BVerfGE 142, 234 - Cybercrime |
Zur Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen das Zustimmungsgesetz zum Übereinkommen des Europarats vom 23. November 2001 über Computerkriminalität. |
Beschluss |
des Zweiten Senats vom 21. Juni 2016 |
-- 2 BvR 637/09 -- |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde 1. des Herrn B..., 2. des Herrn B... gegen das Gesetz zu dem Übereinkommen des Europarats vom 23. November 2001 über Computerkriminalität vom 5. November 2008 (Bundesgesetzblatt Teil II, 2008, Nummer 30 vom 10. November 2008, Seite 1242). |
Entscheidungsformel: |
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen. |
Gründe: |
A. |
Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist das Zustimmungsgesetz zum Übereinkommen des Europarats vom 23. November 2001 über Computerkriminalität vom 5. November 2008 (BGBl. II S. 1242), soweit die Art. 25 bis 34 dieses Übereinkommens über die internationale Rechtshilfe betroffen sind. |
I. |
Die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnete das Übereinkommen über Computerkriminalität am 23. November 2001. Nachdem der Bundestag dem Übereinkommen gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG zugestimmt hatte, trat es am 1. Juli 2009 in Kraft. Das Übereinkommen (im Folgenden auch CCC), dessen englische und französische Fassung gleichermaßen verbindlich sind, lautet in seiner amtlichen deutschen Übersetzung auszugsweise wie folgt:
|
Die Vertragsparteien arbeiten untereinander im Einklang mit diesem Kapitel im größtmöglichen Umfang zusammen, indem sie einschlägige völkerrechtliche Übereinkünfte über die internationale Zusammenarbeit in Strafsachen sowie Übereinkünfte, die auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffen wurden, und innerstaatliche Rechtsvorschriften für Zwecke der Ermittlungen oder Verfahren in Bezug auf Straftaten in Zusammenhang mit Computersystemen und -daten oder für die Erhebung von Beweismaterial in elektronischer Form für eine Straftat anwenden. [...] |
(1) Die Vertragsparteien leisten einander im größtmöglichen Umfang Rechtshilfe für Zwecke der Ermittlungen oder Verfahren in Bezug auf Straftaten in Zusammenhang mit Computersystemen und -daten oder für die Erhebung von Beweismaterial in elektronischer Form für eine Straftat. (2) Jede Vertragspartei trifft ferner die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen, um den in den Artikeln 27 bis 35 bezeichneten Verpflichtungen nachzukommen. (3) In dringenden Fällen kann jede Vertragspartei Rechtshilfeersuchen oder damit in Zusammenhang stehende Mitteilungen durch schnelle Kommunikationsmittel einschließlich Telefax oder elektronischer Post übersenden, soweit diese Mittel einen angemessenen Sicherheits- und Authentisierungsstandard bieten (erforderlichenfalls auch unter Einsatz einer Verschlüsselung) und eine förmliche Bestätigung folgt, wenn die ersuchte Vertragspartei dies verlangt. Die ersuchte Vertragspartei nimmt das Ersuchen entgegen und beantwortet es mit einem dieser schnellen Kommunikationsmittel. (4) Soweit in den Artikeln dieses Kapitels nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist, unterliegt die Rechtshilfe den im Recht der ersuchten Vertragspartei oder in den anwendbaren Rechtshilfeverträgen vorgesehenen Bedingungen einschließlich der Gründe, aus denen die ersuchte Vertragspartei die Zusammenarbeit ablehnen kann. Die ersuchte Vertragspartei darf das Recht auf Verweigerung der Rechtshilfe in Bezug auf die in den Artikeln 2 bis 11 bezeichneten Straftaten nicht allein mit der Begründung ausüben, dass das Ersuchen eine Straftat betrifft, die von ihr als fiskalische Straftat angesehen wird. (5) Darf die ersuchte Vertragspartei nach diesem Kapitel die Rechtshilfe von der Bedingung abhängig machen, dass die beiderseitige Strafbarkeit gegeben ist, so gilt, gleichviel, ob die Straftat nach ihrem Recht in dieselbe Kategorie von Straftaten fällt oder mit dem gleichen Begriff benannt ist wie nach dem Recht der ersuchenden Vertragspartei, diese Bedingung als erfüllt, wenn die Handlung, die der Straftat, derentwegen um Rechtshilfe ersucht wird, zugrunde liegt, nach ihrem Recht eine Straftat darstellt. |
(1) Eine Vertragspartei kann einer anderen Vertragspartei, soweit ihr innerstaatliches Recht es erlaubt und ohne vorheriges Ersuchen, Informationen übermitteln, die sie im Rahmen eigener Ermittlungen gewonnen hat, wenn sie der Auffassung ist, dass die Übermittlung dieser Informationen der anderen Vertragspartei bei der Einleitung oder Durchführung von Ermittlungen oder Verfahren wegen nach diesem Übereinkommen umschriebener Straftaten helfen oder dazu führen könnte, dass diese Vertragspartei ein Ersuchen um Zusammenarbeit nach diesem Kapitel stellt. (2) Vor Übermittlung dieser Informationen kann die übermittelnde Vertragspartei um vertrauliche Behandlung oder um Verwendung nur unter bestimmten Bedingungen ersuchen. Kann die andere Vertragspartei diesem Ersuchen nicht entsprechen, so teilt sie dies der übermittelnden Vertragspartei mit; diese entscheidet dann, ob die Informationen dennoch übermittelt werden sollen. Nimmt die andere Vertragspartei die Informationen unter den vorgeschriebenen Bedingungen an, so ist sie an diese Bedingungen gebunden. |
(1) Ist zwischen der ersuchenden und der ersuchten Vertragspartei ein Rechtshilfevertrag oder eine Übereinkunft, die auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffen wurde, nicht in Kraft, so finden die Absätze 2 bis 9 Anwendung. Liegen ein solcher Vertrag, eine solche Übereinkunft oder solche Rechtsvorschriften vor, so findet dieser Artikel nur Anwendung, wenn die betreffenden Vertragsparteien übereinkommen, an Stelle des Vertrags, der Übereinkunft oder der Rechtsvorschriften die Absätze 2 bis 9 ganz oder teilweise anzuwenden. [...] (3) Rechtshilfeersuchen nach diesem Artikel werden nach den von der ersuchenden Vertragspartei bezeichneten Verfahren erledigt, sofern dies mit dem Recht der ersuchten Vertragspartei nicht unvereinbar ist. (4) Zusätzlich zu den Ablehnungsgründen nach Artikel 25 Absatz 4 kann die ersuchte Vertragspartei die Rechtshilfe verweigern, wenn a) das Ersuchen eine Straftat betrifft, die von der ersuchten Vertragspartei als politische oder als mit einer solchen zusammenhängende Straftat angesehen wird, oder b) sie der Ansicht ist, dass die Erledigung des Ersuchens geeignet ist, ihre Souveränität, Sicherheit, öffentliche Ordnung (ordre public) oder andere wesentliche Interessen zu beeinträchtigen. (5) Die ersuchte Vertragspartei kann die Durchführung der in einem Ersuchen genannten Maßnahmen aufschieben, wenn die Gefahr besteht, dass sie die von ihren Behörden geführten strafrechtlichen Ermittlungen oder Verfahren beeinträchtigen. (6) Bevor die ersuchte Vertragspartei die Rechtshilfe verweigert oder aufschiebt, prüft sie, gegebenenfalls nach Konsultation der ersuchenden Vertragspartei, ob dem Ersuchen zum Teil oder vorbehaltlich der von ihr als erforderlich erachteten Bedingungen entsprochen werden kann. (7) Die ersuchte Vertragspartei teilt der ersuchenden Vertragspartei umgehend das Ergebnis der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens mit. Jede Ablehnung und jeder Aufschub des Ersuchens ist zu begründen. Die ersuchte Vertragspartei teilt der ersuchenden Vertragspartei gegebenenfalls auch die Gründe mit, aus denen die Erledigung des Ersuchens unmöglich ist oder sich wahrscheinlich erheblich verzögern wird. (8) Die ersuchende Vertragspartei kann die ersuchte Vertragspartei bitten, das Vorliegen eines Ersuchens nach diesem Kapitel und dessen Inhalt vertraulich zu behandeln, soweit die Erledigung des Ersuchens nichts anderes gebietet. Kann die ersuchte Vertragspartei der erbetenen Vertraulichkeit nicht entsprechen, so teilt sie dies der ersuchenden Vertragspartei umgehend mit; diese entscheidet dann, ob das Ersuchen dennoch erledigt werden soll. [...] |
(1) Ist zwischen der ersuchenden und der ersuchten Vertragspartei ein Rechtshilfevertrag oder eine Übereinkunft, die auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffen wurde, nicht in Kraft, so findet dieser Artikel Anwendung. Liegen ein solcher Vertrag, eine solche Übereinkunft oder solche Rechtsvorschriften vor, so findet dieser Artikel nur Anwendung, wenn die betreffenden Vertragsparteien übereinkommen, an Stelle des Vertrags, der Übereinkunft oder der Rechtsvorschriften die Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise anzuwenden. (2) Die ersuchte Vertragspartei kann die Überlassung von Informationen oder Unterlagen in Erledigung eines Ersuchens von der Bedingung abhängig machen, dass sie a) vertraulich behandelt werden, wenn das Rechtshilfeersuchen ohne diese Bedingung nicht erledigt werden könnte, oder b) nicht für andere als die in dem Ersuchen genannten Ermittlungen oder Verfahren verwendet werden. (3) Kann die ersuchende Vertragspartei einer Bedingung nach Absatz 2 nicht entsprechen, so setzt sie die andere Vertragspartei umgehend davon in Kenntnis; diese entscheidet dann, ob die Informationen dennoch zur Verfügung gestellt werden sollen. Nimmt die ersuchende Vertragspartei die Bedingung an, so ist sie daran gebunden. (4) Jede Vertragspartei, die Informationen oder Unterlagen unter einer in Absatz 2 genannten Bedingung zur Verfügung stellt, kann von der anderen Vertragspartei verlangen, dass sie in Zusammenhang mit dieser Bedingung Angaben über die Verwendung der Informationen oder Unterlagen macht. |
(1) Eine Vertragspartei kann eine andere Vertragspartei um Anord nung oder anderweitige Bewirkung der umgehenden Sicherung von Daten ersuchen, die mittels eines Computersystems gespeichert sind, das sich im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei befindet, und derentwegen die ersuchende Vertragspartei beabsichtigt, ein Rechtshilfeersuchen um Durchsuchung oder ähnlichen Zugriff, Beschlagnahme oder ähnliche Sicherstellung oder Weitergabe der Daten zu stellen. (2) Ein Ersuchen um Sicherung nach Absatz 1 hat Folgendes genau zu bezeichnen: a) die Behörde, die um die Sicherung ersucht; b) die Straftat, die Gegenstand der strafrechtlichen Ermittlungen oder Verfahren ist, und eine kurze Sachverhaltsdarstellung; c) die gespeicherten Computerdaten, die zu sichern sind, und der Zusammenhang zwischen ihnen und der Straftat; d) alle verfügbaren Informationen zur Ermittlung des Verwahrers der gespeicherten Computerdaten oder des Standorts des Computersystems; e) die Notwendigkeit der Sicherung und f) die Absicht der Vertragspartei, ein Rechtshilfeersuchen um Durchsuchung oder ähnlichen Zugriff, Beschlagnahme oder ähnliche Sicherstellung oder Weitergabe der gespeicherten Computerdaten zu stellen. (3) Nach Eingang des von einer anderen Vertragspartei gestellten Ersuchens trifft die ersuchte Vertragspartei alle geeigneten Maßnahmen zur umgehenden Sicherung der bezeichneten Daten in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht. Für die Zwecke der Erledigung eines Ersuchens wird die beiderseitige Strafbarkeit als Voraussetzung für die Vornahme dieser Sicherung nicht verlangt. (4) Eine Vertragspartei, welche die beiderseitige Strafbarkeit als Voraussetzung für die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens um Durchsuchung oder ähnlichen Zugriff, Beschlagnahme oder ähnliche Sicherstellung oder Weitergabe gespeicherter Daten verlangt, kann sich in Bezug auf andere als die nach den Artikeln 2 bis 11 umschriebenen Straftaten das Recht vorbehalten, Ersuchen um Sicherung nach diesem Artikel abzulehnen, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass im Zeitpunkt der Weitergabe die Voraussetzung der beiderseitigen Strafbarkeit nicht erfüllt werden kann. (5) Darüber hinaus kann ein Ersuchen um Sicherung nur abgelehnt werden, wenn a) das Ersuchen eine Straftat betrifft, die von der ersuchten Vertragspartei als politische oder als mit einer solchen zusammenhängende Straftat angesehen wird, oder b) die ersuchte Vertragspartei der Ansicht ist, dass die Erledigung des Ersuchens geeignet ist, ihre Souveränität, Sicherheit, öffentliche Ordnung (ordre public) oder andere wesentliche Interessen zu beeinträchtigen. (6) Ist durch die Sicherung nach Ansicht der ersuchten Vertragspartei die künftige Verfügbarkeit der Daten nicht gewährleistet oder die Vertraulichkeit der Ermittlungen der ersuchenden Vertragspartei gefährdet oder in anderer Weise beeinträchtigt, so setzt sie die ersuchende Vertragspartei umgehend davon in Kenntnis; diese entscheidet dann, ob das Ersuchen dennoch erledigt werden soll. (7) Jede Sicherung, die in Erledigung des in Absatz 1 bezeichneten Ersuchens vorgenommen wird, erfolgt für mindestens 60 Tage, damit die ersuchende Vertragspartei ein Ersuchen um Durchsuchung oder ähnlichen Zugriff, Beschlagnahme oder ähnliche Sicherstellung oder Weitergabe der Daten stellen kann. Nach Eingang eines solchen Ersuchens werden die Daten weiterhin gesichert, bis über das Ersuchen entschieden worden ist. |
(1) Stellt die ersuchte Vertragspartei bei der Erledigung eines Ersuchens nach Artikel 29 um Sicherung von Verkehrsdaten bezüglich einer bestimmten Kommunikation fest, dass ein Diensteanbieter in einem anderen Staat an der Übermittlung dieser Kommunikation beteiligt war, so gibt die ersuchte Vertragspartei Verkehrsdaten in so ausreichender Menge an die ersuchende Vertragspartei umgehend weiter, dass dieser Diensteanbieter und der Weg, auf dem die Kommunikation übermittelt wurde, festgestellt werden können. (2) Von der Weitergabe von Verkehrsdaten nach Absatz 1 darf nur abgesehen werden, wenn a) das Ersuchen eine Straftat betrifft, die von der ersuchten Vertragspartei als politische oder als mit einer solchen zusammenhängende Straftat angesehen wird, oder b) die ersuchte Vertragspartei der Ansicht ist, dass die Erledigung des Ersuchens geeignet ist, ihre Souveränität, Sicherheit, öffentliche Ordnung (ordre public) oder andere wesentliche Interessen zu beeinträchtigen. |
(1) Eine Vertragspartei kann eine andere Vertragspartei um Durchsuchung oder ähnlichen Zugriff, um Beschlagnahme oder ähnliche Sicherstellung und um Weitergabe von Daten ersuchen, die mittels eines Computersystems gespeichert sind, das sich im Hoheitsgebiet der er suchten Vertragspartei befindet, einschließlich Daten, die nach Artikel 29 gesichert worden sind. (2) Die ersuchte Vertragspartei erledigt das Ersuchen, indem sie die in Artikel 23 bezeichneten völkerrechtlichen Übereinkünfte, sonstigen Übereinkünfte und Rechtsvorschriften anwendet und die anderen einschlägigen Bestimmungen dieses Kapitels einhält. (3) Das Ersuchen ist umgehend zu erledigen, wenn a) Gründe zu der Annahme bestehen, dass bei den einschlägigen Daten eine besondere Gefahr des Verlusts oder der Veränderung besteht oder b) die in Absatz 2 bezeichneten Übereinkünfte und Rechtsvorschriften eine umgehende Zusammenarbeit vorsehen. |
Eine Vertragspartei darf ohne die Genehmigung einer anderen Vertragspartei a) auf öffentlich zugängliche gespeicherte Computerdaten (offene Quellen) zugreifen, gleichviel, wo sich die Daten geographisch befinden, oder b) auf gespeicherte Computerdaten, die sich im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei befinden, mittels eines Computersystems in ihrem Hoheitsgebiet zugreifen oder diese Daten empfangen, wenn sie die rechtmäßige und freiwillige Zustimmung der Person einholt, die rechtmäßig befugt ist, die Daten mittels dieses Computersystems an sie weiterzugeben. |
(1) Die Vertragsparteien leisten einander Rechtshilfe bei der Erhebung von Verkehrsdaten in Echtzeit in Zusammenhang mit bestimmten Kommunikationen in ihrem Hoheitsgebiet, die mittels eines Computersystems übermittelt werden. Vorbehaltlich des Absatzes 2 unterliegt die Rechtshilfe den nach innerstaatlichem Recht vorgesehenen Bedingungen und Verfahren. (2) Jede Vertragspartei leistet zumindest in Bezug auf die Straftaten Rechtshilfe, bei denen die Erhebung von Verkehrsdaten in Echtzeit in einem gleichartigen inländischen Fall möglich wäre. |
Die Vertragsparteien leisten einander Rechtshilfe bei der Erhebung oder Aufzeichnung von Inhaltsdaten bestimmter Kommunikationen, die mittels eines Computersystems übermittelt werden, in Echtzeit, soweit dies nach ihren anwendbaren Verträgen und innerstaatlichen Rechtsvorschriften zulässig ist. |
II. |
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwerdeführer gegen das deutsche Zustimmungsgesetz, soweit es sich auf die Vorschriften über die internationale Rechtshilfe aus Art. 25 bis 34 CCC bezieht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 10, Art. 13, Art. 19 Abs. 4, Art. 101, Art. 102 und Art. 104 GG.
|
1. Die unmittelbar gegen das Zustimmungsgesetz gerichtete Verfassungsbeschwerde sei zulässig, da die Beschwerdeführer durch das Gesetz unmittelbar, selbst und gegenwärtig betroffen seien. Sie nutzten Telekommunikationsnetze und insbesondere das Internet intensiv, engagierten sich staatskritisch und reisten regelmäßig ins Ausland. Durch das Zustimmungsgesetz werde ermöglicht, dass auf der Grundlage der im Übereinkommen vorgesehenen Rechtshilfevorschriften jederzeit in Grundrechte der Beschwerdeführer eingegriffen werden könne. Ein Abwarten des Vollzugs des Übereinkommens sei den Beschwerdeführern nicht zuzumuten, weil sie von den gegen sie gerichteten Maßnahmen keine zuverlässige Kenntnis erlangten. Insbesondere sei nicht gewährleistet, dass deutsche Behörden sie über Rechtshilfeersuchen benachrichtigten. Daneben ermächtige Art. 32 CCC ausländische Stellen zu unmittelbaren Grundrechtseingriffen, ohne dass deutsche Stellen überhaupt davon Kenntnis erlangten.
|
Das Übereinkommen stehe im Rang eines Bundesgesetzes, sei von deutschen Behörden und Gerichten wie jedes andere Bundesgesetz anzuwenden und gehe insbesondere dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) als speziellere Regelung vor. Doch selbst wenn man die Auffassung vertrete, die Regelungen des Übereinkommens seien nicht unmittelbar anwendbar, liege zumindest eine mittelbare Betroffenheit der Beschwerdeführer vor; das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen sei unter Berücksichtigung des Übereinkommens auszulegen und anzuwenden mit der Folge, dass das nach diesem Gesetz vorgesehene Ermessen entfalle. |
2. Die in Art. 25 bis Art. 34 CCC vorgesehene Erhebung und Übermittlung von Daten verletzten das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) und das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG). Soweit das Zustimmungsgesetz den Zugriff auf Daten in Wohnungen ermögliche, sei zudem Art. 13 GG verletzt. Die Rechtshilfevorschriften des Übereinkommens seien unverhältnismäßig, insbesondere seien hinsichtlich der erhobenen und übermittelten Daten keine Zweckbindung, keine Protokollierungspflichten bezüglich einer weiteren Verwendung, keine Benachrichtigungspflichten, keine Kontrolle durch eine unabhängige Datenschutzstelle und keine Auskunfts-, Berichtigungs- und Löschungsansprüche gegen den Empfängerstaat vorgesehen. Darüber hinaus verstoße das Zustimmungsgesetz gegen Art. 1 Abs. 1, Art. 101, Art. 102 und Art. 104 GG, da insbesondere die Übermittlung von Daten an die Vereinigten Staaten von Amerika typischerweise und vorhersehbar eine Verletzung dieser Rechte nach sich ziehe. Schließlich liege ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG vor, weil gegen Rechtsverletzungen anderer Staaten, die der deutschen Staatsgewalt infolge des Zustimmungsgesetzes zuzurechnen seien, nicht effektiv vorgegangen werden könne. Ferner sei das Zitiergebot aus Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, weil Art. 10 und Art. 13 GG im Zustimmungsgesetz nicht genannt würden.
|
Die Zustimmung speziell zu Art. 32 CCC greife dadurch in die genannten Rechte ein, dass ausländischen Stellen ermöglicht werde, personenbezogene Daten ohne Zustimmung des Betroffenen im Inland zu erheben. Dadurch habe der Gesetzgeber den durch die territoriale Souveränität gewährleisteten Grundrechtsschutz aufgehoben und Grundrechtsverletzungen durch ausländische Hoheitsträger in Kauf genommen. So könnten ausländische Staaten international tätige Unternehmen auf der Grundlage von Art. 32 CCC bitten, im Inland gespeicherte Informationen über die Beschwerdeführer herauszugeben. Die Vorschrift lasse unkontrollierte ausländische Hoheitshandlungen auf deutschem Staatsgebiet zu und sei daher unverhältnismäßig. Um dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerecht zu werden, hätten in Art. 32 CCC konkrete Voraussetzungen für die Erhebung personenbezogener Daten in fremden Hoheitsgebieten festgelegt werden müssen. Dem Grundsatz der Zweckbindung werde in keiner Weise Rechnung getragen, da nach Art. 32 CCC erhobene Daten uneingeschränkt verwendet, weitergegeben, veröffentlicht und beliebig lange gespeichert werden könnten. |
III. |
1. Die Bundesregierung hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, da das Übereinkommen nicht unmittelbar anwendbar sei und daher auch keine Rechtsgrundlagen für Rechtshilfemaßnahmen enthalte. Dementsprechend sei das Zustimmungsgesetz nicht geeignet, die Beschwerdeführer in ihren grundrechtlich geschützten Positionen zu beeinträchtigen. Für die im Übereinkommen vorgesehenen Maßnahmen seien innerstaatlich bereits Ermächtigungen im Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen und in der Strafprozessordnung vorhanden gewesen, weshalb kein gesetzgeberischer Umsetzungsbedarf im Hinblick auf die mit dem Übereinkommen völkerrechtlich eingegangenen Verpflichtungen zur Rechtshilfeleistung bestanden habe. Im Übrigen hätten die Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass sie mit ausreichender Wahrscheinlichkeit von Rechtshilfemaßnahmen, wie sie in dem Übereinkommen geregelt seien, betroffen sein könnten.
|
2. In der Sache gehe die Verfassungsbeschwerde unzutreffend davon aus, dass sich der deutsche Staat die weitere Verwendung von Daten durch andere Staaten zurechnen lassen müsse. Außerdem sei wegen der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes ein eingeschränkter Prüfungsmaßstab anzuwenden. Zur Aufrechterhaltung des im gegenseitigen Interesse bestehenden zwischenstaatlichen Rechtshilfeverkehrs und der außenpolitischen Handlungsfreiheit der Bundesregierung sei insoweit lediglich auf die unabdingbaren Grundsätze der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung abzustellen.
|
B. |
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Soweit sich die Beschwerdeführer gegen die Zustimmung zu Art. 25 bis 31, 33 und 34 CCC wenden, sind sie von dem Zustimmungsgesetz nicht unmittelbar betroffen (I.). Soweit sie die Zustimmung zu Art. 32 CCC angreifen, scheitert die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde daran, dass sie die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht hinreichend substantiiert dargelegt haben (II.).
|
I. |
1. Eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz ist nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer durch die angegriffene Norm selbst, gegenwärtig und unmittelbar in einem Grundrecht betroffen ist (vgl. BVerfGE 1, 97 [101 ff.]; 115, 118 [137]; 125, 260 [304]; stRspr). Einer unmittelbaren Betroffenheit der Beschwerdeführer durch das Zustimmungsgesetz, soweit es sich auf die Art. 25 bis 31, 33 und 34 CCC bezieht, steht entgegen, dass es sich bei den genannten Regelungen um völkervertragsrechtliche Bestimmungen handelt, die innerstaatlich nicht unmittelbar anwendbar sind.
|
a) Das Zustimmungsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG bewirkt zwar, dass der zugrunde liegende völkerrechtliche Vertrag in der innerstaatlichen Rechtsordnung Geltung erlangt. Diese innerstaatliche Geltung ist aber von der Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit zu unterscheiden. Die innerstaatliche Geltung eines Vertrags hat eine Bindung der deutschen Staatsorgane an das Abkommen zur Folge (vgl. Butzer/Haas, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 59 Rn. 104; Kempen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd.2, 6. Aufl. 2010, Art. 59 Rn. 95; Streinz, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 59 Rn. 67). So wird im Regelfall der Gesetzgeber verpflichtet, den Vertragsinhalt innerstaatlich umzusetzen. Zudem gebietet der verfassungsrechtliche Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit, die nationalen Gesetze nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nicht entsteht (vgl. BVerfGE 64, 1 [20]; 74, 358 [370]; 111, 307 [324]; 128, 326 [365]; 141, 1 [29 f. Rn. 71]). Nur ausnahmsweise sind völkerrechtliche Verträge hingegen auch ohne weitere Umsetzungsgesetzgebung innerstaatlich unmittelbar anwendbar in dem Sinne, dass sie wie eine nationale Rechtsvorschrift unmittelbar Rechtswirkungen entfalten. Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall durch Auslegung des völkerrechtlichen Vertrags zu ermitteln. |
Durch das Zustimmungsgesetz können nur solche völkerrechtlichen Vertragsbestimmungen ohne weitere Umsetzungsakte innerstaatlich unmittelbar anwendbares Recht werden, die alle Eigenschaften besitzen, welche ein Gesetz nach innerstaatlichem Recht haben muss, um die Normadressaten berechtigen oder verpflichten zu können; die Vertragsbestimmung muss nach Wortlaut, Zweck und Inhalt wie eine innerstaatliche Gesetzesvorschrift rechtliche Wirkungen auszulösen geeignet sein (BVerfGE 29, 348 [360]; vgl. ferner BVerfGE 40, 141 [164 f.]; BVerfGK 9, 174 [189]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 31. Mai 1994 -- 2 BvR 1193/93 --, NJW 1994, S. 2883; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Dezember 2014 -- 2 BvR 450/11 --, juris, Rn. 35; aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts siehe BVerwGE 80, 233 [235]; 87, 11 [13]).
|
b) Gemessen daran sind die Rechtshilfevorschriften in Art. 25 bis 31, 33 und 34 CCC innerstaatlich nicht unmittelbar anwendbar. Sie sind nicht selbstvollziehend, sondern enthalten lediglich völkerrechtliche Verpflichtungen der Vertragsstaaten.
|
aa) Bereits nach dem Wortlaut der genannten Vorschriften werden nur die Vertragsparteien und nicht die nach innerstaatlichem Recht zuständigen Behörden adressiert. Zudem bestimmt Art. 23 CCC, dass die Vertragsparteien untereinander im Einklang mit dem Übereinkommen im größtmöglichen Umfang zusammenarbeiten, "indem sie einschlägige völkerrechtliche Übereinkünfte über die internationale Zusammenarbeit in Strafsachen sowie Übereinkünfte, die auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffen wurden, und innerstaatliche Rechtsvorschriften [...]" anwenden, wohinge gen eine unmittelbare Anwendung der Vorschriften des Übereinkommens nicht genannt wird. Vielmehr bestimmt Art. 25 Abs. 2 CCC, der die allgemeinen Grundsätze der Rechtshilfe regelt, dass jede Vertragspartei die "erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen [trifft], um den in den Artikeln 27 bis 35 bezeichneten Verpflichtungen nachzukommen". Die Vertragsparteien gehen mithin nach dem Wortlaut dieser Bestimmung davon aus, dass es einer gesetzgeberischen Umsetzung der vertraglichen Verpflichtungen bedarf und diese nicht selbstvollziehend sind. |
Das Übereinkommen gewährt den Vertragsparteien für die innerstaatliche Umsetzung einen gewissen Spielraum (vgl. nur Art. 25 Abs. 4 Satz 1 CCC: "Soweit in den Artikeln dieses Kapitels nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist, unterliegt die Rechtshilfe den im Recht der ersuchten Vertragspartei oder in den anwendbaren Rechtshilfeverträgen vorgesehenen Bedingungen [...]."). Soweit die Art. 25 ff. CCC konkrete Verpflichtungen enthalten, lässt sich hieraus keine unmittelbare Anwendbarkeit ableiten, sondern lediglich die Pflicht der Vertragsparteien, ihre innerstaatlichen Verfahrensregelungen zu ändern, soweit diese den zwingenden Vorgaben des Übereinkommens nicht entsprechen.
|
bb) Gegen die unmittelbare Anwendbarkeit der Rechtshilfevorschriften sprechen auch systematische Erwägungen. Die Regelungen über die internationale Zusammenarbeit stehen in einem korrespondierenden Zusammenhang mit den Regelungen des Kapitels II des Übereinkommens über innerstaatlich zu treffende Maßnahmen zum materiellen Strafrecht und zum Verfahrensrecht (vgl. BTDrucks 16/7218, S. 52); insbesondere besteht ein enger Zusammenhang mit den das Verfahrensrecht betreffenden Regelungen in Art. 16 ff. CCC. Auch diese Vorschriften sind ihrem Wortlaut nach ausschließlich an die Vertragsparteien adressiert und verpflichten diese, die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens zu treffen.
|
cc) Der Zweck des Übereinkommens spricht ebenfalls gegen die Annahme einer unmittelbaren Anwendbarkeit. Dem Erläu ternden Bericht zum Übereinkommen lässt sich entnehmen, dass die Schaffung eines neuen Rechtshilferegimes abgelehnt wurde, da man es für praktikabler hielt, auf bestehende Rechtshilferegelungen zurückzugreifen (vgl. BTDrucks 16/7218, S. 90). Dies erlaube es den in der Rechtshilfe tätigen Personen, die Übereinkünfte und Vereinbarungen zu nutzen, die ihnen am vertrautesten seien. Nur in Bezug auf die Maßnahmen nach Art. 29 bis 35 CCC sei jede Vertragspartei verpflichtet, entsprechende rechtliche Grundlagen zu schaffen, wenn diese nicht bereits gegeben seien. |
dd) Schließlich sind die Art. 25 bis 31, 33 und 34 CCC auch nach ihrem Inhalt nicht geeignet, wie eine innerstaatliche Gesetzesvorschrift rechtliche Wirkungen auszulösen, da die einzelnen Vorschriften einen unzureichenden Bestimmtheitsgrad aufweisen. So regelt Art. 25 CCC lediglich allgemeine Grundsätze der Rechtshilfe. Art. 26 CCC verweist hinsichtlich der Zulässigkeit einer unaufgeforderten Informationsübermittlung auf das jeweilige innerstaatliche Recht. Art. 27 und 28 CCC regeln keine konkreten Rechtshilfemaßnahmen, sondern betreffen das von den Vertragsparteien zu beachtende Verfahren bei Rechtshilfeersuchen. Im Zusammenhang mit Art. 29 CCC (umgehende Sicherung gespeicherter Computerdaten) fehlt es an einer Regelung der Voraussetzungen, unter denen Computerdaten gespeichert werden dürfen; vielmehr verweist Art. 29 Abs. 3 Satz 1 CCC insoweit auf das innerstaatliche Recht. Zwar verpflichtet Art. 16 CCC die Vertragsparteien, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um eine umgehende Datensicherung zu ermöglichen, überlässt ihnen aber die konkrete Ausgestaltung. Gleiches gilt für Art. 30 CCC (umgehende Weitergabe gesicherter Verkehrsdaten), der auf Art. 29 CCC Bezug nimmt, sowie für Art. 31 CCC (Rechtshilfe beim Zugriff auf gespeicherte Computerdaten), Art. 33 CCC (Rechtshilfe bei der Erhebung von Verkehrsdaten in Echtzeit) und Art. 34 CCC (Rechtshilfe bei der Erhebung von Inhaltsdaten in Echtzeit).
|
ee) Mithin sind die Regelungen in Art. 25 bis 31, 33 und 34 CCC nicht selbstvollziehend, sondern enthalten lediglich völkervertragsrechtliche Verpflichtungen der Vertragsparteien. Dem entsprechend können diese Vorschriften nicht als Rechtsgrundlage für Eingriffe in Grundrechte der Beschwerdeführer dienen. Darauf, ob die vorhandenen innerstaatlichen Vorschriften, wie die Bundesregierung vorträgt, ausreichen, um die völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Übereinkommen zu erfüllen, und ob eine vollständige Erfüllung dieser Verpflichtungen mit dem Grundgesetz vereinbar wäre, kommt es für die unmittelbare Betroffenheit der Beschwerdeführer durch das Zustimmungsgesetz nicht an. |
2. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kann eine Beschwerdebefugnis auch nicht daraus folgen, dass das innerstaatliche Recht nach Möglichkeit im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auszulegen ist (vgl. hierzu BVerfGE 64, 1 [20]; 74, 358 [370]; 111, 307 [324]; 128, 326 [365]; 141, 1 [29 f. Rn. 71]). Da sich die Grenzen der völkerrechtsfreundlichen Auslegung aus der Verfassung ergeben (BVerfGE 128, 326 [371]; 141, 1 [30 Rn. 72]; vgl. auch BVerfGE 111, 307 [318]; BVerfGK 10, 116 [124]), kann der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit keine verfassungswidrige, insbesondere grundrechtsverletzende Gesetzesauslegung und -anwendung gebieten.
|
II. |
Soweit sich die Beschwerdeführer gegen die Zustimmung zu Art. 32 CCC wenden, scheitert die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde zwar nicht am Fehlen einer eigenen, gegenwärtigen und unmittelbaren Betroffenheit (1.). Der Vortrag der Beschwerdeführer zur Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung genügt jedoch nicht den sich aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG ergebenden Substantiierungsanforderungen (2.).
|
1. a) Die Voraussetzung der eigenen und gegenwärtigen Betroffenheit ist grundsätzlich erfüllt, wenn der Beschwerdeführer darlegt, dass er mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die auf den angegriffenen Vorschriften beruhenden Maßnahmen in seinen Grundrechten berührt wird (vgl. BVerfGE 100, 313 [354]; 109, 279 [307 f.]; 115, 118 [137]). Unmittelbare Betroffenheit ist gege ben, wenn die angegriffenen Bestimmungen, ohne eines weiteren Vollzugsakts zu bedürfen, die Rechtsstellung des Beschwerdeführers verändern (vgl. BVerfGE 97, 157 [164]; 102, 197 [207]; 115, 118 [137]). Das ist auch dann anzunehmen, wenn dieser gegen einen denkbaren Vollzugsakt nicht oder nicht in zumutbarer Weise vorgehen kann (vgl. BVerfGE 100, 313 [354]; 109, 279 [306 f.]; 115, 118 [137]). Dies ist unter anderem der Fall, wenn die weiteren Vollzugsakte von ausländischen Behörden vorgenommen werden, gegen deren Maßnahmen im Inland kein Rechtsschutz gegeben ist (vgl. BVerfGE 6, 290 [295]). |
b) Gemessen an diesen Maßstäben ist eine eigene, gegenwärtige und unmittelbare Betroffenheit der Beschwerdeführer durch das Zustimmungsgesetz, soweit es sich auf Art. 32 CCC bezieht, zu bejahen.
|
aa) Soweit die Bundesrepublik Deutschland in Art. 32 CCC den anderen Vertragsparteien das Recht einräumt, auf Daten in ihrem Hoheitsgebiet zuzugreifen, ist eine innerstaatliche Umsetzung des Übereinkommens weder erforderlich noch möglich. Mit der Zustimmung zu Art. 32 CCC ist den anderen Vertragsparteien unter den dort normierten Voraussetzungen der unmittelbare Zugriff auf im Inland befindliche Daten gestattet. Unter Berufung auf diese Bestimmung können sich Behörden der anderen Vertragsparteien folglich ohne jede weitere Beteiligung deutscher Stellen Zugang zu inländischen Daten verschaffen. Da etwaige Vollzugsakte somit von ausländischen Stellen vorgenommen werden, ist im Hinblick auf Art. 32 CCC von einer unmittelbaren Betroffenheit auszugehen. Darüber hinaus ist eine unmittelbare Betroffenheit der Beschwerdeführer deshalb gegeben, weil diese von Datenerhebungen ausländischer Stellen auf der Grundlage von Art. 32 CCC regelmäßig keine Kenntnis erlangen und daher nicht dagegen vorgehen können.
|
bb) Mit ihrem Vortrag, sie nutzten Telekommunikationsnetze und insbesondere das Internet intensiv und liefen daher Gefahr, von Datenerhebungen ausländischer Stellen betroffen zu sein, haben die Beschwerdeführer auch ausreichend deutlich gemacht, durch Art. 32 CCC in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz selbst und gegenwärtig betroffen zu sein (vgl. BVerfGE 133, 277 [312 f. Rn. 86] m.w.N.). |
2. Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der Zustimmung zu Art. 32 CCC jedoch unzulässig, weil die Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht hinreichend substantiiert dargelegt haben.
|
a) In der Begründung seiner Verfassungsbeschwerde (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG) hat der Beschwerdeführer darzulegen, mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidiert. Dazu muss er aufzeigen, inwieweit diese die bezeichneten Grundrechte verletzen soll (vgl. BVerfGE 99, 84 [87]; 120, 274 [298]). Liegt zu den mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Verfassungsfragen bereits Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor, so ist der behauptete Grundrechtsverstoß in Auseinandersetzung mit den darin entwickelten Maßstäben zu begründen (vgl. BVerfGE 99, 84 [87]; 101, 331 [346]; 123, 186 [234]).
|
b) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Beschwerdeführer sowohl im Hinblick auf die Regelung in Art. 32 Buchstabe a CCC als auch hinsichtlich der Vorschrift des Art. 32 Buchstabe b CCC nicht gerecht.
|
aa) (1) Da die Regelung in Art. 32 Buchstabe a CCC ausschließlich öffentlich zugängliche Daten zum Gegenstand hat, betrifft sie insbesondere nicht das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) oder die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG), sondern berührt allenfalls das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht umfasst den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten. Es gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (vgl. BVerfGE 65, 1 [43]; 120, 274 [312]; 130, 151 [183]; stRspr).
|
Die Kenntnisnahme öffentlich zugänglicher Informationen ist dem Staat jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich nicht verwehrt (vgl. BVerfGE 120, 274 [344 f.]). Der Staat darf von jedermann zugänglichen Informationsquellen unter denselben Bedingungen wie jeder Dritte Gebrauch machen (BVerfGE 120, 351 [361]). Das gilt auch dann, wenn auf diese Weise im Einzelfall personenbezogene Informationen erhoben werden. Daher liegt kein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor, wenn eine staatliche Stelle im Internet verfügbare Kommunikationsinhalte erhebt, die sich an jedermann oder zumindest an einen nicht weiter abgegrenzten Personenkreis richten. So liegt es etwa, wenn die Behörde eine allgemein zugängliche Webseite im World Wide Web aufruft, eine jedem Interessierten offen stehende Mailingliste abonniert oder einen offenen Chat beobachtet (vgl. BVerfGE 120, 274 [344 f.]). Ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kommt erst in Betracht, wenn Informationen, die durch die Sichtung allgemein zugänglicher Inhalte gewonnen wurden, gezielt zusammengetragen, gespeichert und gegebenenfalls unter Hinzuziehung weiterer Daten ausgewertet werden und dadurch einen zusätzlichen Aussagewert erhalten, aus dem sich die für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung spezifische Gefahrenlage für die Persönlichkeit des Betroffenen ergibt (vgl. BVerfGE 120, 274 [345]; 351 [362]). |
(2) Diese Rechtsprechung erfordert im Hinblick auf Art. 32 Buchstabe a CCC eine Differenzierung zwischen dem durch die Vorschrift allein erlaubten Zugriff (access) auf öffentlich zugängliche Computerdaten und deren weiterer Verarbeitung durch gezieltes Zusammentragen, Speichern und Auswerten im Zusammenhang mit anderen Daten. Dazu enthält die Begründung der Verfassungsbeschwerde keine ausreichenden Darlegungen. Insbesondere berücksichtigen die Beschwerdeführer nicht, dass eine staatliche Kenntnisnahme von öffentlich zugänglichen Daten für sich genommen keinen Grundrechtseingriff bedeutet. Wenn aber das Gebrauchmachen von einer Informationsquelle durch inländische Behörden grundsätzlich nicht in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreift, hätte es näherer Ausführungen dazu bedurft, warum die Gestattung derselben Maßnahme durch ausländische Stellen einen Grundrechtseingriff darstellen soll. Dies hat auch Konsequenzen für die Beurteilung einer -- hypothetischen und letztlich spekulativen -- Weitergabe von Daten oder einer Zweckänderung durch ausländische Behörden. Hierfür dürften keine strengeren Maßstäbe gelten als für die Datenerhebung (Kriterium der hypothetischen Neuerhebung, vgl. BVerfGE 125, 260 [333]; 133, 277 [373 f. Rn. 225 f.]; 141, 220 [327 f. Rn. 287]). Der vorliegende Fall unterscheidet sich von einer aktiven Übermittlung von personenbezogenen Daten an öffentliche Stellen anderer Staaten, bei der schon die Übermittlung als solche einen Eingriff darstellt, der an den Grundrechten zu messen ist, in die bei der Datenerhebung eingegriffen wurde (vgl. dazu BVerfGE 141, 220 [341 Rn. 324]). |
Ein Zugriff ausländischer Staaten auf im Inland gespeicherte Computerdaten führt zwar dazu, dass die Gewährleistungen des Grundgesetzes für die weitere Verwendung der Daten im Ausland, insbesondere für ihre Speicherung und gezielte Auswertung und Zusammenführung mit weiteren Daten, nicht mehr als solche zur Anwendung gebracht werden können und stattdessen die im Ausland geltenden Standards Anwendung finden. Das steht der Ermächtigung zum Zugriff auf öffentlich zugängliche Daten jedoch nicht grundsätzlich entgegen (vgl. BVerfGE 141, 220 [341 f. Rn. 325]). Das Grundgesetz bindet die Bundesrepublik Deutschland mit der Präambel, Art. 1 Abs. 2, Art. 9 Abs. 2, Art. 16 Abs. 2, Art. 23 bis Art. 26 und Art. 59 Abs. 2 GG in die internationale Gemeinschaft ein und hat die deutsche öffentliche Gewalt programmatisch auf internationale Zusammenarbeit ausgerichtet (vgl. BVerfGE 63, 343 [370]; 111, 307 [318 f.]; 112, 1 [25, 27]). Hierzu gehört ein Umgang mit anderen Staaten auch dann, wenn deren Rechtsordnungen und -anschauungen nicht vollständig mit den deutschen innerstaatlichen Auffassungen übereinstimmen (vgl. BVerfGE 31, 58 [75 ff.]; 63, 343 [366]; 91, 335 [340, 343 ff.]; 108, 238 [247 f.]). Die wechselseitige Befugnis zum Zugriff auf in dem jeweils anderen Vertragsstaat gespeicherte, öffentlich zugängliche Daten zielt gerade darauf, die für eine wirksame Bekämpfung der Computerkriminalität von den Vertragspartnern des CCC als unerlässlich angesehene internationale Zusammen arbeit im gegenseitigen Interesse zu verstärken und zu verbessern (vgl. Präambel zum CCC). |
Da die ausländische Staatsgewalt nur ihren eigenen rechtlichen Bindungen unterworfen ist, hat der deutsche Gesetzgeber allerdings im Falle der Übermittlung von personenbezogenen Daten an ausländische Behörden dafür Sorge zu tragen, dass die grundgesetzlichen Grenzen der Datenerhebung und -verarbeitung dadurch nicht in ihrer Substanz unterlaufen werden und dass insbesondere elementare rechtsstaatliche Grundsätze nicht verletzt werden. Keinesfalls darf der Staat seine Hand zu Verletzungen der Menschenwürde reichen (vgl. BVerfGE 140, 317 [347 Rn. 62] m.w.N.). Die Übermittlung solcher Daten an das Ausland setzt daher eine Vergewisserung über einen rechtsstaatlichen Umgang mit diesen Daten im Empfängerland voraus (BVerfGE 141, 220 [342 f. Rn. 327 ff.]).
|
Ob dasselbe im Grundsatz auch bei der völkerrechtlichen Ermächtigung anderer Staaten zu einem Zugriff auf im Inland gespeicherte, öffentlich zugängliche Computerdaten gilt, bedarf gesonderter Prüfung. In diesem Rahmen stellt sich unter anderem die Frage, ob es einer völkervertraglichen Ermächtigung zu einem -- für sich genommen keinen Grundrechtseingriff bedeutenden -- Zugriff auf solche Daten überhaupt bedarf und der Zustimmungsgesetzgeber deshalb durch deren Versagung gegenüber allen oder einzelnen Vertragspartnern mittelbar die Grundrechte der Betroffenen auch gegenüber der weiteren Verarbeitung der Daten im Ausland schützen kann. Eine explizite völkervertragliche Gestattung wäre nicht erforderlich, wenn es sich bei Art. 32 Buchstabe a CCC um die Kodifizierung von geltendem Völkergewohnheitsrecht handelte (vgl. Seitz, Strafverfolgungsmaßnahmen im Internet, 2004, S. 364 ff.; Sieber, in: Verhandlungen des 69. Deutschen Juristentages, 2012, Bd.I, Gutachten C, S. 144 f.; Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 652; Gercke, Strafverteidiger Forum 2009, S. 271 [272 f.]; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, § 110 Rn. 7a). Wenn die Erhebung öffentlich zugänglicher Daten durch ausländische Behörden auch ohne völkervertragliche Gestattung zumindest völkerrechtlich zulässig wäre, müsste jedenfalls erörtert werden, welche Mittel der deutschen Staatsgewalt zum Schutz der Grundrechte vor dem Zugriff und der damit ermöglichten weiteren Verarbeitung der im Inland gespeicherten Daten durch ausländische Behörden überhaupt zur Verfügung stehen und welche Konsequenzen dies für die Möglichkeit einer Grundrechtsbeeinträchtigung durch das Zustimmungsgesetz hätte. |
Mit all diesen Fragen setzen sich die Beschwerdeführer nicht ansatzweise auseinander. Sie beschränken sich auf den undifferenzierten -- durch eine obergerichtliche Entscheidung zu Durchsuchungsmaßnahmen ausländischer Beamter im Inland unterlegten -- Hinweis, das Völkerrecht weise allein dem Belegenheitsstaat das Recht zum hoheitlichen Zugriff auf Gegenstände und Daten zu, die sich auf seinem Territorium befänden; die Grundrechte verböten es, unkontrollierte ausländische Hoheitshandlungen in Deutschland zu dulden. Diesen Schutz habe der Gesetzgeber den Grundrechtsträgern durch das Abkommen genommen, ohne sicherzustellen, dass Zugriffe im Wege des Art. 32 CCC nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit erfolgten. Das reicht zur substantiierten Darlegung der Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung auch und gerade durch die Ermächtigung zum Zugriff auf öffentlich zugängliche Computerdaten gemäß Art. 32 Buchstabe a CCC nicht aus.
|
bb) Auch mit Blick auf Art. 32 Buchstabe b CCC haben die Beschwerdeführer die konkrete Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht hinreichend substantiiert aufgezeigt. Sie legen nicht dar, dass und in welchem Umfang Art. 32 Buchstabe b CCC Grundrechtseingriffe durch ausländische Behörden ermöglicht. Der Vortrag, dass international tätige Unternehmen gebeten werden könnten, im Inland gespeicherte Daten herauszugeben, genügt den Anforderungen an eine substantiierte Begründung insoweit nicht.
|
Die Beschwerdeführer tragen dem Umstand nicht hinreichend Rechnung, dass die Anwendung von Art. 32 Buchstabe b CCC eine "rechtmäßige und freiwillige Zustimmung der Person" voraussetzt, die zur Datenweitergabe "rechtmäßig befugt" ist. Die Verfassungsbeschwerde lässt eine Auseinandersetzung mit der Frage vermissen, ob die Zustimmung im Sinne des Art. 32 Buchstabe b CCC stets vom Betroffenen erklärt werden muss oder unter Umständen auch von einer anderen Stelle erklärt werden kann, die personenbezogene Daten des Betroffenen erhoben oder verarbeitet hat. Zwar erscheint es denkbar, dass nach dem Recht anderer Vertragsparteien eine Zustimmungsbefugnis bei Personen angenommen wird, die nach deutschem Recht nicht dispositionsbefugt wären, zumal das Übereinkommen offenlässt, nach welchem Recht die Zustimmungsbefugnis zu beurteilen ist (vgl. Trautmann, in: Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl. 2012, EuCybercrimeÜbk Art. 32 Rn. 8). Insofern ist jedoch zu berücksichtigen, dass -- solange und soweit die Auslegung von völkerrechtlichen Verträgen durch die Vertragsstaaten offen ist -- bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit unter den verschiedenen in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten derjenigen der Vorzug gegeben werden muss, bei der der Vertrag vor dem Grundgesetz bestehen kann (vgl. BVerfGE 4, 157 [168]). Auch hierzu verhalten sich die Beschwerdeführer nicht. |
Darüber hinaus ist zu beachten, dass Art. 32 CCC lediglich die völkerrechtliche Zulässigkeit des Datenzugriffs regelt. Die Vorschrift legitimiert ausschließlich den mit der Datenübertragung verbundenen Eingriff in die territoriale Souveränität des Staates, in dem die Daten gespeichert sind. Die innerstaatlichen Vorschriften, an denen die Datenübermittlung zu messen ist, nach denen also zu entscheiden ist, ob die Zustimmung zu der Übermittlung rechtmäßig durch eine dazu befugte Person erteilt worden ist, werden von dem Übereinkommen nicht berührt. Art. 32 Buchstabe b CCC betrifft allein das Verhältnis zwischen den Vertragsparteien und regelt nicht, unter welchen Voraussetzungen Daten weitergegeben oder zum Zugriff freigegeben werden dürfen. Insbesondere entbindet Art. 32 Buchstabe b CCC Telekommunikationsdiensteanbieter und andere Unternehmen nicht von der Beachtung der Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes, des Telemediengesetzes und des Bundesdatenschutzgesetzes sowie sonstiger Datenschutzvorschriften. Vor diesem Hintergrund hätten sich die Beschwerdeführer zumindest mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die Regelungen des deutschen Datenschutzrechts genügen, um den Schutz personenbezogener, im Inland gespeicherter Daten bei Anfragen ausländischer Behörden in ausreichendem Maße zu gewährleisten. |
Landau Huber Hermanns Müller Kessal-Wulf König Maidowski |
Abweichende Meinung des Richters Huber zum Beschluss des Zweiten Senats vom 21. Juni 2016 -- 2 BvR 637/09 -- |
Soweit der Senat die Verfassungsbeschwerde gegen das Zustimmungsgesetz zur Convention on Cybercrime auch insoweit für nicht ausreichend substantiiert hält, als es sich auf Art. 32 Buchstabe a CCC bezieht, vermag ich dem nicht zu folgen. Die Verfassungsbeschwerde erweist sich, im Gegenteil, in diesem Punkt als zulässig (I.) und begründet (II.).
|
I. |
Entgegen der Auffassung der Senatsmehrheit (vgl. Rn. 27 ff. des Beschlusses) haben die Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung durch Art. 32 Buchstabe a CCC in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz hinreichend substantiiert dargelegt (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Sie haben unter anderem die Möglichkeit einer Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) vorgetragen und sind dabei auch umfänglich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eingegangen (vgl. BVerfGE 98, 17 [34]; 101, 331 [345 f.]; 130, 76 [110]).
|
1. Zweck der Begründungsanforderungen in § 23 Abs. 1 Satz 2 und § 92 BVerfGG ist es, dem Bundesverfassungsgericht die Mög lichkeit zu eröffnen, ohne weitere Ermittlungen über die Sachentscheidungsvoraussetzungen befinden zu können. Dem Gericht soll eine zuverlässige Grundlage für die weitere Behandlung des Begehrens vermittelt werden (vgl. BVerfGE 15, 288 [292]; 101, 331 [346]; 102, 147 [164]; BVerfGK 12, 126 [130]; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. Februar 1999 -- 1 BvR 1840/98 --, juris, Rn. 7; Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 1. Juli 2000 -- 2 BvR 1894/99 --, juris, Rn. 3; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. Juni 2014 -- 1 BvR 1837/12 --, NJW 2015, S. 1005 [1006 Rn. 10]). |
Die Beschwerdeführer haben dargelegt, dass Art. 32 Buchstabe a CCC in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz schon dadurch (auch) in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG eingreife, dass er es ausländischen Staaten ermögliche, personenbezogene Daten ohne Zustimmung der Betroffenen zu erheben. Sie haben typische Fälle aufgezeigt, in denen Informationen von ausländischen Staaten gezielt zusammengetragen, gespeichert und gegebenenfalls unter Hinzuziehung weiterer Daten ausgewertet werden können, woraus sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine besondere Gefahrenlage für die Persönlichkeit der Betroffenen ergeben kann. Dass die Beschwerdeführer solche Beeinträchtigungen ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht im Einzelnen belegen können, steht einer Substantiierung nicht entgegen, weil ihnen diese -- von ausländischen Staaten ausgehenden -- Beeinträchtigungen regelmäßig nicht zur Kenntnis gegeben werden dürften.
|
2. Die Verfassungsmäßigkeit von Art. 32 Buchstabe a CCC in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz lässt sich auf der Grundlage der Verfassungsbeschwerde hinreichend zuverlässig beurteilen. Die Beschwerdeführer haben sich zwar nicht explizit mit der in der Rechtsprechung des Ersten Senats entwickelten Differenzierung zwischen der Kenntnisnahme von im Internet verfügbaren Kommunikationsinhalten, die sich an jedermann oder zumindest an einen nicht weiter abgegrenzten Personenkreis richten, und der gezielten Zusammentragung, Speicherung und Auswer tung solcher Daten (vgl. BVerfGE 120, 274 [344 f.]; 351 [361 f.]) auseinandergesetzt. In der Sache haben sie jedoch deutlich gemacht, dass es bei Art. 32 Buchstabe a CCC in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz -- anders als in den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bisher behandelten Fällen -- nicht darum geht, dass deutsche staatliche Stellen zur Erhebung von Computerdaten ermächtigt werden, sondern dass es fremden Staaten gestattet wird, im Geltungsbereich des Grundgesetzes heimlich, anlasslos, auf Vorrat, massenhaft und unkontrolliert öffentlich zugängliche Computerdaten zu erheben, zu speichern, auszuwerten, für eine weitere Verwendung zu selektieren, an Dritte zu übermitteln und ohne Zweckbindung anderweitig zu verwenden. Sie legen dar, dass es für eine solche Ermächtigung an einer Öffnungsklausel im Grundgesetz fehle und darüber hinaus keinerlei verfahrens- oder materiell-rechtliche Einhegung stattfinde. Das gelte sowohl mit Blick auf die unzureichende Zweckbindung der erhobenen Daten als auch für das Fehlen von unabhängigen Kontrollmöglichkeiten, Protokollierungs- und Benachrichtigungspflichten sowie von Auskunfts-, Berichtigungs- und Löschungsansprüchen. Damit ist die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung durch die in Rede stehende Vorschrift hinreichend substantiiert dargetan. |
II. |
Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet.
|
1. Die Verarbeitung offen zugänglicher Computerdaten durch deutsche Stellen kann sich als Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen (a). Ausländische Staaten darf der Gesetzgeber zu derartigen Beeinträchtigungen nicht ermächtigen (b). Ihn trifft, im Gegenteil, eine Pflicht, Übergriffe ausländischer Staaten auf grundrechtlich geschützte Interessen der Einwohner Deutschlands im Rahmen des Möglichen zu unterbinden (c).
|
aa) Unterhalb der Eingriffsschwelle bleiben insbesondere die Fälle, in denen eine staatliche Stelle im Internet verfügbare Kommunikationsinhalte erhebt, die sich an jedermann oder zumindest an einen nicht weiter abgegrenzten Personenkreis richten (vgl. BVerfGE 120, 274 [344 f.]). Daraus folgt jedoch im Umkehrschluss, dass ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG jedenfalls dann vorliegt, wenn aus öffentlich zugänglichen Quellen stammende Daten oder Computerdaten, die sich an jedermann oder an einen nicht weiter abgegrenzten Personenkreis richten, durch eine systematische Erfassung, Sammlung und Verarbeitung einen zusätzlichen Aussagewert erhalten, aus dem sich eine spezifische Gefährdungslage für die Freiheitsrechte oder die Privatheit der Betroffenen ergibt. So liegen die Dinge etwa, wenn öffentlich zugängliche Daten mit anderen Daten verbunden werden, die bereits für sich genommen dem Grundrechtsschutz unterfallen, und dadurch der Aussagegehalt der verknüpften Daten insgesamt zunimmt (vgl. BVerfGE 120, 274 [344 f.]; 351 [361 f.]; 378 [399]; vgl. auch Rn. 31 des Beschlusses).
|
bb) Derartige Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bedürfen einer gesetzlichen Ermächtigung (Art. 20 Abs. 3 GG). Diese muss verfahrensrechtliche und materiell-rechtliche Vorkehrungen enthalten, um sicherzustellen, dass der mit der Verarbeitung der erhobenen Daten verbundene Eingriff auf ein verhältnismäßiges Maß begrenzt wird (vgl. BVerfGE 16, 194 [201 f.]; 90, 263 [271]; 120, 274 [315, 318]; 141, 220 [264 ff. Rn. 90 ff.]; stRspr). Dabei hat der Gesetzgeber auch die Entwicklung der Informationstechnik einzustellen, die die Reichweite von Datenerhebungen zunehmend ausdehnt, ihre Durchführbarkeit erleichtert und Verknüpfungen erlaubt, die bis hin zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen reichen können. Datenerhebungen erhalten dadurch ein gesteigertes Eingriffsgewicht (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 99).
|
Eine angemessene Verfahrensgestaltung (vgl. BVerfGE 73, 280 [296]; 82, 209 [227]; 113, 29 [57]) erfordert, dass bei der Speicherung und Nutzung personenbezogener Daten Transparenz, aufsichtliche Kontrolle und ein effektiver Rechtsschutz sichergestellt werden (vgl. BVerfGE 125, 260 [325 ff.]; 133, 277 [366 Rn. 205]; 141, 220 [282 ff. Rn. 134 ff.]; stRspr). Darüber hinaus kann eine Verpflichtung bestehen, Sanktionen für Rechtsverletzungen vorzusehen (vgl. BVerfGE 125, 260 [339 f.]; 141, 220 [284 Rn. 139]). |
In materiell-rechtlicher Hinsicht sind Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs in der Ermächtigung grundsätzlich bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen (vgl. BVerfGE 100, 313 [359 f., 372]; 128, 1 [47]; 141, 220 [265 Rn. 94]; stRspr). Die Verwendung der erhobenen Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. BVerfGE 65, 1 [62 f.]; 133, 277 [323 f. Rn. 114]; 141, 220 [324 ff. Rn. 276 ff.]; stRspr), eine Sammlung auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken ist unzulässig (vgl. BVerfGE 65, 1 [46]; 130, 151 [187]; stRspr). Daten, die für die festgelegten Zwecke oder den gerichtlichen Rechtsschutz nicht mehr benötigt werden, sind zu löschen (vgl. BVerfGE 100, 313 [362]; 113, 29 [58]; 125, 260 [332 f.]; 141, 220 [285 f. Rn. 144]).
|
b) Eine Ermächtigung zu Grundrechtseingriffen kann der Gesetzgeber grundsätzlich nur deutschen Staatsorganen erteilen, die in ihrer gesamten Tätigkeit an die Grundrechte des Grundgesetzes (Art. 1 Abs. 3 GG) und die verfassungsmäßige Ordnung (Art. 20 Abs. 3 GG) gebunden sind.
|
aa) Daneben sieht das Grundgesetz eine Übertragung von Hoheitsrechten an supra- und internationale Organisationen vor, bei deren Ausübung es auch zu Grundrechtseingriffen und Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Interessen kommen kann. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG ermöglicht dem Gesetzgeber eine Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union, Art. 24 Abs. 1 GG auf zwischenstaatliche und Art. 24 Abs. 1a GG auf grenznachbarschaftliche Einrichtungen. Nach Art. 24 Abs. 2 GG kann sich Deutschland darüber hinaus an Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit beteiligen, womit zumindest eine Beschränkung, unter Umständen aber auch eine Übertragung von deutschen Hoheitsrechten verbunden sein kann (zu den Abgrenzungsschwierigkeiten vgl. Classen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd.II, 6. Aufl. 2010, Art. 24 Abs. 2 Rn. 92; Wollenschläger, in: Dreier, GG, Bd.II, 3. Aufl. 2015, Art. 24 Rn. 71). In diesem Zusammenhang sind auch Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Interessen der Grundrechtsberechtigten in Deutschland denkbar. |
bb) Eine Übertragung von Hoheitsrechten auf ausländische Staaten kennt das Grundgesetz dagegen nicht. Das ist kein Zufall, weil die Verfassung die Öffnung der deutschen Souveränität nur unter der Prämisse einer gleichberechtigten, von deutschen Staatsorganen dauerhaft verantworteten und gegenüber den Bürgern verantwortbaren Mitwirkung Deutschlands an inter- oder supranationalen Organisationen vorsieht. Deshalb spricht schon die Präambel davon, dass das deutsche Volk als "gleichberechtigtes Glied" in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt dienen wolle, und deshalb binden die einzelnen Öffnungsklauseln die Übertragung von Hoheitsrechten durchgängig an eine gleichberechtigte Mitwirkung deutscher Stellen bei der Ausübung öffentlicher Gewalt an eine fortlaufende demokratische Kontrolle sowie an effektive Rechtsschutzmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 58, 1 [40 f.]; 59, 63 [86]; 73, 339 [375 f.]; 89, 155 [172, 184 ff., 207 ff.]; 90, 286 [351 ff.]; 121, 135 [156 ff.]; 123, 267 [330 ff., 340 ff., 351 ff., 389 ff., 413 ff.]; 129, 124 [167 ff., 177 ff.]; 132, 195 [238 ff. Rn. 105 ff.]; 134, 366 [385 Rn. 28, 394 f. Rn. 47]; 135, 317 [399 ff. Rn. 161 ff.]).
|
Derartige Einflussmöglichkeiten bestehen nicht, wenn ein fremder Staat öffentliche Gewalt in Deutschland ausübt. Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 23. Juni 1981 mit Blick auf die Gebührenanforderungen von Eurocontrol auch die Übertragung der Rechtsprechungsaufgabe auf belgische Gerichte auf Art. 24 Abs. 1 GG gestützt hat (vgl. BVerfGE 58, 1 [42]), vermag dies nicht zu überzeugen. Eine solche Auslegung ist weder mit dem Wortlaut noch mit der Zielsetzung von Art. 24 Abs. 1 GG vereinbar. Auch Rechtsprechung ist -- wie ein Blick auf Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG zeigt -- Ausübung hoheitlicher Gewalt. Liegt diese in den Händen ausländischer Staaten, so bleiben deutsche Stellen -- von der erstmaligen Ermächtigung durch den Gesetzgeber abgesehen -- von der weiteren Kontrolle dieser hoheitlichen Gewalt gänzlich ausgeschlossen. Eine personelle und sachliche Legitimation und Steuerung ist ihnen ebenso unmöglich wie die politische Verantwortung gegenüber den Bürgern. |
Das verstößt gegen den Grundsatz der Volkssouveränität (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG). Mit dem Grundsatz der Volkssouveränität (vgl. Unger, Das Verfassungsprinzip der Demokratie, 2008, S. 288; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR II, 3. Aufl. 2004, § 24 Rn. 8; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rn. 60 [Dez. 2015]) gewährleistet das Grundgesetz einen Anspruch aller Bürger auf freie und gleiche Teilhabe an der Legitimation und Beeinflussung der sie betreffenden Hoheitsgewalt. Das schließt es aus, dass sie einer politischen Gewalt unterworfen werden, der sie nicht ausweichen können und die sie nicht prinzipiell personell und sachlich zu gleichem Anteil in Freiheit zu bestimmen vermögen (vgl. BVerfGE 89, 155 [171]; 123, 267 [341]; 129, 124 [168]; 134, 366 [396 Rn. 51]).
|
cc) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Erhebung offener Daten im Internet unabhängig von ihrer Eingriffsqualität Völkergewohnheitsrecht entspräche. Selbst wenn dies zuträfe, was anhand einer allgemeinen, als Recht anerkannten Übung noch nachzuweisen wäre (vgl. Art. 38 Abs. 1 Buchstabe b IGH-Statut; zum Diskussionsstand siehe Seitz, Strafverfolgungsmaßnahmen im Internet, 2004, S. 361 ff.; Sieber, in: Verhandlungen des 69. Deutschen Juristentages, 2012, Bd.I, Gutachten C, S. 144 f.), könnten die Vorgaben des Grundgesetzes hierdurch nicht relativiert werden.
|
Das Grundgesetz ordnet nicht die Unterwerfung der deutschen Rechtsordnung unter die Völkerrechtsordnung und den unbedingten Geltungsvorrang von Völkerrecht vor dem Verfassungsrecht an (vgl. BVerfGE 31, 58 [76]; 141, 1 [28 f. Rn. 69]; stRspr). Auch den allgemeinen Regeln des Völkerrechts weist es ausweislich des Art. 25 GG keinen Verfassungsrang zu (vgl. BVerfGE 6, 309 [363]; 37, 271 [279]; 111, 307 [318]; 112, 1 [24, 26]; 141, 1 [17 Rn. 41]; Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 25 Rn. 42 [Dez. 2015]; Hillgruber, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 25 Rn. 11; Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd.1, 6. Aufl. 2012, Art. 25 Rn. 55). Soweit deren Anwendung in Deutschland mit Grundrechten des Grundgesetzes kollidiert, scheitert sie am Vorrang der Verfassung (Art. 20 Abs. 3 GG). Zwar verpflichtet der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit die gesamte öffentliche Gewalt, einem Auseinanderfallen von völkerrechtlicher und innerstaatlicher Rechtslage soweit wie möglich entgegenzuwirken (vgl. BVerfGE 58, 1 [34]; 141, 1 [26 f. Rn. 65]; stRspr). Auch hat dieser Grundsatz Verfassungsrang; er beinhaltet jedoch keine verfassungsrechtliche Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung aller völkerrechtlichen Normen, sondern dient vor allem als Auslegungshilfe im Rahmen der einzelnen die offene Staatlichkeit des Grundgesetzes prägenden Öffnungsklauseln. Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit kann die differenzierten Regelungen des Grundgesetzes über den Rang der unterschiedlichen Quellen des Völkerrechts in den Art. 1 Abs. 2, Art. 16 Abs. 2 Satz 2, Art. 23 bis 25 und Art. 59 Abs. 2 GG nicht verdrängen und ihre Systematik nicht unterlaufen (vgl. BVerfGE 141, 1 [26 ff. Rn. 64 ff.]). |
dd) Der Gesetzgeber kann ausländische Staaten somit nicht zur Wahrnehmung von Hoheitsbefugnissen ermächtigen, was jedoch Voraussetzung für die Rechtfertigung einer Grundrechtsbeeinträchtigung wäre (vgl. Streinz, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 24 Rn. 20 m.w.N.).
|
c) Die Grundrechte des Grundgesetzes gelten unmittelbar nur für die deutsche öffentliche Gewalt. Nur sie ist gemäß Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht gebunden. Ausländische Staaten binden sie nicht. Daher endet die grundrechtliche Verantwortlichkeit der deutschen öffentlichen Gewalt grundsätzlich dort, wo ein Vorgang in seinem wesentlichen Verlauf von einem fremden souveränen Staat nach dessen eigenem, von der Bundesrepublik Deutschland unabhängigen Willen gestaltet wird (vgl. BVerfGE 66, 39 [56 ff., 62 ff.]).
|
aa) Dessen ungeachtet darf die deutsche Hoheitsgewalt die Hand nicht zu -- unter Umständen schwerwiegenden -- Menschenrechtsverletzungen reichen (vgl. BVerfGE 59, 280 [282 f.]; 60, 348 [355 ff.]; 63, 332 [337 f.]; 75, 1 [19]; 108, 129 [136 f.]; 113, 154 [162 f.]; 140, 317 [347 Rn. 62] zu Art. 1 Abs. 1 GG; 141, 220 [342 Rn. 328]) oder ihnen gar den Anschein der Legalität verleihen. |
Die Verfassungsorgane trifft darüber hinaus eine Pflicht, sich dort schützend und fördernd vor die grundrechtlich geschützten Interessen der Einwohner Deutschlands zu stellen, wo diese selbst nicht in der Lage sind, für die Integrität dieser Interessen zu sorgen (vgl. BVerfGE 39, 1 [41 f.]; 125, 39 [78]; stRspr). Diese grundrechtliche Schutzpflicht erfasst nicht nur Konstellationen, in denen Rechtspositionen deutscher Staatsbürger im Ausland bedroht werden, sondern auch solche, in denen Maßnahmen einer fremden Hoheitsgewalt gegenüber den Einwohnern Deutschlands Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 55, 349 [364 ff.]; 66, 39 [61]; 77, 170 [214]; BVerfGK 14, 192 [200]). Derartigen Übergriffen haben die Verfassungsorgane grundsätzlich im Rahmen des Möglichen entgegenzutreten.
|
bb) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann Grundlage einer staatlichen Schutzpflicht sein (vgl. BVerfGE 103, 89 [100 f.]; 114, 1 [34]). Von den Übergriffen Privater abgesehen kann diese vor allem dort bedeutsam werden, wo Beeinträchtigungen der durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Interessen von anderen Staaten ausgehen oder drohen.
|
2. Art. 32 Buchstabe a CCC in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz erweist sich vor diesem Hintergrund als verfassungswidrige Ermächtigung zu Beeinträchtigungen der durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Interessen durch ausländische Staaten (a). Eine solche Ermächtigung kann der Gesetzgeber nicht erteilen (b). Sie unterläuft überdies die der Bundesrepublik Deutschland obliegende Schutzpflicht für die informationelle Selbstbestimmung ihrer Bürger (c).
|
a) Art. 32 Buchstabe a CCC in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz ermächtigt zu Beeinträchtigungen der durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) geschützten Interessen. Nach Art. 32 Buchstabe a CCC darf jede Vertragspartei ohne die Genehmigung einer anderen Vertragspartei auf öffentlich zugängliche gespeicherte Computerdaten (offene Quellen) zugreifen, gleichviel, wo sich die Daten geographisch befinden. Inhaltliche Beschränkungen oder verfahrensrechtliche Einhegungen enthält die Vorschrift nicht. Sie finden sich auch nicht an anderer Stelle der Convention on Cybercrime. Im Unterschied zu anderen in diesem Übereinkommen vorgesehenen Maßnahmen, auch im Unterschied zu Art. 32 Buchstabe b CCC, der zumindest die Einholung einer "rechtmäßige[n] und freiwillige[n] Zustimmung der Person" verlangt, "die rechtmäßig befugt ist, die Daten mittels dieses Computersystems an sie weiterzugeben", enthält Art. 32 Buchstabe a CCC eine Blankettermächtigung, die es allen Vertragsparteien gestattet, ohne weitere Voraussetzungen auf die öffentlich zugänglichen Daten zuzugreifen und -- mangels entsprechender Begrenzungen -- mit den so erhobenen Daten nach Belieben zu verfahren. Die Vorschrift statuiert weder verfahrensrechtliche Anforderungen hinsichtlich der Speicherung und Nutzung der Computerdaten, insbesondere hinsichtlich der Kontrolle und der Rechtsschutzmöglichkeiten, noch bereichsspezifische und normenklare Festlegungen zu den Grenzen der Datenverarbeitung. Sie schließt eine Sammlung auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken nicht aus und enthält keine Vorkehrungen dafür, dass Daten, die für die Zwecke der Ahndung von Computerkriminalität oder den gerichtlichen Rechtsschutz nicht mehr benötigt werden, gelöscht werden. Damit gestattet Art. 32 Buchstabe a CCC eine systematische Erfassung, Sammlung und Verarbeitung der öffentlich zugänglichen Computerdaten, die diesen auch einen zusätzlichen Aussagewert vermitteln können. |
Unabhängig von der Frage des möglichen Ermächtigungsadressaten verstößt Art. 32 Buchstabe a CCC in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz daher gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), weil er angesichts der vollständigen Abwesenheit verfahrens- und mate riell-rechtlicher Einhegungen auch zu unbestimmten und unverhältnismäßigen Grundrechtsbeeinträchtigungen ermächtigt. |
Eine restriktive -- verfassungskonforme -- Auslegung von Art. 32 Buchstabe a CCC in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz scheidet aus (zur eingeschränkten Kontrolldichte bei der Überprüfung völkerrechtlicher Verträge vgl. BVerfGE 84, 90 [127 f.]; 92, 26 [42, 47]; 94, 12 [35]; 100, 313 [362 f.]; 102, 254 [324]; 108, 238 [249]; 113, 154 [162 f.]; 121, 135 [158, 168 f.]), weil der Zugriff der anderen Vertragsstaaten auf die grundrechtlich geschützten Interessen der Einwohner Deutschlands nicht an eine Mitwirkung der an das Grundgesetz gebundenen deutschen Stellen gebunden ist und es daher -- anders als bei der internationalen Rechtshilfe -- keinen Hebel gibt, den Wertungen des Grundgesetzes zum Durchbruch zu verhelfen. Die anderen Vertragsstaaten sind nicht an das Grundgesetz gebunden.
|
b) Art. 32 Buchstabe a CCC in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz verstößt aber auch deshalb gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, weil er ohne verfassungsrechtliche Grundlage ausländische Staaten unter Verletzung des Grundsatzes der Volkssouveränität zu -- empfindlichen -- Grundrechtseingriffen ermächtigt (vgl. BVerfGE 6, 32 [41]). Indem er die Einwohner Deutschlands damit einer öffentlichen Gewalt aussetzt, die sie nicht gleichberechtigt mit allen anderen Betroffenen legitimieren und beeinflussen können, verstößt er darüber hinaus gegen ihren in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 und Art. 79 Abs. 3 GG geschützten "Anspruch auf Demokratie" (BVerfGE 134, 366 [397 Rn. 53]; 135, 317 [386 Rn. 125]).
|
c) Der Gesetzgeber kann sich seinen verfassungsrechtlichen Bindungen, wie dargelegt, nicht unter Berufung auf die Convention on Cybercrime entziehen. Ihn trifft, im Gegenteil, eine Pflicht, die Grundrechtsberechtigten in Deutschland vor Übergriffen ausländischer Staaten in ihren durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Interessen zu schützen. Ob und gegebenenfalls welche praktischen Möglichkeiten die Bundesrepublik Deutschland besitzt, die Integrität der Grundrechte ihrer Bürger vor solchen Übergriffen zu schützen, muss hier nicht entschieden werden. Der deutsche Gesetzgeber darf jedenfalls nicht die Hand zu -- unter Umständen schwerwiegenden -- Menschenrechtsverletzungen durch andere Staaten reichen und diesen durch eine verfassungswidrige Ermächtigung auch noch den Anschein der Legalität verleihen. Eben das hat er mit Art. 32 Buchstabe a CCC in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz getan. |
Der Gesetzgeber ist daher verpflichtet, im Hinblick auf Art. 32 Buchstabe a CCC für einen Gleichlauf der Vorgaben des Grundgesetzes und der Convention on Cybercrime zu sorgen. Entsprechende Instrumente finden sich in Art. 44 ff. CCC.
|
Huber |