BGE 140 II 460 |
41. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Amt für Migration und Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_772/2013 vom 4. September 2014 |
Regeste |
Art. 4 FZA in Verbindung mit Art. 6 und 12 Abs. 1 Anhang I FZA; Art. 10 Abs. 4c in Verbindung mit Abs. 1b Unterabs. 2 sowie Abs. 2b Unterabs. 2 FZA; Art. 16 Abs. 2 FZA; Prostitution; Zulassung zum Arbeitsmarkt; selbstständige und unselbstständige Erwerbstätigkeit im Anwendungsbereich der Übergangsbestimmungen des FZA. |
Sachverhalt |
A. Die B. AG, Club C.B., ersuchte am 19. April 2012 beim Amt für Migration des Kantons Luzern um eine Kurzaufenthaltsbewilligung (19. April 2012 bis 26. Mai 2012) für die rumänische Staatsangehörige A. (geb. 1990) als Masseuse (Prostituierte). Einen Nachweis, dass für die betreffende Erwerbstätigkeit keine inländischen Arbeitskräfte gefunden werden konnten, legte der Club C.B. nicht bei.
|
B. Nachdem das Gesuch zurückgewiesen worden war, verlangte A. eine beschwerdefähige Verfügung. Am 10. Mai 2012 lehnte das Amt für Migration das Gesuch um Erteilung einer Kurzaufenthaltsbewilligung an A. förmlich ab und wies sie an, die Schweiz nach ihrer bewilligungsfreien Aufenthaltsdauer wieder zu verlassen. Die gegen diese Verfügung beim Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern geführte Verwaltungsbeschwerde wurde am 9. April 2013 abgewiesen. Eine hiergegen erhobene Beschwerde beim Kantonsgericht des Kantons Luzern lehnte dieses mit Urteil vom 25. Juli 2013 ab.
|
C. Mit Eingabe vom 4. September 2013 beantragt A. dem Bundesgericht, den Entscheid des Kantonsgerichts vom 25. Juli 2013 aufzuheben. Es sei festzustellen, dass sie als selbstständige Erwerbstätige zu gelten und Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Bewilligung habe.
|
(...)
|
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
|
(Auszug)
|
Aus den Erwägungen: |
3.2 Gemäss Art. 4 FZA in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Anhang I FZA hat ein Staatsangehöriger einer Vertragspartei, der mit einem Arbeitgeber des Aufnahmestaates ein Arbeitsverhältnis mit einer Dauer von mindestens einem Jahr eingegangen ist, Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer von mindestens fünf Jahren. Ein Arbeitnehmer, der mit einem Arbeitgeber des Aufnahmestaates ein Arbeitsverhältnis mit einer Dauer von mehr als drei Monaten und weniger als einem Jahr eingegangen ist, erhält eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer, die der Dauer des Arbeitsvertrags entspricht (Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Anhang I FZA). Ein Arbeitnehmer, der ein Arbeitsverhältnis mit einer Dauer von höchstens drei Monaten eingeht, benötigt keine Aufenthaltserlaubnis (Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 Anhang I FZA). Ein EU-ausländischer Arbeitnehmer darf in der Schweiz hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlöhnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer (Art. 9 Abs. 1 Anhang I FZA).
|
Beschränkungen hinsichtlich des Zugangs zum Arbeitsmarkt sieht das Abkommen für Angehörige von Rumänien und Bulgarien sodann in Form einer - von den Höchstzahlen grundsätzlich unabhängigen - Vorzugsregelung für inländische Arbeitnehmer vor: Nach Art. 10 Abs. 2b Unterabs. 1 FZA kann die Schweiz während eines Zeitraums von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Protokolls für Arbeitnehmer "die Kontrolle der Einhaltung des Vorrangs der in den regulären Arbeitsmarkt integrierten Arbeitnehmer und die Kontrolle der Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen für die Staatsangehörigen der betreffenden Vertragspartei beibehalten". Das Abkommen ermächtigt die Schweiz, die Kontrollen nach Art. 10 Abs. 2b Unterabs. 2 FZA bis maximal 5 Jahre nach dem Inkrafttreten des Protokolls vom 28. Mai 2008 gegenüber rumänischen und bulgarischen Arbeitnehmern weiterhin anzuwenden. Art. 10 Abs. 4c FZA sieht sodann vor, dass die in den Absätzen 2b (sowie 1b und 3b) genannten Massnahmen bei ernsthaften Störungen auf ihrem Arbeitsmarkt oder bei Gefahr solcher Störungen bis 7 Jahre nach Inkrafttreten des Protokolls II angewendet werden dürfen.
|
3.3.3 Art. 27 der Verordnung vom 22. Mai 2002 über die Einführung des freien Personenverkehrs (VEP; SR 142.203), welche Art. 10 des Freizügigkeitsabkommens konkretisiert (Art. 1 VEP; Urteil 2C_217/2009 vom 11. September 2009 E. 2.1), sieht für Angehörige aus Rumänien und Bulgarien entsprechend vor, dass die kantonale Arbeitsmarktbehörde (Art. 26 VEP) vor einem allfälligen Bewilligungsentscheid darüber befindet, ob die "arbeitsmarktlichen Voraussetzungen" für die Erteilung der Bewilligung zur unselbstständigen Erwerbstätigkeit erfüllt sind. Unter die arbeitsmarktrechtlichen Voraussetzungen fallen namentlich die Prüfung des Inländervorrangs im Sinne von Art. 21 AuG (SR 142.20) sowie die Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen (vgl. Urteil 2C_434/2014 vom 7. August 2014 E. 1.1 und 2.2 mit Hinweis; vgl. auch die Weisungen des Bundesamts für Migration vom Mai 2014 zur Verordnung über die Einführung des freien Personenverkehrs, S.15 ff., 36).
|
Die Vorinstanz durfte demnach annehmen, die Beschwerdeführerin unterliege der Bewilligungspflicht und hätte nur Anspruch auf Erteilung der Bewilligung, wenn sie selbstständig erwerbstätig wäre. Sie durfte namentlich davon ausgehen, der Zugang zum Arbeitsmarkt sei bei unselbstständig erwerbstätigen Rumänen oder Bulgaren gestützt auf die Übergangsbestimmungen vom (Nicht-)Vorhandensein von inländischen Arbeitnehmenden abhängig (Art. 10 Abs. 2b FZA in Verbindung mit Art. 21 AuG). Da der Club C.B. nicht nachgewiesen hat, dass für die beabsichtige Tätigkeit keine inländische Arbeitskraft gefunden werden konnte, durfte die Vorinstanz davon ausgehen, der Beschwerdeführerin könne unter dem Titel der Arbeitnehmerfreizügigkeit derzeit keine Bewilligung erteilt werden.
|
Es stellt sich demnach die Frage, ob die Beschwerdeführerin von der Vorinstanz zu Recht als unselbstständige Erwerbstätige im Sinne des FZA betrachtet wurde.
|
4.1 Die Interpretation des Begriffs der Arbeitnehmertätigkeit bestimmt sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht (ausschliesslich) nach nationalem Recht (Art. 5 Abs. 4 BV; Art. 27 VRK [SR 0.111]; BGE 138 II 524 E. 5.1 S. 533; BGE 125 II 417 E. 4d S. 424 f.; BGE 122 II 234 E. 4e S. 239). Ausgangspunkt der Interpretation ist vielmehr der Begriff des Arbeitnehmers im Sinne von Art. 10 FZA, der materiell dem Begriff der unselbstständigen Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 1 lit. a FZA bzw. des Arbeitnehmers nach Art. 6 ff. Anhang I FZA entspricht. Der Begriff des Arbeitnehmers wird im FZA (gleich wie im Primär- und Sekundärrecht der EU) nicht definiert, ist jedoch ein unionsrechtlicher (vgl. BGE 131 II 339 E. 3.1 S. 344 f.; MINH SON NGUYEN, Le travailleur, l'indépendant, le prestataire de services et le travailleur détaché en droit suisse des migrations économiques, in: Migrations et économie, Cesla Amarelle und andere [Hrsg.], 2010, S. 67 ff.; CHRISTINA SCHNELL, Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Schweiz, 2010, S. 133 ff.). Für dessen Auslegung - insbesondere mit Blick auf die Abgrenzung zur selbstständigen Erwerbstätigkeit nach Art. 12 ff. Anhang I FZA - ist die hierfür einschlägige Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigen (Art. 16 Abs. 2 FZA; BGE 140 II 112 E. 3.2 S. 117 f. mit zahlreichen Hinweisen). Dabei ist die Rechtsprechung des EuGH vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung (21. Juni 1999) massgebend. Da es Ziel des Abkommens ist, die Freizügigkeit auf der Grundlage der in der Europäischen Union geltenden Bestimmungen zu verwirklichen (Präambel), und die Vertragsstaaten übereingekommen sind, in den vom Abkommen erfassten Bereichen alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, damit in ihren Beziehungen eine möglichst parallele Rechtslage besteht (Art. 16 Abs. 1 FZA), weicht das Bundesgericht praxisgemäss von der Auslegung abkommensrelevanter unionsrechtlicher Bestimmungen durch den EuGH nach dem Unterzeichnungsdatum nicht leichthin, sondern nur beim Vorliegen "triftiger" Gründe ab (BGE 140 II 112 E. 3.2 S. 117; BGE 139 II 393 E. 4.1.1 S. 397 f.; BGE 136 II 65 E. 3.1 S. 70 f.).
|
4.1.1 Nach der Rechtsprechung des EuGH steht der Arbeitnehmer bzw. der unselbstständig Erwerbende in einem weisungsgebundenen Abhängigkeitsverhältnis, wobei er eine (tatsächliche und echte) Tätigkeit für einen anderen für eine bestimmte Zeit verrichtet und dafür ein Entgelt bezieht (Urteile des EuGH vom 3. Juli 1986 66/85 Lawrie-Blum, Slg. 1986 02121 Randnr. 12, 18; vom 21. Juni 1988 197/86 Brown, Slg. 1988 3205 Randnr. 21; vom 8. Juni 1999 C-337/97 Meeusen, Slg. 1999 I-03289 Randnr. 13). Der Begriff des Arbeitnehmers wird vom EuGH weit ausgelegt, um den Schutzbereich dieser Grundfreiheit möglichst vielen Personen zugutekommen zu lassen (vgl. Urteile des EuGH vom 3. Juni 1986 139/85 Kempf, Slg. 1986 01741 Randnr. 13; Lawrie-Blum, Randnr. 21; vom 23. März 1982 53/81 Levin, Slg. 1982 1035 Randnr. 17; vgl. auch vom 12. Mai 1998 C-85/96 Martínez Sala, Slg. 1998 I-02691 Randnr. 32). Demgegenüber sind Anhaltspunkte für eine selbstständige Erwerbstätigkeit die Beteiligung an den geschäftlichen Risiken, die freie Bestimmung der Arbeitszeit, die Weisungsfreiheit und die Auswahl der Mitarbeiter (Urteile des EuGH vom 28. Januar 1986 270/83 Kommission gegen Frankreich, Slg. 1986 273, Randnr. 13; vom 7. September 2004 C-456/02 Trojani, Slg. 2004 I-07573 Randnr. 27 [zurNiederlassungsfreiheit];WINFRIED BRECHMANN, in: EUV/AEUV, Kommentar, Calliess/Ruffert [Hrsg.], 4. Aufl. 2011, N. 14 zu Art. 45AEUV; ULRICH FORSTHOFF, in: Das Recht der Europäischen Union, Kommentar, Grabitz/Hilf/Nettesheim [Hrsg.],Stand Juli 2010, N. 69, 73 und 77 zu Art. 45 AEUV). Arbeitnehmer im Sinne von Art. 45 AEUV (bzw. Art. 39 EGV) können auch Geschäftsführer sein (Urteil des EuGH vom 7. Mai 1998 C-350/96 Clean Car, Slg. 1998 I-2521 Randnr. 9 ff., 30); die Arbeitnehmereigenschaft ist auch nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass die betreffende Person im Wege einer Ertragsbeteiligung entlöhnt wird (Urteil des EuGH vom 14. Dezember 1989 C-3/87 Agegate, Slg. 1989 4459 Randnr. 36). Auch der Umstand, dass ein Arbeitsverhältnis nur von kurzer Dauer oder befristet war, schliesst die Arbeitnehmereigenschaft nicht aus (Urteile vom 26. Februar 1992 C-3/90 Bernini, Slg. 1992 I-1071 Randnr. 16; vom 26. Februar 1992 C-357/89 Raulin, Slg. 1992 I-1027 Randnr. 13). In einem neueren Urteil bezieht sich der EuGH für die Abgrenzung der Arbeitnehmereigenschaft von derjenigen des Arbeitgebers auf das Über- und Unterordnungsverhältnis (Urteil vom 15. Dezember 2012 C-151/04 / C-152/04 Nadin, Slg. 2005 I-11203 Randnr. 10, 31 f.). Die Arbeitnehmereigenschaft untersteht dabei einer Gesamtbetrachtung nach objektiven Gesichtspunkten (vgl. Urteile Agegate, Randnr. 36 ff.; vom 6. November 2003 C-413/01 Ninni-Orasche, Slg. 2003 I-13187 Randnr. 27), wobei für die Einordnung der Tätigkeit die Unternehmensorganisation entscheidend ist (vgl. FORSTHOFF, a.a.O., N. 72 zu Art. 45 AEUV; BRECHMANN, a.a.O., N. 12 ff. zu Art. 45 AEUV).
|
4.1.2 Unter dem Vorbehalt der Inländergleichbehandlung fällt die Prostitution als selbstständig oder unselbstständig ausgeübte Erwerbstätigkeit in den Schutzbereich der Grundfreiheiten (Urteil des EuGH vom 20. November 2001 C-268/99 Jany und andere, Slg. 2001 I-8615 Randnr. 56 ff.; vgl. bereits vom 18. Mai 1982 115/81 und 116/81 Adoui und Cornuaille, Slg. 1982 1665 Randnr. 6, 8). Dabei lässt der EuGH die Mitgliedstaaten die Frage, ob die Prostitution von der betreffenden Person selbstständig (oder unselbstständig) ausgeübt wird, anhand der Beweisvoraussetzungen prüfen, ob die Ausübung ohne Vorliegen eines Unterordnungsverhältnisses erfolgt "in Bezug auf die Wahl dieser Tätigkeit, die Arbeitsbedingungen und das Entgelt (sowie) in eigener Verantwortung und gegen ein Entgelt, das der betreffenden Person vollständig und unmittelbar gezahlt wird" (Urteil Jany und andere, Randnr. 71). Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Prostitution als eine von Selbstständigen ausgeübte Erwerbstätigkeit gelten (Urteil Jany und andere, Randnr. 70 f. im Zusammenhang mit der Dienstleistungsfreiheit; die Beschwerdeführerinnen hatten für die Erwerbstätigkeit eigenständig je eine Räumlichkeit gemietet; es bestanden keine sachverhaltlichen Hinweise auf einen Bordell-/Clubbetrieb; vgl. Randnr. 17; vgl. zu den Kriterien im Allgemeinen auch die Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro vom 19. Februar 2004 zu C-327/02 Panayotova und andere, Slg. 2004 I-11055 Randnr. 83).
|
4.2 Prostitution kann in der Schweiz sowohl als selbstständige als auch als unselbstständige Form von Erwerbstätigkeit ausgeübt werden (Urteile 9C_347/2013 vom 3. Juli 2013 E. 5.3; 9C_246/2011 vom 22. November 2011 E. 3 und 6; vgl. Bundesamt für Migration, Bericht vom Januar 2012 zur Rotlichtproblematik, S. 6 ff., 10). Die Beschwerdeführerin sieht die von ihr angestrebte Tätigkeit als selbstständige Prostitution an. Nach ihrer Ansicht zeige sich dies namentlich anhand der Benutzungsvereinbarung, welche sie mit dem Club C.B. abgeschlossen habe. Aus dieser gehe hervor, dass ihr für ein Entgelt von Fr. 90.- täglich "selbstständig und auf freiwilliger Basis und ohne jeglichen Zwang die Infrastruktur des Clubs" zur Verfügung gestellt werde. Der Club C.B. garantiere ihr weder, dass sie Kunden bedienen könne, noch schreibe er ihr vor, zu welchen Preisen sie Dienstleistungen anbietet oder wie lange sie sich in dessen Räumlichkeiten aufzuhalten habe. Sie sei demnach vom Club unabhängig erwerbstätig. Dass sie selbst nach aussen kaum in Erscheinung trete, liege am durch sie ausgeübten Beruf und sei kein Hinweis auf eine unselbstständige Tätigkeit.
|
Nach den vorinstanzlichen Feststellungen erfolgt eine gewisse Eingliederung in den Club C.B. auch dahin gehend, dass die Prostituierten auf der Homepage des Clubs C.B. vorgestellt werden und abrufbar ist, wer am jeweiligen Tag im Club C.B. anzutreffen sei. So kann beispielsweise eine Kontaktaufnahme nur über die Homepage des Clubs bzw. erst nach Betreten desselben erfolgen. Ein direkter Kontakt zwischen potenziellen Kunden und der Beschwerdeführerin ist nicht möglich, sondern erfolgt vielmehr über die Vermittlungstätigkeit des Clubs. Die Beschwerdeführerin ist zur Erzielung ihres Erwerbseinkommens auf die Kundschaft im Club C.B. angewiesen, was zu einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis gegenüber dem Club führt. Sodann tritt nach aussen nicht die Beschwerdeführerin, sondern vielmehr der Club C.B. in Erscheinung, der im Übrigen dem Amt für Migration auch das die Beschwerdeführerin betreffende Gesuch eingereicht hat. Nach den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen finden sich sodann auf der Homepage Hinweise auf Tarife und Sonderangebote. Dies durfte die Vorinstanz als weiteres Indiz werten, dass bei solchen Anlässen entsprechend viele Arbeiterinnen anwesend sind bzw. dass die Beschwerdeführerin und andere Frauen die Arbeitsbedingungen und ihre Anwesenheit nicht völlig frei selbst bestimmen können.
|
Gerade mit Blick auf die kurze Dauer der beantragten Erwerbstätigkeit erscheinen die Vorbringen der Beschwerdeführerin wenig realistisch,sie sei gegenüber dem Club völlig unabhängig, könne jederzeit an einen anderen Ort ausweichen und es bestünden daher für sie zahlreiche Alternativen zum Club C.B.; jedenfalls belegt die Beschwerdeführerin eine beabsichtigte Erwerbstätigkeit auch andernorts nicht. Aufgrund der festgestellten organisatorischen Abhängigkeit kann für die beabsichtigte Tätigkeit - selbst wenn die Beschwerdeführerin das Entgelt der Freier vollumfänglich selbst beziehen sollte - auch auf eine hinreichende wirtschaftliche Abhängigkeit vom Club C.B. geschlossen werden.
|
4.3.2 Die Frage der (mehrwert-)steuerrechtlichen Behandlung in Clubs tätiger Prostituierter hat sich dem Bundesgericht bereits verschiedentlich gestellt. Bei Sachverhalten, in denen eine direkte Kontaktnahme der Prostituierten ohne Zuhilfenahme des Clubs mit dem Kunden nicht vorgesehen war, mithin eine arbeitsorganisatorische Abhängigkeit zum Club besteht, waren die Einnahmen mehrwertsteuerrechtlich dem Club anzurechnen und die im Club tätigen Frauen in dieser Hinsicht als unselbstständig erwerbstätig zu betrachten (Urteile 2C_261/2012 und 2C_262/2012 vom 23. Juli 2012 E. 4.3; 6B_39/2011 vom 10. Juni 2011 E. 1.4.3; 2C_426/2008 / 2C_432/2008 vom 18. Februar 2009 E. 2 und 4.4; 2C_430/2008 vom 18. Februar 2009 E. 4.2 und 4.4; 2C_518/2007 / 2C_519/2007 vom 11. März 2008 E. 3). Gemäss den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen rechnet der Club C.B. für die in den Räumlichkeiten tätigen Prostituierten sodann die Quellensteuer und die Sozialversicherungsbeiträge selbst ab. In sozialversicherungsrechtlicher Sicht werden demnach die Prostituierten vom Club als unselbstständig Erwerbstätige angesehen (vgl. dazu die Urteile 9C_347/2013 vom 3. Juli 2013 E. 5.3; 9C_246/2011 vom 22. November 2011 E. 3, 5.2 und 6.6). Vor dem Hintergrund der angeführten Rechtsprechung ist dies im Rahmen der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit im FZA als weiteres Indiz zu werten, dass die Beschwerdeführerin eine unselbstständige Erwerbstätigkeit anstrebt (vgl. Art. 1 lit. a der Verordnung (EG) 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30. April 2004 S. 1 [SR 0.831.109.268.1]; bzw. bis Ende März 2012 Art. 1 lit. a Ziff. i der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 [...] [AS 2004 121, 2008 4219 4273, 2009 4831]) in Verbindung mit Anhang II des FZA).
|
4.3.3 Das Bundesgericht hat sich zur Frage, ob ausländische Prostituierte in Clubs einer unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit nachgehen, auch im Kontext der Strafbestimmungen zur Ausländergesetzgebung bereits geäussert. Es hielt fest, Art. 117 Abs. 1 AuG ("Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung") sei nicht nur auf einen Arbeitgeber im zivilrechtlichen Sinne anwendbar (Art. 319 ff. OR), der gegenüber Arbeitnehmern weisungsbefugt sei (Art. 321d OR; Urteil 6B_1112/2013 vom 20. März 2014 E. 3.3; vgl. auch BGE 137 IV 159 E. 1.4 S. 162 ff. und E. 1.5.2 S. 165 f.; BGE 128 IV 170 E. 4.1 und 4.2 S. 174 ff.). Vielmehr sei der Anwendungsbereich der Bestimmung mit Rücksicht auf deren Sinn und Zweck weit zu fassen (vgl. auch Urteile 6B_329/2012 vom 12. November 2012 E. 2.4; 6B_412/2009 vom 24. August 2009 E. 1.3.3; ANDREAS ZÜND, in: Migrationsrecht, Spescha/Thür/Zünd [Hrsg.], 3. Aufl. 2012, N. 1 zu Art. 117 AuG). Aus dem weiten faktischen Arbeitgeberbegriff in Art. 117 AuG lässt sich, wie die Vorinstanz zurecht erwog, nicht im Umkehrschluss ableiten, dass es sich bei den Beschäftigten zwingend um unselbstständige Erwerbstätige handelt (vgl. Urteil 6B_329/2012 vom 12. November 2012 E. 2.4). Gleichwohl hat das Bundesgericht auch unter strafrechtlichen Gesichtspunkten festgestellt, dass Frauen auch dann als unselbstständig Beschäftigte im Sinne der Ausländergesetzgebung gelten, wenn sie selbst bestimmen, wann und wie lange sie im sog. Massagesalon arbeiteten, wie viele und welche Kunden sie akzeptierten und welche Dienstleistungen sie diesen anboten. Unerheblich sei hierbei, ob der Club oder dessen Geschäftsführer den Frauen keinerlei Weisungen betreffend die Arbeitszeit, die Anzahl der zu bedienenden Kunden, die Art der zu erbringenden Dienstleistungen etc. erteilte und die Frauen darüber selbst bestimmen konnten. Eine solche weitgehende Weisungsbefugnis, bei deren Ausübung der Club im Übrigen Gefahr liefe, wegen Förderung der Prostitution (Art. 195 lit. c StGB) verfolgt zu werden, sei zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses beziehungsweise der Arbeitgeberstellung im Sinne der Ausländergesetzgebung nicht erforderlich (siehe BGE 137 IV 159 E. 1.4.4 S. 164 f.; BGE 128 IV 170 E. 4.2 S. 175 f. mit Hinweisen; Urteil 6B_412/2009 vom 24. August 2009 E. 1.3.4).
|
4.4 Gestützt auf die umfassenden, von der Beschwerdeführerin nicht substanziiert gerügten Sachverhaltsfeststellungen zu den Rahmenbedingungen der Arbeit (Entscheid über den Stellenantritt, zur Verfügung gestellte Infrastruktur, Homepage des Clubs, Kontakt mit den Freiern) geht die Vorinstanz in zutreffender Weise von einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit aus. Die Beschwerdeführerin bringt auch nicht vor, sie beabsichtige, die Erwerbstätigkeit in einer anderen Form, etwa grenzüberschreitend, auszuüben. Das Kantonsgericht hat demnach weder Bundes- noch Freizügigkeitsrechte verletzt, wenn es einen Nachweis einforderte, dass für die betreffende Erwebstätigkeit keine inländischen Arbeitnehmer gefunden werden konnten, und einen Anspruch der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit gestützt auf das FZA zum gegenwärtigen Zeitpunkt verneinte.
|