BGE 131 II 639 | |||
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50. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Aufsichtskommission über die Rechts- anwälte sowie Obergericht des Kantons Zug (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
2A.169/2005 vom 24. August 2005 |
Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 BGFA; Rechtsanwälte können sich nur in das kantonale Anwaltsregister eines einzigen Kantons eintragen lassen. |
Art. 8 und Art. 9 BV; § 2 Abs. 1 BeurkG/ZG; Eintrag ins kantonale Anwaltsregister und Befugnis zur öffentlichen Beurkundung. | |
Sachverhalt | |
Rechtsanwalt X. ist im Anwaltsregister des Kantons Zürich eingetragen. Weil die Zürcher Anwaltskanzlei, für welche er tätig ist, die Eröffnung eines Zweigbüros in Zug plant und er offenbar dessen Leitung übernehmen soll, ersuchte er am 22. Juni 2004 zusätzlich um Eintragung in das Anwaltsregister des Kantons Zug; gleichzeitig verlangte er eine Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung. Der Präsident der Zuger Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte lehnte das Begehren am 12. Juli 2004 ab: Die öffentliche Beurkundung sei den im kantonalen Anwaltsregister eingetragenen Rechtsanwälten vorbehalten. In dieses könne nur eingetragen werden, wer nicht bereits in einem anderen kantonalen Anwaltsregister eingetragen sei und seine "Hauptgeschäftsadresse" im Kanton Zug habe (§ 29 Abs. 1 des Zuger Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte). X. erfülle diese Voraussetzungen nicht, da er in Zürich eingetragen sei und weiterhin überwiegend dort tätig sein werde. Der abschlägige Entscheid der Aufsichtskommission wurde vom Obergericht des Kantons Zug auf Beschwerde hin geschützt (Urteil vom 8. Februar 2005).
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Hiergegen ist X. am 14. März 2005 an das Bundesgericht gelangt, bei welchem er (in einer einzigen Eingabe) gleichzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde eingereicht hat. Das Bundesgericht weist beide Rechtsmittel ab, soweit auf sie einzutreten ist.
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Aus den Erwägungen: | |
I. Verwaltungsgerichtsbeschwerde
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Erwägung 2 | |
2.1 Der Eintrag ins kantonale Anwaltsregister wird durch Art. 4 ff. des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) geregelt. Es handelt sich dabei um Bundesverwaltungsrecht, weshalb gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide über den Registereintrag - gestützt auf Art. 97 ff. OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG - die eidgenössische Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen steht (BGE 130 II 87 E. 1 S. 90). Der Beschwerdeführer ist zu diesem Rechtsmittel legitimiert, zumal ihm der Eintrag im Anwaltsregister des Kantons Zug verweigert worden ist (Art. 103 lit. a OG).
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Erwägung 3 | |
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3.2 Gestützt auf den Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen lässt sich die Streitfrage nicht eindeutig beantworten: Die Formulierung von Art. 5 Abs. 1 und Art. 4 BGFA (vgl. oben) schliesst einen gleichzeitigen Eintrag in mehreren kantonalen Registern nicht zum Vornherein aus. Demgegenüber spricht die Verwendung von bestimmten Artikeln in der Einzahl im Text von Art. 6 Abs. 1 eher für einen einzigen Eintrag ("...in das Register des Kantons, in dem sie ihre Geschäftsadresse haben...").
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Erwägung 3.4 | |
3.4.1 Dies entspricht zudem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung: Ziel des eidgenössischen Anwaltsgesetzes ist, wie schon dessen Titel zeigt, die Erleichterung der interkantonalen Mobilität der Rechtsanwälte; es handelt sich primär um ein Freizügigkeitsgesetz, welches insoweit das Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (BGBM; SR 943.02) ergänzt (vgl. BBl 1999 S. 6020). Zu diesem Zweck nimmt es in wesentlichen Bereichen eine Harmonisierung des materiellen Anwaltsrechts vor. Neben dem hier streitigen Registereintrag, welcher die Berufstätigkeit auf dem Gebiet der ganzen Schweiz ermöglicht, ist insbesondere die Vereinheitlichung der Berufsregeln sowie der Aufsicht über die Rechtsanwälte (vgl. Art. 12 ff. BGFA) von Bedeutung (vgl. BBl 1999 S. 6039). Diese vom Gesetzgeber mit Blick auf die Freizügigkeit gewollten Vereinfachungen wären durch einen mehrfachen Eintrag in verschiedenen Kantonen in Frage gestellt. Bestünden Anknüpfungspunkte zu mehreren Aufsichtsbehörden gleichzeitig, so wären Kompetenzkonflikte in Disziplinarsachen - und mittelbar eine Behinderung der Freizügigkeit - vorprogrammiert.
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3.4.3 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sind denn auch keine sachlichen Gründe ersichtlich, wieso ein Mehrfacheintrag gestattet sein müsste. Die Werbewirkung des kantonalen Anwaltsregisters, welche der Beschwerdeführer diesbezüglich anspricht, wird von ihm selbst an anderer Stelle stark relativiert und der Nutzen eines Mehrfacheintrags als für den betroffenen Rechtsanwalt "oft bedeutungslos" bezeichnet. Sollten aber die Grosskanzleien, welche in mehreren Kantonen gleichzeitig Büros unterhalten, insoweit tatsächlich im Vergleich zur einheimischen Anwaltschaft einen Wettbewerbsnachteil erfahren, so würde dieser Umstand allein die Zulassung eines Mehrfacheintrags nicht als geboten erscheinen lassen. Die Grosskanzleien verfügen nämlich über mannigfaltige andere Vorteile, die es ihnen ohne weiteres ermöglichen, im Wettbewerb mit lokalen Anwaltsbüros zu bestehen. Schliesslich kann es im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf ankommen, dass die Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung im Kanton Zug vom Eintrag im Zuger Anwaltsregister abhängt. Hierbei handelt es sich um ein sachfremdes Argument, das bei der Auslegung der einschlägigen bundesrechtlichen Bestimmungen zum Anwaltsregister keine Berücksichtigung finden kann.
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3.5 Nach dem Gesagten sieht das eidgenössische Anwaltsgesetz einen einzigen Eintrag in einem kantonalen Anwaltsregister vor, der beim Vorhandensein von mehreren Kanzleien zwingend in jenem Kanton vorzunehmen ist, in welchem der betroffene Rechtsanwalt hauptsächlich tätig ist (so auch ERNST STAEHELIN/CHRISTIAN OETIKER, in: Fellmann/Zindel [Hrsg.], Kommentar zum Anwaltsgesetz, N. 12 zu Art. 6 BGFA). Mithin hat es die Vorinstanz zu Recht abgelehnt, den Beschwerdeführer in das Anwaltsregister des Kantons Zug einzutragen, ist dieser doch bereits im Kanton Zürich eingetragen. Auch die Abweisung des - vor Bundesgericht wiederholten - Eventualantrags ist nicht zu beanstanden: Der Beschwerdeführer erklärt selbst, er werde auch nach Eröffnung des Zweigbüros in Zug zunächst noch überwiegend in Zürich tätig sein. Er erfüllt demnach die Voraussetzungen für einen Eintrag im Register des Kantons Zug selbst dann nicht, wenn er sich aus dem Anwaltsregister des Kantons Zürich streichen lässt. Anders verhält es sich diesbezüglich erst dann, wenn der Beschwerdeführer einmal mehrheitlich im Kanton Zug tätig sein sollte. Falls sich die Dinge nach Eröffnung der Zweigstelle in Zug entsprechend entwickeln, ist er aufgrund des Dargelegten gar gehalten, sich im Register des Kantons Zürich streichen und in jenes des Kantons Zug eintragen zu lassen.
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II. Staatsrechtliche Beschwerde
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Erwägung 5 | |
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(...)
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Erwägung 6 | |
6.1 Während der materielle Begriff der öffentlichen Beurkundung dem Bundesrecht angehört, liegt die Kompetenz zu deren gesetzlichen Regelung grundsätzlich bei den Kantonen. Art. 55 SchlT ZGB überträgt diesen die Aufgabe, zu bestimmen, in welcher Weise auf ihrem Gebiet öffentliche Urkunden hergestellt werden. Mithin hat das kantonale Recht festzulegen, wer auf dem Kantonsgebiet zur Errichtung einer öffentlichen Urkunde sachlich zuständig und wie dabei zu verfahren ist. Neben Zuständigkeit und Form des Verfahrens sind insbesondere die Voraussetzungen für die Tätigkeit als Urkundsperson, die Aufgaben und Berufspflichten der Urkundsperson sowie das Gebühren- und Aufsichtswesen zu regeln (Urteil 2P.433/1997 vom 30. Juni 1998, publ in: ZBGR 81/2000 S. 72, E. 4). Die einem Notar dergestalt durch den Kanton verliehene Beurkundungsbefugnis hat den Charakter einer übertragenen hoheitlichen Funktion und kann als solche nicht unter dem Schutz der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) stehen (so zuletzt BGE 128 I 280 E. 3 S. 281 f.). Aus diesem Grund findet auch das Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (BGBM; SR 943.02) keine Anwendung (vgl. Art. 1 Abs. 3 BGBM).
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6.2 Der Kanton Zug kennt drei Arten von Urkundspersonen mit unterschiedlichen Kompetenzen: die Gemeindeschreiber und deren Stellvertreter, den Grundbuchverwalter und dessen Stellvertreter sowie die zur öffentlichen Beurkundung ermächtigten Rechtsanwälte (§ 1 und §§ 4-7 des Zuger Gesetzes über die öffentliche Beurkundung und die Beglaubigung in Zivilsachen; BeurkG). Auf Gesuch hin werden die im kantonalen Anwaltsregister eingetragenen Anwälte von der kantonalen Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte zur Beurkundung ermächtigt, wenn sie das Zuger Anwaltspatent besitzen und im Kanton Zug Wohnsitz haben (§ 2 Abs. 1 BeurkG in der Fassung vom 25. April 2002).
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Erwägung 7 | |
7.1 Der Beschwerdeführer wendet sich gegen § 2 Abs. 1 BeurkG und macht geltend, es verstosse sowohl gegen das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 BV; vgl. BGE 123 I 1 E. 6a S. 7) als auch gegen das Willkürverbot (Art. 9 BV; vgl. BGE 127 I 60 E. 5a S. 70), die Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung auf jene Rechtsanwälte zu beschränken, welche im Anwaltsregister des Kantons Zug eingetragen sind; ein Eintrag in irgendeinem kantonalen Anwaltsregister müsse genügen. Der Beschwerdeführer macht damit nicht geltend, das kantonale Recht sei vom Obergericht falsch angewandt worden; er rügt vielmehr, § 2 Abs. 1 BeurkG sei selbst verfassungswidrig. Damit verlangt er eine vorfrageweise Überprüfung von dessen Verfassungsmässigkeit, was im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde zulässig ist (vgl. BGE 129 I 265 E. 2.3 S. 268).
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7.3 Den Kantonen kommt bei der Festlegung der Voraussetzungen, unter denen ein Bewerber zur Notariatsausübung zugelassen wird, grosse Freiheit zu (Urteil 2P.433/1997 vom 30. Juni 1998, publ. in: ZBGR 81/2000 S. 72, E. 6). Die hier streitige Regelung geht nicht über das hinaus, was unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig ist. Das Bestreben des Kantons, die Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung jenen Rechtsanwälten vorzubehalten, die überwiegend im Kanton selbst tätig und deshalb im Anwaltsregister des Kantons Zug eingetragen sind, lässt sich sachlich begründen (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 128 I 280). Gleiches gilt für die Absicht, die betreffenden Rechtsanwälte generell der primären Aufsicht der Zuger Aufsichtsbehörde zu unterstellen, was mit dem Erfordernis des Registereintrags im Kanton selbst durchaus erreicht wird. Im Übrigen sind der Fall des Beschwerdeführers und die von ihm vorgetragenen - teils etwas gesucht wirkenden - Beispiele (Angestellter eines Unternehmens mit Nebenerwerb als Rechtsanwalt, Zweigbüro einer ausländischen Kanzlei, Verbands- oder Parteisekretär mit Nebenerwerb als Rechtsanwalt, Rechtsanwalt, der nur noch einige Stunden pro Woche arbeitet) im entscheidenden Punkt nicht miteinander vergleichbar: Bei allen genannten Konstellationen wird die Tätigkeit als Rechtsanwalt nur (oder zumindest überwiegend) im Kanton Zug ausgeübt. Damit ist - anders als beim Beschwerdeführer - die hier streitige Voraussetzung für einen Eintrag im Zuger Anwaltsregister erfüllt (vgl. oben E. 3.5). Sobald der Beschwerdeführer ebenfalls überwiegend im Kanton Zug tätig ist, kann er sich, worauf ihn das Obergericht ausdrücklich hingewiesen hat, im dortigen Anwaltsregister eintragen lassen und anschliessend um Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung ersuchen.
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