BVerfGE 71, 25 - Kommunalverfassungsbeschwerden


BVerfGE 71, 25 (25):

Zu den Anforderungen an die Zulässigkeit von Kommunalverfassungsbeschwerden.
 
Beschluß
des Zweiten Senats vom 15. Oktober 1985
-- 2 BvR 1808, 1809, 1810/82 --
in dem Verfahren über Verfassungsbeschwerden 1. der Landeshauptstadt München, vertreten durch den Oberbürgermeister, Rathaus, München - 2 BvR 1808/82 -, 2. der Landeshauptstadt Stuttgart, vertreten durch den Oberbürgermeister, Rathaus, Stuttgart - 2 BvR 1809/82 -, 3. der Stadt Heidelberg, vertreten durch den Oberbürgermeister, Rathaus, Heidelberg - 2 BvR 1810/82 - gegen die Verordnung über die Ermittlung der Schlüsselzahlen für die Aufteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer für die Jahre 1982, 1983 und 1984 vom 7. Januar 1982 (BGBl. I S. 2), insbesondere § 1 dieser Verordnung, in Verbindung mit dem Gesetz zur Neuordnung der Gemeindefinanzen (Gemeindefinanzreformgesetz) vom 8. September 1969 (BGBl. I S. 1587) in der Fassung des Gesetzes vom 19. Januar 1979 (BGBl. I S. 97), insbesondere § 3 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 und 2 dieses Gesetzes.


BVerfGE 71, 25 (26):

Entscheidungsformel:
Die Verfassungsbeschwerden werden verworfen.
 
Gründe:
 
A.
Die Beschwerdeführerinnen (drei Großstädte) wenden sich mit ihren Verfassungsbeschwerden gegen die für die Jahre 1982 bis 1984 geltenden Regelungen über die Aufteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer.
I.
Nähere Bestimmungen über die Beteiligung der Gemeinden an der Einkommensteuer (vgl. Art. 106 Abs. 5 GG in der Fassung des Einundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969, BGBl. I S. 359) hat der Gesetzgeber im Gesetz zur Neuordnung der Gemeindefinanzen (Gemeindefinanzreformgesetz [GemFinRefG]) vom 8. September 1969 (BGBl. I S. 1587) getroffen. In der für die Jahre 1982 bis 1984 geltenden Fassung (Änderungsgesetze vom 27. Dezember 1971, BGBl. I S. 2157, und vom 30. November 1978, BGBl. I S. 1849, sowie vom 19. Januar 1979, BGBl. I S. 97) ist geregelt:
    § 1 Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
    Die Gemeinden erhalten 15 vom Hundert des Aufkommens an Lohnsteuer und an veranlagter Einkommensteuer (Gemeindeanteil an der Einkommensteuer) ...
    § 2 Aufteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer
    Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer wird nach einem Schlüssel auf die Gemeinden aufgeteilt, der von den Ländern auf Grund der Bundesstatistiken über die Lohnsteuer und die veranlagte Einkommensteuer ... ermittelt und durch Rechtsverordnung der Landesregierung festgesetzt wird.


    BVerfGE 71, 25 (27):

    § 3 Verteilungsschlüssel für den Gemeindeanteil
    (1) Der Schlüssel für die Aufteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer wird wie folgt ermittelt: Für jede Gemeinde wird eine Schlüsselzahl festgestellt. Sie ist der in einer Dezimalzahl ausgedrückte Anteil der Gemeinde an dem nach § 1 auf die Gemeinden eines Landes entfallenden Steueraufkommen. Die Schlüsselzahl ergibt sich aus dem Anteil der Gemeinden an der Summe der durch die Bundesstatistiken ... ermittelten Einkommensteuerbeträge, die auf die zu versteuernden Einkommensbeträge bis zu 8 000 Deutsche Mark jährlich, in den Fällen des § 32 a Abs. 2 bis 4 des Einkommensteuergesetzes bis zu 16 000 Deutsche Mark jährlich entfallen ...
    (2) Die in Absatz 1 vorgesehenen Höchstbeträge erhöhen sich für die Aufteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer ab 1. Januar 1979 auf 25 000 Deutsche Mark und auf 50 000 Deutsche Mark.
    (3) Der Bundesminister der Finanzen wird ermächtigt, nähere Bestimmungen über die Ermittlung der Schlüsselzahlen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu treffen. In der Rechtsverordnung ist zu bestimmen, welche Bundesstatistiken über die veranlagte Einkommensteuer und über die Lohnsteuer für die Ermittlung des Schlüssels jeweils maßgebend sind ...
Die in § 3 Abs. 1 GemFinRefG normierten Höchstbeträge von 8 000/16 000 DM hatten nur für die Jahre 1970/1971 gegolten. Sie wurden für die Zeit ab 1972 auf 16 000/32 000 DM festgesetzt (§ 3 Abs. 2 GemFinRefG i.d.F. vom 27. Dezember 1971, BGBl. I S. 2157) und für die Zeit ab 1979 auf 25 000/50 000 DM erhöht (§ 3 Abs. 2 GemFinRefG i.d.F. vom 19. Januar 1979, BGBl. I S. 97). Sie sind für die Zeit ab 1985 nunmehr auf 32 000/64 000 DM erhöht worden (§ 3 Abs. 1 Satz 4 GemFinRefG vom 20. Dezember 1984, BGBl. I S. 1709).
Gemäß der Ermächtigung des § 3 Abs. 3 GemFinRefG hat der Bundesminister der Finanzen durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die Ermittlung der Schlüsselzahlen getroffen und dabei auch festgesetzt, welche Bundesstatistiken über die Einkommen- und Lohnsteuer maßgebend sein sollten. Dabei hat er

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die jeweils neuesten Statistiken für maßgebend erklärt, nämlich für die Jahre 1970/1971 die Statistiken für 1965 und für die Jahre 1972 bis 1974 diejenigen für 1968 (Verordnung vom 26. November 1969, BGBl. I S. 2149), für die Jahre 1975 bis 1978 die Statistiken für 1971 (Verordnungen vom 20. Juni 1975, BGBl. I S. 1544, und vom 14. März 1978, BGBl. I S. 399), für die Jahre 1979 bis 1981 die Statistiken für 1974 (Verordnungen vom 17. Januar 1979, BGBl. I S. 101, und vom 2. Dezember 1980, BGBl. I S. 2201), und für die Jahre 1982 bis 1984 die Statistiken für 1977 (Verordnung vom 7. Januar 1982, BGBl. I S. 2). Für die Jahre 1985 bis 1987 hat der Bundesminister nunmehr die Statistiken für 1980 für maßgebend erklärt (Verordnung vom 15. November 1984, BGBl. I S. 1370).
Außer der Aktualisierung der statistischen Grundlagen für die Jahre 1982 bis 1984 (nunmehr die Statistiken für das Jahr 1977) hatte die Bundesregierung gleichzeitig auch die Anhebung der Höchstbeträge von 25 000/50 000 DM auf 32 000/64 000 DM vorgeschlagen (Gesetzentwurf vom 6. November 1981, BR- Drucks. 483/81 = BTDrucks. 9/1482 S. 1 und S. 3-5). Während der Bundesrat der Verordnung zustimmte, nahm er zu dem Gesetzentwurf ablehnend Stellung (Bundesrat, Sten.Ber., 507. Sitzung am 18. Dezember 1981 S. 465 [A/B] = BTDrucks. 9/1482 S. 6 [=Anlage 2]). Die Bundesregierung hielt zwar weiterhin an ihrem Gesetzentwurf fest (vgl. BTDrucks. 9/1482 S. 7 [= Anlage 3]), der Finanzausschuß verfolgte ihn jedoch angesichts der unverändert ablehnenden Haltung des Bundesrates schließlich nicht mehr weiter.
II.
Mit ihren Verfassungsbeschwerden wenden sich die Beschwerdeführerinnen gegen die für die Jahre 1982 bis 1984 geltenden Regelungen über die Aufteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer. Sie rügen, daß die Schlüsselzahlen-Verordnung für 1982 bis 1984 (vom 7. Januar 1982, BGBl. I S. 2), insbesondere ihr § 1, in Verbindung mit dem Gemeindefinanzreform

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gesetz (vom 8. September 1969, BGBl. I S. 1587, i.d.F. des Gesetzes vom 19. Januar 1979, BGBl. I S. 97), insbesondere § 3 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes, gegen Art. 28 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 106 Abs. 5 GG verstoße. Sie haben ein Gutachten der Professoren Lerche und Graf von Pestalozza vorgelegt, zu dem sie in ihren Verfassungsbeschwerden ergänzende Ausführungen machen.
1. Die von ihnen erhobenen Kommunalverfassungsbeschwerden seien zulässig.
a) Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 26, 228 [236]; 56, 298 [309]) bereits entschieden habe, könnten auch Verordnungsvorschriften mit der Kommunalverfassungsbeschwerde angegriffen werden. Die angegriffenen Vorschriften -- sowohl der Verordnung als auch des Gesetzes -- beträfen sie selbst, gegenwärtig und unmittelbar. Das Erfordernis der Unmittelbarkeit könne nicht etwa deshalb verneint werden, weil regelmäßig noch Abrechnungen des Finanzamtes über die ihnen zustehenden Steueranteile und Unterschiedsbeträge ergingen; denn wenn wie im vorliegenden Fall die angegriffenen Vorschriften den Finanzbehörden keinerlei Entscheidungsspielraum eröffneten, sei gemäß den Entscheidungen BVerfGE 43, 108 (117); 45, 104 (117, 118) ungeachtet der ergehenden Vollzugsakte die Unmittelbarkeit zu bejahen; dies könne auch nicht mit einem Hinweis auf die Entscheidung BVerfGE 58, 81 (104 f.) in Zweifel gezogen werden, denn in ihr werde von einem Vollziehungsakt ausgegangen, der Regelungscharakter habe.
b) Mit den vorliegenden Verfassungsbeschwerden werde gerade eine Verletzung des Art. 28 Abs. 2 GG gerügt, wie es gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG, § 91 Satz 1 BVerfGG erforderlich sei. Ob die Gewährleistung einer angemessenen Finanzausstattung oder wenigstens die Gewährleistung einer finanziellen Mindestausstattung zum Kernbereich kommunaler Selbstverwaltung gehöre, könne offenbleiben. Zum Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG gehöre jedenfalls, daß die für die Kommunalfinanzen vorgegebenen einschlägigen verfassungsrechtlichen Spezialvorschrif

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ten eingehalten werden müßten, die "ihrem Inhalt nach das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen geeignet" seien (vgl. BVerfGE 1, 167 [181]; 56, 298 [310]). Mit Art. 106 Abs. 5 GG werde die Verletzung einer Verfassungsnorm geltend gemacht, die geradezu als typisches Beispiel einer selbstverwaltungsprägenden Norm anzusehen sei.
c) Die für Verfassungsbeschwerden gegen Rechtsnormen geltende Jahresfrist des § 93 Abs. 2 BVerfGG sei nicht nur insoweit eingehalten, als die Verfassungsbeschwerden sich gegen die Rechtsverordnung vom 7. Januar 1982 richteten, sondern auch insoweit, als sie das Gemeindefinanzreformgesetz angriffen. Denn dieses sei mit den in ihm festgelegten Höchstbeträgen durch die Rechtsverordnung inhaltlich so wesentlich geändert worden, daß trotz äußerlich unveränderten Wortlauts eine neue Beschwer entstanden sei.
2. Die Verfassungsbeschwerden seien begründet. Der Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG liege darin, daß die angegriffenen Rechtsvorschriften die Verfassungsnorm des Art. 106 Abs. 5 GG verletzten, die den Gewährleistungsumfang der kommunalen Selbstverwaltung mitbestimme. Diese Norm verpflichte dazu, sowohl die verordnungsrechtlich für maßgebend erklärten statistischen Grundlagen und die gesetzlich festgelegten Höchstbeträge entsprechend der Veränderung der Einkommensverhältnisse und des Einkommensteueraufkommens zu aktualisieren als auch die Aktualisierung dieser beiden Berechnungsfaktoren miteinander zu synchronisieren.
Das Gebot der Aktualisierung ergebe sich aus Art. 106 Abs. 5 GG, wonach die Länder den Steueranteil der Gemeinden diesen "auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner" zuzuteilen hätten. Diese Formulierung werde allgemein dahin verstanden, daß bei den "Einkommensteuerleistungen" stets solche zugrunde zu legen seien, die den aktuellen möglichst nahe kämen. Dem entspreche die Staatspraxis, die jeweils die aktuellsten Steuerstatistiken für maßgebend erkläre.
Zweifel bestünden demgegenüber darüber, ob das Gebot, den

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Steueranteil der Gemeinden "auf der Grundlage" der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner aufzuteilen, im Sinne einer strikten Bindung dahin zu verstehen sei, daß für die Aufteilung die gesamten Steuerleistungen der Einwohner berücksichtigt werden müßten, oder ob es zulässig sei, durch Normierung von Höchstbeträgen die Einkommensteuerleistungen der Gemeindeeinwohner nur bis zu einem bestimmten Betrag zu berücksichtigen.
Gegen die Zulässigkeit von Höchstbeträgen spreche der Unterschied zu der in anderen Verfassungsnormen anzutreffenden weniger strikten Formulierung "unter Berücksichtigung ...". Diese Auslegung werde auch durch den Zusammenhang mit Satz 2 nahegelegt, dessen Ermächtigung, das "Nähere" zu bestimmen, gerade ein eindeutiges Regelungsprogramm voraussetze. In dieselbe Richtung weise auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die in der letzten Phase des Gesetzgebungsverfahrens statt der ursprünglich vorgeschlagenen Formulierung "unter Berücksichtigung ..." die striktere Formulierung "auf der Grundlage ..." erhalten habe, wobei gleichzeitig auch abgelehnt worden sei, in den Satz 2 die Ermächtigung aufzunehmen, daß bei der Festlegung des Steueranteils der einzelnen Gemeinden nur ein Teil der Steuerleistungen berücksichtigt zu werden brauche.
Wenn nach alledem die Auslegung des Art. 106 Abs. 5 GG ergebe, daß der Vorschrift ein Höchstbetragssystem fernliege, so weise doch andererseits die Entstehungsgeschichte auf einen "Verfassungskonsens" der Beteiligten hin, daß eine begrenzte Bindung an Höchstbeträge tolerabel sei. Der Spielraum für eine solche Bindung sei aber insofern begrenzt, als ein Höchstbetragssystem sich um so mehr von der Verfassung entferne, je niedriger die Höchstbeträge seien und desto mehr sie dahin führten, daß die Steueraufteilung auf die einzelnen Gemeinden sich einer Verteilung nur nach der Kopfzahl der einkommensteuerpflichtigen Einwohner annähere. Die seit 1975 geübte Praxis, nur die statistischen Grundlagen zu aktualisieren, die Höchstbeträge aber allenfalls geringfügig anzuheben, lege die Folgerung nahe, daß jeden

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falls im Jahre 1982 die verfassungsrechtliche Toleranzschwelle für das Höchstbetragssystem überschritten worden sei.
III.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben sich die Bundesregierung und die Bayerische Staatsregierung geäußert.
1. Der Bayerische Ministerpräsident hält die Verfassungsbeschwerden für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.
a) Die Verfassungsbeschwerden seien nicht im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG und des § 91 Satz 1 BVerfGG wegen einer Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung gemäß Art. 28 Abs. 2 GG erhoben. Die Beschwerdeführerinnen behaupteten keineswegs, daß ihre Finanzausstattung aufgrund der von ihnen angegriffenen Vorschriften insgesamt unzureichend sei. Ihre Verfassungsbeschwerden gründeten sich lediglich darauf, daß die angegriffenen Vorschriften die Anforderungen des Art. 106 Abs. 5 GG nicht erfüllten: Ein solcher Verstoß könne indes nicht mit der Kommunalverfassungsbeschwerde geltend gemacht werden, weil diese Verfassungsnorm nicht ihrem Inhalt nach das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen geeignet sei. Die in Art. 106 Abs. 5 GG geregelte Beteiligung der Gemeinden am Einkommensteueraufkommen sei nur eine von mehreren Möglichkeiten, eine angemessene Finanzausstattung der Gemeinden zu erreichen; sie sage im übrigen mangels Festlegung der Höhe der gemeindlichen Steuerbeteiligung überhaupt nichts Näheres über die Angemessenheit der gemeindlichen Steuerbeteiligung aus.
b) Im Hinblick auf die Begründetheit der Verfassungsbeschwerden sei schon fraglich, ob ein etwaiger verfassungsrechtlicher Anspruch der Gemeinden auf eine finanzielle Mindestausstattung durch ein Bundesgesetz beeinträchtigt werden könne. Denn ein solcher Anspruch könne den Beschwerdeführerinnen nicht gegenüber dem Bund, sondern nur gegenüber den Ländern zustehen (vgl. BVerfGE 26, 172 [181]).
Die Ansicht der Beschwerdeführerinnen, daß ein Höchstbe

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tragssystem nicht mit Art. 106 Abs. 5 GG vereinbar sei, sei unzutreffend. Diese Vorschrift schreibe nicht vor, daß der Gemeindeanteil strikt nach dem konkreten Aufkommen ihrer Einwohner zu bemessen sei, lasse vielmehr Modifikationen zu. Daß die Fassung "auf der Grundlage ..." eine stärkere Bindung bewirke als die ursprünglich vorgesehene Fassung "unter Berücksichtigung ...", sei nicht zwingend; sie habe nach der Entstehungsgeschichte gerade nicht das Höchstbetragssystem, sondern lediglich Eingriffe des Bundes in den länderrechtlichen kommunalen Finanzausgleich ausschließen sollen. Der Gesetzgeber habe den weiten Ermessenspielraum, der ihm bei der Festlegung der Höchstbeträge zustehe, bei der Ausgestaltung des Höchstbetragssystems für die Jahre 1982 bis 1984 entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen nicht überschritten; die Höchstbeträge von 25 000/50 000 DM seien von einer "Pro-Kopf-Verteilung" noch weit entfernt.
2. Für die Bundesregierung hat sich der Bundesminister der Finanzen ebenfalls dahin geäußert, daß die Verfassungsbeschwerden bereits unzulässig und darüber hinaus auch unbegründet seien.
a) Die Beschwerdeführerinnen rügten zwar die Verletzung ihres Rechts auf Selbstverwaltung, legten aber nicht in einer für die Zulässigkeit ausreichenden Weise dar, daß seine Verletzung in Betracht komme; ihre Einnahmen würden nur um einen sehr geringen Prozentsatz gemindert (0,51/0,45/0,53% ihrer Gesamteinnahmen bzw. 0,9/0,76/1,31% ihrer Steuereinnahmen, gemessen am Einnahmejahr 1979). Allein die Rüge, daß die Aktualisierung der statistischen Grundlagen unter Beibehaltung der Höchstbeträge Art. 106 Abs. 5 GG verletze, vermöge eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechts nicht darzutun, wie die Bayerische Staatsregierung zutreffend ausgeführt habe.
b) Die Verfassungsbeschwerden seien zudem nicht begründet. Dies gelte auch dann, wenn man entgegen der vorstehend dargelegten Auffassung in einem Verstoß gegen Art. 106 Abs. 5 GG zugleich auch eine Verletzung des Art. 28 Abs. 2 GG sehe. Die

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in Art. 106 Abs. 5 GG enthaltene Formulierung "auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen" belasse dem Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum. Der Gesetzgeber dürfe lediglich nicht einen Verteilungsmaßstab wählen, der im wesentlichen auf eine Pro-Kopf-Verteilung hinauslaufe. Diesen Gestaltungsspielraum habe der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Regelung für die Jahre 1982 bis 1984 nicht überschritten.
 
B.
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden sind nicht zulässig.
Zwar bestehen keine Bedenken dagegen, daß die Beschwerdeführerinnen mit ihren Verfassungsbeschwerden auch eine Rechtsverordnung angreifen; denn "Gesetz" im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG, § 91 Satz 1 BVerfGG sind auch Rechtsverordnungen (vgl. BVerfGE 26, 228 [236]; 56, 298 [309]). Auch sind die Beschwerdeführerinnen durch die von ihnen angegriffenen Regelungen selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen. Indessen haben sie eine Verletzung ihres Rechts auf Selbstverwaltung nicht in einer den Anforderungen der Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG, §§ 91 Satz 1, 92 BVerfGG genügenden Weise dargetan.
I.
1. Das Erfordernis des unmittelbaren Betroffenseins gilt grundsätzlich auch für Kommunalverfassungsbeschwerden. Es bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, daß die Betroffenheit nicht erst vermittels eines weiteren Aktes bewirkt worden oder vom Ergehen eines solchen Aktes abhängig sein darf (vgl. BVerfGE 70, 35 [50 f.] m.w.N.). Setzt die Durchführung der angegriffenen Vorschriften rechtsnotwendig oder auch nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis einen besonderen Vollziehungsakt voraus, so muß der Beschwerdeführer grundsätzlich zunächst diesen Akt angreifen und den gegen ihn gegebenen Rechtsweg erschöpfen, bevor er die Verfassungsbeschwerde erhebt. Diese Anforderungen an die Zulässigkeit der

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Verfassungsbeschwerde beruhen auf dem in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck gekommenen und dieser Vorschrift zugrunde liegenden Gedanken der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. BVerfGE 1, 97 [102 f.]; 58, 81 [104 f.]; vgl. auch BVerfGE 68, 376 [379 f.]). Sie fallen vor allem dann ins Gewicht, wenn das Gesetz der Verwaltung einen Entscheidungsspielraum läßt, gelten grundsätzlich aber auch, wenn ein solcher Spielraum fehlt (vgl. BVerfGE 58, 81 [104 f.]; insoweit teilweise abweichend die früheren Entscheidungen BVerfGE 43, 108 [117]; 45, 104 [117, 118]). In beiden Fällen entspricht es dem Grundsatz der Subsidiarität, daß zunächst die für das jeweilige Rechtsgebiet zuständigen Fachgerichte eine Klärung insbesondere darüber herbeiführen, ob und in welchem Ausmaß der Bürger durch die beanstandete Regelung konkret in seinen Rechten betroffen und ob sie mit der Verfassung vereinbar ist; dabei ist nach Maßgabe der Voraussetzungen des Art 100 Abs. 1 GG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Vorschriften gegebenenfalls eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen (vgl. BVerfGE 1, 97 [103 f.]; 58, 81 [105]; st. Rspr.).
Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung der Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen Rechtsnormen kann danach nur ausnahmsweise anerkannt werden. Dies wird etwa dann in Betracht kommen, wenn sie den Betroffenen schon vor Erlaß des Vollziehungsaktes zu entscheidenden Dispositionen veranlassen, die er nach dem späteren Gesetzesvollzug nicht mehr nachholen oder korrigieren könnte (vgl. BVerfGE 43, 291 [386]; 55, 185 [195]; 58, 81 [107]; 59, 1 [18]; 60, 360 [372]; 65, 1 [37]; 68, 287 [300]).
2. Für die Zulässigkeit von Kommunalverfassungsbeschwerden ist im Hinblick auf das Erfordernis des unmittelbaren Betroffenseins jedoch zu berücksichtigen, daß die Gemeinde nicht darauf verwiesen werden kann, zunächst den gegen den Vollziehungsakt gegebenen Rechtsweg zu erschöpfen; in diesem Falle wäre ihr verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz in einem Maße verkürzt, das über die in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG, § 91 BVerfGG ange

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legten Schranken hinausginge. Denn anders als der Beschwerdeführer in den Verfahren gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG, § 90 BVerfGG kann eine Gemeinde gegen im Rechtszuge ergangene gerichtliche Entscheidungen Verfassungsbeschwerde nicht erheben, so daß der belastende Akt selbst dann bestehen bliebe, wenn die Verfassungsbeschwerde gegen den zugrunde liegenden Rechtssatz noch nach Erschöpfung des Rechtsweges (möglicherweise auf dem Wege über eine ausdehnende Auslegung des § 93 Abs. 2 BVerfGG) zugelassen würde und Erfolg hätte. Derartige Erwägungen lagen auch schon früheren Entscheidungen über die Zulässigkeit von Kommunalverfassungsbeschwerden zugrunde (vgl. z. B. BVerfGE 26, 172: Kein Verweis auf Vorgehen gegen die Finanzamtsabrechnungen über die kommunalen Steueranteile).
Das Erfordernis des unmittelbaren Betroffenseins behält indessen auch bei der Kommunalverfassungsbeschwerde Bedeutung, insoweit es etwa der Kommune verwehrt, ein Gesetz anzugreifen, das noch der Konkretisierung durch eine Rechtsverordnung bedarf: Die Gemeinde könnte nach Erlaß der Rechtsverordnung im Rahmen der gegen diese gerichteten Verfassungsbeschwerde auch die verfassungsgerichtliche Überprüfung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage erreichen. So liegt der Fall hier jedoch nicht.
II.
Die Beschwerdeführerinnen haben indessen eine Verletzung ihres Rechts auf Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG nicht entsprechend den Anforderungen der Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG, § 91 Satz 1 BVerfGG i.V.m. § 92 BVerfGG dargetan.
1. Zum Recht auf Selbstverwaltung gemäß Art. 28 Abs. 2 GG gehört auch die Finanzhoheit der Gemeinden (vgl. BVerfGE 52, 95 [117]; vgl. auch BVerfGE 22, 180 [207 f.]; 23, 353 [365- 372]; 26, 172 [180-184]; 26, 228 [244]). Ob hierzu über eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft hinausgehend (hierzu vgl. BVerfGE 26, 228 [244]) auch die angemessene Finanzausstattung der Gemeinden oder jedenfalls eine

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finanzielle Mindestausstattung gehört, hat das Bundesverfassungsgericht bisher nicht entschieden (vgl. BVerfGE 26, 172 [181]). Diese Frage kann auch für die vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben; denn selbst wenn die durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistete Finanzhoheit auch die angemessene Finanzausstattung der Gemeinden mitumfassen sollte, könnten die Verfassungsbeschwerden keinen Erfolg haben.
Die Beschwerdeführerinnen haben nämlich nicht hinreichend substantiiert dargelegt, daß ihre Finanzausstattung infolge der von ihnen angegriffenen Regelungen die Grenze der Angemessenheit unterschreite. Ihrem Vortrag sind keine näheren Angaben darüber zu entnehmen, welchen Gesamtumfang ihre Finanzausstattung hat und inwieweit dieser durch die beanstandeten Vorschriften gemindert wird; vor allem haben sie nicht geltend gemacht, daß sie durch diese Minderung die ihnen obliegenden Aufgaben nicht mehr angemessen erfüllen könnten.
2. Die Beschwerdeführerinnen begründen die Rüge der Verletzung des Art. 28 Abs. 2 GG lediglich damit, daß ihre Finanzausstattung nicht den Erfordernissen des Art. 106 Abs. 5 GG entspreche, weil die von ihnen angegriffenen Regelungen nicht mit dieser Vorschrift vereinbar seien. Im Rahmen einer Kommunalverfassungsbeschwerde können andere Verfassungsnormen als Art. 28 Abs. 2 GG indes nur insoweit als Prüfungsmaßstab herangezogen werden, als sie ihrem Inhalt nach das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen geeignet sind (vgl. BVerfGE 1, 167 [181]; 56, 298 [310]). Ob dies der Fall ist, bedarf jeweils der Prüfung anhand der konkreten in Frage stehenden Verfassungsnorm. Für Art. 106 Abs. 5 GG a.F. (vom 24. Dezember 1956, BGBl. I S. 1077) hat das Bundesverfassungsgericht dies in seiner Entscheidung BVerfGE 26, 172 offengelassen, weil insoweit ohnehin kein Verstoß vorlag (a.a.O., S. 184).
Die Frage, ob Art. 106 Abs. 5 GG als Prüfungsmaßstab im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde heranzuziehen ist, kann nicht einheitlich für den gesamten Inhalt der Vor

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schrift beantwortet werden. Art. 106 Abs. 5 GG regelt die Finanzausstattung der Gemeinden, auf deren Stärkung er zielt. Diese Verfassungsnorm stellt dabei insofern eine Konkretisierung des Art. 28 Abs. 2 GG dar, als die in ihr vorgesehene, aber nicht näher bezifferte kommunale Steuerbeteiligung in ihrer Ausgestaltung nicht zu einer Unterschreitung des durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierten Gesamtumfangs der gemeindlichen Finanzausstattung führen darf. Die Höhe des gemeindlichen Anteils ist zwar in Art. 106 Abs. 5 GG selbst nicht festgelegt, dieser Anteil soll aber, wie der Normzweck zeigt, eine eigenständige Säule der gemeindlichen Finanzausstattung darstellen. Insoweit wirkt Art. 106 Abs. 5 GG in den Gewährleistungsumfang des Art. 28 Abs. 2 GG hinein und kann als Prüfungsmaßstab im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde herangezogen werden.
In weitergehendem Umfang jedoch, insbesondere hinsichtlich der Modalitäten der Steuerbeteiligung, ist für die Prüfung des Art. 106 Abs. 5 GG im Verfahren gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG, § 91 BVerfGG kein Raum. Insoweit enthält die Vorschrift -- auch angesichts des dem Gesetzgeber belassenen weiten Spielraums für die Ausgestaltung der kommunalen Steuerbeteiligung -- keine Konkretisierung des Art. 28 Abs. 2 GG. Da Art. 106 Abs. 5 GG erst 1969 in das Grundgesetz eingefügt wurde, weist er zudem keine derartige historische Verfestigung auf, daß er das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung im Sinne ihres institutionellen Gehalts mitzubestimmen geeignet wäre (vgl. BVerfGE 1, 167 [181]; 56, 298 [310]).
Daß ein Verstoß gegen die Verfassungsnorm des Art. 106 Abs. 5 GG insoweit vorliegen könnte, als diese in den Gewährleistungsumfang des Art. 28 Abs. 2 GG hineinwirkt, kann dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen nicht entnommen werden.
Zeidler Rinck Niebler Steinberger Träger Mahrenholz Böckenförde Klein