2. § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grundstücksverkehrsgesetzes ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
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3. Die Genehmigung darf nach dieser Vorschrift nicht schon deshalb versagt werden, weil das Rechtsgeschäft für den Erwerber eine Kapitalanlage darstellt.
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des Ersten Senats vom 12. Januar 1967
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- 1 BvR 169/63 - | |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Rechtsanwalts Professor ... -- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt ... -- gegen den Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 1963 -- V BLw 29/62.
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ENTSCHEIDUNGSFORMEL:
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Der Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 1963 - V BLw 29/62 - verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes.
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Der Beschluß wird aufgehoben; die Sache wird an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.
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Gründe: | |
A. | |
Der Beschwerdeführer - von Beruf Rechtsanwalt, Professor und Unternehmensberater - kaufte ein Waldgrundstück von 34 ha zum Kaufpreis von 290 000 DM. Die zuständige Landwirtschaftsbehörde lehnte die Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz vom 28. Juli 1961 (BGBl. I S. 1091) - GrdstVG - ab, weil der Erwerber weder Land- noch Forstwirt sei. Der Verkäufer habe Gelegenheit, den Wald genehmigungsfrei an die staatliche Forstverwaltung von Nordrhein-Westfalen zu veräußern. Nachdem die Rechtsmittel der Vertragsparteien vor dem Amts- und dem Oberlandesgericht erfolgreich waren, versagte der Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 12. November 1963 die Genehmigung mit folgender Begründung: Nach seiner ständigen Rechtsprechung sei die Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks an einen Nichtlandwirt zu mißbilligen; ein solcher Grundstückserwerb sei in der Regel eine ungesunde Erscheinung, die verhindert werden müsse. Auch wenn man mit dem Oberlandesgericht davon ausgehe, daß sich bei dem Käufer und dem Land Nordrhein-Westfalen zwei Nichtforstwirte als Grundstückserwerber gegenüberstünden, so bedeute die Veräußerung an den Beschwerdeführer gleichwohl eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG, weil der Erwerb für den Käufer eine reine Kapitalanlage darstelle.
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Mit der gegen den Beschluß des Bundesgerichtshofs gerichteten Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend: Der Bundesgerichtshof habe trotz ausdrücklichen Antrages nicht auf Grund mündlicher Verhandlung entschieden. Er habe auch zu Unrecht unterstellt, daß es sich bei dem Erwerb des Grundstücks um eine reine Kapitalanlage handele. Da er zu dieser Feststellung nicht gehört worden sei, verstoße die Entscheidung gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Die Besetzung des Bundesgerichtshofs mit drei Berufsrichtern und zwei Landwirten bringe in die Gerichtsbarkeit ein ständisches Element, das im Hinblick auf Art. 3 GG überprüft werden müsse. Er sei als Erwerber legitimiert, Verfassungsbeschwerde zu erheben, da die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG auch das Recht sichere, Eigentum zu erwerben. Das Grundstücksverkehrsgesetz, das eine Inhaltsbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sei, verfolge eine völlig verfehlte Zielsetzung; es unterstelle Verhältnisse, die es in Wirklichkeit in der Bundesrepublik nicht mehr gebe. Es müsse geprüft werden, ob die für die gesetzliche Regelung als maßgeblich bezeichneten öffentlichen Interessen und Bedürfnisse die weitgehenden Freiheits- und Eigentumsbeschränkungen rechtfertigen könnten. Der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG entspreche als eine vage Generalklausel nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen, die an die Bestimmtheit einer gesetzlichen Eingriffsermächtigung gestellt werden müßten. Unter einer ungesunden Bodenverteilung verstehe jeder - je nach seinem Standpunkt - etwas anderes. Die politische Entscheidung, die der Gesetzgeber habe treffen müssen, sei in Wahrheit dem Ermessen der Behörde und der Gerichte zugeschoben. Diese Unbestimmtheit sei vermeidbar, wie frühere Regelungen gezeigt hätten. Jedenfalls stehe die Vorschrift in der Auslegung, die ihr der Bundesgerichtshof gegeben habe, nicht mit der Verfassung in Einklang. Die grundsätzliche Ablehnung des Grundstückserwerbs zwecks Kapitalanlage verstoße gegen Art. 2 und Art. 14 GG. Diese Auslegung führe zu einer Bevorrechtigung derjenigen, die bereits Forstwirte seien; darin liege ein Verstoß gegen Art. 3 GG. Dieses Grundrecht sei weiter dadurch verletzt, daß der Bundesgerichtshof den in § 4 Nr. 1 GrdstVG genannten Stellen praktisch ein Vorkaufsrecht gewähre. Da sich der Beschwerdeführer im Nebenberuf forstwirtschaftlich betätigen wolle, sei er auch in seinem in Art. 12 GG geschützten Grundrecht verletzt.
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Die Bundesregierung hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet: Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG berufen, da dieses Grundrecht nicht die Erwerbsfreiheit schütze. Die Verwirklichung der agrarpolitischen Ziele der Bundesrepublik erfordere Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur. Diesem Zweck dienten u. a. die Vorschriften über den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken. Die Genehmigungspraxis müsse von dem Leitbild ausgehen, daß der land- und forstwirtschaftliche Familienbetrieb das bestimmende Element der anzustrebenden Agrarstruktur sei. Der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG sei keineswegs zu unbestimmt, da sein Inhalt durch § 9 Abs. 2 GrdstVG erläutert werde. Darüber hinaus sei das Merkmal ungesunde Bodenverteilung schon durch die frühere Rechtsprechung und Literatur zu Art. III Abs. 5 Buchst. b der brit. MRVO 84 hinreichend bestimmt worden. Eine kasuistische Regelung der Versagungsgründe sei bei der Vielfalt der agrarstrukturellen Verhältnisse nicht möglich. Ungesund seien nur solche Veräußerungen, durch die die Befriedigung des Landbedarfs für die Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt werde. Bestehe kein Landbedarf und würden gesunde agrarstrukturelle Verhältnisse nicht gestört, so könne die Genehmigung nicht versagt werden.
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Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
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Es kann dahingestellt bleiben, ob die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG auch die Erwerbsfreiheit verfassungskräftig sichert und der Beschwerdeführer legitimiert ist, hierauf seine Verfassungsbeschwerde zu stützen. Jedenfalls kann er geltend machen, der die Entscheidung des Bundesgerichtshofs tragende § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG gehöre nicht zur verfassungsmäßigen Ordnung, weil er in formeller und materieller Hinsicht nicht mit Art. 3 und Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG in Einklang stehe (vgl. BVerfGE 10, 89 [99]).
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Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet.
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I.
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Daß der Bundesgerichtshof ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, verletzt keine verfassungsrechtlichen Vorschriften. Art. 103 Abs. 1 GG begründet kein Recht auf mündliche Verhandlung; daher war gemäß § 22 Abs. 1 GrdstVG und § 27 Abs. 3 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen vom 21. Juli 1953 (BGBl. I S. 667) eine mündliche Verhandlung nicht geboten (BVerfGE 11, 232 [234]).
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Der Bundesgerichtshof hat auch bei der Feststellung, der Beschwerdeführer wolle den Wald zum Zwecke der Kapitalanlage erwerben, nicht gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen. Dieser Umstand spielte bereits im behördlichen Versagungsbescheid und in den gerichtlichen Tatsacheninstanzen eine entscheidende Rolle. Der Beschwerdeführer hat diesen Zweck des Grundstückserwerbs auch nie ernsthaft in Abrede gestellt; ihm war die Entscheidungserheblichkeit dieses Gesichtspunktes von Anfang an bekannt. Da er ausreichend Gelegenheit hatte, sich hierzu zu äußern, ist sein Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
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Die Mitwirkung von zwei landwirtschaftlichen Beisitzern an den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfGE 4, 387 [404, 406]).
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II.
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1. Die gegen die wirtschafts- und agrarpolitische Zielsetzung des Grundstücksverkehrsgesetzes gerichteten Angriffe sind nicht entscheidungserheblich. Der Gesetzgeber ist durch das Grundgesetz nicht gehindert, die ihm sachgerecht erscheinende Agrarpolitik im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit zu verfolgen. Ob er einen völlig freien oder einen gebundenen Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken für notwendig und zweckmäßig hält, obliegt seiner politischen Entscheidung. Das Bundesverfassungsgericht kann nur darüber befinden, ob die gesetzliche Regelung mit den Normen des Grundgesetzes, insbesondere den Grundrechten, in Einklang steht. Daher ist der eingehende Vortrag des Beschwerdeführers, die Vorschriften über den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken seien mit einer freien Marktwirtschaft unvereinbar, eine richtige Politik müsse in diesem Bereich andere Ziele verfolgen und sich anderer Mittel bedienen, für die verfassungsrechtliche Prüfung unbeachtlich. Das Bundesverfassungsgericht hat daher nicht zu prüfen, ob andere Regelungen des Grundstücksverkehrs möglich und zweckmäßig wären.
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2. Die Rüge, § 4 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG sei verfassungswidrig, kann der Beschwerdeführer nicht geltend machen, da die angefochtene Entscheidung hierauf nicht beruht.
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III.
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Gemäß § 2 GrdstVG bedürfen die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks und der schuldrechtliche Vertrag hierüber der behördlichen Genehmigung. Diese darf nur versagt werden, wenn einer der in § 9 Abs. 1 GrdstVG aufgeführten Tatbestände vorliegt. Nach dem sachlichen Zusammenhang dieser Vorschriften dient das Genehmigungsverfahren der Feststellung und Entscheidung, ob das Rechtsgeschäft gegen einen dieser Tatbestände verstößt. Da der Bundesgerichtshof seinen mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Beschluß ausschließlich auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG gestützt hat, muß die verfassungsrechtliche Prüfung hierauf beschränkt werden.
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Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG ist die Genehmigung zu versagen, wenn die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet. Seinem materiellen Inhalt nach enthält dieser Tatbestand eine gesetzliche Beschränkung der Veräußerungsbefugnis und des Erwerbsrechts für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke. Es handelt sich somit um eine den Inhalt des Rechtsinstituts Eigentum bestimmende Norm. Die Vorschrift gehört daher zum Schutzbereich des Art. 14 GG und ist hieran zu messen.
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1. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gebietet, daß Inhalt und Schranken des Eigentums durch den Gesetzgeber bestimmt werden. Ein solches Gesetz muß formell und materiell der Verfassung entsprechen (BVerfGE 14, 263 [278]).
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a) Die vom Beschwerdeführer gegen die formelle Ausgestaltung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG gerichteten Angriffe sind unbegründet.
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Daß der Gesetzgeber sich in dieser Vorschrift eines unbestimmten Rechtsbegriffs bedient, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfGE 3, 225 [243]; 13, 153 [161]). Es kann dahingestellt bleiben, ob es möglich gewesen wäre, die in § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG zusammengefaßten Sachverhalte in mehrere Spezialtatbestände aufzulösen. Ob der Gesetzgeber bei der Festlegung eines gesetzlichen Tatbestandes sich eines Begriffs bedient, der einen Kreis von Sachverhalten deckt, oder eng umschriebene Tatbestandsmerkmale aufstellt, liegt in seinem Ermessen. Das Bundesverfassungsgericht kann nur prüfen, ob er hierbei die ihm durch die Verfassung gesteckten Grenzen eingehalten hat. Das ist zu bejahen.
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Die grundsätzliche Zulässigkeit unbestimmter Gesetzesbegriffe entbindet den Gesetzgeber nicht davon, die Vorschrift so zu fassen, daß sie den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Normklarheit und Justitiabilität entspricht. Sie muß in ihren Voraussetzungen und in ihrem Inhalt so formuliert sein, daß die von ihr Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Darüber hinaus gebietet der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, daß der Gesetzgeber selbst die Einzelbefugnisse und -pflichten, die den Inbegriff des Eigentums ausmachen, inhaltlich normiert; er darf, wenn eine solche Norm zugleich die materielle Grundlage und der Prüfungsmaßstab für ein behördliches Genehmigungsverfahren ist, dies nicht dem Ermessen der Verwaltung anheimgeben. Im Grundstücksverkehrsrecht müssen sich also die Veräußerungs- und Erwerbshindernisse aus dem Gesetz selbst ergeben; sie dürfen nicht von der Ver waltung und den Gerichten nach ihren Vorstellungen bestimmt werden. Diesen Anforderungen entspricht § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG noch.
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Es ist dem Beschwerdeführer einzuräumen, daß die Auslegung und Anwendung des wenig präzisen Begriffs "ungesunde Verteilung des Grund und Bodens" in mancher Richtung Zweifel aufwirft. Gleichwohl lassen sich aus der Zielsetzung des Gesetzes, dem sachlichen Zusammenhang der Vorschriften und der Erläuterung in § 9 Abs. 2 GrdstVG Zweck und Inhalt ausreichend ermitteln und objektive Kriterien gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und Gerichte ausschließen. Die hier in Rede stehenden Vorschriften des Gesetzes dienen dem Ziel, durch eine sachgerechte Regelung des Verkehrs mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken die Agrarstruktur der Bundesrepublik zu verbessern (vgl. auch die Überschrift des Gesetzes). Das Gesetz enthält zunächst in der Richtung eine Abgrenzung, als es in den §§ 4 und 8 diejenigen Rechtsgeschäfte bezeichnet, die vom Genehmigungsvorbehalt ausgenommen sind und für die eine Genehmigungspflicht angeordnet ist. Es handelt sich um solche Vorgänge, die als agrarstrukturell förderlich oder indifferent angesehen werden. Demgegenüber dient der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1 schon seinem Wortlaut nach erkennbar dem Zweck, solche Veräußerungen land- oder forstwirtschaftlicher Grundstücke zu verhindern, die zu einer Verschlechterung der Agrarstruktur führen. Dieser Bezug auf die Agrarstruktur wird durch § 9 Abs. 2 näher verdeutlicht. Hiernach liegt eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens in der Regel dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Diese in den parlamentarischen Beratungen umstrittene Vorschrift hat zur Anrufung des Vermittlungsausschusses geführt. Der Bundesrat beantragte die Streichung, weil die Vorschrift "die gesicherten und bewährten Ergebnisse der Rechtsprechung zu dieser Frage (- ungesunde Bodenverteilung -) gefährden" könne (BT-Drucks. III/2732 Ziff. 6). der Vermittlungsausschuß lehnte die Streichung mit der Begründung ab, "weil in ihr eine nähere Konkretisierung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 im Sinne der Zielsetzung dieses Gesetzes zum Ausdruck kommt und dadurch eine bessere Handhabung dieser Bestimmung erreicht werden soll" (BT III, 162. Sitzung vom 14. Juni 1961, Sten.Bericht S. 9357; 234. Sitzung des Bundesrates vom 16. Juni 1961, Sten. Bericht S. 153). Aus § 9 Abs. 2 GrdstVG ergeben sich entscheidende objektive Abgrenzungskriterien für den Begriff "ungesunde Bodenverteilung" und für seine Ausfüllung im konkreten Anwendungsfall: Die Veräußerung darf grundsätzlich nicht im Widerspruch stehen zu Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur. Was unter "Agrarstruktur" zu verstehen ist, bedarf in diesem Zusammenhang keiner näheren Darlegung; denn jedenfalls lassen sich an Hand des gemäß § 5 des Landwirtschaftsgesetzes vom 5. September 1955 (BGBl. I S. 565) zu erstattenden Berichts (Grüner Plan) die Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur mit Sicherheit ermitteln (vgl. auch den Bericht des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die Verbesserung der Agrarstruktur in der Bundesrepublik Deutschland 1964-1965). In diesen Berichten sind auch die forstlichen Maßnahmen agrarstruktureller Art aufgeführt. Eine "ungesunde Bodenverteilung" liegt hiernach in der Regel nur dann vor, wenn sich aus bestimmten Tatsachen ergibt, daß die Eigentumsverschiebung unternommenen oder von den zuständigen Stellen beabsichtigten konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Liegen solche Maßnahmen nicht vor, so kann die Veräußerung trotzdem ausnahmsweise eine ungesunde Bodenverteilung bedeuten. Es müssen dann aber wenigstens nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur erkennbar sein. Eine solche Annahme ist nur im Rahmen der allgemeinen Zielsetzung des Gesetzes und der in den einzelnen Vorschriften zum Ausdruck kommenden Grundgedanken gerechtfertigt.
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Die Ausfüllung unbestimmter Gesetzesbegriffe auf Grund richtungweisender - aus dem Gesetz sich ergebender - Gesichtspunkte ist eine herkömmliche und anerkannte Aufgabe der Rechtsanwendungsorgane (vgl. BVerfGE 13, 153 [164]). Hierbei ist zu beachten, daß die Genehmigung nur versagt werden darf, wenn die Behörde Tatsachen feststellt, die die Mißbilligung der Veräußerung rechtfertigen. Dieses Erfordernis ist in das Gesetz aufgenommen worden, um die Gesetzesfassung zu objektivieren; es verhindert, daß die Verwaltung sich bei der Versagung der Genehmigung auf die bloße Anführung des Gesetzeswortlautes beschränkt. Damit ist sichergestellt, daß in jedem Versagungsfall die hierfür maßgeblichen Umstände bezeichnet werden müssen. Der Betroffene und die Gerichte sind also in der Lage, die einen ablehnenden Bescheid tragenden Gesichtspunkte auf ihre Begründetheit nachzuprüfen.
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Es trifft hiernach nicht zu, daß die Entscheidung, ob eine Veräußerung eine ungesunde Bodenverteilung bedeutet, sich nicht aus dem Gesetz selbst ergebe, sondern der Verwaltungsbehörde zugeschoben sei.
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b) § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG entspricht bei richtiger Auslegung auch in seinem materiellen Inhalt der Verfassung.
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Die dem Gesetzgeber in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG übertragene Aufgabe, den Inhalt und die Schranken des Eigentums zu bestimmen, ist nicht unbegrenzt. Er muß den grundlegenden Gehalt der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und die übrigen Verfassungsnormen beachten (BVerfGE 14, 263 [278]; 18, 121 [132]).
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Das Grundgesetz gebietet entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht, daß der ländliche Grundstücksverkehr so frei sein müsse wie der Verkehr mit jedem anderen "Kapital". Die Tatsache, daß der Grund und Boden unvermehrbar und unentbehrlich ist, verbietet es, seine Nutzung dem unübersehbaren Spiel der freien Kräfte und dem Belieben des Einzelnen vollständig zu überlassen; eine gerechte Rechts- und Gesellschaftsordnung zwingt vielmehr dazu, die Interessen der Allgemeinheit beim Boden in weit stärkerem Maße zur Geltung zu bringen als bei anderen Vermögensgütern. Der Grund und Boden ist weder volkswirtschaftlich noch in seiner sozialen Bedeutung mit anderen Vermögenswerten ohne weiteres gleichzustellen; er kann im Rechtsverkehr nicht wie eine mobile Ware behandelt werden. Aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 3 GG kann daher nicht eine Verpflichtung des Gesetzgebers hergeleitet werden, alle geldwerten Vermögensgüter den gleichen rechtlichen Grundsätzen zu unterwerfen. Es trifft auch nicht zu, daß das Geldkapital gegenüber dem im land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitz investierten Kapital diskriminiert werde.
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Das Grundgesetz selbst hat dem Gesetzgeber für die Bestimmung des Eigentumsinhalts in Art. 14 Abs. 2 GG einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsbereich eingeräumt. Hiernach verpflichtet das Eigentum nicht nur, sondern "sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen". Daß der Verfassungsgeber hierbei vor allem die Bodenordnung im Auge gehabt hat, ergeben eindeutig die Materialien (ParlRat, 8. Sitzung des Grundsatzausschusses, Sten.Prot. S. 62 ff.). Das Gebot sozialgerechter Nutzung ist aber nicht nur eine Anweisung für das konkrete Verhalten des Eigentümers, sondern in erster Linie eine Richtschnur für den Gesetzgeber, bei der Regelung des Eigentumsinhalts das Wohl der Allgemeinheit zu beachten. Es liegt hierin die Absage an eine Eigentumsordnung, in der das Individualinteresse den unbedingten Vorrang vor den Interessen der Gemeinschaft hat. Im Rahmen dieser grundlegenden Wertentscheidung hält sich § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG, wenn Veräußerungen von Grund und Boden mißbilligt werden, die eine ungesunde Bodenverteilung im oben dargelegten Sinn bedeuten.
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Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG läge nur dann vor, wenn die Verschiedenheit der durch den Gesetzgeber gleich geregelten Fälle so bedeutsam wäre, daß ihre Gleichbehandlung mit einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise unerträglich erschiene (BVerfGE 9, 137 [146]). Das ist zu verneinen. Zwischen Land- und Forstwirtschaft mögen bedeutsame Unterschiede bestehen. Die Einbeziehung der Verträge über forstwirtschaftliche Grundstücke in die staatliche Kontrolle wäre verfassungsrechtlich dann nicht gerechtfertigt, wenn keine öffentlichen Interessen vorlägen, die eine solche Überwachung forderten, und wenn es keine vorrangigen Gründe gäbe, einer Veräußerung, die eine ungesunde Bodenverteilung bedeutet, die Wirksamkeit zu versagen. Die allgemeinen, aus Art. 14 Abs. 2 GG sich ergebenden Rechtfertigungsgründe für eine gesetzliche Regelung des Grundstücksverkehrs gelten auch für forstwirtschaftliche Grundstücke. Darüber hinaus bestehen zwischen Land- und Forstwirtschaft vielfältige räumliche und sachliche Beziehungen und Wechselwirkungen, die gemeinsame Vorschriften für den Grundstücksverkehr jedenfalls nicht als sachwidrig erscheinen lassen. Es ist auch nicht gerechtfertigt, die Bedeutung des Waldes nur vom marktwirtschaftlichen Standpunkt her zu beurteilen. Sein Einfluß auf den Wasserhaushalt, das Klima, die Reinhaltung und Reinigung der Luft und andere dem Wald zukommende Funktionen bestimmen maßgebend die Agrarstruktur; hierbei spielen Größe, Geschlossenheit, Lage und Bewirtschaftung eine entscheidende Rolle. Es kann daher die Veräußerung eines forstwirtschaftlichen Grundstücks sehr wohl einen ungünstigen Einfluß auf die Agrarstruktur haben, und zwar nicht nur für die Forstwirtschaft, sondern gerade auch für die Landwirtschaft.
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Nach alledem ist die Erstreckung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG auf forstwirtschaftliche Grundstücke nicht zu beanstanden. Das bedeutet natürlich nicht, daß bei der Anwendung der Vorschrift im einzelnen Fall die für landwirtschaftliche Grundstücke maßgeblichen Gesichtspunkte ohne weiteres auch auf forstwirtschaftliche Grundstücke übertragen werden könnten. Es müssen bei der Entscheidung, ob die Veräußerung forstwirtschaftlicher Grundstücke eine ungesunde Bodenverteilung bedeutet, die Unterschiede zur Landwirtschaft und die spezifischen Besonderheiten der Forstwirtschaft beachtet werden.
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d) Der Schutzbereich des Art. 12 GG ist durch § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG nicht berührt.
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Dieses Grundrecht kommt als Maßstabsnorm für solche Bestimmungen in Betracht, die sich gerade auf die berufliche Betätigung beziehen und diese unmittelbar zum Gegenstand haben (BVerfGE 13, 181 [185]). Ein solcher unmittelbarer Bezug zur beruflichen Tätigkeit besteht bei den Vorschriften des Grundstücksverkehrsgesetzes nicht. Der Erwerb forstwirtschaftlicher Grundstücke ist weder für den Beruf des Forstwirts noch für seine Ausübung wesentlich. Das Gesetz hindert auch niemand, Forstwirt zu werden oder sich in diesem Beruf zu betätigen.
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e) § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG enthält nicht nur eine gesetzliche Begrenzung der Veräußerungsbefugnis und des Erwerbsrechts, sondern in Verbindung mit § 2 GrdstVG eine staatliche Kontrolle der maßgeblichen Rechtsvorgänge. Die hiergegen gerichteten Angriffe sind ebenfalls unbegründet: Das Genehmigungsverfahren dient ausschließlich dem Zweck, die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu überwachen. Die Regelung ist sachgerecht und räumt den Vertragsparteien einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung ein, wenn kein Versagungsgrund vorliegt. Es trifft nicht zu, daß die Entscheidung in unzulässiger Weise dem behördlichen oder gerichtlichen Ermessen überantwortet wäre.
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2. Wenn hiernach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG auch verfassungsmäßig ist, so kann seine Auslegung und Anwendung durch den Bundesgerichtshof in dem angefochtenen Beschluß doch nicht gebilligt werden.
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Der Bundesgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung zutreffend davon aus, daß der Tatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG eng auszulegen ist. Er stellt darauf ab, ob ein Bedarf an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken bei anderen Betrieben besteht; er billigt aber den Erwerb durch Personen, die keine Land- oder Forstwirte sind, dann, wenn Land- und Forstwirte an den veräußerten Grundstücken nicht interessiert sind. Der Bundesgerichtshof läßt diese restriktive Auslegung jedoch dann nicht gelten, wenn der Erwerb eine "reine Kapitalanlage" darstellt. Ein solcher Erwerb bedeutet nach seiner Auffassung eine ungesunde Bodenverteilung, "ohne daß es darauf ankommt, ob im Einzelfall das veräußerte Grundstück zur Verbesserung der Agrarstruktur verwandt werden soll". Hätte das Gesetz wirklich diesen Inhalt, so stände es mit Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht in Einklang.
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Gesetzliche Eigentumsbindungen müssen von dem geregelten Sachbereich her geboten sein; sie dürfen nicht weiter gehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient. Diese Grenze wäre überschritten, wenn der Erwerb von Grund und Boden deshalb schlechthin verboten wäre, weil es sich für den Erwerber um eine Kapitalanlage handelt. Der Bundesgerichtshof stellt zu Unrecht auf das Erwerbsmotiv, nicht aber - worauf es allein ankommen kann - auf die Auswirkungen des Rechtsgeschäfts für die Agrarstruktur ab. Das Erwerbsmotiv ist für sich allein kein eine Eigentumsbindung rechtfertigender Gesichtspunkt. Der Schutzzweck, dem das Grundstücksverkehrsrecht dient, gebietet eine solche Beschränkung nicht.
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Darüber hinaus berücksichtigt die Auslegung des Bundesgerichtshof nicht, daß eine Inhaltsbestimmung des Eigentums auch das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit beachten muß; eine solche Regelung darf die Handlungsfreiheit im Bereich der Eigentumsordnung nicht unverhältnismäßig beschneiden. Das wäre aber der Fall, wenn die Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG durch den Bundesgerichtshof zuträfe; die Vorschrift enthielte dann eine Eigentumsbindung, die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht gedeckt wäre, weil das den § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG rechtfertigende öffentliche Interesse einen so weitgehenden Eingriff in den persönlichen Entscheidungsbereich nicht fordert. Die Verfassung läßt somit die allgemeine Auslegung, daß jeder Grundstückserwerb zum Zwecke der Kapitalanlage eine ungesunde Bodenverteilung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG bedeute und bereits aus diesem Grunde verboten sei, nicht zu.
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Der Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 1963 verstößt daher gegen Art. 2 Abs. 1 GG und ist somit aufzuheben. Das Gericht wird prüfen müssen, ob das Rechtsgeschäft ohne Rücksicht auf das Erwerbsmotiv mit dem Gesetz vereinbar ist und dabei unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Auflagemöglichkeiten in Betracht ziehen.
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Dr. Müller Dr. Berger Dr. Scholtissek Ritterspach Dr. Haager Rupp-v. Brünneck Dr. Böhmer
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