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2. Einschränkungen dieses Rechts auf "informationelle Selbstbestimmung" sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig. Sie bedürfen einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen muß. Bei seinen Regelungen hat der Gesetzgeber ferner den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auch hat er organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken.
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3. Bei den verfassungsrechtlichen Anforderungen an derartige Einschränkungen ist zu unterscheiden zwischen personenbezogenen Daten, die in individualisierter, nicht anonymer Form erhoben und verarbeitet werden, und solchen, die für statistische Zwecke bestimmt sind.
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Bei der Datenerhebung für statistische Zwecke kann eine enge und konkrete Zweckbindung der Daten nicht verlangt werden. Der Informationserhebung und Informationsverarbeitung müssen aber innerhalb des Informationssystems zum Ausgleich entsprechende Schranken gegenüberstehen.
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4. Das Erhebungsprogramm des Volkszählungsgesetzes 1983 (§ 2 Nr. 1 bis 7, §§ 3 bis 5) führt nicht zu einer mit der Würde des Menschen unvereinbaren Registrierung und Katalogisierung der Persön ![]() ![]() | |
5. Die in VoZählG 1983 § 9 Abs. 1 bis 3 vorgesehenen Übermittlungsregelungen (unter anderem Melderegisterabgleich) verstoßen gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Die Weitergabe zu wissenschaftlichen Zwecken (VoZählG 1983 § 9 Abs. 4) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
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Urteil | |
des Ersten Senats vom 15. Dezember 1983 auf die mündliche Verhandlung vom 18. und 19. Oktober 1983
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-- 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83 -- | |
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden a) des Herrn Gunther Frhr.v. M... ...
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1. § 2 Nummer 1 bis 7 sowie §§ 3 bis 5 des Gesetzes über eine Volks-, Berufs-, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählung (Volkszählungsgesetz 1983) vom 25 März 1982 (Bundesgesetzbl. I S. 369) sind mit dem Grundgesetz vereinbar; jedoch hat der Gesetzgeber nach Maßgabe der Gründe für ergänzende Regelungen der Organisation und des Verfahrens der Volkszählung Sorge zu tragen.
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2. § 9 Absatz 1 bis 3 des Volkszählungsgesetzes 1983 ist mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
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3. Die Beschwerdeführer werden durch das Volkszählungsgesetz 1983 in dem aus Nummer 1 und 2 ersichtlichen Umfang in ihren Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes verletzt.
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Im übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.
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4. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten.
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Gründe: | |
A. | |
Die Verfassungsbeschwerden richten sich unmittelbar gegen das Gesetz über eine Volkszählung, Berufszählung, Wohnungszählung und Arbeitsstättenzählung (Volkszählungsgesetz 1983) vom 25. März 1982 (BGBl. I S. 369) - VZG 1983 -.
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Die durch dieses Gesetz angeordnete Datenerhebung hat Beunruhigung auch in solchen Teilen der Bevölkerung ausgelöst, die als loyale Staatsbürger das Recht und die Pflicht des Staates respektieren, die für rationales und planvolles staatliches Handeln erforderlichen Informationen zu beschaffen. Dies mag teilweise daraus zu erklären sein, daß weithin Unkenntnis über Umfang und Verwendungszwecke der Befragung bestand und daß die Notwendigkeit zur verläßlichen Aufklärung der Auskunftspflichtigen nicht rechtzeitig erkannt worden ist, obwohl sich das ![]() ![]() | |
I.
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1. Das Volkszählungsgesetz 1983 regelt in den §§ 1 bis 8 Programm und Durchführung der Erhebung; § 9 enthält besondere Regelungen über die Verwendung und Übermittlung der erhobenen Daten. Die wesentlichen Vorschriften lauten:
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"§ 1
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(1) Nach dem Stand vom 27. April 1983 werden eine Volkszählung und Berufszählung mit gebäudestatistischen und wohnungsstatistischen Fragen sowie eine Zählung der nichtlandwirtschaftlichen Arbeitsstätten und Unternehmen (Arbeitsstättenzählung) durchgeführt.
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(2) bis (3) ... .
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Die Volkszählung und Berufszählung erfaßt:
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1. Vornamen und Familiennamen, Anschrift, Telefonanschluß, Geschlecht, Geburtstag, Familienstand, rechtliche Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft, Staatsangehörigkeit;
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2. Nutzung der Wohnung als alleinige Wohnung, Hauptwohnung oder Nebenwohnung (§ 12 Abs. 2 des Melderechtsrahmengesetzes);
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3. Quelle des überwiegenden Lebensunterhaltes;
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4. Beteiligung am Erwerbsleben, Eigenschaft als Hausfrau, Schüler, Student;
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5. erlernten Beruf und Dauer der praktischen Berufsausbildung, höchsten Schulabschluß an allgemeinbildenden Schulen, höchsten Abschluß an einer berufsbildenden Schule oder Hochschule sowie Hauptfachrichtung des letzten Abschlusses;
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6. bei Erwerbstätigen sowie Schülern und Studenten Namen und Anschrift der Arbeitsstätte oder Ausbildungsstätte, hauptsächlich benutztes Verkehrsmittel und Zeitaufwand für den Weg zur Arbeitsstätte oder Ausbildungsstätte;
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7. bei Erwerbstätigen Geschäftszweig des Betriebes, Stellung im Beruf, ausgeübte Tätigkeit, Arbeitszeit, landwirtschaftliche und nichtlandwirtschaftliche Nebentätigkeit;
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8. im Anstaltsbereich die Eigenschaft als Insasse oder die Zugehörigkeit zum Personal oder zum Kreis der Angehörigen des Personals.
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§ 3
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(1) Die gebäudestatistischen Fragen erfassen bei Gebäuden mit Wohnraum und bei ständig bewohnten Unterkünften Anschrift, Art und Baujahr sowie den Eigentümer oder an seiner Stelle den Nießbrauchberechtigten oder denjenigen, der Anspruch auf Übereignung oder auf Einräumung oder Übertragung eines Erbbaurechts oder Nießbrauchs hat.
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(2) Die wohnungsstatistischen Fragen erfassen:
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1. Art, Größe, Ausstattung und Verwendungszweck, Art der Beheizung und der Heizenergie sowie Bezugsjahr der Wohnung, Wohnverhältnis, Förderung der Wohnung mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus sowie Zahl und Nutzung der Räume;
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2. bei vermieteten Wohnungen außerdem die Höhe der monatlichen Miete;
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3. bei leerstehenden Wohnungen außerdem die Dauer des Leerstehens.
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Die Arbeitsstättenzählung erfaßt:
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1. bei allen nichtlandwirtschaftlichen Arbeitsstätten und Unternehmen
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a) Namen, Bezeichnung, Anschrift, Telefonanschluß und Zahl der Sprechstellen, Art der Niederlassung, Art der ausgeübten Tätigkeit oder Art des Aufgabengebietes der Arbeitsstätte und des Unternehmens, Eröffnungsjahr, Angaben über Neuerrichtung oder Standortverlagerung, Träger der Arbeitsstätte bei Anstalten, Einrichtungen von Behörden oder der Sozialversicherung sowie von Kirchen, Verbänden oder sonstigen Organisationen,
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b) Zahl der tätigen Personen nach Geschlecht, Stellung im Betrieb, Zahl der Teilzeitbeschäftigten sowie Zahl der ausländischen Arbeitnehmer nach Geschlecht,
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c) Summe der Bruttolöhne und Bruttogehälter des vorhergehenden Kalenderjahres;
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2. bei Hauptniederlassungen und einzigen Niederlassungen außerdem
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a) Eintragung des Unternehmens in die Handwerksrolle,
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b) Rechtsform des Unternehmens;
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3. bei Hauptniederlassungen zusätzlich zu den Angaben nach den Nummern 1 und 2 für jede Zweigniederlassung
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a) Namen, Bezeichnung, Anschrift, Art der ausgeübten Tätigkeit oder des Aufgabengebietes,
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b) Zahl der tätigen Personen,
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c) Summe der Bruttolöhne und Bruttogehälter des vorhergehenden Kalenderjahres.
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§ 5
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(1) Auskunftspflichtig sind
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1. bei der Volkszählung und Berufszählung: alle Volljährigen oder einen eigenen Haushalt führenden minderjährigen Personen, auch für minderjährige oder behinderte Haushaltsmitglieder; für Personen in Gemeinschaftsunterkünften, Anstalten und ähnlichen Einrichtungen, auch die Leiter dieser Einrichtungen, soweit Umstände, die in der Person des Auskunftspflichtigen liegen, dies erforderlich machen;
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2. bei den gebäudestatistischen Fragen: die in § 3 Abs. 1 genannten Personen, deren Vertreter oder Gebäudeverwalter;
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4. bei der Arbeitsstättenzählung: die Inhaber oder Leiter der Arbeitsstätten und Unternehmen.
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(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Aufforderung zur Auskunftserteilung haben keine aufschiebende Wirkung.
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§ 6
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(1) Zur Durchführung des Volkszählungsgesetzes 1983 können ehrenamtliche Zähler bestellt werden.
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(2) Zur Übernahme der ehrenamtlichen Zählertätigkeit ist jeder Deutsche vom vollendeten 18. bis zum vollendeten 65. Lebensjahr verpflichtet. Befreit ist, wem eine solche Tätigkeit aus gesundheitlichen oder anderen wichtigen Gründen nicht zugemutet werden kann.
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(3) Die Zähler sind berechtigt und verpflichtet, Eintragungen selbst vorzunehmen, soweit dies zur Erfüllung des Zwecks der Zählung erforderlich ist und die Auskunftspflichtigen einverstanden sind.
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§ 7
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(1) Bund, Länder, Gemeinden Gemeindeverbände und sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts sind verpflichtet, ihre Bediensteten auf Anforderung der Erhebungsstellen für die Zählertätigkeit zur Verfügung zu stellen.
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(2) Lebenswichtige Tätigkeiten öffentlicher Dienste dürfen durch diese Verpflichtung nicht unterbrochen werden.
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§ 9
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(1) Angaben der Volkszählung nach § 2 Nr. 1 und 2 können mit den Melderegistern verglichen und zu deren Berichtigung verwendet werden. Aus diesen Angaben gewonnene Erkenntnisse dürfen nicht zu Maßnahmen gegen den einzelnen Auskunftspflichtigen verwendet werden.
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(2) Einzelangaben ohne Namen über die nach den §§ 2 bis 4 erfaßten Tatbestände dürfen nach § 11 Abs. 3 des Bundesstatistikgesetzes vom 14. März 1980 (BGBl. I S. 289) von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder an die fachlich zuständigen obersten Bundesbehörden und Landesbehörden übermittelt werden, soweit ![]() ![]() | |
(3) Für Zwecke der Regionalplanung, des Vermessungswesens, der gemeindlichen Planung und des Umweltschutzes dürfen den Gemeinden und Gemeindeverbänden die erforderlichen Einzelangaben ohne Namen über die nach den §§ 2 bis 4 mit Ausnahme des Merkmals rechtliche Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft in § 2 Nr. 1 sowie der nach § 4 Nr. 1 Buchstabe c und § 4 Nr. 3 Buchstabe c erfaßten Tatbestände der Auskunftspflichtigen ihres Zuständigkeitsbereiches von den Statistischen Ämtern der Länder übermittelt werden. Für eigene statistische Aufbereitungen können den Gemeinden und Gemeindeverbänden Einzelangaben über die nach den §§ 2 bis 4 erfaßten Tatbestände von den Statistischen Landesämtern zur Verfügung gestellt werden. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
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(4) Für wissenschaftliche Zwecke dürfen die erforderlichen Einzelangaben ohne Namen und Anschrift über die nach den §§ 2 bis 4 mit Ausnahme des Merkmals rechtliche Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft in § 2 Nr. 1 sowie der nach § 4 Nr. 1 Buchstabe c und § 4 Nr. 3 Buchstabe c erfaßten Tatbestände von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder an Amtsträger und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete übermittelt werden.
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(5) Die nach den Absätzen 2 bis 4 übermittelten Einzelangaben dürfen von den Empfängern nur für die Zwecke verwendet werden, für die sie übermittelt wurden.
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(6) Einzelangaben in statistischen Ergebnissen über die nach § 2 Nr. 1 erfaßten Angaben zur rechtlichen Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft, gegliedert nach Altersgruppen und Geschlecht, über die nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b erfaßten Tatbestände, gegliedert nach Art der ausgeübten Tätigkeit der Arbeitsstätten und Unternehmen, sowie über die nach § 4 Nr. 3 ![]() ![]() | |
(7) § 11 des Bundesstatistikgesetzes gilt auch für Personen, die bei Stellen beschäftigt sind, denen Einzelangaben zugeleitet werden.
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(8) Die Statistischen Landesämter leiten dem Statistischen Bundesamt auf Anforderung Einzelangaben für Zusatzaufbereitungen für Bundeszwecke zu, wenn und soweit sie diese nicht selbst durchführen."
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Für eine statistische Erhebung nach Art der vorgesehenen Volkszählung gilt außerdem das Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz - BStatG) vom 14. März 1980 (BGBl. I S. 289). Von Bedeutung sind insbesondere § 10 über die Auskunftspflicht und § 11 über die Geheimhaltung:
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"§ 10
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(1) Alle natürlichen und alle juristischen Personen des Privatrechts sowie Personenhandelsgesellschaften und Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, Behörden und sonstige öffentliche Stellen des Bundes, der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie deren Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind zur Beantwortung der ordnungsgemäß angeordneten Fragen verpflichtet, soweit nicht die Antwort ausdrücklich freigestellt ist.
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(2) Die Verpflichtung der Befragten, Auskunft zu erteilen, besteht gegenüber den mit der Durchführung der Bundesstatistiken amtlich betrauten Stellen und Personen.
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(3) Die Antwort ist wahrheitsgemäß, vollständig, fristgerecht sowie kostenfrei und portofrei zu erteilen.
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(4) Sind Erhebungsvordrucke zur Ausfüllung durch den Befragten vorgesehen, so sind die Antworten auf diesen Erhebungsvordrucken zu erteilen. Die Richtigkeit der Angaben ist durch Unterschrift zu bestätigen, soweit es im Erhebungsvordruck vorgesehen ist.
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§ 11
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(1) Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse, die für eine Bundesstatistik gemacht werden, sind, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist, von den Amtsträgern und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, die mit der Durchführung von Bundesstatistiken betraut sind, geheimzuhalten, es sei ![]() ![]() | |
(2) Die Übermittlung von Einzelangaben zwischen den mit der Durchführung einer Bundesstatistik betrauten Personen und Stellen ist zulässig, soweit dies zur Erstellung der Bundesstatistik erforderlich ist.
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(3) Das Statistische Bundesamt, die Statistischen Landesämter und die sonstigen erhebenden Stellen und Behörden sind berechtigt und verpflichtet, den fachlich zuständigen obersten Bundesbehörden und Landesbehörden, den von ihnen bestimmten Stellen sowie sonstigen Amtsträgern und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten auf Verlangen statistische Einzelangaben zu übermitteln, wenn und soweit diese Übermittlung unter Angabe des Empfängerkreises und der Art des Verwendungszweckes in der die Statistik anordnenden Rechtsvorschrift zugelassen und in den Erhebungsvordrucken bekanntgegeben ist. In dieser Rechtsvorschrift und den Erhebungsvordrucken ist auch anzugeben, ob die Übermittlung mit oder ohne Nennung von Namen oder von Namen und Anschrift zugelassen ist. Aus den Angaben gewonnene Erkenntnisse dürfen nicht zu Maßnahmen gegen den Betroffenen verwendet werden.
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(4) Die Geheimhaltungspflicht nach Absatz 1 gilt auch für die Personen, denen nach Absatz 3 Einzelangaben zugeleitet werden.
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(5) Einzelangaben, die so anonymisiert werden, daß sie Auskunftspflichtigen oder Betroffenen nicht mehr zuzuordnen sind, dürfen vom Statistischen Bundesamt und von den Statistischen Landesämtern übermittelt werden.
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(6) Eine Zusammenfassung von Angaben mehrerer Auskunftspflichtiger ist keine Einzelangabe im Sinne dieses Gesetzes.
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(7) Die zur Identifizierung der Auskunftspflichtigen sowie sonstiger Betroffener dienenden Daten, insbesondere Namen und Anschriften, sind zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die Erfüllung der Aufgaben auf dem Gebiet der Statistik für Bundeszwecke nicht mehr erforderlich ist. Namen und Anschriften der Auskunftspflichtigen sollen von den übrigen Angaben getrennt und unter besonderem Verschluß gehalten werden."
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![]() ![]() | |
"§ 5 Datengeheimnis
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(1) Den im Rahmen des § 1 Abs. 2 oder im Auftrag der dort genannten Personen oder Stellen bei der Datenverarbeitung beschäftigten Personen ist untersagt, geschützte personenbezogene Daten unbefugt zu einem anderen als dem zur jeweiligen rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck zu verarbeiten, bekanntzugeben, zugänglich zu machen oder sonst zu nutzen.
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(2) Diese Personen sind bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit nach Maßgabe von Absatz 1 zu verpflichten. Ihre Pflichten bestehen auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit fort.
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§ 13 Auskunft an den Betroffenen
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(1) Dem Betroffenen ist auf Antrag Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen. In dem Antrag soll die Art der personenbezogenen Daten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnet werden. Die speichernde Stelle bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung nach pflichtgemäßem Ermessen.
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(2) ... .
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(3) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit
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1. die Auskunft die rechtmäßige Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde,
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2. die Auskunft die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde,
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4. ... .
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(4) ... ."
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2. Nachdem der Entwurf eines Volkszählungsgesetzes in der 8. Legislaturperiode am Streit um die Kosten gescheitert war, brachte die Bundesregierung Anfang 1981 den im wesentlichen unveränderten Entwurf eines Volkszählungsgesetzes erneut ein. In der Begründung war unter anderem ausgeführt (BTDrucks 9/451, S. 7 ff.):
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Volkszählungen, Berufszählungen und Arbeitsstättenzählungen bildeten ein Kernstück der statistischen Bestandsaufnahme. Angaben über den neuesten Stand der Bevölkerung, ihre räumliche Verteilung und ihre Zusammensetzung nach demographischen und sozialen Merkmalen sowie über ihre wirtschaftliche Betätigung seien unentbehrliche Grundlagen für gesellschaftspolitische und wirtschaftspolitische Entscheidungen des Bundes, der Länder und Gemeinden. In verschiedenen Rechtsvorschriften werde auf Zählungsergebnisse Bezug genommen. Auch die Parteien, die Tarifpartner, die Wirtschaftsverbände und Berufsverbände, die Wissenschaft und sonstige wichtige Gruppen des öffentlichen Lebens seien auf die Zählungsergebnisse angewiesen. Diese seien ferner Ausgangspunkt für die Fortschreibung der laufenden Entwicklung und Auswahlgrundlage für gesetzlich angeordnete Erhebungen auf Stichprobenbasis. Die Ergebnisse der letzten Zählung vom 27. Mai 1970 seien überholt. Bund, Länder und Gemeinden, aber auch zahlreiche soziale und wirtschaftliche Organisationen sähen ihre Arbeiten in den kommenden Jahren wesentlich beeinträchtigt und befürchteten Fehlplanungen und Fehlinvestitionen. Die zur Aktualisierung zu erhebenden Daten seien zur Entlastung der Auskunftspflichtigen und zur Minimierung der Kosten auf das unbedingt Notwendige beschränkt.
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Mit der Volkszählung und Berufszählung werde ein vielfältiges Strukturbild der Bevölkerung in tiefer regionaler Gliederung ge ![]() ![]() | |
Die gebäudestatistischen Fragen würden in erster Linie für im ganzen Bundesgebiet interessierende regionale und städtebauliche Auswertungszwecke und als Basis für die gesetzlich angeordnete Fortschreibung der Gebäude benötigt. Die wohnungsstatistischen Fragen bezweckten, Umfang und Struktur des Wohnungsbestandes regional tiefgegliedert zu erfassen. Sie sollten wesentliche Hinweise für die richtige Einschätzung des Wohnungsbestandes liefern, wie zum Beispiel Belegung der Wohnungen, Angaben über leerstehende Wohnungen und Mietenbelastung. Die Daten seien zugleich die Basis für die gesetzlich angeordnete Fortschreibung des Wohnungsbestandes.
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Die Arbeitsstättenzählung erstrecke sich als Rahmenzählung auf alle Wirtschaftsbereiche mit Ausnahme der Landwirtschaft. Sie liefere in fachlicher und regionaler Gliederung einen Überblick über Zahl und Größe der Arbeitsstätten und Unternehmen und über deren Rechtsform. Ihre Ergebnisse seien insbesondere für die Raumordnung, die Landesplanung und Regionalplanung, die Strukturpolitik, die Arbeitsmarktpolitik und die Verkehrspolitik eine wertvolle Informationsbasis.
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§ 9 des Regierungsentwurfs sah in Absatz 1 einen Melderegisterabgleich lediglich für Vornamen und Familiennamen, Geburtstag, Familienstand und Anschrift vor. Die Weitergabe von Daten an die Gemeinden und Gemeindeverbände nach Absatz 3 war an ![]() ![]() | |
Der vom Bundesrat vorgeschlagenen erweiterten Fassung des § 9 Abs. 1 VZG 1983 stimmte die Bundesregierung zu (BTDrucks 9/451, S. 14 f.): Danach sollten lediglich Telefonanschluß, rechtliche Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft und Staatsangehörigkeit vom Melderegisterabgleich ausgeschlossen sein.
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Die kommunalen Spitzenverbände hatten vorgeschlagen, das Erfordernis einer Datenschutzsatzung in § 9 Abs. 3 des Entwurfs zu streichen. Dagegen wurde in den Ausschußberatungen eingewandt, die sensiblen Daten, wegen derer das Satzungserfordernis für notwendig gehalten werde, würden trotz des verringerten Fragenprogramms auch weiterhin erhoben. In einzelnen Gemeinden seien keine für die Bearbeitung von Statistiken zuständigen Stellen benannt, so daß eine Nutzung der Daten ausschließlich für statistische Zwecke nicht sichergestellt sei. Das Statistikgeheimnis müsse so weit wie möglich gewahrt und alles vermieden werden, was Zweifel an seiner Einhaltung hervorrufen könnte. Es sei notwendig, daß das Vertrauen der Bevölkerung, die in diesen Fragen außerordentlich sensibilisiert sei, geschützt werde. Auch die Kommunalverwaltungen müßten ein Interesse daran haben, daß keinerlei Verdacht in bezug auf Mißbrauchsmöglichkeiten aufkommen könne.
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Die damaligen Koalitionsfraktionen sind dieser Auffassung gefolgt und haben mehrheitlich beschlossen, dem Deutschen Bundestag die Annahme des § 9 Abs. 3 in der Fassung des Regierungsentwurfs (also mit dem Erfordernis einer Datenschutzsatzung) zu empfehlen. In der Gesamtabstimmung hat auch die Fraktion der CDU/CSU zugestimmt (BTDrucks 9/1068, S. 17). Diesem Beratungsergebnis des Innenausschusses folgte auch der Deutsche Bundestag bei der zweiten und dritten Beratung des Volkszählungsgesetzes 1983.
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Der Bundesrat verlangte einmal die Einführung des § 5 Abs. 2 ![]() ![]() | |
Ferner hielt es der Bundesrat für erforderlich, sämtliche Angaben nach § 2 Nr. 1 und 2 VZG 1983 in den Melderegisterabgleich einzubeziehen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Kirchen hielten eine Überprüfung der statistischen Zahlen über die Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft für dringend notwendig. Es bestünden Abweichungen zwischen den Zahlen der amtlichen Statistik, den Melderegistern und den Zahlen, die die Kirchen selbst ermittelt hätten. Eine Bereinigung setze den Melderegisterabgleich voraus. Um möglichst zutreffende Ergebnisse über den Ausländeranteil zu erhalten, solle der Melderegisterabgleich auch für das Merkmal der Staatsangehörigkeit ermöglicht werden. Da der Telefonanschluß nicht im Melderegister eingetragen werde, sei ein Abgleich gegenstandslos. Dieses Merkmal müsse daher nicht ausdrücklich ausgenommen werden. Für die Richtigkeit des Melderegisters und die Richtigkeit und Vollständigkeit des Volkszählungsergebnisses hätten die in § 2 Nr. 1 und 2 VZG 1983 aufgeführten Merkmale mit Ausnahme des Telefonanschlusses nahezu gleiche Bedeutung, so daß sie beim Abgleich auch gleichbehandelt werden sollten.
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Weiter schlug der Bundesrat die später Gesetz gewordene umfassende Formulierung des § 9 Abs. 3 Satz 2 VZG 1983 vor. Das Satzungserfordernis und die Einschränkung hinsichtlich der zu übermittelnden Einzelangaben seien zu streichen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Gemeinden seien auch ohne eine Sat ![]() ![]() | |
Der Vermittlungsausschuß machte sich diese Auffassung des Bundesrates zu eigen (BTDrucks 9/1350).
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Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses wurde vom Bundestag einstimmig gebilligt; der Bundesrat stimmte dem Gesetz durch einstimmigen Beschluß zu.
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II.
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Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 13, Art. 19 Abs. 4 GG sowie einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Sie tragen im wesentlichen folgendes vor:
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Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folge für eine Volkszählung das Gebot der Anonymität. Dies habe auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Juli 1969 zur Verfassungsmäßigkeit einer Repräsentativstatistik (BVerfGE 27, 1 - Mikrozensus) festgestellt und beim damaligen Mikrozensus als gegeben vorausgesetzt. Das Anonymitätsgebot des Grundgesetzes erfordere, daß kein Zusammenhang zwischen erhobenen Daten und individualisierbaren Personen oder Personengruppen hergestellt werden könne. Ein wirksam anonymisiertes und in seiner Verfügbarkeit strikt begrenztes Datum könne auf die Einzelperson keinerlei Rückwirkung haben. Sei die Anonymität dagegen nicht oder nicht voll gewährleistet, so mache eine Befragung Daten über individuelle Personen und Personengruppen für beliebige fremdbestimmte Zwecke verfügbar. Dadurch könne ![]() ![]() | |
Seit der Mikrozensus-Entscheidung hätten sich die technischen Voraussetzungen der Datenerhebung und Datenverarbeitung grundlegend verändert. Die Statistischen Landesämter hätten sich zu Landesdatenzentralen entwickelt, zahlreiche Sonderverwaltungen hätten eigene Datenbanken mit eigenen Personenkennzeichen eingeführt; auf Gemeindeebene entwickelten sich die Melderegister zunehmend zu einer umfassenden Einwohnerdatenbank, deren Daten im Prinzip für jede staatliche Stelle abrufbar seien. Dies habe zur Folge, daß die Volkszählungsdaten auf den gleichen Rechnern mit denselben Programmen durch dieselben Personen verarbeitet würden, wie die Daten für andere staatliche Funktionen. Deshalb reichten die herkömmlichen Sicherungen für einen wirksamen Datenschutz nicht aus. Es sei möglich, einen riesigen Datenbestand für eine beliebige Vielzahl von abrufenden Stellen ständig verfügbar zu halten. Außerdem verfügten die unbestimmt vielen möglichen Empfänger der Volkszählungsdaten in der Regel über eigene Datenbanken. Diese lieferten Zusatzwissen, das mit den Volkszählungsdaten verknüpft werden könne. Dadurch werde die Schwelle der Reidentifikation weiter herabgesetzt. Aufgrund dieser gewandelten technologischen Bedingungen sei die Erstellung eines umfassenden und detaillierten Bildes der jeweiligen Person - ein Persönlichkeitsprofil - möglich, und zwar auch im Intimbereich; der Bürger werde zum "gläsernen Menschen". Die fehlende Anony ![]() ![]() | |
Das Gesetz gerate durch sein Schweigen zu bestimmten wichtigen Fragen seiner Anwendung in Konflikt mit dem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Wesentlichkeitsgebot. Erhebungszweck und Erhebungsprogramm müßten im Gesetz geregelt werden. Das Volkszählungsgesetz regele den Zählvorgang selbst aber nur mit einem unwesentlichen Satz und lasse damit die Form der grundrechtsbeeinträchtigenden Maßnahmen offen. Darüber hinaus sei es verfassungsrechtlich geboten, daß der Bürger von der Verarbeitung, insbesondere der Weitergabe seiner Daten, informiert werde; denn sonst sei das Statistikgeheimnis durch den als Antragsdelikt ausgestalteten Straftatbestand des § 203 StGB nicht ausreichend geschützt.
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Die vorgesehene Erhebung sei in dieser Form nicht erforderlich und verstoße daher gegen das Übermaßverbot. Aufgrund der Fortschritte der empirischen Sozialforschung und neuerer statistischer Methoden seien Zwangserhebungen nach Art und Umfang des Volkszählungsgesetzes 1983 methodisch überholt. Gezielte freiwillige Erhebungen könnten mit wesentlich geringerem Aufwand und erheblich geringerer Eingriffstiefe bessere Ergebnisse liefern. Außerdem habe die Befragung ohne weiteres weniger einschneidend ausgestaltet werden können, zumal heute das Erhebungsinstrumentarium der "anonymen Datenerhebung" entwickelt sei, welches zu weitaus geringeren Eingriffen in die Privatsphäre führe. Auch die namensbezogene Weitergabe der Daten an Gemeinden, welche insbesondere bei kleineren Gemeinden unkontrollierbare Nebenfolgen nach sich ziehe, sei allenfalls aus der früher beschränkten Möglichkeit der Statistikämter zur Datenverarbeitung erklärbar. Damals hätten die Gemeinden selbst statistische Auswertungen vornehmen müssen. Die Notwendigkeit hierfür sei jedoch heute entfallen.
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Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nach Auffassung der Beschwerdeführer vor allem gegen die Vorschriften des § 9 VZG ![]() ![]() | |
Die Übermittlungsregelungen des § 9 Abs. 2 bis 4 VZG 1983 verstießen gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot. Sowohl der Personenkreis, dem Daten übermittelt werden dürften, als auch die Ziele, für welche die übermittelten Daten verwendet werden dürften, seien unbestimmt geregelt. Die lediglich funktionelle Umschreibung des Empfängerkreises führe dazu, ![]() ![]() | |
Die Frage nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft verstoße wegen der Vermischung von Statistik und Verwaltungsvollzug gegen das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG. Auch die durch Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Meinungsfreiheit sei verletzt. Zu ihr gehöre auch die Freiheit, bestimmte Tatsachen nicht mitzuteilen. § 3 VZG 1983 verstoße gegen Art. 13 GG. Es mache keinen Unterschied, ob die Wohnung von Staatsorganen betreten oder der Wohnungsinhaber zur Selbstoffenbarung gezwungen werde.
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Schließlich sei die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 VZG 1983 ermögliche eine Erfassung und Speicherung von Daten, ehe es in erster Instanz überhaupt zur Verhandlung gekommen sei. Außerdem sei wegen der Unbestimmtheit des Empfängerkreises und der möglichen Verwendungszwecke der ermittelten Daten dem Bürger jeglicher Überblick darüber vorenthalten, wer wo über welche seiner Daten in welcher Weise und zu welchem Zweck verfüge. Einmal ![]() ![]() | |
III.
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Das Bundesverfassungsgericht hat an die Beteiligten und die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder Fragen gerichtet, die im wesentlichen folgende Punkte betrafen: Klärung der Zwecke des Volkszählungsgesetzes 1983 und ihrer Erkennbarkeit aus dem Gesetz; verfassungsrechtliche Bedeutung des Grundsatzes der Zweckbindung der Daten; Zulässigkeit der Weitergabe statistischer Daten für den Verwaltungsvollzug; Notwendigkeit einer näheren Regelung des Vollzugs des Volkszählungsgesetzes 1983 durch den Gesetzgeber; Vereinbarkeit der Volkszählung als Totalerhebung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Möglichkeiten milderer Vollzugsmittel bei einer Totalerhebung; Wert der Volkszählung für die öffentliche Hand, wenn Datenübermittlungen nach § 9 VZG 1983 aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht erlaubt sein sollten.
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Zu den Verfassungsbeschwerden und den vom Bundesverfassungsgericht gestellten Fragen haben sich für die Bundesregierung der Bundesminister des Innern, ferner die Regierung des Landes Baden-Württemberg, die Bayerische Staatsregierung, der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, die Niedersächsische Landesregierung, die Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen, die Landesregierung Rheinland-Pfalz und die Landesregierung Schleswig-Holstein geäußert. Außerdem haben der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, die Landesbeauftragte für den Datenschutz Baden-Württemberg, der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz, der Berliner Datenschutzbeauftragte, der Landesbeauftragte für den Datenschutz der Freien Hansestadt Bremen, der Hamburgische Datenschutzbeauftragte, der Hessische Datenschutzbeauftragte, der Landesbeauftragte für ![]() ![]() | |
1. Die Bundesregierung und die genannten Landesregierungen, mit Ausnahme des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg, halten das Volkszählungsgesetz 1983 für mit dem Grundgesetz vereinbar und die Verfassungsbeschwerden für unbegründet.
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Die Auskunftspflichten nach dem Volkszählungsgesetz 1983, die Durchführung der Zählung und die Verarbeitung und Verwendung der erhobenen Daten seien durch den statistischen Gesetzeszweck bestimmt. Mit der statistischen Erhebung seien einige Datenverwendungen für andere Zwecke als solche der Volkszählung verbunden (§ 9 VZG 1983).
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Die Ergebnisse der Statistik als einer der vielseitigsten Informationsquellen seien unverzichtbar für die Beobachtung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation und ihre Entwicklung sowie für die Vorbereitung und Kontrolle von Entscheidungen, Maßnahmen und Planungsvorhaben. Das Programm der amtlichen Statistik habe laufend erweitert und den aktuellen Bedürfnissen angepaßt werden müssen. Dabei sei Wert auf ein in sich geschlossenes, vielseitig verwendbares und gut koordiniertes statistisches Gesamtbild von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft gelegt worden. Von Anfang an habe die Bundesstatistik auch Zahlen in tiefer regionaler Gliederung geliefert, an denen unter anderem die Länder ein starkes Interesse hätten. Der eigene Bedarf des Bundes an regionalisierten Ergebnissen habe zugenommen, unter anderem für die regionale Strukturpolitik im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (Art. 91a Abs. 1 Nr. 2 GG), für die Raumordnungspolitik, regionale Arbeitsmarktpolitik, Sozialpolitik, Bildungspolitik und Verkehrspolitik. Bei Statistikgesetzen mit komplexer Aufgabenstellung sei es ausgeschlossen, alle Erhebungszwecke oder gar die Erhebungsprogramme im Gesetz oder in der Gesetzesbegründung darzustellen. Dies gelte auch für das angegriffene Volkszählungsgesetz 1983. Dieses sei sorgfältig und kritisch unter Beteiligung der Datenschutzbeauftragten beraten worden. Es bleibe im Um ![]() ![]() | |
Vorschriften über den Melderegisterabgleich und Übermittlungsregelungen habe es auch im Volkszählungsgesetz 1970 gegeben. § 9 VZG 1983 fülle den durch § 11 BStatG vorgegebenen Rahmen im einzelnen aus. Danach sei die Übermittlung von Daten nur für "statistisch-planerische" Zwecke zugelassen, eine Verwendung für Vollzugszwecke dagegen ausdrücklich untersagt. Die bereichsspezifischen Datenschutzregelungen des Bundesstatistikgesetzes und des Volkszählungsgesetzes 1983 gingen erheblich über die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes hinaus und verdeutlichten die große Sensibilität des Gesetzgebers für die besondere Schutzbedürftigkeit von Einzelangaben, die für Zwecke der Volkszählung mitgeteilt werden. Die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften sei auch sichergestellt, insbesondere durch die Kontrollen des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und des Bundesministers des Innern als Aufsichtsbehörde des Statistischen Bundesamtes. Auch habe sich die Effektivität der Sicherungseinrichtungen und Kontrolleinrichtungen der in den Statistischen Ämtern benutzten elektronischen Datenverarbeitungsanlagen gegenüber der Zeit der Mikrozensus-Entscheidung entscheidend erhöht.
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Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab sei das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Eine Verletzung oder Gefährdung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei nicht gegeben. Der gemeinschaftsgebundenen und gemeinschaftsbezogenen Persönlichkeit sei ein Sozialbezug immanent, der es ausschließe, schlechterdings von einer grundsätzlich umfassenden Selbstbestimmung des Einzelnen über die Darstellung der eigenen Person auszugehen. Dem Staat sei es nicht von vornherein untersagt, sich Zugang zu personenbezogenen Daten zu verschaffen und ihre Verwertung zu regeln. Der Gesetzgeber könne das Interesse des Einzelnen, für sich oder anonym zu bleiben, gegen das Informationsinteresse der Allgemeinheit abwägen. Bei der Abwägung sei zu berücksichtigen, daß ![]() ![]() | |
Das Volkszählungsgesetz 1983 entspreche auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dem Gesetzgeber komme bei der Beurteilung komplexer Sachverhalte ein Beurteilungsspielraum und Einschätzungsspielraum und damit eine Entscheidungsprärogative zu. Ähnlich wie für die Voraussetzungen des Gleichheitssatzes sei auch für die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dem Gesetzgeber bei der Festlegung der Prioritäten und bei der Auswahl der Mittel ein entsprechender Freiraum zuzubilligen. Nur durch richterliche Zurückhaltung könne der Gefahr begegnet werden, jeden letztlich politischen Streit über Sinn und Unsinn eines Gesetzes verfassungsgerichtlich zu führen. Das Bundesver ![]() ![]() | |
Bei der Abwägung sei auch zu berücksichtigen, daß das Volkszählungsgesetz 1983 zwar in die Privatsphäre jedes einzelnen Einwohners eingreife, daß der Eingriff aber von geringer Intensität sei, weil die Erhebung keine den Intimbereich betreffenden Daten erfasse und die Fragen auch in ihrer Kumulierung keine wesentliche Beeinträchtigung der Persönlichkeitssphäre ergäben. Die Gefahr einer Herstellung von Persönlichkeitsprofilen sei nicht vorhanden, da die vorgesehenen Tabellenprogramme dies ausschlössen und zudem kein Datenverbund mit Stellen außerhalb der Statistischen Ämter bestehe; gegen eine mißbräuchliche Verwendung der Daten seien wirksame Vorkehrungen getroffen. Das Gesetz trage auch den mit dem technischen Fortschritt der automatischen Datenverarbeitung gesteigerten Möglichkeiten der Datenverknüpfung und dem verstärkten Problembewußtsein der Bürger Rechnung. Das sei geschehen durch die Reduzierung des Fragenumfangs gegenüber früheren Zählungen, durch Verzicht auf die die Intimsphäre berührende Fragen, durch umfassende Regelungen des Datenschutzes im Volkszählungsgesetz 1983 selbst wie auch in den Datenschutzgesetzen des Bundes und der Länder, ferner durch andere institutionelle Vorkehrungen gegen einen Mißbrauch der Daten. Auch sei den mit Statistik und Datenverarbeitung betrauten Stellen nicht von vornherein ein gesetzwidriges Handeln zu unterstellen. Vielmehr sei davon auszugehen, ![]() ![]() | |
Der Gesichtspunkt der Akzeptanz könne im Rahmen der Prüfung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu berücksichtigen sein. Der Gesetzgeber sei in einer repräsentativen Demokratie zwar gehalten, beim Bürger um Verständnis zu werben. Dies könne Aufklärung, Erläuterung, aber auch Auseinandersetzung mit Stimmungen, Gefühlen, ja Ängsten erfordern, die im Einzelfall in ernst zu nehmenden Kreisen der Bevölkerung vorhanden sein könnten. Der Ort dafür sei nicht zuletzt das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren, das, verbunden mit vielfältigen Möglichkeiten der Einflußnahme durch Bürger, Gruppen und Verbände, eine "Entscheidungssuche vor den Augen der Öffentlichkeit" gewährleiste und damit für das Vertrauen des Bürgers notwendige Transparenz schaffe. Nehme aber der Bürger die ihm damit eröffneten Möglichkeiten nicht wahr oder bleibe er mit seinen Vorstellungen, Meinungen und Auffassungen in der Minderheit, könne die Gültigkeit des vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber ordnungsgemäß und unter Beachtung materieller verfassungsrechtlicher Kriterien beschlossenen Gesetzes nicht davon abhängig sein, daß es allgemein und von jedermann akzeptiert werde.
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Ein Verzicht auf die Volkszählung sei nur möglich, wenn entsprechende Daten aus anderen Dateien gewonnen werden könnten, zum Beispiel aus dem Melderegister, den Dateien der Krankenversicherung und Rentenversicherung, der Arbeitsverwaltung, der Katasterämter und der Grundsteuerämter. Diese Dateien wiesen jedoch erhebliche Fehler auf. Für die Arbeitsstättenzählung gebe es derzeit überhaupt kein Äquivalent in anderen Dateien und Registern. Im übrigen müßten die gesetzlichen und rechtlichen Schranken des Datenschutzes, wie zum Beispiel das Steuergeheimnis, beachtet werden. Eine Nutzung von Daten aus verschiedenen ![]() ![]() | |
Zum Mittel der Stichprobe meint die Bundesregierung, daß es für den einzelnen Bürger letztlich unerheblich sei, ob er im Rahmen einer Stichprobe oder einer Gesamterhebung befragt werde. Selbst wenn man die Stichprobe trotzdem als milderes Mittel ansehe, sei sie kein Äquivalent zur Volkszählung, weil sie nur ungenaue Ergebnisse liefere. Zahlreiche Gesetze stellten aber nicht auf ungefähre, sondern auf genaue Einwohnerzahlen ab. Auch Stichprobenbefragungen nach Art der empirischen Sozialforschung könnten die Volkszählung nicht ersetzen, weil amtliche Statistik und empirische Sozialforschung unterschiedliche Aufgabenstellungen hätten, die auch die statistischen Methoden beeinflußten. Für die amtliche Statistik seien in vielen Fällen tiefgegliederte Angaben erforderlich, die nur eine Totalerhebung liefern könne. Deshalb sei auch eine auf freiwilliger Basis beruhende Volkszählung keine realistische Alternative. Die bei der Volkszählung geforderte Genauigkeit des Nachweises zuverlässiger Basisinformationen sei nach den praktischen Erfahrungen mit der Teilnehmerquote bei freiwilligen Erhebungen nicht zu erreichen. Auch eine Kombination von Vollerhebung und Stichproben setze voraus, daß eine geeignete und zuverlässige Auswahlgrundlage verfügbar sei. Dies sei bei der Volkszählung 1970 der Fall gewesen; damals habe die Gebäudezählung und Wohnungszählung 1968 als Auswahlgrundlage zur Verfügung gestanden. Für die Volkszählung 1983 seien derartige Voraussetzungen nicht vorhanden. Im übrigen ergebe sich auch im Falle einer Kombina ![]() ![]() | |
Dem Grundgesetz lasse sich kein absoluter Grundsatz entnehmen, daß zulässigerweise für einen bestimmten Verwaltungszweck erhobene Daten ein für allemal an dieses Verwendungsziel gebunden seien und deshalb schlechterdings nicht in den Dienst anderer Verwendungszwecke gestellt werden dürften. Dies gelte auch für statistische Daten. Statistik sei stets Registrierung ohne Beeinflussung der zu registrierenden Verhältnisse. Sie diene nicht notwendig bestimmten Einzelzwecken, sondern dem Gesamtzweck, die für künftiges Planen und Handeln benötigten Informationen zu verschaffen. Dies sei eingeschränkt aus gesetzlichen Gründen des Datenschutzes und aus verfassungsrechtlichen Gründen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Der Staat benötige hinsichtlich der Datenverwendung eine gewisse Flexibilität. Würde ihm diese durch starre Zweckbestimmungen genommen, könne er nicht auf neue, häufig nicht vorhersehbare Fragestellungen reagieren. Die Übermittlung von Daten, die der Staat rechtmäßig gewonnen habe, sei unter dem Blickwinkel der Verfassung nicht stets und in allen Bereichen an den ursprünglichen Verwendungszusammenhang gebunden. Art. 35 Abs. 1 GG könne grundsätzlich die formelle Grundlage auch für die Weitergabe personenbezogener Daten für einen anderen Verwendungszweck bieten. Auch das Bundesverfassungsgericht habe die Verpflichtung zur Amtshilfe und Rechtshilfe als ausreichende formelle Grundlage anerkannt und zur Begrenzung nur auf das Verhältnismäßigkeitsgebot abgehoben (BVerfGE 27, 344 [352]). Ob darüber hinaus die Weitergabe einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage bedürfe, könne dahinstehen; denn allgemeine Regelungen wie § 10 Abs. 1 Satz 1 BDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) reichten als solche jedenfalls aus. Der Grundsatz der Zweckbindung sei von den Vertretern der Zweckbindungslehre überbewertet worden. Meinungsumfragen zufolge empfänden gerade Empfänger staatlicher Hilfen wiederkehrende Datenerhebungen als Belästigung und gäben ![]() ![]() | |
Für die Übermittlung statistischer Daten habe der Gesetzgeber Vorkehrungen getroffen, die über die Anforderungen des allgemeinen Datenschutzrechts erheblich hinausgingen. In den detaillierten Regelungen des § 11 BStatG werde deutlich, daß sich der Gesetzgeber der besonderen Schutzbedürftigkeit der durch statistische Erhebungen gewonnenen Daten bewußt sei. Sie trügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in zweifacher Hinsicht Rechnung. Einmal würden bereits im Bundesstatistikgesetz selbst abschließende Festlegungen getroffen, die sicherstellten, daß Datenübermittlungen auf das unabweisbar Notwendige beschränkt blieben. Zum anderen würden für den Erlaß der einzelnen Statistikgesetze Rahmenvorgaben gesetzt, die darauf ausgerichtet seien, in diesen Gesetzen je nach Gegenstand und Besonderheit der einzelnen statistischen Erhebung die Belange der Auskunftspflichtigen und die Interessen der Allgemeinheit miteinander abzustimmen und zum Ausgleich zu bringen. Für die geplante Volkszählung sei das im Volkszählungsgesetz 1983 geschehen. Es schränke nicht nur die Möglichkeiten der Datenweitergabe, wie sie nach den allgemeinen Vorschriften des Datenschutzrechts bestünden, erheblich ein, sondern verfeinere dabei zugleich das Geflecht an Sicherungen, die das Bundesstatistikgesetz zum Schutz statistischer Daten enthalte.
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§ 9 Abs. 1 VZG 1983 nenne ausdrücklich den Zweck der Wei ![]() ![]() | |
Entsprechendes gelte für die Übermittlungsregelungen des § 9 Abs. 2 bis 4 VZG 1983, soweit darin überhaupt eine Herauslösung der Daten aus dem ursprünglichen Verwendungszusammenhang gesehen werden könne. Diese Regelungen machten entweder die Datenweitergabe von der Rechtmäßigkeit der Aufgabenerfüllung der obersten Bundesbehörden und Landesbehörden abhängig (§ 9 Abs. 2 VZG 1983) oder gäben jeweils die Verwen ![]() ![]() | |
An der Verfassungsmäßigkeit des § 9 VZG 1983 ändere sich auch nichts dadurch, daß die Daten, soweit sie für Zwecke des Verwaltungsvollzugs dienstbar gemacht werden sollten, unter bußgeldbewehrter Auskunftsverpflichtung erhoben werden sollten. Allerdings berühre ein Zwang zur Selbstbezichtigung die Würde des Menschen; jedoch seien Auskunftspflichten, die der Gesetzgeber nach Abwägung mit den Belangen der Betroffenen zur Erfüllung eines berechtigten staatlichen Informationsbedürf ![]() ![]() ![]() ![]() | |
Die Anforderungen des Vorbehalts des Gesetzes in der Ausprägung der durch das Bundesverfassungsgericht entwickelten Wesentlichkeitstheorie seien erfüllt. Soweit es gesetzlicher Regelungen bedürfe, seien sie im Volkszählungsgesetz 1983 oder in den bei seiner Durchführung anzuwendenden Gesetzen, dem Bundesstatistikgesetz, dem Bundesdatenschutzgesetz und subsidiär im Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes enthalten. Darüber hinaus notwendige Regelungen könnten durch Verwaltungsvorschriften getroffen werden. Zurückhaltung des Gesetzgebers liege gerade auch im Interesse des durch die Normenflut bedrängten Bürgers. Soweit den Bund - neben der grundsätzlichen Zuständigkeit der Länder für Verwaltungsverfahrensregelungen zur Durchführung von Bundesgesetzen - überhaupt eine Verpflichtung zum Erlaß derartiger Regelungen treffe, habe er dieser Genüge getan. Im übrigen sei es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, im Rahmen seiner politischen Gestaltungsfreiheit zu entscheiden, was als wesentlich anzusehen sei.
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Es gebe kein milderes Vollzugsmittel für eine Totalerhebung. Die Volkszählung setze voraus, daß sämtliche Auskunftspflichtigen befragt und ihre Antworten auf Plausibilität und Vollständigkeit überprüft würden. Der Plausibilitätskontrolle komme erhebliche Bedeutung zu. Bei der letzten Volkszählung im Jahre 1970 seien beispielsweise allein in Stuttgart etwa 100.000 Rückfragen notwendig gewesen. Eine vollständige und richtige Erhebung setze eine Begehung des Gemeindegebietes durch Zähler voraus. Ein Postversand der Fragebogen erreiche nicht alle Auskunftspflichtigen, weil dann auf Adressen in vorhandenen Registern zurückgegriffen werden müsse, die in aller Regel fehlerhaft seien. Auch sei der vollständige Rücklauf der Erhebungsbogen nicht sicherzustellen. Es könne allerdings daran gedacht werden, den Zähler die Fragebogen lediglich austeilen und eine Adressatenliste anlegen zu lassen. Die Bürger hätten dann die ![]() ![]() | |
2. Demgegenüber hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Volkszählungsgesetz 1983 geäußert: Eine allgemeine verfassungsrechtliche Problematik des Volkszählungsgesetzes 1983 ergebe sich daraus, daß zweifelhaft sei, ob und inwieweit die Anonymität der dem Bürger abverlangten Auskünfte garantiert sei. Auch wenn die einzelnen Fragen nicht in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung eindrängen, stelle sich das grundlegende Problem, ob die Angaben durch die Anonymität ihrer Auswertung den Persönlichkeitsbezug verlören und diese Anonymität hinreichend gesichert sei. Möglichkeiten unmittelbarer und mittelbarer Identifizierung hätten in der Bevölkerung und im juristischen Schrifttum erhebliche Bedenken hervorgerufen. Die Anonymitätsgarantie für statistische Erhebungen sei nicht nur ein rechtsstaatliches Gebot, sondern zugleich eine unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg einer auf die vertrauensvolle Mitwirkung der Bevölkerung angewiesenen Befragung.
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Der Melderegisterabgleich nach § 9 Abs. 1 VZG 1983 sei problematisch, weil dabei die Verbindung von melderegisterlichen und statistischen Zwecken vorgesehen sei. Der Regelungsgehalt des Nachteilsverbots in § 9 Abs. 1 Satz 2 VZG 1983 sei zweifelhaft.
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3. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die ge ![]() ![]() | |
IV.
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In der mündlichen Verhandlung haben sich die Beschwerdeführer geäußert. Für die Bundesregierung haben der Bundesminister des Innern Dr Zimmermann, Prof Dr Badura und der Vizepräsident des Statistischen Bundesamts Dr Hamer Stellung genommen; auf Antrag der Bundesregierung wurde außerdem Prof Dr Seegmüller gehört. Für die Bayerische Staatsregierung haben sich der Staatsminister des Innern Dr Hillermeier und Ministerialdirigent Dr Giehl geäußert, für den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg Frau Senatorin Leithäuser, für die Niedersächsische Landesregierung der Minister des Innern Dr Möcklinghoff, für die Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen Leitender Ministerialrat Dr Rombach, für die Landesregierung Rheinland-Pfalz Staatssekretär Prof Dr Rudolf und für die Landesregierung Schleswig-Holstein der Minister des Innern Claussen. Ferner haben Stellung genommen der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Dr Baumann, die Landesbeauftragte für den Datenschutz Baden-Württemberg Frau Dr Leuze, der Bayerische Landesbeauftragte für Datenschutz Dr Stollreither, der Landesbeauftragte für den Datenschutz der Freien Hansestadt Bremen Büllesbach, der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Schapper, der Hessische Datenschutzbeauftragte Prof Dr Simitis, der Landesbeauftragte für den Datenschutz Nordrhein-Westfalen Dr Weyer und für die Datenschutzkommission Rheinland-Pfalz deren geschäftsführendes Mitglied, Direktor beim Landtag Becker.
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Die Verfassungsbeschwerden sind im wesentlichen zulässig.
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Eine für alle geltende Norm kann ein einzelner Staatsbürger nach ständiger Rechtsprechung nur dann direkt mit der Verfassungsbeschwerde angreifen, wenn er durch diese Bestimmung selbst, gegenwärtig und unmittelbar in seinen Grundrechten betroffen ist (BVerfGE 40, 141 [156]; 43, 291 [385]; 50, 290 [319]; 58, 81 [104]; 59, 1 [17f]; 60, 360 [370]).
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I.
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Die Beschwerdeführer sind nicht alle von sämtlichen Vorschriften des Gesetzes selbst betroffen.
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Die Frage nach der Eigenschaft als Anstaltsinsasse nach § 2 Nr. 8 VZG 1983 betrifft keinen der Beschwerdeführer, da sie weder Insassen einer Anstalt noch als Anstaltsleiter auskunftspflichtig sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 VZG 1983). In soweit sind alle Verfassungsbeschwerden unzulässig.
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Hinsichtlich der gebäudestatistischen Fragen nach § 3 Abs. 1 VZG 1983 sind nur Gebäudeeigentümer und ihnen gleichgestellte Personen auskunftspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 VZG 1983). Davon ist nach den Beschwerdevorbringen allein der Beschwerdeführer zu a) als Eigentümer einer Eigentumswohnung betroffen. Für die Arbeitsstättenzählung nach § 4 VZG 1983 sind nur die Inhaber oder Leiter der Arbeitsstätten und Unternehmen auskunftspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 VZG 1983). Diese Regelung betrifft nur die beschwerdeführenden Rechtsanwältinnen zu b) und die beschwerdeführenden Rechtsanwälte zu e 1) bis e 4), e 7) und e 9). Die übrigen Verfassungsbeschwerden sind unzulässig, soweit sie sich gegen § 3 Abs. 1 und § 4 VZG 1983 richten.
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II.
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Soweit die Beschwerdeführer durch das Volkszählungsgesetz 1983 selbst betroffen sind, besteht auch eine unmittelbare und gegenwärtige Betroffenheit.
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Allerdings fehlt nach der Rechtsprechung des Bundesverfas ![]() ![]() | |
Zur Durchführung des Volkszählungsgesetzes 1983 bedurfte es der Aufforderung zur Auskunftserteilung; erst hierdurch konnte die Rechtssphäre der Beschwerdeführer betroffen werden (vgl. § 5 Abs. 2 VZG 1983). Gegen diesen Vollzugsakt wäre der Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten eröffnet gewesen. Dies steht jedoch der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden nicht entgegen.
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In besonders gelagerten Fällen hat das Bundesverfassungsgericht die Zulässigkeit einer unmittelbar gegen das Gesetz gerichteten Verfassungsbeschwerde ausnahmsweise vor Erlaß des Vollziehungsaktes bejaht, wenn das Gesetz die Normadressaten bereits gegenwärtig zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt oder schon jetzt zu Dispositionen veranlaßt, die sie nach dem späteren Gesetzesvollzug nicht mehr nachholen können (BVerfGE 60, 360 [372] m.w.N.). Auch die unmittelbar gegen das Volkszählungsgesetz 1983 gerichteten Verfassungsbeschwerden sind ausnahmsweise bereits vor Erlaß des Vollziehungsaktes zulässig.
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Dieses Gesetz war gegenüber allen Bürgers innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes zu vollziehen. Die Erhebungsbogen sollten vom 18. April 1983 an ausgeteilt und bis Anfang Mai 1983 wieder eingesammelt werden. Zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes vor den Verwaltungsgerichten hätte daher nur ein Zeitraum von etwa zwei Wochen zur Verfügung gestanden. In dieser knapp bemessenen Zeitspanne hätten sich die Gerichte der Problematik nicht so annehmen können, daß eine für das Bundesverfassungsgericht wesentliche Vorklärung hätte erwartet werden ![]() ![]() | |
Die Verfassungsbeschwerden sind - soweit zulässig - teilweise begründet.
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I.
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Soweit den Beschwerdeführern durch § 5 Abs. 1 VZG 1983 unmittelbar eine Auskunftspflicht zu bestimmten, in den §§ 2 bis 4 VZG 1983 im einzelnen aufgeführten Sachverhalten auferlegt wird, werden sie dadurch nicht in ihren Grundrechten aus Art. 4, 5 und 13 GG verletzt.
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1. Die Verpflichtung zu wahrheitsgemäßen Angaben (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 VZG 1983 in Verbindung mit § 10 Abs. 3 BStatG) über die rechtliche Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Reli ![]() ![]() | |
Für die Beurteilung der Bundeskompetenz ist entscheidend, ob die Erhebung der Erfüllung einer Bundesaufgabe dient. Diese Voraussetzung ist nach der Begründung des Gesetzentwurfs gegeben, weil die Ergebnisse der Erhebung über die Religionszugehörigkeit wichtige Informationen für das Verhalten von Bund und Ländern darstellen (vgl. BTDrucks 9/451, S. 9). Ferner ist die Staatspraxis zu berücksichtigen, der bei der Ermittlung des Umfanges einer Kompetenznorm wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 41, 205 [220]). Danach kann in den Programmen für Bundesstatistiken auch statistischen Anforderungen der Länder Rechnung getragen werden, weil sich Gesetzeszuständigkeiten, Verwaltungszuständigkeiten und Planungszuständigkeiten von Bund und Ländern vielfältig überschneiden. Nach der bisherigen Staatspraxis wurden bei Volkszählungen nicht nur unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung, sondern auch des Grundgesetzes Angaben über die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft verlangt. So waren entsprechende Fragen bereits nach § 5 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt I des Volkszählungsgesetzes vom 27. Juli 1950 (BGBl. I S. 335), nach § 3 Nr. 1 Buchst a in Verbindung mit § 6 Nr. 1 des Volkszählungsgesetzes vom 13. April 1961 (BGBl. I S. 437) und nach § 2 Nr. 1 ![]() ![]() | |
2. Durch die Vorschriften des Volkszählungsgesetzes 1983 wird auch nicht gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) verstoßen.
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Dieses Grundrecht ist nicht - wie einige Beschwerdeführer meinen - deshalb verletzt, weil sie nach § 3 Abs. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 3 VZG 1983 gezwungen sind, ihre privaten Wohnverhältnisse offenzulegen. Wohnung im Sinne des Art. 13 GG ist allein die räumliche Privatsphäre (BVerfGE 32, 54 [72]). Das Grundrecht normiert für die öffentliche Gewalt ein grundsätzliches Verbot des Eindringens in die Wohnung oder des Verweilens darin gegen den Willen des Wohnungsinhabers. Dazu gehören etwa der Einbau von Abhörgeräten und ihre Benutzung in der Wohnung, nicht aber Erhebung und die Einholung von Auskünften, die ohne Eindringen oder Verweilen in der Wohnung vorgenommen werden können. Sie werden von Art. 13 GG nicht erfaßt. Die nach § 4 Abs. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 3 VZG 1983 vorgeschriebene Auskunftspflicht über wohnungsstatistische Fragen ist mit einem zwangsweisen Eindringen oder Verweilen in der Wohnung der Auskunftspflichtigen nicht verbunden.
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3. Die Verpflichtung zur Auskunft zu bestimmten, in den §§ 2 bis 4 VZG 1983 im einzelnen aufgeführten Sachverhalten verstößt auch nicht gegen das Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG).
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Der Auffassung, die durch Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit, seine Meinung nicht zu äußern (negative Meinungsäußerungsfreiheit), schütze auch gegenüber der Ermittlung, Speicherung und Weitergabe von Tatsachen, so daß der grundrechtliche Schutz vor Informationseingriffen ausschließlich durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet werde, kann nicht gefolgt wer ![]() ![]() | |
Konstitutiv für die Bestimmung dessen, was als Äußerung einer "Meinung" vom Schutz des Grundrechts umfaßt wird, ist das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens, des Meinens im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung; auf den Wert, die Richtigkeit, die Vernünftigkeit der Äußerung kommt es nicht an. Die Mitteilung einer Tatsache ist im strengen Sinne keine Äußerung einer "Meinung", weil ihr jedes Element fehlt. Durch das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit geschützt ist sie nur, soweit sie Voraussetzung der Bildung von Meinungen ist, welche Art. 5 Abs. 1 GG in seiner Gesamtheit gewährleistet (BVerfGE 61, 1 [8f]). Demgegenüber sind Angaben im Rahmen statistischer Erhebungen wie denen des Volkszählungsgesetzes 1983 reine Tatsachenmitteilungen, die mit Meinungsbildung nichts zu tun haben.
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II.
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Prüfungsmaßstab ist in erster Linie das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht.
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1. a) Im Mittelpunkt der grundgesetzlichen Ordnung stehen Wert und Würde der Person, die in freier Selbstbestimmung als Glied einer freien Gesellschaft wirkt. Ihrem Schutz dient - neben speziellen Freiheitsverbürgungen - das in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht, das gerade auch im Blick auf moderne Entwicklungen und die mit ihnen verbundenen neuen Gefährdungen der menschlichen Persönlichkeit Bedeutung gewinnen kann (vgl. BVerfGE 54, 148 [153]). Die bisherigen Konkretisierungen durch die Rechtsprechung umschreiben den Inhalt des Persönlichkeitsrechts nicht abschließend. Es umfaßt - wie bereits in der ![]() ![]() | |
Diese Befugnis bedarf unter den heutigen und künftigen Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung in besonderem Maße des Schutzes. Sie ist vor allem deshalb gefährdet, weil bei Entscheidungsprozessen nicht mehr wie früher auf manuell zusammengetragene Karteien und Akten zurückgegriffen werden muß, vielmehr heute mit Hilfe der automatischen Datenverarbeitung Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person (personenbezogene Daten [vgl. § 2 Abs. 1 BDSG]) technisch gesehen unbegrenzt speicherbar und jederzeit ohne Rücksicht auf Entfernungen in Sekundenschnelle abrufbar sind. Sie können darüber hinaus - vor allem beim Aufbau integrierter Informationssysteme - mit anderen Datensammlungen zu einem teilweise oder weitgehend vollständigen Persönlichkeitsbild zusammengefügt werden, ohne daß der Betroffene dessen Richtigkeit und Verwendung zureichend kontrollieren kann. Damit haben sich in einer bisher unbekannten Weise die Möglichkeiten einer Einsichtnahme und Einflußnahme erweitert, welche auf das Verhalten des Einzelnen schon durch den psychischen Druck öffentlicher Anteilnahme einzuwirken vermögen.
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Individuelle Selbstbestimmung setzt aber - auch unter den Bedingungen moderner Informationsverarbeitungstechnologien - voraus, daß dem Einzelnen Entscheidungsfreiheit über vorzunehmende oder zu unterlassende Handlungen einschließlich der Möglichkeit gegeben ist, sich auch entsprechend dieser Entscheidung ![]() ![]() | |
Hieraus folgt: Freie Entfaltung der Persönlichkeit setzt unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus. Dieser Schutz ist daher von dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG umfaßt. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.
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b) Dieses Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" ist nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne hat nicht ein Recht im Sinne einer absoluten, uneinschränkbaren Herrschaft über ![]() ![]() | |
Diese Beschränkungen bedürfen nach Art. 2 Abs. 1 GG - wie in § 6 Abs. 1 des Bundesstatistikgesetzes auch zutreffend anerkannt worden ist - einer (verfassungsmäßigen) gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht (BVerfGE 45, 400 [420] m.w.N.). Bei seinen Regelungen hat der Gesetzgeber ferner den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dieser mit Verfassungsrang ausgestattete Grundsatz folgt bereits aus dem Wesen der Grundrechte selbst, die als Ausdruck des allgemeinen Freiheitsanspruchs des Bürgers gegenüber dem Staat von der öffentlichen Gewalt jeweils nur soweit beschränkt werden dürfen, als es zum Schutz öffentlicher Interessen unerläßlich ist (BVerfGE 19, 342 [348]; st Rspr). Angesichts der bereits dargelegten Gefährdungen durch die Nutzung der automatischen Datenverarbeitung hat der Gesetzgeber mehr als früher auch organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken (vgl. BVerfGE 53, 30 [65]; 63, 131 [143]).
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2. Die Verfassungsbeschwerden geben keinen Anlaß zur erschöpfenden Erörterung des Rechts auf informationelle Selbst ![]() ![]() | |
Wieweit Informationen sensibel sind, kann hiernach nicht allein davon abhängen, ob sie intime Vorgänge betreffen. Vielmehr bedarf es zur Feststellung der persönlichkeitsrechtlichen Bedeutung eines Datums der Kenntnis seines Verwendungszusammenhangs: Erst wenn Klarheit darüber besteht, zu welchem Zweck Angaben verlangt werden und welche Verknüpfungsmöglichkeiten und Verwendungsmöglichkeiten bestehen, läßt sich die Frage einer zulässigen Beschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung beantworten. Dabei ist zu unterscheiden zwischen personenbezogenen Daten, die in individualisierter, nicht anonymisierter Form erhoben und verarbeitet werden (dazu unter a), und solchen, die für statistische Zwecke bestimmt sind (dazu unter b).
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a) Schon bislang ist anerkannt, daß die zwangsweise Erhebung personenbezogener Daten nicht unbeschränkt statthaft ist, namentlich dann, wenn solche Daten für den Verwaltungsvollzug (etwa bei der Besteuerung oder der Gewährung von Sozialleistungen) verwendet werden sollen. Insoweit hat der Gesetzgeber bereits verschiedenartige Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen vorgesehen, die in die verfassungsrechtlich gebotene Richtung weisen (vgl. beispielsweise die Regelungen in den Datenschutzgesetzen des Bundes und der Länder; §§ 30, 31 der Abgabenordnung - AO -; § 35 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB I - in Verbindung mit §§ 67 bis 86 SGB X). Wieweit das ![]() ![]() | |
Ein Zwang zur Angabe personenbezogener Daten setzt voraus, daß der Gesetzgeber den Verwendungszweck bereichsspezifisch und präzise bestimmt und daß die Angaben für diesen Zweck geeignet und erforderlich sind. Damit wäre die Sammlung nicht anonymisierter Daten auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken nicht zu vereinbaren. Auch werden sich alle Stellen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben personenbezogene Daten sammeln, auf das zum Erreichen des angegebenen Zieles erforderliche Minimum beschränken müssen.
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Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt. Schon angesichts der Gefahren der automatischen Datenverarbeitung ist ein - amtshilfefester - Schutz gegen Zweckentfremdung durch Weitergabeverbote und Verwertungsverbote erforderlich. Als weitere verfahrensrechtliche Schutzvorkehrungen sind Aufklärungspflichten, Auskunftspflichten und Löschungspflichten wesentlich.
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Wegen der für den Bürger bestehenden Undurchsichtigkeit der Speicherung und Verwendung von Daten unter den Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung und auch im Interesse eines vorgezogenen Rechtsschutzes durch rechtzeitige Vorkehrungen ist die Beteiligung unabhängiger Datenschutzbeauftragter von erheblicher Bedeutung für einen effektiven Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.
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aa) Die Statistik hat erhebliche Bedeutung für eine staatliche Politik, die den Prinzipien und Richtlinien des Grundgesetzes verpflichtet ist. Wenn die ökonomische und soziale Entwicklung nicht als unabänderliches Schicksal hingenommen, sondern als permanente Aufgabe verstanden werden soll, bedarf es einer umfassenden, kontinuierlichen sowie laufend aktualisierten Information über die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Zusammenhänge. Erst die Kenntnis der relevanten Daten und die Möglichkeit, die durch sie vermittelten Informationen mit Hilfe der Chancen, die eine automatische Datenverarbeitung bietet, für die Statistik zu nutzen, schafft die für eine am Sozialstaatsprinzip orientierte staatliche Politik unentbehrliche Handlungsgrundlage (vgl. BVerfGE 27, 1 [9]).
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Bei der Datenerhebung für statistische Zwecke kann eine enge und konkrete Zweckbindung der Daten nicht verlangt werden. es gehört zum Wesen der Statistik, daß die Daten nach ihrer statistischen Aufbereitung für die verschiedensten, nicht von vornherein bestimmbaren Aufgaben verwendet werden sollen; demgemäß besteht auch ein Bedürfnis nach Vorratsspeicherung. Das Gebot einer konkreten Zweckumschreibung und das strikte Verbot der Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat kann nur für Datenerhebungen zu nichtstatistischen Zwecken gelten, nicht jedoch bei einer Volkszählung, die eine gesicherte Datenbasis für weitere statistische Untersuchungen ebenso wie für den politischen Planungsprozeß durch eine verläßliche Feststellung der Zahl und der Sozialstruktur der Bevölkerung vermitteln soll. Die Volkszählung muß Mehrzweckerhebung und Mehrzweckverarbeitung, also Datensammlung und Datenspeicherung auf Vorrat sein, wenn der Staat den Entwicklungen der industriellen Gesellschaft nicht unvorbereitet begegnen soll. Auch wären Weitergabeverbote und Verwertungsverbote für statistisch aufbereitete Daten zweckwidrig.
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Unbeschadet des multifunktionalen Charakters der Datenerhebung und Datenverarbeitung zu statistischen Zwecken ist Voraussetzung, daß diese allein als Hilfe zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben erfolgen. Es kann auch hier nicht jede Angabe verlangt werden. Selbst bei der Erhebung von Einzelangaben, die für statistische Zwecke gebraucht werden, muß der Gesetzgeber schon bei der Anordnung der Auskunftspflicht prüfen, ob sie insbesondere für den Betroffenen die Gefahr der sozialen Abstempelung (etwa als Drogensüchtiger, Vorbestrafter, Geisteskranker, Asozialer) hervorrufen können und ob das Ziel der Erhebung nicht auch durch eine anonymisierte Ermittlung erreicht werden kann. Dies dürfte beispielsweise bei dem in § 2 Nr. 8 VZG 1983 ge ![]() ![]() | |
Zur Sicherung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bedarf es ferner besonderer Vorkehrungen für Durchführung und Organisation der Datenerhebung und Datenverarbeitung, da die Informationen während der Phase der Erhebung - und zum Teil auch während der Speicherung - noch individualisierbar sind; zugleich sind Löschungsregelungen für solche Angaben erforderlich, die als Hilfsangaben (Identifikationsmerkmale) verlangt wurden und die eine Deanonymisierung leicht ermöglichen würden, wie Name, Anschrift, Kennummer und Zählerliste (vgl. auch § 11 Abs. 7 Satz 1 BStatG). Von besonderer Bedeutung für statistische Erhebungen sind wirksame Abschottungsregelungen nach außen. Für den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist - und zwar auch schon für das Erhebungsverfahren - die strikte Geheimhaltung der zu statistischen Zwecken erhobenen Einzelangaben unverzichtbar, solange ein Personenbezug noch besteht oder herstellbar ist (Statistikgeheimnis); das gleiche gilt für das Gebot einer möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung, verbunden mit Vorkehrungen gegen eine Deanonymisierung.
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Erst die vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung geforderte und gesetzlich abzusichernde Abschottung der Statistik ![]() ![]() ![]() ![]() | |
cc) Wird den erörterten Anforderungen in wirksamer Weise Rechnung getragen, ist die Erhebung von Daten zu ausschließlich statistischen Zwecken nach dem derzeitigen Erkenntnisstand und Erfahrungsstand verfassungsrechtlich unbedenklich. Es ist nicht erkennbar, daß das Persönlichkeitsrecht der Bürger beeinträchtigt werden könnte, wenn die erhobenen Daten nach ihrer Anonymisierung oder statistischen Aufbereitung (vgl. § 11 Abs. 5 und 6 BStatG) von Statistischen Ämtern anderen staatlichen Organen oder sonstigen Stellen zur Verfügung gestellt werden.
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Besondere Probleme wirft eine etwaige Übermittlung (Weitergabe) der weder anonymisierten noch statistisch aufbereiteten, also noch personenbezogenen Daten auf. Erhebungen zu statistischen Zwecken umfassen auch individualisierte Angaben über den einzelnen Bürger, die für die statistischen Zwecke nicht erforderlich sind und die - davon muß der befragte Bürger ausgehen können - lediglich als Hilfsmittel für das Erhebungsverfahren dienen. Alle diese Angaben dürfen zwar kraft ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung weitergeleitet werden, soweit und sofern dies zur statistischen Aufbereitung durch andere Behörden geschieht und dabei die zum Schutz des Persönlichkeitsrechts gebotenen Vorkehrungen, insbesondere das Statistikgeheimnis und das Gebot der frühzeitigen Anonymisierung, ebenso durch Organisation und Verfahren zuverlässig sichergestellt sind wie bei den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder. Eine Weitergabe der für statistische Zwecke erhobenen, nicht anonymisierten oder statistisch aufbereiteten Daten für Zwecke des Verwaltungsvollzugs kann hingegen in unzulässiger Weise in das Recht auf ![]() ![]() | |
III.
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Den dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt das Erhebungsprogramm des Volkszählungsgesetzes 1980 im wesentlichen. Gegenstand der Nachprüfung sind insoweit die §§ 2 bis 4 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Gesetzes mit Ausnahme der Frage nach der Eigenschaft als Anstaltsinsasse oder der Zugehörigkeit zum Anstaltspersonal (§ 2 Nr. 8 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2). Diese Vorschriften sind mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG mit der Maßgabe vereinbar, daß der Gesetzgeber ergänzend für bisher fehlende grundrechtssichernde Organisationsregelungen und Verfahrensregelungen sorgt und damit die an eine Totalerhebung nach Art der Volkszählung 1983 zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen gewährleistet.
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1. Das Volkszählungsgesetz 1983 verpflichtet in § 5 die Beschwerdeführer unter Androhung einer Geldbuße (§ 14 in Verbindung mit § 10 BStatG) zur Auskunft über die in § 2 Nr. 1 bis 7, §§ 3, 4 VZG 1983 genannten Erhebungstatbestände. Dadurch greift es in das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete Persönlichkeitsrecht ein. Die erhobenen Daten sollen auch für künftige, zur Zeit der Erhebung noch nicht vorhersehbare Aufgaben nutzbar sein. Diesen Informationseingriff hat der Auskunftspflichtige hinzunehmen. Er erfolgt im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und genügt den Geboten der Normenklarheit und der Verhältnismäßigkeit.
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a) Das Erhebungsprogramm des Volkszählungsgesetzes 1983 führt nicht zu einer mit der Würde des Menschen unvereinbaren gänzlichen oder teilweisen Registrierung und Katalogisierung der Persönlichkeit.
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Volkszählungen, Wohnungszählungen, Berufszählungen und Arbeitsstättenzählungen sollen nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BTDrucks. ![]() ![]() | |
Das Erhebungsprogramm vermag zwar einzelne Lebensbereiche, zum Beispiel den Wohnbereich des Bürgers, jedoch nicht dessen Persönlichkeit abzubilden. Etwas anderes würde nur gelten, soweit eine unbeschränkte Verknüpfung der erhobenen Daten mit den bei den Verwaltungsbehörden vorhandenen, zum Teil sehr sensitiven Datenbeständen oder gar die Erschließung eines derartigen Datenverbundes durch ein einheitliches Personenkennzeichen oder sonstiges Ordnungsmerkmal möglich wäre; denn eine umfassende Registrierung und Katalogisierung der Persönlichkeit durch die Zusammenführung einzelner Lebensdaten und Personaldaten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen der Bürger ist auch in der Anonymität statistischer Erhebungen unzulässig (BVerfGE 27, 1 [6]). Derartigen Datenverbindungen - Totalabbildern - steht schon § 11 BStatG entgegen, der sogar die Übermittlung von nicht anonymisierten Einzelangaben zwischen den mit der Durchführung einer Bundesstatistik betrauten Personen und Stellen nur erlaubt, soweit dies zur Erstellung der Bundesstatistik erforderlich ist (§ 11 Abs. 2 BStatG).
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Die Zusammenführung von im Rahmen der Volkszählung 1983 erhobenen Daten oder deren Verbindung mit bei den Statistischen Ämtern bereits vorhandenen Informationen ermöglicht es auch nicht, Teilabbilder der Persönlichkeit anzufertigen, die mit der Würde des Menschen nicht vereinbar sind. Einmal muß sich die Verarbeitung und Verwendung der Daten innerhalb des mit der Bezeichnung als Volkszählung, Berufszählung, Wohnungszählung und Arbeitsstättenzählung gekennzeichneten und gesetzlich festgelegten Zweckes der Befragung bewegen; zum anderen gilt der die amtliche Statistik generell verpflichtende Grundsatz, daß die Aufbereitung der Individualdaten immer zu einer "strukturierten" - anonymen - Form führen muß, so daß im Ergebnis die Erstel ![]() ![]() | |
b) Das Erhebungsprogramm des Volkszählungsgesetzes 1983 genügt auch dem Gebot der Normenklarheit.
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Hinreichend bestimmt ist ein Gesetz, wenn sein Zweck aus dem Gesetzestext in Verbindung mit den Materialien deutlich wird (BVerfGE 27, 1 [8]); dabei reicht es aus, wenn sich der Gesetzeszweck aus dem Zusammenhang ergibt, in dem der Text des Gesetzes zu dem zu regelnden Lebensbereich steht (vgl. BVerfGE 62, 169 [183f]). Diesen Anforderungen genügt die Beschreibung der zu erhebenden Merkmale im Volkszählungsgesetz 1983; der Bürger kann erkennen, über welche Grundtatbestände der Sozialstruktur er befragt werden soll. Die Hauptzwecke lassen sich aus der Art der Erhebung - einer Volkszählung, Berufszählung, Wohnungszählung und Arbeitsstättenzählung -, dem Erhebungsprogramm und den Gesetzesmaterialien hinreichend deutlich entnehmen. Nicht erforderlich ist, daß der Gesetzgeber zu jeder einzelnen gesetzlichen Verpflichtung auch den konkreten Zweck im Gesetz selbst erläutert. Dies gilt namentlich mit Rücksicht auf die Besonderheiten der Erhebung von Daten für statistische Zwecke, zumal bei einer Volkszählung; hier ist eine Auflistung der einzelnen Zwecke aufgrund ihrer multifunktionalen Zielsetzung unmöglich.
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c) Das Erhebungsprogramm des Volkszählungsgesetzes 1983 entspricht, soweit es Prüfungsgegenstand ist, auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach muß eine Maßnahme zur Erreichung des angestrebten Zweckes geeignet und erforderlich sein; der mit ihr verbundene Eingriff darf seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Bürger hinzunehmenden Einbußen stehen (vgl. BVerfGE 27, 344 [352 f.]; st. Rspr).
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Das Volkszählungsgesetz 1983 soll dem Staat die für künftiges Planen und Handeln benötigten Informationen verschaffen. Als Vorbedingung für die Planmäßigkeit staatlichen Handelns (vgl. BVerfGE 27, 1 [7]) dient die Volkszählung 1983 einem einleuch ![]() ![]() | |
Mit dem eingesetzten Mittel der Volkszählung als Totalerhebung (Vollerhebung) und dem Fragenkatalog des § 2 Nr. 1 bis 7 und der §§ 3, 4 VZG 1983 ist die Bundesrepublik Deutschland ihrer Verpflichtung aufgrund der Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 22. November 1973 zur Synchronisierung der allgemeinen Volkszählungen - 73/403/EWG - (ABlEG Nr. L 347 vom 17.12.1973, S. 50) nachgekommen. Erhebungsmethode und Erhebungsprogramm sind geeignet und erforderlich, um den angestrebten Zweck zu erreichen, und für die Auskunftspflichtigen zumutbar.
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aa) Es ist derzeit nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, daß Erhebungen aufgrund von Stichproben auf ausnahmslos freiwilliger Basis oder eine Kombination von Vollprobenerhebung und Stichprobenerhebung die Volkszählung als Totalerhebung nicht zu ersetzen vermögen. Diese Alternativen zu einer Totalerhebung sind noch mit zu großen Fehlerquellen behaftet. Außerdem setzen sie verläßliche Daten über die Gesamtbevölkerung voraus, die zur Zeit nur periodische Volkszählungen liefern können.
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Diese Würdigung beruht auf dem gegenwärtigen Erkenntnisstand und Erfahrungsstand. Vor künftigen Entscheidungen für eine Erhebung wird sich der Gesetzgeber erneut mit dem dann erreichten Stand der Methodendiskussion auseinandersetzen müssen, um festzustellen, ob und in welchem Umfang die herkömmlichen Methoden der Informationserhebung und Informationsverarbeitung beibehalten werden können. Die Methoden der amtlichen Statistik und der Sozialforschung entwickeln sich stetig weiter. Diese Entwicklung darf der Gesetzgeber nicht unberücksichtigt lassen. Er muß ungewissen Auswirkungen eines Gesetzes dadurch Rechnung tragen, daß er die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausschöpft, um die Auswirkungen so zuverlässig wie möglich abschätzen zu können (BVerfGE 50, 290 [334]); bei einer sich später zeigenden Fehlprognose ist er zur Korrektur verpflichtet (vgl. BVerfGE, ![]() ![]() | |
In diesem Sinne hat der Deutsche Bundestag in einem Beschluß vom 15. Dezember 1982 zum Gesetz über die Durchführung einer Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des Erwerbslebens (Mikrozensusgesetz) die Bundesregierung ersucht darzulegen (BTDrucks 9/2261, S. 3),
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"1. in welchem Umfang auf Erhebungen nach dem Mikrozensusgesetz wegen Reduzierung oder Wegfalls der sachlichen Notwendigkeit dieser Erhebung verzichtet werden kann,
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2. in welchem Umfang Erhebungen nach dem Mikrozensusgesetz durch weniger kostenintensive und gleichwertige oder bessere Umfragemethoden ersetzt werden können.
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Dabei sollen auch die neuesten Erkenntnisse der empirischen Sozialforschung und die Erfahrungen mit statistischen Erhebungen im Ausland bewertet und sofern sie auf anderen Systemen beruhen, ihre Geeignetheit für die Bundesrepublik Deutschland geprüft werden."
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Wie aus den Stellungnahmen mehrerer Datenschutzbeauftragter hervorgeht, wird neuerdings im Inland und Ausland diskutiert, ob auf Totalerhebungen verzichtet werden kann. Diese Diskussion wird der Gesetzgeber aufmerksam zu verfolgen haben. Zur Zeit liegen aber noch keine sicheren Ergebnisse vor, die das Mittel der Totalerhebung schon jetzt unverhältnismäßig erscheinen las-sen.
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bb) Auch die Übernahme sämtlicher Daten aus bereits vorhandenen Dateien der Verwaltung ist keine zulässige Alternative zu der vorgesehenen Totalzählung. Denn die Nutzung von Daten aus verschiedenen Registern und Dateien würde voraussetzen, ![]() ![]() | |
cc) Auch die bei Wahlen und Abstimmungen geläufigen, der Briefwahl nachgebildeten und damit anonymeren Erhebungsformen sind allgemein kein Ersatz für die vorgesehene Zählung.
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Eine vollständige und regional richtige Feststellung der Einwohner, Gebäude, Wohnungen und Arbeitsstätten setzt eine Begehung des Gemeindegebietes voraus. Ein Postversand der Fragebogen erreicht nicht alle Auskunftspflichtigen. Denn es müßte hierbei auf Adressen in vorhandenen Registern zurückgegriffen werden, die in aller Regel die Situation am Zählungsstichtag nicht vollständig wiedergeben.
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Ein gegenüber dem bisher vorgesehenen Volkszählungsverfahren milderes Mittel besteht jedoch darin, die Zähler die Fragebogen lediglich austeilen und eine Adressenliste anlegen zu lassen, in der Namen und Anschriften der Auskunftspflichtigen aufgeführt sind, die Fragebogen erhalten haben. Die Auskunftspflichtigen hätten dann die ausgefüllten Bögen in verschlossenem Umschlag dem Zähler zu übergeben, bei der Zählungsdienststelle abzugeben oder an diese zurückzusenden. Diese Erhebungsmethode vermeidet die Gefährdungen, die durch die Einsichtnahme der Zähler in die personenbezogenen Angaben der Bürger entstehen. Sie berücksichtigt andererseits, daß zur vollständigen und richtigen Zählung das Gemeindegebiet begangen werden muß, und ermöglicht es, Unstimmigkeiten durch Rückfragen zu klären.
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Eine solche Erhebungsmethode läßt § 5 Abs. 1 VZG 1983 in Verbindung mit § 10 Abs. 2 und 3 BStatG zu. Die Auskunfts ![]() ![]() | |
dd) Die Erhebungstatbestände des § 2 Nr. 1 bis 7 und der §§ 3, 4 VZG 1983 sind auch in ihrer Gesamtheit erforderlich, um den Zweck der Volkszählung zu erreichen. Die Volkszählung soll ein vielseitiges koordiniertes statistisches Gesamtbild von Gesellschaft und Wirtschaft liefern. Dazu werden die Daten aus allen Zählungsteilen - für die Volkszählung und Berufszählung sowie für die Gebäudezählung, Wohnungszählung und Arbeitsstättenzählung - in Verbindung miteinander benötigt. Die Erhebungstatbestände des Volkszählungsgesetzes 1983 dienen in der Regel mehreren nicht abschließend zu benennenden Zwecken. Das jeweilige Merkmal darf aber nicht isoliert gesehen werden. Denn nur in der Kombination mit weiteren Merkmalen - in Abhängigkeit von den jeweiligen Fragestellungen - sind die vielfältigen von der Bundesregierung in ihrer Stellungnahme im einzelnen genannten Zwecke zu erfüllen. Deshalb werden die Daten gerade in ihrer Gesamtheit benötigt.
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2. Indessen bedarf es zur Sicherung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung noch ergänzender verfahrensrechtlicher Vorkehrungen für Durchführung und Organisation der Datenerhebung. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen (oben C II 2 b bb) sind für die durch das Volkszählungsgesetz 1983 vorgesehene Erhebung nur zum Teil erfüllt. Zwar trägt § 11 BStatG dem Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ![]() ![]() | |
a) Es bestehen Aufklärungspflichten und Belehrungspflichten. Zwar braucht der Auskunftspflichtige sich nicht mit anderen einem Haushalt zurechnen zu lassen, sondern wird, sofern er es wünscht, anhand eines eigenen Haushaltsbogens gezählt; denn § 5 Abs. 1 VZG 1983 sieht grundsätzlich eine persönliche Auskunftspflicht jedes einzelnen Bürgers vor. Auch steht diesem - wie bereits ausgeführt - das Recht zu, den ausgefüllten Erhebungsbogen in verschlossenem Umschlag dem Zähler zu übergeben, bei der Zählungsdienststelle abzugeben oder ihn ihr mit der Post zuzusenden. Diese Rechte sind für den Bürger bei Massenerhebungen der streitigen Art aber nur schwer erkennbar und der gesetzlichen Regelung erst im Wege der Auslegung zu entnehmen; die vorgesehene Durchführung der Erhebung lenkt von ihnen eher ab. Daher hat der Gesetzgeber sicherzustellen, daß die Bürger über diese Rechte schriftlich belehrt werden. Auch ist deutlich kenntlich zu machen, soweit bestimmte Angaben (wie etwa die Telefonnummer) lediglich auf freiwilliger Basis erhoben werden.
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b) Die zur Identifizierung dienenden Merkmale (insbesondere Namen, Anschriften, Kennummern und Zählerlistennummern) sind zum frühest möglichen Zeitpunkt zu löschen und bis dahin von den übrigen Angaben getrennt unter Verschluß zu halten. ![]() ![]() | |
c) Den Bürgern treten Zähler entgegen, die Einblick in die Unterlagen erhalten, wenn der ausgefüllte Erhebungsbogen offen abgegeben wird. Deshalb müssen Maßnahmen getroffen werden, um Interessenkollisionen möglichst zu vermeiden. Dem Schutzbedürfnis wird zwar schon weitgehend durch die aufgeführten Möglichkeiten der Abgabe des ausgefüllten Fragebogens Rechnung getragen. Dies allein reicht jedoch bei einer Massenerhebung mit etwa 600.000 Zählern (vgl. BTDrucks 9/451, S. 10) für einen effektiven Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht aus. Mit Recht haben die Datenschutzbeauftragten deshalb in ihrer Besprechung vom 22. März 1983 angeregt, auf den Einsatz von Zählern zu verzichten, bei denen im Hinblick auf ihre dienstliche Tätigkeit Interessenkonflikte nicht auszuschließen sind. Als weitere Maßnahme ist eine Vorschrift geboten, daß Zähler - darüber besteht zwischen dem Bundesminister des Innern und den Datenschutzbeauftragten Einvernehmen - nicht in der unmittelbaren Nähe ihrer Wohnung eingesetzt werden sollen, damit in der Nachbarschaft die Auskunftsbereitschaft nicht beeinträchtigt wird.
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d) Schließlich hat der Gesetzgeber dafür Sorge zu tragen, daß der Inhalt des Fragebogens mit dem Gesetz übereinstimmt. So ist es nicht angängig, alle Auskunftspflichtigen von vornherein nach Haushalten zu erfassen, obwohl § 5 VZG 1983 grundsätzlich eine persönliche Auskunftspflicht jedes Bürgers vorsieht. Auch darf der Inhalt der einzelnen Fragen im Fragebogen nicht weiter gehen, als der Gesetzestext es zuläßt. Die Entscheidung, wie die Erfüllung dieser Anforderungen an den Fragebogen sicherzustel ![]() ![]() | |
IV.
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1. Die zu statistischen Zwecken erhobenen, noch nicht anonymisierten, also noch personenbezogenen Daten dürfen - wie bereits ausgeführt (oben C II 2 cc) - kraft ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung weitergeleitet werden, soweit und sofern dies zur statistischen Aufbereitung durch andere Behörden erfolgt und wenn dabei die zum Schutz des Persönlichkeitsrechts gebotenen Vorkehrungen, insbesondere das Statistikgeheimnis und das Gebot der Anonymisierung, in gleicher Weise zuverlässig sichergestellt sind wie bei den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder. Würden hingegen personenbezogene, nicht anonymisierte Daten, die zu statistischen Zwecken erhoben wurden und nach der gesetzlichen Regelung dafür bestimmt sind, für Zwecke des Verwaltungsvollzuges weitergegeben (Zweckentfremdung), würde in unzulässiger Weise in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Es kann offenbleiben, ob eine direkte Weiterleitung dieser Daten generell und selbst dann als unvereinbar mit dem Grundsatz der Trennung von Statistik und Vollzug zu beanstanden wäre, wenn der Gesetzgeber diese Weiterleitung ausdrücklich vorsähe. Es bedarf auch keiner abschließenden Erörterung, ob die gleichzeitige Durchführung einer an sich statthaften Erhebung personenbezogener Daten für statistische Zwecke mit einer an sich statthaften Erhebung personenbezogener Daten für bestimmte Zwecke des Verwaltungsvollzugs auf verschiedenen Bögen (kombinierte Erhebung) zulässig wäre. Sowohl die direkte Übermittlung von zu statistischen Zwecken erhobenen Daten als auch die kombinierte Erhebung wären schon deshalb nicht bedenkenfrei, weil die Verknüpfung zweier unterschiedlicher Zwecke mit unterschiedlichen Anforderungen den Bürger angesichts der für ihn undurchsichtigen Möglichkeiten der ![]() ![]() | |
Eine Regelung, die dennoch beide Zwecke gleichzeitig erreichen will, ist zur Erreichung der beabsichtigten Zwecke jedenfalls dann untauglich und damit verfassungswidrig, wenn sie tendenziell Unvereinbares miteinander verbindet. In einem solchen Fall kann die Verbindung statistischer Zwecke mit Verwaltungsvollzugszwecken in einer Zählung nicht nur zu Unklarheit und Unverständlichkeit der Norm führen, sondern bewirkt darüber hinaus ihre Unverhältnismäßigkeit. Anders als bei Datenerhebungen zu ausschließlich statistischen Zwecken ist hier eine enge und konkrete Zweckbindung der weitergeleiteten Daten unerläßlich (oben C II 2 a). Zudem ist das Gebot der Normenklarheit von besonderer Bedeutung. Der Bürger muß aus der gesetzlichen Regelung klar erkennen können, daß seine Daten nicht allein zu statistischen Zwecken verwendet werden, für welche konkreten Zwecke des Verwaltungsvollzugs seine personenbezogenen Daten bestimmt und erforderlich sind und daß ihre Verwendung unter ![]() ![]() | |
2. Die Kombination der Volkszählung für statistische Zwecke mit dem Melderegisterabgleich nach § 9 Abs. 1 VZG 1983 entspricht nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
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a) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer fehlt dem Bund zur Regelung des Melderegisterabgleichs allerdings nicht die Zuständigkeit; sie ist nach Art. 75 Nr. 5 GG gegeben.
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Die Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 75 GG) gestattet diesem nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch Vollregelungen für einzelne Teile einer Gesetzgebungsmaterie, sofern dem Landesgesetzgeber für die Gesamtmaterie noch ausreichender Regelungsspielraum verbleibt, den dieser aufgrund eigener Entschließung ausfüllen kann (vgl. BVerfGE 43, 291 [343] - Numerus clausus). Da § 9 Abs. 1 Satz 1 VZG 1983 nur die Möglichkeit des Melderegisterabgleichs einräumt, bleibt dem Landesgesetzgeber, der sowohl das Ob als auch das Wie des Abgleichs der Angaben der Volkszählung nach § 2 Nr. 1 und 2 VZG 1983 bestimmen kann, noch ausreichender Regelungsspielraum, den er aufgrund eigener Entschließung ausfüllen kann, aber nicht muß. Die Entscheidung darüber, ob ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung des Melderegisterabgleichs im Sinne des Art. 72 Abs. 2 GG besteht, ist in das Ermessen des Bundesgesetzgebers gestellt (vgl. BVerfGE 33, 224 [229]; st Rspr). Für den Melderegisterabgleich besteht nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung zur Wahrung der Rechtseinheit oder Wirtschaftseinheit (Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG); denn die Berichtigung der Melderegister sollte insbesondere im Hinblick auf § 12 Abs. 2 des Melderechtsrahmengesetzes (MRRG) vom 16. August 1980 (BGBl. I S. 1429) in allen Bundesländern zur gleichen Zeit und in gleichem Umfang erfolgen. Da somit die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung des Melderegisterabgleichs nach Art. 75 Nr. 5 GG gegeben ist, kann dahingestellt bleiben, ob seine Zuständigkeit zu dieser Regelung auch aus Art. 73 Nr. 11 GG folgt.
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§ 9 Abs. 1 Satz 1 VZG 1983 gestattet den Gemeinden, bestimmte Angaben aus den Erhebungsunterlagen mit den Melderegistern zu vergleichen und zu deren Berichtigung zu verwenden. Ausgewählte Personendaten der Volkszählung 1983 können so nicht nur zu statistischen Zwecken, sondern zusätzlich zu einem Verwaltungsvollzug verwandt werden, dem keine konkrete Zweckbindung entspricht. Zwar ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung, daß die gemäß § 2 Nr. 1 und 2 VZG 1983 erhobenen Daten nicht nur zu statistischen Zwecken, sondern zusätzlich für den Melderegisterabgleich erhoben werden; es ist jedoch infolge der Aufgaben der Meldebehörden, die Daten ihrerseits nach Maßgabe des Vierten Abschnitts des Melderechtsrahmengesetzes und der entsprechenden Vorschriften der Länder weiterzugeben, nicht vorhersehbar, zu welchem konkreten Zweck welche Behörden die Daten verwenden. Dies hat zur Folge, daß sich die Zwecke beider Erhebungen (Statistik - Melderegisterabgleich) nicht nur gegenseitig beeinträchtigen, sondern sogar ausschließen; denn während die Effizienz der Statistik eine strenge Beachtung des Statistikgeheimnisses verlangt, ist dieses, wie die weitergehenden Übermittlungsregelungen des Melderechtsrahmengesetzes zeigen, mit den Aufgaben der Meldebehörden (§ 1 Abs. 3 MRRG) unvereinbar.
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Wie sehr durch die gleichzeitige Verfolgung beider Zwecke die Funktionsfähigkeit der amtlichen Statistik gefährdet wird, die ein Kernstück der statistischen Bestandsaufnahme bildet (vgl. Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes über eine Volkszählung, Berufszählung, Wohnungszählung und Arbeitsstättenzählung - Volkszählungsgesetz 1982 [BTDrucks 9/451, S. 7, A I]), hat auch der Gesetzgeber gesehen; denn in § 9 Abs. 1 Satz 2 hat er es ausdrücklich untersagt, aus den statistischen Einzelangaben ![]() ![]() | |
3. Auch § 9 Abs. 2 VZG 1983 verstößt gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Diese Vorschrift gestattet die Übermittlung von personenbezogenen Einzelangaben an die fachlich zuständigen obersten Bundesbehörden und Landesbehörden sowie an die von ihnen bestimmten Stellen, soweit diese personenbezogenen Daten von den Empfängern zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben benötigt werden. Sie geht über § 11 Abs. 5 und 6 BStatG hinaus, da die Daten lediglich ohne Namen, nach § 9 Abs. 2 Satz 2 VZG 1983 auch ohne die Angaben der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft übermittelt werden können und dem Betroffenen daher noch ohne Schwierigkeiten zuzuordnen sind. Ob die Übermittlung nur zu statistischen Zecken oder auch für den ![]() ![]() | |
4. § 9 Abs. 3 VZG 1983 verstößt ebenfalls gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
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a) Satz 1 des § 9 Abs. 3 VZG 1983 ermöglicht es, die mit Hilfe der Gemeinden erhobenen personenbezogenen Daten ohne Namen auch dem kommunalen Bereich für bestimmte Verwaltungszwecke zur Verfügung zu stellen. Übermittelt werden dürfen die erforderlichen (personenbezogenen) Einzelangaben über die nach den §§ 2 bis 4 VZG 1983 erfaßten Tatbestände - mit Ausnahme der nach § 4 Nr. 1 Buchstabe c und § 4 Nr. 3 Buchstabe c VZG 1983 verlangten Angaben und des Merkmals der rechtlichen Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft - für Zwecke der Regionalplanung, des Vermessungswesens, der gemeindlichen Planung und des Umweltschutzes. Zu welchem konkreten Zweck die Daten indessen weitergegeben werden, insbesondere ob nur zu statistischen oder auch zu Verwaltungsvollzugszwecken, ist danach nicht hinreichend erkenn ![]() ![]() ![]() ![]() | |
b) Auch Satz 2 des § 9 Abs. 3 VZG 1983 verstößt gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Für eigene statistische Aufbereitungen können den Gemeinden und Gemeindeverbänden nach dieser Vorschrift die nach den §§ 2 bis 4 VZG 1983 erfaßten Tatbestände sogar einschließlich der Namen zur Verfügung gestellt werden.
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Zwar begrenzt die Bestimmung damit die Verwendung personenbezogener Einzelangaben im kommunalen Bereich auf statistische Aufbereitungen. Unberücksichtigt bleibt jedoch, daß es zur Sicherung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Bürger darüber hinaus bei der Verarbeitung personenbezogener Daten auch außerhalb der Statistischen Ämter einer Organisation bedarf, welche die Zweckbindung ebenso sichert wie innerhalb der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder. Eine derartige Sicherung ist insbesondere deshalb geboten, weil in vielen Gemeinden keine für die Bearbeitung von Statistiken zuständigen Stellen vorhanden sind, so daß eine ausschließlich für statistische Zwecke vorgesehene Nutzung der Daten nicht als ausreichend gewährleistet angesehen werden kann. Hinzu kommt, daß die Kommunalstatistik im Gegensatz zur Bundesstatistik nicht gesetzlich geregelt und damit von anderen Verwaltungsaufgaben nicht von vornherein abgeschottet ist. Damit ist der Datenfluß personenbezogener Daten über die nach den §§ 2 bis 4 VZG 1983 erfaßten Tatbestände innerhalb der Kommunen und ihrer Verbände nur unzureichend allein durch die Verwendungsschranke "statistische Aufbereitungen" gehemmt. Diese Formulierung ist aber so ungenau, daß sie herangezogen werden kann, um die verschiedensten Aktivitäten zu decken. Im kommunalen Bereich sind die Grenzen statistischer Nutzung fließend: Darunter werden nicht nur herkömmliche Tabellenwerke verstanden, sondern auch Spezialaufbereitungen für Planungszwecke, die bei kleinräumigem Bezug - wegen des besonders großen Zusatzwissens ![]() ![]() | |
5. Demgegenüber verletzt § 9 Abs. 4 VZG 1983 nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Diese Vorschrift gestattet für wissenschaftliche Zwecke die Übermittlung bestimmter Einzelangaben an Amtsträger und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete. Die Übermittlung hat sich in den Grenzen des für wissenschaftliche Zwecke Erforderlichen zu halten; Name und Anschrift dürfen überhaupt nicht weitergegeben werden. Die Regelung folgt damit der Erkenntnis, daß für die meisten Untersuchungsbereiche ein direkter Personenbezug nicht erforderlich ist; denn der Wissenschaftler ist regelmäßig nicht an der einzelnen Person interessiert, sondern an dem Individuum als Träger bestimmter Merkmale. Da bei den Übermittlungsadressaten des § 9 Abs. 4 VZG 1983 regelmäßig kaum Zusatzwissen vorhanden sein wird, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand und Verfahrensstand nicht davon auszugehen, daß der Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts bei der Verarbeitung von Daten nach § 9 Abs. 4 VZG 1983 über die durch § 5 BDSG, § 11 Abs. 5 BStatG, § 9 Abs. 5 VZG 1983 und die Kontrolle der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder gewährleisteten ![]() ![]() | |
V.
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Die Beschwerdeführer werden nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.
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1. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nicht nur das formelle Recht und die Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes; der Bürger hat einen substantiellen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (BVerfGE 53, 115 [127f]; st Rspr). Würde das Volkszählungsgesetz 1983 demnach verhindern, daß der Bürger Kenntnis davon erlangen könnte, wer wo über welche seiner personenbezogenen Daten in welcher Weise und zu welchen Zwecken verfügt, so wäre sein Rechtsschutz verfassungsrechtlich unzureichend. Gerade deshalb verpflichtet Art. 19 Abs. 4 GG die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, die Übermittlung personenbezogener Daten zu protokollieren, so daß der Bürger von der Weitergabe seiner Daten gemäß § 13 BDSG und den entsprechenden Vorschriften der Datenschutzgesetze der Länder Kenntnis erlangen und dagegen den Rechtsweg beschreiten kann.
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2. Auch § 5 Abs. 2 VZG 1983, der die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen die Aufforderung zur Auskunftserteilung ausschließt, ist mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar.
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Der Rechtsweggarantie kommt auch die Aufgabe zu, irreparable Entscheidungen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer staatlichen Maßnahme eintreten können, soweit als möglich auszuschließen (BVerfGE 35, 263 [274]; 51, 268 [284]; 53, 30 [67f]). Aus dieser grundsätzlichen Garantie folgt zugleich das Verfassungsgebot, möglichst zu verhindern, daß durch die sofortige Vollziehung Tatsachen geschaffen werden, die auch dann nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wenn sie sich bei richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweisen sollten (vgl. BVerfGE 35, 382 [401f]; 37, 150 [153]). Andererseits gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen im Verwaltungsprozeß nicht schlechthin. Überwiegende ![]() ![]() | |
Bei Volkszählungen wäre eine vollständige Erhebung, die insbesondere als Informationsbasis für regional bezogene Entscheidungen unentbehrlich ist, für die Dauer der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Aufforderung zur Auskunftserteilung ausgeschlossen. Das Ziel der Volkszählung wäre ohne § 5 Abs. 2 VZG 1983 gefährdet. Die besonderen Umstände der Volkszählung, die auf vollständige Angaben zu einem Stichtag angewiesen ist, rechtfertigen es, den Rechtsschutzanspruch des einzelnen Bürgers einstweilen zurückzustellen.
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VI.
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1. Da die Absätze 1 bis 3 des § 9 VZG 1983 mit dem Grundgesetz unvereinbar sind und die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzen, sind diese Vorschriften gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG für nichtig zu erklären. Gründe, die es ausnahmsweise zulassen, von einer Nichtigerklärung abzusehen, liegen nicht vor.
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2. Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen beruht auf § 34 Abs. 3 und 4 BVerfGG.
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Da die Verfassungsbeschwerden Anlaß zur Gesamtüberprüfung des Gesetzes gegeben und zu wesentlichen Beanstandungen geführt haben, ist es gerechtfertigt, eine Auslagenerstattung auch insoweit anzuordnen, als die Verfassungsbeschwerden erfolglos geblieben sind.
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