 f. und Rn. 52 ff. m.w.N.).
In einigen wenigen Konstellationen dürfte sowohl bei selbständiger (über Art. 19 Abs. 1 Satz 2 oder Satz 3 EGBGB) als auch bei unselbständiger Anknüpfung (über das anzuwendende Unterhaltsstatut) der "Ehemann" einer nach inländischem Recht unwirksamen, nach ausländischem Recht aber wirksamen Ehe aufgrund der Ehe rechtlicher Vater und damit zum Kindesunterhalt verpflichtet sein. Das kommt zum einen dann in Betracht, wenn ein Beteiligter seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat oder zum anderen, wenn Kind und Ehemann dieselbe Staatsangehörigkeit aufweisen. Über Art. 4 Abs. 4 HUP 2007 gelangt dann das Recht dieses Staates zur Anwendung, weil die Rechte des jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalts (wegen der Unwirksamkeit der Eheschließung und damit wegen der fehlenden Vaterschaft) dem Kind keinen Unterhaltsanspruch gegen den Vater gewähren. Allerdings stellt sich hier ebenfalls die Frage, ob die Wirksamkeit der Ehe als Vorfrage der rechtlichen Elternstellung als Voraussetzung des Unterhaltsanspruchs selbständig oder unselbständig anzuknüpfen ist.
II.
In dem der Vorlage zu Grunde liegenden familiengerichtlichen Verfahren begehrte der dortige Antragsteller unter Berufung auf eine in Syrien geschlossene Ehe die Rückführung der minderjährigen Betroffenen, nachdem die Amtsvormundschaft diese von ihm getrennt und lediglich stundenweise Kontakte der beiden in Begleitung eines Dritten gestattet hatte.
Der am 1. Januar 1994 geborene Antragsteller und die am 1. Januar 2001 geborene Betroffene sind syrische Staatsangehörige sunnitischen Glaubens und im Grad von Cousin und Cousine verwandt. Am 10. Februar 2015 schlossen sie nach den vom vorlegenden Gericht zugrunde gelegten Feststellungen des Beschwerdegerichts vor einem Scharia-Gericht in Syrien die Ehe. Auf Grund der dortigen Kriegsereignisse flüchteten sie gemeinsam nach Deutschland, wo sie im August 2015 ankamen. Im September 2015 nahm das örtlich zuständige Jugendamt die Betroffene in Obhut und brachte sie in einer Jugendhilfeeinrichtung für weibliche minderjährige unbegleitete Flüchtlinge unter. Zudem regte es die Bestellung eines Vormunds für die Betroffene an. Das Familiengericht stellte das Ruhen der elterlichen Sorge bezüglich der Betroffenen fest (§ 1674 Abs. 1 BGB), ordnete Vormundschaft an und bestellte das Jugendamt zum Amtsvormund.
Daraufhin wandte sich der Antragsteller an das Familiengericht und beantragte die Überprüfung der Inobhutnahme sowie unter Hinweis auf die wirksame Ehe die Rückführung der Betroffenen zu ihm. Das Familiengericht legte dies als Antrag auf Regelung des Umgangs zwischen dem Antragsteller und der Betroffenen aus und traf eine solche über näher bestimmten unbegleiteten Umgang. Diese Umgangsregelung hob das Oberlandesgericht im Beschwerdeverfahren auf. Es hielt die nach syrischem Recht geschlossene Ehe auch nach deutschem Recht für wirksam, so dass der Amtsvormundschaft das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Betroffene nicht zustehe. Die Amtsvormundschaft legte die zugelassene Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ein und beantragte, den angefochtenen Beschluss des Oberlandesgerichts aufzuheben und eine Regelung über wöchentlich dreistündigen begleiteten Umgang zu treffen.
III.
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob es mit Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar ist, dass Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB eine unter Beteiligung einer nach ausländischem Recht ehemündigen minderjährigen Person geschlossene Ehe nach deutschem Recht – vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB – ohne einzelfallbezogene Prüfung als Nichtehe qualifiziert, wenn die minderjährige Person im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte.
1. Die Verfassungsmäßigkeit des während des laufenden Rechtsbeschwerdeverfahrens in Kraft getretenen Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB sei für die Entscheidung über die zulässig erhobene Rechtsbeschwerde erheblich. Im Fall der Verfassungswidrigkeit käme die mit der Rechtsbeschwerde angestrebte Ausübung der elterlichen Sorge dahingehend, dass die Betroffene als verheiratete Minderjährige mit ihrem Ehemann wöchentlich lediglich drei Stunden begleiteten Umgang pflegen darf, nicht in Betracht und das Rechtsmittel wäre unbegründet. Wäre Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB hingegen verfassungsgemäß und die betroffene Ehe deswegen nach inländischem Recht unwirksam, hätte die Rechtsbeschwerde Erfolg.
Der Antragsteller begehre keine Regelung seines Umgangs mit der Betroffenen, sondern habe einen Rückführungsantrag entsprechend § 1632 Abs. 4 BGB gestellt. Wäre Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB verfassungswidrig und die in Syrien geschlossene Ehe auch im Inland wirksam, hätte der Amtsvormund die Betroffene zu Unrecht vom Antragsteller getrennt. Eine Ausübung der elterlichen Sorge durch den Vormund dahingehend, dass die Minderjährige mit ihrem Ehegatten lediglich drei Stunden wöchentlich begleiteten Umgang pflegen darf, stelle ein widerrechtliches Vorenthalten (vgl. § 1632 Abs. 1 BGB) dar, solange eine wirksame Ehe vorliege.
Die Vorfrage eines wirksamen Eingehens der Ehe durch die minderjährige Betroffene sei im Sinne des Kollisionsrechts selbständig anzuknüpfen. Sie richte sich gemäß Art. 11, Art. 13 Abs. 1 EGBGB nach syrischem Recht, weil beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung in Syrien die syrische Staatsangehörigkeit gehabt hätten und auch weiterhin hätten. Die von der Betroffenen im Alter von 14 Jahren geschlossene Ehe sei nach syrischem Recht wirksam.
Ohne Geltung von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB verstoße die Wirksamkeit der Ehe des Antragstellers und der Betroffenen als Ergebnis der Anwendung syrischen Rechts nicht schon gegen den ordre public im Sinne von Art. 6 Satz 1 EGBGB. Zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts in Sorgerechtsangelegenheiten gehöre dabei insbesondere die Beachtung des Kindeswohls der betroffenen Minderjährigen, das sich aus dem Grundrecht jedes einzelnen Kindes auf Schutz und Achtung seiner Persönlichkeitsentfaltung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ableite. Anhaltspunkte für eine sogenannte Zwangsehe seien weder dargelegt noch ersichtlich. Dass die Betroffene hier bei der Eheschließung (erst) 14 Jahre alt gewesen sei, begründe für sich genommen jedenfalls dann, wenn – wie hier – eine konkrete Prüfung der Ehefähigkeit erfolgt sei, keinen Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts. Die Frage eines generellen Mindestalters für die Eheschließung bedürfe keiner abschließenden Entscheidung. Denn zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts bei der Eheschließung Minderjähriger gehöre nicht eine umstrittene generelle Altersgrenze, sondern die Beachtung des Kindeswohls in jedem Einzelfall.
Auch aus dem Völkerrecht folge nichts Anderes. Weder Art. 8 EMRK noch das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention – UN-KRK; BGBl. II 1992 S. 121, 990) setzten ein Mindestalter für die Eheschließung fest. Aber Art. 3 Abs. 1 UN-KRK verlange, dass das individuelle Kindeswohl vorrangig berücksichtigt, und Art. 12 Abs. 1 UN-KRK, dass der Reife und der Autonomie des jeweiligen Kindes Respekt gezollt werde. Insoweit hätten sich keine konkreten Bedenken hinsichtlich des Kindeswohls der Betroffenen ergeben.
Eine bei Verfassungswidrigkeit von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB wirksame Ehe des Antragstellers mit der Betroffenen schließe das Vorenthalten der ehelichen Lebensgemeinschaft durch den Vormund trotz seines Sorgerechts aus. Eine solche Ausübung des Sorgerechts stünde mit den Kerngrundsätzen der Ehe nicht in Einklang und könne das Kindeswohl des minderjährigen Ehegatten gefährden. Zu den Kerngrundsätzen der Ehe gehöre, dass die Ehegatten nach § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet seien und füreinander Verantwortung trügen. Mit dem Wesen der Ehe sei es nicht vereinbar, wenn die Ehegatten von einem Dritten daran gehindert würden, die eheliche Lebensgemeinschaft in ihrem Teilaspekt der häuslichen Gemeinschaft zu verwirklichen.
Bei Verfassungsmäßigkeit von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB sei die Rechtsbeschwerde des Amtsvormunds dagegen begründet. Eine unwirksame Ehe könne als Nichtehe keine Rechtsfolgen bewirken. Die Ehe wäre damit für die Ausübung der elterlichen Sorge durch den Vormund unbeachtlich. Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB enthalte eine spezielle Regelung des ordre public, die der allgemeinen Regelung in Art. 6 EGBGB vorgehe. Eine Prüfung des ordre public im Einzelfall unter Berücksichtigung des konkreten Wohls des betroffenen Kindes sei danach ausgeschlossen.
Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB sei nach herkömmlicher Auslegung unter Berücksichtigung des Wortlauts, der Entstehungsgeschichte, des gesetzgeberischen Willens und ihres Sinns und Zwecks dahingehend zu verstehen, dass eine nach ausländischem Recht geschlossene Ehe nach deutschem Recht unwirksam ("Nichtehe") sei und keinerlei Rechtswirkungen entfalte, wenn einer der Verlobten im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr nicht vollendet habe. Bereits der eindeutige Wortlaut der Vorschrift sehe ausnahmslos eine Unwirksamkeit solcher Ehen vor. Ein anderes Verständnis der Vorschrift sei nach der Entstehungsgeschichte, dem gesetzgeberischen Willen und ihrem Sinn und Zweck ausgeschlossen. Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB lasse sich nicht verfassungskonform erweiternd dahin auslegen, eine nach ausländischem Recht unter Beteiligung eines Minderjährigen, der bei Eheschließung noch nicht das 16. Lebensjahr vollendet hatte, geschlossene Ehe im Einzelfall unter Kindeswohlgesichtspunkten auch nach deutschem Recht als wirksam zu erachten. Dem stünden der Wortlaut und der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers entgegen.
2. Die gesetzliche Anordnung der Unwirksamkeit der von noch nicht 16-jährigen Minderjährigen nach ausländischem Recht wirksam geschlossenen Ehen in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB – vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB – sei insofern mit Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar, als die Wirksamkeit der Ehe nach deutschem Recht ohne Rücksicht auf den konkreten Fall versagt werde. Unvereinbar mit den genannten Bestimmungen sei es zudem, dass – im Gegensatz zur Übergangsregelung für im Inland geschlossene Kinderehen nach Art. 229 § 44 Abs. 1 EGBGB – auch solche vor dem 22. Juli 2017 nach ausländischem Recht wirksam geschlossene Ehen unwirksam würden, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen nach deutschem Recht ebenfalls wirksam und lediglich aufhebbar seien.
Die in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB angeordnete inländische Unwirksamkeit sei mit Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar. Den nach ausländischem Recht wirksam geschlossenen Ehen werde der gebotene Schutz ohne Rücksicht auf den konkreten Fall vorenthalten. Darüber hinaus fehlten jegliche Regelungen über die Rechtsfolgen der Nichtigkeit der Ehe, etwa zur Frage der Abstammung von Kindern, zur elterlichen Sorge oder zu etwaigen Unterhaltsansprüchen Minderjähriger aus der unwirksamen Ehe.
Die Regelung verstoße zudem gegen Art. 6 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt des aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Vertrauensschutzes. Zwar beinhalte Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB keine echte Rückwirkung im Sinne einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen, weil die belastende Rechtsfolge der Unwirksamkeit der Ehe nach deutschem Recht erst nach der Verkündung des Gesetzes eingreife. Soweit jedoch vor Inkrafttreten des Gesetzes die vor dem 22. Juli 2017 nach ausländischem Recht wirksam geschlossenen Ehen bei Unterschreitung der Ehemündigkeit nach deutschem Recht wirksam und lediglich aufhebbar waren, werde ohne verfassungsrechtlich rechtfertigenden Grund das diesbezüglich geschützte Vertrauen verletzt.
Das vorlegende Gericht hält Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB – vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB – überdies für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Die mit der Regelung einhergehenden Differenzierungen seien nicht durch Sachgründe gerechtfertigt, die im Hinblick auf Ziel und Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen seien.
Schließlich verstoße Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB – wiederum vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB – gegen den nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG gebotenen Schutz des Kindeswohls. Das minderjährige Kind habe als Grundrechtsträger Anspruch auf staatlichen Schutz und auf Achtung seiner Persönlichkeitsentfaltung. Zugleich bilde das Wohl des Kindes den Richtpunkt für den staatlichen Schutzauftrag nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG. Die Qualifizierung als Nichtehe nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB verletze den danach erforderlichen Schutz der Minderjährigen. Der Schutz des Kindeswohls gebiete eine konkrete Prüfung des Wohls des betroffenen Kindes im Einzelfall.
IV.
Zu dem Vorlagebeschluss haben die Bundesregierung, die Bayerische Staatsregierung und die Hessische Landesregierung sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter, die Bundesrechtsanwaltskammer, das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, der Deutsche Familiengerichtstag e.V., die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht e.V., der Deutsche Juristinnenbund e.V., das Deutsche Institut für Menschenrechte e.V., das Deutsche Komitee für UNICEF e.V., das Deutsche Kinderhilfswerk e.V., die Deutsche Gesellschaft für Psychologie e.V., der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP), der Berufsverband der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten e.V. (bkj) (nunmehr: bjk – Bundesverband für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie e.V.) und der Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. (ZMD). Stellung genommen. TERRE DES FEMMES – Menschenrechte für die Frau e.V. (nachfolgend: Terre des femmes) hat eine Initiativstellungnahme eingereicht. Der Deutsche Anwaltverein e.V. hat auf eine Publikation von zwei Mitgliedern seines Verfassungsrechtsausschusses verwiesen. Die Beteiligten des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Der Senat hatte einen umfassenden Fragenkatalog, unter anderem zu der Anzahl der von der vorgelegten Norm Betroffenen, dem Umgang der Kinder- und Jugendhilfe mit diesen und den Auswirkungen der Unwirksamkeit auf diese sowie zur Anwendung und Auslegung von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB durch Behörden und Gerichte, an die um Stellungnahme Gebetenen versandt.
Im Ergebnis halten die Bundesregierung, die Bayerische Staatsregierung und der Verfassungsrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins sowie Terre des femmes die vorgelegte Regelung für verfassungskonform. Die übrigen Stellungnahmen, mit Ausnahme derjenigen der Hessischen Landesregierung, die sich dazu nicht verhält, äußern mindestens Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung mit dem Grundgesetz.
1. Die Bundesregierung hat Zweifel geäußert, ob die Vorlage den Anforderungen an die eingehende Auseinandersetzung mit der verfassungsrechtlichen Rechtslage für die Zulässigkeit genüge. Jedenfalls hält sie die Vorlage für unbegründet. Es liege kein Eingriff in die durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistete Eheschließungsfreiheit, erst recht keiner in deren Kernbereich vor. Vielmehr sei die vorgelegte Regelung eine Ausgestaltung der Ehemündigkeit. Das Ehegrundrecht belasse dem Gesetzgeber einen erheblichen Gestaltungsspielraum, Form und Inhalt der Ehe zu bestimmen. Dazu gehöre auch die Festlegung der Ehemündigkeit. Grenzen der Ausformung der Ehe folgten aus den wesentlichen Strukturprinzipien, die sich aus der Anknüpfung des Art. 6 Abs. 1 GG an die vorgefundene Lebensform in Verbindung mit dem Freiheitscharakter des Grundrechts und anderen Verfassungsnormen ergäben. Die Regelungen zur Ehemündigkeit tasteten diese Prinzipien aber nicht an, sondern konkretisierten sie. Die Ehemündigkeitsgrenze sichere die Freiwilligkeit der Eheschließung und stehe in engem Zusammenhang mit dem Strukturprinzip der Konsensualehe. Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB diene zudem dem Kindeswohl. Durch ihn sollen Minderjährige vor zu frühen Eheschließungen und den damit verbundenen nachteiligen Folgen für ihre Persönlichkeitsentwicklung geschützt werden. Das sichere das Recht der Minderjährigen auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten. Zugleich nehme der Gesetzgeber mit der Festlegung einer Altersgrenze der Ehemündigkeit die Verpflichtung auf das Kindeswohl (vgl. Art. 6 Abs. 2 GG) wahr.
Die Anordnung der generellen Unwirksamkeit der Ehe unabhängig vom Einzelfall ohne Härtefallklausel sei ebenso durch die gesetzgeberische Gestaltungsbefugnis gerechtfertigt, wie sie den für Ehen im Inland anzuwendenden starren Altersgrenzen zugrunde liege. Die Nachteile der Unwirksamkeit im Vergleich zu der vom Bundesgerichtshof präferierten Aufhebung der betroffenen Ehen seien jedenfalls begrenzt. Ob sie überhaupt einträten, hänge von der jeweils nach den Umständen des Einzelfalls zu beantwortenden Frage ab, welches Ehe- und Abstammungsrecht zur Anwendung gelange. Etwaige relevante Unterhaltspflichten dürften aber in der Regel bei Angehörigen des betroffenen Personenkreises kaum in nennenswertem Umfang begründet, werthaltig oder realisierbar sein.
Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Vertrauensschutz liege nicht vor. Zwar handele es sich um eine Konstellation unechter Rückwirkung. Es sei aber schon grundsätzlich nicht anzunehmen, dass Bestandsinteressen den hier bezweckten Minderjährigenschutz überwögen. Das gelte umso mehr, als die Eheschließung nach ausländischem Recht erfolgt sei. Die Betroffenen hätten jedenfalls mit der Aufhebbarkeit oder Unwirksamkeit ihrer Ehe in Deutschland rechnen müssen.
Die vorgelegte Regelung verletze auch nicht Art. 3 Abs. 1 GG. Die Differenzierung zwischen vor dem 22. Juli 2017 in Deutschland unter Verstoß gegen die Ehemündigkeit geschlossenen wirksamen aber aufhebbaren Ehen einerseits und entsprechenden im Ausland geschlossenen Ehen andererseits, die inländisch unwirksam seien, stelle sich jedenfalls nicht als sachgrundlos dar. Die Heilung nach Art. 229 § 44 Abs. 4 Nr. 2 EGBGB sei sachgerecht, weil die Ehe bis zur Volljährigkeit im Ausland geführt worden sei und nun jederzeit auch nach deutschem Recht bestätigt werden könne. In diesen Konstellationen liege bei Einreise nach Deutschland Ehemündigkeit vor. Bei Minderjährigen, die in Deutschland die Volljährigkeit erreichten, fehle dagegen die Ehemündigkeit bei Einreise, so dass sie noch des Schutzes bedürften.
[67] 2. Die Bayerische Staatsregierung hält Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB ebenfalls für verfassungsgemäß. Die Regelung sei Ausdruck einer zulässigen Ausgestaltung der Ehe im hier großen Spielraum des Gesetzgebers. In den Kernbereich des Art. 6 Abs. 1 GG werde nicht eingegriffen. Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB lasse außerhalb seines Anwendungsbereichs das Institut der Ehe unberührt. Die Unwirksamkeit betreffe nur bestimmte nach ausländischem Recht geschlossene Ehen, alle anderen ausländischen Ehen seien grundsätzlich weiter anzuerkennen und wirksam. Die Regelung lasse auch eine erneute Heirat der Betroffenen zu. Mit Erreichen der Volljährigkeit könnten sie denselben Partner oder einen anderen heiraten. Es liege lediglich die gesetzgeberische Ausgestaltung eines bestimmten Aspekts der Ehe vor. Im Rahmen seines Spielraums könne der Gesetzgeber in einer generalisierenden Betrachtungsweise feste Altersgrenzen ohne Einzelfallbetrachtung für die Regelung der Ehemündigkeit bestimmen.
Sollte die Regelung in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG eingreifen, so sei dieser Eingriff jedenfalls verhältnismäßig. Mit ihr werde vor allem das legitime Ziel der Wahrung des Kindeswohls verfolgt. Der Gesetzgeber fasse frühe Eheschließungen als Beeinträchtigungen des Wohls der Minderjährigen und ihrer Entwicklungschancen auf. Die Folgen einer möglichen späteren Scheidung könnten Minderjährige nicht überblicken; Ehen unter ihrer Beteiligung seien häufig das Ergebnis familiären Drucks. Auch würde eine Ehe in jungen Jahren die Betroffenen von Schule und Ausbildung fernhalten. Den betroffenen minderjährigen Mädchen würden nicht nur Kindheit und Jugend, sondern zudem eine altersentsprechende Entfaltung ihrer Persönlichkeit genommen. Der Gesetzgeber komme zudem einer völkerrechtlichen Pflicht aus Art. 16 Abs. 2 des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) nach. Es existiere kein milderes, gleich effektives Mittel, um diese Ziele zu erreichen. Mit der Unwirksamkeitslösung lebe die elterliche Sorge in vollem Umfang wieder auf und der zu bestellende Vormund könne sich effektiv und ohne Beeinflussung durch einen etwaigen Ehegatten um das Kind kümmern, wobei er sich in jedem konkreten Einzelfall am Kindeswohl orientieren könne. Das trage dem Kindeswohl besser Rechnung als das Abwarten auf den Ausgang eines langjährigen Aufhebungsverfahrens. Für die Dauer des Aufhebungsverfahrens bestehe die Ehe fort, die Minderjährigen verbrächten üblicherweise die gesamte Zeit des Verfahrens bei ihrem Ehepartner, was das Abhängigkeitsverhältnis regelmäßig verstärke.
Die Regelung sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele, die sämtlich Verfassungsrang aufwiesen und denen unter anderem mit der körperlichen Unversehrtheit und der sexuellen Selbstbestimmung hohes Gewicht zukomme, wögen schwerer als der Eingriff in Art. 6 GG. Es liege überdies nur ein zeitlich begrenztes Verbot vor, das zum Schutz der Minderjährigen angezeigt und notwendig sei.
3. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter hat die vom Landesjugendamt im Land Bremen und vom Niedersächsischen Landesjugendamt abgegebenen eigenen Stellungnahmen übersandt. Das Landesjugendamt Bremen sieht wie das vorlegende Gericht den Schutz des Kindeswohls durch die Nichtigkeitslösung des Gesetzes in mehrfacher Hinsicht beeinträchtigt. Es verletze das Selbstbestimmungsrecht der minderjährigen verheirateten Person, dass die Ehe – ohne eine Beteiligungsmöglichkeit der Ehegatten in einem Verfahren – selbst dann nichtig sei, wenn der minderjährige Partner an ihr festhalten wolle. Zudem würde eine Aufhebung der Ehe nach gerichtlicher Einzelfallprüfung die Loslösung der minderjährigen Person begünstigen, weil diese sich auch in anderen Ländern auf die Aufhebung berufen könnte. Es liege insbesondere ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vor. Aus jugendhilferechtlicher Perspektive sei eine individualisierende Betrachtung jedes Einzelfalls zur Gewährleistung des Kindeswohls unabdingbar. Der Gesetzgeber habe selbst erkannt, dass eine solche Ehe nicht notwendigerweise kindeswohlgefährdend sein müsse.
4. Die Bundesrechtsanwaltskammer schließt sich den Ausführungen des vorlegenden Gerichts weitgehend an. Ergänzend macht sie geltend, Kinderehen könnten nicht generell als Verstoß gegen den deutschen ordre public (Art. 6 EGBGB) angesehen werden. In Deutschland habe das Bürgerliche Recht für Frauen bis zum 1. Januar 1975 durch einen Befreiungstatbestand ermöglicht, auch im Alter von unter 16 Jahren die Ehe zu schließen. Da diese Regelung lange Zeit und auch unter Geltung des Grundgesetzes in Kraft gewesen sei, könne die ausländische Eheschließung Minderjähriger nicht als Verstoß gegen den ordre public angesehen werden. Die vom Gesetzgeber dekretierte Unwirksamkeit lasse den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG nicht entfallen. Es gelte hier der Grundsatz der Unwandelbarkeit des Eheschließungsstatuts, nach dem eine gültige Ehe nicht durch Staatswechsel ungültig werden könne.
5. Das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht hat ebenfalls verfassungsrechtliche Bedenken gegen die vorgelegte Vorschrift geäußert.
Rechtsvergleichend ergebe sich, dass im Völkerrecht erhobene Forderungen, ein Mindestalter für die Eheschließung anzuordnen, wobei es keine übergreifende Einigung auf ein bestimmtes Alter gebe, in vielen Staaten zumindest formal umgesetzt würden. Die tatsächliche Durchsetzung sei aber unterschiedlich effektiv. Die Mehrzahl der Länder sehe einen Dispens vom Mindestalter vor. Erforderlich sei dann eine gerichtliche oder elterliche Zustimmung zur Ehe. Meist verlangten die Dispensverfahren ein Mindestalter und weitere Voraussetzungen sowie die Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Die Verfahren seien von einer Vielzahl von Kontrollmechanismen begleitet, die dazu dienten, sicherzustellen, dass die Ehe freiwillig eingegangen werde und im Interesse der Eheunmündigen liege.
Würden Ehen unter Verstoß gegen die Ehemündigkeit und die Dispensregeln geschlossen, betrachte die Mehrzahl der Länder die rechtswidrige Ehe dennoch als schützenswert. Ganz überwiegend werde die Ehe zunächst als wirksam behandelt. Teils könne die Ehenichtigkeit durch ein Nichtigkeitsverfahren mit Wirkung ex tunc festgestellt werden; teils sei der Ehemangel durch Eheaufhebung mit Wirkung nur für die Zukunft zu beheben. In beiden Fällen könne der Mangel regelmäßig durch Erreichen der Ehemündigkeit oder Volljährigkeit oder durch Bestätigung der Ehe geheilt werden. Die Rechtsfolgen der Aufhebung oder Nichtigerklärung seien denen der Aufhebung aus anderen Gründen oder denen der Scheidung in der Regel ähnlich. Die vom deutschen Recht angeordnete Unwirksamkeit sei rechtsvergleichend gesehen eine Ausnahme. Drei Aspekte seien ungewöhnlich und problematisch: Die Regelung knüpfe alleine an das Alter bei Eheschließung an und schließe eine Einzelfallwürdigung aus. Es gebe keine Heilungsmöglichkeit. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit ergebe sich unmittelbar aus dem Gesetz, so dass die Ehegatten ihre Position in keinem Verfahren geltend machen könnten.
Es bestünden Zweifel, ob der durch Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB erfolgende Eingriff in das Grundrecht des Art. 6 Abs. 1 GG durch die vom Gesetzgeber angegebenen Zwecke der Bekämpfung von Kinderehen, des Schutzes des Kindeswohls und der erhöhten Rechtsklarheit durchgehend gerechtfertigt seien. Bereits die Eignung sei zweifelhaft. Eine von der drohenden Nichtanerkennung der Minderjährigenehe in Deutschland ausgehende Abschreckungswirkung sei nicht belegt. Zudem führe im deutschen internationalen Privatrecht die Unwirksamkeit der Ehe – folge man der jeweils herrschenden Meinung – dazu, dass weitgehend alle Ehefolgen entfielen; insbesondere bestünden keine Unterhaltsansprüche oder Erbrechte und kein weiterer Schutz der Ehe. Die Abstammung gemeinsamer Kinder vom Ehemann ergebe sich nicht aufgrund der Ehe, was jedenfalls Schutzlücken aufwerfe. Außerdem ergehe eine die Unwirksamkeit der Ehe aussprechende Gerichtsentscheidung, die eventuell im Herkunftsstaat anerkannt werden könnte, gerade nicht. Das könne verschiedene Probleme bei erneuter Heirat hervorrufen, weil beide Ehegatten dann in Deutschland ab Erreichen der Volljährigkeit frei heiraten könnten. So könnten sogar – entgegen dem Zweck des Gesetzes – Volljährige Deutsche heiraten, um ihren Aufenthaltsstatus zu verbessern. Minderjährigen stünde diese Möglichkeit gerade nicht offen, solange sie das notwendige Alter noch nicht erreicht haben. So könne die Ehe mit Minderjährigen für Volljährige durch das Entfallen der Ehefolgen sogar attraktiv sein. Minderjährige wären hingegen bei einer aufhebbaren Ehe besser geschützt.
Die Rechtsvergleichung lasse zudem an der Erforderlichkeit des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB zweifeln. Es sei nicht erkennbar, dass die deutsche Regelung besser zur Bekämpfung von Kinderehen in problematischen Fällen geeignet sei als die reformierten Rechte anderer Länder, die mit Ausnahmeklauseln operierten. Eine einzelfallbezogene Betrachtung anhand des ordre public lasse dagegen die Beurteilung im konkreten Fall zu, ob die Nichtanerkennung zum Schutz des Wohls der Minderjährigen geboten sei. Auch die fehlende Heilbarkeit erscheine teilweise kontraproduktiv. Die Strenge der Regelung führe zu ungewöhnlichen Härten im Einzelfall; die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sei daher zweifelhaft. Art. 229 § 44 Abs. 4 Nr. 2 EGBGB enthalte eine Ungleichbehandlung. Die Differenzierung danach, wo einer der Ehegatten nach dem eigentlich relevanten Ereignis, nämlich der Eheschließung, den gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe, sei ungewöhnlich und problematisch.
6. Auch der Deutsche Familiengerichtstag hält die vorgelegte Regelung für verfassungswidrig. In Bezug auf vor dem 22. Juli 2017 geschlossene Ehen enthalte sie eine echte Rückwirkung; für deren Zulässigkeit fehle das erforderliche überragende Interesse des Gemeinwohls. Zudem sei Art. 3 Abs. 1 GG in verschiedener Hinsicht verletzt. So liege etwa kein Sachgrund vor, der die unterschiedliche Regelung der Wirksamkeit in Deutschland vor dem 22. Juli 2017 geschlossenen Ehen unter 16-Jähriger einerseits und im Ausland eingegangener entsprechender Ehen andererseits rechtfertigen könne. Gleiches gelte insoweit, als im Ausland mit Beteiligung unter 16-Jähriger geschlossene Ehen inländisch nicht unwirksam seien, wenn während der Minderjährigkeit eines Partners keiner der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe.
Zudem verstoße Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Die gesetzliche Regelung versage im Ausland geschlossenen Ehen den verfassungsrechtlichen Schutz ohne die gebotene Rücksicht auf den konkreten Fall. Überdies verlören die Ehegatten jeglichen Schutz, der mit einer Ehe verbunden sei; es entfielen Unterhalt, güterrechtliche Ansprüche, Erbrechte, die Zuordnung von Kindern zum Ehemann sowie arbeits- oder sozialrechtliche Leistungen, die aufgrund des ehelichen Status gewährt würden. Selbst wenn der vom Gesetzgeber als Rechtfertigung angegebene Zweck der Schaffung von Rechtssicherheit und Vermeidung von Divergenzen in der Beurteilung des ordre public legitim sei, erweise sich die Einstufung als Nichtehe jedenfalls als unverhältnismäßig. Es hätten insbesondere durch das Vorsehen von Heilungsmöglichkeiten schonendere Mittel zur Verfügung gestanden, um die gesetzgeberischen Ziele zu erreichen. Der vom Gesetzgeber angestrebte Schutz des Kindeswohls könne die gesetzliche Regelung verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen. Das Kindeswohl werde durch sie lediglich abstrakt-generell berücksichtigt. Die Regelung verletze das Wohl des konkreten Kindes, das als Grundrechtsträger einen Anspruch auf Schutz insbesondere seines Persönlichkeitsrechts habe. Die Behandlung der Ehe als Nichtehe sei in der Regel mit der Trennung des Minderjährigen von der einzigen vertrauten Person verbunden.
7. Die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht bewertet die vorgelegte Regelung ebenfalls als verfassungswidrig. Sie greife vor allem wegen der einzelfallunabhängig geltenden Unwirksamkeit der Ehe unverhältnismäßig in die Eheschließungsfreiheit (Art. 6 Abs. 1 GG) ein. So ermögliche Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB nicht, solche Situationen, in denen die Gründe für die Versagung der Anerkennung überwögen, von solchen, in denen die Versagung der Anerkennung nicht geboten sei, zu unterscheiden. Unter den Tatbestand der Norm fielen auch Ehen, die keine Versagung der Anerkennung erforderten, etwa Fälle, in denen die Ehegatten nach Volljährigkeit den Willen zur Fortsetzung der Ehe bekundeten. Die angeordnete Unwirksamkeit sei zudem problematisch mit Blick auf den schutzwürdigen Ehegatten und auf aus der Ehe hervorgegangene Kinder. Die Aufhebbarkeit der Ehe wäre insoweit eine schonendere Gestaltung gewesen, die eine Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls gestattet hätte. Gefahren der Minderjährigenehe habe das bisherige Recht über die Einzelfallkontrolle im Rahmen des ordre public nach Art. 6 EGBGB besser bewältigen können.
Die Regelung verstoße zudem gegen das Elternrecht der Ehegatten einer Minderjähigenehe aus Art. 6 Abs. 2 GG sowie das Recht eines aus der Ehe hervorgegangenen Kindes auf elterliche Pflege und Erziehung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 GG. Die überwiegende Zahl der Abstammungsrechte knüpfe das Bestehen der rechtlichen Vaterschaft an das Statusverhältnis der Ehe mit der Mutter an. Diese Grundlage der Abstammungszuordnung entfalle mit der Anordnung der Unwirksamkeit der Ehe. Da so die rechtliche Vaterschaft des Ehemanns nicht entstehe, werde in sein Elternrecht unmittelbar eingegriffen. Sollte es bereits im Ausland zu einer wirksamen Abstammungszuordnung gekommen sein, könne zwar das Fortbestehen als wohlerworbenes Recht in Betracht kommen. Dem stehe allerdings die klare Intention des Gesetzgebers entgegen, einer Nichtehe keinerlei rechtliche Wirkungen zukommen lassen zu wollen. Rechtfertigungsgründe hierfür seien nicht ersichtlich. Selbst wenn die Ehe an sich nicht anzuerkennen sei, könne das Entfallen der Abstammungszuordnung zum Ehemann nicht gerechtfertigt werden, wenn er der genetische Vater des Kindes sei. In gleicher Weise sei das Recht des Kindes auf elterliche Pflege und Erziehung verletzt, weil ihm die Zuordnung zum Vater entzogen werde.
8. Auch der Deutsche Juristinnenbund sieht durch die vorgelegte Regelung vor allem die Eheschließungsfreiheit, den Gleichheitsgrundsatz sowie den aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Vertrauensgrundsatz verletzt. Der in der Nichtanerkennung der erfassten Ehen liegende Eingriff in Art. 6 Abs. 1 GG wiege schwer. Er könne verfassungsrechtlich insbesondere nicht durch den vom Gesetzgeber genannten Schutz besonders junger Minderjähriger gerechtfertigt werden, weil durch Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB dem Kindeswohl gerade nicht Rechnung getragen werde. Da die Nichtehe zudem keine abstammungsrechtlichen Folgen entfalte, würden aus der Ehe hervorgehende Kinder schutzlos gestellt. Aufgrund der fehlenden abstammungsrechtlichen Zuordnung zum Ehemann nach § 1592 Nr. 1 BGB verletze die Regelung auch das Recht des Kindes auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung. Eine Vaterschaftsfeststellung oder -anerkennung sei angesichts der häufigen räumlichen Trennung oft nur mit Mühe möglich; die rechtliche Zuordnung zum Vater werde übermäßig erschwert.
Der Regelung komme in Verbindung mit der Übergangsregelung des Art. 229 § 44 EGBGB unechte Rückwirkung zu, ohne dass eine Rechtfertigung dafür vorliege. Das Vertrauen in den Fortbestand der Ehe sei besonders schutzwürdig und zwingende Gründe des Gemeinwohls, insbesondere das Kindeswohl, könnten dem nicht entgegengehalten werden. Mit Art. 3 Abs. 1 GG sei Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB ebenfalls nicht vereinbar. Für die unterschiedliche Regelung der Wirksamkeit von der im Inland vor dem 22. Juli 2017 geschlossene Minderjährigenehe auf der einen und solchen im Ausland geschlossenen Ehen auf der anderen Seite fehlten sachliche Gründe. Zudem könne in der vorgelegten Regelung auch eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts zu sehen sein. Denn die Nachteile einer Nichtehe träfen überwiegend Frauen, was für die spezielle Problematik minderjähriger Flüchtlinge nachgewiesen sei.
9. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hält Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB für verfassungswidrig, soweit die Norm wirksam im Ausland geschlossene Ehen Minderjähriger über 14 und unter 16 Jahren als Nichtehen qualifiziere. Damit werde der grund- und menschenrechtliche Schutz einer auf freier Willensbildung beruhenden (Ehe-)Schließung verletzt. Zwar verfolge der Gesetzgeber den legitimen Zweck der Achtung des Kindeswohls. Die Regelung sei zur Erreichung dieses Zwecks aber nicht geeignet. Die Konstellationen von Minderjährigenehen seien aufgrund ihrer Heterogenität einer Typisierung entzogen. Die Auswirkungen der Nichtigkeit seien hochkomplex und stets einzelfallabhängig. Da die Lebenslage der Minderjährigen in existentieller Weise betroffen werde, komme nur die Beurteilung des Kindeswohls im Einzelfall in Betracht. Das Fehlen dieser Einzelfallprüfung sei mit dem kinderrechtlichen Verständnis von Art. 3 Abs. 1 und von Art. 12 UN-KRK nicht vereinbar. Auch der Gewährleistungsgehalt des Art. 12 Abs. 2 GFK, der bei der völkerrechtsfreundlichen Auslegung des Grundgesetzes zu beachten sei und dem in Art. 20 Abs. 3 GG gewährleisteten Vertrauensschutz Rechnung trage, wonach die vor einer Flucht erworbenen Personalstatute zu achten seien, werde missachtet. Die gesetzliche Regelung sei auch nicht erforderlich, um den verfolgten Zweck zu erreichen. Mit der Möglichkeit, die unter Verstoß gegen das Ehemindestalter geschlossene Ehe als wirksam, aber aufhebbar zu regeln, bestehe ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel, das überdies die gebotene Einzelfallprüfung ermögliche. Außerdem liege eine mittelbare Diskriminierung von Geflüchteten vor, die vom Gesetz besonders betroffen und auch als Zielgruppe in den Blick genommen worden seien. Da die Regelung nicht zur Erreichung des legitimen Zwecks des Kindeswohlschutzes geeignet sei, verstoße sie somit auch gegen Art. 3 Abs. 3 GG, der die Ungleichbehandlung wegen der Abstammung verbiete. Hierunter falle auch die – völkerrechtlich verbotene – Diskriminierung wegen des ausländerrechtlichen Status, der indirekt die Abstammung von bestimmten Eltern voraussetze.
10. Das Deutsche Komitee für UNICEF sieht ebenfalls eine Einzelfallprüfung als notwendig an. Das folge aus Art. 3 Abs. 1 UN-KRK, der das kinderrechtliche Prinzip des Vorrangs des Kindeswohls vorgebe. Zwar verfolge UNICEF, wie auch die Vereinten Nationen, grundsätzlich das Ziel, die Praxis der Kinderehen zu beenden. Mit der frühen Verheiratung seien Risiken, besonders für Mädchen, verbunden, weil viele Kinder mit der Eheschließung den Schulbesuch oder ihre Ausbildung abbrechen müssten, frühe Schwangerschaften mit einem erhöhten Risiko für die junge Mutter und deren Kind einhergingen, der oft große Altersunterschied zum Ehemann zu einer Position der Macht- und Schutzlosigkeit führen könne, wodurch auch die Gefahr der Ansteckung durch sexuell übertragbare Krankheiten erhöht sei und sich aus dem besonderen Abhängigkeitsverhältnis auch die Gefahr von häuslicher und sexueller Gewalt ergeben könne. Rechtliche Nachteile seien der Verlust von Ansprüchen zur materiellen Absicherung wie Unterhaltsansprüche oder Erbrechte. Kinder aus solchen Ehen könnten als nichteheliche Kinder angesehen werden, was bei Rückkehr in den Herkunftsstaat ein soziales Stigma und Ehrverlust bedeuten sowie zu sozialer Ausgrenzung, Diskriminierung und schlechteren Lebensbedingungen führen könne. Die Rückkehr werde so erschwert. Tatsächliche Nachteile, die noch weiterreichend sein könnten als die rechtlichen, ergäben sich, wenn die Familie im Herkunftsland die Ehe initiiert hätte, um der Tochter die Flucht zu ermöglichen. Sie könne zum Schutz des Kindes auf der Flucht und im Zielland geschlossen worden und mit ihr könne ein Auftrag der Familie oder Dankbarkeit gegenüber dem Ehemann verbunden sein. Die Auflösung der Ehe könne dann von der Familie als Illoyalität empfunden werden und auf Seiten der jungen Menschen zu Schuldgefühlen und Gewissenskonflikten führen wie auch zu Brüchen mit oder Entfremdung von der Familie. Würden die Ehegatten gegen ihren Willen voneinander getrennt, so könne dies eine neue Flucht – diesmal vor den deutschen Behörden – verursachen. Sollte eine starke Bindung zwischen dem Paar bestehen, die beide Seiten als unterstützend empfänden, so könne die Trennung durch Rechtsakt zu zusätzlicher Belastung auf emotionaler Ebene führen. Die abrupte rechtliche Auflösung der ehelichen Verbindung könne massive Angst, Unsicherheit und Abwehr auslösen, was den intendierten Schutz der jungen Menschen eher behindere. Das Wohl des betroffenen Kindes müsse hier im jeweiligen Einzelfall festgestellt werden. Dabei sollten die Kinder auch gemäß Art. 12 UN-KRK die Gelegenheit erhalten, sich gemäß ihrer Reife und ihrem Entwicklungsstand zu ihrer Situation zu äußern.
11. Das Deutsche Kinderhilfswerk ist der Auffassung, dass die vorgelegte Regelung gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG verstößt. Es verweist ebenfalls auf die großen Unterschiede zwischen den verschiedenen Fallkonstellationen der Minderjährigenehe. Jedenfalls in der Nichtanerkennung im Ausland geschlossener Ehen bei Beteiligung Minderjähriger liege, sofern diese Ehen die Strukturprinzipien des Art. 6 Abs. 1 GG beachteten, ein Eingriff in dessen Schutzbereich. Für solche schutzwürdigen Ehen bestehe ein Bedürfnis für eine einzelfallbezogene Prüfung zum einen dann, wenn eine autonome Eheschließung vorliege und somit dem Strukturprinzip der Konsensualehe Rechnung getragen sei, und zum anderen dann, wenn es zwar noch an einer autonomen Entscheidung für die Ehe im Zeitpunkt der Eheschließung gefehlt habe, die Ehe aber seitdem gelebt worden sei und mittlerweile vom Ehewillen beider Eheleute getragen werde. Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs bestehe nicht. Der vom Gesetzgeber als Rechtfertigungsgrund genannte Minderjährigenschutz greife nicht (mehr), wenn beide Eheleute volljährig geworden seien. Zumindest die Möglichkeit der Bestätigung der Ehe nach Volljährigkeit sei erforderlich. Für einen generalpräventiven Schutz des Kindeswohls sei die Regelung nicht geeignet, weil sie sich auf die ausländischen Ehevoraussetzungen in keiner Weise auswirke. Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB begünstige auch nicht das Kindeswohl, sondern widerspreche ihm.
Zudem verletze die vorgelegte Regelung wegen des Fehlens einer Einzelfallprüfung das Recht Minderjähriger auf Schutz und Achtung der Selbstentfaltung sowie auf Schutz des Kindeswohls. Die Folgen der Unwirksamkeit würden vom Gesetz unzureichend berücksichtigt. Auch aus völkerrechtlichen Verpflichtungen, insbesondere der für die Auslegung der Grundrechte heranzuziehenden UN-Kinderrechtskonvention, ergebe sich die Pflicht, das Kindeswohl bei nach ausländischem Recht geschlossenen Minderjährigenehen differenzierter zu regeln. Die Berücksichtigung des Kindeswohls erfordere, wie die Allgemeine Bemerkung Nr. 14 zu Art. 3 Abs. 1 UN-KRK des UN-Kinderrechtsausschusses zeige, dass sich Entscheidungsträger über die Auswirkungen der jeweiligen Entscheidung auf betroffene Kinder bewusst würden. Dazu sei eine Beteiligung des Kindes erforderlich; Art. 12 UN-KRK gebiete die Feststellung und Berücksichtigung des Willens des Kindes.
12. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie hat vor allem zu den möglichen Gründen sowie Auswirkungen von Minderjährigenehen und der Trennung der Partner solcher Ehen aus psychologischer Sicht Stellung genommen. Internationale Organisationen und Forschungsgruppen würden wiederholt ein Bündel von negativen Konsequenzen einer Ehe Minderjähriger nennen, die vermieden werden sollten. Es umfasse gesundheitliche Risiken früher sexueller Aktivitäten und Geburten, Verkürzung der schulischen Ausbildung mit Nachteilen für die Berufsausübung und damit zusammenhängend sehr begrenzte ökonomische Aussichten. Auch psychosoziale Folgen wie Schwierigkeiten und Erkrankungen im Umfeld der Depression spielten eine große Rolle. Aus psychologischer Sicht sei anzunehmen, dass für die betroffenen Mädchen die zu frühzeitige Übernahme vielfältiger Rollen und Entwicklungsübergänge als Frau und Mutter Anlass für Benachteiligungen sei. Es sei besonders benachteiligend, wenn solche Übergänge in jungen Jahren gleichzeitig stattfänden. Dies könne Folgen für die psychosoziale Anpassung haben, die weit über das Umfeld von Depressionen hinausgehen könnten.
Eine besondere Belastung ergebe sich, wenn bei Flüchtlingen die Partner einer Minderjährigenehe im Aufnahmeprozess separiert würden. Dies könne erheblichen Stress verursachen, der zu den Belastungen durch die Flucht noch hinzukomme. Die Trennung von Familien berge das Risiko von Beeinträchtigungen der mentalen Gesundheit, unterentwickelten sozialen Fertigkeiten und generalisierten Schwierigkeiten, künftig mit Stress umzugehen. Dies gelte nicht nur für Kinder, sondern auch für Jugendliche. Bei einer solchen Separierung entstehe eine potentiell verhängnisvolle Kumulation von Belastungen von Physis und Psyche, welche die Bewältigungsmöglichkeiten übersteige. Auch eine spätere Vereinigung bringe ihrerseits Probleme mit sich, weil über die Zeit der Separierung die Intimität der Beziehung gestört worden sei. Die Effekte von Separierungen hätten langfristige Auswirkungen auf die psychosoziale Entwicklung, die bei einer späteren Zusammenführung nicht ohne erhebliche zusätzliche fachliche Unterstützung gelöst werden könnten.
Im Unterschied zur Scheidung trete die Nichtigkeit ohne jede Vorwarnung ein. In der abrupten Trennung der Ehegatten bei Nichtigkeit der Ehe liege auf jeden Fall ein tiefgreifender Eingriff in eine intime soziale Beziehung, deren Existenz mutmaßlich für beide Partner den Kern der Identität als erwachsene Mitglieder ihrer Gemeinschaft darstelle. Aufgrund der Vielfalt der Ursachen und Motive für eine Kinderehe und der Gefahren negativer Folgen durch eine Nichtigerklärung der Ehe und Trennung der Ehegatten sei bei einer juristischen Betrachtung die Überprüfung des Einzelfalls unabdingbar. Allerdings sei die Forschungslage zu diesem Thema noch sehr lückenhaft.
13. Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen trägt vor, dass der Verlust aller mit einer Ehe verbundenen Schutzregelungen dem Eheschutz des Grundgesetzes und weitgehend auch dem Kindesschutz widerspreche. Gerade der Kindesschutz verlange eine Prüfung am Wohl des Kindes im konkreten Einzelfall. Es sei unverhältnismäßig, Erb-, Unterhalts-, Güter- und Rentenrechte sowie die Zuordnung gemeinsamer Kinder zum Ehemann per se entfallen zu lassen. Oftmals bedeute die Behandlung der Ehe als Nichtehe darüber hinaus die Trennung von einer vertrauten Person in einer neuen Lebenssituation. Das sei nicht in jedem Fall das Beste für das Kind.
14. Der Berufsverband für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie hat mitgeteilt, dass ihm nur wenige Berichte über tatsächliche Erkenntnisse zu Minderjährigenehen vorlägen. Aus den Berichten ergebe sich, dass die Fallkonstellationen sehr unterschiedlich und schwer zu verallgemeinern seien, weshalb eine Einzelfallprüfung befürwortet werde. Aus einer Schutzeinrichtung für Mädchen werde beispielsweise berichtet, dass auch im Fall der Inobhutnahme und Vormundbestellung für die minderjährigen Ehefrauen eine Einzelfallprüfung vorgenommen werde, ob die Ehegemeinschaft beibehalten werde oder die beiden getrennt würden.
15. Nach Auffassung des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) verstößt die vorgelegte Regelung gegen Art. 6, Art. 20 Abs. 3, Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und gegen Art. 3 GG. Dabei stützt er sich im Wesentlichen auf die vom vorlegenden Gericht genannten Gründe, denen er zustimmt. Zudem liege auch ein Verstoß gegen Art. 4 GG (i.V.m. Art. 6 GG) vor. Die Qualifizierung der Ehe als nichtig führe zu erheblichen Konsequenzen sowohl rechtlicher als auch persönlicher Art, sofern die wirksame Ehe entweder rechtliche oder religiöse Voraussetzung sei. Neben den rechtlichen Folgen für Sorgerecht und Unterhalt sei auch anzuführen, dass Nichteheleute im islamischen Sinne füreinander "Fremde" seien, die keinerlei Intimitäten haben dürften. Durch den Willen zur Einhaltung religiöser Gebote auf der einen Seite und den Wunsch nach Nähe und Intimität auf der anderen Seite könne es zu Belastungen kommen. Insbesondere wenn gemeinsame Kinder als nichteheliche angesehen werden, könne dies für die Betroffenen einen "Makel" darstellen, der sie belaste. Daraus könnten sich auch erbrechtliche Folgen ergeben, auch im Ausland, wo islamisches Erbrecht oft staatlich kodifiziert sei.
16. Terre des femmes hat in der Initiativstellungnahme zum Ausdruck gebracht, in der bisherigen Diskussion des Gesetzes zum Schutz zur Bekämpfung von Kinderehen seien die Betroffenen nicht in den Blick genommen worden. Es zeige sich, dass insbesondere Mädchen von Eheschließungen unter 18 Jahren betroffen seien und dass diese die gesundheitlichen, sozialen und ökonomischen Folgen einer frühen Ehe in ganz anderen Dimensionen erlebten als Jungen. Frühehen verhinderten die verfassungsmäßig garantierte Gleichheit von Frau und Mann.
In der Beratungspraxis zeige sich, dass vor allem Mädchen und junge Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit oder deutsche Mädchen mit Migrationshintergrund, deren Familien noch eine starke Bindung an das Heimatland hätten, betroffen seien. Letztendlich entscheidend dafür, ob Minderjährige verheiratet würden, seien die in der Familie gelebten Normen und traditionellen Geschlechterrollen. Hinter einer frühen Verheiratung von Mädchen stünden Normen, die auf der patriarchalen Vorstellung beruhten, dass Männer mehr Wert hätten als Frauen und dadurch über diesen stünden. Dadurch ergäben sich klare Rollenbilder, die streng vom Mann oder von der Familie kontrolliert würden, denn sie trügen zum Ansehen innerhalb des sozialen Umfelds bei. Die Betroffenen seien sich von klein auf der Last bewusst gewesen, das Ansehen ihrer Familie wahren zu müssen. Einige hätten von "Ehren"-Morden in der Familie oder von Morddrohungen für den Fall nicht normkonformen Verhaltens berichtet. Mädchen oder junge Frauen, die sich gegen eine ihnen aufgezwungene Heirat wehrten, täten dies in der Regel in vollem Bewusstsein der zu erwartenden "Strafe". Auf der anderen Seite führe dieses Bewusstsein oder die Verinnerlichung der ihnen zugeschriebenen Rolle dazu, dass die arrangierte Heirat nicht in Frage gestellt werde, sei es aus Angst vor den Konsequenzen oder aus Unkenntnis anderer Lebensentwürfe. Es zeige sich eine Ambivalenz betroffener Frauen, die auf der einen Seite nicht jetzt und nicht diesen Partner heiraten wollten, auf der anderen Seite aber Sorge hätten, ihrer Familie durch die Weigerung Schaden zuzufügen oder diese ganz zu verlieren. Individuelle Wünsche spielten keine Rolle, es sei wichtig, alles dem Kollektiv (der Familie) unterzuordnen. Je jünger minderjährige Mädchen seien, desto eher würden sie sich gegen eine Konfrontation mit ihrer Familie entscheiden und desto weniger sei ihnen bewusst, dass sie ein Recht darauf hätten, selbstbestimmt zu entscheiden, wen sie heirateten und wie sie lebten. Frühverheiratungen behinderten die freie persönliche und gesunde Entwicklung der Minderjährigen. Die Mädchen würden oftmals vielfältiger physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt. In patriarchalen Familienstrukturen seien für Frauen keine Rollen jenseits derjenigen der Hausfrau und Mutter vorgesehen. Die Mutterrolle sei meist unabhängig vom Alter bei Eheschließung sofort zu erfüllen und stehe dann einer schulischen oder beruflichen Ausbildung entgegen. Nach der Eheschließung würden Mädchen und junge Frauen oft umfassend überwacht, und ihr Kontakt nach außen werde unterbunden. Erfolge eine Kontaktaufnahme zu spät, erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Mädchen ihre Lage akzeptierten. Daher wäre es fatal, sollte die Regelung der Nichtigkeit von Eheschließungen unter 16 Jahren kippen. Die jahrelange Erfahrung zeige, dass die fremdbestimmt verheirateten Mädchen oder jungen Frauen umso weniger in der Lage seien, bei einer Anhörung vor Gericht gegen ihre Familie und den Ehemann auszusagen, je jünger sie seien. Der Gesetzgeber sei dem Kindeswohl verpflichtet und müsse daher Minderjährige schützen. Das Zusammenleben mit einem dem Mädchen oder der jungen Frau vertrauten Mann möge für ihr Wohl wichtig sein, dies sei aber auch bei nichtigen Ehen möglich.
17. Auf einzelne Fragen des Bundesverfassungsgerichts (dazu Rn. 61) haben die Bundesregierung, das Landesjugendamt im Land Bremen und das Niedersächsische Landesjugendamt, der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen, der Berufsverband für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht sowie die Deutsche Gesellschaft für Psychologie geantwortet.
Die Hessische Landesregierung hat mitgeteilt, dass sie zu den Fragen keine Erkenntnisse habe, und hat auf Antworten auf kleine Anfragen im Deutschen Bundestag (BTDrucks 19/9746) und im Hessischen Landtag (LTDrucks 20/733) zur Anzahl der bekannten verheirateten Minderjährigen verwiesen. Eine Umfrage bei den hessischen Amtsgerichtspräsidenten und -direktoren habe ergeben, dass in der Mehrzahl der Gerichte keine Verfahren bekannt geworden seien, in denen Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB oder Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB zur Anwendung gekommen seien. Zu den übrigen dort beantworteten Fragen wird im Wesentlichen mitgeteilt, dass keine Daten vorliegen, aus denen die Fragen beantwortet werden könnten.
Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht berichtet insbesondere, dass Fallkonstellationen, in denen ein Ehegatte bei Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, bei den Jugendämtern nur sehr selten vorkämen. Die Unterscheidung, ob minderjährige Ehegatten bei Eheschließung über oder unter 16 Jahre alt gewesen seien, spiele für die Jugendhilfe lediglich eine untergeordnete Rolle. Gemäß § 42a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VIII seien alle minderjährigen Verheirateten als unbegleitete ausländische Jugendliche anzusehen, sofern sie nicht mit ihren Eltern einreisten, und in Obhut zu nehmen. Unabhängig vom Alter des Jugendlichen prüfe die Jugendhilfe, ob eine getrennte Unterbringung aus fachlichen Gründen erforderlich oder ausgeschlossen sei. Die Jugendhilfe nehme daher die allgemein zu fordernde Einzelfallprüfung tatsächlich vor.
 
B.
Die Vorlage genügt den aus Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG und § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG folgenden Anforderungen an die Zulässigkeit (I). Ihr steht auch nicht entgegen, dass im Ausgangsverfahren Erledigung eingetreten ist (II).
I.
Das Vorlagegericht hält Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB nur teilweise und zwar in zweierlei Hinsicht für verfassungswidrig. Die Regelung verstoße gegen das Grundgesetz, soweit die Wirksamkeit der Ehe nach deutschem Recht ohne Rücksicht auf den konkreten Fall – also ohne einzelfallbezogene Prüfung – versagt wird. Zudem sei sie verfassungswidrig, weil – im Gegensatz zur Übergangsregelung für im Inland geschlossene Kinderehen nach Art. 229 § 44 Abs. 1 EGBGB – auch solche vor dem 22. Juli 2017 nach ausländischem Recht wirksam geschlossene Ehen unwirksam werden, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen nach deutschem Recht wirksam und lediglich aufhebbar waren. Von dieser Vorlagefrage ausgehend genügt der Vorlagebeschluss noch den aus Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG und § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG folgenden Anforderungen (zu diesen vgl. BVerfGE 159, 149 [169 ff. Rn. 57 ff.] m.w.N.).
II.
Die Vorlage ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass sich das Ausgangsverfahren zwischenzeitlich erledigt hat. Die Voraussetzungen für eine verfassungsgerichtliche Entscheidung in der Sache trotz Erledigung liegen vor.
1. Das Ausgangsverfahren hat sich erledigt, denn die Betroffene des Ausgangsverfahrens ist mit Vollendung ihres 18. Lebensjahres zum 1. Januar 2019 sowohl nach syrischem Recht (vgl. Art. 162 Civil Status Law vom 17. September 1953 i.d.F. vom 31. Dezember 1975) als auch nach deutschem Recht (§ 2 BGB) volljährig geworden. Damit ist die Vormundschaft entfallen. Das auf familiengerichtliche Maßnahmen gegen die Amtsvormundschaft gerichtete, als Kindschaftssache geführte Ausgangsverfahren hat sich damit einschließlich des wegen der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ausgesetzten Rechtsbeschwerdeverfahrens erledigt. Für das Ausgangsverfahren, in dem die Wirksamkeit der betroffenen Ehe lediglich als Vorfrage zu beurteilen war, kommt es auf die Verfassungsmäßigkeit von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB mithin nicht mehr an.
2. Das Bundesverfassungsgericht ist aber trotz der Erledigung des Ausgangsverfahrens zur Entscheidung über die Vorlage befugt.
a) Erledigt sich das Ausgangsverfahren, hat dies zwar regelmäßig auch die Erledigung des Vorlageverfahrens zur Folge (vgl. BVerfGE 14, 140 [142]; 29, 325 [326 f.]; 142, 313 [334 Rn. 61]). Denn die konkrete Normenkontrolle dient der verfassungsgemäßen Entscheidung in einem bestimmten Gerichtsverfahren und ist insofern grundsätzlich von dessen Existenz und Ziel abhängig (vgl. BVerfGE 42, 42 [49]). Die Konzentration der Entscheidungsbefugnis über die Verfassungsmäßigkeit von Parlamentsgesetzen beim Bundesverfassungsgericht soll aber auch durch allgemein verbindliche Klärung verfassungsrechtlicher Grundsatzfragen divergierende Entscheidungen der Gerichte, Rechtsunsicherheit und Rechtszersplitterung vermeiden (vgl. BVerfGE 1, 184 [199 f.]; 42, 42 [49 f.]; 142, 313 [334 Rn. 62]). Diese objektive, auf Rechtsklärung und Befriedung ausgerichtete Funktion der Normenkontrolle kann es rechtfertigen, ausnahmsweise nach einem Ereignis, das regelmäßig zur Erledigung von Ausgangs- und Normenkontrollverfahren führt, die vorgelegte Frage nach der Gültigkeit einer Norm gleichwohl zu beantworten, wenn ein hinreichend gewichtiges, grundsätzliches Klärungsbedürfnis fortbesteht. Unter welchen Voraussetzungen das Fortbestehen eines Rechtsschutzinteresses zu bejahen ist, hängt dabei letztlich von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BVerfGE 124, 300 [318]; 142, 313 [334 f. Rn. 63]).
b) Hier besteht trotz der Erledigung des Ausgangsverfahrens ein gewichtiges objektives Bedürfnis an der Klärung der vorgelegten verfassungsrechtlichen Frage. Ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass eine unter Beteiligung eines oder einer nach ausländischem Recht ehemündigen Minderjährigen geschlossene Ehe nach deutschem Recht – vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift in Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB – ohne einzelfallbezogene Prüfung als Nichtehe qualifiziert wird, wenn der oder die Minderjährige im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr nicht vollendet hatte, ist verfassungsrechtlich nicht geklärt und eine Frage von wesentlicher grundrechtlicher Bedeutung. Sie berührt grundsätzliche Fragen der Bestimmung des Schutzbereichs von Art. 6 Abs. 1 GG und der Reichweite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums zwischen Eheschutz und Kinderschutz, die nicht lediglich seltene Einzelfälle betreffen.
Zudem besteht im Anwendungsbereich der vorgelegten Vorschrift strukturell und damit losgelöst vom Einzelfall das Problem, eine verfassungsgerichtliche Entscheidung schon deshalb nicht herbeiführen zu können, weil die betroffenen Minderjährigen volljährig werden und sich dadurch das fachgerichtliche Ausgangsverfahren erledigt. Ungeachtet der Erledigung des Ausgangsverfahrens bleibt für die von der Regelung betroffenen – jedenfalls nach dem zum Zeitpunkt der Eheschließung maßgeblichen ausländischen Recht wirksam geschlossenen – Ehen klärungsbedürftig, ob es sich um nach inländischem Recht nichtige Ehen oder um im Fall der Verfassungswidrigkeit von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB auch nach deutschem Recht grundsätzlich wirksame Ehen handelt. Bliebe die Vereinbarkeit der vorgelegten Norm mit dem Grundgesetz wegen der Erledigung des Ausgangsverfahrens ungeklärt, wäre die inländische Wirksamkeit jeder von der vorgelegten Vorschrift erfassten Ehe auch als Vorfrage für weitere Rechtsfolgen, etwa für das Abstammungsrecht bei Geburt eines gemeinsamen Kindes (vgl. § 1592 Nr. 1 BGB), weiterhin in sämtlichen Fällen offen und müsste gegebenenfalls durch eine erneute Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG geklärt werden, wenn in einem fachgerichtlichen Verfahren die Wirksamkeit der betroffenen Ehen nach inländischem Recht entscheidungserheblich wäre.
 
C.
Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB genügt nicht sämtlichen verfassungsrechtlichen Anforderungen; er verletzt, soweit nicht die Ausnahmen nach Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB greifen, das Grundrecht der Ehefreiheit aus Art. 6 Abs. 1 GG.
I.
Art. 6 Abs. 1 GG schützt die Ehe (1). Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB berührt den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG (2 a). Das ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB steht zwar mit den die Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG prägenden Strukturprinzipien in Einklang (2 b). Obwohl der Gesetzgeber grundsätzlich befugt ist, die inländische Wirksamkeit im Ausland geschlossener Ehen von einem Mindestalter der Beteiligten abhängig zu machen, erweist sich Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB jedoch in seiner derzeitigen Ausgestaltung wegen fehlender Folgeregelungen und unzureichender Möglichkeiten, die Ehe nach Erreichen der Volljährigkeit auch inländisch als wirksame zu führen, als unangemessen und ist damit nicht verhältnismäßig im engeren Sinne (2 c).
1. Art. 6 Abs. 1 GG stellt die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Damit garantiert die Verfassung nicht nur das Institut der Ehe, sondern gebietet als verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des die Ehe betreffenden privaten und öffentlichen Rechts einen besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung (vgl. BVerfGE 6, 55 [71 ff.]; 105, 313 [346]; 131, 239 [259]; 133, 377 [409 Rn. 81] jeweils m.w.N.). Vor allem aber gewährt Art. 6 Abs. 1 GG den Grundrechtsträgern als Freiheitsrecht Schutz vor verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Eingriffen des Staates in die Ehe (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juli 2022 – 1 BvR 469/20 u.a. –, Rn. 82 – Impfnachweis Masern m.w.N.; siehe auch BVerfGE 151, 101 [124 Rn. 56] – Stiefkindadoption zum ebenfalls durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleisteten Familiengrundrecht).
a) aa) Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG ist eine im Grundsatz auf Dauer angelegte, auf freiem Entschluss beruhende, gleichberechtigte und autonom ausgestaltete Lebensgemeinschaft; die Ehe wird durch die Eheschließung als formalisierten, nach außen erkennbaren Akt begründet (vgl. BVerfGE 10, 59 [66]; 29, 166 [176]; 62, 323 [330]; 105, 313 [345]; 112, 50 [65]; 121, 175 [193]; 137, 273 [342 Rn. 178]). Die Ehefreiheit als Menschenrecht gilt gleichermaßen für deutsche und ausländische Staatsangehörige wie für staatenlose Personen (vgl. BVerfGE 31, 58 [67]; 51, 386 [396]; 62, 323 [329]).
Der Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG ist auch nicht auf rein inlandsbezogene Ehen beschränkt. Er umfasst vielmehr grundsätzlich eheliche Lebensgemeinschaften unabhängig davon, wo und nach Maßgabe welcher Rechtsordnung sie begründet wurden und ob die Rechtswirkungen des ehelichen oder familiären Bandes nach deutschem oder ausländischem Recht zu beurteilen sind (vgl. BVerfGE 76, 1 [41]). Auch sogenannten hinkenden Ehen, die – etwa bei unterschiedlichem Eheschließungsstatut der Eheschließenden – nach der einen beteiligten Rechtsordnung wirksam, nach der anderen aber unwirksam sind, kommt der Schutz des Ehegrundrechts zu (vgl. BVerfGE 62, 323 [330 f.]). Auf der Grundlage ausländischen Rechts eingegangene Lebensgemeinschaften ehelicher Art unterfallen allerdings dann nicht ohne Weiteres dem Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG, wenn die fragliche Gemeinschaft mit der Vorstellung des Grundgesetzes von Ehe und Familie nicht vereinbar ist, sie also verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien zuwiderläuft (vgl. BVerfGE 76, 1 [41 f.]; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 6 Rn. 54 f. unter Anknüpfung an die Institutsgarantie; siehe auch Gausing/Wittebol, DÖV 2018, S. 41 [44]; Hillgruber, ZAR 2006, S. 304 [305]).
bb) Art. 6 Abs. 1 GG garantiert die Freiheit, die Ehe mit einer selbst gewählten Person einzugehen (vgl. BVerfGE 29, 166 [175]; 31, 58 [67]; 36, 146 [161]). Diese Freiheit bildet einen elementaren Bestandteil der durch die Grundrechte gewährleisteten freien persönlichen Existenz des Menschen (vgl. BVerfGE 36, 146 [162]). Zudem umfasst Art. 6 Abs. 1 GG das Recht auf ein eheliches Zusammenleben (vgl. BVerfGE 76, 1 [42]), auf Schutz des ehelichen Zusammenlebens (vgl. BVerfGE 10, 59 [66]; 53, 224 [245]; 62, 323 [330]; 76, 1 [42 f.]; 114, 316 [335]) sowie die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 6. Juni 2011 – 1 BvR 2712/09 –, Rn. 9 und vom 9. November 2011 – 1 BvR 1853/11 –, Rn. 12). Art. 6 Abs. 1 GG schützt überdies die Ehe in ihrem Bestand als Verantwortungsgemeinschaft und garantiert eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist (vgl. BVerfGE 107, 27 [53]; 121, 175 [198]). Der Zugang von Ehewilligen zum Institut der Ehe schließt unter Berücksichtigung des grundsätzlichen Bestandsschutzes für Ehen auch den Zugang zur inländischen Anerkennung einer im Ausland wirksam geschlossenen Ehe ein.
b) Die Freiheit der Eheschließung erfordert und gestattet allerdings gesetzliche Regeln insbesondere über die Eheschließung und ihre sachlichen Voraussetzungen. Dies ergibt sich auch aus der untrennbaren Verbindung des Grundrechts mit der Institutsgarantie, die notwendigerweise eine rechtliche Ordnung verlangt. Die Verwirklichung der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG bedarf daher einer allgemeinen familienrechtlichen Regelung, die die als Ehe verfassungsrechtlich geschützte Lebensgemeinschaft rechtlich definiert und abgrenzt (vgl. BVerfGE 31, 58 [69]; 36, 146 [161 f.]; 81, 1 [6 f.]).
Solche Regelungen müssen die wesentlichen, das Institut der Ehe bestimmenden Strukturprinzipien beachten, die sich aus der Anknüpfung des Art. 6 Abs. 1 GG an vorgefundene, überkommene Lebensformen in Verbindung mit dem Freiheitscharakter des verbürgten Grundrechts und anderen Verfassungsnormen ergeben (vgl. BVerfGE 31, 58 [69]; 36, 146 [162]; 62, 323 [330]; siehe auch BVerfGE 81, 1 [6 f.]). Dabei kann der Inhalt der Institutsgarantie nicht schlicht aus dem vorhandenen Fachrecht erschlossen werden; vielmehr müssen die einzelnen Regelungen des bürgerlichen Rechts an Art. 6 Abs. 1 GG als vorrangiger, die Grundprinzipien selbst enthaltender Leitnorm gemessen werden (vgl. BVerfGE 31, 58 [69 f.]; 36, 146 [162]).
Zu den verfassungsrechtlichen Strukturprinzipen von Ehen gehört, dass es sich um eine rechtlich verbindliche und in besonderer Weise mit gegenseitigen Einstandspflichten einhergehende, auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft handelt, die aufgrund eines jeweils freien Entschlusses durch die Eheschließung als formalisierten, nach außen erkennbaren Akt begründet wird (vgl. BVerfGE 10, 59 [66]; 121, 175 [193]; 124, 199 [225]; 131, 239 [259]; 137, 273 [342 Rn. 178]). In der von Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG geschützten Ehe stehen die Beteiligten in einer gleichberechtigten Partnerschaft zueinander und bestimmen ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung in gemeinsamer Verantwortung, was eine einseitige Dominanz eines Ehepartners bei der Gestaltung von Rechtsverhältnissen ausschließt (vgl. BVerfGE 149, 86 [124 Rn. 105] m.w.N. – Hofabgabe). Das von einer gleichberechtigten Partnerschaft und einer gemeinsamen Verantwortung der Eheleute geprägte Strukturprinzip nimmt diesen nicht die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung ihres ehelichen Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Die Bindung des Gesetzgebers an die verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien schließt aber im Grundsatz gesetzliche Regelungen aus, die zu einer einseitigen Dominanz eines Partners bei der Gestaltung der beide betreffenden Verhältnisse beitragen würden (vgl. BVerfGE 149, 86 [124 Rn. 105]). Er kann sogar gehalten sein, zur Gewährleistung des Strukturprinzips gleichberechtigter Partnerschaft rechtliche Bedingungen zu schaffen, die dies ermöglichen.
c) Das Rechtsinstitut der Ehe ausgestaltende Regelungen müssen mit den Strukturprinzipien vereinbar sein. Ist dies der Fall, bestimmt sich die Verfassungsmäßigkeit von den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG berührenden Regelungen im Wesentlichen anhand der Verhältnismäßigkeit, innerhalb derer die jeweilige Reichweite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums Berücksichtigung findet.
Dem hat die zur Ehefreiheit ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bislang bereits ohne ausdrückliches Abstellen auf die Verhältnismäßigkeit durch die Unterscheidung zwischen die Ehe ausgestaltenden Regelungen einerseits sowie solchen, die in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG eingreifen, andererseits Rechnung getragen (vgl. BVerfGE 55, 114 [126 f.]; 81, 1 [7 f.]). Auch die Aufstellung von Ehehindernissen ist unabhängig von der begrifflichen Einordnung als Eingriff oder als Ausgestaltung an den Verhältnismäßigkeitsanforderungen zu messen.
d) Dem Gesetzgeber steht bei der Ausgestaltung der Ehe grundsätzlich ein – allerdings vor allem durch die Strukturprinzipien und die Anforderungen der Verhältnismäßigkeit begrenzter – Gestaltungsspielraum zu. Wie er die Ausgestaltung vornimmt, unterliegt seiner politischen Entscheidung, solange er dabei den ihm in Art. 6 Abs. 1 GG aufgetragenen Schutz nicht außer Acht lässt (vgl. BVerfGE 31, 58 [69 f.]; 81, 1 [7]). Sein Spielraum reicht dabei nicht stets gleich weit, sondern hängt wesentlich von der Art der Ausgestaltungen der Ehe ab, die mit unterschiedlichem Gewicht die durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistete Ehefreiheit berühren können. So hat der Gesetzgeber etwa bei Regelungen der Form der Eheschließung einen großen Gestaltungsspielraum. Allerdings können selbst insoweit zu strenge oder zu geringe Sach- oder Formvoraussetzungen für die Eheschließung mit der Freiheit der Eheschließung oder anderen sich aus der Verfassung selbst ergebenden Strukturprinzipien der Ehe unvereinbar sein (vgl. BVerfGE 31, 58 [70]; 36, 146 [162]). Geringer als bei Regeln über die Formen der Eheschließung und ihre sachlichen Voraussetzungen ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei dem Aufstellen von Ehehindernissen. Denn mit solchen wird der Zugang zum Institut der Ehe insgesamt versperrt. Hier gebietet die Freiheitsgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG dem Staat große Zurückhaltung. Dem Wunsch zweier ehefähiger Personen, miteinander die Ehe einzugehen, darf der Gesetzgeber nur dann Grenzen setzen, wenn dafür Sachgründe bestehen, die sich aus Wesen und Gestalt der den heutigen Auffassungen entsprechenden Ehe ergeben und die ihrerseits aus den das Institut der Ehe im Sinne der Verfassung bestimmenden Strukturprinzipien erwachsen (vgl. BVerfGE 36, 146 [163]). Dazu können auch die autonome Entscheidung beider Eheschließenden sichernde Anforderungen an die Ehefähigkeit etwa in Gestalt von Mindestaltersgrenzen für die Eheschließung gehören. Die durch die Ehefreiheit gewährleisteten Strukturprinzipien begrenzen den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 31, 58 [69]; 53, 224 [245]; 62, 323 [330]) jedenfalls solange, als kein verfassungsrechtlich bedeutsamer Wandel des Eheverständnisses stattgefunden hat (vgl. Coester-Waltjen, in: von Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 6 Rn. 13).
e) Die genannten Maßstäbe zur Ehefreiheit gelten auch für Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechts. Als innerstaatliches Recht sind sie an den Grundrechten zu messen (vgl. BVerfGE 31, 58 [72 ff.]).
2. Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB, der den Schutzbereich der Ehefreiheit berührt (a), ist zwar mit den die Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG prägenden Strukturprinzipien vereinbar (b). Soweit nicht die Ausnahmen nach Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB greifen, schränkt er jedoch wegen fehlender Folgeregelungen und unzureichender Möglichkeiten, die Ehe nach Erreichen der Volljährigkeit inländisch wirksam fortzuführen, die Ehefreiheit unangemessen ein und ist damit nicht im engeren Sinne verhältnismäßig (c).
a) Die in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB vorbehaltlich der Ausnahmeregelungen nach Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB unmittelbar durch Gesetz angeordnete inländische Unwirksamkeit nach ausländischem Recht wirksam geschlossener Ehen betrifft den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG unabhängig davon, ob einzelne vom Regelungsbereich umfasste ausländische Ehen gegen den ordre public (Art. 6 EGBGB) verstoßen oder nicht. Die vorgelegte Vorschrift erfasst jedenfalls auch solche Auslandsehen, die nicht mit verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien in Widerspruch stehen und daher in den Schutzbereich der Ehefreiheit fallen.
Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB betrifft sämtliche nach ausländischem Recht wirksam geschlossene Ehen mit zumindest einer unter 16-jährigen Person, soweit nicht die Ausnahmen nach Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB gelten. Die gesetzesunmittelbare Anordnung inländischer Unwirksamkeit solcher Ehen greift damit in deren Bestand ein und schließt für die betroffenen Eheleute die Möglichkeit aus, ihre bisherige Ehe als Verantwortungsgemeinschaft im Inland in dieser Rechtsform fortzuführen. Das eröffnet den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG, zumal die Rechtsfolge der vorgelegten Norm im Grundsatz selbst für solche Ehen ausländischen Rechts gilt, die nach vormaliger Rechtslage auch inländisch wirksam und lediglich aufgrund einer Einzelfallprüfung aufhebbar waren. Mithin ähnelt Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB inländisch in seiner Wirkung einem Ehehindernis. Ein solches berührt regelmäßig den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG.
Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB ordnet die inländische Unwirksamkeit auch für solche wirksamen Ehen ausländischen Rechts an, die nicht mit den verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien des Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar sind. Zwar ist die vom Grundgesetz geschützte Ehe als eine auf freiem Willen beider Partner beruhende, gleichberechtigte Partnerschaft und gemeinsame Verantwortung der Eheleute ermöglichende Lebensgemeinschaft geprägt. Das setzt grundsätzlich die Fähigkeit der Ehepartner voraus, eine auf das Eingehen einer solchen Verbindung gerichtete Entscheidung selbstverantwortlich zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. Dezember 2002 – 1 BvL 14/02 –, Rn. 12 f.). Dies erfordert nicht nur die Abwesenheit von Zwang bei der Eheschließung, sondern auch eine hinreichende Persönlichkeitsentwicklung, an der es Minderjährigen entwicklungsbedingt fehlen kann. Ihnen mangelt es dann an der erforderlichen Ehefähigkeit.
Unterhalb welchen Alters dies der Fall ist und eine nach ausländischem Recht wirksam geschlossene Ehe dann mangels Vereinbarkeit mit dem Strukturprinzip der selbstverantwortlich eingegangenen und eine gleichberechtigte Partnerschaft ermöglichenden Ehe nicht in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG fällt, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn es lässt sich nicht annehmen, dass die Ehefähigkeit – als Element des verfassungsrechtlichen Strukturprinzips – durchgängig erst ab der Vollendung des 16. Lebensjahres besteht (siehe aber Rixen, JZ 2019, 628 [630]). Zu bedenken ist, dass unter der Geltung des Grundgesetzes das bürgerliche Recht bis zum 1. Januar 1975 einen für Frauen geltenden, die Eheschließung auch im Alter von unter 16 Jahren ermöglichenden Befreiungstatbestand enthielt (vgl. § 1 EheG). Das damalige Verfassungsverständnis schloss Ehen mit unter 16-Jährigen nicht durchgängig aus dem Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG aus. Ein verfassungsrechtlich bedeutsamer Wandel insoweit ist derzeit nicht zu verzeichnen.
b) Die vorgelegte Norm mit ihrer Anordnung inländischer Unwirksamkeit näher bestimmter, nach ausländischem Recht wirksam geschlossener Ehen verstößt nicht ihrerseits gegen die verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien der Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG. Sie zielt vielmehr gerade darauf ab, für im Inland gelebte Ehen das Strukturprinzip der auf einem freien selbstverantwortlichen Entschluss beruhenden sowie gleichberechtigte Partnerschaft und gemeinsame Verantwortung ermöglichenden Ehe zu gewährleisten, indem vor Vollendung des 16. Lebensjahres geschlossene Ehen inländisch nicht den Rechtsbindungen der Ehe unterworfen werden. Kinder befinden sich noch in der Entwicklung. Sie verfügen unter anderem in geistiger und sozialer Hinsicht noch nicht über den üblicherweise bei Erwachsenen vorhandenen Stand an Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kompetenzen, Wissen und Reife. Bei ihnen fehlt häufig noch die Erfahrung, um mit rechtsgeschäftlichen Erklärungen verbundene Risiken zu erkennen und realistisch einschätzen zu können (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 15; siehe auch Gössl, BRJ 2019, S. 6 [8]; Rixen, JZ 2019, 628 [630]). Dessen bedarf es aber, um eine eigenverantwortliche Entscheidung über das Eingehen einer Ehe in Kenntnis der damit verbundenen Folgen zu treffen und eine Ehe so zu gestalten, dass jedenfalls die Möglichkeit eröffnet ist, sie in gleichberechtigter Partnerschaft zu führen. Ob Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB der durch Art. 6 Abs. 1 GG garantierten Freiheit, aufgrund eigenverantwortlicher Entscheidung eine Ehe einzugehen, verfassungsrechtlich hinreichend Rechnung trägt, ist keine Frage der Vereinbarkeit mit den Strukturprinzipien, sondern betrifft die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Ehefreiheit.
c) Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB greift in verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigter Weise in die durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistete Eheschließungsfreiheit ein. Der Gesetzgeber ist zwar grundsätzlich befugt, die inländische Wirksamkeit im Ausland geschlossener Ehen von einem Mindestalter der Beteiligten abhängig zu machen. Ihm ist es auch nicht von vornherein verwehrt, bei Unterschreiten dieses Alters im Zeitpunkt der Eheschließung ohne Einzelfallprüfung statusrechtlich die Nichtigkeit der Ehe anzuordnen. Obwohl der Gesetzgeber legitime Ziele verfolgt (aa) und die Regelung zu deren Erreichen geeignet (bb) und erforderlich (cc) ist, erweist sich Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB in seiner derzeitigen Ausgestaltung jedoch als unangemessen und ist damit nicht verhältnismäßig im engeren Sinne (dd).
aa) Die unmittelbar durch Gesetz angeordnete inländische Unwirksamkeit der von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB – vorbehaltlich der Ausnahmen nach Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB – erfassten nach ausländischem Recht wirksam geschlossenen Ehen verfolgt mit dem Minderjährigenschutz sowie der Schaffung von Rechtsklarheit (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 1, 14 f.) verfassungsrechtlich legitime Ziele.
Mit dem Minderjährigenschutz trägt der Gesetzgeber einer verfassungsrechtlichen Schutzverantwortung Rechnung. Ausweislich der Begründung des Entwurfs zum Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen soll die vorgelegte Regelung dazu dienen, Beeinträchtigungen des Kindeswohls durch eine zu frühe Eheschließung und damit einhergehenden Minderungen der Entwicklungschancen minderjähriger Ehepartner entgegenzuwirken (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 1, 15). Damit strebt der Gesetzgeber erkennbar an, das aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete und an den Staat gerichtete Recht von Kindern zu gewährleisten, bei ihrer Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit in der sozialen Gemeinschaft unterstützt und gefördert zu werden. Diese staatliche Schutzverantwortung erstreckt sich auf alle für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern wesentlichen Lebensbedingungen (vgl. dazu BVerfGE 159, 355 [381 f. Rn. 46] – Bundesnotbremse II;BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juli 2022 – 1 BvR 469/20 u.a. –, Rn. 79 jeweils m.w.N.). Die Annahme des Gesetzgebers, dass das vormalige Recht dem Schutzbedürfnis Minderjähriger bei der inländischen Anerkennung nach ausländischem Recht wirksam geschlossener Ehen nicht genügend gerecht wurde (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 1), kann sich auf ausreichend tragfähige Grundlagen stützen. Es ist entwicklungspsychologisch hinreichend gesichert, dass Kinder unter 16 Jahren entwicklungsbedingt regelmäßig noch nicht in der Lage sind, die mit dem Eingehen einer Ehe verbundenen Folgen einschätzen zu können (näher zu den Entwicklungsphasen BTDrucks 17/12200 S. 53 ff., 186 ff.). Das stellt die Fähigkeit zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung für die Eheschließung in Frage. Diese Fähigkeit ist aber von dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrundeliegenden Strukturprinzip einer gleichberechtigten Partnerschaft ermöglichenden Ehe erfasst (dazu Rn. 114).
Verfassungsrechtlich legitim ist der Zweck des Minderjährigenschutzes auch insoweit, als mit der vorgelegten Norm zu der internationalen Ächtung von Kinderehen (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 1, 15) beigetragen werden soll. Dieses Ziel des Gesetzgebers steht in Einklang mit dem Bemühen der Vereinten Nationen, den wegen der Beeinträchtigung der Entwicklungschancen vieler Kinder, vor allem von Mädchen, als schädliche Praxis bewerteten Kinder-, Früh- und Zwangsehen weltweit zu begegnen (vgl. HRC, Resolution on Child, early and forced marriage in humanitarian settings, UN Doc. A/HRC/RES/35/16 vom 12. Juli 2017, Rn. 3 sowie Ziel Nummer 5.3 der Generalversammlung der Vereinten Nationen, Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, A/RES/70/1 vom 21. Oktober 2015). Schon nach Art. 16 Abs. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) darf eine Ehe nur "aufgrund der freien und vollen Willenseinigung der zukünftigen Ehegatten" geschlossen werden und setzt auf Seiten beider Eheschließender Heiratsfähigkeit voraus. Entsprechendes fordern Art. 23 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR; vgl. BGBl II 1973 S. 1533) und Art. 10 Nr. 1 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR; vgl. BGBl II 1973 S. 1569 und BGBl II 1976 S. 428). Daneben verlangt Art. 16 Abs. 1 des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW; vgl. BGBl II 1985 S. 647) nicht nur die Beseitigung der Diskriminierung von Frauen in allen Ehe- und Familienangelegenheiten. Sein Absatz 2 sieht zudem vor, dass die Verheiratung eines Kindes keine Rechtswirksamkeit hat, und erlegt den Vertragsstaaten die Verpflichtung zur Festlegung eines Mindestalters für die Ehefähigkeit auf. Der Frauenrechtsausschuss der Vereinten Nationen vertritt dazu die Auffassung, Art. 16 Abs. 2 CEDAW solle sich auf alle jungen Menschen im Alter von unter 18 Jahren beziehen (CEDAW, General Recommendation No. 21, UN Doc. A/49/38 vom 12. April 1994, Rn. 36; vgl. zur Bedeutung von Rechtsauffassungen solcher Ausschüsse BVerfGE 142, 313 [346 Rn. 90]; 151, 1 [29 Rn. 65]). Auch für die seit dem 15. Juli 2010 in Deutschland vorbehaltlos geltende Kinderrechtskonvention (UN-KRK; vgl. BGBl II 1992 S. 121, 990) hat der zuständige Kinderrechtsausschuss der Vereinten Nationen mehrfach ein Heiratsmindestalter von 18 Jahren empfohlen (vgl. CRC, Allgemeine Bemerkung Nr. 4 Adolescent Health and Development in the Convention on the Rights of the Child, UN Doc. CRC/GC/2003/4 vom 1. Juli 2003, Rn. 16 und Allgemeine Bemerkung Nr. 20 on the implementation of the rights of the child during adolescence, UN Doc. CRC/C/GC/20 vom 6. Dezember 2016, Rn. 40). Wegen der in Art. 24 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommenden Verfassungsentscheidung für eine internationale Zusammenarbeit (vgl. BVerfGE 58, 1 [41]) ist es verfassungsrechtlich legitim, jenseits des Schutzes der von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unmittelbar erfassten (bei Eheschließung) Minderjährigen auch dem Schutz der weltweit von der Praxis der Kinderehe betroffenen Minderjährigen dienen zu wollen.
Der weitere Zweck der vorgelegten Norm, Rechtsklarheit zu schaffen, nachdem die bisher anzuwendende Generalklausel des Art. 6 EGBGB uneinheitlich angewandt wurde (vgl. BTDrucks 18/12086, S. 1, 14 f.), ist ebenfalls verfassungsrechtlich legitim.
bb) Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB ist im verfassungsrechtlichen Sinne zur Erreichung der mit der Regelung verfolgten Zwecke geeignet. Sowohl der angestrebte unmittelbare und mittelbare Minderjährigenschutz als auch die auf die inländische Unwirksamkeit der erfassten Ehen bezogene Rechtsklarheit können durch die vorgelegte Vorschrift gefördert werden (vgl. zu den Maßstäben BVerfGE 159, 355 [406 f. Rn. 114] m.w.N.).
(1) Durch die im Gesetz selbst angeordnete inländische Unwirksamkeit der Ehe kann der Zweck, im Zeitpunkt der Heirat unter 16-Jährige vor den Folgen einer solchen Ehe und dem mit ihr möglicherweise verbundenen Verlust von eigenen Entwicklungschancen zu bewahren, gefördert werden. So kann die Nichtanerkennung der Ehe die durch eine alters- und entwicklungsbedingt regelmäßig nicht vollumfänglich eigenverantwortliche Eheschließung fortdauernd beeinträchtigte Freiheit der Selbstbestimmung wiederherstellen, indem aus der Ehe im Inland keine Rechtsfolgen abgeleitet werden. Damit kann sie auch dem Umstand entgegenwirken, dass über den Zeitpunkt der Eheschließung hinausgehend die Selbstbestimmung minderjähriger Ehegatten während des ehelichen Zusammenlebens fortbestehend beeinträchtigt ist.
Die Anordnung der Unwirksamkeit der Ehe kann überdies zu einem Schutz der Minderjährigen vor Gefährdungen beitragen, die sich aus dem weiteren ehelichen Zusammenleben ergeben können. Mit der inländischen Nichtigkeit der Ehe geht eine Erweiterung der rechtlichen Möglichkeiten der Personensorgeberechtigten, also in der Regel des Vormunds, bei der Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für verheiratete Minderjährige einher. Personensorgeberechtigte können dann, ohne das Bestehen einer Ehe berücksichtigen zu müssen, darüber entscheiden, welche Unterbringung – gegebenenfalls auch die Trennung vom (nach ausländischem Recht) Ehepartner – nach ihrem Dafürhalten dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Das kann den Minderjährigenschutz fördern. Soweit sich aus eingeholten Stellungnahmen, vor allem denen des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht und des Landesjugendamts Bremen, eine in der Praxis engere Handhabung dahingehend ergibt, die Trennung lediglich bei einer Kindeswohlgefährdung durch das Zusammenleben mit dem (nach ausländischem Recht) Ehepartner vorzunehmen, stellt dies die verfassungsrechtliche Eignung der Regelung nicht in Frage. Denn an der Möglichkeit der Zweckerreichung durch die Norm ändert die für Einzelfälle beschriebene Praxis wegen der Erweiterung des rechtlichen Instrumentariums zum Minderjährigenschutz nichts.
Die durch Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB angeordnete Unwirksamkeit der Ehe für den deutschen Rechtsraum schützt den Minderjährigen zudem vor den aus dem rechtlichen Status der Ehe, insbesondere den aus der Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft, aber auch den aus den vermögensrechtlichen Ansprüchen folgenden Risiken. Vermögensrechtliche Pflichten und die damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken fallen jedenfalls bei selbständiger Anknüpfung der Vorfrage der Ehewirksamkeit weitgehend weg (dazu Rn. 25 ff., 32 ff.). Dass wegen der Unmittelbarkeitsfolge nicht nur potentiell riskante rechtliche Verpflichtungen des Minderjährigen, sondern zugleich auch potentiell vorteilhafte Ansprüche und Rechtspositionen und weitere schützende Wirkungen der Ehe wegfallen, steht der Eignung der Norm im verfassungsrechtlichen Sinne nicht entgegen.
Die vorgelegte Norm ist auch nicht deshalb im verfassungsrechtlichen Sinne ungeeignet, weil sie keine Einzelfallprüfung vorsieht (so aber DIJuF, JAmt 2016, S. 598, 599]). Das Grundgesetz schließt es auch bei dem Schutz von Minderjährigen beziehungsweise der Gewährleistung des Kindeswohls dienenden Vorschriften nicht von vornherein aus, typisierende Regelungen zu treffen (vgl. BVerfGE 107, 150 [178 f.]). Das geschieht unter anderem bei den gesetzlichen Bestimmungen über die Geschäftsfähigkeit von Minderjährigen (§§ 104 ff. BGB), die nach dem Alter differenzierende starre Grenzen ziehen, um Minderjährige in typischen Entwicklungsphasen vor den Gefahren der Teilnahme am Rechtsverkehr zu schützen (näher etwa Spickhoff, in: MünchKomm BGB, 9. Aufl. 2021, § 104 Rn. 6 f. m.w.N.).
(2) Unter Berücksichtigung des dem Gesetzgeber bei der Eignung eines Gesetzes zur Zweckerreichung zukommenden Spielraums (vgl. dazu BVerfGE 159, 223 [305 f. Rn. 185] – Bundesnotbremse I; 159, 355 [406 f. Rn. 114] jeweils m.w.N.), der hier allerdings wegen der inländisch einem Ehehindernis ähnelnden Wirkung der vorgelegten Norm (dazu Rn. 140) begrenzt ist, ist diese im verfassungsrechtlichen Sinn nicht ungeeignet, zukünftig Eheschließungen nach ausländischem Recht unter Beteiligung unter 16-Jähriger zu verhindern. Das gilt jedenfalls insoweit, als das Gesetz auf eine international erfolgende und auf eine generalpräventiv wirkende Verhinderung von Kinderehen abzielt (zu den Eignungsbedenken die Kinderrechtekommission des DFGT, FamRZ 2017, S. 77 [79]). Die zugrundeliegende Annahme des Gesetzgebers, mit der vorgelegten Norm einen Beitrag dazu leisten zu können, Kinderehen als schädliche Praxis international stärker ins Bewusstsein zu rufen, findet eine hinreichende Grundlage in den auch Kinderehen betreffenden völkerrechtlichen Regelungen (dazu Rn. 128). Wegen der von völkerrechtlich gebundenen Staaten jeweils eingegangenen Verpflichtungen zur weitgehenden Überwindung von Kinderehen kann eine nationale Regelung, die wie hier die Nichtigkeit bestimmter Kinderehen anordnet, dazu beitragen, den Realisierungswillen auch der übrigen Staaten zu stärken (vgl. insoweit BVerfGE 157, 30 [142 Rn. 203] – Klimaschutz).
(3) Die vorgelegte Norm ist auch insoweit geeignet, als sie der Rechtsklarheit über das inländische Statusverhältnis der von ihr erfassten Ehen dient. Anders als das nach bisherigem Recht maßgebliche, als vage bewertete Kriterium des ordre public (vgl. Wapler, Umsetzung und Anwendung der Kinderrechtskonvention in Deutschland, Rechtsgutachten im Auftrag des BMFSFJ vom 25. September 2017, S. 24), das zu einer divergierenden Entscheidungspraxis geführt hatte (vgl. Frank, StAZ 2019, S. 129; Weller/Thomale/Hategan/Werner, FamRZ 2018, S. 1289 [1293 f.]), knüpft Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB ohne Wertungsspielräume allein an das Alter bei Eheschließung an. Das fördert die Rechtsklarheit zumindest für das Statusverhältnis Ehe. Dass die Altersermittlung, insbesondere bei geflüchteten Menschen, im Einzelfall mit praktischen Schwierigkeiten verbunden sein kann (vgl. Hüßtege, FamRZ 2017, S. 1374 [1377 f.]), macht die Regelung nicht im Hinblick auf das Ziel der Verbesserung der Rechtsklarheit ungeeignet. Probleme bei der Ermittlung der tatsächlichen Voraussetzungen von Tatbestandsmerkmalen sind kein spezifisches Phänomen der vorgelegten Regelung.
Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB läuft dem Ziel der Rechtsklarheit auch nicht deshalb zuwider, weil ausdrückliche Regelungen über die Rechtsfolgen der nach ausländischem Recht wirksam geschlossenen Ehe bei Eingreifen der inländischen Nichtigkeitsanordnung fehlen (dazu Rn. 25 ff.). Der Gesetzgeber bezweckt mit dem Gesetz eine rechtsklare Regelung des Statusverhältnisses von Ehen mit Beteiligung bei Eheschließung unter 16-Jähriger. Diesen Zweck kann die Regelung fördern. Unsicherheiten hinsichtlich der auf die Ehefolgen anwendbaren Rechtsvorschriften ändern daran nichts.
cc) Die durch die vorgelegte Norm gesetzesunmittelbar angeordnete inländische Unwirksamkeit der erfassten nach ausländischem Recht wirksam geschlossenen Ehen ist sowohl zum Minderjährigenschutz als auch zur Verbesserung der Rechtsklarheit des Status solcher Ehen im verfassungsrechtlichen Sinne erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass dem Gesetzgeber Regelungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, mit denen die verfolgten Zwecke mit geringeren Belastungen sicher gleich wirksam erreicht werden können.
(1) Grundrechtseingriffe dürfen nicht weitergehen, als es der Schutz des Gemeinwohls erfordert. Daran fehlt es, wenn ein gleich wirksames Mittel zur Erreichung des Gemeinwohlziels zur Verfügung steht, das den Grundrechtsträger weniger und Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastet. Die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen zur Zweckerreichung muss dafür in jeder Hinsicht eindeutig feststehen. Dem Gesetzgeber steht grundsätzlich auch für die Beurteilung der Erforderlichkeit ein Einschätzungsspielraum zu. Der Spielraum bezieht sich unter anderem darauf, die Wirkung der von ihm gewählten Maßnahmen auch im Vergleich zu anderen, weniger belastenden Maßnahmen zu prognostizieren. Der Spielraum kann sich wegen des betroffenen Grundrechts und der Intensität des Eingriffs verengen (vgl. BVerfGE 159, 223 [314 Rn. 203 f.] m.w.N.; stRspr).
(2) (a) Nach diesen Maßgaben stand dem Gesetzgeber lediglich ein geringer Einschätzungsspielraum zu. Die in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB gesetzesunmittelbar angeordnete Unwirksamkeit der von der Regelung betroffenen Ehen wirkt inländisch ähnlich wie ein Ehehindernis für die nach ausländischem Recht wirksam miteinander verheirateten Eheleute. Sie sind im Inland daran gehindert, ihre Lebensgemeinschaft als eheliche fortzusetzen, es sei denn, sie würden in Deutschland erneut miteinander die Ehe schließen. Das dürfte jedoch mit tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten verbunden sein. Bei den in den Regelungsbereich der vorgelegten Norm fallenden Eheleuten handelt es sich regelmäßig um ausländische Staatsangehörige, die für eine (erneute) Heirat im Inland nach § 1309 Abs. 1 BGB ein Ehefähigkeitszeugnis ihres Herkunftsstaates benötigen. Das wird kaum zu erlangen sein, weil die Betroffenen nach dem Recht dieses Staates wirksam miteinander verheiratet sind. Eine Befreiung vom Erfordernis des Ehefähigkeitszeugnisses können sie lediglich unter den engen Voraussetzungen von § 1309 Abs. 2 Satz 3 BGB (dazu Löhnig, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 1309 Rn. 38 ff. m.w.N.) erlangen. Diese einem Ehehindernis ähnelnde Wirkung begrenzt nicht nur den Spielraum des Gesetzgebers bei dem Aufstellen solcher Regelungen (dazu Rn. 117), sondern schränkt wegen der Beeinträchtigung des Zugangs der Eheleute zu einer inländisch wirksamen Ehe auch den auf die Erforderlichkeit bezogenen gesetzgeberischen Einschätzungsspielraum ein.
(b) Dennoch ist die vorgelegte Norm im verfassungsrechtlichen Sinne erforderlich. Mögliche Alternativen zu der getroffenen Regelung gesetzesunmittelbarer Unwirksamkeit der betroffenen Auslandsehen wiesen teils nicht sicher gleiche Wirksamkeit auf, teils ist bereits eine geringere Belastung der Betroffenen nicht gesichert.
(aa) Der Erforderlichkeit von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB steht nicht entgegen, dass die Unwirksamkeit der von der Regelung erfassten Auslandsehen auch in einem gerichtlichen Statusverfahren einzelfallbezogen mit Wirkung für und gegen jeden ausgesprochen werden könnte (dieses Verfahren befürwortend etwa Antomo, ZRP 2017, S. 79 [81]; Hüßtege, FamRZ 2017, S. 1374 [1377]). Weder geringere Belastungen noch eine gleiche Wirksamkeit bei dem Erreichen der vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke sind gesichert.
Zwar dürfte ein gerichtliches Statusverfahren gegenüber der vom Gesetzgeber gewählten Regelung den Vorteil haben, dass sie die (Un-)Wirksamkeit der Ehe mit Wirkung für und gegen jedermann feststellten. Es müssten dann nicht mit der fraglichen Ehe befasste Behörden und Gerichte jeweils selbst die Wirksamkeit der Ehe im Inland anhand des gesetzlichen Tatbestands prüfen. Divergierende Entscheidungen über die inländische Wirksamkeit derselben Ehe wären ausgeschlossen (vgl. Hüßtege, FamRZ 2017, S. 1374 [1377]). Es ist aber nicht gesichert, dass die Unwirksamkeitsfeststellung in einem Statusverfahren den angestrebten Minderjährigenschutz in gleicher Weise bewirken würde wie die gesetzesunmittelbare Anordnung inländischer Nichtigkeit der Ehe. Da allein die gerichtliche Entscheidung für die Beurteilung des Statusverhältnisses maßgeblich wäre, könnte sich niemand vor deren Ergehen auf die Unwirksamkeit der Minderjährigenehe berufen. Bis zur Rechtskraft würde die von bei Heirat unter 16-Jährigen geschlossene Ehe Rechtswirkungen entfalten. Gerade vor solchen Rechtswirkungen sollen solche minderjährigen Partnerinnen oder Partner, bei denen wegen der regelmäßig geringer entwickelten Fähigkeit zur Selbstbestimmung von einer höheren Schutzbedürftigkeit auszugehen ist, jedoch geschützt werden. Dem kann wegen des Zeitraums bis zur rechtskräftigen Entscheidung nicht in gleicher Weise Rechnung getragen werden wie bei einer durch das Gesetz unmittelbar angeordneten Ehenichtigkeit.
Zudem ist nicht gesichert, dass ein gerichtliches Statusverfahren geringere Belastungswirkungen aufweist als die vom Gesetzgeber gewählte Regelung. Die Intensität des Eingriffs wird in qualitativer Hinsicht bestimmt durch das Maß der Verkürzung der grundrechtlich geschützten Handlungen und Rechtspositionen (vgl. BVerfGE 30, 292 [316]) einschließlich der damit einhergehenden wirtschaftlichen Folgen (vgl. BVerfGE 123, 186 [239]), und in quantitativer Hinsicht durch die Zahl der Betroffenen. Weder das eine noch das andere wird durch ein gerichtliches Verfahren, in dem bei demselben gesetzlichen Tatbestand das Nichtbestehen der Ehe festgestellt wird, berührt. Sowohl die Gesamtzahl der Betroffenen als auch das Gewicht der Rechtsfolge (Unwirksamkeit) blieben unverändert.
Selbst bei einem gerichtlichen Statusverfahren, das – bei weiterhin durch das Gesetz selbst angeordneter Unwirksamkeit im Übrigen – zum Gegenstand hätte, auf Antrag von der Rechtsfolge der Unwirksamkeit abzusehen, ist eine geringere Belastung gegenüber der von der vorgelegten Norm ausgehenden nicht hinreichend gesichert. Zwar würde dies insoweit zu einer Milderung der Normwirkungen führen, als die Gesamtzahl der nicht anerkannten Ehen geringer wäre als diejenige bei gesetzlicher Anordnung. Allerdings müssen die von dem gerichtlichen Verfahren selbst im Gegensatz zu einer für alle Betroffenen unmittelbar und unterschiedslos kraft Gesetzes angeordneten Rechtsfolge ausgehenden Belastungen berücksichtigt werden. Zu derartigen Belastungen liegen lediglich in geringem Umfang Erkenntnisse vor, die zudem kein einheitliches Bild ergeben. So wird gelegentlich berichtet, die betroffenen Minderjährigen könnten sich in einer vergleichbaren Druck- oder Beeinflussungssituation wie zum Zeitpunkt der Eheschließung wiederfinden und sich nun gezwungen sehen, ihre Ehe gegen den staatlichen Angriff "zu verteidigen" (vgl. Michell, in: 148. Sitzung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 17. Mai 2017, Protokoll-Nr. 18/148, S. 15). Sie könnten sich im Heimatland sogar Schuldvorwürfen ausgesetzt sehen, falls es ihnen nicht gelänge, die gerichtliche Auflösung der Ehe zu verhindern. Das Landesjugendamt Bremen hat in seiner in diesem Verfahren eingeholten Stellungnahme allerdings vorgebracht, es sei Wunsch der Betroffenen, ihre Sicht der Dinge in ein Verfahren einzubringen, wenn über die (inländische) Wirksamkeit ihrer Ehe entschieden werde (vgl. auch Möller/Yassari, KJ 2017, S. 269 [283]). Angesichts dieser nicht einheitlichen Erkenntnisse und Einschätzungen über die möglichen, mit einem gerichtlichen Verfahren verbundenen Belastungen bewegt sich die Annahme solcher Belastungen noch innerhalb des – hier engen – Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers. Dass die Beteiligung an Gerichtsverfahren für Kinder und Jugendliche gerade dann mit spezifischen Belastungen verbunden ist, wenn es dort um ihre eigenen Rechte, Interessen und Erlebnisse geht, entspricht im Übrigen auch der plausiblen Einschätzung des Gesetzgebers in sonstigen Verfahren, wie sich etwa an zahlreichen Regelungen zum Schutz kindlicher und jugendlicher (Opfer)Zeugen im Strafverfahren (etwa § 58a Abs. 1 Nr. 1, § 255a Abs. 2 Satz 1 und 2 StPO, § 171b Abs. 2 und 3 GVG) zeigt. Da das möglicherweise gegenüber der vorgelegten Norm weniger eingriffsintensive Regelungsmodell ein gerichtliches Statusverfahren sein soll, das eine einzelfallbezogene, an der Schutzbedürftigkeit und damit dem Kindeswohl orientierte Entscheidung zum Gegenstand hätte, besteht eine gewisse Vergleichbarkeit.
(bb) Der Erforderlichkeit der vorgelegten Regelung steht auch nicht entgegen, dass der Gesetzgeber anstelle der starren Altersgrenze als tatbestandliches Merkmal eine Regelung hätte wählen können, die – insoweit Art. 6 EGBGB vergleichbar – abstrakt-generell auf Tatbestandsebene lediglich solche Konstellationen benennt, in denen Minderjährige Schutz vor den Gefahren einer Frühehe benötigen.
Auch insoweit ist schon nicht gesichert, dass ein solches Regelungsmodell zu geringeren Belastungen führte als Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB. Zwar könnte das Eingriffsgewicht gegenüber der vorgelegten Norm geringer sein, weil die Unwirksamkeitsfolgen bei Beteiligten ausbleibt, die dieses Schutzes nicht (mehr) bedürfen. Die Anzahl der nach inländischem Recht unwirksamen Ehen würde damit insgesamt geringer. Diesem quantitativen Gesichtspunkt stehen aber Mehrbelastungen für die von der Regelung Betroffenen gegenüber, die aus dem zur Feststellung der Verhältnisse des Einzelfalls notwendigen Verfahren folgen. Ausgehend von den bei der Anwendung von Art. 6 EGBGB gewonnenen Erkenntnissen dürfte die Aufklärung der für die Schutzbedürftigkeit im Einzelfall maßgeblichen Aspekte typischerweise aufwändiger und langwieriger sein als die Prüfung des Alters der Eheleute bei der ausländischen Eheschließung. Die Ermittlung des Sachverhalts ginge regelmäßig mit der Erforschung höchst privater Umstände einher, vor allem der Verhältnisse in der betroffenen Ehe. Das bringt Belastungen für die betroffenen Eheleute und damit auch für die zu schützenden, jedenfalls bei Eheschließung Minderjährigen mit sich (vgl. insoweit Antomo, NZFam 2016, S. 1155 [1161]; Gausing/Wittebol, DÖV 2018, S. 41 [47]).
Jedenfalls bestehen Zweifel daran, dass ein Regelungsmodell mit einer Einzelfallprüfung anhand eines abstrakt-generellen Kriteriums in gleicher Weise zum Erreichen der Gesetzeszwecke geeignet ist wie die gesetzesunmittelbare Unwirksamkeitsregelung in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB. Das Gelingen einer Prüfung der Schutzbedürftigkeit im Einzelfall hängt maßgeblich davon ab, in einem behördlichen oder gerichtlichen Verfahren die für die Einzelfallprüfung auschlaggebenden tatsächlichen Umstände ausreichend zuverlässig aufklären zu können. Insbesondere der Möglichkeit, Defizite der Selbstbestimmung im Zeitpunkt der ausländischen Eheschließung und eine objektive Gefährdung des betroffenen minderjährigen Partners zu diesem Zeitpunkt zu ermitteln oder auszuschließen, sind tatsächliche Grenzen gesetzt. Erst recht wird sich angesichts der Verhältnisse in zumindest einem nicht unerheblichen Teil der Herkunftsstaaten eine durch unter 16-Jährige selbstbestimmte Eheschließung im Nachhinein kaum verlässlich aufklären lassen (vgl. Rixen, JZ 2019, S. 628 [630]). Zur Ermittlung sowohl der Umstände der Eheschließung als auch der Folgen des ehelichen Zusammenlebens für die betroffene minderjährige Person vor der Einreise in das Inland stehen regelmäßig ausschließlich deren Bericht und der des anderen Ehegatten zur Verfügung. Vor allem die tatsächliche Motivationslage der Betroffenen bei Eheschließung zu ermitteln, wird sich häufig schwierig gestalten (vgl. Simsek, in: Protokoll der 148. Sitzung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 17. Mai 2017, Protokoll-Nr. 18/148 S. 20). Bereits das stellt die sicher gleiche Wirksamkeit einer auf die Schutzbedürftigkeit bezogenen Einzelfallprüfung in Frage.
Daran ändern die günstiger zu bewertenden Möglichkeiten nichts, die Schutzbedürftigkeit bei Eheschließung unter 16-Jähriger ab dem Aufenthalt der Eheleute im Inland ausreichend zuverlässig aufzuklären. Bei der Ermittlung der aktuellen Situation der Betroffenen im Hinblick auf deren Fähigkeit zum selbstbestimmten Führen der Ehe und sonstige für den Minderjährigenschutz bedeutsame Umstände stünde die gesamte Bandbreite der Aufklärungsmöglichkeiten, vor allem die Einschätzung der fachlich Beteiligten, zur Verfügung. Eine allein auf die aktuelle Schutzbedürftigkeit der Betroffenen im Zeitpunkt einer Entscheidung über die inländische Wirksamkeit der Ehe bezogene Einzelfallprüfung trüge aber nicht allen vom Gesetzgeber verfolgten Gesetzeszwecken Rechnung. Weder würde dem Anliegen vollständig Rechnung getragen, den inländischen Fortbestand von Auslandsehen zu verhindern, bei denen die Eigenverantwortlichkeit der Entscheidung der Minderjährigen, sie einzugehen, nicht gesichert ist, noch würde dem verfolgten Ziel, Kinderehen international zu überwinden, in gleicher Weise wie mit der vorgelegten Norm entsprochen. Zum Erreichen des letztgenannten Zwecks dürfte eine Regelung weniger gut geeignet sein, die die inländische Unwirksamkeit einer solchen Ehe von einer Einzelfallprüfung abhängig macht. Denn damit würde zum Ausdruck gebracht, solche Eheschließungen nicht durchgängig, möglicherweise nicht einmal in der überwiegenden Zahl der Fälle für kindeswohlschädlich zu halten (vgl. Düsing/Wittmann, AnwBl Online 2020, S. 446 [451]).
Auch im Hinblick auf das gesetzgeberische Ziel, die Rechtsklarheit des inländischen Status von nach ausländischem Recht mit unter 16-Jährigen geschlossenen Ehen zu verbessern, ist nicht gesichert, dass eine auf eine Einzelfallprüfung abstellende Regelung dafür in gleicher Weise geeignet ist wie die gesetzesunmittelbare und allein an das Alter bei Eheschließung anknüpfende Unwirksamkeitsanordnung.
(cc) Schließlich kann die Erforderlichkeit der in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB angeordneten Eheunwirksamkeit auch nicht mit Verweis darauf in Frage gestellt werden, statt der gesetzesunmittelbaren Unwirksamkeit die Aufhebung der Ehe vorzusehen, wie sie derzeit nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB für die nach Vollendung des 16. und vor Vollendung des 18. Lebensjahres geschlossenen Ehen gilt. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts, den in diesem Verfahren eingegangenen Stellungnahmen des Deutschen Familiengerichtstages und der Wissenschaftlichen Vereinigung für Familienrecht sowie einer vielfach in der Literatur (etwa Bongartz, NZFam 2017, S. 541 [545]; Weller/Thomale/Hategan/Werner, FamRZ 2018, S. 1289 [1296]) vertretenen Ansicht darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass eine solche Rechtsfolge nicht gleich sicher sämtliche Gesetzeszwecke erreichen kann.
Zwar dürfte der mit einer erst ab der Aufhebungsentscheidung wirkenden Aufhebung der Ehe verbundene Eingriff in Art. 6 Abs. 1 GG weniger intensiv als die von dem Zeitpunkt der Eheschließung im Ausland an wirkende Unwirksamkeit sein. Dafür spricht, dass nach § 1318 BGB eine aufgehobene Ehe zu Gunsten der schutzwürdigen Ehegatten einzelne Rechtsfolgen aus dem Scheidungsfolgenrecht, insbesondere nacheheliche Unterhaltsansprüche, nach sich zieht (vgl. Antomo, ZRP 2017, S. 79 [81]; DIJuF, JAmt 2016, S. 598 [599]; Löhnig, NZFam 2019, S. 65 [73]; Weller/Thomale/Hategan/Werner, FamRZ 2018, S. 1289 [1295]). An der gesichert gleichen Eignung der Aufhebungslösung der Minderjährigenehe im Vergleich zur gesetzesunmittelbaren Unwirksamkeit von Anfang an bestehen aber schon deshalb Zweifel, weil bei der Aufhebung die Ehe bis zum Ergehen der Entscheidung darüber diese auch inländisch als wirksame besteht (vgl. Andrae, Internationales Familienrecht, 4. Aufl. 2019, § 1 Rn. 133). Mit der Wirksamkeit der Ehe besteht zumindest vorübergehend eine für den Minderjährigen auch – oder vor allem – nachteilige Rechtslage, vor der er gerade geschützt werden soll.
Außerdem deuten die allerdings nicht umfänglichen und auch nicht einheitlichen tatsächlichen Erkenntnisse über das Schutzbedürfnis von – bei Heirat – minderjährigen Ehepartnern nicht sicher auf eine gleiche Eignung der Eheaufhebung hin, den Schutz von Minderjährigen auf allen seinen vom Gesetzgeber verfolgten Ebenen zu erreichen. Obwohl die gesetzliche Regelung den Jugendämtern eine Pflicht zur Antragstellung auferlegt (§ 1316 Abs. 3 Satz 2 BGB) und Gerichten nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gestattet, von einer Aufhebung abzusehen, ist die Zahl der tatsächlichen Eheaufhebungen wegen Minderjährigkeit bei Eheschluss äußerst gering geblieben. Nach von Terre des femmes veröffentlichten Zahlen ist es in 10 von 813 bekannt gewordenen Fällen zu einer Aufhebung gekommen (Pressemitteilung Terres des femmes vom 18. September 2019 "Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen wird bundesweit unzureichend umgesetzt"). Als Gründe hierfür vermutet der genannte Verein, dass Minderjährigenehen nicht als solche erkannt oder gemeldet werden, Unwissenheit bei Beratungsstellen und Behörden über die Verfahrenswege besteht oder dass die Betroffenen zwischenzeitlich volljährig werden. Ungeachtet der Gründe für die geringe Zahl von Aufhebungen der von Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB erfassten Ehen geht die Praxis mit einer von der gesetzgeberischen Grundentscheidung abweichenden Gewichtung der Kriterien der Autonomie des Minderjährigen, seiner Schutzbedürftigkeit und der Eignung der Aufhebung als Schutzmaßnahme einher. Ausgehend von der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Wertung einer höheren Schutzbedürftigkeit von bei Heirat unter 16-Jährigen einer Auslandsehe gibt die geringe Aufhebungsquote von Ehen mit 16- oder 17-Jährigen hinreichenden Anlass, an der gesichert gleichen Wirksamkeit zu zweifeln. Selbst bei dem hier nur engen Einschätzungsspielraum zur Wirksamkeit der gewählten gesetzlichen Regelung und möglichen Alternativen kann davon ausgegangen werden, dass durch eine Aufhebung der betroffenen Ehen der Minderjährigenschutz nicht gesichert gleich wirksam zu erreichen ist. Erst recht deutet die Zahl der Aufhebungen daraufhin, die angestrebte internationale Ächtung von Kinderehen mit einer lediglich ausnahmsweise zur Aufhebung solcher Ehen führenden gesetzlichen Regelung weniger gut erreichen zu können als mit einer durchgängig unmittelbar geltenden Unwirksamkeit.
dd) Die in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unmittelbar durch Gesetz angeordnete Unwirksamkeit der betroffenen nach ausländischem Recht wirksam geschlossenen Ehen ist nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Der dadurch bewirkte Eingriff in die Eheschließungsfreiheit des Art. 6 Abs. 1 GG ist wegen des Fehlens von Regelungen über die Folgen der Unwirksamkeit außerhalb der Statusfolge und über eine Möglichkeit für die bei Heirat unter 16-Jährigen, die wirksame Auslandsehe nach Erreichen der Volljährigkeit auch nach inländischem Recht als wirksame Ehe führen zu können, unangemessen.
(1) Die Angemessenheit und damit die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erfordern, dass der mit der Maßnahme verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, in einer Abwägung Reichweite und Gewicht des Eingriffs in Grundrechte einerseits der Bedeutung der Regelung für die Erreichung legitimer Ziele andererseits gegenüberzustellen. Um dem Übermaßverbot zu genügen, müssen hierbei die Interessen des Gemeinwohls umso gewichtiger sein, je empfindlicher die Einzelnen in ihrer Freiheit beeinträchtigt werden. Auch bei der Prüfung der Angemessenheit besteht grundsätzlich ein Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 159, 223 [318 f. Rn. 216 f.]; 159, 355 [413 Rn. 134 f.]; stRspr).
(2) Die vorgelegte Norm beeinträchtigt bereits wegen ihrer für das Inland einem Ehehindernis ähnelnden Wirkung (dazu Rn. 140) die durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistete Eheschließungsfreiheit mit nicht unerheblichem Gewicht. Soweit die betroffenen Ehen in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG fallen, greift Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB zudem in deren Bestand ein und vereitelt den Anspruch auf Anerkennung der im Ausland wirksam geschlossenen Ehen durch das deutsche Recht. Dieses wird noch dadurch verstärkt, dass eine Möglichkeit fehlt, die auf der Grundlage ausländischen Rechts wirksam geschlossene Ehe nach Erreichen der Volljährigkeit auch im Inland als wirksame zu führen. Berührt ist teilweise zudem das Rechtsverhältnis zu aus der Verbindung hervorgegangenen Kindern.
(a) Der in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB grundsätzlich angeordneten Unwirksamkeit nach ausländischem Recht wirksam geschlossener Ehen kommt für die in den Schutzbereich gehörenden Ehen (dazu Rn. 122 f.) ein nicht unerhebliches Eingriffsgewicht zu, weil Strukturprinzipien des Art. 6 Abs. 1 GG berührt sind. Betroffenen, die im Ausland bereits als Eheleute zusammengelebt haben und an ihrer Verbindung in dieser Rechtsform festhalten wollen, wird dies in den Konstellationen des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB im deutschen Rechtsraum nicht ermöglicht. Für das Gewicht des Eingriffs ist zu berücksichtigen, dass die Partner von in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG fallenden Ehen auch keine Möglichkeit haben, ihre auf der Grundlage ausländischen Rechts wirksam geschlossene Ehe nach Erreichen der Volljährigkeit aufgrund eigenverantwortlicher Entscheidung inländisch als wirksame Ehe zu führen. Das berührt die von Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit, die Ehe mit einer selbst gewählten Person einzugehen. Diese Freiheit bildet einen elementaren Bestandteil der durch die Grundrechte gewährleisteten freien persönlichen Existenz des Menschen. Damit sind zentrale Bestandteile der über Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Ehefreiheit betroffen. Zudem wird das Recht auf eheliches Zusammenleben in einer bereits nach ausländischem Recht wirksamen Ehe ausgeschlossen. Das Festhalten an dieser Lebensgemeinschaft während der Minderjährigkeit und der Wunsch, diese Ehe nach Erreichen der Volljährigkeit aufgrund dann eigenverantwortlicher Entscheidung als wirksame zu führen, können Ausdruck des mit zunehmendem Alter von Minderjährigen an Bedeutung gewinnenden Willens sein.
Das den Status der Ehe selbst betreffende Eingriffsgewicht wird durch die Ausnahmen in Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB in gewissem Umfang verringert; insbesondere in den von Nr. 2 der genannten Regelung erfassten Fällen trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, dass die mit Minderjährigen geschlossene Ehe bis zu deren Volljährigkeit geführt worden ist. Dem dürfte die Einschätzung des Gesetzgebers zugrunde liegen, dass die Ehe jedenfalls ab diesem Zeitpunkt typischerweise auf einem eigenverantwortlichen Entschluss der nunmehr volljährigen Ehegatten beruht.
Dagegen wird das Eingriffsgewicht lediglich in geringem Umfang durch die Möglichkeit abgeschwächt, später im Inland noch einmal eine wirksame Ehe auch und gerade mit dem Partner oder der Partnerin der inländisch unwirksamen Auslandsehe eingehen zu können. Die Betroffenen haben es zwar damit an sich selbst in der Hand, der Ehe nach Vollendung des 18. Lebensjahres zumindest mit Wirkung für die Zukunft auch für den deutschen Rechtskreis Wirksamkeit zu verschaffen. Das trägt der Eheschließungsfreiheit aber aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nur in begrenztem Umfang Rechnung. Zum einen ist die inländische Eheschließung in diesen Fällen mit formellen Hürden versehen. Das grundsätzlich erforderliche Ehefähigkeitszeugnis (§ 1309 Abs. 1 Satz 1 BGB) wird der dafür zuständige Herkunftsstaat regelmäßig nicht erteilen, und die dann erforderliche Befreiung hängt von den strengen Voraussetzungen des § 1309 Abs. 2 BGB, insbesondere dessen Satz 3, ab (dazu Rn. 140). Auch wenn es ungeachtet dessen zu einer erneuten Heirat käme, weil die inländische Unwirksamkeit der ausländischen Eheschließung einen "besonderen Fall" im Sinne von § 1309 Abs. 2 Satz 3 BGB begründete, würde zum anderen in materieller Hinsicht für aus der Ehe resultierende Ansprüche (etwa Unterhaltsansprüche oder güterrechtliche Ansprüche) regelmäßig auf den Zeitpunkt der inländischen (erneuten) Eheschließung abgestellt. Das kann mit Nachteilen bei der Höhe solcher Ansprüche verbunden sein, wenn und soweit ihre Höhe in Abhängigkeit von der Ehezeit steht.
(b) Das Eingriffsgewicht wird auch dadurch erhöht, dass den Betroffenen – soweit für einzelne Rechtsfolgen nicht das Heimatrecht gilt und die Vorfrage der Ehe nicht selbständig angeknüpft wird (dazu Rn. 21 ff.) – die mit dem Status verbundenen rechtlichen Vorteile verwehrt sind. Im Verhältnis der Partner zueinander betrifft dies alle die eheliche Lebensgemeinschaft berührenden Rechte und Pflichten vermögensrechtlicher und nicht vermögensrechtlicher Art (eheliche Lebensgemeinschaft, Unterhalt und Erbrecht) einschließlich aller nachehelichen Ansprüche. Anders als bei der Ehescheidung und -aufhebung existieren für den Fall der Unwirksamkeit nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB bei Trennung der (vermeintlichen) Eheleute keine spezifischen Ansprüche zum Zweck des wirtschaftlichen Ausgleichs der im Rahmen des "ehelichen" Zusammenlebens tatsächlich erfolgten und im Regelfall im Vertrauen auf die rechtliche Wirksamkeit der Ehe getätigten Dispositionen. Allenfalls ein Ausgleich über §§ 812 ff. BGB erscheint nicht völlig ausgeschlossen (dazu Rn. 27). Ein spezifisches gerichtliches Verfahren zur Klärung der finanziellen Folgen der unwirksamen Ehe fehlt ebenfalls (vgl. Antomo, ZRP 2017, S. 79 [81]). Mit der Anordnung der Unwirksamkeit der Ehe werden darüber hinaus den Betroffenen alle weiteren mit dem Status der Ehe verbundenen Ansprüche verwehrt. Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 AsylG für das Familienasyl getroffene einzige Folgenregelung (dazu Rn. 24) ändert daran für das Eingriffsgewicht nichts Wesentliches.
Dem weitgehenden Fehlen von Folgeregelungen kommt insbesondere auch dann Bedeutung zu, wenn die Betroffenen regelmäßig vor der Übersiedlung nach Deutschland bereits als Eheleute zusammengelebt und sich hierauf eingestellt haben. Häufig werden sie, jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt dieses Aufenthaltswechsels, gutgläubig hinsichtlich der Anerkennung ihrer Ehe und der damit verbundenen Rechtswirkungen gewesen sein. Auch wenn nach deutschem Kollisionsrecht zu keinem Zeitpunkt eine wirksame Ehe bestand, ist aus Sicht der Betroffenen das Interesse am Bestand ihrer Ehe berührt. Dieses Interesse wird verstärkt, wenn die Betroffenen nach einem Aufenthaltswechsel nach Deutschland noch hier als Ehepaar gelebt haben und die Unwirksamkeit der Ehe möglicherweise erst Jahre später erkannt wird. Eingriffsverstärkende Wirkung hat das Fehlen der Möglichkeit, nach Erreichen der Volljährigkeit die Ehe aufgrund eigenverantwortlicher Entscheidung auch inländisch als wirksame Ehe zu führen. Der vorgelegten Norm liegt zwar die verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Annahme zugrunde, dass die von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB erfassten Ehen von unter 16-Jährigen entwicklungsbedingt nicht aufgrund eines eigenverantwortlichen Entschlusses begründet worden sind. Nach § 1303 Satz 1 BGB ist aber mit der Volljährigkeit die Ehemündigkeit erreicht. Selbst dann ist es jedoch nicht möglich, die zuvor nach ausländischem Recht wirksam begründete Ehe in Deutschland als wirksame zu führen.
(3) Dem nicht unerheblichen Gewicht des Eingriffs in die Eheschließungsfreiheit steht vor allem mit dem Minderjährigenschutz auf nationaler und internationaler Ebene ein gewichtiger Gemeinwohlbelang gegenüber.
(a) Der Minderjährigenschutz als Gemeinwohlbelang von großer Bedeutung hat seine verfassungsrechtliche Grundlage in dem aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 GG folgenden Anspruch von Kindern auf Unterstützung und Förderung durch den Staat bei ihrer Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten in der sozialen Gemeinschaft. Diese Schutzverantwortung des Staates erstreckt sich auf alle für die Persönlichkeitsentwicklung wesentlichen Lebensbedingungen. Sie erschöpft sich nicht in der Sicherung der vorrangigen Elternverantwortung für die Entwicklung des Kindes, sondern umfasst unterstützende und ergänzende Pflichten des Staates, wo dies für dessen Persönlichkeitsentwicklung bedeutsam ist (vgl. BVerfGE 159, 355 [381 f. Rn. 46] m.w.N.).
(b) Der Gesetzgeber konnte von der großen Bedeutung des verfolgten Anliegens ausgehen, Minderjährige in von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB erfassten Ehen zu schützen. Die typischerweise bestehende Schutzbedürftigkeit der von der Norm Betroffenen, die sich vor allem aus der Beeinträchtigung sonst bestehender Entwicklungschancen sowie den Abhängigkeitsverhältnissen in einer Kinderehe ergibt, ist zuverlässig belegt. So wird die frühe Heirat als abrupte Beendigung der Kindheit der davon betroffenen Minderjährigen beschrieben, bei denen es sich vor allem um Mädchen und Frauen handelt (vgl. Parlamentarische Versammlung des Europarats, Forced Marriage in Europe, Resolution 2233 vom 28. Juni 2018, Rn. 2), die häufig mit einer Trennung des Mädchens von seiner Familie sowie mit dem Ende des Schulbesuchs der Betroffenen verbunden ist (vgl. United Nations Population Fund [UNFPA], Marrying Too Young – End Child Marriage, 2012, S. 11). Die frühe Ehe führt damit regelmäßig zu einer Beschränkung der Bildung und der ökonomischen Entwicklungsmöglichkeiten der ganz überwiegend betroffenen Frauen (vgl. Freeman, in: Freeman/Chinkin/Rudolf, The UN Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women, 2012, S. 438). Mit einer frühen Eheschließung steigt die Wahrscheinlichkeit für frühe, häufige und hochriskante Schwangerschaften. Frühe Sexualkontakte, Schwangerschaft und Geburt stellen wiederum ein großes gesundheitliches Risiko für Mädchen und junge Frauen dar (vgl. Freeman, ebenda, S. 438 m.w.N.; UNFPA, ebenda, S. 11). Angesichts dessen trägt der Minderjährigenschutz hier zugleich sowohl der staatlichen Schutzpflicht zugunsten von Leben und körperlicher Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. dazu BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 27. April 2022 – 1 BvR 2649/21 –, Rn. 155 – Impfnachweis COVID-19 m.w.N.) als auch dem Gebot aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG Rechnung, faktische Benachteiligungen von Frauen zu beseitigen (vgl. BVerfGE 126, 29 [53]; 138, 296 [354 Rn. 144]; 153, 358 [387 Rn. 68] – Versorgungsausgleich Externe Teilung jeweils m.w.N.; stRspr).
Die Dringlichkeit des Anliegens, Minderjährigenschutz für die Betroffenen von Minderjährigenehen zu bewirken, findet auch in den zahlreichen völkerrechtlichen Vereinbarungen Ausdruck, die unmittelbar oder mittelbar Minderjährigenehen und deren Überwindung zum Gegenstand haben (dazu Rn. 128). Sie wird dadurch unterstrichen, dass die weltweite Überwindung der Praxis von Kinderehen eines von 17 Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals) ist, auf deren Erreichen bis zum Jahr 2030 sich die am Nachhaltigkeitsgipfel der Vereinten Nationen beteiligten Staaten im September 2015 verständigt haben (Generalversammlung der Vereinten Nationen, Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, UN Doc. A/RES/70/1 vom 21. Oktober 2015, Ziel Nummer 5.3). Auf der Ebene der Europäischen Union weist die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2017 zu dem Thema "Kinderehen ein Ende setzen" (ABl. 2018 C 346/66 vom 27. September 2018) auf die erheblichen Beeinträchtigungen der Rechte der Kinder, insbesondere der betroffenen Mädchen, bei Kinderehen hin.
(c) Bei dem Ziel der Schaffung von Rechtsklarheit handelt es sich ebenfalls um ein Anliegen des Gesetzgebers von einigem Gewicht. Rechtsklarheit ist kein bloßes ordnungspolitisches Anliegen, sondern ist als gesetzgeberisches Ziel auch in den Grundrechten der Betroffenen verankert. Angesichts der Vielzahl der mit der Ehe verbundenen Rechtsfolgen hat dieses Ordnungsinteresse des Gesetzgebers eine nicht unerhebliche Bedeutung. Zusätzliches Gewicht erhält das Interesse an der Wahrung des Prinzips der Statusklarheit dadurch, dass es im grundrechtlich geschützten Interesse der betroffenen Ehegatten ist, wenn das Bestehen oder Nichtbestehen ihrer Ehe nicht dauerhaft unsicher oder von verschiedenen Rechtsanwendenden unterschiedlich beurteilt wird. Umgekehrt würde eine dauerhafte Unsicherheit über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe einen durchaus schwerwiegenden Eingriff in die persönlichen Lebensverhältnisse der Betroffenen darstellen (vgl. Pfeiffer, in: 148. Sitzung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 17. Mai 2017, Protokoll-Nr. 18/148, S. 26).
(4) Obwohl der Gesetzgeber insbesondere mit dem Schutz von Minderjährigen in von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB erfassten Ehen und der Mitwirkung an der weltweiten Überwindung solcher Ehen gewichtige Gemeinwohlbelange verfolgt, erweist sich die vorgelegte Norm als unangemessen und damit als nicht im engeren Sinne verhältnismäßig. Die Unangemessenheit der Regelung folgt zwar nicht aus dem Umstand, dass die inländische Unwirksamkeit – soweit nicht die Ausnahmen aus Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB gelten – für sämtliche in den Anwendungsbereich fallenden Ehen unmittelbar durch Gesetz ohne Einzelfallprüfung gilt. Dem Gesetzgeber ist es weder verfassungs- noch völkerrechtlich verwehrt, den Minderjährigenschutz und das Kindeswohl betreffende Regelungen ohne das Erfordernis einer Einzelfallprüfung zu schaffen (a). Die vorgelegte Norm beeinträchtigt die betroffenen Partner nach ausländischem Eheschließungsrecht wirksamer, in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG fallender Ehen (dazu Rn. 122 f.) aber unangemessen in ihrer Ehefreiheit, weil der Gesetzgeber – mit einer Ausnahme zum Familienasyl (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 2 AsylG) – keine besonderen Regelungen zu den Folgen der inländischen Unwirksamkeit der Ehe getroffen und zugunsten bei Heirat minderjährige Ehepartner keine Möglichkeit eröffnet hat, nach Erreichen der Volljährigkeit die Ehe auch inländisch als wirksame Ehe zu führen (b).
(a) Der mit der Unwirksamkeitsanordnung in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB verfolgte Zweck steht nicht deshalb außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG, weil der Gesetzgeber für eine vorrangig dem Minderjährigenschutz dienende Regelung keine Einzelfallprüfung und damit auch keine Beteiligung der einzelnen Betroffenen vorgesehen hat. Ein angemessener Ausgleich der betroffenen Interessen kann hier auch ohne beide Elemente gelingen. Weder durch Verfassungsrecht (aa) noch durch völkerrechtliche Vorgaben (bb) ist der Gesetzgeber gehalten, bei entsprechender Zwecksetzung durchgängig Vorschriften zu schaffen, die die Prüfung der Schutzbedürftigkeit der einzelnen Minderjährigen in einem behördlichen oder gerichtlichen Verfahren vorsehen.
(aa) Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts sowie mehrerer in diesem Verfahren eingeholter Stellungnahmen, etwa der Landesjugendämter Bremen und Niedersachsen, des Deutschen Familiengerichtstags (siehe auch bereits Kinderrechtekommission des DFGT, FamRZ 2017, S. 77 [79]) und des Deutschen Kinderhilfswerks sowie Stimmen in der Literatur folgt aus dem Grundgesetz keine Vorgabe an den Gesetzgeber, den Minderjährigenschutz und damit auch das Kindeswohl betreffende Regelungen so zu gestalten, dass das konkrete Wohl und die konkrete Schutzbedürftigkeit der einzelnen minderjährigen Person geprüft werden muss. Sowohl dem Minderjährigenschutz als auch dem Schutz des Kindeswohls liegt insoweit ein individualistisches Konzept zu Grunde, als sie auf der Wertung aufbauen, dass jedes Kind ein Wesen mit eigener Menschenwürde und eigenem Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne der Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG ist (vgl. BVerfGE 24, 119 [144]). Hieraus folgt aber lediglich, dass das Kindeswohl bei einer sich auf ein bestimmtes Kind auswirkenden Einzelfallmaßnahme, also insbesondere einer gerichtlichen Entscheidung, nicht pauschal, sondern nur individuell in Bezug auf das konkret betroffene Kind bestimmt werden kann und muss (vgl. BVerfGE 55, 171 [179]; 64, 180 [190 f.]; stRspr). Im Rahmen solcher Einzelfallmaßnahmen kommen auch die in dem Anspruch aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG enthaltenen Rechte auf Berücksichtigung des Willens des Minderjährigen und darauf, gehört zu werden, zum Tragen. Eine grundsätzliche Einschränkung des Instrumentariums des Gesetzgebers, etwa dergestalt, dass er hier nicht zu ipso-iure-Regelungen greifen dürfte, folgt daraus aber nicht (vgl. BVerfGE 107, 150 [178 f.]). Minderjährigenschutz und Kindeswohlorientierung erlauben es dem Gesetzgeber, für bestimmte Konstellationen das Schutzbedürfnis generalisierend zu bewerten und das Ergebnis der Wertung zum Gegenstand einer nicht einzelfallbezogen gefassten gesetzlichen Regelung zu machen. So verhält es sich etwa bei den festen, wenn auch nach Altersstufen unterscheidenden Altersgrenzen der Geschäftsfähigkeit nach §§ 104 ff. BGB (dazu Rn. 134). Eine zulässige generelle Bewertung der am Alter und dem damit typischerweise verbundenen Entwicklungsgrad ausgerichteten Fähigkeit, selbstbestimmt in Kenntnis der Folgen eine Ehe einzugehen und diese bei entsprechendem Willen gleichberechtigt führen zu können, liegt auch Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB und für die Eheschließung nach inländischem Recht § 1303 BGB zugrunde (vgl. auch Hahn, in: BeckOK BGB, [Nov. 2022] § 1303 Rn. 2; Löhnig, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 1303 Rn. 3).
(bb) Auch aus durch den Gesetzgeber zu berücksichtigendem Völkerrecht ergibt sich nicht, dass dem Minderjährigenschutz und dem Kindeswohl dienende gesetzliche Regelungen zur Verhinderung von Kinderehen durchgängig eine einzelfallbezogene Prüfung zum Gegenstand haben müssen und eine an einer starren Altersgrenze ausgerichtete Nichtanerkennung nach ausländischem Recht geschlossener Minderjährigenehen damit unvereinbar ist.
Solches lässt sich insbesondere – ungeachtet der Frage einer Bindungswirkung – nicht aus Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 UN-KRK ableiten. Aus Art. 3 UN-KRK folgt jedenfalls nicht, dass der Gesetzgeber für jedes Tätigwerden, das sich auf die Lebenssituation von Kindern auswirkt, ein Verfahren zur Verfügung stellen muss, in dem die Umstände des individuellen Einzelfalles ermittelt und in die Entscheidung einbezogen werden. Eine solche Verpflichtung besteht insbesondere nicht bei der Regelung der Anerkennung ausländischer Kinderehen. Zwar hat nach der unmittelbar anwendbaren Generalklausel des Art. 3 Abs. 1 UN-KRK (zu dieser Wirkung Schmahl, in: Kinderrechtskonvention, 2. Aufl. 2017, Art. 3 Rn. 5) jede staatliche Regelung oder Entscheidung, die sich auf Kinder auswirkt, das Kindeswohl ("best interests of the child") als ein wesentliches Merkmal zu berücksichtigen. Damit ist nach dem Verständnis des Kinderrechtsausschusses der Vereinten Nationen (CRC) auch eine Verfahrensregel dahingehend verbunden, dass bei jeder Regelung, die ein bestimmtes Kind oder eine Gruppe von Kindern oder Kinder generell betrifft, bereits im Rahmen der Entscheidungsfindung die spezifischen Auswirkungen auf diese ermittelt werden müssen (vgl. CRC, Allgemeine Bemerkung Nr. 14 on the right of the child to have his or her best interests taken as a primary consideration [art. 3, para 1], UN Doc. CRC/C/GC/14 vom 29. Mai 2013, Rn. 6, 23 f., 32; siehe auch Wapler, Umsetzung und Anwendung der Kinderrechtskonvention in Deutschland, Rechtsgutachten im Auftrag des BMFSFJ vom 25. September 2017, S. 13). Trifft der Gesetzgeber eine Mindestaltersregelung, muss diese insofern angemessen sein und auf zutreffenden Annahmen zu den regelmäßig ab einem bestimmten Alter vorhandenen Fähigkeiten beruhen (vgl. Archard/Tobin, in: Tobin, The UN Convention on the Rights of the Child, 2019, S. 29 f.).
Auch aus Art. 12 UN-KRK lässt sich nicht die Notwendigkeit eines Einzelverfahrens ableiten. Das in Art. 12 UN-KRK verankerte Recht, gehört zu werden, gewährleistet – wie Art. 3 Abs. 1 UN-KRK auch – ein Mitspracherecht für Kinder und Jugendliche in allen sie betreffenden Angelegenheiten, sowohl als Recht des einzelnen Kindes als auch als Recht der von einer Regelung betroffenen Gruppe von Kindern beziehungsweise Jugendlichen. Der Vertragsstaat ist insoweit verpflichtet, eine angemessene Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auch im Gesetzgebungsverfahren sicher zu stellen (vgl. CRC, Allgemeine Bemerkung Nr. 12 on the right of the child to be heard, UN Doc. CRC/C/GC/12 vom 20. Juli 2009, Rn. 9, 12, 73). Inwieweit dies hier der Fall ist, muss nicht entschieden werden. Eine Beschränkung der dem Gesetzgeber zur Verfügung stehenden Regelungsmöglichkeiten dahingehend, dass Maßnahmen betreffend Kinder und Jugendliche von vornherein nicht in abstrakt-genereller Form, sondern stets lediglich als Einzelfallmaßnahme gestattet wären, ergibt sich aus Art. 12 UN-KRK jedenfalls nicht.
(b) Die vorgelegte Norm ist aber nicht verhältnismäßig im engeren Sinne, weil der Gesetzgeber es trotz des nicht unerheblichen Eingriffs in die Eheschließungsfreiheit des Art. 6 Abs. 1 GG versäumt hat, die Folgen der gesetzesunmittelbaren Unwirksamkeit zu regeln und eine rechtliche Möglichkeit zu schaffen, die es Minderjährigen erlaubt, nach Erreichen der Volljährigkeit die Ehe im Inland als wirksame zu führen.
(aa) Für die Zumutbarkeit der von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB angeordneten inländischen Unwirksamkeit ist von erheblicher Bedeutung, dass diese in ihrer Wirkung einem Ehehindernis ähnelt (dazu Rn. 140). Die von der Norm Betroffenen sind jedenfalls bis zum Erreichen der Volljährigkeit beider rechtlich gehindert, ihre Lebensgemeinschaft im Inland als eheliche zu führen. Wegen der Unwirksamkeitsfolge besteht zudem die rechtliche Möglichkeit, dass die aufenthaltsbestimmungsberechtigte Person für den minderjährigen Ehepartner diesen von dem anderen Ehepartner trennt und so die Lebensgemeinschaft auch tatsächlich aufhebt. Aus den wenigen vorliegenden Erkenntnissen zu der Praxis der meist als Vormünder eingesetzten Jugendämter ergibt sich allerdings, dass dies lediglich dann erfolgt, wenn eine Kindeswohlgefährdung angenommen wird (dazu Rn. 132). Über eine entsprechende Vorgehensweise hatten bereits die Landesjugendämter Bremen und Niedersachsen in ihren Stellungnahmen zu diesem Verfahren berichtet. Auch die in Umsetzung von Art. 10 des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen erfolgte Evaluierung weist aus, dass regelmäßig keine Trennung der Eheleute erfolge, wenn der minderjährige Partner, in der Praxis nahezu ausschließlich die Ehefrau, diese nicht wünsche. Dennoch bleibt die Belastung zumindest mit der Möglichkeit der Trennung bestehen.
Für sich genommen bewirkt das zwar noch nicht die Unangemessenheit der vorgelegten Regelung. Denn der Gesetzgeber bezweckt mit ihr, die Ehefähigkeit als Voraussetzung einer selbstbestimmten Entscheidung für die eheliche Lebensgemeinschaft um des Minderjährigenschutzes willen durchzusetzen. Dazu ist er berechtigt, weil er Sachgründe hat, die sich aus dem Wesen und der Gestalt der den heutigen Auffassungen entsprechenden Ehe ergeben (vgl. BVerfGE 36, 146 [163]). Um die Voraussetzungen des dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrundeliegenden Strukturprinzips einer auf selbstbestimmten Entscheidungen beruhenden Ehe zu gewährleisten, die den Beteiligten eine gleichberechtigte Partnerschaft zueinander und eine gemeinsame Verantwortung für ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung ermöglicht, ist es nicht unangemessen, Nichtvolljährigen diese Möglichkeit selbst bei bereits bestehender Auslandsehe vollständig zu versagen. Das gilt auch gerade bei Berücksichtigung der international angestrebten Überwindung von Minderjährigenehen. Die Ächtung solcher Ehen wird durch eine durchgängig geltende Unwirksamkeit deutlicher zum Ausdruck gebracht als bei einer einzelfallbezogenen Lösung, die so gedeutet werden kann, als seien Minderjährigenehen unter bestimmten Umständen doch rechtlich akzeptabel.
(bb) Trotz der großen Bedeutung des Schutzes Minderjähriger bei von ihnen eingegangenen Ehen steht es dazu aber nicht in einem angemessenen Verhältnis, dass der Gesetzgeber – mit Ausnahme von § 26 Abs. 1 Satz 2 AsylG – keine spezifischen Regelungen über die Folgen der Unwirksamkeit getroffen hat, obwohl Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB auch nach ausländischem Recht wirksam geschlossene und tatsächlich bereits geführte Ehen erfasst, die in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG fallen (dazu Rn. 122 f.).
Die auf den Zeitpunkt der Eheschließung rückbezogene Nichtigkeit bringt es mit sich, dass die Betroffenen regelmäßig erst mit der inländischen Unwirksamkeit ihrer Ehe konfrontiert werden, nachdem sie diese auf der Grundlage des Rechts ihres Herkunftsstaates wirksam begründet und gelebt haben. Regelungen zur Rückabwicklung etwaiger Dispositionen oder zum Schutz vor Rückforderungen, die der eingetretenen Lage Rechnung tragen, fehlen (dazu Rn. 27). Der Verweis allein auf die allgemeinen Grundsätze der §§ 812 ff. BGB genügt hier nicht. Sie ermöglichen es nicht, den wechselseitigen Schutz- und Anspruchsverhältnissen, die sonst mit differenzierten Vorgaben des Scheidungsfolgenrechts adressiert werden, hinreichend verlässlich Rechnung zu tragen.
Besonders nachteilig wirkt sich für die von der Regelung betroffenen Minderjährigen aus, dass wegen der inländischen Unwirksamkeit der Ehe nach zum Fachrecht ganz überwiegend vertretener Auffassung mangels Anwendbarkeit von § 1318 BGB nacheheliche Ansprüche vollständig fehlen (näher dazu Rn. 26 f.). Zwar gebietet die nacheheliche Solidarität, die in Art. 6 Abs. 1 GG wurzelt und von dessen Schutz umfasst wird (vgl. BVerfGE 118, 45 [69]), nicht zwingend das Zuerkennen nachehelicher Ansprüche, zum Beispiel auf Unterhalt oder Versorgungsausgleich, für Partner aus Ehen, die von Anfang an nichtig waren. Die vorgelegte Norm erfasst aber auch im Ausland geschlossene Ehen, die nicht mit den Strukturprinzipien des Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar sind und daher in den Schutzbereich der Ehefreiheit fallen (dazu Rn. 122 f.). Das Fehlen von Regelungen über nacheheliche Ansprüche kann daher nicht darauf gestützt werden, die erfassten Ehen unterfielen nicht dem Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG.
Sozio-ökonomische Schutzerwägungen zugunsten der Minderjährigen führen ebenfalls dazu, dass bei der Unwirksamkeitslösung das Fehlen von Regelungen zu nachehelichen Ansprüchen in keinem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Minderjährigenschutz stehen. Die Umstände und die Gründe für das Eingehen solcher Ehen weisen auf eine häufig bestehende wirtschaftliche Abhängigkeit des minderjährigen Ehegatten von dem älteren Ehepartner hin. So werden als wesentliche individuelle Faktoren, die sich auf den Zeitpunkt der Eheschließung auswirken, der Wohnort und der Bildungsstatus der Betroffenen sowie der ökonomische Status ihrer Familien genannt. Nach den Erkenntnissen des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (United Nations Population Fund – UNPFA) sind in ländlichen Regionen lebende Mädchen aus armen Familien mit keiner oder geringer Schulbildung am häufigsten und etwa doppelt so häufig wie ihre Altersgenossinnen in den Städten von früher Verheiratung betroffen (vgl. UNFPA, Marrying Too Young – End Child Marriage, 2012, S. 34 ff.). Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (United Nations International Children's Emergency Fund – UNICEF) gibt an, dass Mädchen und junge Frauen aus dem ärmsten Fünftel einer Gesellschaft 2,5 Mal häufiger von Frühverheiratung bedroht sind als die Gruppe ihrer Geschlechtsgenossinnen aus dem reichsten Fünftel (vgl. UNICEF, Ending Child Marriage: Progress and prospects, 2014, S. 3). Als besonders auffällig wird der Zusammenhang zwischen ökonomischem Status und Frühverheiratung in Süd-asien beschrieben. So erklärt etwa UNICEF den Rückgang der absoluten Zahl an Kinderehen weltweit zu einem erheblichen Teil mit der Verbesserung der ökonomischen Situation eines Teils der Bevölkerung in Indien (vgl. UNICEF, Child Marriage: Latest trends and future prospects, 2018, S. 2 und 4). Im Heimatland maßgebliche wirtschaftliche Gründe der Minderjährigen für das Eingehen der Ehe können zwar mit der Übersiedlung nach Deutschland an Bedeutung verloren haben. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass sie typischerweise gänzlich entfallen sind und die Minderjährigen in sozio-ökonomischer Hinsicht nicht mehr schutzbedürftig sind. Auch wenn nacheheliche Ansprüche wegen der häufig ungünstigen wirtschaftlichen Situation beider nicht stets werthaltig sein dürften, belastet der Verzicht auf die Regelung solcher Ansprüche bei der inländischen Unwirksamkeit der Ehe gerade die zu schützenden Minderjährigen unangemessen, zumal auch keine sonstigen spezifischen Folgeregelungen vorhanden sind (dazu näher Rn. 26 ff.). Damit befinden sich die bei Heirat unter 16-jährigen Partner der von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB erfassten Ehe in einer ungünstigeren rechtlichen Situation als die in den Anwendungsbereich von Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB fallenden Minderjährigenehen, für die die in § 1318 BGB genannten nachehelichen Ansprüche gelten (für die entsprechende Anwendung etwa Majer, NZFam 2019, S. 659 [660]; Weller/Thomale/Hategan/Werner, FamRZ 2018, S. 1289 [1295 f.]).
(cc) Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB erweist sich zudem als unangemessener Eingriff in die Eheschließungsfreiheit, weil es an einer Regelung fehlt, die es der Minderjährigen ermöglicht, ab Erreichen der Volljährigkeit die Ehe aufgrund eines nun selbstbestimmten Entschlusses im Inland als wirksame Ehe zu führen. Die allein eröffnete Möglichkeit, denselben Partner erneut im Inland zu heiraten, stellt keinen angemessenen Ausgleich zwischen dem vom Gesetzgeber bezweckten Minderjährigenschutz einerseits und dem Gewicht des Eingriffs in Art. 6 Abs. 1 GG andererseits dar. Mit dem Erreichen der Volljährigkeit der bei der Eheschließung noch unter 16-Jährigen greift der Minderjährigenschutz als hauptsächlicher Zweck der vorgelegten Regelung nicht mehr. Dieser kann daher eine die Ehefreiheit begrenzende Regelung nicht mehr rechtfertigen. Nach der in § 1303 Satz 1 BGB vom Gesetzgeber selbst getroffenen Wertung besteht mit der Volljährigkeit auch die Ehemündigkeit. Dem wird zwar dadurch Rechnung getragen, dass die Partner der nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unwirksamen Auslandsehe nun im Inland erneut miteinander eine Ehe eingehen können. Wegen der Hindernisse, eine solche Ehe unter Einhaltung der Voraussetzungen von § 1309 BGB schließen zu können (dazu Rn. 140), kommt dem jedoch kaum Gewicht zu, zumal die Wirkungen der neuen Ehe, anders als etwa bei der in der Wissenschaft vielfach befürworteten Bestätigungsmöglichkeit (vgl. Antomo, ZRP 2017, S. 79 [81 f.]; Gutmann, NVwZ 2019, S. 277 [281]; Rixen, JZ 2019, S. 628 [631]; Schwab, FamRZ 2017, S. 1369 [1371]), erst ab dem Zeitpunkt der neuen jetzigen Heirat gelten. Das kann für aus der Ehe resultierende Ansprüche mit Nachteilen bei der Höhe solcher Ansprüche verbunden sein, wenn und soweit ihre Höhe in Abhängigkeit von der Ehezeit steht. Auch wird jedenfalls einem Teil der Betroffenen die Notwendigkeit einer erneuten Eheschließung nicht ohne Weiteres vermittelbar sein, weil sie ohnehin nach dem Recht ihres Herkunftslandes – möglicherweise bereits seit langer Zeit – verheiratet sind und sich auch im Inland als verheiratet fühlen.
Das erweist sich auch nicht wegen einer möglichen fortbestehenden Schutzwürdigkeit der vormals Minderjährigen als angemessen. Zwar kann nach den vorliegenden Erkenntnissen, wie sie unter anderem Terres des femmes in der Initiativstellungnahme zu diesem Verfahren dargelegt hat, nicht ausgeschlossen werden, dass sich die bei Heirat unter 16-Jährige selbst nach Erreichen der Volljährigkeit noch in einer Situation befindet, die sich auf ihre selbstbestimmte Entscheidung auswirkt, die Ehe fortsetzen zu wollen. Die Gründe dafür können aus der Einflussnahme durch die Herkunftsfamilie, der Verhaftung in kulturellen oder religiösen Traditionen, der Sorge vor Rückforderungsansprüchen oder der vor Verlust an Sozialprestige liegen. Es ist aber eine Frage der Ausgestaltung einer rechtlichen Regelung über die – wie auch immer im Einzelnen gestaltete – Bestätigung einer zunächst inländisch unwirksamen Auslandsehe, die Voraussetzungen für eine möglichst weitgehende Sicherung einer selbstbestimmten Entscheidung für die Fortführung der Ehe als wirksame sicherzustellen. Es ist jedenfalls unangemessen, eine selbstbestimmte Entscheidung dafür auch dann noch auszuschließen, nachdem die Ehemündigkeit eingetreten ist und der zuvor zu schützende Minderjährige gerade die Fortsetzung der Ehe wünscht. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen betroffene, bereits lange Zeit nach ausländischem Recht miteinander verheiratete Eheleute ihren Aufenthalt in Deutschland nehmen.
Der Verzicht auf eine wie auch immer rechtlich ausgestaltete Bestätigungsmöglichkeit ist auch unter Berücksichtigung der angestrebten generalpräventiven Wirkung der Nichtigkeit und der international angestrebten Ächtung von Minderjährigenehen nicht angemessen. Es lässt sich nicht annehmen, dass die von dem Verbot der Kinderehe und ihrer Nichtigkeit – bei unter 16-Jährigen – ausgehende, völkerrechtlich intendierte Signal- und Appellwirkung der Ächtung solcher Ehen bei einer Bestätigungsmöglichkeit mit gegenüber der Eheschließung geringeren Voraussetzungen leiden würde. Ausweislich der in diesem Verfahren eingeholten Stellungnahme des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht sieht eine beträchtliche Anzahl von Staaten, die bestimmte Minderjährigenehen als grundsätzlich unwirksam ansehen, unterschiedliche Bestätigungs- und Heilungsmöglichkeiten vor. Dass die insoweit abweichende inländische Regelung ohne Bestätigungsmöglichkeit die ihr zugeschriebene generalpräventive Wirkung einbüßen würde, ist angesichts dessen nicht plausibel.
Auch das Anliegen, Rechtsklarheit zu schaffen, führt nicht zu einer anderen Bewertung der Angemessenheit. Zwar kann durch eine Bestätigungsmöglichkeit der Rechtsklarheit über das Statusverhältnis möglicherweise weniger gut Rechnung getragen werden. Es hängt aber wesentlich von einer Gestaltung durch den Gesetzgeber ab, dauerhafte Unsicherheit über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe und die damit verbundenen Rechtsfolgen zu vermeiden. In der Abwägung mit dem erheblichen Eingriff in die Eheschließungsfreiheit schafft der vollständige Regelungsverzicht insoweit keinen angemessenen Ausgleich mit dem Interesse an Rechtsklarheit über den Ehestatus.
(5) Wegen des Verzichts auf Regelungen über die Folgen der von der vorgelegten Norm angeordneten und vor allem über eine zugunsten der Minderjährigen wirkende Möglichkeit, die Ehe nach Erreichen der Volljährigkeit als auch inländisch wirksame Ehe zu führen, werden die betroffenen Grundrechtsträger durch Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB unzumutbar belastet.
II.
Da die vorgelegte Vorschrift bereits Art. 6 Abs. 1 GG verletzt, bedarf keiner Entscheidung, ob von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB insgesamt oder teilweise Rückwirkung ausgeht und ob eine solche wegen fehlenden schutzwürdigen Vertrauens der davon Betroffenen verfassungsrechtlich zulässig wäre.
 
D.
Die in diesem Verfahren überprüfte Regelung verstößt wegen fehlender Regelungen über die Folgen der Unwirksamkeit der betroffenen Ehen gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB ist daher, soweit nicht die Ausnahmen in Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB greifen, mit dem Grundgesetz unvereinbar; er gilt jedoch bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, längstens bis zum 30. Juni 2024, nach Maßgabe der nachfolgenden Gründe fort.
I.
Im Verfahren der konkreten Normkontrolle erklärt das Bundesverfassungsgericht nach § 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 78 Abs. 1 BVerfGG ein Gesetz grundsätzlich für nichtig, das nach seiner Überzeugung mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Anknüpfend an § 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 79 Abs. 1 und § 93c Abs. 1 Satz 3 BVerfGG (vgl. BVerfGE 127, 293 [333]) bleibt es jedoch unter bestimmten Voraussetzungen bei der bloßen Unvereinbarkeitserklärung einer verfassungswidrigen Norm. So verhält es sich regelmäßig, wenn dem Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um den Verfassungsverstoß zu beseitigen (vgl. BVerfGE 149, 222 [290 Rn. 151]; stRspr). Das kommt auch dann in Betracht, wenn die Verfassungswidrigkeit nicht in der Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG besteht (vgl. BVerfGE 152, 68 [149 Rn. 212] bei einem Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG). Darüber hinaus kann eine zugleich mit der Anordnung einer befristeten Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung verbundene Unvereinbarkeitserklärung erfolgen, wenn die sofortige Ungültigkeit der zu beanstandenden Norm dem Schutz überragender Güter des Gemeinwohls die Grundlage entziehen würde oder ein rechtliches Vakuum zu befürchten wäre, und eine Abwägung mit den betroffenen Grundrechten ergibt, dass der Eingriff für eine Übergangszeit hinzunehmen ist (vgl. BVerfGE 141, 143 [180 Rn. 84] m.w.N.; stRspr). Bei der bloßen Unvereinbarkeitserklärung kann es auch bleiben, wenn die Nichtigerklärung zu einem noch verfassungsferneren Zustand als dem bei befristeter Fortgeltung der verfassungswidrigen Norm bestehenden führen würde (vgl. BVerfGE 109, 190 [235 f.]; 127, 293 [333]).
II.
1. Sowohl das Vorhandensein von verschiedenen Möglichkeiten des Gesetzgebers, den Verfassungsverstoß zu beseitigen (a), als auch der bei Nichtigerklärung von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB eintretende Zustand (b) erfordern die Beschränkung auf die Erklärung der Unvereinbarkeit.
a) Der Gesetzgeber kann an der Wertung festhalten, Auslandsehen mit bei Heirat unter 16-Jährigen die inländische Wirksamkeit zu versagen, wenn er den festgestellten Verfassungsverstoß beseitigt. Dafür stehen ihm verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung. So kommt etwa in Betracht, gesonderte Regelungen für nacheheliche Ansprüche zu schaffen, die dem Umstand einer bereits geführten Ehe sowie einer etwaigen sozio-ökonomischen Schutzbedürftigkeit der bei Eheschließung Minderjährigen Rechnung tragen. Für die Gestaltung solcher Ansprüche stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. So können eigenständige Ansprüche für die Situation der inländisch unwirksamen Ehe geschaffen werden. Es kann aber auch auf Ansprüche verwiesen werden, wie sie das geltende Recht für aufgehobene Ehen vorsieht (vgl. Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB, § 1318 BGB). Der Gesetzgeber kann auch dem in dem Fehlen einer Fortsetzungsmöglichkeit nach Volljährigkeit auf entsprechenden Wunsch der bei Eheschließung unter 16-Jährigen liegenden Verfassungsverstoß auf verschiedene Weise begegnen. Dazu kann die Beseitigung etwaiger rechtlicher Hindernisse wie des Erfordernisses der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses nach § 1309 BGB gehören. Wie sich aus der Stellungnahme des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht ergibt, sehen die Rechtsordnungen zahlreicher Staaten Heilungsmöglichkeiten für unwirksame Minderjährigenehen vor.
b) Die Nichtigkeitserklärung, die anders als die Erklärung der Unvereinbarkeit nicht mit einer Fortgeltungsanordnung verbunden werden kann, würde zudem einen Zustand herbeiführen, der mit ungeklärten rechtlichen Verhältnissen einherginge und noch verfassungsferner wäre. Durch sie würde die vorherige Rechtslage Anwendung finden. Da die vorgelegte verfassungswidrige Norm die inländische Unwirksamkeit der von ihr erfassten ausländischen Ehen unmittelbar selbst anordnet, greift das Rückabwicklungsverbot aus § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nicht. Die betroffenen Ehen wären nicht unwirksam, sondern – nach Art. 13 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich nach dem Recht des Herkunftsstaates der Eheleute – regelmäßig wirksam. Ihnen könnte im Einzelfall nach Maßgabe des ordre public (Art. 6 EGBGB) die Anerkennung zu versagen und sie dann aufhebbar sein. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass zwischenzeitlich (wenigstens) einer der Ehegatten angesichts der durch Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB angeordneten inländischen Unwirksamkeit der Auslandsehe anderweitig eine Ehe im Inland eingegangen ist. Dieser Ehegatte kann auch der bereits bei der ausländischen Eheschließung volljährige und damit insoweit nicht über den Minderjährigenschutz schutzwürdige Ehegatte sein. Da eine Nichtigerklärung der vorgelegten Vorschrift auf den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens zurückwirkt, konnte die zweite Ehe geschlossen werden, obwohl die erste Ehe noch wirksam war. Es läge nach der deutschen und nach vielen anderen Rechtsordnungen eine unzulässige Doppelehe vor. Eine solche könnte nicht ohne Weiteres in einer die Interessen der bei Schließung der zeitlich ersten (Auslands)Ehe unter 16-Jährigen hinreichend wahrenden Weise aufgelöst werden. Die Auflösung erfolgt, indem entweder die erste Ehe geschieden oder die zweite Ehe geschieden oder aufgehoben wird. Nach deutschem Recht wäre diese zweite Ehe nach § 1314 Abs. 1 Nr. 2, § 1306 BGB aufhebbar. Gerade die Aufhebung der zweiten Ehe ist aber dann keine die Interessen des vormals minderjährigen Partners hinreichend sichernde Rechtsfolge, wenn er es gewesen ist, der die neue Ehe mit einem anderen Partner als dem der vormaligen Minderjährigenehe eingegangen ist. Die wegen der unzulässigen Mehrehe gebotene Aufhebung der zweiten Ehe würde in die Eheschließungsfreiheit der schutzwürdigen, bei der ersten Eheschließung unter 16-Jährigen eingreifen, obwohl gerade die zweite Ehe auf einer selbstbestimmten Entscheidung beruht. Um solche Folgen zu vermeiden, bedarf es der Beschränkung auf eine Unvereinbarkeitserklärung, die aber mit einer Weitergeltungsanordnung sowie zu deren Begrenzung mit normvertretendem Übergangsrecht (vgl. BVerfGE 125, 175 [259]; 132, 134 [178 f.]; 152, 68 [150 f.]) zu verbinden ist, um den erforderlichen Schutz der betroffenen, bei Heirat unter 16-jährigen in von der verfassungswidrigen Norm erfassten Auslandsehen zu gewährleisten.
2. Die Weitergeltung ist veranlasst, weil ansonsten auch die bloße Unvereinbarkeitserklärung zur Unanwendbarkeit von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an führen würde (vgl. BVerfGE 55, 100 [110]; 61, 319 [356]; vgl. auch BVerfGE 133, 377 [423 Rn. 107 f.]). Es entstünde dann der für den Fall der Nichtigerklärung beschriebene Rechtszustand. Das neben der Weitergeltungsanordnung erforderliche normvertretende Übergangsrecht ist darauf zu beschränken, die zur Verfassungswidrigkeit führenden Umstände zu vermeiden oder zumindest in ihren Wirkungen abzuschwächen, um einen Zustand zu vermeiden, der verfassungsferner wäre als bei Nichtigkeit und Unanwendbarkeit der verfassungswidrigen Norm.
Danach bedarf es einer Übergangsregelung lediglich für unterhaltsrechtliche Fragen der weiterhin inländisch unwirksamen Ehe. Das Übergangsrecht ist möglichst nahe an den eigenen Konzeptionen des Gesetzgebers auszurichten. Der Gesetzgeber sieht für die nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB aufhebbaren Ehen nacheheliche Unterhaltsansprüche nach § 1318 in Verbindung mit §§ 1569 ff. BGB vor. Um den verfassungswidrigen Zustand des Fehlens solcher Regelungen bei den von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB erfassten Minderjährigenehen zugunsten der bei Heirat unter 16-Jährigen zu mildern, ist § 1318 BGB auf solche Ehen mit der Maßgabe anzuwenden, dass die durch die Vorschrift für anwendbar erklärten Vorschriften über die Scheidung mit der nicht nur vorübergehenden Trennung der Eheleute zur Anwendung gelangen. Soweit die danach maßgeblichen Vorschriften auf die Dauer der Ehe abstellen, tritt in den Fällen der nicht nur vorübergehenden Trennung der von Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB erfassten Eheleute die Dauer des Zusammenlebens. Während der Dauer des Zusammenlebens gelten übergangsweise die §§ 1360, 1360a BGB für die Unterhaltsansprüche der Betroffenen entsprechend.
Eine Übergangsregelung zur rechtlichen Vaterschaft für aus den betroffenen Auslandsehen hervorgegangene Kinder ist nicht geboten. Die Möglichkeiten des leiblichen Vaters, die rechtliche Vaterschaft zu erlangen, sind durch die unabhängig vom Ehestatus anwendbaren § 1592 Nr. 2 und 3 BGB für eine Übergangszeit noch hinreichend gewährleistet.
 
E.
Gemäß § 4 Abs. 4, § 15 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG hat der Erste Senat in der Besetzung von sieben Richterinnen und Richtern entschieden.
Harbarth Baer Britz Ott Christ Radtke Härtel