Das gemäß § 76 Nr. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetzes im abstrakten Normenkontrollverfahren erforderliche objektive Klärungsinteresse an der Geltung einer Norm besteht nur, wenn die Nichtanwendung der Norm zu einer Rechtsunsicherheit führt, die das Bundesverfassungsgericht mit verbindlicher Wirkung beheben kann. Das setzt voraus, daß die Geltung der Norm ausschließlich darum in Frage gestellt wird, weil sie mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar sei.
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Beschluß | |
des Zweiten Senats vom 24. Juni 1997 gemäß § 24 BVerfGG
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– 2 BvF 1/93 – | |
in dem Verfahren über den Antrag festzustellen, daß § 6 Nummer 6 Sätze 1 und 2 der Hamburgischen Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen in der Fassung vom 27. August 1991 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt, Seite 315) insoweit mit dem Grundgesetz und sonstigem Bundesrecht vereinbar ist, als diese Vorschrift die Aufwendungen für eine stationäre Behandlung in einem Krankenhaus für gesondert berechenbare Wahlleistungen von der Beihilfefähigkeit ausschließt, Antragsteller: Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, vertreten durch den Präses der Justizbehörde, Drehbahn 36, Hamburg.
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Entscheidungsformel: | |
Der Antrag wird verworfen.
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Gründe: | |
A. – I. | |
1. Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg begehrt mit seinem Normenkontrollantrag die Feststellung, daß der Ausschluß sogenannter Wahlleistungen von der Beihilfefähigkeit gemäß § 6 Nr. 6 Sätze 1 und 2 der Hamburger Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (HmbBeihVO) vom 8. Juli 1985 (HmbGVBl S. 161) i.d.F. der Änderungsverordnung vom 27. August 1991 (GVBl S. 315) mit dem Grundgesetz und sonstigem Bundesrecht vereinbar ist. In der zur Prüfung vorgelegten Fassung lautete § 6 Nr. 6 HmbBeihVO:
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Aus Anlaß eines Krankheitsfalls sind beihilfefähig die Aufwendungen für 1. - 5. ... 6. eine stationäre Behandlung in einem Krankenhaus bis zur Höhe der Kosten a) des allgemeinen oder besonderen Pflegesatzes (§ 5 der Bundespflegesatzverordnung), b) für Sonderentgelte (§ 6 der Bundespflegesatzverordnung), c) für abweichende Entgelte (§ 21 der Bundespflegesatzverordnung), es sei denn, daß § 7 oder § 9 anzuwenden ist. Ermäßigungen des allgemeinen Pflegesatzes nach § 8 Satz 1 Nr. 2 der Bundespflegesatzverordnung bleiben unberücksichtigt; im übrigen sind Mehraufwendungen für gesondert berechenbare Wahlleistungen (§ 7 der Bundespflegesatzverordnung) nicht beihilfefähig. Bei Behandlung in einem Krankenhaus, das die Bundespflegesatzverordnung nicht anwendet, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend; die Aufwendungen sind höchstens bis zu dem Betrag beihilfefähig, der bei Behandlung in einem staatlichen Krankenhaus der Freien und Hansestadt Hamburg beihilfefähig wäre; 7. - 11. ... | |
2. Die Hamburgische Beihilfeverordnung beruht auf § 85 des Hamburgischen Beamtengesetzes (HmbBG) i.d.F. des Dreizehnten Änderungsgesetzes vom 12. September 1984 (GVBl S. 182), der wie folgt lautet:
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Die Beamten und Ruhestandsbeamten sowie ihre versorgungsberechtigten Hinterbliebenen erhalten zu den notwendigen und angemessenen Aufwendungen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen Beihilfen. Das Nähere, insbesondere die Abgrenzung des anspruchsberechtigten Personenkreises, die Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfen und deren Höhe, regelt der Senat nach den für die Bundesbeamten geltenden Grundsätzen durch Rechtsverordnung. In ihr kann ferner bestimmt werden, ob und inwieweit Aufwendungen für Wahlleistungen aus Anlaß einer Krankenhausbehandlung beihilfefähig sind.
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II.
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Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat § 6 Nr. 6 Sätze 1 und 2 HmbBeihVO i.d.F. der Änderungsverordnung vom 27. August 1991 (GVBl S. 315) in mehreren Entscheidungen, darunter in einem Urteil vom 21. Februar 1992 – OVG Bf I 5/91 –, nicht angewendet, weil es die Vorschrift nicht für gültig erachtet hat.
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In den Entscheidungsgründen des Urteils vom 21. Februar 1992 hat der I. Senat des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts ausgeführt, § 6 Nr. 6 Sätze 1 und 2 HmbBeihVO sei mit einer (seinerzeitigen) Regelung des Bremischen Beihilferechts, zu der der Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. November 1991 (BVerwGE 89, 207) ergangen sei, inhaltlich identisch. Nach der dort gegebenen Begründung, der sich der Senat anschließe, sei auch die Vorschrift des § 6 Nr. 6 Sätze 1 und 2 HmbBeihVO rechtsungültig. Durch den Ausschluß der Beihilfefähigkeit von Wahlleistungen habe der Verordnungsgeber den bundesweiten Beihilfestandard unterschritten und so unter Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht in die Wechselbeziehung zwischen Beihilfe und Alimentation eingegriffen.
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Eine Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 1 GG hinsichtlich der Ermächtigungsgrundlage des § 85 HmbBG wegen Verstoßes gegen den bundesrechtlichen Grundsatz der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht bestehe nicht. Denn die Ermächtigungsgrundlage halte sich – wie die Auslegung ergebe – im Rahmen dieses Grundsatzes. Der Landesgesetzgeber habe mit § 85 HmbBG dem Verordnungsgeber nicht die Möglichkeit geben wollen, die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für gesondert berechenbare Wahlleistungen bei einer stationären Behandlung in einem Krankenhaus generell auszuschließen, wie dies mit der Vorschrift des § 6 Nr. 6 Sätze 1 und 2 HmbBeihVO geschehen sei.
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§ 85 Satz 2 HmbBG sehe vor, daß der Verordnungsgeber die Gewährung der Beihilfen "nach den für die Bundesbeamten geltenden Grundsätzen regelt". Für Bundesbeamte sei es aber gerade Beihilfestandard, daß Aufwendungen für gesondert berechenbare Wahlleistungen aus Anlaß einer Krankenhausbehandlung beihilfefähig seien.
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Eine Aufhebung der angefochtenen Beihilfebescheide sei auch nicht durch Art. 64 HmbVerf ausgeschlossen. Die Pflicht zur Vorlage nach dieser Vorschrift erfasse nicht den Fall, daß eine landesverordnungsrechtliche Norm (hier: § 6 Nr. 6 Sätze 1 und 2 HmbBeihVO) sich nicht mehr "im Rahmen" der gesetzlichen Ermächtigung (hier: § 85 HmbBG) halte.
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Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat daraufhin mit Schriftsatz vom 2. Juli 1993 gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 6, 76 Nr. 2 BVerfGG beantragt
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festzustellen, daß § 6 Nr. 6 Sätze 1 und 2 HmbBeihVO i.d.F. vom 27. August 1991 (GVBl S. 315) insoweit mit dem Grundgesetz und sonstigem Bundesrecht vereinbar ist, als diese Vorschrift die Aufwendungen für eine stationäre Behandlung in einem Krankenhaus für gesondert berechenbare Wahlleistungen von der Beihilfefähigkeit ausschließt.
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1. Zur Zulässigkeit des Antrags trägt der Antragsteller vor, es gehe ihm um die Klärung von Zweifeln an der Vereinbarkeit der in § 6 Nr. 6 HmbBeihVO enthaltenen Ausschlußregelung mit dem bundesrechtlichen Grundsatz der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht habe seine Auffassung von der Rechtsungültigkeit der Regelung im Anschluß an die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. November 1991 (BVerwGE 89, 207) maßgeblich auf bundesrechtliche Erwägungen gestützt.
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Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 76 Nr. 2 BVerfGG seien erfüllt. Der Zulässigkeit des Antrags stehe nicht entgegen, daß das Hamburgische Oberverwaltungsgericht sein Urteil vom 21. Februar 1992 auch auf die Erwägung gestützt habe, § 6 Nr. 6 Sätze 1 und 2 HmbBeihVO halte sich nicht mehr im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung. Letztlich sei das Hamburgische Oberverwaltungsgericht nämlich allein aus verfassungsrechtlichen Gründen – und insoweit ohne eine eigenständige landesrechtliche Argumentation – zu dem Ergebnis gelangt, § 6 Nr. 6 Sätze 1 und 2 HmbBeihVO sei rechtsungültig und deshalb nicht anzuwenden.
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2. Der Antrag sei auch begründet. Die in § 6 Nr. 6 Sätze 1 und 2 HmbBeihVO enthaltene Regelung über den Ausschluß der Beihilfefähigkeit von Wahlleistungen sei mit dem Grundgesetz und sonstigem Bundesrecht vereinbar. Sie verstoße nicht gegen hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG), insbesondere nicht gegen das Alimentationsprinzip und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn.
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Zu dem Antrag haben sich das Bundesverwaltungsgericht, die Bayerische Staatsregierung, die Landesregierung von Baden-Württemberg, der Senat der Freien Hansestadt Bremen und der Deutsche Beamtenbund geäußert.
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Der Antrag ist unzulässig; er genügt nicht den Voraussetzungen, unter denen nach § 76 Nr. 2 BVerfGG ein Antrag auf Feststellung der Gültigkeit von Bundes- oder Landesrecht gestellt werden kann.
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1. § 76 BVerfGG umschreibt die Voraussetzungen, unter denen die Durchführung eines Verfahrens der abstrakten Normenkontrolle beantragt werden kann, und unterscheidet dabei hinsichtlich der sachlichen Voraussetzungen der Antragsbefugnis entsprechend dem Antragsziel danach, ob eine Normenverwerfung beantragt ist (Nr. 1) oder ob die Vereinbarkeit der zur Überprüfung gestellten Vorschrift mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht bestätigt werden soll (Nr. 2). Diese vom Gesetzgeber auf der Grundlage des Art. 94 Abs. 2 Satz 1 GG getroffene Regelung ist mit Verfassungsrecht vereinbar; sie konkretisiert Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet, wie es bereits mehrfach festgestellt hat, im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG nur, wenn und solange ein "besonderes objektives Interesse" an der Klarstellung der Geltung der zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellten Norm gegeben ist (vgl. BVerfGE 6, 104 [110]; 39, 96 [106]; 52, 63 [80]; 88, 203 [334]). Ein solches Interesse liegt bei einem Antrag auf Normverwerfung gemäß § 76 Nr. 1 BVerfGG schon dann vor, wenn ein – als Organ oder Organteil auf die Bundesverfassung in besonderer Weise verpflichteter – Antragsteller von der Unvereinbarkeit der Norm mit höherrangigem Bundesrecht überzeugt ist. Demgegenüber kann ein besonderer Anlaß für die in § 76 Nr. 2 BVerfGG geregelte Bestätigung einer Norm, von deren Verfassungsmäßigkeit in der Regel auszugehen ist (vgl. BVerfGE 2, 143 [158]), erst dann bestehen, wenn diese Norm von den dafür zuständigen Stellen wegen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht nicht angewandt, nicht vollzogen oder in sonst relevanter Weise mißachtet (vgl. BVerfGE 12, 205 [221 f.]) und ihre Geltung damit in einer ihre praktische Wirksamkeit beeinträchtigenden Weise in Frage gestellt wird (vgl. BVerfGE 2, 143 [158]).
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2. Die im Falle des § 76 Nr. 2 BVerfGG durch Nichtanwendung der Norm bewirkte – ein objektives Klärungsinteresse begründende – Rechtsunsicherheit kann vom Bundesverfassungsgericht nur dann mit verbindlicher Wirkung (§31 BVerfGG) behoben werden, wenn die Geltung der Norm ausschließlich darum in Frage gestellt wird, weil sie mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar sei. Nur insoweit steht dem Bundesverfassungsgericht, das Garant der Bundesverfassung und einer den Vorrang des Bundesrechts wahrenden Normenordnung ist, ein Prüfungsmaßstab zur Verfügung. Wird die Norm aber zusätzlich aus anderen Gründen nicht angewandt, etwa weil sie als Rechtsverordnung auch von einer landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt sei, so kann das Bundesverfassungsgericht die zur Frage der Geltung der Norm bestehende Rechtsunsicherheit insgesamt nicht verbindlich ausräumen. Hieraus folgt, daß das besondere objektive Interesse an der Feststellung der Gültigkeit einer Norm gemäß § 76 Nr. 2 BVerfGG nur dann gegeben ist, wenn gerade die Unvereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht für deren Nichtanwendung entscheidungserheblich war. Nur dann kann das Bundesverfassungsgericht hierzu Rechtssicherheit schaffen.
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3. Nach diesen Grundsätzen ist der Antrag unzulässig. Die von dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht angenommene Unvereinbarkeit der Regelung mit dem bundesrechtlichen Grundsatz der Fürsorgepflicht trägt die Entscheidung nicht allein. Vielmehr hat das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung ausdrücklich auch damit begründet, daß die Ermächtigungsgrundlage des § 85 (Satz 3) HmbBG die auf dem Verordnungswege getroffene Regelung nicht decke. Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellte Unvereinbarkeit der landesrechtlichen Norm mit dem bundesrechtlichen Grundsatz der Fürsorgepflicht hat damit im Ergebnis keine entscheidungserhebliche Bedeutung erlangt.
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Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts könnte eine endgültige Klärung der Rechtslage und insbesondere die vom Antragsteller begehrte Normbestätigung nicht herbeiführen. Die vom Antragsteller begehrte Entscheidung liefe deshalb auf eine gutachtliche Stellungnahme des Bundesverfassungsgerichts zur Vereinbarkeit des § 6 Nr. 6 Sätze 1 und 2 HmbBeihVO mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht hinaus. An der vom Oberverwaltungsgericht angenommenen Unanwendbarkeit der landesrechtlichen Norm wegen Fehlens einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage würde sich dagegen nichts ändern.
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