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48. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. Müller und Mitb. gegen Übernahmekommission sowie Übernahmekammer der Eidgenössischen Bankenkommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
2A.343/2003 vom 25. August 2004 | |
Regeste |
Art. 20, 32 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a, Art. 52 BEHG; Art. 15, 27 und 31 BEHV-EBK; Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Übernahmeangebots an die Minderheitsaktionäre einer Gesellschaft gestützt auf eine gruppeninterne Übertragung von Aktien ("Quadrant AG"). |
Wird beim Erwerb der Stimmrechte in gemeinsamer Absprache mit Dritten gehandelt, bestimmt sich eine allfällige Angebotspflicht für die Gruppe und die einzelnen Aktionäre bzw. Untergruppen je getrennt, was intertemporalrechtlich dazu führt, dass gegebenenfalls unterschiedliche Grenzwerte zu beachten sind (E. 5). |
Ein Handeln in gemeinsamer Absprache mit Dritten setzt eine minimale innere Finalität und äussere Organisiertheit voraus; es kann rechtsverbindlich auch auf einem konkludenten Verhalten beruhen. Die konzertierte Aktion muss auf die Beherrschung der Gesellschaft ausgerichtet sein; dies ist der Fall, wenn der gemeinsame Erwerb der Aktien die Beherrschung objektiv ermöglicht und aufgrund der Umstände darauf geschlossen werden muss, dass eine solche auch angestrebt ist (E. 6). |
Da das Gesetz auch Sachverhalte der Angebotspflicht unterwirft, für die sie sich vom Regelungszweck her nicht rechtfertigt, ist Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG grosszügig auszulegen und eine Ausnahme bei gruppeninternen Verschiebungen zu gewähren, wenn keine Hinweise für ein Umgehungsgeschäft bestehen oder andere Gründe dagegen sprechen. Entscheidend ist, ob die Verschiebung innerhalb der Gruppe einen Kontrollwechsel bewirkt, der für die Minderheitsaktionäre eine (zusätzliche) Benachteiligung zur Folge hat (E. 7). | |
Sachverhalt | |
1 | |
Bei der Triventus AG handelte es sich um eine Managementgesellschaft, deren Aktien je zu einem Drittel René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk gehörten, welche zusammen sowohl die Geschäftsführung der Triventus AG als auch der Quadrant AG besorgten.
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Mit Meldung vom 28. Oktober 1999 teilte die Triventus AG der Zulassungsstelle der Schweizer Börse mit, dass die C+M Holding AG aus dem Aktionärsbindungspool ausgeschieden sei; dieser werde von den zwei verbleibenden Parteien (Coop Bank und Triventus AG) weitergeführt, die zusammen einen Stimmrechtsanteil von 51,1 % hielten.
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Am 17. Oktober 2000 meldete die Triventus AG, dass der Aktienanteil der Coop Bank an der Quadrant AG unter 5 % der ![]() | 4 |
Am 19. Juni 2001 schlossen die Triventus AG und die Quadrant AG rückwirkend auf den 1. Januar 2001 einen Fusionsvertrag; die Quadrant AG übernahm darin alle Aktiven und Passiven der Triventus AG. Die von der Triventus AG gehaltenen Quadrant-Aktien gingen auf die bisherigen Triventus-Aktionäre (René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk) über.
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An der ordentlichen Generalversammlung vom 14. Mai 2002 beschloss die Quadrant AG, die Einheitsnamenaktie einzuführen. In der Folge hielten die drei Geschäftsführer noch folgende Stimmrechtsanteile:
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B. Mit Empfehlung vom 23. Juli 2002 stellte die Übernahmekommission (UEK) fest, dass René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk seit dem 17. Oktober 2000 verpflichtet seien, den Aktionären der Quadrant AG ein öffentliches Kaufangebot zu unterbreiten; gleichzeitig setzte sie ihnen Frist, um sich zur Höhe des Angebotspreises zu äussern. René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk lehnten am 31. Juli 2002 die Empfehlung ab. Am 16. September 2002 begründeten sie ihren Standpunkt und beantragten für den Fall, dass die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) diese in eine Verfügung gleichen Inhalts umwandeln sollte, ![]() | 7 |
C. Am 18. September 2002 beschloss die Bankenkommission, ein Verwaltungsverfahren zu eröffnen. René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk beantragten am 2. Dezember 2002, die Empfehlung der Übernahmekommission abzulehnen, eventuell sei eine Ausnahme gemäss Art. 32 Abs. 2 lit. a und c BEHG zu gewähren und subeventuell festzustellen, dass die Angebotspflicht konsumiert sei. Der Stellungnahme lag ein Parteigutachten von Prof. Dr. Peter Nobel vom 5. November 2002 über die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht bei (im Folgenden: Gutachten Nobel). Am 14. März 2003 beantragten René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk, die Bank Coop AG und die Quadrant AG zum Verfahren beizuladen. Am 27. März und 9. April 2003 reichten sie unaufgefordert zusätzliche Unterlagen nach.
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D. Mit Schreiben vom 25. März 2003 teilte Adrian Niggli dem Präsidenten der Bankenkommission mit, dass eine ehemalige Mitarbeiterin, von der er sich Mitte 2001 getrennt habe, da sie eine unfreundliche Übernahme der Quadrant AG geplant hätte, mit dem Präsidenten der Übernahmekommission eng befreundet sei; dieser habe mit dem Verfahren seiner Bekannten einen Freundschaftsdienst erweisen wollen.
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Vom Präsidenten der EBK zur Stellungnahme aufgefordert, bestätigte der Präsident der Übernahmekommission, dass die erwähnte Mitarbeiterin seit längerer Zeit mit seiner Frau befreundet und auch ihm bekannt sei. Sie habe ihn im Herbst 2001 auf den Fall angesprochen und gefragt, ob bei diesem nicht eine Angebotspflicht bestehe. Gestützt hierauf habe er seinem Sekretariat den Auftrag erteilt, den Sachverhalt näher abzuklären.
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Am 13. Mai 2003 teilte der Präsident der EBK Adrian Niggli mit, ein allfälliger formeller Mangel würde durch das Verfahren vor der Übernahmekammer der Bankenkommission geheilt, da dieser mindestens die gleiche Kognition zukomme wie der Übernahmekommission.
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1. Es wird festgestellt, dass die Herren Dr. René-Pierre Müller, Küsnacht, Dr. Adrian A. Niggli, Erlenbach, und Dr. Arno A. Schenk, Zumikon, als Aktionäre der Quadrant AG eine Gruppe im Sinne von Art. 15 Abs. 1 und Abs. 2 Bst. c BEHV-EBK bilden.
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2. Es wird festgestellt, dass die Herren Dr. René-Pierre Müller, Dr. Adrian Niggli und Dr. Arno Schenk den Aktionären der Quadrant AG seit dem 17. Oktober 2000 ein öffentliches Übernahmeangebot gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG unterbreiten müssen.
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3. Es wird keine Ausnahme von der Angebotspflicht gewährt.
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4. Das Pflichtangebot muss innerhalb von zwei Monaten nach erfolgter Zustellung dieser Verfügung unterbreitet werden.
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5. Der subeventualiter gestellte Antrag der Herren Dr. René-Pierre Müller, Dr. Adrian Niggli und Dr. Arno Schenk vom 2. Dezember 2002 betreffend die Feststellung, dass die Angebotspflicht konsumiert sei, wird abgelehnt.
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6. Der subeventualiter gestellte Antrag der Herren Dr. René-Pierre Müller, Dr. Adrian Niggli und Dr. Arno Schenk vom 14. März 2003, wonach die Coop Bank und Quadrant AG als Partei durch Beiladung in das Verfahren miteinzubeziehen seien, wird abgelehnt.
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7. Die schriftlichen Eingaben der Herren Dr. René-Pierre Müller, Dr. Adrian Niggli und Dr. Arno Schenk vom 27. März 2003 und 9. April 2003 werden aus dem Recht gewiesen.
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8. (Kosten).
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F. René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk haben am 14. Juli 2003 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie beantragen, die Verfügung der Übernahmekammer der EBK aufzuheben und festzustellen, dass sie nicht verpflichtet seien, den Aktionären der Quadrant AG ein öffentliches Übernahmeangebot zu unterbreiten; eventuell sei die Verfügung aufzuheben und die Sache an die Übernahmekommission oder an die Vorinstanz zurückzuweisen; subeventuell sei gestützt auf Art. 32 Abs. 2 BEHG eine Ausnahme von der Angebotspflicht zu gewähren oder die Vorinstanz anzuweisen, die Gewährung einer solchen zu prüfen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, hebt die angefochtene Verfügung auf und weist die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Eidgenössische Bankenkommission zurück.
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23 | |
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2.2 Was die Übernahmekommission gemeint hat, ist indessen nicht entscheidend: Die Bankenkommission hat eine Ausnahme klar und eindeutig abgelehnt. Zwar kann in einem Rechtsmittelverfahren vor oberer Instanz der Streitgegenstand grundsätzlich nur eingeschränkt, jedoch nicht mehr erweitert werden (vgl. FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 45). Die Übernahmekommission ist indessen keine verfügende Vorinstanz der EBK; sie kann den Beteiligten gegenüber lediglich Empfehlungen erlassen (Art. 23 Abs. 3 BEHG; BGE 129 II 183 E. 4.2 S. 190). Werden diese abgelehnt oder missachtet, entscheidet die Bankenkommission (vgl. Art. 23 Abs. 4 BEHG; BGE 130 II 351 E. 3.3.2 S. 359). Dies gilt auch für die Gewährung von Ausnahmen (Art. 35 Abs. 1 und 2 der Verordnung vom 25. Juni 1997 der Eidgenössischen Bankenkommission über die Börsen und den Effektenhandel, BEHV-EBK; SR 954.193). Die Bankenkommission ist daher nicht an eine von der Übernahmekommission vorgenommene ![]() | 25 |
Erwägung 3 | |
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1. Wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 331 /3 Prozent der Stimmrechte einer Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, überschreitet, muss ein Angebot unterbreiten für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft. Die Zielgesellschaften können in ihren Statuten den Grenzwert bis auf 49 Prozent der Stimmrechte anheben.
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2. Die Aufsichtsbehörde kann in berechtigten Fällen Ausnahmen von der Angebotspflicht gewähren, namentlich:
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a. bei der Übertragung von Stimmrechten innerhalb einer vertraglich oder auf eine andere Weise organisierten Gruppe. Die Gruppe untersteht in diesem Fall der Angebotspflicht nur als Gruppe;
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b. wenn die Überschreitung aus einer Verringerung der Gesamtzahl der Stimmrechte der Gesellschaft resultiert;
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c. bei nur vorübergehender Überschreitung des Grenzwertes;
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d. bei unentgeltlichem Bezug oder bei vorzugsweiser Zeichnung im Rahmen einer Kapitalerhöhung;
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e. bei Erwerb zu Sanierungszwecken.
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3.2 Die Vorinstanz ist der Ansicht, mit dem Aktientausch vom Oktober 2000, wodurch die Coop Bank ihren Anteil an der Quadrant AG auf unter 5 Prozent reduziert hat und aus dem bisherigen Pool ausgeschieden ist, sei gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG die Angebotspflicht ausgelöst worden, weil die Beschwerdeführer dabei "in gemeinsamer Absprache" ihren Stimmrechtsanteil von vorher rund 19 auf etwa 42 Prozent erhöht hätten; eine Ausnahme könne ihnen aus grundsätzlichen Überlegungen nicht gewährt werden. Die Beschwerdeführer rügen zunächst Verfahrensfehler (hierzu E. 4). Sodann bestreiten sie die Anwendbarkeit der ![]() | 34 |
Erwägung 4 | |
Erwägung 4.1 | |
35 | |
4.1.2 Der von den Beschwerdeführern geschilderte und von der Übernahmekommission zugestandene Sachverhalt weckt in der Tat Zweifel an der Unvoreingenommenheit ihres Präsidenten. Handelte es sich bei ihr um eine verfügende Behörde, wäre nicht auszuschliessen, dass eine Verletzung der Ausstandspflicht vorläge (Art. 10 VwVG). Indessen ist die Übernahmekommission, wie dargelegt (E. 2.2), gerade keine solche Behörde. Sie ist auch keine Hilfsperson der EBK, so dass sich eine Verletzung der Ausstandspflicht unmittelbar auf deren Verfahren auswirken würde. Dieses hat eigenständigen Charakter (vgl. auch BGE 130 II 351 E. 3.3.2 S. 358 f.). Vor der Übernahmekommission gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz nicht (Art. 55 Abs. 5 der Verordnung der Übernahmekommission vom 21. Juli 1997 über öffentliche Kaufangebote [UEV-UEK; SR 954.195.1]; BGE 129 II 183 E. 4.2 S. 189 f.). Zwar finden die Ausstandsgründe gemäss Art. 10 VwVG analog auch auf sie bzw. ihre Mitglieder Anwendung (Art. 18 des Reglements der Übernahmekommission vom 21. Juli 1997 [R-UEK; SR 954.195.2]; ROBERT BERNET, Die Regelung öffentlicher Kaufangebote im neuen Börsengesetz [BEHG], Bern 1998, S. 128 f.). Die Ausstandspflicht und die Folgen von deren allfälligen Verletzung sind bei Behörden mit allgemeinen Aufsichts- und Anzeigebefugnissen jedoch ![]() | 36 |
4.1.3 Der blosse Umstand, dass Behördemitglieder in der Öffentlichkeit eine bestimmte Rechtsauffassung vertreten haben, begründet in der Regel noch keine Ausstandspflicht (BGE 127 I 196 E. 2d S. 200). Der Anschein einer Befangenheit kann vorliegen, wenn ein (nebenamtlicher) Richter eine umstrittene Rechtsfrage zu entscheiden hat, die sich ihm gleichzeitig in einer anderen Sache stellt, welche er als Anwalt vertritt (BGE 128 V 82 E. 3d S. 87 f.; BGE 124 I 121 E. 3b S. 124 f.). Dies war hier indessen nicht der Fall, da den Mitgliedern der Übernahmekommission weder richterliche noch anwaltliche Funktionen zukamen (vgl. auch Art. 17 Abs. 3 und 4 R-UEK).
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4.2 Der Anspruch der Beschwerdeführer, sich vor dem Entscheid äussern zu können (vgl. Art. 30 Abs. 1 VwVG), wurde weder in Bezug auf den Angebotspreis verletzt noch hinsichtlich der Ablehnung ihres Antrags, die Coop Bank und die Quadrant AG zum Verfahren beizuziehen: Die Bankenkommission hat sich im Dispositiv ihrer Verfügung zum Angebotspreis nicht geäussert. In den Erwägungen hielt sie fest (dort E. 10d), dass eine Ausnahme im Sinne von Art. 43 BEHV-EBK möglich bleibe; für die Abwicklung des Angebots sei in erster Linie die Übernahmekommission zuständig, die ein entsprechendes Ausnahmebegehren noch prüfen könne. Damit hat sie den Preis bzw. die weiteren Abwicklungsmodalitäten ![]() | 38 |
4.3 Die Beschwerdeführer erblicken eine Verletzung der Begründungspflicht (Art. 35 Abs. 1 VwVG) darin, dass sich die Bankenkommission zu verschiedenen ihrer Ausführungen nicht geäussert habe. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt indessen nicht, dass sich die Behörde mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand im Einzelnen auseinandersetzt; vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 129 I 232 E. 3.2 S. 236; BGE 126 I 97 E. 2b S. 102 f.). Diesen Anforderungen genügt die angefochtene Verfügung an sich: Namentlich brauchte die EBK darin nicht ausdrücklich auf die geltend gemachte Gesetzwidrigkeit der Verordnung über die Börsen und den Börsenhandel einzugehen; sie brachte mit ihrem Entscheid mindestens implizit zum Ausdruck, dass sie diese für gesetzmässig hält. Ob sie dies ist, bildet eine Frage der materiellen Beurteilung. Dasselbe gilt für die Kritik, das Gesetz sei rechtsungleich angewendet worden. Berechtigt ist hingegen der Einwand, die Bankenkommission habe im Zusammenhang mit der Beurteilung des Ausnahmegesuchs den Anspruch der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör verletzt; hierauf wird bei der materiellen Beurteilung zurückzukommen sein (vgl. E. 7.3).
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4.4 Die Beschwerdeführer beanstanden zu Unrecht, die Bankenkommission hätte ihre Eingaben vom 27. März 2003 und 9. April 2003 nicht aus dem Recht weisen dürfen: Nach Art. 32 VwVG würdigt die Behörde alle erheblichen und rechtzeitigen Äusserungen der Parteien; sie kann Parteivorbringen bei Verspätung berücksichtigen, soweit sie ausschlaggebend sind. Im Interesse einer zeitlich angemessenen Verfahrensabwicklung (vgl. Art. 29 Abs. 1 BV) ist die instruierende Behörde jedoch befugt, prozessleitende Fristen festzulegen. Die Parteien können nicht jederzeit noch unaufgefordert neue Ausführungen machen, welche die Behörde gestützt auf Art. 32 VwVG berücksichtigen müsste. Die Bankenkommission ![]() | 40 |
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Erwägung 5.1 | |
42 | |
Wer bei Inkrafttreten dieses Gesetzes direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten über Beteiligungspapiere verfügt, die ihm die Kontrolle über mehr als 331 /3 Prozent, aber weniger als 50 Prozent der Stimmrechte einer Zielgesellschaft verleihen, muss ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft unterbreiten, wenn er Beteiligungspapiere erwirbt und damit den Grenzwert von 50 Prozent der Stimmrechte überschreitet.
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5.1.2 Diese Bestimmung gilt nach ihrem Wortlaut für Aktionäre bzw. Aktionärsgruppen mit einem Stimmrechtsanteil zwischen 331 /3 und 50 Prozent. Das Gesetz regelt nicht ausdrücklich, was für Aktionäre oder Gruppen gilt, die bei Inkrafttreten bereits 50 Prozent oder mehr der Stimmrechtsanteile besessen haben. Nach einhelliger Lehre besteht in diesem Fall keine Angebotspflicht (BERNET, a.a.O., S. 217; ANDREAS BOHRER, Unfriendly Takeovers, Zürich 1997 S. 190, § 13 Rz. 91; HANS CASPAR VON DER CRONE, Angebotspflicht, in: SZW, Sondernummer 1997: Das Bundesgesetz über die Börsen und ![]() | 44 |
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Erwägung 5.3 | |
5.3.1 Zweck der Angebotspflicht ist es, die Minderheitsaktionäre vor einem für sie nachteiligen Kontrollwechsel in der Gesellschaft zu schützen (Botschaft vom 24. Februar 1993 zu einem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel, BBl 1993 I 1369 ff., S. 1389, 1417; BERNET, a.a.O., S. 212 f.; BOHRER, a.a.O., S. 165, § 13 Rz. 4; HOFSTETTER, in: Vogt/Watter, a.a.O., N. 2 zu Art. 32 BEHG; WEBER, Börsenrecht, a.a.O., N. 3 zu Art. 32 BEHG; Urteil 2A.394/2000 vom 2. Juli 2001 [Baumgartner Papiers Holding SA], E. 3b, publ. in: EBK Bulletin 42/2002 S. 31 ff.). Indem das Gesetz nicht nur den Erwerb durch einzelne Aktionäre, sondern auch jenen durch mehrere Aktionären in gemeinsamer Absprache der Angebotspflicht unterstellt, trägt es dem Umstand Rechnung, dass die wirtschaftliche Kontrolle über eine Gesellschaft auch durch eine Gruppe von mehreren Aktionären ausgeübt werden kann. Aus der ![]() | 48 |
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Erwägung 5.4 | |
5.4.1 Dasselbe muss im intertemporalrechtlichen Verhältnis gelten (KARL HOFSTETTER, Gruppentatbestände im Börsengesellschaftsrecht, in: SZW 1998 S. 285 ff., dort S. 294), jedoch mit dem Unterschied, dass jeweils andere Grenzwerte zu beachten sind. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kann nicht die Beteiligung als solche (d.h. das Aktienpaket) intertemporalrechtlich von der ![]() | 50 |
51 | |
52 | |
- Hält ein Mitglied der Gruppe bei Inkrafttreten von Art. 32 BEHG bereits mehr als 50 Prozent der Stimmrechte, so unterliegt es selber der Angebotspflicht nicht (Lückenfüllung gemäss E. 5.1.2).
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- Verfügt ein Mitglied bei Inkrafttreten über mehr als 331 /3 Prozent, aber weniger als 50 Prozent der Stimmrechte, unterliegt es der Angebotspflicht, wenn sein Anteil wegen der Übertragung auf mehr als 50 Prozent ansteigt (Art. 52 BEHG; NOBEL, Koordiniertes Aktionärsverhalten, a.a.O., S. 82).
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- Kontrolliert ein Mitglied bei Inkrafttreten weniger als 331 /3 Prozent der Stimmrechte, so gilt für dieses nicht Art. 52 BEHG, sondern der ordentliche Grenzwert von Art. 32 Abs. 1 BEHG, und zwar auch dann, wenn die Gruppe als solche ihrerseits unter die intertemporalrechtliche Privilegierung fällt. Dies mag inkohärent erscheinen, ist aber logische Folge davon, dass das Gesetz die Gruppe und ihre Mitglieder je getrennt erfasst, um Umgehungen zu verhindern. Allfälligen hiermit verbundenen Härten ist bei der Ausnahmegewährung Rechnung zu tragen (MEIER-SCHATZ/GASSER, a.a.O., S. 165).
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5.4.4 Entgegen der Auffassung des Gutachtens Nobel (dort S. 19) sind somit Übertragungen innerhalb einer vorbestehenden Gruppe ![]() | 56 |
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Erwägung 6 | |
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Art. 15 Handeln in gemeinsamer Absprache und organisierte Grup pen (Art. 20 Abs. 1, 3 und 5 BEHG)
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1 In gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe handelt, wer seine Verhaltensweise im Hinblick auf den Erwerb oder die Veräusserung von Beteiligungspapieren oder die Ausübung von Stimmrechten mit Dritten durch Vertrag oder andere organisierte Vorkehren abstimmt.
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2 Eine Abstimmung der Verhaltensweise liegt namentlich vor bei:
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a. Rechtsverhältnissen zum Erwerb oder der Veräusserung von Beteiligungspapieren;
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c. der Zusammenfassung von natürlichen oder juristischen Personen durch die Mehrheit von Stimmrechten oder Kapitalanteilen oder durch eine Beherrschung auf andere Weise zu einem Konzern oder einer Unternehmensgruppe.
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3 Wer in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe handelt, hat die gesamte Beteiligung, die Identität der einzelnen Mitglieder, die Art der Absprache und die Vertretung zu melden.
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4 Erwerb und Veräusserung unter verbundenen Personen, die ihre Gesamtbeteiligung gemeldet haben, sind von der Meldepflicht ausgenommen.
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5 Meldepflichtig sind demgegenüber Änderungen in der Zusammensetzung des Personenkreises und der Art der Absprache oder der Gruppe.
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Im 4. Kapitel "Pflicht zur Unterbreitung eines Angebotes" sieht Art. 27 BEHV-EBK vor:
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Art. 27 Handeln in gemeinsamer Absprache und organisierte Gruppen (Art. 32 Abs. 1, 3 und 6 BEHG)
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Für im Hinblick auf die Beherrschung der Zielgesellschaft in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe handelnde Erwerber von angebotspflichtigen Beteiligungen der Zielgesellschaft gilt Artikel 15 Absätze 1 und 2 sinngemäss.
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Erwägung 6.2 | |
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6.2.2 Auch die Übernahmekommission und die EBK erachten offenbar das blosse Ausscheiden eines bisherigen Poolmitglieds nicht als Grund für ein Pflichtangebot, haben sie doch den 1999 erfolgten Austritt der C+M Holding AG in diesem Zusammenhang nicht als relevant gewertet. Sie sind hingegen der Ansicht, die Beschwerdeführer bzw. die Triventus AG hätten eine eigene Gruppe gebildet, die als solche mit der Transaktion vom Oktober 2000 den ![]() | 72 |
6.2.3 Die Beschwerdeführer kritisieren, die Bankenkommission habe zu Unrecht auf Art. 15 statt auf Art. 27 BEHV-EBK abgestellt. Dieser verweise nur "sinngemäss" auf Art. 15 Abs. 1 und 2 BEHV-EBK. Die Kriterien für die Angebotspflicht seien wegen der damit verbundenen einschneidenderen Rechtsfolgen strenger; aus der Gruppenmeldung könne deshalb nicht auf das Bestehen einer Angebotspflicht geschlossen werden. Entgegen der Annahme der EBK genüge eine abgestimmte Verhaltensweise für eine gemeinsame Absprache nur, wenn sie auf einem Vertrag oder auf einem anderen organisierten Vorkehren beruhe. Die gemeinsame Absprache setze eine verbindliche Grundlage für die Ausübung des Stimmrechts voraus. Soziale Bindungen führten höchstens dann zu einer solchen, wenn sie einen eigentlichen faktischen Zwang bewirkten. Zwischen ihnen bestehe weder eine rechtlich bindende Vereinbarung noch ein irgendwie gearteter anderer Zwang zu einer ![]() | 73 |
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Erwägung 6.4 | |
6.4.1 In der Doktrin besteht Einigkeit darüber, dass ein blosses Parallelverhalten noch keine gemeinsame Absprache darstellt, sondern dass es hierfür einer qualifizierten Intensität und einer minimalen Organisation des Zusammenwirkens bedarf (vgl. - wenn auch mit einzelnen Unterschieden - PETER BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2004, S. 692, § 7 Rz. 70; JEAN NICOLAS DRUEY, Die Meldepflicht, in: SZW, Sondernummer 1997: Das Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel, S. 36 ff., dort S. 42; HOFSTETTER, Gruppentatbestände, a.a.O., S. 292; KISTLER, a.a.O., S. 160; KÖPFLI, a.a.O., S. 168 f.; KÜNG/HUBER/ KUSTER, Kommentar zum Börsengesetz, Zürich 1998/2002/2004, N. 58a zu Art. 20 BEHG, N. 11 zu Art. 32 BEHG; CHRISTIAN MEIER-Schatz, in: Kommentar zum BEHG, Zürich 2000, N. 228 f. zu Art. 20 BEHG; NOBEL, Finanzmarktrecht, a.a.O., S. 928, § 11 Rz. 259; RUDOLF TSCHÄNI, Die Gruppe im Übernahmerecht, "Are we really all one?", in: Mergers & Acquisition VI, Zürich/Basel/Genf 2004, S. 179 ff., dort S. 198 f.; HANS CASPAR VON DER ![]() | 75 |
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6.4.4 Eine rechtsverbindliche Absprache ist auch stillschweigend möglich (Art. 1 Abs. 2 OR); dies gilt insbesondere für die Bildung einer einfachen Gesellschaft, welche durch konkludentes Verhalten begründet werden kann, selbst ohne dass dies den Betroffenen bewusst ist (BGE 124 III 363 E. II/2a S. 365; BGE 116 II 707 E. 2a ![]() | 78 |
6.4.5 Zwar lässt entgegen der Annahme der Bankenkommission der Umstand, dass die Beschwerdeführer im laufenden Verfahren durch die nämliche Anwaltskanzlei vertreten sind, nicht auf eine gemeinsame Absprache schliessen (TSCHÄNI, "Are we really all one?", a.a.O., S. 224). Dass sie die Meldung nach Art. 20 BEHG gemeinsam erstattet haben, belegt für sich allein eine solche ebenfalls noch nicht, da die Anforderungen im Rahmen von Art. 32 BEHG strenger sind als bei Art. 20 BEHG (vgl. E. 6.3). Immerhin bildet das gemeinsame Erfüllen der Meldepflicht aber doch einen Hinweis dafür, dass sich offenbar die Beschwerdeführer beim Transfer im Oktober 2000 selber als Gruppe verstanden haben. Je nach den Verhältnissen kann auch ein koordiniertes Gleichverhalten auf eine abgestimmte Verhaltensweise deuten (vgl. zur abgestimmten Verhaltensweise im Kartellrecht: BGE 129 II 18 E. 6.3 S. 27 mit Hinweisen). Eine solche ist hier gestützt auf die weiteren Umstände anzunehmen: Die Beschwerdeführer bildeten ab 1990 die Geschäftsleitung der Rothschild Corporate Finance, die sie im Jahre 1995 im Rahmen eines Management Buyouts zu je einem Drittel übernahmen, in Triventus umfirmierten und im Juni 2001 mit der Quadrant AG, zu deren Geschäftsleitung sie diente, fusionierten. An der ausserordentlichen Generalversammlung der Quadrant AG (damals noch "Riviera Participations Holding SA") am 19. Dezember 1996 präsentierten sie sich bzw. die ihnen gehörende Triventus als dynamische, partnerschaftlich organisierte Equipe, bei der die Verantwortung bei allen Partnern gleichzeitig liege, wobei ![]() | 79 |
Auf das Vorliegen einer gemeinsamen Absprache lässt sodann insbesondere der Fax vom 9. Oktober 2000 schliessen, worin mit dem Briefkopf der Triventus AG unter dem Titel "Offerte zu Aktientausch" der Coop Bank mitgeteilt wird:
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Zur Vorbereitung Ihres Aktienverkaufs von insgesamt 48'920 Inhaberaktien Quadrant Holding (QUA) an einen Dritten unterbreiten wir Ihnen hiermit das bis zum 17.10.2000 befristete Angebot, Ihre heute gehaltenen 223'100 Namenaktien (QUAN) in insgesamt 44'620 Inhaberaktien (QUA) zu tauschen.
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[...]
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Anschliessend sind Sie von uns ermächtigt, Ihre insgesamt 48'920 Inhaberaktien en bloc zu veräussern. Mit dem Vollzug dieser Veräusserung wird dann unsere Pool-Vereinbarung vom 21.11.1996/30.9.1999 gemäss Ziffer 9 Abs. 2 der Pool-Vereinbarung ohne weiteres und automatisch hinfällig.
| 83 |
Wir werden anschliessend an die Auflösung des Pools dafür besorgt sein, dass bezüglich Offenlegung nach Börsengesetz die entsprechenden Meldungen an die Gesellschaft (Quadrant Holding) sowie an die Schweizer Börse SWX erfolgen.
| 84 |
[...]
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TRIVENTUS AKTIENGESELLSCHAFT
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Sig. Dr. A. Niggli sig. Dr. A. Schenk
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Aus diesem Schriftstück ergibt sich, dass die Coop Bank ihre Aktien nicht den drei Beschwerdeführern je individuell veräussert hat, sondern der "Triventus" AG als solcher. Wenn auch rechtlich die Aktien nur teilweise von dieser, teilweise aber von den Beschwerdeführern je auf ihren eigenen Namen erworben worden sind, so haben doch die Beschwerdeführer und die von ihnen beherrschte Triventus AG bei diesem Geschäft zusammengewirkt. In der Tauschofferte ist nicht präzisiert, wer dadurch verpflichtet werden soll. Es steht nur, dass "wir" das Angebot unterbreiten. Dies weist darauf hin, dass die Triventus AG, von der die Offerte ausging, dabei nicht als blosse Stellvertreterin für ihre Aktionäre auftrat (was gemäss Art. 11 Abs. 2 UEV-UEK und der Praxis der UEK zur Annahme einer gemeinsamen Absprache noch nicht genügen würde; ![]() | 88 |
Insgesamt stellt somit das Tauschgeschäft vom Oktober 2000 nicht bloss eine Vereinbarung zwischen den Mitgliedern der vorbestehenden Aktionärsgruppe dar; es handelt sich dabei vielmehr um eine auf den gemeinsamen Erwerb von Stimmrechten gerichtete Vereinbarung zwischen der Coop Bank einerseits und der ihrerseits gemeinsam auftretenden "Triventus-Gruppe" (bestehend aus den Beschwerdeführern und der von ihnen beherrschten Triventus AG) andererseits. Damit ist das Vorbringen der Beschwerdeführer unbegründet, im Zeitpunkt des Aktientauschs sei die Coop Bank noch Gruppenmitglied gewesen, weshalb sie ebenfalls angebotspflichtig werde. Ausschlaggebend für das (allfällige) Entstehen der Angebotspflicht ist nicht die Transaktion innerhalb des bisherigen Aktionärspools, sondern die Tatsache, dass die Beschwerdeführer als Untergruppe durch diese interne Verschiebung in gemeinsamer Absprache ihren Stimmrechtsanteil auf mehr als 331 /3 Prozent erhöhten. Es ist deshalb auch unerheblich, ob zuerst die Aktien verkauft wurden und dann erst der Poolvertrag aufgelöst wurde oder umgekehrt.
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6.5.1 Die Bankenkommission ging davon aus, die Beherrschungsabsicht bilde keine Voraussetzung dafür, dass eine gemeinsame Absprache besteht bzw. eine Gruppe vorliegt (E. 6d ihrer Verfügung). Die Beweggründe für den Erwerb der Aktien seien irrelevant. Das Gesetz stütze sich auf klare Tatbestände, nämlich auf die ![]() | 91 |
Die Bankenkommission verwechselt damit die Frage, ob eine Gruppe besteht, mit jener, wann eine solche gegebenenfalls ein Angebot zu unterbreiten hat. Richtig ist, dass - sofern eine Gruppe vorliegt und diese den Grenzwert überschreitet - gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG die Angebotspflicht ohne weiteres entsteht. Hingegen ist damit die Frage nicht beantwortet, unter welchen Voraussetzungen das Bestehen einer Gruppe anzunehmen ist. Hierfür ergibt sich auch aus Art. 20 Abs. 3 BEHG nichts, der nur die Elemente nennt, die gemeldet werden müssen (Gesamtbeteiligung, Identität der einzelnen Mitglieder, Art der Absprache, Vertretung), nicht aber definiert, wann eine Gruppe vorliegt; dies bestimmt sich allein nach Art. 27 BEHV-EBK in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 und 2 BEHV-EBK.
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Im vorliegenden Fall ist die Übernahmekommission in ihrer Empfehlung davon ausgegangen (dort II.A. E. 4.3 und 4.5), Art. 27 BEHV-EBK wolle nicht ein subjektives Absichtselement zu Art. 32 Abs. 1 BEHG hinzufügen, sondern bloss klarstellen, dass die konzertierte Handlung der Aktionäre im Hinblick auf den Erwerb von mehr als 331 /3 Prozent der Stimmrechte erfolgen oder die Stimmrechtsausübung bezüglich einer solchen Beteiligung betreffen müsse. Das gehe aus dem Wortlaut von Art. 32 Abs. 1 BEHG hervor, der die Angebotspflicht an das Überschreiten des Grenzwertes knüpfe. Würde das Element der Beherrschungsabsicht im Sinne der Beschwerdeführer verstanden, hätte dies eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung des allein handelnden Aktionärs zur Folge, der sich auch nicht darauf berufen könne, keine Beherrschungsabsicht zu haben. Die Empfehlung in Sachen Kühne sei deshalb dahin klarzustellen, dass in diesem Fall nicht die fehlende subjektive Beherrschungsabsicht den Ausschlag gegeben habe, sondern die Tatsache, dass es trotz der substanziellen Beteiligungsnahme durch die SembCorp. bei der Zielgesellschaft zu keinem Kontrollwechsel gekommen sei, weil der bisherige Mehrheitsaktionär seine dominierende Stellung beibehalten habe.
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6.5.4 Die Übernahmekommission hat sich damit in der Tat teilweise von ihren früheren Ausführungen distanziert. Indessen ist es einer Behörde nicht verwehrt, ihre Praxis zu ändern oder zu präzisieren, wenn sie zum Ergebnis kommt, dass diese rechtswidrig ist ![]() | 96 |
In der Empfehlung vom 30. August 2002 i.S. Netstal-Maschinen AG hat sie massgeblich auf das Bestehen einer Vereinbarung im Zusammenhang mit der Stimmrechtsausübung abgestellt (dort E. 1.2). In der Empfehlung vom 15. Oktober 2002 i.S. UDT Group Ltd. hat sie das Bestehen einer Gruppe daraus abgeleitet, dass sich die Anbieter ausser in Bezug auf den Erwerb von Aktien auch hinsichtlich der künftigen Führung der Zielgesellschaft und der Stimmrechtsausübung koordiniert hätten (dort E. 2). In der Empfehlung vom 8. November 2002 i.S. Jelmoli Holding AG führte sie in E. 1.1 einerseits aus, im Hinblick auf eine Beherrschung handle, wer einzeln oder als Gruppe den Grenzwert überschreite, was der Empfehlung im vorliegenden Fall entspricht; andererseits leitete sie in E. 1.2 das Bestehen einer Gruppe aber gerade daraus ab, dass die Parteien zusätzlich zum Erwerbsgeschäft verschiedene Vereinbarungen bezüglich der Stimmrechtsausübung getroffen hatten. In der Empfehlung vom 4. Juni 2004 i.S. Vontobel Holding AG erwog sie schliesslich, die an der Transaktion Beteiligten bildeten zwar eine Gruppe im Sinne von Art. 15 BEHV; nach Art. 27 BEHV-EBK müsse die dieser zugrunde liegende Vereinbarung jedoch derart sein, dass die Zielgesellschaft gemeinsam kontrolliert werde; dies sei in casu nicht der Fall, da einer der Beteiligten deren Führung nicht beeinflussen könne (dort E. 2.2); es bestehe daher keine Angebotspflicht.
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Insgesamt scheint die Übernahmekommission damit auch in ihrer späteren Praxis eine gemeinsame Absprache nicht schon dann anzunehmen, wenn gemeinsam Beteiligungsrechte erworben worden sind, sondern nur, wenn zumindest auch Absprachen im Hinblick auf die Ausübung der Stimmrechte getroffen wurden und dadurch eine Beherrschung angestrebt ist oder jedenfalls die Beherrschungsverhältnisse verändert werden.
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6.5.5 Dies entspricht dem Sinn von Art. 27 BEHV-EBK: Der Wortlaut dieser Bestimmung wäre in der Tat kaum verständlich, ![]() | 99 |
6.5.6 Die Übernahmekommission wendet ein, das Erfordernis der Beherrschungsabsicht führe zu einer Ungleichbehandlung gegenüber den Einzelaktionären, für die dieses Erfordernis nicht gelte. Eine unterschiedliche Behandlung von Einzelerwerbern und Gruppen lässt sich aber mit sachlichen Gründen rechtfertigen: Art. 32 Abs. 1 BEHG geht davon aus, dass mit einem Stimmrechtsanteil von 331 /3 Prozent ein erheblicher Einfluss auf die Gesellschaft ausgeübt werden kann (vgl. Art. 704 OR; Urteil 2A.394/2000 vom 2. Juli 2001 [Baumgartner Papiers Holding SA], E. 3c, publ. in: EBK Bulletin 42/2002 S. 31 ff.). Ein einzelner Aktionär, der einen solchen Anteil hält, hat damit automatisch eine massgebliche Mitwirkungsmöglichkeit und kann von dieser ohne weiteres Gebrauch ![]() | 100 |
6.5.7 Das bedeutet nun allerdings nicht, dass im Einzelfall jeweils eine subjektive Beherrschungsabsicht nachgewiesen werden müsste. Wie die Beschwerdeführer richtig darlegen, hat die anordnende Behörde jene Sachverhaltselemente zu beweisen, die zur Angebotspflicht führen. Bei der Festlegung des Beweismasses muss aber den sachimmanenten Beweisschwierigkeiten Rechnung getragen werden (vgl. BGE 128 III 271 E. 2b/aa S. 276 mit Hinweisen). Häufig lässt sich eine subjektive Beherrschungsabsicht nicht dartun, was zu Umgehungen der Angebotspflicht führen könnte. Es rechtfertigt sich daher, Vorkehren im Hinblick auf eine Beherrschung bereits dann anzunehmen, wenn der gemeinsame Erwerb eine solche objektiv ermöglicht und aufgrund der Umstände darauf zu schliessen ist, dass eine Beherrschung auch angestrebt wird. Dies ist mit dem Wortlaut von Art. 27 BEHV-EBK - jedenfalls in der deutschen und der italienischen Fassung ("L'articolo 15 capoversi 1 e 2 è applicabile per analogia all'acquirente di partecipazioni della società mirata soggette all'obbligo di presentare un'offerta che agisce d'intesa o come gruppo organizzato in vista del controllo della società mirata") - vereinbar. Die Annahme rechtfertigt sich auch deshalb, weil nach der gesetzlichen Konzeption - zur Vermeidung von Umgehungsgeschäften (vgl. E. 5.3.2) - die Angebotspflicht im Zweifel eher grosszügig auszulegen ist, wobei Ausnahmen möglich bleiben müssen, falls die Pflicht im Lichte der Zielsetzung des Gesetzes nicht erforderlich erscheint ![]() | 101 |
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6.6.2 Grundsätzlich trifft zu, dass sich die gemeinsame Absprache auf künftige Sachverhalte beziehen muss, nämlich den bevorstehenden Aktienerwerb und die damit eröffnete Beherrschungsmöglichkeit. Insofern ist die gemeinsame geschäftliche Vergangenheit der Beschwerdeführer für sich allein nicht ausschlaggebend; mit Blick auf die Konstanz und logische Kontinuität ihres bisherigen Handelns kann sie aber dennoch als Indiz auf ein organisiertes Vorgehen auch in der Zukunft hindeuten (ebenso TSCHÄNI, "Are we really all one?", a.a.O., S. 224). Die Beschwerdeführer bestreiten ihre langjährige gemeinsame Geschäftstätigkeit im Rahmen der Quadrant AG nicht, machen aber geltend, diese sei nicht in ihrer Eigenschaft als Aktionäre erfolgt, sondern als Geschäftsführer und Verwaltungsräte. Es sei aktienrechtliche Pflicht des Verwaltungsrats, gemeinsam für das Wohl der Gesellschaft zu sorgen. Aus einem aktienrechtlich gebotenen Verhalten dürfe nicht auf eine Angebotspflicht geschlossen werden. Diese Ausführungen überzeugen nicht: Das Übernahmerecht hat eine andere Zielsetzung als die aktienrechtlichen Bestimmungen über die Pflichten des Verwaltungsrats. Gerade dadurch, dass ein vom Mehrheitsaktionär eingesetzter Verwaltungsrat die von diesem definierten Interessen der Gesellschaft vertritt, können die durch die Angebotspflicht geschützten Interessen der Minderheitsaktionäre beeinträchtigt werden. Das bedeutet nicht, dass Mitglieder eines Verwaltungsrates immer als Gruppe im ![]() | 104 |
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6.7 Die Beschwerdeführer wenden ein, die Angebotspflicht bestehe aus teleologischer Sicht nicht, da sich die Machtverhältnisse bei der Quadrant AG stets zu Gunsten der Publikumsaktionäre verschoben hätten und die Interessen der Minderheitsaktionäre damit gar nicht hätten beeinträchtigt werden können. Unter diesen Umständen eine Angebotspflicht zu bejahen, verletze die Wirtschaftsfreiheit und die Eigentumsgarantie, da an der entsprechenden Massnahme kein öffentliches Interesse bestehe; im Übrigen erscheine die Angebotspflicht unverhältnismässig, weil nicht geeignet, den angestrebten Zweck zu erreichen, zumal die Aktionäre seit der Transaktion weitgehend geändert hätten. Es verstosse im Übrigen gegen Treu und Glauben, wenn die Übernahmekommission ein Jahr lang zugewartet habe, um überhaupt ein Verfahren zu ![]() | 106 |
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7.2 Diese Argumentation überzeugt nicht: Zwar trifft grundsätzlich zu, dass die Pflicht, ein öffentliches Kaufangebot zu unterbreiten, unmittelbar von Gesetzes wegen und nicht erst durch eine Verfügung der Bankenkommission entsteht. Vorliegend war die Notwendigkeit eines Angebots indessen unklar; auch die Übernahmekommission hat erst Anlass zum Einschreiten gesehen, als ihr Präsident durch eine Bekannte auf das Geschäft aufmerksam gemacht worden war. Zudem kann nicht gesagt werden, die Beschwerdeführer hätten nicht bereits bei der Übernahmekommission um eine Ausnahme nachgesucht: In ihren Eingaben vom 31. Januar 2002 und 2. April 2002 hatten sie eventualiter eine Ausnahme geltend gemacht und beantragt, sich hierzu noch äussern zu können, sollte das Bestehen einer Angebotspflicht festgestellt werden. In ihrer verfahrensleitenden Anordnung vom 9. April 2002 hielt die ![]() | 109 |
7.3 Aufgrund ihrer unzutreffenden Auffassung hat die Bankenkommission das Ausnahmegesuch der Beschwerdeführer abgelehnt, ohne die geltend gemachten Ausnahmegründe überhaupt zu prüfen. Im Grunde genommen ist sie materiell auf das Ausnahmegesuch gar nicht eingetreten und hat sie damit eine formelle Rechtsverweigerung begangen; zumindest hat sie aber den Anspruch der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör verletzt, indem sie das Gesuch ohne Begründung abwies. Es kann nicht Sache des Bundesgerichts sein, erstinstanzlich selber über eine Ausnahme zu befinden. Der Gehörsmangel ist im vorliegenden Verfahren nicht ohne weiteres heilbar, da er Ermessensfragen betreffen kann, die der Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts entzogen sind (vgl. BGE 126 I 68 E. 2 S. 72; HANSJÖRG SEILER, Abschied von der formellen Natur des rechtlichen Gehörs, in: SJZ 100/2004 S. 377 ff., dort S. 383). Zudem hat sich die Übernahmekommission, die zu Ausnahmegesuchen Stellung nehmen muss (vgl. Art. 35 Abs. 1 BEHV-EBK), bisher noch nicht abschliessend geäussert. Vor Erteilung einer Ausnahme wäre schliesslich auch den an der Zielgesellschaft Beteiligten noch Gelegenheit für eine allfällige Einsprache zu geben (Art. 34 Abs. 4 BEHV-EBK). Die Akten sind deshalb zur Weiterführung des Verfahrens an die Bankenkommission zurückzuweisen (Art. 114 Abs. 2 OG). Aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigen sich aber dennoch bereits jetzt gewisse klärende Hinweise zu diesem Problemkreis.
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Erwägung 7.4 | |
7.4.1 In der Vernehmlassung vom 30. September 2003 stellt sich die Bankenkommission auf den Standpunkt, es stehe in ihrem Ermessen, über die Gewährung einer Ausnahme zu entscheiden. In der Duplik vom 19. April 2004 hält sie zum Vorwurf fest, zu Unrecht keine Ausnahmebewilligung erteilt zu haben, ihr stehe ![]() | 111 |
7.4.2 Diese Auffassung ist unhaltbar: Wohl steht der Bankenkommission bei der Gewährung von Ausnahmen ein gewisser Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu. Das bedeutet aber nicht, dass sie die vorgebrachten Ausnahmegründe nicht zu prüfen braucht und ihren Entscheid nicht begründen muss (vgl. BGE 129 I 232 E. 3.2 S. 236 und E. 3.3 S. 239). Es geht vorliegend nicht darum, eine Ausnahme einfach aufgrund der inzwischen verstrichenen Zeit zu gewähren. Art. 32 Abs. 2 BEHG sieht konkrete Ausnahmetatbestände vor, auf die sich die Beschwerdeführer berufen. Sind sie erfüllt, verlangt das Gesetz nicht mehr "klar", dass ein Angebot unterbreitet werden muss, weshalb die geltend gemachten Gründe jeweils verfahrensrechtlich korrekt und nach pflichtgemässem Ermessen zu prüfen sind.
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113 | |
7.4.4 Dies gilt auch für den in Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG genannten Fall, auf den sich die Beschwerdeführer in erster Linie berufen: Wie dargelegt, unterwirft das Gesetz zur Verhinderung von Umgehungsgeschäften auch Sachverhalte der Angebotspflicht, bei denen diese nicht unbedingt erforderlich wäre, weil die Verschiebung innerhalb der Gruppe nicht zu einer (zusätzlichen) Benachteiligung der Minderheitsaktionäre führt (vgl. E. 5.3.2). Als Korrelat hierzu ist der Ausnahmetatbestand von Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG ![]() | 114 |
115 | |
116 | |
7.5.2 Die Auffassung der Übernahmekommission überzeugt aber auch in der Sache nicht: Aufgrund des von ihr hervorgehobenen gemeinsamen geschäftlichen Werdegangs der Beschwerdeführer muss angenommen werden, dass diese bereits eine Untergruppe innerhalb des ursprünglichen Aktionärspools gebildet haben. Mit der Transaktion vom Oktober 2000 ist deshalb nicht eine neue, bisher nicht existierende Gruppe entstanden. Aus dem bisherigen Pool ist ein Mitglied ausgeschieden, mit der Folge, dass nur noch die vorher bereits bestehende Untergruppe (Beschwerdeführer/Triventus AG) übrig geblieben ist. Diese hat einen Teil der bisher von der ![]() | 117 |
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7.5.4 Es mag zwar sein, dass damit ein Kontrollwechsel innerhalb der ursprünglichen Gruppe verbunden ist. Dies steht einer Ausnahme jedoch nicht entgegen: Wenn bei Übertragungen innerhalb eines Pools die Kontrollverhältnisse aus der Sicht der Minderheitsaktionäre nicht ändern, entsteht die Angebotspflicht nicht (TSCHÄNI, ![]() | 119 |
Erwägung 7.6 | |
7.6.1 Vorliegend erscheint fraglich, ob aus der Sicht der Minderheitsaktionäre überhaupt von einem Kontrollwechsel gesprochen ![]() | 120 |
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7.6.3 Nachdem sich weder die Bankenkommission noch die Übernahmekommission materiell einlässlich zur Gewährung einer Ausnahme geäussert haben, können diese Fragen nicht abschliessend beurteilt werden. Die Bankenkommission wird deshalb die Stellungnahme der Übernahmekommission einholen, allenfalls die Einsprachemöglichkeit nach Art. 34 Abs. 4 BEHV-EBK eröffnen ![]() | 122 |
Seite 104 Zeile 15 von oben: Art. 5 Abs. 2 (statt Art. 5 Abs. 1)
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Seite 104 Zeile 16 von oben: Art. 5 Abs. 2 (statt Art. 5 Abs. 1)
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Seite 106 Zeile 3 von unten: Art. 5 Abs. 2 (statt Art. 5 Abs. 1)
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Seite 196 Zeile 2 von oben: Art. 2 Abs. 1 Ziff. 1 (statt Art. 2
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Ziff. 1)
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