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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
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38. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. Juni 1996 i.S. Urs Wegmann gegen Politische Gemeinde Wartau und Regierung des Kantons St. Gallen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 84 ff., Art. 97 ff. OG; Abgrenzung Verwaltungsgerichtsbeschwerde - staatsrechtliche Beschwerde. |
Art. 2 Abs. 4 WaG, Art. 1 WaV; Waldfeststellung, Waldeigenschaften. |
2. Zweck des Waldfeststellungsverfahrens, Einbezug von über das Waldrecht hinausgehenden Fragen (E. 2)? |
3. Bestimmung der Minimalbreite einer Bestockung (Art. 1 Abs. 1 lit. b WaV); Vorgehen, wenn dem Bundesrecht und dem kantonalen Recht keine ausdrückliche Vorschrift zu entnehmen ist (E. 4). |
4. Eine Bestockung erfüllt in besonderem Masse Wohlfahrtsfunktionen (Art. 2 Abs. 4 Satz 2 WaG), wenn sie - wie eine Bachuferbestockung - in den Schutzbereich des Gewässerschutz-, des Wasserbau- sowie des Natur- und Heimatschutzgesetzes und allenfalls des Fischereigesetzes des Bundes fällt (E. 5). |
Art. 4 BV; rechtliches Gehör; Kostenverlegung im Einspracheverfahren. |
5. Dem Einsprecher dürfen in einem seine Parzelle betreffenden, von Amtes wegen eingeleiteten Waldfeststellungsverfahren keine amtlichen Kosten (einschliesslich Vermessungskosten) auferlegt werden, wenn er vor Erlass der Waldfeststellungsverfügung nicht angehört wurde (E. 6). | |
Sachverhalt | |
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Im Rahmen der in der Gemeinde Wartau laufenden Zonenplanrevision und den dabei notwendigen Abgrenzungen von Baugebiet zu Waldflächen legte das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St. Gallen in bezug auf verschiedene Bestockungen in der Gemeinde, so auch in Saschela/Pulverstampf, die Waldgrenzen gegenüber dem Baugebiet fest. Urs Wegmann erhob gegen die seine Liegenschaften betreffende Waldfeststellung Einsprache. Er beantragte festzustellen, dass es sich beim fraglichen Baumbestand nicht um Wald im Sinne der Waldgesetzgebung des Bundes handle; für den Eventualfall stellte er den Antrag, die Waldgrenze zurückzuversetzen.
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Das Volkswirtschaftsdepartement führte darauf einen Augenschein durch, an welchem der Einsprecher sowie die Vertreter des Kantons übereinkamen, die Stockgrenze neu zu markieren und vermessen zu lassen. Anschliessend gab das Volkswirtschaftsdepartement dipl. Ing. ETH Kreis einen Vermessungsauftrag, worin dieser unter anderem angewiesen wurde, in die Flächenberechnung einen Waldsaum von zwei Metern einzubeziehen. Die Vermessung ergab eine - gegenüber der Waldfeststellungsverfügung gesamthaft leicht vergrösserte - bestockte Fläche von 1'222 m2, die einschliesslich eines Waldsaumes von 2 m zwischen ca. acht und sechzehn Meter breit ist.
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Am 21. Juni 1994 wies das Volkswirtschaftsdepartement die Einsprache von Urs Wegmann ab. Es stellte fest, dass die von dipl. Ing. ETH Kreis ausgemessene Bestockungsfläche Wald im Sinne des Bundesgesetzes über den Wald vom 4. Oktober 1991 (Waldgesetz, WaG; SR 921.0) darstelle. Die Einsprachegebühr sowie die Hälfte der Vermessungskosten wurden Urs Wegmann auferlegt. Dagegen erhob Urs Wegmann Rekurs an die Regierung des Kantons St. Gallen. Er erneuerte die in der Einsprache in der Sache gestellten Anträge; in verfahrensrechtlicher Hinsicht wurde beantragt, die Kosten des Einspracheverfahrens vollumfänglich auf die Staatskasse zu verlegen.
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Das Bundesgericht heisst die beim ihm gegen den Regierungsentscheid erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde teilweise gut und hebt den angefochtenen Entscheid insoweit auf, als er die Kostenverlegung der beiden kantonalen Rechtsmittelverfahren betrifft. Im übrigen wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen.
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Aus den Erwägungen: | |
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b) Es fragt sich, ob die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch gegeben ist, soweit der Beschwerdeführer die gestützt auf kantonales Recht getroffene Kostenverlegung im Einspracheverfahren beanstandet. Er rügt dabei nicht, die fragliche Kostenauflage laufe auf eine Vereitelung des Waldrechtes des Bundes hinaus oder erschwere in anderer Weise die Anwendung der Waldgesetzgebung. Kritisiert wird vielmehr, sie lasse sich im Lichte des Anspruches auf rechtliches Gehör (Art. 4 BV) nicht halten.
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aa) In der Bundesverwaltungsrechtspflege gilt der Grundsatz der "Einheit des Prozesses" (FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 106 f. und 237 f.). Das bedeutet, dass Verfügungen über Verfahrenskosten und Parteientschädigungen, sofern sie sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen (Art. 5 VwVG in Verbindung mit Art. 97 OG), der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht (und nicht der Beschwerde an den Bundesrat) unterliegen, falls das erstgenannte Rechtsmittel in der Hauptsache gegeben ist (Art. 101 lit. b OG). Diese Regel gilt sinngemäss, wenn eine auf öffentliches Recht des Bundes ![]() | 9 |
bb) Anders verhält es sich, wenn die Hauptsache zwar vom Bundesverwaltungsrecht geregelt wird, vor Bundesgericht aber ausschliesslich der Kostenpunkt beanstandet wird und sich dieser auf kantonales Recht stützt. In solchen Fällen liegt keine mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbare Verfügung (Art. 5 VwVG, Art. 97 OG) vor und ist eine Eingabe als staatsrechtliche Beschwerde zu behandeln, sofern die entsprechenden Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (Urteil des Bundesgerichtes vom 20. Dezember 1993, E. 1, in Bernische Verwaltungsrechtsprechung [BVR] 1994 S. 335 f.; BGE 112 V 106 E. 2c). Die staatsrechtliche Beschwerde ist weiter gegen auf kantonalem Verfahrensrecht beruhende Revisionsentscheide gegeben, mit denen nach Erlass einer der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegenden Verfügung nach Art. 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700) in Abänderung des Sachentscheides eine Parteientschädigung zugesprochen wird (BGE 117 Ib 216). Nicht selbständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar sind zudem kantonalrechtliche Kostenentscheide, wenn das Bundesgericht mangels Legitimation des Beschwerdeführers auf die an sich gegebene Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Sachentscheid nicht eintreten und diesen daher nicht ändern kann (BGE 99 Ib 211 E. 5); eine auch nur mittelbare Überprüfung des Sachentscheides über die Anfechtung des Kostenspruches mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist damit ausgeschlossen.
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cc) Im vorliegenden Fall geht es um ein von Amtes wegen eingeleitetes Verfahren, das in eine erstinstanzliche Verfügung mündet und die anschliessend (zunächst) mit Einsprache angefochten werden kann. Im Gegensatz zu den vorstehend (E. 1b/bb) zitierten Fällen steht die vom Volkswirtschaftsdepartement im Einspracheverfahren getroffene und von der Regierung geschützte Kostenverlegung in einem unmittelbaren Sachzusammenhang mit der Frage, ob und in welchem Umfange die Bestockung auf den Liegenschaften des Beschwerdeführers Wald im Rechtssinne darstellt.
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c) Nachdem auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten.
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d) Der rechtserhebliche Sachverhalt ergibt sich aus den anschaulichen Fotodokumentationen, aber auch aus den übrigen Verfahrensakten einschliesslich der verschiedenen Pläne. Auf die Durchführung eines Augenscheines kann daher verzichtet werden.
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b) Mit dieser Argumentation verkennt der Beschwerdeführer den Zweck des Waldfeststellungsverfahrens. Dieses dient der Klärung, ob eine Bestockung jene gesetzlichen Eigenschaften erfüllt, welche Voraussetzungen dafür sind, dass von Wald im Sinne der Waldgesetzgebung zu sprechen ist (Art. 2 WaG, Art. 1-3 WaV). Der Einbezug weiterer Rechtsfragen ist grundsätzlich nicht vorgesehen (BGE 118 Ib 433 E. 3a; vgl. immerhin die nachstehende E. 5). Art. 13 Abs. 1 WaG hält fest, dass in den Bauzonen gestützt auf rechtskräftige Waldfeststellungsverfügungen die Waldgrenzen einzutragen sind. Daraus folgt, dass sich bei der (erstmaligen) Abgrenzung von Wald mit Bauzonen das Baugebiet in der Regel am Bestehen von Wald zu orientieren hat - und nicht das Waldareal an der Ausdehnung der Bauzonen. Erst im Rodungsverfahren (Art. 11 in Verbindung mit Art. 5 WaG) und - je nach konkreter Ausgestaltung des kantonalen Rechts - im Verfahren auf Festsetzung von Waldabstandslinien bzw. Bewilligung eines Unterabstandes ist Raum für eine Interessenabwägung, wie sie der Beschwerdeführer verlangt.
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3. a) Gemäss Art. 2 WaG gilt jede Fläche als Wald, die mit Waldbäumen oder -sträuchern bestockt ist und Waldfunktionen (Schutz-, Nutzungs- oder ![]() | 17 |
Innerhalb eines bestimmten Rahmens können die Kantone bestimmen, ab welcher Breite, welcher Fläche und welchem Alter eine ins Baugebiet einwachsende Fläche sowie ab welcher Breite und welcher Fläche eine andere Bestockung als Wald gilt (Art. 2 Abs. 4 Satz 1 WaG). Diesen Rahmen legte der Bundesrat wie folgt fest (Art. 1 Abs. 1 WaV):
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a) Fläche mit Einschluss eines zweckmässigen Waldsaumes: 200-800 m2;
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b) Breite mit Einschluss eines zweckmässigen Waldsaumes: 10-12 m;
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c) Alter der Bestockung auf Einwuchsflächen: 10-20 Jahre.
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Erfüllt eine Bestockung in besonderem Masse Wohlfahrts- oder Schutzfunktionen im Sinne von Art. 1 Abs. 1 lit. c WaG, so sind die kantonalen Kriterien nicht massgebend; die Bestockung gilt unabhängig von ihrer Fläche, ihrer Breite oder ihrem Alter als Wald (Art. 2 Abs. 4 Satz 2 WaG und Art. 1 Abs. 2 WaV).
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b) Die Kantone vollziehen die Waldgesetzgebung und erlassen innert fünf Jahren Ausführungsvorschriften (Art. 50 Abs. 1 WaG, Art. 66 WaV). Der Kanton St. Gallen hat diesen Auftrag erfüllt und sein Forstgesetz vom 1. Dezember 1970 (ForstG) am 12. Januar 1995 der Bundesgesetzgebung angepasst. Bereits am 20. Dezember 1994 wurde die Vollzugsverordnung zum Forstgesetz vom 17. August 1971 (VVForstG) mit Blick auf die durch das Waldgesetz und die Waldverordnung geschaffenen Neuerungen revidiert. Gemäss Art. 2 ForstG bestimmt der Regierungsrat durch Verordnung die Werte, ab denen eine bestockte Fläche als Wald gilt. Nach Art. 1 Abs. 1 VVForstG stellt eine Bestockung Wald dar, wenn es sich in der Bauzone um eine Fläche ab 800 m2 mit einer Breite ab 12 m, je unter Einschluss eines zweckmässigen Waldsaumes, handelt; überdies muss die Bestockung auf einer Einwuchsfläche 15 Jahre oder älter sein. Als zweckmässiger Waldsaum gilt in der Regel ein Streifen vom 2 m Breite (Art. 1 Abs. 2 VVForstG).
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Das Kantonsforstamt St. Gallen, welches als Fachbehörde für den Vollzug der Forstgesetzgebung zuständig ist (Art. 9 ForstG), hat Richtlinien für die Waldfeststellung erlassen. Gemäss Ziffer 1 der Richtlinien in der ![]() | 24 |
c) Die Beurteilung der Beschwerde hat von den vorstehend erwähnten Rechtsgrundlagen auszugehen. In tatsächlicher Hinsicht sind sich die Verfahrensbeteiligten im wesentlichen darüber einig, dass vom Bestand jener Bestockung auszugehen ist, die anlässlich des vom Volkswirtschaftsdepartement durchgeführten Augenscheines neu markiert und anschliessend durch den Geometer vermessen wurde. Dies entspricht der Bestockung, die in dem Einspracheentscheid beigefügten Plan eingezeichnet ist. Die unterschiedlichen Auffassungen beziehen sich primär auf die rechtliche Würdigung der Bestockung bzw. einzelner ihrer Bestandteile.
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Die langgezogene Bestockung weist eine Länge von rund 100 m und eine Gesamtfläche von 1'222 m2 auf. Sie ist (immer einschliesslich eines 2 m breiten Waldsaumes) durchschnittlich 12,22 m breit. Im östlichen und westlichen Drittel beträgt die Breite zwischen 12-16 m mit Verjüngungen gegen die Bestockungsenden; im mittleren Bereich ist die Bestockung auf einer Länge von ungefähr 33 m weniger als 12 m breit, an der schmalsten Stelle knapp 8 m. Der Hauptbestand des Wuchses setzt sich aus einheimischen Waldbäumen, vorwiegend Esche, Buche, Ahorn, Kirschbaum und Birke, zusammen. Das Areal des Waldsaumes ist durch menschliche Eingriffe gezeichnet und kaum mehr natürlich. Die kantonalen Behörden wie auch das EDI als zuständige Fachbehörde des Bundes gehen von einem Kernbestand von Bäumen aus, der älter als 15 Jahre ist.
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b) Lässt sich dem Bundesrecht und dem kantonalen Recht keine ausdrückliche Vorschrift entnehmen, mit welcher Methode im Einzelfall die Mindestbreite einer Bestockung zu bestimmen ist, so ist entsprechend der allgemeinen bundesgerichtlichen Praxis zum Wald- und Forstrecht ein nicht allzu schematisches Vorgehen angezeigt. Eine sachgerechte Lösung, die sich mit Sinn und Zweck des Waldgesetzes verträgt, kann nur in Würdigung aller qualitativen und quantitativen Aspekte der Bestockung gefunden werden (BGE 122 II 72 E. 3b; BGE 114 Ib 224 E. 9ab; BGE 107 Ib 50 E. 4b). Ihre konkrete Ausdehnung ist daher im Lichte von Art. 1 und 2 WaG sowie von Art. 1 WaV und den sachbezüglichen kantonalen Vorschriften in ihrer Gesamtheit zu würdigen (BGE 108 Ib 509 E. 5).
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c) Mit Blick auf diese Rechtsprechung und die vorstehend genannten allgemeinen Grundsätze kann es nicht angehen, im vorliegenden Fall einzig darauf abzustellen, dass die Uferbestockung im Mittelbereich auf einer Länge von gut 33 m weniger als 12 m breit ist, zumal dieser Teil nicht bloss eine Baumreihe darstellt, welche in aller Regel nicht Wald im Rechtssinne wäre (Urteil des Bundesgerichtes vom 4. Juni 1986, E. 2e, in ZBl. 89/1988 S. 84). Massgebend für das Bestehen der Waldqualität ist vielmehr als erstes, dass die gesetzliche Mindestbreite von 12 m bei einer Gesamtfläche von 1'222 m2 und einer Länge von 100 m im Durchschnitt (12,22 m) gegeben ist. Sieht man von den spitz auslaufenden Enden ab, ist insgesamt auf einer Länge von gut zwei Dritteln der Uferbestockung die Mindestbreite eingehalten. Sodann ist entscheidend, dass der Bestockungszusammenhang im mittleren Bereich der Bachbestockung nicht unterbrochen ist. Aufgrund der Akten, namentlich der Photodokumentationen und des vom Beschwerdeführer aufgelegten Planes im Massstab 1:250, auf welchem die einzelnen Bäume eingetragen sind, ist festzustellen, dass sowohl auf der Kronen- als auch auf der Stockebene ein ununterbrochener Wuchszusammenhang besteht (zur Bedeutung des Wuchszusammenhanges für die Waldfeststellung: BGE 118 Ib 614 E. 5b; BGE 113 Ib 357 E. 2g; BGE 111 Ib 300 E. 2).
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Diese Bewertung erfolgt unter Berücksichtigung eines "zweckmässigen" Waldsaumes (Art. 1 Abs. 1 lit. b WaV). Er beträgt 2 m (Art. 1 Abs. 2 VVForstG). Dass ein natürlicher Waldsaum zufolge zahlreicher menschlicher Eingriffe heute fehlt, hat entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht zur Folge, dass der Saum nicht mitzuberechnen wäre; die Messmethode muss in jedem Fall einen solchen Saum enthalten (STEFAN M. JAISSLE, Der dynamische Waldbegriff und die Raumplanung, Diss. Zürich 1994, S. 67 f.).
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b) Das Bundesgericht hat bereits im nicht veröffentlichten Urteil vom 6. Dezember 1994 i.S. Gemeinde Risch (E. 6a) festgehalten, dass einer Uferbestockung wegen ihrer Bedeutung als Landschaftselement unter gewissen Voraussetzungen in besonderem Masse Wohlfahrtsfunktion zukommen könne. Diese Voraussetzungen ergeben sich aus dem Bundesrecht, namentlich aus den Vorschriften über den Schutz der immer seltener werdenden natürlichen Gewässerläufe sowie ihrer Ufervegetation und -bestockung (zu den verstärkt in diese Richtung zielenden Bestrebungen des Bundes im Rahmen neuerer Gesetzesrevisionen: BBl. 1987 II 1140 ff. und 1991 III 1144). So wollen das Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer vom 24. Januar 1991 (Gewässerschutzgesetz, GSchG; SR 814.20) und das Bundesgesetz über den Wasserbau vom 21. Juni 1991 (Wasserbaugesetz, WBG; SR 721.100) natürliche und bewaldete Bachläufe als wertvolle Landschaftselemente so weit wie möglich erhalten; sind sie bereits beeinträchtigt, soll ihre Renaturierung gefördert werden (Art. 37 Abs. 2 GSchG, Art. 4 Abs. 2 WBG).
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Das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG; SR 451) verstärkt diesen Schutz zusätzlich. Gemäss Art. 21 Abs. 1 NHG darf die Ufervegetation ohne besondere naturschutzrechtliche Bewilligung weder gerodet noch überschüttet noch auf andere Weise zum Absterben gebracht werden (Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 22 NHG). Auch nach dem Bundesgesetz über die Fischerei vom 21. Juni 1991 (Fischereigesetz, BGF; ![]() | 36 |
c) Die Auslegung von Art. 2 Abs. 4 Satz 2 WaG kann wie gesagt nicht losgelöst von diesen umweltrechtlichen Bestimmungen erfolgen. Fällt eine Uferbestockung in den Schutzbereich der erwähnten Vorschriften des Gewässerschutz-, des Wasserbau- und des Natur- und Heimatschutzgesetzes, so erfüllt sie in besonderem Masse Wohlfahrtsfunktionen und stellt sie Wald im Rechtssinne dar, auch wenn sie in bezug auf Alter, Fläche und Ausdehnung die gesetzlichen Minimalvoraussetzungen nicht erfüllt. Dies gilt umso mehr in Fällen, in welchen - wie hier - angenommen werden muss, dass der bestockte Bachlauf auch als Lebensraum für Fischnährtiere dienen könnte und daher insoweit zusätzlich in den Schutzbereich des Fischereigesetzes fällt (vgl. die Amtsauskunft der Jagd- und Fischereiverwaltung des Kantons St. Gallen vom 21. November 1994; BGE 117 Ib 178 E. 4b mit Hinweis).
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a) Nach St. Galler Verfahrensrecht werden die Waldgrenzen in der Bauzone in einem Plan festgelegt und anschliessend öffentlich aufgelegt, ohne zuvor ![]() | 39 |
Wird die Einsprache abgewiesen, hat jener Beteiligte die Verfahrenskosten zu tragen, dessen Begehren ganz oder teilweise abgewiesen wurde (Art. 95 Abs. 1 VRP). In Anwendung dieser Vorschrift hat das Volkswirtschaftsdepartement dem Beschwerdeführer im Einspracheentscheid die gesamten amtlichen Verfahrenskosten und die Hälfte der Kosten für die am Augenschein vereinbarte Neuvermessung der Stockgrenze auferlegt. Ob diese von der Regierung geschützte Kostenverlegung vor Art. 4 BV standhält, prüft das Bundesgericht frei (BGE 119 Ia 260 E. 6a).
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b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheides zur Sache zu äussern (BGE 119 Ia 260 E. 6a; BGE 119 Ib 12 E. 4; GEORG MÜLLER in Kommentar BV, Art. 4 Rz. 105). Sowohl die bundesgerichtliche Rechtsprechung (BGE 112 Ia 5 E. 2c; BGE 104 Ia 69) als auch die Lehre (MÜLLER, a.a.O., Art. 4 Rz. 107; THOMAS COTTIER, Der Anspruch auf rechtliches Gehör [Art. 4 BV], recht 1984, S. 11 f.) anerkennen allerdings, dass die Anhörung unter gewissen Voraussetzungen nachgeholt werden darf. So kann die Anhörung des Betroffenen aus verfahrensökonomischen Gründen in ein Einspracheverfahren (als Rechtsmittelverfahren) verwiesen werden, falls das im Interesse eines rationellen Verwaltungsganges wie etwa bei Massenverfügungen (Renten- oder Stipendienentscheide) angezeigt ist (MÜLLER, a.a.O., Art. 4 Rz. 107, COTTIER, a.a.O., S. 12). Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes lässt zum Beispiel eine nachträgliche ![]() | 41 |
Im Lichte dieser allgemeinen Grundsätze liegt es nicht ohne weiteres auf der Hand, in Waldfeststellungsverfahren zur Abgrenzung des Baugebietes im Rahmen einer Zonenplanrevision die erstmalige Anhörung der Betroffenen erst im Einsprache- bzw. Rechtsmittelverfahren zuzulassen. Wie es sich mit dieser Frage aber letztlich verhält, kann hier offenbleiben. Der Beschwerdeführer beanstandet weniger das Vorgehen der kantonalen Behörden an sich, sondern richtet seine Kritik gegen das bereits in der Gesetzgebung vorgezeichnete Kostenrisiko, das der Einsprecher auf sich zu nehmen habe, um sich überhaupt rechtliches Gehör zu verschaffen.
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d) Der Anspruch auf rechtliches Gehör dient nicht nur der Sachaufklärung, sondern ist auch ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht des Einzelnen beim Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheides (BGE 119 Ia 260 E. 6a; 118 Ia 17 E. 1c). Dieses Recht ist nur wirksam, wenn sich der Bürger in einer ihn betreffenden Sache, in welcher ein Verwaltungsverfahren ohne seinen Willen eröffnet wurde, frei von Kostenrisiken äussern kann. Wäre dem nicht so, würde die Wahrnehmung seiner Rechte erschwert (in diesem Sinne KLAUS REINHARDT, Das rechtliche Gehör in Verwaltungssachen, Diss. Zürich 1968, S. 124). Es kann daher - unter dem Vorbehalt der Trölerei und des Rechtsmissbrauches - verfassungsrechtlich (Art. 4 BV) nicht angehen, im Einspracheverfahren einen Grundeigentümer in einem seine Parzellen betreffenden, von ihm aber nicht angestrengten Waldfeststellungsverfahren mit Entscheidgebühren zu belasten, wenn er vor dem Waldfeststellungsentscheid nicht angehört wurde.
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e) Neben den Einsprachegebühren sind dem Beschwerdeführer die im Einspracheverfahren angefallenen (zusätzlichen) Vermessungskosten zur Hälfte auferlegt worden. Die bloss hälftige Kostenauflage trotz vollumfänglicher Einspracheabweisung rechtfertigte sich in den Augen der kantonalen Behörden, weil der Vertreter des Kantonsforstamtes anlässlich des vom Volkswirtschaftsdepartement durchgeführten Augenscheines im Einvernehmen mit dem heutigen Beschwerdeführer die Waldfläche neu markiert habe; also habe das Departement die Kosten mitverursacht.
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Im Lichte von Art. 4 BV wäre es an sich nicht zu beanstanden, wenn ein Einsprecher Kosten für Beweiserhebungen vorschiessen müsste, weil diese mit verhältnismässig hohem finanziellen Aufwand verbunden sind (vgl. Art. 33 ![]() | 45 |
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b) Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer nur einen Teil der Gerichtsgebühr zu tragen (Art. 156 Abs. 1 und 3 OG); der andere Teil kann dem Kanton St. Gallen gemäss Art. 156 Abs. 2 OG nicht belastet werden. Dieser hat jedoch dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine reduzierte Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 Abs. 1 und 3 OG).
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