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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Johannes Sokoll, A. Tschentscher | |||
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vom 25. Januar 1945 i.S. Lingg gegen Steinmann und Konsorten. | |
Regeste |
Erbrecht. Ausgleichungspflicht, Art. 626 ZGB. |
II. Auf solche Entlöhnung einzelner Kinder ist bei der Bemessung der Ausgleichung nach Art. 633 zugunsten anderer Kinder Rücksicht zu nehmen. |
III. Vereinbarung, wonach die Tochter die Bürgschaftszahlung des Vaters für ihren Mann sich als Vorempfang auf ihren Erbteil anrechnen lasse, bedarf, um Ausgleichungspflicht nach Art. 626 zu begründen, der Genehmigung gemäss Art. 177 Abs. 3 ZGB (ev. der Form des Erbverzichtvertrages).![]() | |
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A. | |
Mit Kaufvertrag vom 27. Februar 1931 überliess der Landwirt Alois Lingg sein Heimwesen Buchwald in Grossdietwil, das er mit Hilfe seiner Söhne Johann und Alfred bewirtschaftet hatte, samt Inventar dem erstern, blieb jedoch auf dem Hofe wohnen. Der Kaufpreis von Fr. 80,000.- war zahlbar: a) durch Übernahme der auf der Liegenschaft haftenden Grundpfandschulden von Fr. 17,528.94, b) "durch Anrechnung des Lohnguthabens des Käufers von Fr. 20,000.-", c) "durch Übernahme der Lohnforderung des Bruders des Käufers, Alfred Lingg, an dessen Vater von Fr. 20,000.-". Der Rest von Fr. 22,471.06 war dem Vater nicht zu verzinsen, solange dieser weiterhin beim Käufer auf dem Heimwesen lebte. Am 21. März 1939 quittierte Alfred Lingg für den Empfang der im Kaufvertrag sub c) genannten Lohnforderung von Fr. 20,000.- an den Bruder.
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Am 11. August 1941 starb die Mutter und am 6. Oktober des gleichen Jahres der Vater Lingg. Dieser hinterliess ein Testament vom 30. Mai 1941, wonach dem Sohne Johann vom Nachlassvermögen "vorweg und unbeschadet seines sonstigen gesetzlichen Erbanspruchs ein Viertel zu Eigentum zufallen soll, da er von mir im Jahre 1931 die Liegenschaft Buchwald zu übersetztem Preise erwerben musste".
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Bezüglich der Erbteilung entstand Uneinigkeit zwischen den beiden Söhnen einerseits -- ein dritter Sohn war ausgekauft -- und den vier verheirateten, bis auf eine verwitweten Töchtern Lingg. Von den zahlreichen von beiden Parteien ans Recht gesetzten Streitpunkten sind vor Bundesgericht folgende noch streitig:
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1) Die Klägerinnen verlangten, dass jeder Beklagte den Betrag, um den die ihm im Kaufvertrag angerechnete Lohnforderung von Fr. 20,000.- übersetzt gewesen sei, ![]() ![]() | 4 |
2) Die Klägerinnen 1-4 erhoben ihrerseits Lidlohnansprüche gemäss Art. 633 ZGB, die das Obergericht in der von den Beklagten anerkannten Höhe von Fr. (1) 760.-, (2) 760.-, (3) 620.- und (4) 3000.- zugesprochen hat.
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3) Die beklagten Söhne verlangten, dass die Klägerinnen für verschiedene Vorempfänge ausgleichungspflichtig zu erklären seien. Die Vorinstanz hat die Ausgleichungspflicht bezüglich Frau Koller-Lingg für Fr. 3441.- und bezüglich Frau Rölli-Lingg für Fr. 300.- bejaht und im übrigen verneint.
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B. | |
Vor Bundesgericht beantragen:
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zu 1) die beklagten Söhne mit Hauptberufung: Befreiung von der Ausgleichungspflicht für die Fr. 7000.- bezw. 8000.-, die Klägerinnen mit Anschlussberufung: Erhöhung dieser Ausgleichungsbeträge auf die verlangten Fr. 9280.- bezw. 10,120.-;
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zu 2) die Anschlussberufungsklägerinnen Erhöhung ihrer Lidlohnansprüche auf Fr. 2174.60 bezw. 2174.60 bezw. 1774.- bezw. 9842.60;
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zu 3) die Hauptberufungskläger: die 4 Schwestern seien für Vorempfänge mit den vor der Vorinstanz geltend gemachten höhern Beträgen ausgleichungspflichtig zu erklären, und die Anschlussberufungsklägerin Frau Koller: Befreiung von der Ausgleichungspflicht für die Fr. 3441.-.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
I. AUSGLEICHUNGSPFLICHT DER BEKLAGTEN. | |
1. Die Vorinstanz stellt fest, dass die Söhne Johann, geb. 1893, und Alfred, geb. 1895, seit ihrer Jugend bis zur Übernahme der Liegenschaft durch den ersteren in Hausgemeinschaft mit dem Vater lebten und ihm von ihrer Mündigkeit an während 17 Jahren und 2 Monaten bezw. ![]() ![]() ![]() ![]() | 11 |
Indem die Vorinstanz in dieser Weise untersucht, wieviel von der Zuwendung von Fr. 20,000.- als Lidlohnanspruch nach Art. 633 ZGB begründet sei, und den Mehrbetrag der Ausgleichung unterstellt, gibt sie dem Art. 633 eine Anwendung, die ihm nach seinem Sinn und Zweck im Gesetze nicht zukommt. Er will für die Vergütung der von mündigen Hauskindern den Eltern zugewendeten Dienste oder Einkünfte nicht die allgemein gültige Regel bedeuten. Vielmehr stellt er eine subsidiäre Ordnung dar, die dort in die Lücke treten soll, wo nicht die Parteien selber über das fragliche Rechtsverhältnis etwas anderes vereinbart haben. Die "billige Ausgleichung", auf die Art. 633 dem Haussohn Anspruch gibt, stellt nur ein Minimum dar, das er erhalten soll, wo er ohne diese Bestimmung überhaupt leer ausginge. Keineswegs aber will Art. 633 den Vater hindern, dem Sohn für seine Arbeit eine über diesen Notanspruch hinausgehende, ihrem wirklichen Werte entsprechende Vergütung zuzuhalten, sei es zu Lebzeiten in Form laufender Zahlung eines zum voraus vereinbarten Lohnes oder der Hingabe einer einmaligen pauschalen Vergütung, sei es durch Verfügung von Todes wegen. Wo immer eine Abgeltung unter diesem Titel stattgefunden hat, kann Art. 633 höchstens zu einer Erhöhung, nie aber zu einer Herabsetzung derselben herangezogen werden. Andernfalls hätte in solchen Fällen die Bestimmung, die als Notbehelf den Schutz der Hauskinder be ![]() ![]() | 12 |
Erwägung I.2 | |
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Erwägung I.3 | |
3. Als eigentliche Lohnzahlungen können die Zuwendungen von je Fr. 20,000.- jedoch nur bis zu dem Betrag anerkannt werden, der einer vernünftigen Vergütung der geleisteten Dienste, unter Berücksichtigung des ![]() ![]() ![]() ![]() | 14 |
Erwägung I.4 | |
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Kann demnach auch die Herabsetzung nicht verlangt werden, so erübrigt sich die Bezifferung des angemessenen, über den blossen Ausgleichungsanspruch nach Art. 633 hinausgehenden Lohnes zwecks Ermittlung des der Herabsetzung unterliegenden Mehrbetrags bis auf Fr. 20,000.-, und es muss bei der Aufhebung der von der Vorinstanz ausgesprochenen Ausgleichungspflicht für die Fr. 7000.- bezw. 8000.- sein Bewenden haben.
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II. LIDLOHNANSPRÜCHE DER KLÄGERINNEN. | |
Die Vorinstanz hat diese Ansprüche der 4 Klägerinnen in den nach den Unterlagen des Bauernsekretariates errechneten und von den Beklagten anerkannten Beträgen zugesprochen und nur der Viertklägerin für ihre qualifizierte Arbeitsleistung eine Erhöhung von Fr. 2240.- auf Fr. 3000.- zugebilligt. Die von den Klägerinnen mit Rücksicht auf die den Söhnen im Kaufvertrag zugewendeten Lohnvergütungen von je Fr. 20,000.- verlangte Verdoppelung der errechneten Ausgleichungsbeträge lehnt die Vorinstanz mit dem Hinweis darauf ab, dass die Beklagten jene Zuwendungen gemäss Urteil zum Teil zur Ausgleichung bringen müssen. Nachdem dies nun nicht der Fall ist, muss in der Tat bei der Bemessung der Lidlohnbeträge der Klägerinnen auf den Massstab Rücksicht genommen werden, nach welchem der Vater die Dienste der Söhne mit der Zuwendung von Fr. 20,000.- abgegolten hat. Eine Ausgleichung der Töchter nur in Höhe der Ansätze des Bauernsekretariates erscheint nicht billig, nachdem die Söhne eine die für sie errechneten Ziffern beinahe um das doppelte übersteigende Vergütung erhalten haben und behalten dürfen. Hätten die Söhne zur Zeit der Mitarbeit der Töchter laufend einen so erheblichen Lohn bezogen, wie sie ihn nachträglich erhalten haben, so hätten wohl die Töchter ohne eine entsprechende Entlöhnung sich geweigert, weiter ihre Arbeit der Hausgemein ![]() ![]() | 20 |
III. VOREMPFÄNGE DER KLÄGERINNEN. | |
Die Beklagten haben von den Klägerinnen Ausgleichung verschiedener Beträge verlangt, die nicht diese selbst vom Vater empfangen haben, sondern die der Vater zufolge Bürgschaft für ihre Ehemänner bezahlt hat.
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Erwägung III. 1 | |
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b) Die Beklagten werfen den Klägerinnen als gegen Treu und Glauben verstossend und Rechtsmissbrauch vor, ![]() ![]() | 24 |
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Hinsichtlich aller dieser Ausgleichungsbegehren muss es bei der vorinstanzlichen Abweisung sein Bewenden haben.
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Erwägung III.2 | |
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"Verpflichtungsakt.
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Die unterzeichneten Eheleute Alois Koller und seine Ehefrau Anna geb. Lingg ... verpflichten sich anmit, dass, sofern ihr Schwiegervater resp. Vater das bei der Sparkasse Filiale Zell verbürgte Anleihen von Fr. 3000.- für den Ehemann Alois Koller bezahlen müsste, sich den genannten Betrag als Vorempfang anrechnen zu lassen, also als Vorempfang zu gelten hätte."
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In der Folge zahlte Vater Lingg zufolge dieser Bürgschaft in den Jahren 1928 und 1929 der Sparkasse im ganzen Fr. 3411.- (bezw. richtig 3461.-).
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Es ist davon auszugehen, dass die Ausgleichungspflicht nach Art. 626 ZGB als eine gesetzliche Pflicht nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen eintritt. Voraussetzung ist eine Zuwendung des Erblassers an den Erben bezw. Nachkommen. Nur was dieser selber, nicht ein Dritter, vom Erblasser empfangen hat, untersteht der Ausgleichungspflicht. Sie wäre gegeben, wenn Vater Lingg den Geldbetrag für die Bürgschaftszahlung seiner Tochter auf Anrechnung an ihren Erbteil in bar ausgehändigt und diese ihn ihrerseits an ihren Mann weitergegeben hätte. Tatsächlich fand jedoch nur eine Leistung des Vaters an die Bank bezw. -- durch Zahlung der Schuld des Schwiegersohnes -- eine mittelbare Zuwendung an diesen statt. Mit dem Verpflichtungsakt wollten die Parteien zum voraus der zukünftigen Zahlung des Vaters den Charakter einer Zuwendung an die Tochter verleihen. Dies entsprach aber nur dann der Wahrheit, wenn die Leistung des Vaters an die Bank sie von einer Schuld befreite, was wiederum voraussetzte, dass die Tochter entweder die Schuld ihres Mannes an die Bank oder dessen eventuelle Bürgenregresspflicht gegenüber dem Vater übernommen habe, allerdings -- im ![]() ![]() | 32 |
An der Auffassung der Vorinstanz, entgegen ihrem Wortlaut enthalte die Vereinbarung vom 19. März 1922 hinsichtlich der Frau Koller keine Verpflichtung, sondern eine Verfügung, indem sie bis zum Betrage einer allfälligen Bürgschaftszahlung des Vaters auf ihren Anteil an dessen Erbschaft (bedingt) verzichtet habe, ist soviel richtig, dass der von den Parteien gewollte Zweck -- Verminderung des dereinstigen Erbteils der Tochter um jenen Betrag -- unabhängig von der Frage eines ausgleichspflichtigen Vorempfanges nach Art. 626 durch einen entsprechenden, abstrakten Erbverzicht hätte erreicht werden können. Ein solcher hätte jedoch der Form der öffentlichen letztwilligen Verfügung bedurft (Art. 495/512 ZGB).
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Der Ausgleichungsanspruch gegen Frau Koller bezüglich der Fr. 3441.- ist daher abzuweisen. ![]() | 34 |
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
Es werden teilweise gutgeheissen:
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1. die Hauptberufung dahin, dass in Dispositiv 3 lit. a) des angefochtenen Urteil die Ausgleichungspflicht der Beklagten Johann und Alfred Lingg für die Beträge von Fr. 7000.- bezw. 8000.- aufgehoben wird;
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2. die Anschlussberufung dahin, dass a) in Dispositiv 3 lit. a) die Ausgleichungspflicht der Drittklägerin Frau Anna Koller-Lingg für den Betrag von Fr. 3441.- aufgehoben, und b) die Sache zu neuer Bestimmung der Höhe der Ausgleichungsansprüche der vier Klägerinnen gemäss Dispositiv 3 lit. b) an die Vorinstanz zurückgewiesen wird. | 38 |
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